Titel:
Erfolglose Klage gegen die Fälligstellung eines Zwangsgelds
Normenkette:
BayVwZVG Art. 31 Abs. 3 S. 2, Art. 36 Abs. 6 S. 2, Art. 38
Leitsätze:
1. Die Fälligstellung eines Zwangsgelds ist kein Verwaltungsakt, sondern lediglich eine behördliche Mitteilung über den Eintritt der Bedingung im Hinblick auf die Zwangsgeldandrohung. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Rechtmäßigkeit des zu vollstreckenden Bescheids ist - anders als seine Wirksamkeit - jedenfalls im Fall seiner Bestandskraft keine Voraussetzung für seine Vollstreckung und daher im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit von Vollstreckungsmaßnahmen nicht relevant. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anordnungen zur Hundehaltung, Fälligstellung eines Zwangsgelds, Androhung eines weiteren Zwangsgelds, Zwangsgeld, Fälligstellung, Fälligkeitsmitteilung, Verwaltungsakt, Grundverwaltungsakt, Rechtmäßigkeit
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 17.04.2023 – 10 ZB 22.1666
Fundstelle:
BeckRS 2022, 16088
Tenor
I. Soweit die Beteiligten die Streitsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Von den Kosten des Verfahrens tragen der Kläger 3/5 und die Beklagte 2/5.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höher leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen die Fälligstellung eines Zwangsgelds sowie die Androhung eines weiteren Zwangsgelds im Vollzug einer bestandskräftigen, die Hundehaltung durch den Kläger betreffenden sicherheitsrechtlichen Anordnung der Beklagten.
2
Mit Bescheid vom 25. Juli 2019 ordnete die Beklagte gegenüber dem Kläger unter anderem an, dass dessen Wolfshundrüde namens „…“ außerhalb des befriedeten Grundstücks in … 1, … … … … jederzeit einen Maulkorb zu tragen hat (Tenor Nr. 1.3). Für den Fall des Zuwiderhandelns gegen diese Verfügung wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 800,- Euro angedroht (Tenor Nr. 2).
3
Anlass für den Bescheid waren zwei Vorfälle, bei denen der Rüde Menschen gebissen hatte. Gegen den Bescheid vom 25. Juli 2019 hat der Kläger Rechtsmittel nicht ergriffen.
4
Mit Schreiben vom 8. September 2020 informierte das Polizeipräsidium Oberbayern Süd (OED Rosenheim) die Beklagte über die Erstattung einer Anzeige gegen den Kläger wegen fahrlässiger Körperverletzung. Nach den Angaben der Anzeigenerstatterin sei ihr achtjähriger Sohn am … Juni 2020 auf der … im … vom Hund des Klägers in den Oberarm gebissen und zur Versorgung der blutenden Wunde sofort in die Klinik in … gebracht worden. Der Anzeige wurden Bilder vom Rüden am Vorfallort beigefügt.
5
Mit Schreiben vom 21. September 2020, das in einen Bescheid übergeht und dem Kläger am 23. September 2020 zugestellt wurde, stellte die Beklagte daraufhin das für einen Verstoß gegen den Maulkorbzwang in Nr. 1.3 des Bescheids vom 25. Juli 2019 angedrohte Zwangsgeld i.H.v. 800,- Euro fällig und drohte dem Kläger im Bescheidswege für den Fall eines erneuten Verstoßes gegen diese Regelung ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 2000,- Euro an.
6
In den (Bescheids-)Gründen wurde zur Zwangsgeldandrohung ausgeführt, dass dessen Höhe nach den Umständen des Falles angemessen sei. Die Beklagte halte ein Einschreiten nach wie vor für notwendig, um den Zweck der Anordnung im Bescheid vom 25. Juli 2019 durchzusetzen.
