Titel:
Keine Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Motor EA 288 (hier: VW Multivan Trendline 2,0 TDI)
Normenketten:
BGB § 31, § 823 Abs. 2, § 826, § 831
VO (EG) 715/2007 Art. 3 Nr. 10, Art. 5 Abs. 2
EG-FGV § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1
Leitsätze:
1. Zu – jeweils verneinten – (Schadensersatz-)Ansprüchen von Käufern eines Fahrzeugs, in das ein Diesel-Motor des Typs EA 288 eingebaut ist, vgl. auch BGH BeckRS 2022, 11891; BeckRS 2022, 18404; OLG Koblenz BeckRS 2020, 6348; OLG Bamberg BeckRS 2022, 18709 sowie BeckRS 2021, 55750 mit zahlreichen weiteren Nachweisen (auch zur aA) im dortigen Leitsatz 1. (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein dahingehender Klägervortrag, dass Dritte bei anderen Fahrzeugen im Straßenbetrieb einen höheren Schadstoffausstoß festgestellt hätten und deshalb in dem konkreten Fahrzeug des Klägers dies genauso sein müsse und deshalb in diesem Fahrzeug vorsätzlich unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut sein müssten, genügt den Substantiierungsanforderungen nicht. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
3. Es ist allgemein bekannt, dass der Straßenbetrieb mit der Prüfstandsituation nicht vergleichbar ist; dies gilt ganz allgemein, sowohl hinsichtlich der angegebenen Kraftstoffverbräuche als auch der Grenzwerte für Emissionen. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
4. Bei einer die Abgasreinigung (Abgasrückführung oder Abgasnachbehandlung) beeinflussenden Motorsteuerungsssoftware (hier: Thermofenster), die vom Grundsatz her im normalen Fahrbetrieb in gleicher Weise arbeitet wie auf dem Prüfstand und bei der Gesichtspunkte des Motor-, respektive des Bauteilschutzes als Rechtfertigung ernsthaft erwogen werden können, kann bei Fehlen jedweder konkreter Anhaltspunkte nicht ohne weiteres unterstellt werden, dass die Handelnden bzw. Veranwortlichen bei der Herstellerin in dem Bewusstsein agiert haben, möglicherweise eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Diesel-Abgasskandal, EA 288, unzulässige Abschalteinrichtung, arglistige Täuschung, sittenwidrig, Thermofenster, Fahrkurvenerkennung, drehzahlabhängige Steuerung der Abgasrückführung, Prüfstandsituation, Prüfstanderkennung
Rechtsmittelinstanz:
OLG München, Beschluss vom 25.07.2022 – 24 U 2890/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 18806
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 33.666,39 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten über Rückabwicklungsansprüche der Klägerseite gegen die Beklagte anlässlich des Kaufes eines ….
2
Die Klagepartei schloss mit der … einen Darlehensvertrag über eine Gesamtsumme von EUR 26.960,00 zur Finanzierung des Fahrzeugs … mit der Fahrzeug-Identifikationsnummer …. EUR 12.000 leistete sie an den Verkäufer, die … als Anzahlung. Der Darlehensvertrag hat die Vertragsnummer …. Es wurde 1 Rate über EUR 270,00 fällig 30 Tage nach Auszahlung des Darlehens sowie 47 weitere monatliche Darlehensraten in Höhe von EUR 270,00 die die Klagepartei - wie vertraglich vereinbart - geleistet hat. Zum Stand 17.02.2022 war das Darlehen vollständig zurückgezahlt.
3
In dem Fahrzeug ist ein Motor des Typs EA288 verbaut.
4
Die Klagepartei trägt vor, dass der Motor, der in dem Fahrzeug verbaut ist, durch die Beklagte manipuliert worden sei. Das streitgegenständliche Fahrzeug sei aufgrund der Manipulation bei Übergabe mangelhaft gewesen und sei es bis heute. Der Mangel könne nicht (vollständig) behoben werden. Die Klagepartei sei über die Konformität des Fahrzeuges mit den europarechtlichen Vorgaben zum NOx-Ausstoß getäuscht worden und habe in dieser Fehlvorstellung das gegenständliche Fahrzeug erworben. In Kenntnis der Umstände der Manipulation hätte die Klägerseite das Fahrzeug nicht erworben.
