Titel:
behauptete Staatsangehörigkeit. Eritreisch, minderjährig, in BRD geboren, Unzulässige Klage
Normenkette:
VwGO § 82 Abs. 1 S. 1
Schlagworte:
behauptete Staatsangehörigkeit. Eritreisch, minderjährig, in BRD geboren, Unzulässige Klage
Fundstelle:
BeckRS 2022, 17872
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Im Namen der Klägerin, einer am 30. März 2017 im Bundesgebiet geborenen, laut Angaben ihrer gesetzlichen Vertreter eritreischen Staatsangehörigen wurde am 16. Juni 2017 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) ein Asylantrag gestellt.
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Nach persönlicher Anhörung der Eltern, durchgeführt am 27. Dezember 2017, lehnte das Bundesamt mit streitgegenständlichem Bescheid vom 29. Januar 2018 die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1), auf Asylanerkennung (Nr. 2) und auf subsidiären Schutz (Nr. 3) ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) nicht vorliegen (Nr. 4). Die Klägerin wurde zur Ausreise binnen 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung bzw. nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens aufgefordert und ihr für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise die Abschiebung ins Herkunftsland ihrer Eltern (Äthiopien oder Eritrea) oder einen anderen zur Rückübernahme bereiten oder verpflichteten Staat angedroht (Nr. 5). Das für den Fall der Abschiebung verfügte Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6).
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Hiergegen hat der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 8. Februar 2018, am 12. Februar 2018 bei Gericht eingegangen, Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben und beantragt,
- 1.
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den Bescheid des Bundesamtes vom 29. Januar 2018 aufzuheben,
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die Beklagte zu verpflichten, die Klägerin als Asylberechtigte anzuerkennen und ihr die Flüchtlingseigenschaft gem. § 3 AsylG zuzuerkennen, hilfsweise subsidiären Schutz gem. § 4 AsylG zu gewähren und weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.
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Die Beklagte hat die Behördenakten auf elektronischem Weg vorgelegt, ohne einen Antrag zu stellen.
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Mit Schriftsatz vom 5. März 2022 hat der Bevollmächtigte des Klägers mitgeteilt, dass er keinen Kontakt mehr zur Klägerin bzw. deren Familie habe und ihm der derzeitige Aufenthaltsort der Klägerin unbekannt sei.
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In der mündlichen Verhandlung am 21. Juni 2022 war die Klägerin weder persönlich anwesend noch durch ihre gesetzlichen Vertreter oder ihren Bevollmächtigten vertreten. Die Beklagte war ebenfalls nicht vertreten.
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Eine seitens des Gerichts am 21. Juni 2022 durchgeführte BIS-Abfrage hat ergeben, dass die Klägerin bereits am 27. Juli 2021 von Amts wegen als unbekannt verzogen abgemeldet wurde.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Über die Verwaltungsstreitsache konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21. Juni 2022 entschieden werden, obwohl die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung nicht anwesend oder vertreten waren. Die Beteiligten wurden zur mündlichen Verhandlung ordnungsgemäß geladen und in der Ladung darauf hingewiesen, dass auch ohne sie verhandelt und entschieden werden kann, § 102 Abs. 2 VwGO.
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Die Klage ist bereits unzulässig, da die Voraussetzungen des § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht erfüllt sind.
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Außer dem Namen ist mit der Klage auch die ladungsfähige Anschrift des Klägers anzugeben. Ladungsfähige Anschrift ist die Anschrift, unter der die Partei tatsächlich zu erreichen ist. Bei einer natürlichen Person ist dies in der Regel die Wohnungsanschrift. Bei einer Änderung während des Prozesses - wie im vorliegenden Fall - ist diese mitzuteilen. Das ergibt sich aus der dem Kläger obliegenden Mitwirkungspflicht. Dies gilt unabhängig davon, ob der Kläger durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten wird. Die Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Klägers soll nämlich nicht nur dessen hinreichende Individualisier- und Identifizierbarkeit sicherstellen und die Zustellung von Entscheidungen, Ladungen so-wie gerichtlichen Verfügungen ermöglichen; sie soll vielmehr darüber hinaus auch gewährleisten, dass der Kläger nach entscheidungserheblichen Tatsachen befragt und sich im Falle des Unterliegens seiner Kostentragungspflicht nicht entziehen kann (vgl. zum Ganzen Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 82 Rn. 3). Die Angabe der ladungsfähigen Anschrift ist eine Zulässigkeitsvoraussetzung für die Klage (BVerwG, B.v. 14.2.2012 - 9 B 79/11 - juris), die spätestens bei Schluss der mündlichen Verhandlung vorliegen muss.
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Laut BIS wurde die Klägerin bereits am 27. Juli 2021 als unbekannt verzogen abgemeldet. Weder ihre gesetzlichen Vertreter noch ihr Prozessbevollmächtigter haben bis zur mündlichen Verhandlung dem Gericht eine neue ladungsfähige Anschrift mitgeteilt.
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Zur mündlichen Verhandlung am 21. Juni 2022 ist weder die Klägerin bzw. Ihre Eltern als ihre gesetzlichen Vertreter noch ihr Bevollmächtigter erschienen.
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Im für die Entscheidung des Gerichts maßgeblichen Zeitpunkt liegt somit keine ladungsfähige Anschrift des Klägers vor, weshalb die Klage unzulässig und folglich abzuweisen ist.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylG nicht erhoben.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.