7
Am 22. Oktober 2020 ließ der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Klage erheben, die im Wesentlichen begründet wurde wie folgt:
8
„Das Zwangsgeld hinsichtlich des bestandskräftig angeordneten Maulkorbzwangs (Tenor Nr. 1.3 des Bescheids vom 25. Juli 2019) sei in „seiner Absolutheit“ nicht zulässig. Denn es könne Situationen geben, in denen der Maulkorb aus Gründen des Tierwohls kurzzeitig abzunehmen sei. Der 12. Juni 2020 sei ein sehr heißer Tag gewesen und der Rüde des Klägers habe an Durst gelitten. Durch kurzfristige Abnahme des Maulkorbs habe man dem Rüden gestattet, aus dem See zu trinken. Dafür sei es notwendig gewesen, den Maulkorb abzunehmen, damit der Hund mit seiner Zunge Wasser ins Maul schaufeln könne. Unter Berücksichtigung der Vorgaben des Tierschutzes könne man vorliegend keinen Verstoß gegen den Maulkorbzwang im Bescheid vom 25. Juli 2019 annehmen. Das angedrohte Zwangsgeld i.H.v. 800,- Euro sei nicht fällig geworden. Entsprechend sei auch die Androhung eines weiteren Zwangsgelds im Bescheid vom 21. September 2020 nicht zulässig. Insbesondere sei dessen Höhe (2.000,- Euro) „überzogen“ und nicht ordnungsgemäß begründet.“
9
Daraufhin erwiderte die Beklagte mit Schriftsatz vom 13. Januar 2021, dass gegen den Maulkorbzwang in der Nr. 1.3 des bestandskräftigen Bescheids vom 25. Juli 2019 unstreitig verstoßen worden sei. Denn dem Rüden des Klägers sei der Maulkorb zumindest zeitweise abgenommen worden. Der Kläger könne sich nicht darauf berufen, durch die Abnahme des Maulkorbs habe dem Rüden das Trinken ermöglicht werden müssen. Dass der Kläger es versäumt habe, einen geeigneten Maulkorb für seinen Rüden zu besorgen, gehe zu seinen Lasten. Es gebe durchaus auch Maulkorbmodelle, die das Trinken erlauben würden.
10
Am 13. Januar 2021 erließ die Beklagte einen „Änderungsbescheid“: Bei erneutem Verstoß gegen den Maulkorbzwang in Nr. 1.3 des bestandskräftigen Bescheids vom 25. Juli 2019 werde ein Zwangsgeld i.H.v. 1.600,- Euro zur Zahlung fällig. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, dass der Rüde des Klägers bereits zum zweiten Mal ein kleines Kind gebissen habe und es sich dabei insgesamt um den dritten Beißvorfall handele. Ferner sei zu berücksichtigen, dass sich der Kläger unmittelbar nach dem Vorfall vom 12. Juni 2020 einer Identifizierung durch die Mutter und den Großvater des geschädigten Kindes zu entziehen versucht habe, indem er auf ihrer Nachfrage falsche Angaben zu seiner Person gemacht habe. Schließlich stehe das angedrohte weitere Zwangsgeld i.H.v. 1.600,- Euro nicht außer Verhältnis zum laufenden Einkommen des Klägers, eines pensionierten Lehrers.
11
Am 14. Februar 2021 ließ der Kläger zusätzlich beantragen,
den Änderungsbescheid vom 13. Januar 2021 - der ihm am 15. Januar 2021 zugegangen sei - aufzuheben.
12
Mit Schreiben vom 26. April 2022 bestritt der Klägerbevollmächtigte, dass es einem Hund mit Maulkorb möglich sei, Wasser zu trinken.
13
Nachdem die Beklagte den Bescheid vom 21. September 2020 (hinsichtlich der neuerlich verfügten Zwangsgeldandrohung) aufgehoben hatte, erklärte der Kläger mit Schriftsatz vom 23. Mai 2022 das Verfahren insoweit für erledigt. Er beantragt nunmehr,
festzustellen, dass das mit Schreiben vom 21. September 2020 fällig gestellte Zwangsgeld i.H.v. 800,- Euro nicht fällig geworden ist, und den Bescheid vom 13. Januar 2021 aufzuheben.
14
Die Beklagte stimmte der teilweisen Erledigungserklärung zu und beantragt im Übrigen,
15
Mit Schreiben vom 23. und 24. Mai 2022 erklärten die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren.
16
Wegen der weiteren Einzelheiten zur Sach- und Rechtslage wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
17
Das Gericht konnte mit Einverständnis der Beteiligten im schriftlichen Verfahren entscheiden (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).
18
Soweit die Streitsache (hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung im Bescheid vom 21. September 2020) übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, war das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
19
Im Übrigen bleibt die Klage ohne Erfolg.
20
Der Kläger verfolgt insoweit im Wege der zulässigen objektiven Klagehäufung (§ 44 VwGO) ein Feststellungsbegehren (dazu unter 1.) sowie ein Anfechtungsbegehren (dazu unter 2.).
