Titel:
Widerruf einer Waffenbesitzkarte sowie Ungültigerklärung und Einziehung eines Jagdscheins – Anfechtungsklage
Normenketten:
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1
WaffG § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 2 Nr. 1 lit. a, § 45 Abs. 2 S. 1, § 46
BJagdG § 17 Abs. 1 S. 2, § 18 S. 1
Leitsätze:
1. Für die Anwendung der Regelvermutung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit aufgrund strafgerichtlicher Verurteilung nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 lit. a WaffG ist es unerheblich, ob es sich bei der verhängten Geldstrafe um eine Gesamtgeldstrafe handelt. Es kann allein auf die Gesamtstrafe abgestellt werden, ohne die jeweiligen Einzelstrafen zu berücksichtigen (vgl. VGH München BeckRS 2010, 45347 Nr. 1.3 mwN). (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Da das Gesetz allein auf die rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung abstellt, ist die Behörde auf die Prüfung beschränkt, ob das die Verurteilung begründende Verhalten im Zusammenhang mit den sonstigen Umständen die Annahme waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit rechtfertigt oder ob die Regelvermutung aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise ausgeräumt ist. Sie darf die strafgerichtlichen Feststellungen allenfalls in Sonderfällen ihrer Entscheidung nicht oder nicht ohne weitere Ermittlungen zugrunde legen, etwa dann, wenn für sie ohne Weiteres erkennbar ist, dass die Verurteilung auf einem Irrtum beruht oder wenn sie ausnahmsweise in der Lage ist, den Vorfall besser als die Strafverfolgungsorgane aufzuklären (stRspr BVerwG zB BeckRS 1992, 31227444 Rn. 3; stRspr VGH München zB BeckRS 2017, 116476 Rn. 10). (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
3. Für die Annahme eines Ausnahmefalls von der Regelvermutung der Unzuverlässigkeit ist eine tatbezogene Prüfung in Gestalt einer Würdigung der Schwere der konkreten Verfehlung und der Persönlichkeit des Betroffenen, wie sie in seinem Verhalten zum Ausdruck kommt, erforderlich. Die Vermutung kann grundsätzlich nicht schon dann entkräftet sein, wenn der Betroffene ansonsten strafrechtlich nicht aufgefallen ist. Ein Ausnahmefall kann auch nicht mehr damit begründet werden, dass die konkrete Straftat keinen Waffenbezug hatte (vgl. BVerwG BeckRS 2008, 38049 Rn. 5) oder dass es sich nicht um Straftaten im Gewaltbereich handelte und auch nicht um solche, die die Gefahr einer missbräuchlichen Waffenverwendung implizieren. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
4. Es erscheint rechtlich nicht von vornherein als ausgeschlossen, die gesetzliche Vermutung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit als widerlegt anzusehen, wenn zwar die Fünfjahresfrist seit Rechtskraft der strafrechtlichen Verurteilung noch nicht verstrichen ist, der Zeitpunkt der Begehung der Straftat aber sehr lange – etwa zehn oder mehr Jahre (vgl. BVerwG BeckRS 1990, 1791) – zurückliegt und der Betroffene sich seither straffrei geführt hat. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Widerruf der Waffenbesitzkarte, Ungültigerklärung und Einziehung, Jagdschein, Waffenrechtliche Unzuverlässigkeit, Rechtskräftige Verurteilung, Steuerhinterziehung, Keine Ausnahme von der Regelvermutung, Kein langes Zurückliegen der Straftaten, „Zehnjahresfrist“, waffenrechtliche Unzuverlässigkeit, Regelvermutung, rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung, Gesamtgeldstrafe, Ausnahme von der Regelvermutung, tatbezogene Prüfung, Straftat ohne Waffenbezug, Straftat im Gewaltbereich, langes Zurückliegen der Straftat, Zehnjahresfrist
Fundstelle:
BeckRS 2022, 16082
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Waffenbesitzkarte sowie die Ungültigerklärung und Einziehung seines Jagdscheins mit Bescheid des Landratsamts … (im Folgenden: Landratsamt) vom 10. Juli 2020.
2
Mit Strafbefehl des Amtsgerichts München vom 29. Mai 2019 (* … … … … …*), rechtskräftig seit 3. September 2019, wurde gegen den Kläger wegen acht sachlich zusammentreffender Vergehen der Steuerhinterziehung, in Tatmehrheit mit einem Vergehen der versuchten Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Abgabenordnung - AO -, §§ 22, 23, 52, 53, 54 Strafgesetzbuch - StGB - eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen verhängt. Die verhängten Einzelstrafen bewegten sich im Rahmen von 10 bis 25 Tagessätzen. Insgesamt wurden vom Kläger im Zeitraum 2009 bis 2013 Steuern in Höhe von 38.595,25 Euro verkürzt, davon blieben 5.235,70 Euro im Versuch. Dem Kläger war zur Last gelegt worden, in neun selbständigen Fällen die Finanzbehörden pflichtwidrig und vorsätzlich über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen und dadurch in acht Fällen Steuern verkürzt sowie in einem Fall zu verkürzen versucht zu haben. Ein zunächst erhobener Einspruch gegen den Strafbefehl war mit Schriftsatz des damals Bevollmächtigten des Klägers vom 2. September 2019 zurückgenommen worden.
3
Mit Schreiben des Landratsamts vom 18. Februar 2020 wurde der Kläger zum beabsichtigten Widerruf seiner Waffenbesitzkarte und Einziehung seines Jagdscheins angehört. Der Kläger teilte mit E-Mail vom 29. März 2020 mit, dass er sich zum damaligen Zeitpunkt der Steuerhinterziehung in Privatinsolvenz befunden und ein Treuhänder ihn beaufsichtigt habe. Er sei zuerst gegen den Strafbefehl vorgegangen, weil er sich im betroffenen Zeitraum auf seinen Treuhänder verlassen habe. Schließlich habe er dann resigniert und den Strafbefehl akzeptiert. Er habe grundsätzlich nicht mit Vorsatz gehandelt. Er habe sich nur auf andere verlassen.
