Inhalt

VG München, Urteil v. 25.05.2022 – M 9 K 18.2283
Titel:

Mietförderung für ein Klinik-Nebengebäude

Normenkette:
BayKrG Art. 11, Art. 13
Leitsatz:
Eine rückwirkende Förderung (Antragstellung nach Maßnahmebeginn) kommt auf Grundlage von Art. 13 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 iVm § Art. 11 Abs. 3 S. 2 und 3 BayKrG nicht in Betracht. (Rn. 14 und 15) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Mietförderung, Klinik-Nebengebäude, Maßnahmebeginn, rückwirkende Förderung, Antragstellung, Mietvertrag, Abschluss
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 13.05.2024 – 12 ZB 22.1790
Fundstelle:
BeckRS 2022, 16881

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen. 
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. 
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Klägerin wendet sich gegen die Ablehnung ihres Antrags zur Mietförderung für ein Nebengebäude der Klinik rückwirkend ab dem 1. Januar 2017, den der Beklagte mit Bescheid vom 11. April 2018 abgelehnt hat.
2
Die Klägerin ist seit dem 1. Januar 1992 in dem Krankenhausplan des Landes aufgenommen, zum Zeitpunkt der Antragstellung (2017) mit 75 Betten. Das hier angemietete Nebengebäude, dessen Förderfähigkeit Verfahrensgegenstand ist, wurde bereits vor dem Jahr 2017 in mehreren Teilflächen nach und nach angemietet (1995: 267,30 qm², 1996: 90 qm², 2006: 20qm²). Der aktuelle Mietvertrag, am 6. September 2018 rückwirkend auf den 1. Januar 2017 datiert, betrifft das gesamte Nebengebäude mit Ausnahme der Fläche der Großtagespflege sowie sechs Tiefgaragenstellplätze. Ebenso wie in der Vergangenheit wurden die neuen Flächen, die nach Aktenlage 287,48 qm² betragen, bereits vor Abschluss des Mietvertrags in Betrieb genommen. Ausweislich des Mietvertrags zwischen der Klägerin und ihrem Vermieter handelt es sich bei dem Mietobjekt um insgesamt 873,15 qm² zuzüglich von Außenflächen, Stellplätzen und zwei Technikräumen im ehemaligen Schwesternhaus zu einem Mietpreis von 11.787 EUR monatlich sowie 600 EUR pauschal für die Tiefgarage und Technikräume. Die Räume werden nach den Lageplänen für den Klinikbetrieb genutzt.
3
Die Klägerin beantragte am 26. April 2017 gemäß Art. 13 des Bayerischen Krankenhausgesetzes (BayKrG) die Mietförderung für das Nebengebäude rückwirkend ab dem 1. Januar 2017. Die letzte geförderte Maßnahme, eine bauliche Erweiterung, sei 1986 erfolgt. Aus Platzgründen würden Räumlichkeiten im angemieteten Nachbargebäude der Klinik genutzt. Die Anmietung sei bisher nicht gefördert worden. Wegen Änderung der Eigentumsverhältnisse habe für das Nachbargebäude ein neuer Mietvertrag abgeschlossen werden müssen. Es werde die Förderung dieser Miete in Höhe von 8.971,15 EUR pro Monat beantragt.
4
Ausweislich eines Gesprächsvermerks vom 22. Februar 2018 (Bl. 37 BA) wird das gesamte Nebengebäude mit Ausnahme der Flächen für die Großtagespflege bereits seit längerem durch die Klinik genutzt. Erörtert wurde, ob eine Nutzung vor Antragstellung als vorzeitiger Maßnahmebeginn heilbar sei und ob dies sowohl für die bisher angemieteten als auch für die neu angemieteten Flächen gelte.
5
Mit Bescheid vom 11. April 2018 lehnte der Beklagte den Antrag auf Förderung von Nutzungsentgelten nach Art. 13 BayKrG für die Anmietung des Nebengebäudes (ehemaliges Schwesternhaus) ab. Voraussetzung für die Gewährung von Nutzungsentgelten sei nach Art. 13 Abs. 1 Satz 2 BayKrG zwingend die Zustimmung der zuständigen Behörde vor Abschluss der Nutzungsvereinbarung oder eine Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn, Art. 13 Abs. 1 Satz 2, Satz 4 iVm Art. 11 Abs. 1 bis 3 BayKrG. Im Falle der Anmietung gelte jede Handlung, die einer Mieterstellung entspreche, als Maßnahmebeginn. Entscheidend sei nicht der Abschluss des Mietvertrags, da auch ohne Unterzeichnung ein Nutzungsverhältnis faktisch durch die tatsächliche Nutzung der Flächen im Einvernehmen mit dem Eigentümer vollzogen werden könne und damit eine Mieterstellung im Sinne des BayKrG begründet werde.
6
Mit Schriftsatz vom 9. Mai 2018 erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin Klage und beantragten,
I. Der Bescheid der Regierung vom 11. April 2018 wird aufgehoben.
II. Der Beklagte wird verpflichtet, den Antrag vom 26. April 2017 auf Förderung von Nutzungsentgelten nach Art. 13 BayKrG für die Anmietung des Nebengebäudes zu genehmigen.
Hilfsweise: Der Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag vom 26. April 2017 auf Förderung von Nutzungsentgelten nach Art. 13 BayKrG für die Anmietung des Nebengebäudes nach der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
7
Für das angemietete Nachbargebäude habe die Klägerin noch nie eine Förderung erhalten. Das Abwarten auf eine langdauernde Fördergenehmigung oder einer Vorabzustimmung sei nicht zumutbar, da die Mietentscheidung wegen des hier erfolgten Eigentümerwechsels sehr schnell getroffen werden musste und die Nutzung der Räume in Teilen bereits seit jeher erfolgte. Durch die Regelung würden Krankenhäuser benachteiligt, die einen Förderverzicht erklärt hätten, deshalb sei in anderen Gesetzen der Bundesländer eine nachträgliche Zustimmung bei einer unzumutbaren Härte vorgesehen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dürfe bei einem vorzeitigen Vorhabensbeginn eine Subvention nicht ins insgesamt, sondern nur anteilig versagt werden.
8
Der Beklagte beantragte,
Klageabweisung.
9
Zwischen der Anmietung des Schwesternhauses in der Vergangenheit und der Aufnahme der Klink in den Krankenhausplan bestehe kein Zusammenhang. Das sogenannte Schwesternhaus, um das es hier gehe, sei erstmals am ... Januar 1995 angemietet worden. Die Aufnahme der Klinik mit 79 Planbetten in den Krankenhausplan sei nach dem Bescheid vom 22. Mai 1975 am 1. Januar 1972 erfolgt. 1999 habe der damalige Eigentümer vor dem Verkauf der Klinik das Grundstück geteilt. Damals sei nur das Grundstück mit dem Klinikgebäude verkauft worden. Das abgeteilte Grundstück mit den Nebengebäuden sei nicht verkauft worden, aber bereits damals zu Krankenhauszwecken genutzt worden.
10
Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung vom 11. September 2019 ihre Zustimmung mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt und in der Folgezeit mitgeteilt, dass nach ihrem Kenntnisstand zu keinem Zeitpunkt das ehemalige Schwesterhaus gefördert wurde.
11
Wegen der Einzelheit wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Behördenakte und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11. September 2019 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

12
Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
13
Der Bescheid der Regierung vom Oberbayern vom 11. April 2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten, § 113 VwGO. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Förderung der Nutzungsentgelte für das angemietete Nebengebäude, das ehemalige Schwesternhaus.
14
Nach Art. 13 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 i.V.m Art. 11 Abs. 3 Satz 2 und 3 BayKrG in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. März 2007, zuletzt für den hier maßgeblichen Zeitraum geändert am 13. Dezember 2016 setzt die Förderung von Nutzungsentgelten für Anlagegüter voraus, dass die zuständige Behörde vor Abschluss der Nutzungsvereinbarung zugestimmt hat oder eine Zustimmung für einen vorzeitigen Maßnahmebeginn vorliegt (§ 11 Abs. 3 Satz 5 BayKrG). Im Fall nichtvorhersehbarer Ereignisse und der Notwendigkeit von unaufschiebbaren Investitionsmaßnahmen zur Aufrechterhaltung der Krankenversorgung kann einem vorzeitigen Maßnahmebeginn auch vor einer fachlichen Billigung zugestimmt werden (§ 11 Abs. 3 Satz 6 BayKrG).
15
Im vorliegenden Fall ist eine rückwirkende Förderung nach der eindeutigen Rechtslage ausgeschlossen. Unstrittig wurde der Antrag auf Mietförderung erst nach Aufnahme der Nutzung gestellt. Im vorliegenden Fall wurde der Abschluss eines Mietvertrags für das ehemalige Schwesternwohnheim wegen eines Eigentümerwechsels notwendig und nicht wegen der erstmaligen Anmietung. Soweit nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung und den vorgelegten Unterlagen ersichtlich ist, hat die Klägerin das ehemalige Schwesternhaus bereits seit 1994/1995 mit Ausnahme der Fläche für die Großtagespflege für den Klinikbetrieb genutzt. Es handelt sich um eine Fläche von ca. 377,05 qm², für die vor Abschluss der einzelnen Mietverträge kein Antrag auf Mietförderung gestellt wurde. Die nach dem Mietvertrag vom 6. September 2018 rückwirkend zum 1. Januar 2017 zusätzlich angemieteten Flächen sind nach den vorliegenden Unterlagen ca. 287,48 qm² groß; der Mietvertrag betrifft das gesamte Nebengebäude und wurde am 6. September 2018 zwischen dem neuen Eigentümer und der Klägerin rückwirkend zum 1. Januar 2017 abgeschlossen.
16
Ausweislich des § 3 Abs. 1 Satz 2 dieses Mietvertrags, der im Gerichtsverfahren zunächst als Entwurf vorlag, entfällt die Übergabe der Räume, da der Mieter die Räume bereits nutzt. Der Antrag auf Förderung stammt vom 26. April 2017. Ein Antrag auf einen vorzeitigen Maßnahmebeginn wurde ebenfalls nicht gestellt. Da bereits vor Abschluss des Mietvertrags und vor der Stellung des Förderantrags das gesamte Nebengebäude nach Angaben der Beteiligten, bestätigt durch § 3 des Mietvertrags, zu Klinikzwecken genutzt wurde liegt hier der gesetzliche Förderausschlusstatbestand des Art. 11 Abs. 3 Satz 2 BayKrG vor.
17
Etwas anders erfolgt nicht aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, EUGH U.v. 7.7.2016 - C 111/15, in der es um die Förderung einer Einzelmaßnahme ginge. Die Entscheidung des EUGH betrifft einen partiellen Förderausschluss und nimmt eine ausreichend abschreckende Wirkung bei einer erheblichen Betragskürzung für Ausgaben vor Stellung des Förderantrags an. Dieser Fall ist mit der laufenden Förderung von Nutzungsentgelten nicht vergleichbar. Vor dem Hintergrund, dass Art. 13 BayKrG vor der abschließenden Prüfung des Antrags die Möglichkeit einer Zustimmung zu einem vorzeitigen Maßnahmebeginn vorsieht, besteht kein Raum für zusätzliche Ausnahmen. Es war der Klägerin grundsätzlich möglich und zumutbar, bereits vor Übernahme der Flächen des Nebengebäudes in den Klinikbetrieb zumindest einen Antrag auf Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn zu stellen; selbst im Falle der Unaufschiebbarkeit kann erwartet werden, dass zumindest ein formloser Antrag gestellt wird. Unter Berücksichtigung dessen ist es hier nicht zur Vermeidung unbilliger Härten geboten, als nicht zuschussfähige Ausgaben die vor dem Erlass des Bewilligungsbescheids getätigten Ausgaben mit dem Ziel einer abschreckenden Wirkung auszuklammern (EUGH a.a.o. Rn. 53).
18
Da hier die Antragstellung erst nach Maßnahmebeginn erfolgt ist, besteht kein Raum für eine rückwirkende Förderung ab der Antragstellung, weil die Behörde z.B. zu lange für die fachliche Prüfung oder Zustimmung benötigt hat. Nach dem hier vorliegenden Sachverhalt war das Nebengebäude im Wesentlichen ein Teil des Klinikbetriebs und eine Förderung der Nutzungsentgelte für die Anbietung wurde in der Vergangenheit nie beantragt. Der Rechtsgrundsatz, dass eine verzögerte Bearbeitung durch Behörden nach rechtzeitiger Antragstellung nicht zu Lasten des Antragstellers geht setzt voraus, dass ein solcher Antrag in der gesetzlich vorgesehenen Frist vor Beginn der Maßnahme gestellt wurde. Dies ist hier nicht der Fall gewesen.
19
Auf die Tatsache, dass der Mietvertrag erst nach Antragstellung abgeschlossen wurde kommt es vorliegend nicht an. Zum einen lag der Mietvertrag als Entwurf vor und enthielt zum damaligen Zeitpunkt in seinem § 3 bereits einen Ausschluss der Notwendigkeit der Übergabe, da die Nutzung bereits aufgenommen wurde. Ein Mietverhältnis setzt als tatsächliche Nutzung keinen schriftlichen Vertrag voraus. Die Maßnahme im Sinne der Förderregelungen ist nicht der Vertrag, sondern der Beginn des Vorhabens, Art. 11 Abs. 3 Satz 2 BayKrG.
20
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 f. ZPO.