21
1. Die auf Feststellung, dass das Zwangsgeld i.H.v. 800,- Euro nicht fällig geworden ist, gerichtete Klage ist zulässig, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg.
22
1.1. Statthaft ist die Feststellungsklage nach § 43 VwGO.
23
Art. 31 Abs. 3 Satz 2 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG) definiert die Androhung eines Zwangsgelds als aufschiebend bedingten Leistungsbescheid i.S.d. Art. 23 Abs. 1 VwZVG, weil bereits mit der Androhung für den Fall der nicht rechtzeitigen Erfüllung bzw. Nichterfüllung der Handlungspflicht eine Geldleistung gefordert wird. Erfüllt der Pflichtige die ihm auferlegte Pflicht nicht bzw. nicht rechtzeitig, so wird die Zwangsgeldforderung fällig (Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG). Die Voraussetzungen für die Vollstreckung des Leistungsbescheids liegen dann vor (Art. 23 Abs. 1 Nr. 2 VwZVG).
24
Die Fälligstellung ist kein Verwaltungsakt im Sinne des Art. 35 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG), sondern lediglich eine behördliche Mitteilung über den Eintritt der Bedingung im Hinblick auf die Zwangsgeldandrohung. Da mithin der Kläger seine Rechte nicht im Wege einer vorrangigen Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) geltend machen kann, ist die gemäß § 43 Abs. 2 VwGO grundsätzlich subsidiäre Feststellungsklage statthaft. Die Frage, ob das angedrohte Zwangsgeld fällig geworden ist, stellt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis dar, an dessen Klärung der Kläger ein berechtigtes Interesse hat.
25
Nach Art. 38 Abs. 3 VwZVG sind förmliche Rechtsbehelfe gegen Maßnahmen der Zwangsvollstreckung nur insoweit zulässig, als geltend gemacht werden kann, dass diese Maßnahmen eine selbständige Rechtsverletzung darstellen. Einwendungen, die die Rechtmäßigkeit des Grundverwaltungsakts betreffen, so auch der vom Kläger erhobene Einwand gegen den ausnahmslos verfügten Maulkorbzwang und die Höhe des im Grundverwaltungsakt angedrohten Zwangsgelds (i.H.v. 800,- Euro), können daher insoweit nicht geltend gemacht werden. Als selbstständige Rechtsverletzung im Sinne des Art. 38 Abs. 3 VwZVG kommen nur Umstände im Zusammenhang mit dem Bedingungseintritt nach Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG in Betracht.
26
1.2. Die Feststellungsklage ist in diesem Umfang jedoch unbegründet. Das im Bescheid vom 25. Juli 2019 angedrohte Zwangsgeld ist fällig geworden.
27
a) Die Fälligkeit des Zwangsgelds setzt zunächst voraus, dass die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen gegeben sind, insbesondere bedarf es eines wirksamen und vollstreckbaren Grundverwaltungsakts. Dies ist vorliegend der Fall.
28
Der auf ein Handeln gerichtete Grundverwaltungsakt - der Bescheid vom 25. Juli 2019 - ist vollstreckbar gemäß Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG, weil in Nr. 3 des Bescheids seine sofortige Vollziehung angeordnet ist. Die Rechtmäßigkeit des zu vollstreckenden Bescheids ist - anders als seine Wirksamkeit - jedenfalls im Fall seiner Bestandskraft keine Voraussetzung für seine Vollstreckung (vgl. BayVGH, B.v. 29.7.2002 - 20 ZB 02.1265 - juris Rn. 12) und daher im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit von Vollstreckungsmaßnahmen nicht relevant. Sollte das Zwangsgeld - wie der Kläger meint - der Höhe nach unangemessen sein, so handelt es sich insoweit jedenfalls nicht um einen besonders schwerwiegenden und offenkundigen Fehler, der eine Nichtigkeit und Unwirksamkeit im Sinne von Art. 44 Abs. 1 i.V.m. 43 Abs. 3 BayVwVfG zur Folge hätte. Sonstige Nichtigkeitsgründe sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
29
b) Ferner ist es zwischen den Verfahrensbeteiligten unstrittig, dass der Rüde des Klägers am … Juni 2019 auf der … zumindest kurzzeitig keinen Maulkorb getragen hat. Ob es zu einem Beißvorfall tatsächlich gekommen ist - wofür vorliegend Einiges spricht - kann dabei dahingestellt bleiben.
30
Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten stellt selbst die kurzzeitige Abnahme des Maulkorbs außerhalb des befriedeten Grundstücks des Klägers einen Verstoß gegen die sicherheitsrechtliche Anordnung (Maulkorbzwang) in Nr. 1.3 des bestandskräftigen Bescheids der Beklagten vom 25. Juli 2019 dar. Dieses Ergebnis ändert sich selbst bei Wahrunterstellung des Vorbringens des Klägers nicht, dass die kurzzeitige Abnahme des Maulkorbs lediglich bezweckt habe, dem an einem heißen Sommertag an Durst leidenden Rüden das Trinken aus dem See zu gestatten bzw. ermöglichen. Denn insbesondere bei gut angepassten Maulkörben in der Form eines „Gitterkorbes“ sind Hecheln und Trinken ohne große Einschränkungen möglich (vgl. https://www.vet-dogs.de/so-findest-du-den-richtigen-maulkorb-fuer-deinen-hund/; https://www.gespuernase.de/der-richtige-maulkorb/). Schließlich galt der Maulkorbzwang im Zeitpunkt des Verstoßes am … Juni 2020 bereits seit einem knappen Jahr, sodass der Kläger bis dahin genug Zeit hatte, einen passenden Maulkorb für den Rüden zu besorgen und die Abnahme zu vermeiden. Selbst wenn aber die Abnahme des Maulkorbs aus Tierschutzgründen erforderlich gewesen sein sollte, hätte der Kläger dafür Sorge tragen müssen, seinen Hund dabei von Dritten abzuschirmen. Vor dem Hintergrund, dass das Fehlverhalten des Klägers insofern nicht unverschuldet war und es infolge des Verstoßes gegen die sicherheitsrechtliche Anordnung zudem zu einem Personenschaden kam, bestand für die Beklagte kein Anlass dafür, in Ausübung ihres durch Art. 37 Abs. 1 Satz 1 VwZVG eingeräumten und nach § 114 VwGO gerichtlich überprüfbaren Anwendungsermessens trotz der Fälligkeit des Zwangsgelds von dieser Beitreibung abzusehen.
31
Die Feststellungsklage war deshalb abzuweisen.
32
2. Die auf Aufhebung der erneuten Zwangsgeldandrohung im „Änderungsbescheid“ vom 13. Januar 2021 gerichtete Klage ist ebenfalls zulässig, jedoch unbegründet.
33
2.1. Statthaft ist vorliegend die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO, da die Zwangsgeldandrohung gemäß Art. 31 Abs. 3 Satz 2 VwZVG einen Leistungsbescheid im Sinne des Art. 23 Abs. 1 VwZVG darstellt. Hiergegen sind gemäß Art. 38 Abs. 1 Satz 1 VwZVG dieselben förmlichen Rechtsbehelfe gegeben, die gegen den Grundverwaltungsakt zulässig sind.
34
2.2. Die Anfechtungsklage ist allerdings unbegründet. Die Zwangsgeldandrohung im „Änderungsbescheid“ vom 13. Januar 2021 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen subjektiven Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
35
a) Es bestehen keine Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der angefochtenen Zwangsgeldandrohung. Insbesondere hat die Beklagte vorliegend als zuständige Sicherheitsbehörde gehandelt (Art. 6 Landesstraf- und Verordnungsgesetz - LStVG, Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a) BayVwVfG). Sie hat ermessenfehlerfrei von vorheriger Anhörung nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 5 BayVwVfG abgesehen. Die angefochtene Zwangsgeldandrohung ist schriftlich ergangen (Art. 36 Abs. 1 Satz 1 VwZVG) und wurde förmlich zugestellt (Art. 36 Abs. 7 i.V.m. Art. 3 VwZVG, § 180 Satz 1 Zivilprozessordnung - ZPO). Schließlich genügt auch die Begründung der Höhe der Zwangsgeldandrohung den Anforderungen des Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG.
36
b) Die Androhung eines Zwangsgelds i.H.v. 1.600 Euro ist auch materiell rechtmäßig, da die allgemeinen (Art. 18 ff. VwZVG) und besonderen (Art. 29 ff. VwZVG) Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen und keine Anhaltspunkte für Vollstreckungshindernisse vorgetragen oder sonst ersichtlich sind.
37
Aus dem Bescheid vom 25. Juli 2019 (Grundverwaltungsakt) kann vollstreckt werden, weil seine sofortige Vollziehbarkeit angeordnet war und zudem der Kläger den Bescheid hat bestandskräftig werden lassen (Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 und 3 VwZVG).
38
Wird die Pflicht zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nicht oder nicht vollständig erfüllt, so kann die Vollstreckungsbehörde den Pflichtigen durch ein Zwangsgeld zur Erfüllung anhalten (Art. 31 Abs. 1 VwZVG). Zwangsmittel können so lange und so oft angewendet werden, bis die Verpflichtung erfüllt ist (Art. 37 Abs. 1 Satz 2 VwZVG). Eine erneute Zwangsgeldandrohung ist erst dann zulässig, wenn die vergangene Androhung erfolglos geblieben ist (Art. 36 Abs. 5 Satz 2 VwZVG). Das ist hier der Fall, da der Kläger - wie bereits ausgeführt - am 12. Juni 2020 gegen die Anordnung des Maulkorbzwangs verstoßen hat.
39
Das Zwangsgeld ist in bestimmter Höhe anzudrohen (Art. 36 Abs. 5 VwZVG). Die Höhe des Zwangsgelds ist nach pflichtgemäßem Ermessen unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes innerhalb des gesetzlich festgelegten Rahmens (von 15,- bis EUR 50.000,- Euro) von der Vollstreckungsbehörde festzusetzen (Art. 29 Abs. 3 i.V.m. Art. 31 Abs. 2 VwZVG). Neben dem wirtschaftlichen Interesse sind die Umstände des Einzelfalls wie Verschuldensgründe, Ausmaß des Ungehorsams, Dauer und Intensität der Pflichtverletzung und öffentliches Interesse an der Durchsetzung der Anordnung von Bedeutung (vgl. Kugele/Kugele/Thum/Tegethoff, Verwaltungsrecht in Bayern, Stand Juni 2015, VwZVG 20.31 Anm. 3).
40
Vorliegend bestehen gegen die Höhe des Zwangsgelds von nunmehr 1.600,- Euro keine rechtlichen Bedenken. Die der Bemessung zugrunde liegenden Erwägungen der Beklagten sind nicht zu beanstanden. Sie stützt die Entscheidung im Wesentlichen auf das öffentliche Interesse an einer wirksamen Gefahrenabwehr und die notwendige Beugewirkung. Eine Verdopplung des ersten Zwangsgelds erscheint vor dem Hintergrund der Tatsache, dass das erste Zwangsgeld den Kläger nicht zur Einhaltung der Anordnung hat anhalten können, zwar nicht zwingend, aber durchaus vertretbar, um die Öffentlichkeit vor Gefahren, die von dem Rüden des Klägers ausgehen, wirksam zu schützen.
41
Die Festsetzung des erneuten Zwangsgelds ist daher rechtlich nicht zu beanstanden. Die Anfechtungsklage war abzuweisen.
42
3. Über die Kosten des Verfahrens ist im Hinblick auf den für erledigt erklärten Teil des Verfahrens gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO nach billigem Ermessen zu entscheiden.
43
Billigem Ermessen entspricht es in der Regel, demjenigen Verfahrensbeteiligten die Verfahrenskosten aufzuerlegen, der ohne die Erledigung bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage voraussichtlich unterlegen wäre oder der durch eigenen Willensentschluss die Erledigung der Streitsache veranlasst hat bzw. sich freiwillig in die Rolle des Unterlegenen begeben hat (BVerwG, B.v. 2.2.2006 - 1 C 4/05 - juris Rn. 2; B.v. 17.8.2011 - 1 C 19.10 - juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 21.8.2019 - 1 N 17.304 - juris Rn. 2; vgl. auch Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 161 Rn. 18 m.w.N.).
44
Nach diesen Grundsätzen entspricht es hier billigem Ermessen, die Tragung der Verfahrenskosten der Beklagten aufzuerlegen. Die gegen den Bescheid vom 21. September 2020 erhobene Anfechtungsklage wäre nach summarischer Prüfung erfolgreich gewesen, da die darin verfügte Zwangsgeldandrohung nicht den Begründungserfordernissen nach Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG (insbesondere bei Ermessensentscheidungen nach Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayVwVfG) genügt. Unabhängig davon spricht für dieses Ergebnis auch der Umstand, dass die Beklagte mit dem „Änderungsbescheid“ vom 13. Januar 2021 die Erledigung selbst herbeigeführt und sich damit freiwillig in die Rolle der unterlegenen Partei begeben hat.
45
Im Übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 154 Abs. 1 VwGO.
46
4. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO.