Titel:
Rechtsschutzbedürfnis einer Klage gegen eine Zwischenbeurteilung
Normenkette:
LlbG Art. 57
Leitsatz:
Nur solange die periodische dienstliche Beurteilung noch nicht erstellt ist, kommt der Zwischenbeurteilung eigenständige Bedeutung zu, denn nur dann kann sie als Grundlage für Personalentscheidungen dienen. Diese Zweckbestimmung erledigt sich, sobald die periodische dienstliche Beurteilung abgefasst ist. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Zwischenbeurteilung, Verwaltungsamtsrat, Dienstherrenwechsel, Rechtsschutzbedürfnis, periodische dienstliche Beurteilung
Fundstelle:
BeckRS 2022, 17905
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Der Kläger stand als Verwaltungsamtsrat (Besoldungsgruppe A 11) im Zeitraum vom … Mai 2010 bis einschließlich … Januar 2017 in Diensten des Beklagten; er war beim Freilichtmuseum G. tätig. Zum ... Februar 2017 wechselte der Kläger zum Landratsamt W.; derzeit ist er beim Markt M. tätig.
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Für den Zeitraum vom ... Juli 2015 bis … Januar 2017 erhielt der Kläger anlässlich seiner Versetzung zum Landratsamt W. am … November 2017 eine Zwischenbeurteilung mit einem Gesamturteil von 12 Punkten.
3
In der vorhergehenden periodischen Beurteilung vom … Dezember 2015 für den Beurteilungszeitraum vom ... Juli 2011 bis … Juni 2015 hatte der Kläger ein Gesamturteil von 13 Punkten erhalten.
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Mit Schreiben vom … November 2017 machte der Kläger gegen die Zwischenbeurteilung Einwendungen geltend, die mit anwaltlichem Schreiben vom … Januar 2018 ergänzend begründet wurden.
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Daraufhin nahm der Beklagte mit Bescheid vom ... April 2018 die Zwischenbeurteilung vom … September 2017 zurück. Zur Begründung wurde angeführt, dass die Zwischenbeurteilung an Mängeln leide. Die wesentlichen Verschlechterungen einzelner Beurteilungsmerkmale seien entgegen der gesetzlichen Vorgaben nicht näher erläutert worden. Zudem seien die wesentlichen Gründe für die Bildung des Gesamturteils nicht dargelegt worden.
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Für den Zeitraum vom ... Juli 2015 bis … Januar 2017 ist sodann eine neue Zwischenbeurteilung erstellt worden, die dem Kläger am … Oktober 2018 eröffnet worden und inhaltlich mit der periodischen Beurteilung vom … Dezember 2015 identisch ist.
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Mit Schreiben vom … Juli 2018 forderte der Kläger den Beklagten auf, eine Kostenentscheidung zu erlassen, nachdem der Rücknahmebescheid ohne eine solche ergangen ist.
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Mit Schreiben u.a. vom … Juli 2018 beantragte der Kläger Akteneinsicht in die vollständigen Akten.
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Am ... Juni 2018 wurde dem Kläger die periodische Beurteilung vom … Mai 2018 für das Beurteilungsjahr 2017 eröffnet, die den Beurteilungszeitraum vom ... Februar 2017 bis … Oktober 2017 umfasst.
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Mit Schriftsatz vom 29. April 2019, eingegangen bei Gericht am 8. Mai 2019, hat der Kläger Klage erhoben und zuletzt beantragt,
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Der Beklagte wird verpflichtet, die Zwischenbeurteilung vom … April 2018 aufzuheben und eine neue Zwischenbeurteilung zu erlassen.
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Eine sachgerechte Beurteilung im Hinblick auf Leistung, Befähigung und Eignung sei nicht erfolgt. Die Bewertung der Zwischenbeurteilung sei zu erhöhen. Die Beschreibung des Aufgabengebiets des Klägers sei unrichtig. Die Dauer der Tätigkeit als Sachgebietsleitung müsse korrigiert werden, da der Kläger mit Ablauf des … Februar 2016 von den Aufgaben der Leitung des Sachgebiets entbunden worden sei. Zudem seien die aufgeführten Tätigkeitsbereiche nicht abschließend. Die einzelnen Beurteilungsmerkmale seien nicht plausibilisiert worden. Dem Kläger sei es daher nicht möglich, die Rechtmäßigkeit der Bewertung der einzelnen Beurteilungsmerkmale zu überprüfen. Der Kläger könne sich des Eindrucks nicht verwehren, dass die Zwischenbeurteilungen vom … September 2017 sowie vom … April 2018 nicht sachgerecht gewesen seien, nachdem ohne inhaltliche Begründung eine neue Zwischenbeurteilung mit Steigerungen von bis zu vier Punkten bei einzelnen Beurteilungsmerkmalen mit Deckungsgleichheit bei jedem Beurteilungsmerkmal zur Vorbeurteilung bei veränderten Rahmenbedingungen erlassen worden sei. Entgegen der Aussagen des Beurteilers seien im Vergleich zur letzten periodischen Beurteilung Veränderungen aufgetreten. Der Kläger sei im Beurteilungszeitraum insgesamt ca. sieben Monate abwesend gewesen aufgrund Elternzeit, Urlaub und Freizeitausgleich. Der Zeitraum zwischen den Elternzeiten sei extrem arbeitsintensiv gewesen. Auch habe er eine Anwärterin des gehobenen Dienstes auf seine Vertretung während der Elternzeit vorbereitet und unterstützt. Er habe seine Arbeit unter sehr belastenden Rahmen- und Arbeitsbedingungen erbringen müssen. Trotzdem habe der Kläger die gewohnt sehr hohe Qualität und Quantität seiner Arbeitsleistung der letzten Jahre erbracht. Im Verhältnis wiege diese Leistung im Vergleich zur Vorbeurteilung deutlich höher. Er sei tatsächlich mit Tätigkeiten beauftragt worden, die über die Aufgaben eines Sachbearbeiters Verwaltung mit eingeschränktem Verantwortungs- und Aufgabenbereich hinausgegangen seien. Dem Kläger sei von seiner Vorgesetzten unermüdlicher Einsatz bescheinigt worden. Zudem sei er zur Abwesenheitsvertretung der Museumsleitung ernannt worden. Die Zwischenbeurteilung sei nur von der Museumsleitung, dem Referat 14 des Beklagten sowie Herrn Dr. B. unterzeichnet worden und nicht mehr vom Ersteller der Beurteilung. Es erscheine zweifelhaft, dass die neu erlassene Zwischenbeurteilung in inhaltlicher Abstimmung mit den Dienstvorgesetzten erfolgt sei.
13
Mit Schriftsatz vom 11. Juli 2019 hat der Beklagte beantragt,
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Die Zwischenbeurteilung sei rechtmäßig. Die Zwischenbeurteilung habe keinen großen Einfluss auf die Regelbeurteilung zum Stichtag … Oktober 2017. Der Beklagte erkläre sich bereit, die Zeiträume für die Sachgebietsleitung Verwaltung auf den Zeitraum … Juli 2015 bis … Februar 2016 sowie für die Tätigkeit des Sachbearbeiters Verwaltung auf den … Februar 2016 bis … Januar 2017 zu ändern. In Bezug auf die vom Kläger wahrgenommenen Aufgaben sehe der Beklagte keine Verpflichtung dahingehend andere oder weitere Tätigkeiten aufzunehmen. Den gesetzlichen Anforderungen sei genüge getan. Sofern der Kläger meine, dass er als Sachbearbeiter Verwaltung dieselben Tätigkeiten ausgeübt habe wie als Verwaltungsleiter könne sich der Beklagte ein Entgegenkommen vorstellen und dies ergänzend aufnehmen. Die in der Zwischenbeurteilung abgebildete Leistung, Eignung und Befähigung des Klägers entspreche der periodischen Beurteilung 2015. Die Leistung, Eignung und Befähigung des Klägers im Zeitraum … Juli 2015 bis … Januar 2017 sei weiterhin gleichbleibend weit über der eines „Normalleisters“ geblieben. Sachfremde Erwägungen seien nicht erfolgt. Die Einwendungen der Rechtsanwältin würden sich auf die aufgehobene Beurteilung vom … September 2017 beziehen und auf die neue Zwischenbeurteilung keine Anwendung finden. Im Übrigen sei die Zwischenbeurteilung vom … September 2017 aufgehoben worden und daher nicht mehr existent. Die Ansicht des Klägers, dass seine Leistungen im Beurteilungszeitraum vom … Juli 2015 bis … Januar 2017 im Statusamt A 11 im Verhältnis zur Vorbeurteilung sehr viel höher wiegen würden, sei nicht zutreffend. Die Zwischenbeurteilung vom … April 2018 liege weit über der eines „Normalleisters“. Das stehe nicht im Widerspruch zu den vom Kläger angeführten Punkten.
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Mit Beschluss vom 11. April 2022 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
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Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten sowie auf die Niederschrift vom … Mai 2022 verwiesen.
Entscheidungsgründe
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1. Die vorliegende Leistungsklage ist unzulässig. Denn für die Klage gegen die Zwischenbeurteilung vom … April 2018 über den Beurteilungszeitraum vom ... Juli 2015 bis … Januar 2017 besteht kein Rechtsschutzbedürfnis (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO analog, da eine dienstliche Beurteilung keinen Verwaltungsakt darstellt).
19
Nach allgemeiner Auffassung fehlt einer Klage, die auf gerichtlichen Rechtsschutz gerichtet ist, das Rechtsschutzinteresse dann, wenn der Kläger seine Rechtsstellung mit der begehrten gerichtlichen Entscheidung nicht verbessern kann und die Inanspruchnahme des Gerichts deshalb für ihn nutzlos erscheint. Dies ist hier der Fall.
20
Nach Art. 57 Leistungslaufbahngesetz (LlbG) ist eine Zwischenbeurteilung zu erstellen, wenn Beamte oder Beamtinnen mindestens ein Jahr nach dem Ende des der letzten dienstlichen Beurteilung zugrunde liegenden Zeitraums oder der Probezeit die Behörde wechseln, beurlaubt oder vom Dienst freigestellt werden. Die Zwischenbeurteilung soll nur sicherstellen, dass die während eines nicht unerheblichen Zeitraums gezeigte Leistung des Beamten in einem förmlichen Beurteilungsbeitrag bei der nächsten periodischen Beurteilung berücksichtigt werden kann (Zängl in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Januar 2022, LlbG, Art. 57 Rn. 2 f.). Die Zwischenbeurteilung enthält daher regelmäßig kein abschließendes Gesamturteil, da dieses der periodischen dienstlichen Beurteilung vorbehalten ist.
21
Nur solange die periodische dienstliche Beurteilung noch nicht erstellt ist, kommt der Zwischenbeurteilung eine eigenständige Bedeutung zu, denn nur dann kann sie als Auswahlgrundlage für künftige Personalentscheidungen dienen. Diese Zweckbestimmung erledigt sich, sobald die periodische dienstliche Beurteilung abgefasst ist. Auswahlgrundlage für künftige Personalentscheidungen ist ab diesem Zeitpunkt nur noch die periodische dienstliche Beurteilung.
22
Vorliegend besteht die Besonderheit, dass der Kläger den Dienstherrn gewechselt hat und der neue Dienstherr - das Landratsamt W. - die Zwischenbeurteilung des vorherigen Dienstherrn nicht in der periodischen dienstlichen Beurteilung berücksichtigt hat. Das ist dem angegebenen Beurteilungszeitraum zu entnehmen, der den Zeitraum der Zwischenbeurteilung nicht umfasst. Damit kann die Zwischenbeurteilung vorliegend ihren Zweck, nämlich die Sicherstellung, dass die während eines nicht unerheblichen Zeitraums erbrachten Leistungen in der periodischen dienstlichen Beurteilung berücksichtigt werden, nicht erfüllen.
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Der Zwischenbeurteilung kommt auch keine eigenständige Bedeutung zu. So enthält sie schon kein abschließendes Gesamturteil, da dies der periodischen dienstlichen Beurteilung vorbehalten ist. Auch wird die vorliegende Zwischenbeurteilung nicht als Auswahlgrundlage für Personalentscheidungen herangezogen werden. Sie hat daher keinerlei Einfluss auf das weitere berufliche Fortkommen des Klägers. Dies zeigt sich auch daran, dass sie nicht in die Personalakte des Landratsamtes W. aufgenommen worden ist.
24
Sofern der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, dass die inzwischen aufgehobene Zwischenbeurteilung vom … September 2017 auf die periodische Beurteilung des Landratsamtes W. Einfluss gehabt habe, kann er damit nicht durchdringen. Zum einen ist die Zwischenbeurteilung vom … September 2017 aufgehoben worden und nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Auch geht aus dem ausgewiesenen Beurteilungszeitraum der periodischen Beurteilung des Landratsamtes hervor, dass der Zeitraum der Zwischenbeurteilung nicht berücksichtigt worden ist. Darüber hinaus ist es in gewisser Weise widersprüchlich, wenn der Kläger nur gegen die Zwischenbeurteilung vorgeht, ohne jedoch die periodische Beurteilung anzugreifen. Denn der Kläger ist offensichtlich der Ansicht, dass die periodische Beurteilung rechtswidrig ist. Insofern ist auch das Ziel des Klägers nicht ganz klar bzw. mit vorliegender Klage nicht zu erreichen.
25
Die Rechtsstellung des Klägers kann daher mit der vorliegenden Klage nicht verbessert werden. Daran kann auch der Vortrag des Klägers, wonach der Zwischenbeurteilung vorliegend eine eigenständige Bedeutung zukomme, da sie maßgeblich für die abschließende zeitliche Darstellung seiner Leistungen sei, nichts ändern. Denn wie oben dargelegt, kann die Zwischenbeurteilung ihren eigentlichen Zweck nicht erreichen. Eine maßgebliche eigenständige Bedeutung - Auswahlgrundlage bei Personalentscheidungen zu sein - kommt ihr nicht zu.
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2. Im Übrigen ist die Klage auch unbegründet. Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend der Beurteilungsspielraum in rechtswidriger Weise überschritten worden ist, sind nicht ersichtlich und auch in der mehrstündigen mündlichen Verhandlung nicht vorgetragen worden. Es liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beklagte vorliegend von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, sachfremde Erwägungen angestellt oder allgemeingültige Wertmaßstäbe verletzt hat. Der Kläger hat lediglich pauschal und vage eine höhere Bewertung gefordert und allgemein geltend gemacht, dass sich die Rahmenbedingungen seiner Arbeit geändert hätten. Konkrete Einwendungen gegen die einzelnen Bewertungsmerkmale der Zwischenbeurteilung sind nicht vorgetragen worden. Hingegen hat der Beklagte dargestellt, dass sich die Leistungen des Klägers im Vergleich zur vorangegangenen periodischen Beurteilung nicht verändert haben, sodass die Vergabe einer identischen Bewertung wie in der vorangegangenen periodischen Beurteilung gerechtfertigt war. Darüber hinaus genügt die Tätigkeitsbeschreibung den rechtlichen Anforderungen.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung hat ihre Rechtsgrundlage in § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung (ZPO).