5
In technischer Hinsicht trägt die Klägerseite zu den behaupteten „Manipulationen“ u.a. wie folgt vor:
6
Eine der multiplen Abschaltvorrichtungen bestehe darin, dass eine Software verbaut sei, die erkenne, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand zum Durchfahren des neuen europäischen Fahrzyklus (NEFZ) befinde und in diesem Fall die Abgasrückführung in einer anderen Weise regele als im normalen Straßenverkehr, um so auf dem Prüfstand die gesetzlich geforderten Stickoxidemissionen einzuhalten, während sich das Fahrzeug im normalen Straßenverkehr durchgängig in einem anderen Modus mit höheren Stickoxidemissionen befinde.
7
Zudem sei in dem streitgegenständlichen Kfz eine Steuerungssoftware verbaut, die ab einer bestimmten Drehzahl die Abgasreinigung abschalte, sodass es zu einem unzulässigen Anstieg der Stickoxidemissionen komme.
8
Im gegenständlichen Motor des Typs EA288 sei eine Software verbaut, die bewirke, dass im normalen Straßenbetrieb, in Temperaturbereichen unter 5 Grad Celsius, das dreifache an Stickoxid ausgestoßen werde, als das für das streitgegenständliche Fahrzeug mit Euro 6 (80 mg/km) Abgasnorm zulässig sei. Eine solche Software [von der Beklagten auch „Thermofenster“ genannt] stelle eine unzulässige Abschalteinrichtung in Sinne der geltenden Vorschriften dar, insbesondere i.S.d. Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007, ohne dass sie durch Eingreifen von Ausnahmetatbeständen ausnahmsweise zulässig sei.
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Auch zeige das OBD-System keinen Fehler an, obgleich der Abgasausstoß weit über das erlaubte Maß steige.
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Die Klägerseite ist der Ansicht, sie habe Anspruch auf Rückabwicklung des verfahrensgegenständlichen Kaufvertrages gegen die Beklagte. Der Anspruch der Klagepartei ergebe sich insbesondere aus §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB; § 823 Abs. 2 i.V.m. § 27 EG-FGV; § 826 BGB; § 831 BGB. Die Klagepartei meint insbesondere, die Beklagte sei im Rahmen einer sekundären Darlegungs- und Beweislast verpflichtet, näher zu den konzerninternen Abläufen in Bezug auf die streitgegenständliche Softwareentwicklung und -implementierung vorzutragen, da die Klagepartei bereits alle ihr bekannten und zugänglichen Tatsachen vorgetragen habe.
11
Die Klägerseite beantragt zuletzt,
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei € 33.666,39 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen, Zug-um-Zug gegen die Übereignung und Herausgabe des PKWs … FIN: ….
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des im Klageantrag zu 1) genannten Fahrzeugs seit Rechtshängigkeit in Verzug befindet.
12
Die Beklagte beantragt,
die Klage kostenpflichtig abzuweisen.
13
Die Beklagte trägt im Wesentlichen vor, dass in dem streitgegenständlichen Fahrzeug keine unzulässigen Abschalteinrichtungen verbaut seien.
14
Eine angebliche sittenwidrige Schädigung durch die … durch die vorsätzliche Verwendung unzulässiger Abschaltvorrichtungen sei durch den Kläger nicht einmal schlüssig dargelegt worden.
15
In technischer Hinsicht stelle es sich wie folgt dar:
16
Die Klagepartei habe bereits nicht substantiiert dargelegt, dass in dem streitgegenständlichen Fahrzeug eine „unzulässige Abschalteinrichtung“ zum Einsatz komme.
17
Eine Fahrkurvenerkennung sei im Ausgangspunkt eine Softwarefunktion, die erkenne, ob das Fahrzeug einen Prüfzyklus durchfahre. Derartige Zykluserkennungen seien nicht unzulässig.
18
Es gebe regulatorisch kein Verbot einer Fahrkurven- oder Zykluserkennung als solcher. Auch sei eine Fahrkurven- oder Zykluserkennung nicht gleichbedeutend mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung. Eine solche liege vielmehr nur dann vor, wenn alle Tatbestandsmerkmale der Abschalteinrichtung erfüllt, also eine Fahrkurven- oder Zykluserkennung genutzt wird, um die Funktion eines Teils des Emissionskontrollsystems so zu verändern, dass dessen Wirksamkeit im normalen Fährbetrieb grenzwertkausal verringert wird (vgl. Art. 3 Nr. 10, Art. 5 Abs. 2 Satz 2 lit. c) VO (EG) 715/2007).
19
Von der Fahrkurven- bzw. der Zykluserkennung zu unterscheiden sei die Erkennung eines Rollenprüfstands. Ein Rollen- oder Rollenprüfstandsmodus könne erforderlich sein, wenn bestimmte Funktionen des Fahrzeugs auf dem Rollenprüfstand deaktiviert werden müssten. So seien etwa die Elektronische Stabilitätskontrolle (ESC) und die Airbags auf dem Rollenprüfstand zwingend zu deaktivieren, da es ansonsten zu Messverfälschungen oder einem ungewollten Auslösen der Airbags kommen könne, weil - anders als im Realbetrieb auf der Straße - sich die Räder drehten, das Fahrzeug aber, weil auf den Rollen festgeschnallt, sich nicht bewege, was von der Steuerungselektronik der Sicherheitssysteme als Aufprall oder Schleudern des Fahrzeugs missinterpretiert werden könne. Um dies zu vermeiden, würden diese Funktionen auf dem Prüfstand durch einen sog. Rollenmodus deaktiviert.
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Es hätten die Messungen des KBA zu variierten Prüfbedingungen gezeigt, dass der streitgegenständliche EA288-Motor bei voller Funktionsfähigkeit aller abgasbehandelnden Bauteile die gesetzlich vorgegebenen Abgasgrenzwerte einhalte. Dies erfolge unabhängig von einer Fahrkurvenerkennung. Die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems werde im normalen Fahrbetrieb gegenüber dem Prüfstandsbetrieb nicht in einer Art und Weise verringert, die den Vorwurf einer unzulässigen Abschalteinrichtung begründen könne. Auf Basis der bisherigen Messungen des KBA gebe es keine im Prüfstandsbetrieb optimierende Funktion, die erforderlich wäre, um die gesetzlichen Emissionsgrenzwerte einzuhalten. Dies habe das KBA jüngst im Rahmen amtlicher Auskünfte gegenüber Gerichten in Parallelverfahren bestätigt. Die Beklagte habe dem KBA im Zuge der Aufarbeitung der Dieselthematik betreffend Fahrzeuge mit EA189-Motor auch unmittelbar nach deren Bekanntwerden am 2.10.2015 vorgestellt, dass in Fahrzeugen mit EA288-Motor eine Fahrkurvenerkennung hinterlegt sei.
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Aus rechtlicher Sicht stellten Thermofenster, je nach der konkreten Ausgestaltung, entweder schon keine Abschalteinrichtung dar, weil sie nur bei praktisch nicht vorkommenden Extremtemperaturen und damit außerhalb der bei „normalem Fährbetrieb vernünftigerweise zu erwartenden Bedingungen“ im Sinne von Art. 3 Nr. 10 VO (EG) Nr. 715/2007 aktiv seien. Oder sie erwiesen sich jedenfalls als rechtlich zulässig im Sinne von Art. 5 Abs. 2 S. 2 lit. a) VO (EG) Nr. 715/2007, wenn sie zwar bei im realen Fährbetrieb vorkommenden Temperaturen arbeiteten, aber zum Schutz des Motors vor plötzlichen, ggf. erheblichen, auch durch Wartungen nicht vermeidbaren Motorschäden erforderlich seien. Der Vorwurf des Klägers, dass in seinem Fahrzeug ein unzulässiges Thermofenster zum Einsatz komme, sei nicht zutreffend.
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Thermofenster, also Funktionen zur Reduzierung der Abgasrückführung, würden in bestimmten Bereichen der Umgebungslufttemperatur zum Zwecke des Motorschutzes in Diesel-Fahrzeugen aller Hersteller verwendet, so auch im streitgegenständlichen Fahrzeug.
23
Aus dem Temperaturbereich, in dem die Abgasrückführung im streitgegenständlichen Fahrzeug nicht aktiv sei, ergebe sich aber, dass es sich bei dem hier vorliegenden Thermofenster schon tatbestandlich nicht um eine Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 3 Nr. 10 VO (EG) 715/2007 handele. Das Thermofenster sei nämlich bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug auf Grund des sehr fortschrittlichen Abgasrückführungssystems wie folgt konfiguriert: Die Abgasrückführung sei bei einer Außentemperatur zwischen -24°C bis +70°C zu 100 % aktiv. Oberhalb und unterhalb dieses Thermofensters, also bei Außentemperaturen kälter als -24°C und wärmer als +70°C, erfolge aus Motorschutzgründen und zur Gewährleistung eines sicheren Betriebs des Fahrzeugs keine Abgasrückführung. Innerhalb des Thermofensters und der darin jeweils aktiven Motorbetriebsarten gebe es keine kontinuierliche Abstufung in Abhängigkeit zur Außentemperatur, d.h. keine schrittweise Reduktion der Abgasrückführungsrate, die üblicherweise auch als sog. Abrampung bezeichnet werde. Dies bedeute, dass die Abgasrückführung in den jeweils aktiven Motorbetriebsarten entweder zu 100 % aktiv (innerhalb des Fensters) oder inaktiv (oberhalb und unterhalb des Fensters) sei. Eine Abrampung gebe es nicht. Im normalen Fahrbetrieb führe also der konkrete, konfigurierte Temperaturbereich bei den in Europa herrschenden klimatischen Bedingungen dazu, dass die Abgasrückführung in den jeweils aktiven Motorbetriebsarten bei allen Fahrten aktiv sei. Sie werde nur bei absoluten Extremtemperaturen zum Motorschutz und zum sicheren Betrieb des Fahrzeugs außer Kraft gesetzt. Temperaturzonen von unter -24°C oder über +70°C werde der Kläger - bei lebensnaher Betrachtung - mit seinem streitgegenständlichen Fahrzeug jedoch nicht befahren.
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Die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Abschalteinrichtung gemäß Art. 3 Nr. 10 VO (EG) 715/2007 seien deshalb nicht erfüllt; es werde schon nicht „unter Bedingungen, die bei normalem Fährbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind“ die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems verringert.
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Darüber hinaus erfülle das Thermofenster die tatbestandlichen Voraussetzungen einer zulässigen Abschalteinrichtung gemäß Art. 5 Abs. 2 Satz 2 lit. a) VO (EG) 715/2007, denn es diene dem Motorschutz und dem sicheren Betrieb des Fahrzeugs im Sinne dieser Vorschrift: So käme es etwa bei Außentemperaturen unterhalb des Temperaturfensters ohne Korrektur der Abgasrückführung aufgrund der adhäsiven Wirkung des Abgases zu einer Funktionsstörung (Verkleben) des AGR-Ventils, der sog. Verlackung. Ferner würde eine hohe AGR-Rate zu massiven Ablagerungen von Ruß und unverbrannten Kohlenwasserstoffen in den AGR-führenden Bauteilen führen, der sog. Versottung. Verlackung und Versottung würden dabei häufig im Wechsel auftreten bzw. sich gegenseitig verstärken. Davon seien insbesondere der AGR-Kühler, das AGR-Ventil und die Drallklappe betroffen. Dies könne im Ergebnis zu plötzlichen und unmittelbaren Funktionsstörungen dieser Bauteile führen, die auch nicht durch Wartungen verhindert werden könnten und im ungünstigsten Fall zu einem plötzlichen, unvorhersehbaren und unmittelbaren Leistungsabfall des Fahrzeugs führen könnten, was die Sicherheit des Fahrzeugbetriebs beeinträchtigen könne. Aus diesem Grund sei der Einsatz des Thermofensters, selbst wenn tatbestandlich eine Abschalteinrichtung unterstellt würde, zulässig. Das KBA habe den Vorwurf eines unzulässigen Thermofensters bereits überprüft und zugunsten der Beklagten verneint.
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Die klägerische Behauptung, dass in dem streitgegenständlichen Motor eine Abschalteinrichtung verbaut sei, weil die AGR bei Überschreiten einer bestimmter „Drehzahl-Schwelle“ grundsätzlich abgeschaltet werde, sei unzutreffend. Richtig sei, dass die AGR aus physikalischen Gründen an die jeweiligen Betriebszustände des Fahrzeugs (Drehzahl und Motorlast) angepasst werde. Es sei allerdings unzutreffend, dass die AGR bei Erreichen der von den Klägern genannten Drehzahl-Schwellen zwischen 2500 und 3000 U/min vollständig deaktiviert werde. Soweit die Kläger suggerierten, dass eine volle Abgasreduzierung lediglich unter Prüfbedingungen erfolge, was eine unzulässige Abschalteinrichtung darstelle, sei dies unzutreffend. Die drehzahl- und lastbezogenen Anpassungen der AGR erfolgten vielmehr auf Rolle und im Normalbetrieb in identischer Weise.
27
Der klägerische Vortrag zu einem Eingriff in das OBD-System sei nicht zutreffend. Eine unzulässige Koppelung des Systems mit einer temperaturgesteuerten Emissionsreduktion finde nicht statt.
28
Hinsichtlich des umfangreichen Sach- und Rechtsvortrages der Parteien wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 11.03.2022.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage erweist sich als unbegründet, sodass sie vollumfänglich abzuweisen war.
30
Das Landgericht Memmingen ist örtlich jedenfalls gemäß § 39 S. 1 ZPO und sachlich gem. §§ 1 ZPO i.V.m. 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG zuständig.
31
Die Klägerseite hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages aus §§ 311, 826 i.V.m. 31 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, §§ 823 Abs. 2, 31 BGB i.V.m. §§ 2, 27 EG-FGV.
32
1. Der Klägerseite steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Schadensersatz aus § 826 BGB wegen eines von ihr behaupteten Vermögensschadens infolge der Ausstattung des Fahrzeugs mit unzulässigen Abschalteinrichtungen zu. Der Klägerseite ist von der Beklagten nicht in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich ein Schaden zugefügt worden.
33
Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggründen und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflichtverletzung und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhalten hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zu Tage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann. Dabei kann es auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Sie kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben (BGH VI ZR 516/15, Urteil vom 28.06.2016, juris). Bezüglich des Anstandsgefühls aller billig und gerecht Denkenden kommt es wesentlich auf die berechtigten Verhaltenserwartungen im Verkehr an (Staudinger/Oechsler, BGB, Neubearbeitung 2014, § 826, Rn. 31).
34
Die Klägerseite trägt für das Vorliegen der Voraussetzungen einer vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung die volle Darlegungs- und Beweislast. Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass für das verfahrensgegenständliche Fahrzeug entgegen dem Vortrag der Klagepartei ein verbindlicher Rückrufbescheid nicht ergangen ist. Eine freiwillige Servicemaßnahme ist dem - entgegen der offensichtlich gegenteiligen Auffassung der Klägerseite - auch nicht gleichzusetzen. Freiwillige Servicemaßnahmen werden nur in denjenigen Fällen angeboten, in denen keine unzulässigen Abschalteinrichtungen durch das KBA festgestellt wurden. Dieser Umstand ändert nichts daran, dass der Kläger die Darlegungs- und Beweislast für seine Behauptungen, insbesondere für das Nichteingreifen der Ausnahmen gemäß Art. 5 Abs. 2 lit. a VO (EG) 715/2007, trägt.
35
Den wortreichen Vortrag der Klägerseite knapp zusammengefasst sagt die Klägerseite nichts weiter aus, als dass Dritte bei anderen Fahrzeuge im Straßenbetrieb einen höheren Schadstoffausstoß festgestellt hätten und deshalb in dem konkreten Fahrzeug der Klägerseite dies genauso sein müsse und deshalb in diesem Fahrzeug vorsätzlich unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut sein müssten. Dies genügt den Substantiierungsanforderungen nicht (vgl. zu den Anforderungen an einen hinreichend konkreten Sachvortrag auch OLG München, Hinweisbeschluss vom 22.01.2021 und Zurückweisungsbeschluss vom 23.02.2021, Az.: 27 U 7045/20).
a) Softwarefunktion Prüfstanderkennung
36
Den Nachweis eines sittenwidrigen Verhaltens der Beklagten durch Verwendung einer Softwarefunktion, die dafür sorgt, dass das Fahrzeug die Prüfstandsituation erkennt und das Emissionsverhalten entsprechend anpasst, hat die Klägerseite nicht führen können. Die Beklagte hat das Vorhandensein einer solchen Softwarefunktion bestritten. Der entsprechende Vortrag der Klägerseite stellt sich als Vortrag ins Blaue hinein dar, er erfolgt inzwischen gerichtsbekannt standartmäßig von Klägervertretern der „Dieselverfahren“ unabhängig von Hersteller und Modell.
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Es ist zwar anerkannt, dass ein willkürlicher Sachvortrag ins Blaue hinein, der eine angebotene Beweiserhebung zur prozessual unzulässigen Ausforschung machen würde, nur ausnahmsweise anzunehmen ist. Eine Partei darf nämlich im Zivilprozess Tatsachen behaupten, über die sie keine genaue Kenntnis hat, die sie aber nach Lage der Dinge für wahrscheinlich hält. Eine prozessual unzulässige Ausforschung ist allerdings dann gegeben, wenn die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürliche Behauptungen aufstellt (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 30.07.2019 - 10 U 134/19, juris, Rn. 54).
38
So aber liegen die Dinge hier, soweit die Klägerseite behauptet, die Beklagte habe eine Prüfstanderkennungssoftware verbaut, die das Abgasverhalten lediglich auf dem Prüfstand optimiere, während im Straßenbetrieb die Grenzwerte erheblich überschritten würden. Denn selbst wenn man davon ausgeht, dass die von der unter Bezug genommenen sog. Deutschen Umwelthilfe im Straßenbetrieb bei bestimmten Modellen gemessenen NOx-Werte die für den Prüfstand vorgeschriebenen Grenzwerte erheblich übersteigen, kann dies nicht ausreichen, um den Rückschluss auf eine Prüfstanderkennungssoftware (und somit „Schummelsoftware“) zu rechtfertigen. Denn es ist allgemein bekannt, dass der Straßenbetrieb mit der Prüfstandsituation nicht vergleichbar ist. Dies gilt ganz allgemein, sowohl hinsichtlich der angegebenen Kraftstoffverbräuche als auch der Grenzwerte für Emissionen (vgl. OLG Celle, Urteil vom 13.11.2019, 7 U 367/18; OLG Stuttgart, Urteil vom 22.09.2020, 16 a U 55/19).
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Unerheblich ist dabei, ob das Fahrzeug über eine Fahrkurvenerkennung verfügt(e) oder nicht. Die bloße Erkennung der Prüfstandsituation anhand einer hinterlegten Fahrkurve stellt keine unzulässige Abschaltvorrichtung im Sinne der VO (EG) 715/2007 dar. Die Beklagte hat zudem auch schlüssig und nachvollziehbar die als Anlage vorgelegten „Applikationsrichtlinien und Freigabevorgaben EA288“ und mithin den Grund der Entfernung darlegen können. Dass die applizierte Fahrkurve im Motor EA288 keinen Einfluss auf das Emissionsverhalten hat, hat das KBA bereits festgestellt (vgl. Anlage B17/18).
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Der Vortrag ist aber auch deshalb unschlüssig, da allein auf Grundlage der gemessenen Abgaswerte kein Rückschluss auf eine etwaige, in der Absicht sittenwidriger Schädigung verbaute Vorrichtung nach der VO (EG) 715/2007 gezogen werden kann (vgl. dazu auch OLG München, Hinweisbeschluss vom 21.05.2021 Az.: 24 U 289/21).
41
Soweit die Klägerseite ein sittenwidriges Verhalten der Beklagten mit dem Vorliegen eines Thermofensters begründet, vermag dies zur Überzeugung der Kammer keinen Anspruch aus § 826 BGB begründen. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob ein Thermofenster eine objektiv unzulässige Abschalteinrichtung darstellt oder nicht. Bei einer sogenannten „Schummelsoftware“, wie sie in dem VW-Motor EA 189 verwendet worden ist, ergibt sich die Sittenwidrigkeit des Handelns per se aus der Verwendung einer Umschaltlogik, die - auf den Betriebszustand des Fahrzeugs abstellend - allein danach unterscheidet, ob sich dieses auf dem Prüfstand oder im normalen Fahrbetrieb befindet. Eine solche Abschalteinrichtung ist eindeutig unzulässig; an dieser rechtlichen Wertung kann auch aus Sicht der Handelnden bzw. hierfür Verantwortlichen kein Zweifel bestehen. Bei einer anderen die Abgasreinigung (Abgasrückführung oder Abgasnachbehandlung) beeinflussenden Motorsteuerungsssoftware, wie dem hier in Rede stehenden Thermofenster, die vom Grundsatz her im normalen Fahrbetrieb in gleicher Weise arbeitet wie auf dem Prüfstand und bei der Gesichtspunkte des Motor-, respektive des Bauteilschutzes als Rechtfertigung ernsthaft erwogen werden können, kann bei Fehlen jedweder konkreter Anhaltspunkte nicht ohne weiteres unterstellt werden, dass die Handelnden bzw. Veranwortlichen bei der Beklagten in dem Bewusstsein agiert haben, möglicherweise eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden. Vielmehr muss in dieser Situation, selbst wenn hinsichtlich des Thermofensters von einer objektiv unzulässigen Abschalteinrichtung auszugehen sein sollte, eine möglicherweise falsche, aber dennoch vertretbare Gesetzesauslegung und -anwendung durch die Organe der Beklagten in Betracht gezogen werden (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 18.05.2020, 12 U 2149/19; OLG Koblenz Urteilurteil vom 21.10.2019, Az.: 12 U 246/19, Beck RS 2019, 25135; so auch OLG Stuttgart MdR 2019, 1248-1249; OLG Köln, Beschluss vom 04.07.2019 - 3 U 148/18, juris, Rn. 6). Eine Sittenwidrigkeit kommt daher hier nur in Betracht, wenn über die bloße Kenntnis von der Verwendung einer Software mit der in Rede stehenden Funktionsweise in dem streitgegenständlichen Motor hinaus zugleich auch Anhaltspunkte dafür erkennbar wären, dass dies von Seiten der Beklagten in dem Bewusstsein geschah, hiermit möglicherweise gegen die gesetzlichen Vorschriften zu verstoßen, und dieser Gesetzesverstoß billigend in Kauf genommen wurde (OLG Stuttgart und OLG Köln a.a.O.). Solche Anhaltspunkte sind vorliegend nicht ersichtlich. Dies gilt auch und gerade unter Berücksichtigung des besonderen Zielkonfliktes zwischen Bauteilschutz und Emissionsreduzierung.
42
Solange daher in Betracht zu ziehen ist, dass die Beklagte die Rechtslage fahrlässig verkannt hat, fehlt es in subjektiver Hinsicht an dem für die Sittenwidrigkeit erforderlichen Bewusstsein der Rechtswidrigkeit (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 78. Auflage 2019, § 826 Rn. 8).
43
Die europarechtliche Gesetzeslage ist an dieser Stelle nicht unzweifelhaft und nicht eindeutig. Dies zeigt bereits die kontrovers geführte Diskussion über Inhalt und Reichweite der Ausnahmevorschrift des Art. 5 Abs. 2 S. 2 a) VO (EG) 715/2007. Nach Einschätzung der vom Bundesverkehrsministerium (BMVI) eingesetzten Untersuchungskommission „Volkswagen“ liegt ein Gesetzesverstoß durch die von allen Autoherstellern eingesetzten Thermofenster jedenfalls nicht eindeutig vor. So heißt im Bericht der Kommission zur Auslegung der Ausnahmevorschrift des Art. 5 Abs. 2 S. 2 a) VO (EG) 715/2007 ausdrücklich (BMVI, Bericht der Untersuchungskommission Volkswagen, Stand April 2016, S. 123):
„Zudem verstößt eine weite Interpretation durch die Fahrzeughersteller und die Verwendung von Abschalteinrichtungen mit der Begründung, dass eine Abschaltung erforderlich ist, um den Motor vor Beschädigungen zu schützen und um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten, angesichts der Unschärfe der Bestimmungen, die auch weite Interpretationen zulässt, möglicherweise nicht gegen die Verordnung (EG) Nr. 715/2007.
Konsequenz dieser Unschärfe der europäischen Regelung könnte sein, dass unter Berufung auf den Motorschutz die Verwendung von Abschalteinrichtungen letztlich stets dann gerechtfertigt werden könnte, wenn von Seiten des Fahrzeugherstellers nachvollziehbar dargestellt wird, dass ohne die Verwendung einer solchen Einrichtung dem Motor schaden droht, sei dieser auch noch so klein.“
44
Eine Auslegung, wonach ein Thermofenster eine zulässige Abschalteinrichtung darstellt, ist daher jedenfalls zu dem hier in Rede stehenden Zeitpunkt nicht unvertretbar gewesen. Ein Handeln unter vertretbarer Auslegung des Gesetzes kann aber nicht als besonders verwerfliches Verhalten angesehen werden (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 18.05.2020, 12 U 2149/19). Da Bezugspunkt der Zeitpunkt der der Beklagten vorgeworfenen Handlung ist, vermögen auch zwischenzeitlich ergangene Entscheidungen hieran (auf Vorsatzebene) nichts zu ändern.
45
Auch der klägerische Vortrag zum OBD-System verfängt nicht. Denn wenn bereits die Klagepartei die vorsätzliche „Manipulation“ nicht nachweisen kann (s.o.), dann kommt der Nichtanzeige entsprechender Fehler kein eigener Deliktswert zu, da dies der denknotwendige Ausfluss der beschriebenen Funktionen ist.
46
Auch hinsichtlich der behaupteten drehlzahlabhängigen Steuerung der Abgasrückführung verfängt der klägerische Vortrag nicht. Zum einen ist bereits nicht vorgetragen aufgrund welcher konkreten Umstände eine Unterscheidung zwischen Straßenbetrieb und Prüfstand erfolgen solle und zum anderen wird bereits nicht erläutert, wann unter welchen konkreten Bedingungen wie auf das Abgasverhalten Einfluss genommen wird. Eine Subsumption unter die Voraussetzungen der Annahme einer unzulässigen Abschalteinrichtung in objektiver wie - in deliktsrechtlicher - subjektiver Hinsicht ist vor diesem Hintergrund nicht möglich.