4
Mit Bescheid des Landratsamts vom 10. Juli 2020, zugestellt am 11. Juli 2020, wurde die dem Kläger am 31. Mai 1991 vom Landratsamt erteilte Waffenbesitzkarte (Nr. …*) widerrufen (Nr. 1). Der Kläger wurde verpflichtet, die Erlaubnisurkunde der Waffenbesitzkarte Nr. … an das Landratsamt zurückzugeben (Nr. 2). Der Kläger wurde weiter verpflichtet, die (im Folgenden im Einzelnen benannten zwei) Waffen der Waffenbesitzkarte Nr. … einschließlich Munition einem Berechtigten zu überlassen oder dauerhaft unbrauchbar machen zu lassen; dem Landratsamt sei ein entsprechender Nachweis vorzulegen (Nr. 3). Falls der Kläger die unter Nr. 3 genannte Verpflichtung nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig bis spätestens zwei Wochen nach Zustellung des Bescheids erfülle, würden die unter Nr. 3 genannten Waffen einschließlich Munition durch das Landratsamt sichergestellt (Nr. 4). Falls der Kläger nicht innerhalb eines Monats nach Sicherstellung einen empfangsbereiten Berechtigten benenne, würden die sichergestellten Waffen einschließlich Munition eingezogen und verwertet oder, sofern sie nicht verwertbar seien, vernichtet (Nr. 5). Der dem Kläger am 4. Juli 2018 erteilte Jagdschein Nr. … wurde für ungültig erklärt (Nr. 6). Der Jagdschein wurde eingezogen und der Kläger verpflichtet, diesen dem Landratsamt zurückzugeben (Nr. 7). Falls der Kläger die unter Nr. 2 genannte Verpflichtung nicht oder nicht rechtzeitig bis spätestens zwei Wochen nach Zustellung des Bescheids und die unter Nr. 7 genannten Verpflichtung nicht oder nicht rechtzeitig bis spätestens zwei Wochen nach Zustellung des Bescheids erfülle, werde jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 300,00 Euro fällig (Nr. 8). Die Nrn. 2, 3, 4, 6 und 7 des Bescheids wurden für sofort vollziehbar erklärt (Nr. 9). Dem Kläger wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt (Nr. 10) und für den Bescheid wurde eine Gesamtgebühr in Höhe von 243,70 Euro festgesetzt (Nr. 11).
5
Der Widerruf der Waffenbesitzkarte wurde auf § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG gestützt. Der Kläger besitze wegen seiner Verurteilung nicht die erforderliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a WaffG. Ein Abweichen von der Regelvermutung sei im Fall des Klägers nicht gerechtfertigt. Von einer lange zurückliegenden Straftat, bei der ein Abweichen von der Regelvermutung gerechtfertigt sei, sei erst ab mindestens zehn Jahren auszugehen. Der Zeitpunkt der von dem Kläger verübten Straftaten (29. Mai 2019) liege noch keine drei Jahre zurück. Die Anordnung der Rückgabe der Erlaubnisurkunde stütze sich auf § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG. Die Anordnung in Nr. 3 des Bescheids beruhe auf § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG und entspreche pflichtgemäßem Ermessen. Sie sei insbesondere erforderlich, da ohne Abgabe bzw. Unbrauchbarmachung der Waffen und Munition der Widerruf der Waffenbesitzkarte fruchtlos wäre. Ohne besondere Umstände folge aus dem Widerruf auch die Verpflichtung zur Abgabe bzw. Unbrauchbarmachung der Waffen und Munition. Umstände, die ausnahmsweise eine andere Entscheidung erforderten, lägen nicht vor. Das Interesse des Klägers am weiteren Besitz der Waffen und Munition müsse gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Verhinderung von Waffenbesitz durch Nichtberechtigte zurücktreten. Die Anordnung in Nr. 4 des Bescheids stütze sich auf § 46 Abs. 2 Satz 2 WaffG. Die Sicherstellung entspreche pflichtgemäßem Ermessen. Sie sei insbesondere zur Durchsetzung der Verpflichtung aus Nr. 3 des Bescheids erforderlich. Das Interesse des Klägers, frei von behördlichem Zwang zu sein, müsse gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Wirksamkeit behördlicher Anordnungen zurücktreten. Die Nr. 5 des Bescheids stütze sich auf § 46 Abs. 5 WaffG. Für das Landratsamt sei es nicht hinnehmbar, über einen im Vorfeld nicht definierbaren längeren Zeitraum, anstelle des Klägers die sichere Aufbewahrung der in seinem Eigentum stehenden Schusswaffen und Munition durchzuführen. Insbesondere sei es dem Kläger durchaus zumutbar, innerhalb eines Monats nach Sicherstellung der Gegenstände, einen empfangsbereiten Berechtigten zu benennen, da er lediglich der Eigentümer von zwei Langwaffen sei. Insofern entspreche die Regelung auch pflichtgemäßem Ermessen. Die Nrn. 6 und 7 des Bescheids stützten sich auf § 18 BJagdG. Aufgrund des Widerrufs der waffenrechtlichen Erlaubnisse im Zuge der fehlenden waffenrechtlichen Zuverlässigkeit i.S.d. § 5 WaffG sei der Jagdschein zwingend für ungültig zu erklären und einzuziehen. Aus der Einziehung folge eine Rückgabeverpflichtung durch den Kläger. Die Androhung des Zwangsgelds stütze sich auf Art. 29, 30 Abs. 1, 20 Nr. 1, 31, 36 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes - VwZVG. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung in Nr. 6 des Bescheids stütze sich auf § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO, was im Folgenden näher begründet wurde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe des Bescheids Bezug genommen.
6
Am 30. Juli 2020 erhoben die Bevollmächtigten des Klägers Klage. Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 1. November 2021 vorgetragen, die Maßnahmen des Bescheids seien unverhältnismäßig und damit rechtswidrig. Die gesetzliche Vermutung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit aus § 5 Abs. 5 WaffG sei widerlegbar, wenn zwar die Fünfjahresfrist seit der Rechtskraft der strafrechtlichen Verurteilung noch nicht verstrichen sei, der Zeitpunkt der Straftat aber sehr lange zurückliege und sich der Betroffene seitdem straffrei geführt habe. Das Landratsamt bemesse die Zeit, die seit der Begehung der Straftaten vergangen sei, offenkundig fehlerhaft. Diese seien nicht am 29. Mai 2019 begangen worden. An diesem Tag sei der Strafbefehl ergangen. Die Straftaten lägen weit länger als drei Jahre zurück. Wie den Strafakten zu entnehmen sei, seien im Gegenteil die Straftaten bereits in strafrechtlicher Hinsicht im Mai 2019 unmittelbar vor der Verjährung der strafrechtlichen Verfolgbarkeit gestanden. Tatsächlich beträfen die Straftaten den Zeitraum 2009 bis 2013. Mithin betreffe zumindest ein Teil der Straftaten einen Zeitraum, der im Zeitpunkt der Behördenentscheidung mehr als zehn Jahre zurückliege. Der letzte Zeitraum liege zumindest sieben Jahre zurück. In rechtlicher Hinsicht sei auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. April 1990 - 1 C 56/89 - zu verweisen. Bereits der vom Landratsamt in der Bescheidsbegründung zitierte Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 28. Juni 2016 - 21 CS 17.196 - verweise auf diese Entscheidung, zitiere diese aber unzutreffend. Die vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof übernommene Rechtsauffassung des Landratsamts werde vom Bundesverwaltungsgericht so nicht vertreten. Dieses lasse in der genannten Entscheidung vielmehr ausdrücklich offen, auf welchen Zeitraum hier abgestellt werden könne. Es halte lediglich fest, dass bei Betrachtung der gesetzlichen Wertung der Fünf-Jahres-Frist des § 5 Abs. 2 WaffG seit Rechtskraft einer Verurteilung die Regelvermutung nicht anzuwenden sei, wenn die Tat selbst bereits mehr als zehn Jahre zurückliege. Im Übrigen hebe das Bundesverwaltungsgericht hervor, dass für die Widerlegung der Regelvermutung kein fester Zeitraum benannt werden könne, es vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls ankomme. Die besonderen Umstände des Einzelfalls seien aber im Rahmen des Erlasses dieses Bescheids nicht geprüft worden, zumindest sei eine solche Prüfung weder aus der Akte noch aus der Begründung des Bescheids ersichtlich. Zu den besonderen Umständen des Einzelfalls gehöre zumindest Folgendes: Der letzte Zeitraum der Steuerhinterziehung sei das Jahr 2013 gewesen und sei im Zeitpunkt des Bescheidserlasses damit bereits sieben Jahre vergangen. Der erste Zeitraum der Steuerhinterziehung seien die Jahre 2009 und 2010 gewesen und im Zeitpunkt des Bescheidserlasses seien bereits zehn Jahre vergangen. Betrachte man die Jahre 2009 und 2010 in der Strafzumessung des Strafbefehls, sei festzuhalten, dass aus der rechnerischen Summe der Einzelstrafen von 155 Tagessätzen auf die Jahre 2009 und 2010 65 Tagessätze entfielen, also 42%. Setze man dies ins Verhältnis der Gesamtstrafe von 90 Tagessätzen, entfielen auf die Jahre 2009 und 2010 aus der Gesamtstrafe 38 Tagessätze. Bringe man diese im Sinne der Rechtsauffassung des Landratsamts, dass Taten, die zumindest zehn Jahre zurücklägen, außer Betracht bleiben könnten, in Abzug, verblieben für die Taten von 2011 bis 2013 nur noch 42 Tagessätze. Diese lägen damit unter der Regelvermutung des § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a WaffG, welche erst bei einer Verurteilung zu 60 Tagessätzen greife. Aus dem über das Vermögen des Klägers eröffneten Insolvenzverfahren hätten Unklarheiten über die Abgabe von Steuererklärungen resultiert. Es handele sich um Steuerstraftaten, welche sicherlich in den Anwendungsbereich des § 5 Abs. 2 WaffG fielen und auch nicht verharmlost werden sollten. Aber doch handele es sich nicht um Straftaten, die dem Gewaltbereich zuzuordnen seien. Es handele sich vielmehr um eine „förmliche Unzuverlässigkeit“ und nicht um eine Unzuverlässigkeit hinsichtlich begründeter Bedenken gegen die Überlassung von Feuerwaffen und der Gefahr der missbräuchlichen Waffenanwendung. So beschränkten andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Überprüfung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit bei Straftaten auf einen Missbrauch von Waffen oder anderen Gewalttaten. Die Strafverfolgungsbehörden hätten die Straftaten erst kurz vor deren strafrechtlicher Verjährung zur Verfolgung gebracht. Weniger als einen Monat vor Eintritt der Verjährung sei überhaupt ein Strafbefehl erlassen worden, mithin habe der Kläger knapp davor gestanden, nicht mehr strafrechtlich belangt zu werden. Dies hätte zur Folge gehabt, dass auch die Regelvermutung des § 5 Abs. 2 WaffG schon gar nicht zur Anwendung respektive Prüfung gekommen wäre. Der Kläger habe sich im Übrigen und seitdem straffrei verhalten. Berücksichtige man die vorbenannten Umstände in diesem Einzelfall, erscheine es angemessen und verhältnismäßig, von der Regelvermutung des § 5 Abs. 2 WaffG abzuweichen und diese als widerlegt zu betrachten. Immerhin liege der Zeitraum der Taten insgesamt sieben Jahre zurück, was eine sehr lange Zeit sei, ein Teil der Taten bereits zehn Jahre, was eine noch längere Zeit sei. Schon das Zurückliegen aller maßgeblichen Zeiträume um sieben Jahre erscheine bei den weiteren Umständen des Einzelfalls als ausreichend und angemessen, die Regelvermutung des § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a WaffG als widerlegt zu betrachten. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stehe einer solchen Annahme jedenfalls nicht entgegen. Wolle man die Regelvermutung des § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a WaffG nur dann als widerlegt betrachten, wenn die Taten vor mehr als zehn Jahren begangen worden seien, wären zumindest die Zeiträume 2009 und 2010 in Abzug zu bringen. Um der Anforderung des Bundesverwaltungsgerichts an eine Betrachtung der Umstände im Einzelfall gerecht zu werden, wären diese Zeiträume bei der Gesamtwertung nicht mehr zu berücksichtigen.
Der Bescheid des Landratsamts vom 10. Juli 2020 wird aufgehoben.
8
Der Beklagte beantragt,
Die Klage wird abgewiesen.
9
Das Landratsamt führt hierzu mit Schriftsatz vom 17. Dezember 2021 aus, der Kläger sei (auch) mit Urteil des Amtsgerichts Freising vom 4. Dezember 2008 (Az.: * … … … …*), rechtskräftig seit 18. März 2009, wegen Betrugs zu 15 Tagessätzen Geldstrafe verurteilt worden. Die Bestimmung des Zeitpunkts der letzten Straftaten auf den 29. Mai 2019 in der Begründung des streitgegenständlichen Bescheids sei zwar fehlerhaft, der Begründungsfehler führe jedoch nicht zur Nichtigkeit gemäß Art. 44 BayVwVfG. Er führe auch nicht zur Rechtswidrigkeit, da ein Begründungsfehler gemäß Art. 46 BayVwVfG unbeachtlich sei, wenn offensichtlich sei, dass er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst habe. Das Landratsamt hätte die gleiche Entscheidung getroffen, wenn es von dem richtigen Zeitpunkt der Straftaten, nämlich dem 31. Mai 2014, ausgegangen wäre. Zudem müssten gebundene Verwaltungsakte inhaltlich nur dem Gesetz entsprechen, eine sachlich unzutreffende Begründung mache solche Verwaltungsakte nicht materiell rechtswidrig. Bei dem Kläger handele es sich um eine Person, bei der Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass sie nicht die erforderliche Zuverlässigkeit besitze. Die Steuerhinterziehung sei eines der häufigsten und im Hinblick auf den Schaden auch bedeutendsten Wirtschaftsdelikte, was im Folgenden weiter ausgeführt wurde. Für die Frage der waffen- und jagdrechtlichen Zuverlässigkeit hätten Straftaten, die mit mindestens 60 Tagessätzen geahndet worden seien, einen relevanten Unrechtsgehalt. Entsprechendes gelte für eine gebildete Gesamtstrafe. Auf die Zahl oder Höhe der einzelnen Einsatzstrafen komme es dabei nicht an. Somit sei die Berechnung des Bevollmächtigten des Klägers der Tagessätze der Einzelstrafen im Verhältnis zu den Tagessätzen der Gesamtstrafe nicht nachvollziehbar. Die von diesem vorgebrachten Gründe könnten die gesetzliche Regelvermutung nicht entkräften. Eine Steuerhinterziehung, welche zu einer strafrechtlichen Verurteilung in Höhe von 90 Tagessätzen führe, habe im Zusammenhang betrachtet keinen Bagatellcharakter mehr. Auch die vorgebrachten Einwände, dass sich der Kläger im Übrigen und seitdem straffrei verhalten habe, rechtfertigten keine Ausnahme von der Regelvermutung. Die gesetzliche Vermutung sei auch nicht dadurch widerlegt, dass die steuerrechtlichen Pflichtwidrigkeiten des Klägers die Jahre 2009 bis 2013 beträfen. Zunächst sei das Datum der letzten Tat der 31. Mai 2014, sodass seit der Begehung der Straftat bis zum Erlass des Widerrufsbescheids weniger als zehn Jahre vergangen gewesen seien. Zudem lägen die Voraussetzungen, unter denen das Bundesverwaltungsgericht eine Widerlegung der gesetzlichen Vermutung des § 5 Abs. 2 WaffG für möglich gehalten habe, auch wenn die Fünfjahresfrist seit Rechtskraft der Verurteilung noch nicht verstrichen sei, nicht vor. Zwar habe sich der Kläger seither straffrei geführt. Doch lägen die steuerrechtlichen Pflichtwidrigkeiten noch nicht „sehr lange“ zurück. Hierbei habe das Bundesverwaltungsgericht einen Zeitraum von zehn oder mehr Jahren von der Tat bis zum Erlass des Widerrufsbescheids im Blick gehabt. Es spiele auch keine Rolle, dass die zum Widerruf Anlass gebenden Taten keinen Waffenbezug aufwiesen und dem Kläger möglicherweise nicht klar gewesen sei, dass dadurch auch seine waffenrechtliche Zuverlässigkeit in Frage gestellt würde. Es lägen auch keine besonderen Umstände des Einzelfalls vor, die ein Absehen von der Regelvermutung rechtfertigen könnten. Insbesondere spreche gegen eine charakterliche Läuterung des Klägers, trotz seines unter dem Druck des Verfahrens erfolgten Wohlverhaltens, dass er über einen langen Zeitraum, nämlich fünf Jahre, Steuern hinterzogen habe. Der Kläger sei bereits am 4. Dezember 2008 wegen Betrugs zu 15 Tagessätzen Geldstrafe verurteilt worden (letzte Tat am … Oktober 2007). Die erste Straftat der Steuerhinterziehung sei im Jahr 2009 gewesen. Die Straftaten hätten sich über einen längeren Zeitraum von 2009 bis 2014 erstreckt. Über den maßgeblich längeren Zeitraum von etwas mehr als sechs Jahren seit Begehung der letzten Straftat und dem Erlass des Widerrufsbescheids müsste mit genügender Wahrscheinlichkeit durch das gesamte Verhalten des Klägers erkennbar sein, dass ihm als Waffenbesitzer wieder das Vertrauen entgegengebracht werden könne, dass nach den Maßstäben des Waffengesetzes von ihm kein Risiko mehr ausgehe. Hier gehe es daher allein darum, ob über einen längeren Zeitraum ein Charakterwandel erkennbar sei. Diese zusätzliche Voraussetzung erfülle der Kläger hier aber nicht. Denn in seiner Stellungnahme zu der Anhörung habe er angegeben, dass er sich auf Grund seiner Privatinsolvenz auf andere verlassen habe. Dieses Verhalten zeige, dass der Kläger das Unrecht seiner Handlungsweise noch nicht eingesehen hätte. Der Kläger sei überzeugt, wenn nicht rechtmäßig, so zumindest doch entschuldbar gehandelt zu haben. Es sei nicht erkennbar, dass der Kläger das entdeckte Unrecht einsehe und deshalb die Chance erhalte, im waffenrechtlichen Sinn zuverlässig zu bleiben.
10
Weitere Äußerungen zu der durch das Landratsamt erfolgten „BZR-Abfrage“ und der dort enthaltenen Eintragung der Entscheidung des Amtsgerichts Freising vom 4. Dezember 2008 (Az.: * … … … …08) erfolgten mit Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 31. Januar 2022 und mit Schriftsatz des Landratsamts vom 16. Februar 2022. Es handelt sich hierbei um einen (beigezogenen) Strafbefehl, der nach Hinweis des Gerichts in der mündlichen Verhandlung am 4. Mai 2022 nicht als entscheidungserheblich angesehen werde. Die Beteiligten erklärten dort ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung. Der Bevollmächtigte des Klägers vertiefte sein Vorbringen zuletzt noch mit Schriftsatz vom 23. Juni 2022 und führte dabei auch aus, dass die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, soweit sie einen Ablauf von mindestens zehn Jahren (seit Begehung der Straftat) verlange, mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht in Einklang zu bringen sei. Für den Fall, dass die Klage unter diesem Aspekt abgewiesen werde, werde die Zulassung der Berufung beantragt.
11
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die vorgelegte Behördenakte, die beigezogene Strafakte (* … … …19) der Staatsanwaltschaft München I sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
12
Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung bzw. ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten hiermit ihr Einverständnis erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
13
Die zulässige Klage ist unbegründet.
14
Der Bescheid des Landratsamts vom 10. Juli 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
15
Der in Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids angeordnete Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis (Waffenbesitzkarte) gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 WaffG i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a WaffG ist rechtmäßig erfolgt. Gleiches gilt hinsichtlich der Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins in Nrn. 6 und 7 des Bescheids gemäß § 18 Satz 1 BJagdG i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG. Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist dabei maßgeblich auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, hier des Bescheidserlasses, abzustellen (vgl. BVerwG, U.v. 16.5.2007 - 6 C 24.06 - juris Rn. 35).
16
Gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG ist eine waffenrechtliche Erlaubnis, vorliegend die Waffenbesitzkarte nach § 10 Abs. 1 WaffG, zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Eine waffenrechtliche Erlaubnis ist nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 WaffG zu versagen, wenn der Antragsteller nicht die erforderliche Zuverlässigkeit i.S.v. § 5 WaffG besitzt. Nach § 18 Satz 1 BJagdG ist die zuständige Behörde in Fällen des § 17 Abs. 1 BJagdG verpflichtet, den Jagdschein für ungültig zu erklären, wenn Tatsachen, welche die Versagung des Jagdscheins begründen, erst nach Erteilung des Jagdscheins eintreten oder der Behörde, die den Jagdschein erteilt hat, bekannt werden. Nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG darf nur ein Jagdschein nach § 15 Abs. 7 BJagdG (Falknerjagdschein) erteilt werden, wenn die Zuverlässigkeit oder die persönliche Eignung im Sinne der §§ 5 und 6 WaffG fehlen.
17
Nach Sinn und Zweck des § 5 Abs. 2 WaffG soll das mit jedem Waffenbesitz vorhan-dene Sicherheitsrisiko möglichst gering gehalten werden. Es soll nur bei Personen hingenommen werden, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit der Waffe jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (vgl. BT-Drs. 14/7758, S. 54). Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen in der Regel u.a. Personen nicht, die wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen oder mindestens zweimal zu einer geringeren Geldstrafe rechtskräftig verurteilt worden sind, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der (letzten) Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen sind, § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a WaffG.
18
Im Fall des Klägers ist der Tatbestand der Regelunzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a WaffG erfüllt, da gegen ihn mit seit 3. September 2019 rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts München vom 29. Mai 2019 (1114 Cs 308 Js 152166/19) wegen acht sachlich zusammentreffender Vergehen der Steuerhinterziehung in Tatmehrheit mit einem Vergehen der versuchten Steuerhinterziehung eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen verhängt wurde.
19
Dabei ist es unerheblich, dass es sich bei der verhängten Geldstrafe um eine Gesamtgeldstrafe handelt. Auch die Verurteilung zu einer „Gesamtstrafe“ von mindestens 60 Tagessätzen wegen der Verwirklichung von in § 5 Abs. 2 Nr. 1 WaffG genannten Straftaten begründet die Regelvermutung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit (vgl. HessVGH, B.v. 14.10.2004 - 11 TG 2490/04 - juris Rn. 4 ff.). Auch unter Aspekten der Gesetzessystematik ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber des Waffengesetzes mit dem Bezug auf eine „Verurteilung“ wegen Verwirklichung der in § 5 Abs. 2 Nr. 1 WaffG genannten Straftatbestände nicht darauf abstellen wollte, ob die Verurteilung auf Straftatbeständen beruhte, die im konkreten Fall in Tateinheit oder Tatmehrheit verwirklicht wurden. Ausschlaggebend ist insoweit allein, dass eine Verurteilung zu einer Strafe erfolgte, die über der auf der Tatbestandsseite geregelten Mindesthöhe für den Eintritt der Rechtsfolge liegt (vgl. HessVGH, B.v. 14.10.2004 - 11 TG 2490/04 - juris Rn. 6). Durch die Gesamtstrafenbildung nach § 54 StGB erfolgt nämlich in einer Gesamtschau eine zusammenfassende Würdigung der Person des Täters und der einzelnen Straftaten untereinander, sodass allein auf die Gesamtstrafe abgestellt werden kann, ohne die jeweiligen Einzelstrafen zu berücksichtigen (vgl. BayVGH, B.v. 7.10.2005 - 19 ZB 05.2148 - juris Rn. 8 m.w.N.; vgl. auch NdsOVG, B.v. 4.9.2006 - 8 LA 114/06 - juris Rn. 7).
20
Das Gesetz stellt dabei für die in der Regel anzunehmende Unzuverlässigkeit allein auf die rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung wegen bestimmter Straftaten ab. Die Anwendung des gesetzlichen Tatbestands erfordert daher keine Prüfung der Behörde, ob der Betroffene tatsächlich eine Straftat begangen hat. Indem es eine rechtskräftige Verurteilung voraussetzt, will das Gesetz sichern, dass die behördliche Beurteilung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit auf tragfähiger Grundlage erfolgt. Das gerichtliche Strafverfahren, in dem der Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und im Zweifel zugunsten des Betroffenen zu entscheiden ist, bietet dafür eine besondere Gewähr. Daraus folgt, dass sich die Behörde auch auf die tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts stützen darf. Sie darf grundsätzlich von der Richtigkeit der Verurteilung ausgehen und sich auf die Prüfung beschränken, ob das die Verurteilung begründende Verhalten im Zusammenhang mit den sonstigen Umständen die Annahme waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit rechtfertigt oder ob die Regelvermutung des § 5 Abs. 2 Nr. 1 WaffG aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise ausgeräumt ist. Sinn und Zweck des Gesetzes ergeben danach, dass die Behörde allenfalls in Sonderfällen die strafgerichtlichen Feststellungen ihrer Entscheidung nicht oder nicht ohne weitere Ermittlungen zugrunde legen darf, etwa dann, wenn für sie ohne weiteres erkennbar ist, dass die Verurteilung auf einem Irrtum beruht oder wenn sie ausnahmsweise in der Lage ist, den Vorfall besser als die Strafverfolgungsorgane aufzuklären (st. Rspr. BVerwG, vgl. B.v. 22.4.1992 - 1 B 61/92 - juris Rn. 6; B.v. 21.7.2008 - B 12/08 - juris Rn. 5; vgl. auch st. Rspr. BayVGH, z.B. B.v. 5.7.2017 - 21 CS 17.856 - juris Rn. 10). Diese Grundsätze gelten auch im Fall eines Strafbefehlsverfahrens. Der Strafbefehl steht einem rechtskräftigen Urteil gleich, soweit gegen ihn nicht rechtzeitig Einspruch erhoben worden ist (§ 410 Abs. 3 Strafprozessordnung - StPO). Waffenrechtlich gelten insoweit keine Besonderheiten (st. Rspr. BVerwG, vgl. U.v. 13.12.1994 - 1 C 31/92 - juris Rn. 30; U.v. 16.10.1995 - 1 C 32/94 - juris Rn. 13; vgl. auch st. Rspr. BayVGH, z.B. B.v. 31.10.2012 - 21 ZB 12.1340 - juris Rn. 8).
21
Hier bestehen auch auf der Grundlage der beigezogenen Akte des Strafverfahrens keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Verurteilung des Klägers auf einem Irrtum beruhen könnte oder dass die Waffenbehörde ausnahmsweise in der Lage wäre, den Vorfall besser als die Strafverfolgungsorgane aufzuklären. Solches wurde im Übrigen von Seiten des Klägers auch nicht geltend gemacht. Daher ist von der Richtigkeit der Verurteilung auszugehen und es war weiter zu prüfen, ob das die Verurteilung begründende Verhalten im Zusammenhang mit den sonstigen Umständen die Annahme waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit rechtfertigt oder ob die Regelvermutung des § 5 Abs. 2 Nr. 1 WaffG aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise ausgeräumt ist. Bei der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit i.S.d. § 5 WaffG handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Auslegung und Anwendung der uneingeschränkten Prüfung durch die Verwaltungsgerichte unterliegt.
22
Ein Ausnahmefall, der ein Absehen von der Regelvermutung rechtfertigen könnte, ist im Fall des Klägers nicht gegeben.
23
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, B.v. 21.7.2008 - 3 B 12/08 - juris Rn. 5 m.w.N.; vgl. auch BayVGH in st. Rspr., z.B. B.v. 4.3.2016 - 21 CS 15.2718 - juris Rn. 13) kommt eine Abweichung von der Vermutung nur dann in Betracht, wenn die Umstände der abgeurteilten Tat die Verfehlung ausnahmsweise derart in einem milden Licht erscheinen lassen, dass die nach der Wertung des Gesetzgebers in der Regel durch eine solche Straftat begründeten Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit des Betroffenen bezüglich des Umgangs mit Waffen und Munition nicht gerechtfertigt sind. Erforderlich ist danach eine tatbezogene Prüfung in Gestalt einer Würdigung der Schwere der konkreten Verfehlung und der Persönlichkeit des Betroffenen, wie sie in seinem Verhalten zum Ausdruck kommt. Darüber hinaus ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetzeswortlaut, dass bereits eine einzige Verurteilung wegen einer der in § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a bis c WaffG genannten Straftaten die Regelvermutung begründet, wenn eine Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen verhängt worden ist. Die Vermutung kann daher grundsätzlich nicht schon dann entkräftet sein, wenn der Betroffene ansonsten strafrechtlich nicht aufgefallen ist. Der in der früheren Gesetzesfassung zum Ausdruck kommende unmittelbare oder mittelbare Bezug der Straftaten zum Einsatz von Waffen wurde ausdrücklich aufgegeben. Wann die Regelvermutung der Unzuverlässigkeit eingreift, wird nicht mehr vorrangig nach der Art der begangenen Straftat bestimmt, sondern es wird allgemein auf die Rechtsfolgenseite, nämlich auf die Höhe der verhängten Strafe, abgestellt. Daher kann ein Ausnahmefall nicht mehr damit begründet werden, dass die konkrete Straftat keinen Waffenbezug hatte (vgl. BVerwG, B.v. 21.7.2008 - 3 B 12/08 - juris Rn. 5). Auch die Tatsache, dass es sich - wie hier - nicht um Straftaten im Gewaltbereich handelt und auch nicht um solche, die die Gefahr einer missbräuchlichen Waffenverwendung implizieren, kann daher nicht zur Annahme eines Ausnahmefalls führen.
24
Unter Berücksichtigung dieses Prüfungsmaßstabs lässt sich in Bezug auf die vom Kläger begangenen Straftaten, wie sie der Verurteilung zu Grunde gelegt wurden, auch kein Ausnahmefall feststellen.
25
Bereits die Höhe der verhängten Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen spricht gegen ein Bagatelldelikt. Auch besondere Tatumstände, die zu Gunsten des Klägers sprechen würden, sind nicht ersichtlich. Es handelt sich bei den dem Strafbefehl zugrunde gelegten Straftaten um typische (teilweise versuchte) Steuerhinterziehungen im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 AO, durch die insgesamt ein erheblicher Betrag von Steuern verkürzt wurde (38.595,25 Euro, davon 5.235,70 Euro im Versuch geblieben). Hiervon entfiel auch ein beträchtlicher Betrag von 19.442,78 Euro auf vom Kläger (vollendet) hinterzogene Umsatzsteuer. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass sich der Tatzeitraum über eine lange Zeitspanne von vier Jahren bezüglich der Einkommensteuer (2009 bis 2012) und weiterhin bezüglich der Umsatzsteuer sogar von fünf Jahren (2009 bis 2013) erstreckte. Insgesamt liegen neun selbständige Fälle vor, in denen der Kläger die Finanzbehörden pflichtwidrig und vorsätzlich über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen und dadurch in acht Fällen Steuern verkürzt und in einem Fall zu verkürzen versucht hat. Nach den Feststellungen im Strafbefehl hatte der Kläger seine Verpflichtung zur wahrheitsgemäßen und vollständigen Angabe der Besteuerungsgrundlagen in den eingereichten Erklärungen gekannt. Aufgrund der Abweichungen in fünf aufeinanderfolgenden Jahren war ihm auch bewusst, dass er dagegen verstieß. Sein Verhalten ließ darauf schließen, dass er die eingetretenen Steuerverkürzungen zumindest billigend in Kauf genommen hat. Auch hat der Kläger die Umsatzsteuererklärung 2013 verspätet erst nach Einleitung des Strafverfahrens - die Beschuldigtenvernehmung des Klägers war am 1. Juli 2014 erfolgt - am 15. September 2014 beim zuständigen Finanzamt eingereicht, die Umsatzsteuererklärungen 2011 bis 2012 sogar erst am 28. Februar 2019. Weiterhin wurde in dem Strafbefehl die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 19.501,58 Euro gemäß §§ 73, 73c StGB (Einziehung des Wertes von Taterträgen) angeordnet. Der Umstand, dass sich der Kläger nach seinen Angaben auf den Treuhänder verlassen habe, der ihn (im Rahmen der Privatinsolvenz) beaufsichtigt habe, wurde bereits im Strafverfahren gewürdigt. So hatte der Kläger dort bei seiner Beschuldigtenvernehmung am 1. Juli 2014 angegeben, er habe gedacht, dass der Insolvenzverwalter die Steuererklärungen für ihn abgebe. Dem wurde von Seiten des Finanzamts München nachgegangen und mit Schreiben vom 18. Juli 2014 eine entsprechende Anfrage an den Insolvenzverwalter gestellt, welche von diesem im Folgenden mit Schreiben vom 8. August 2008 beantwortet wurde. Das Insolvenzverfahren sei am 1. September 2010 eröffnet worden. Die selbständige Tätigkeit des Schuldners sei am 15. September 2010 aus der Insolvenzmasse freigegeben worden. Es lägen ihm lediglich Einnahmen-Überschuss-Rechnungen vor, welche im Folgenden der Finanzbehörde vorgelegt wurden. Da der Betrieb freigegeben worden sei, sei der Schuldner selbst für die Abgabe der Steuererklärungen verantwortlich gewesen. Demzufolge vermag die entsprechende - im Übrigen auch nicht näher substantiierte - erneute Einlassung des Klägers, er habe sich auf den Treuhänder verlassen, die Straftaten nicht in einem derart milden Licht erscheinen zu lassen, dass die nach der Wertung des Gesetzgebers in der Regel durch solche Straftaten begründeten Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit des Betroffenen bezüglich des Umgangs mit Waffen und Munition nicht gerechtfertigt wären. Weiterhin deutet die Einlassung auch darauf hin, dass der Kläger seine Verantwortlichkeit nach wie vor zu relativieren versucht und das Unrecht seiner Taten nicht einzusehen vermag. Zudem ist es Sache eines jeden Angeklagten bzw. Beschuldigten, entlastende Umstände im Strafverfahren selbst vollständig vorzutragen bzw. auch auf der Vernehmung von Zeugen zu bestehen.
26
Auch der Zeitablauf ist im hier zu bewertenden Einzelfall des Klägers nicht geeignet, die Annahme der Unzuverlässigkeit zu entkräften.
27
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erscheint es rechtlich nicht von vornherein als ausgeschlossen, die gesetzliche Vermutung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit im Sinne des § 5 Abs. 2 WaffG als widerlegt anzusehen, wenn zwar die Fünfjahresfrist seit Rechtskraft der strafrechtlichen Verurteilung noch nicht verstrichen ist, der Zeitpunkt der Begehung der Straftat aber sehr lange zurückliegt und der Betroffene sich seither straffrei geführt hat. Hierfür lassen sich jedoch keine festen Zeiträume angeben. Es wird immer auf die besonderen Umstände des Einzelfalls ankommen. Immerhin könnte der vom Gesetzgeber vorgegebene, auf den Zeitpunkt von fünf Jahren in der Weise von Bedeutung sein, dass seit Begehung der Tat nicht mehr als nochmals fünf Jahre verstrichen sein dürfen. Im Ergebnis würde dies bedeuten, dass sich die Regelvermutung des § 5 Abs. 2 WaffG dann nicht ohne weiteres anwenden ließe, wenn die Tat bei Erlass des Widerspruchsbescheids (hier des Ausgangsbescheids) bereits zehn oder mehr Jahre zurückliegt (vgl. BVerwG, U.v. 24.4.1990 - 1 C 56/89 - juris Rn. 18). Dies war hier jedoch nicht der Fall. Als Datum der (letzten) Tat ist nach der Eintragung im Bundeszentralregister der 31. Mai 2014 angegeben. Bei einer Straftat nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO handelt es sich um ein Unterlassungsdelikt, welches an den Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht anknüpft. Seit diesem Zeitpunkt (Veranlagungsschluss für die Umsatzsteuererklärung 2013) sind zehn Jahre noch nicht verstrichen. Demzufolge kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts allein der Zeitablauf hier nicht dazu führen, dass sich die Regelvermutung des § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a WaffG nicht ohne weiteres anwenden ließe, bzw. dass die Regelvermutung hier bereits (allein) aufgrund dieses Umstands entkräftet wäre. Auch lässt sich hier (wie auch bei der weiteren Würdigung des Zeitablaufs) keine Aufspaltung bzw. isolierte Betrachtung von Tatzeiträumen (und diesbezüglichen Einzelstrafen) vornehmen, wie der Bevollmächtigte des Klägers meint, da es dann schon an der weiteren Voraussetzung fehlen würde, dass sich der Betroffene seither straffrei geführt hätte, wie die späteren Tatbegehungen zeigen (vgl. im Übrigen auch VG Bayreuth, B.v. 22.7.2021 - B 1 S 21.709 - juris Rn. 45; VG Ansbach, U.v. 16.9.2021 - AN 10 K 20.00900 - juris Rn. 40 ff.).
28
Der Zeitablauf ist weiterhin auch im Übrigen nicht geeignet, im Rahmen der Prüfung, ob aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls die Regelannahme des Mangels der erforderlichen Zuverlässigkeit ausnahmsweise entkräftet ist, die Annahme eines solchen Ausnahmefalls zu begründen. So waren seit dem Zeitpunkt des 31. Mai 2014 bis zum Erlass des Bescheids am 10. Juli 2020 nur etwas mehr als sechs Jahre vergangen. Angesichts des langen Tatzeitraums über fünf Jahre hinweg erscheint dieser Zeitraum demgegenüber nicht übermäßig lang. Auch das Bundesverwaltungsgericht hat in dem zu entscheidenden Fall ausgeführt, dass der längere Zeitraum der Steuerhinterziehung von fünf Jahren (1975 bis 1979) mit einem Betrag der Steuerverkürzung in Höhe von 40.000 DM die Annahme eines Bagatelldelikts nicht zuließe (vgl. BVerwG, U.v. 24.4.1990 - 1 C 56/89 - juris Rn. 18). Im dortigen Fall lag der Tatzeitraum sogar noch länger vor dem Zeitpunkt des Bescheidserlasses (am 30. Oktober 1987) als hier im Fall des Klägers (vgl. im Übrigen auch VG Freiburg, B.v. 6.5.2005 - 2 K 344/05 - juris Rn. 5, wonach durch das Bundesverwaltungsgericht die Anwendung der gesetzlichen Regel bei längeren Zeiträumen - acht - U.v. 24.4.1990 - und mindestens sieben Jahre - B.v. 24.6.1992 - bestätigt worden sei). Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass sich die „Wohlverhaltensphase“ des Klägers auch über einen längeren Zeitraum erstreckt hat, in dem er sich in einem laufenden Ermittlungsverfahren befand. Das Bundesverwaltungsgericht hat (aus wohl naheliegenden Gründen - wie oben ausgeführt) im Übrigen auch keine differenzierte Betrachtung der Hinterziehungszeiträume vorgenommen, wobei im dortigen Fall ebenso ein Zeitraum von mehr als zehn Jahren seit der ersten Steuerhinterziehung verstrichen war. Schließlich ist auch die Dauer des Strafverfahrens nicht geeignet, die Straftaten des Klägers in einem - wie beschrieben - „milden Licht“ erscheinen zu lassen. Dieses wurde bereits im Juni 2014 eingeleitet, nachdem die Strafverfolgungsbehörde Kenntnis von den Taten bzw. des Verdachts erlangt hatte. Der Umstand des weit zurückliegenden Tatzeitpunkts wurde zudem bereits im Rahmen der Strafzumessung zugunsten des Klägers berücksichtigt, wie sich aus dem Schlussvermerk des Finanzamts München - Bußgeld- und Strafsachenstelle - vom *. Mai 2019 ergibt. Im Übrigen hat der Kläger auch ausstehende Umsatzsteuererklärungen erst am 28. Februar 2019 bei dem Finanzamt eingereicht. Weiterhin ergeben sich auch aus dem bevorstehenden Eintritt einer Verfolgungsverjährung - neben der bereits gewürdigten Verfahrensdauer - keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür, dass die Annahme eines Ausnahmefalls zu bejahen wäre, weil sie die Umstände der Taten in einem milderen Licht erscheinen ließen.
29
Auch bei einer nochmaligen abschließenden Gesamtwürdigung aller maßgeblicher Umstände einschließlich der länger zurückliegenden (letzten) Tatbegehung verbleibt es bei dem Kläger insbesondere angesichts des langen Tatzeitraums und der Höhe der hinterzogenen Steuer, darunter auch ein beträchtlicher Anteil an Umsatzsteuer, bei der Regelvermutung der Unzuverlässigkeit auf der Grundlage von § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a WaffG.
30
Daher kann es vorliegend auch dahinstehen, ob - wie der Bevollmächtigte des Klägers geltend macht - die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, wonach ein Abweichen von der Regelvermutung (allenfalls) erwogen werden kann, wenn der Zeitpunkt der Begehung der Straftat sehr lange, d.h. mindestens zehn Jahre, zurückliegt und der Betroffene sich bisher straffrei geführt hat, bzw. es rechtlich nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheint, die gesetzliche Vermutung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit im Sinne des § 5 Abs. 2 WaffG als widerlegt anzusehen, wenn zwar die Fünfjahresfrist seit Rechtskraft der strafrechtlichen Verurteilung noch nicht verstrichen ist, der Zeitpunkt der Begehung der Straftat aber sehr lange, d.h. mindestens zehn Jahre, zurückliegt und der Betroffene sich bisher straffrei geführt hat (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 6.6.2018 - 21 CS 18.658 - juris Rn. 13; B.v. 28.6.2017 - 21 CS 17.196 - juris Rn. 7; B.v. 13.4.2021 - 24 B 20.2220 - juris Rn. 18; B.v. 15.3.2018 - 21 CS 18.388 - juris Rn. 13) in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts steht, da es im Fall des Klägers nicht entscheidungserheblich darauf ankommt. Aus Sicht der Kammer trifft diese Auffassung im Übrigen auch nicht zu. Ergänzend ist hierzu anzumerken, dass das Bundesverwaltungsgericht selbst - wie dargestellt - wohl einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren als erforderlich ansieht, um (bereits) die Anwendung der Regelvermutung als solche (wohl unabhängig von den weiteren Umständen des Einzelfalls) in Frage zu stellen bzw. allein den Zeitablauf genügen zu lassen, um die Regelvermutung zu entkräften (vgl. auch BVerwG, B.v. 24.6.1992 - 1 B 105/92 - juris Rn. 5; B.v. 9.7.1993 - 1 B 105/93 - juris Rn. 4).
31
Die Waffenbesitzkarte des Klägers war demzufolge zwingend zu widerrufen, § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Ebenso war der Jagdschein des Klägers zwingend für ungültig zu erklären, § 18 Satz 1 BJagdG.
32
In Bezug auf die weiteren Anordnungen in Nrn. 2 bis 5 sowie Nr. 7 (Rückgabe des Jagdscheins) im streitgegenständlichen Bescheid des Landratsamts auf der rechtlichen Grundlage von § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG (Nr. 2), § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG (Nr. 3), § 46 Abs. 2 Satz 2 WaffG (Nr. 4), § 46 Abs. 5 WaffG (Nr. 5) sowie bezüglich Nr. 7 des Bescheids § 18 BJagdG (vgl. auch Art. 52 BayVwVfG) sowie die Zwangsgeldandrohungen (Nr. 8) und Kostenentscheidung (Nrn. 10 und 11) sind durchgreifende rechtliche Bedenken weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Folgeentscheidungen dienen der Umsetzung des Widerrufs der waffen- und jagdrechtlichen Erlaubnisse und stellen die tatsächliche Umsetzung des Entzugs der formellen Erlaubnisberechtigungen durch sofortige Abgabe der Erlaubnisurkunden sicher. Soweit dem Landratsamt dabei Ermessen eingeräumt ist, sind Ermessensfehler nicht vorgetragen und im Übrigen auch nicht ersichtlich.
33
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
34
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
35
Die Berufung war nicht zuzulassen. Da die Kammer einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren nicht als Voraussetzung der Widerlegung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit ansieht (siehe obige Ausführungen hierzu), liegt schon nicht der Fall vor, für den der Klägerbevollmächtigte die Zulassung der Berufung beantragt hat. Zudem ist auch nicht ersichtlich, dass ein Berufungszulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO vorliegen würde (vgl. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO).