Inhalt

VGH München, Beschluss v. 07.01.2022 – 7 CS 21.3152
Titel:

Erfolglose Beschwerde im Verfahren gegen Verwaltungsakt des Landratsamts, mit dem die Antragsteller - unter Androhung eines Zwangsgelds - verpflichtet werden, dafür Sorge zu tragen, dass ihr Kind unter Erfüllung der Covid-19-Testpflicht regelmäßig am Schulunterricht teilnimmt

Normenketten:
BayEUG Art. 56 Abs. 4 S. 3, Art. 76 S. 2
BayIfSMV § 12 Abs. 2 S. 1, S. 3, § 13 Abs. 2 S. 1, S. 3
VwGO § 80 Abs. 5, § 146 Abs. 4
GG Art. 103 Abs. 1
Leitsätze:
§ 13 Abs. 2 Satz 1 14. BayIfSMV führt in der ab dem 6. Oktober 2021 geltenden Fassung (jetzt § 12 Abs. 2 Satz 1 15. BayIfSMV) in Verbindung mit den einschlägigen schulrechtlichen Bestimmungen für die von der Zugangsbeschränkung betroffenen Schülerinnen und Schüler zu einer unbedingten Testpflicht. (Rn. 12)
An der Verhältnismäßigkeit des infektionsschutzrechtlich verhängten Verbots, ohne einen hinreichenden Testnachweis oder eine in der Schule durchgeführte Selbsttestung am Präsenzunterricht, an schulischen Veranstaltungen in Präsenz oder an Mittags- und Notbetreuung teilzunehmen, bestehen nach summarischer Prüfung keine Zweifel.  (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Schulpflicht, Verpflichtung zur Teilnahme am Präsenzunterricht, unbedingte Testpflicht, Wunsch des Kindes, kein Testzwang, Selbsttest, Testverweigerer, Corona, Covid-19, Teilnahme am Präsenzunterricht
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 14.12.2021 – M 3 S 21.6407
Fundstelle:
BeckRS 2022, 179

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

1
Die zulässige Beschwerde der Antragsteller bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Eilantrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO zu Recht abgelehnt. Die im Beschwerdeverfahren fristgerecht dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen es nicht, die angefochtene Entscheidung abzuändern.
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1. Die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) ist als Verfahrensrüge bereits deshalb nicht durchgreifend, weil ein etwaiger Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs im erstinstanzlichen Verfahren jedenfalls dadurch geheilt wird, dass die Antragsteller ihre Einwände im Beschwerdeverfahren vorbringen konnten; denn der Verwaltungsgerichtshof prüft - innerhalb des durch § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO gezogenen Rahmens - den Rechtsfall im gleichen Umfang wie das Verwaltungsgericht. Daher können die Antragsteller mit ihren Einwänden gegen das Vorbringen des Antragsgegners auch im Beschwerdeverfahren noch gehört werden. Nehmen die Antragsteller die sich prozessual aufdrängende Gelegenheit, sich im Beschwerdeverfahren Gehör zu verschaffen, nicht vollumfänglich wahr, so können sie sich auf einen - unterstellten - Gehörsverstoß durch das Verwaltungsgericht nicht mehr berufen (vgl. BayVGH, B.v. 5.6.2009 - 11 CS 09.873 - juris Rn. 17 f. m.w.N.).
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2. In der Sache bleiben die in der Gestalt der Gehörsrüge gegen die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung vorgetragenen Gründe ebenfalls ohne Erfolg.
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a) Zur Begründung der Beschwerde wird zunächst im Wesentlichen vorgetragen, das Verwaltungsgericht gehe „auf die zentrale Frage des Rechtsschutzziels“ gemäß § 80 Abs. 5 VwGO nicht ein, sondern begründe „vollkommen am Rechtsschutzziel der Antragsteller“ vorbei. Eine Testpflicht für Kinder ergebe sich weder aus der  Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (im Folgenden: BayIfSMV), dem Schulrecht noch der Bayerischen Verfassung und könne durch die Exekutive nicht über den Umweg der Schulbesuchspflicht durch Verwaltungsakt erzwungen werden. Der angefochtene Bescheid und der Beschluss des Verwaltungsgerichts griffen einer Gesetzgebung in verfassungswidriger Weise vor. Die Exekutive - hier das Landratsamt - dürfe einer erforderlichen Rechtsgrundlage nicht per Verwaltungsakt zuvorkommen. Der diesbezügliche Vortrag der Antragsteller sei vom Verwaltungsgericht nicht gewürdigt worden. Die Antragsteller wendeten sich gegen einen „verpflichtenden Verwaltungsakt, welcher eine Testpflicht statuiert“. Auch hinsichtlich der Maskenpflicht liege im engeren Sinn nur eine Obliegenheit vor. Aufgrund des verpflichtenden streitgegenständlichen Verwaltungsakts sei dies nun anders zu betrachten. Im Falle verpflichtender Testungen müsse eine Gesundheitsgefahr umfänglich ausgeschlossen werden. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe sich „mit der streitgegenständlichen Frage“ bisher nicht befasst. Auch die 15. BayIfSMV regele für den Bereich der Schule keine Testpflicht, die im Vergleich zu einer Obliegenheit eine wesentlich tiefgreifendere grundrechtseinschränkende Wirkung habe und damit dem Gesetzesvorbehalt unterliege. Das Verwaltungsgericht lasse völlig offen, „wie die Adressaten der Verordnung die klar definierte Obliegenheit zu verstehen“ hätten und ob diese trotz der Freiwilligkeit davon ausgehen müssten, dass sich die Exekutive durch Bescheide und Zwangsmaßnahmen jederzeit über die normierte Freiwilligkeit hinwegsetzen dürfe. Mit keinem Wort gehe das Verwaltungsgericht auf den Vortrag der Antragsteller zum Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 8. Oktober 2021 ein, wonach kein Testzwang bestehe. Die vom Verwaltungsgericht zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sei nicht einschlägig, da sich die Antragsteller gegen einen verpflichtenden Verwaltungsakt wendeten, der eine Testpflicht statuiere.