47
Letztlich gelingt es der Klägerseite auch nicht der Kammer schlüssig darzulegen, welche Auswirkungen die jeweils einzelnen behaupteten Abschalteinrichtungen nach sich ziehen. Denn selbst wenn man einzelne Punkte der vorstehend ausgeführten Sichtweise der Kammer anders beurteilen wollte, müsste die Klagepartei dennoch darlegen, dass die verbleibenden - nach ihrer Auffassung unzulässigen - Abschalteinrichtungen insgesamt dazu führten, dass ohne sie die Werte im Prüfstandbetrieb nicht eingehalten würden. Denn es ist durchaus denkbar, dass erst die Summe der behaupteten Vorrichtungen zu den klägerseits behaupteten Ergebnissen führen. Wenn nun aber einzelne Bestandteile - wie vorstehend ausgeführt - nicht unerlaubt sind oder aber vorsatzlos verwandt wurden, fehlt es ohne die vorstehend geforderten Ausführungen dennoch an der vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung insgesamt.
f) Verschweigen gegenüber KBA
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Schließlich ist es der Klägerseite auch über bloße Behauptungen ins Blaue hinein nicht gelungen darzulegen, dass die Beklagtenseite im Rahmen der Typengenehmigung wesentliche Umstände gegenüber dem KBA verschwiegen hätte. Darauf kommt es im Ergebnis nach der derzeitigen Vortragslage der Klägerseite aber auch nicht entscheidend an, denn selbst wenn hier Umstände verschwiegen worden wären, wäre dies in dem Fall, dass von der unproblematischen Zulässigkeit der jeweiligen technischen Spezifikationen ausgegangen worden wäre, kein geeignetes Indiz um auf das Vorliegen eines Vorsatzes der vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung schließen zu können. Zudem schließt sich das Gericht nach Durchführung hunderter „Dieselverfahren“ der beklagtenseits geäußerten Auffassung an, dass zumindest das Thermofenster Industriestandard war, sodass das KBA davon ausgehen konnte und musste, dass entsprechende Vorrichtungen verbaut sind.
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2.) Eine Haftung der Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB ist ebenfalls nicht gegeben. So fehlt es zumindest am Vorsatz. Wie oben bereits mehrfach ausgeführt, stellt die Annahme der Beklagten, dass es sich bei dem in dem Fahrzeug verbauten Thermofenster sowie bei den weiteren behaupteten Funktionen nicht um unzulässige Abschalteinrichtungen handelt, jedenfalls zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Fahrzeugs eine zulässige Auslegung des Gesetzes dar, so dass die Verantwortlichen nicht mit dem Vorsatz handelten, die Klägerin über eine Eigenschaft des Fahrzeugs zu täuschen und ihr dadurch einen Vermögensschaden zuzufügen.
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3.) Aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 6, 27 EG-FGV lässt sich der geltend gemachte Schadensersatzanspruch ebenfalls nicht herleiten. Bei den §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV handelt es sich entgegen der Ansicht der Klagepartei nicht um Schutzgesetze, weil sie den Schutz individueller Interessen nicht berücksichtigen. Dass der Individualschutz (hier der Schutz des Vermögens des Erwerbers eines Kraftfahrzeugs) im Aufgabenbereich der genannten Vorschrift liegt oder aber aus deren Auslegung unter Berücksichtigung der zugrunde liegenden Richtlinie 2017/46/EG folgt, ist nicht ersichtlich (vgl. OLG München, Beschluss vom 29.08.2019, - 8 U 1449/19 -, juris).
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4.) Es besteht ebenfalls kein Anspruch gemäß § 831 Abs. 1 BGB. Obwohl § 831 BGB an eine Sorgfaltspflichtverletzung des Geschäftsherrn selbst anknüpft und insofern die Beweislast umkehrt, bedarf es zusätzlich eines Delikts, um die Haftung auszulösen (vgl. Wagner, in: Münchener Kommentar BGB, 7. Aufl. 2017, § 831 Rn. 29). Hierfür fehlt es jedoch an einem deliktischen Handeln der jeweiligen Verrichtungsgehilfen. Die Klagepartei hat nicht substantiiert dargetan, dass auf Seiten der Verrichtungsgehilfen die objektive und subjektive Tatseite konkret vorliegen würden. Insofern fehlen jegliche Ausführungen der Klagepartei dazu, inwiefern welche Verrichtungsgehilfen die objektive oder subjektive Tatseite der in Betracht kommenden deliktischen Normen verwirklicht haben sollten. Die Ausführungen der Klagepartei sind damit nicht geeignet, ein deliktisches Handeln der jeweiligen Verrichtungsgehilfen nachzuvollziehen.
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Deliktische Ansprüche scheiden somit insgesamt aus.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, S. 2 ZPO.
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Die Festsetzung des Streitwertes erfolgt in Maßgabe der §§ 3 f. ZPO.