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Das Vorbringen der Antragsteller überzeugt nicht. Ihm liegt eine unzutreffende Rechtsauffassung zugrunde.
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aa) Sachlich unzutreffend ist die Rüge, das Verwaltungsgericht begründe vollkommen am Rechtsschutzziel der Antragsteller vorbei.
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Der im Hauptsacheverfahren streitgegenständliche Verwaltungsakt des Landratsamts T* … vom 7. Dezember 2021, mit dem die Antragsteller - unter Androhung eines Zwangsgelds - verpflichtet werden, dafür Sorge zu tragen, dass ihr Kind unter Erfüllung der „Testobliegenheit“ nach § 12 Abs. 2 15. BayIfSMV regelmäßig am Unterricht der Grund- und Mittelschule S. teilnimmt sowie die sonstigen verbindlichen Schulveranstaltungen besucht, ist auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG gestützt. Dieser Anordnung liegt die Annahme des Antragsgegners zugrunde, die Antragsteller hätten sich ordnungswidrig i.S.v. Art. 119 Abs. 1 Nr. 2 BayEUG verhalten, indem sie entgegen Art. 76 Satz 2 BayEUG als Erziehungsberechtigte nicht dafür Sorge getragen hätten, dass ihr minderjähriges, unstreitig schulpflichtiges Kind nach Ende der Herbstferien, also ab dem 8. November 2021, regelmäßig am Präsenzunterricht und an sonstigen Schulveranstaltungen in Präsenz teilgenommen habe. Für Schülerinnen und Schüler, bei denen die Teilnahme an den nach § 12 Abs. 2 Satz 1 15. BayIfSMV vorgesehenen Tests durch sie selbst oder ihre Erziehungsberechtigten verweigert werde, sei die Möglichkeit, ihrer Schulpflicht durch eine Teilnahme am Distanzunterricht nachzukommen, nach der flächendeckenden Rückkehr zum Präsenzunterricht entfallen.
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Im Rahmen des von den Antragstellern angestrengten Eilverfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO hat das Verwaltungsgericht bei der vorzunehmenden Interessenabwägung zutreffend auf die Erfolgsaussichten der mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2021 in der Hauptsache erhobenen Anfechtungsklage abgestellt und die formelle und materielle Rechtmäßigkeit des im Hauptsacheverfahren streitgegenständlichen Bescheids vom 7. Dezember 2021 geprüft. In diesem Zusammenhang ist das Verwaltungsgericht - entgegen der unzutreffenden Auffassung der Antragsteller - richtigerweise auch der Frage nachgegangen, ob sich die von den Antragstellern behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids materiell-rechtlich daraus ergeben kann, dass das Kind der Antragsteller nicht zur Teilnahme am Präsenzunterricht verpflichtet war, etwa weil es vom Schulbesuch beurlaubt ist oder es Distanzunterricht nach § 19 Abs. 4 BaySchO beanspruchen kann. Da sich das diesbezügliche Vorbringen der Antragsteller darauf beschränkt, lediglich die Notwendigkeit der insoweit vorgenommenen Prüfung zu negieren, findet keine i.S.v. § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO substantiierte Auseinandersetzung mit der Begründung des Verwaltungsgerichts statt. Der Vortrag, das Verwaltungsgericht referiere vollkommen am Rechtsschutzziel der Antragsteller vorbei, kann daher nicht zu einer Änderung des angegriffenen Beschlusses führen.
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bb) Dem Einwand, der Antragsgegner habe ohne Rechtsgrundlage allein durch den im Hauptsacheverfahren streitgegenständlichen Verwaltungsakt eine Testpflicht für ihr schulpflichtiges Kind angeordnet, liegt eine unzutreffende Rechtsauffassung der Antragsteller zugrunde. Die Weigerung, der infektionsschutzrechtlich in § 12 Abs. 2 Satz 1 15. BayIfSMV angeordneten Zugangsvoraussetzung nachzukommen und deshalb nicht am Präsenzunterricht teilnehmen zu können, führt jedenfalls seit dem Inkrafttreten der Verordnung zur Änderung der 14. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 5. Oktober 2021 (im Folgenden: Änderungsverordnung, BayMBl Nr. 715) zu einer Verletzung der sich aus Art. 129 Abs. 1 BV und Art. 35 Abs. 1 BayEUG ergebenden Schulpflicht. Seit diesem Zeitpunkt besteht eine unbedingte Testpflicht für schulpflichtige Schülerinnen und Schüler.
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(1) Nach § 12 Abs. 2 der 15. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 23. November 2021 (BayMBl Nr. 816) ist die Teilnahme am Präsenzunterricht, an sonstigen Schulveranstaltungen oder schulischen Ferienkursen in Präsenz sowie an der Mittags- und Notbetreuung für Schülerinnen und Schüler nur erlaubt, wenn sie dreimal wöchentlich einen Testnachweis nach § 4 Abs. 6 Nr. 1, 2 erbringen oder in der Schule unter Aufsicht einen über die Schule zur Verfügung gestellten und dort zu verwendenden Selbsttest mit negativem Ergebnis vorgenommen haben (Satz 1). Für Schülerinnen und Schüler der Grundschulstufe gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass an die Stelle dreier wöchentlicher Selbsttests nach Entscheidung des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus zwei wöchentliche PCR-Pool Testungen treten können; in diesem Fall ist an jedem Montagmorgen ein zusätzlicher Testnachweis zu erbringen oder ein Selbsttest unter Aufsicht vorzunehmen (Satz 2). Die Schulpflicht bleibt unberührt (Satz 3).
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Satz 3 der Regelung wurde mit § 1 Nr. 3 Buchst. a der Änderungsverordnung in § 13 Abs. 2 14. BayIfSMV vom 1. September 2021, der Vorgängerregelung von § 12 Abs. 2 15. BayIfSMV, eingefügt. Der Begründung der Änderungsverordnung (abgedruckt in BayMBl Nr. 716) ist hierzu zu entnehmen, dass durch die Ergänzung klargestellt werden sollte, dass die Schulpflicht von den Testerfordernissen nach § 13 Abs. 2 Satz 1 [14. BayIfSMV] unberührt bleibt. Testverweigernde Schülerinnen und Schüler hätten bislang die Schulpflicht durch Teilnahme am Distanzunterricht erfüllen können. Seither sei das umfangreiche Sicherheitsnetz zur Gewährleistung eines schulischen Regelbetriebs auf vielen Ebenen weiterentwickelt worden. Die sowohl in der Gesamtbevölkerung als auch unter Schülerinnen und Schülern, Eltern und Lehrkräften voranschreitende Impfkampagne, die Vorgaben des detaillierten Rahmenhygieneplans Schulen sowie insbesondere die Teststrategie hätten dazu beigetragen, dass Schülerinnen und Schüler an Bayerns Schulen wieder flächendeckend in den Präsenzunterricht zurückkehren könnten und auch kein verpflichtender Mindestabstand mehr einzuhalten sei. Vor diesem Hintergrund sei deklaratorisch festzuhalten, dass die Schulpflicht von dem Testerfordernis nach § 13 Abs. 2 Satz 1 [14. BayIfSMV] unberührt bleibe. Die Schulpflicht sei in erster Linie eine Pflicht zum Besuch des Präsenzunterrichts (vgl. Art. 56 Abs. 4 Satz 3 BayEUG). Schülerinnen und Schüler, die nicht geimpft bzw. genesen seien, sich nicht den erforderlichen Tests unterzögen und deshalb nicht am Unterricht teilnehmen könnten, verletzten daher grundsätzlich ihre Schulpflicht (vgl. Art. 56 Abs. 4 Satz 3 und Art. 119 Abs. 1 Nr. 4 BayEUG), Erziehungsberechtigte ihre Pflicht, auf den Unterrichtsbesuch ihrer Kinder hinzuwirken (vgl. Art. 76 Satz 2, Art. 119 Abs. 1 Nr. 2 BayEUG). Schülerinnen und Schüler, die die erforderlichen Testnachweise nicht erbrächten, seien nicht nach § 20 Abs. 1 Satz 1 BaySchO aus zwingenden Gründen verhindert, am Unterricht oder einer sonstigen verbindlichen Schulveranstaltung teilzunehmen und fehlten damit unentschuldigt.
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(2) Die bis dahin in ständiger Rechtsprechung vom Verwaltungsgerichtshof vertretene Auffassung, die angeordnete Erbringung von Testnachweisen als Voraussetzung für die Teilnahme am Präsenzunterricht stelle eine Testobliegenheit dar (vgl. zuletzt u.a. B.v. 28.9.2021 - 25 NE 21.2420 - juris Rn. 22), hat sich jedenfalls durch den deklaratorischen Hinweis in § 13 Abs. 2 Satz 3 14. BayIfSMV (jetzt § 12 Abs. 2 Satz 3 15. BayIfSMV), die Schulpflicht bleibe unberührt, zu einer unbedingten Testpflicht für Schülerinnen und Schüler gewandelt (bereits als Testpflicht bezeichnet in BayVGH, B.v. 12.10.2021 - 25 NE 21.2471 - juris Rn. 29 ff.; B.v. 28.10.2021 - 25 NE 21.2596 - juris Rn. 29 ff.).
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§ 13 Abs. 2 Satz 1 14. BayIfSMV führt in der ab dem 6. Oktober 2021 geltenden Fassung (jetzt § 12 Abs. 2 Satz 1 15. BayIfSMV) in Verbindung mit den einschlägigen schulrechtlichen Bestimmungen für die von der Zugangsbeschränkung betroffenen Schülerinnen und Schüler zu einer unbedingten Testpflicht. Denn nach den insoweit eindeutigen Vorgaben in Art. 36 Abs. 1 und Art. 56 Abs. 4 Satz 3 BayEUG wird die nach Art. 129 Abs. 1 BV und Art. 35 Abs. 1 BayEUG bestehende Schulpflicht in der Regel durch Besuch des Präsenzunterrichts erfüllt (vgl. insoweit auch § 19 Abs. 4 Satz 3 BaySchO, wonach Distanzunterricht schulrechtlich nur unter den dort genannten Voraussetzungen zulässig ist). Dem steht nicht entgegen, dass die Schulpflicht während der Zeiten, in denen durch infektionsschutzrechtliche Bestimmungen Schulschließungen bzw. Wechselunterricht angeordnet waren, nicht entfallen war. Allerdings war die Präsenzpflicht im Unterricht für Schülerinnen und Schüler während der Schulschließungen infektionsschutzrechtlich aufgehoben bzw. während des Wechselunterrichts zeitweise ausgesetzt. Bereits seit Erlass der 14. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 1. September 2021 (BayMBl Nr. 615) sind Schulschließungen und damit Distanzunterricht bzw. Distanzlernen infektionsschutzrechtlich nicht mehr vorgesehen. Schule findet seit Beginn des Schuljahres 2021/2022 grundsätzlich in Präsenz statt. Durch Einfügung des deklaratorischen Hinweises in § 13 Abs. 2 Satz 3 14. BayIfSMV (jetzt § 12 Abs. 2 Satz 3 15. BayIfSMV) hat der Verordnungsgeber ab Inkrafttreten der Änderungsverordnung zum 6. Oktober 2021 (vgl. § 2 der Änderungsverordnung) klargestellt, dass die Schulpflicht nur noch durch Teilnahme am Präsenzunterricht erfüllt werden kann. Hierin liegt zugleich eine Abkehr von der nach Erlass der infektionsschutzrechtlichen Zugangsbeschränkung in § 13 Abs. 2 Satz 1 12. BayIfSMV vom 5. März 2021 (BayMBl Nr. 171) in der Fassung der Änderungsverordnung vom 9. April 2021 (BayMBl Nr. 261) eröffneten Möglichkeit, der fortbestehenden Schulpflicht bei Verweigerung der erforderlichen Testungen durch Teilnahme am Distanzunterricht nachkommen zu können (vgl. insoweit die Begründung zur 12. BayIfSMV, BayMBl Nr. 262). Damit haben Schülerinnen und Schüler jedenfalls seit dem 6. Oktober 2021 kein Wahlrecht mehr zwischen Distanz- und Präsenzunterricht. Die Testobliegenheit hat sich damit zur Testpflicht gewandelt.
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Da zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids eine unbedingte Testpflicht für alle schulpflichtigen Schülerinnen und Schüler und damit auch für das Kind der Antragsteller bestand, konnte die schulrechtlich verpflichtende Teilnahme am Präsenzunterricht im Falle der Nichterfüllung (auch wegen Verweigerung der verbindlichen Tests) mit den dafür vorgesehenen Maßnahmen durch Verwaltungsakt durchgesetzt werden. Dass es dem Willen des Verordnungsgebers entspricht, die Schulpflicht ab dem 6. Oktober 2021 auch gegenüber den Schülerinnen und Schülern durchzusetzen, die - wie das Kind der Antragsteller - den infektionsschutzrechtlich auferlegten Tests nicht nachkommen und deshalb am Präsenzunterricht nicht teilnehmen können, ist auch der insofern weiterhin maßgeblichen Begründung zur Änderungsverordnung (BayMBl Nr. 716 S. 4) zu entnehmen.
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Bei ihrer Argumentation, das Landratsamt habe eine Testpflicht durch Verwaltungsakt eingeführt, lassen die Antragsteller dieses Ineinandergreifen von Rechtsnormen aus unterschiedlichen Rechtsgebieten völlig unberücksichtigt (vgl. hierzu auch OVG NW, B.v. 8.12.2021 - 19 B 1664/21 - juris Rn. 7). Ihre Annahme, darin liege eine Verletzung des Grundsatzes der Gewaltenteilung, ist daher unzutreffend.
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cc) Die Regelung in § 12 Abs. 2 Satz 1 15. BayIfSMV beruht auf § 28 Abs. 1, § 28a Abs. 1 Nr. 16 IfSG (Auflagen für die Fortführung des Schulbetriebs) und damit auf einer verfassungsmäßigen Rechtsgrundlage. Bei der gebotenen summarischen Prüfung bestehen keine durchgreifenden Bedenken, dass die vorgenannten Bestimmungen eine ausreichende Verordnungsermächtigung für den durch sie erfolgenden Grundrechtseingriff darstellen und sie insbesondere auch dem Wesentlichkeitsgrundsatz und dem Bestimmtheitsgebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG entsprechen (stRspr vgl. BayVGH, B.v. 12.10.2021 - 25 NE 21.2471 - juris Rn. 19 m.w.N.). Dass die Zugangsbeschränkung in § 12 Abs. 2 Satz 1 15. BayIfSMV durch Rechtsverordnung erlassen werden kann, haben die Antragsteller nicht substantiiert i.S.v. § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO in Frage gestellt. Die wesentliche Entscheidung, dass der Schulpflicht grundsätzlich durch Teilnahme am Präsenzunterricht nachzukommen ist, hat der bayerische Gesetzgeber in Art. 56 Abs. 4 Satz 3 BayEUG getroffen.
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Ihr Einwand, es gehe ihnen um das Recht ihres Kindes, Eingriffe in seinen Körper jederzeit verweigern zu dürfen, solange keine gesetzliche Pflicht hierzu existiere, so dass das Verwaltungsgericht hätte prüfen müssen, ob Kinder das Recht hätten, einen Test, zu dessen Durchführung sie gesetzlich nicht verpflichtet seien, ablehnen zu dürfen, geht ins Leere. Der Antragsgegner macht keine Testobliegenheit durch Verwaltungsakt zur Pflicht und verstößt daher auch nicht gegen den Grundsatz des Gesetzesvorbehalts. An der Verhältnismäßigkeit des infektionsschutzrechtlich verhängten Verbots, ohne einen hinreichenden Testnachweis oder eine in der Schule durchgeführte Selbsttestung am Präsenzunterricht, an schulischen Veranstaltungen in Präsenz oder an Mittags- und Notbetreuung teilzunehmen, bestehen nach summarischer Prüfung keine Zweifel. Das Verwaltungsgericht hat hierzu unter Verweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs im Beschluss vom 11. Oktober 2021 - 25 NE 21.2525 - (BeckRS 2021, 30069 Rn. 29 ff.) u.a. ausgeführt, die Angemessenheit der Regelung hänge nicht vom Angebot eines Distanzunterrichts ab. Auch hierzu verhalten sich die Antragsteller nicht in einer den Darlegungserfordernissen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise (vgl. hierzu Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 146 Rn. 22a ff.). Denn sie setzen sich mit den diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht substantiiert auseinander, sondern bezweifeln aufgrund ihrer unzutreffenden Rechtsauffassung, für eine Testpflicht gebe es keine gesetzliche Grundlage, lediglich, dass die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auf den vorliegenden Fall übertragbar ist.
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Ungeachtet dessen ist die nun bestehende Testpflicht nach summarischer Prüfung verhältnismäßig. Die Testpflicht ist eine geeignete, erforderliche und angemessene Maßnahme, um die mit dem Präsenzbetrieb in den Schulen einhergehenden Infektionsgefahren zu verringern. Der Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit der Schülerinnen und Schüler liegt im unteren Bereich der Eingriffsintensität. Die mit der Testpflicht einhergehende Beeinträchtigung der körperlichen Integrität ist nur von kurzer Dauer und von niedrigschwelliger Intensität (so auch BayVGH, B.v. 12.10.2021 - 25 NE 21.2471 - juris Rn. 45 ff. mit Verweis auf BayVerfGH, E.v. 21.4.2021 - Vf. 26-VII-21 - juris Rn. 27 f. zur Verhältnismäßigkeit bei angenommener Testpflicht). Insbesondere belastet eine Pflicht, sich wöchentlich mehrfach auf das Vorliegen einer Infektion testen zu lassen, Schülerinnen und Schüler weniger als der Wegfall von Präsenzunterricht (vgl. BVerfG, B.v. 19.11.2021 - 1 BvR 971/21 u.a. - juris Rn. 125).
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Soweit die Antragsteller in diesem Zusammenhang behaupten, im Fall einer Verpflichtung müsse eine Gesundheitsgefahr (auch hinsichtlich der Verpflichtung, im Präsenzunterricht Masken tragen zu müssen) umfänglich ausgeschlossen werden, die Beweispflicht hierfür liege beim Antragsgegner, führen sie im Beschwerdeverfahren weder substantiiert dazu aus, warum die in der Schule angebotenen Tests eine Gesundheitsgefahr darstellen, noch setzen sie sich i.S.v. § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO mit der gegenteiligen, auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs im Beschluss vom 11. Oktober 2021 - 25 NE 21.2525 - (BeckRS 2021, 30069 Rn. 28) gestützten Ansicht des Verwaltungsgerichts auseinander, an der gesundheitlichen Unbedenklichkeit der in der Schule angebotenen Schnelltests bestünden keine Zweifel. Auch im ergänzenden Schriftsatz vom 30. Dezember 2021 wird lediglich auf die dem Antrag beigefügten Unterlagen verwiesen, ohne hierzu im Beschwerdeverfahren näher auszuführen. Es reicht nicht aus, lediglich auf angeblich allgemein bekannte Gesundheitsrisiken von Kindern durch das Tragen von Masken (Kopfschmerzen) oder die Benutzung von Teststäbchen (vermehrtes Nasenbluten) hinzuweisen. Darüber hinaus lassen die Antragsteller außer Betracht, dass der infektionsschutzrechtlichen Vorgabe in § 12 Abs. 2 Satz 1 15. BayIfSMV auch durch die Vorlage von Testnachweisen nach § 4 Abs. 6 Nr. 1 und 2 15. BayIfSMV nachgekommen werden kann.
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dd) Soweit die Antragsteller auf ein Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 8. Oktober 2021 verweisen, verkennen sie den Unterschied zwischen der vorliegend gegebenen Testpflicht und einem - nicht angeordneten - Testzwang. Von einem Testzwang wäre nur auszugehen, wenn das Kind der Antragsteller zwangsweise (etwa mithilfe der Polizei oder des Ordnungsamtes) der Schule zugeführt und dort unter Anwendung unmittelbaren Zwangs getestet würde. Eine derartige Anordnung ist nicht Gegenstand des im Hauptsacheverfahren angefochtenen Bescheids.
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b) Im Hinblick auf die Rügen der Antragsteller, die pandemische Lage habe sich im Vergleich zu den Schulschließungen ab einer Inzidenz von 165 weiterhin verschärft, im Landkreis T* … habe am 7. Dezember 2021 eine Inzidenz von 1000 bestanden, was das Gericht spätestens im Rahmen der Erforderlichkeit hätte angemessen würdigen müssen, hingegen fehle jegliche Berücksichtigung der aktuellen Lage im Beschluss, bleibt bereits unklar, auf welche konkreten Ausführungen des Verwaltungsgerichts sich der diesbezügliche Vortrag bezieht. Sofern die Antragsteller hiermit die Erforderlichkeit von Distanzunterricht begründen wollen, ist auch diese Rüge nicht durchgreifend.
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Wie bereits ausgeführt, wird die Schulpflicht in der Regel - und damit mangels vorliegender Ausnahmen auch für das Kind der Antragsteller - durch Besuch des Präsenzunterrichts erfüllt (vgl. Art. 36 Abs. 1 und Art. 56 Abs. 4 Satz 3 BayEUG). Soweit in der Vergangenheit aus infektionsschutzrechtlichen Gründen die Durchführung von Präsenzunterricht für Schülerinnen und Schüler vollständig oder teilweise untersagt und Distanz- und/oder Wechselunterricht vorgesehen war, beruhte dies auf ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen. Da in der zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 7. Dezember 2021 geltenden 15. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung Regelungen zur Durchführung von Distanz- bzw. Wechselunterricht fehlen, flächendeckende Schulschließungen im Gegenteil durch den Bundesgesetzgeber nach § 28a Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 IfSG (i.d. bis 11.12.2021 geltenden Fassung) i.V.m. § 33 Nr. 3 IfSG ausdrücklich ausgeschlossen waren, bleibt es bei der Regelung in Art. 56 Abs. 4 Satz 3 BayEUG, dass Schülerinnen und Schüler am Präsenzunterricht teilnehmen müssen. Weder das Landratsamt noch das Verwaltungsgericht oder der Verwaltungsgerichtshof sind befugt, ohne gegenteilige infektionsschutzrechtliche Bestimmung von den gesetzlichen Regelungen des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen abzuweichen und das Kind der Antragsteller von der Pflicht zur Teilnahme am Präsenzunterricht zu befreien, nur weil dieses die erforderlichen Tests verweigert. Die in diesem Zusammenhang in beiden Schriftsätzen der Antragsteller in Bezug genommenen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts sind im vorliegenden Verfahren nicht einschlägig, weil keine Schulschließungen zu rechtfertigen sind, sondern der im Regelbetrieb der Schulen vorgesehene Präsenzunterricht durchgesetzt werden soll.
23
c) Der Einwand der Antragsteller, das Verwaltungsgericht hätte im konkreten Einzelfall prüfen müssen, ob Kinder das Recht hätten, „eine Testobliegenheit abzulehnen“ und inwieweit die freie Willensentscheidung der Kinder durch die Erziehungsberechtigten akzeptiert werden dürfe und nicht durchgesetzt werden müsse, führt nicht zur Rechtswidrigkeit des im Hauptsacheverfahren streitgegenständlichen Bescheids.
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Das Kind der Antragsteller hat unstreitig von den Herbstferien bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 7. Dezember 2021 nicht am Präsenzunterricht teilgenommen, obwohl die Schulpflicht ab diesem Zeitpunkt nur noch auf diese Weise erfüllt werden konnte. An der Verpflichtung zur Teilnahme am Präsenzunterricht ändert auch der Umstand nichts, dass das Kind der Antragsteller seit vor den Weihnachtsferien wieder Unterlagen von der Schulleitung zur Verfügung gestellt bekommen hat. Infektionsschutzrechtlich gibt es keine Schulschließungen, schulrechtlich findet kein Distanzunterricht statt.
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Nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren lediglich summarischen Prüfung spricht viel dagegen, dass die nach Art. 76 Satz 2 BayEUG hierzu verpflichteten Antragsteller bislang alles getan haben, ihr minderjähriges schulpflichtiges Kind zu einer regelmäßigen Teilnahme am verpflichtenden Präsenzunterricht unter Durchführung der vorgeschriebenen Tests anzuhalten. Im Beschwerdeverfahren wird nicht deutlich, ob die Antragsteller die angeblich eigene Entscheidung ihres minderjährigen Kindes nur vollumfänglich akzeptieren, oder ob sie sie auch maßgeblich beeinflusst haben. Äußerungen wie, man akzeptiere aus Gründen der Persönlichkeitsentwicklung den Wunsch des Kindes, sich nicht testen zu wollen (so sinngemäß im Schreiben der Antragsteller an die „Mittelschule“ vom 2.11.2021 geäußert), legen den Schluss nahe, dass die Antragsteller den ihnen - schulrechtlich - durch Art. 76 Satz 2 BayEUG auferlegten Pflichten bislang nicht (in ausreichendem Maße) nachgekommen sind. In diesem Zusammenhang reicht es nicht aus, lediglich pauschal auf den Einzelfall zu verweisen und - ohne nähere Details zu nennen - zu behaupten, der ältere Sohn sei „nach den Pfingstferien nach mehrfachen Gesprächen bereit gewesen, unter Erfüllung der Testobliegenheit die Schule wieder zu besuchen, der kleinere Sohn jedoch nicht“, so dass „die Antragsteller sämtliche gewaltfreien Mittel genutzt haben, um auf die Kinder einzuwirken“. Dies führt damit ebenso wenig zu einer anderen Bewertung wie der ebenfalls zuletzt vorgetragene Einwand, weitergehende Mittel dürften die Antragsteller nicht einsetzen und seien auch dazu nicht bereit, „da die Kinder Anspruch auf eine sowohl psychische als physisch gewaltfreie Erziehung“ hätten. „Unter dem Gesichtspunkt der unvertretbaren Handlung“ sei „die Aufforderung an die Eltern bereits als unerfüllbar anzusehen und somit als nichtig gem. § 44 II Nr. 5 VwVfG“. Von den Antragstellern werden aufgrund des Bescheids vom 7. Dezember 2021 keine unmöglichen und vor allem keine strafbaren Handlungen verlangt, so dass eine Nichtigkeit nach Art. 44 Abs. 2 Nr. 5 BayVwVfG nicht in Betracht kommt.
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Die Rüge, „auf ihren Vortrag hinsichtlich der Weigerung des Kindes“ sei das Verwaltungsgericht nicht eingegangen, ist bereits deshalb nicht durchgreifend, weil der diesbezügliche erstinstanzliche Vortrag im Beschwerdeverfahren nicht näher ausgeführt wird. Mit sinngemäßen oder ausdrücklichen Bezugnahmen auf erstinstanzliches Vorbringen oder mit dem bloßen Verweis auf das Vorbringen im Klageverfahren kommen die Antragsteller weder den Darlegungsverpflichtungen nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO noch der ihnen obliegenden prozessualen Pflicht nach, sich im Beschwerdeverfahren Gehör zu verschaffen. Sie können sich daher insoweit auch nicht auf einen unterstellten Gehörsverstoß berufen (vgl. BayVGH, B.v. 10.8.2011 - 6 CS 11.1338 - juris Rn. 10 m.w.N.). Es ist nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichtshofs, den erstinstanzlichen Vortrag auf tragfähige Argumente hin zu untersuchen.
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d) Eine andere Bewertung folgt auch nicht aus den weiteren im Schriftsatz vom 30. Dezember 2021 enthaltenen Ausführungen der Antragsteller.
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Soweit darin wortreich gerügt wird, die Antragsteller würden als Eltern „zu reinen Werkzeugen degradiert, welche den - der Exekutive gerade nicht erlaubten Zwang (…) - ohne freie eigene Willensentscheidung durchsetzen müssen, um Zwangsmaßnahmen gegen sich selbst abzuwenden“, beruht dies bereits auf der unzutreffenden Annahme, die Exekutive übe ohne Rechtsgrundlage (Verwaltungs) Zwang aus. Zudem verkennen die Antragsteller mit ihrer diesbezüglichen Argumentation, dass es vorliegend darum geht, dass sie meinungsbildend auf ihr Grundschulkind einwirken und es von der Notwendigkeit und Angemessenheit der Testungen überzeugen und ihm vor Augen führen sollen, dass der durch Testungen begleitete Präsenzunterricht die bessere Alternative zu Schulschließungen und Distanzunterricht ist. Da die Schule ein abwesendes Kind nicht - vor allem nicht gegen den Willen der Erziehungsberechtigten - überzeugen kann, liegt es an den Antragstellern als Erziehungsberechtigten dies zu tun. Hierzu sollen sie durch den streitgegenständlichen Bescheid unter Androhung von Zwangsgeld angehalten werden.
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Weder wird das Kind der Antragsteller zwangsweise einer Testung zugeführt noch kann davon die Rede sein, dass die Antragsteller „unmittelbar dazu gezwungen werden, ihre Kinder zu testen und die Kinder wiederum einem mittelbaren Zwang ausgesetzt werden, da ihre Erziehungsberechtigten keine Freiwilligkeit zulassen dürfen und sie selbst Anlass für Repressalien gegen die eigenen Eltern sind“. Die Antragsteller verkennen, dass die in Art. 129 Abs. 1 BV statuierte Schulpflicht eine die Kinder und auch die Eltern treffende staatsbürgerliche Grundpflicht ist, die das Erziehungsrecht der Eltern verfassungsmäßig einschränkt (vgl. BayVerfGH, E.v. 13.12.2002 - Vf.-73-VI - VerfGHE 55, 189, 195). Der staatliche Erziehungsauftrag ist darauf gerichtet, das Kind durch die gemeinsame Bildung und Erziehung mit anderen Kindern bei der Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit innerhalb der Gemeinschaft zu unterstützen und zu fördern (BayVGH, B.v. 2.8.2007 - 7 ZB 07.987 - BayVBl 2009, 19). Eltern können sich daher für die Fernhaltung ihres Kindes von der Schule nicht auf gegenläufige eigene Erziehungsvorstellungen berufen (vgl. BVerfG, B.v. 21.4.1989 - 1 BvR 235/89 - juris Rn. 4 m.w.N.). Die Antragsteller sind verpflichtet, auf die Teilnahme ihres Kindes am Präsenzunterricht hinzuwirken, auch wenn das Kind eine verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende infektionsschutzrechtliche Zugangsvoraussetzung hinnehmen muss, die sie selbst ablehnen. Dem Gesetzgeber ist im Verhältnis von Schulpflicht und Elternrecht ein Ausgestaltungsspielraum zuzubilligen, der über das bei einseitigen Grundrechtseingriffen geltende Maß hinausgeht (vgl. Möstl in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, 2. Aufl. 2016, Art. 129 Rn. 4). Auch im Hinblick auf die Pflicht des Staates, sich im Schulverhältnis schützend und fördernd vor die Rechtsgüter Leben und körperliche Unversehrtheit der Schülerinnen und Schüler zu stellen, verbleibt ein Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum des Normgebers. Es ist Aufgabe des hierfür demokratisch legitimierten Gesetzgebers und der seiner Kontrolle unterliegenden Exekutive, den Gesundheitsschutz bezogen auf das Risiko einer Infektion mit Covid-19 und etwaiger Folgeerkrankungen einerseits und körperlich-gesundheitliche und psychologische Beeinträchtigungen sowie soziale Auswirkungen aufgrund anhaltenden Distanzunterrichts andererseits im Spannungsverhältnis von Individualgrundrechten und Schulpflicht angemessen in Abwägung zu bringen und einer vertretbaren Bewertung zuzuführen (vgl. OVG NW, B.v. 8.12.2021 - 19 B 1664/21 - juris Rn. 19 m.w.N.).
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3. Nach alldem war die Beschwerde mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs 2013 (vgl. NVwZ-Beilage 2013, 57).
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Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).