Inhalt

VG Würzburg, Urteil v. 02.05.2022 – W 9 K 21.1232
Titel:

Versagung des beantragten Jagdscheins wegen fehlender persönlicher Eignung

Normenketten:
BJagdG § 17 Abs. 1 S. 2
WaffG § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3
AWaffV § 4 Abs. 5 S. 2
VwGO § 108 Abs. 1 S. 1
Leitsätze:
1. Die fehlende persönliche Eignung nach § 6 WaffG führt zwingend zur Versagung des allgemeinen Jagdscheins. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Nach der gesetzlichen Konzeption obliegt es dem Betroffenen, Bedenken gegen seine persönliche Eignung auszuräumen. Gelingt ihm dies nicht, so erfüllt er die Voraussetzungen für jagdrechtliche Erlaubnisse nicht und ist so lange als ungeeignet im Umgang mit Waffen und Munition anzusehen, bis er die behördlicherseits berechtigt bestehenden Zweifel an seiner Eignung mittels eines positiven Gutachtens ausräumen kann. Der Betroffene hat somit eine Vorlagepflicht, die sich jedoch nicht darauf beschränkt (irgend-)ein Gutachten vorzulegen, sondern er muss ein Gutachten vorlegen, das die berechtigten Eignungsbedenken der Behörde zerstreut. Verbleibende Zweifel an der persönlichen Eignung gehen deshalb zu Lasten des Betroffenen. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die zuständige Behörde muss sich nicht mit dem Ergebnis des vom Betroffenen vorlegten Gutachtens zufriedengeben, sondern hat ein Recht darauf, die tragende Begründung zu erfahren, wozu jedenfalls gehört, dass die getroffenen Schlussfolgerungen einzelfallbezogen und in verständlicher Weise aus der Befundlage abgeleitet werden, was seinerseits die Angabe der wesentlichen Anknüpfungstatsachen bedingt. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
4. Das Tatsachengericht hat bis zur Grenze der Zumutbarkeit jede mögliche Aufklärung des Sachverhalts versuchen, sofern dies für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist. Es  obliegt jedoch den Beteiligten bei der Sachaufklärung eine prozessuale Mitwirkungspflicht. Eine Verletzung dieser Pflicht kehrt zwar die materielle Beweislast nicht um, im Rahmen der freien Beweiswürdigung kann das Tatsachengericht aber berücksichtigen, dass eine Partei die an sich erforderliche weitere Sachaufklärung schuldhaft vereitelt hat (hier bejaht). (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Versagung des Jagdscheins, ungeeignetes Zweitgutachten, Nichtvorlage des Erstgutachtens trotz Aufforderung, Verletzung der prozessrechtlichen Mitwirkungspflicht
Fundstelle:
BeckRS 2022, 16067

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen die Versagung des beantragten Jagdscheins.
2
1. Mit Bescheid vom 27. August 2021 versagte das Landratsamt H. (im Folgenden: Landratsamt) die Erteilung des Jagdscheins, zuletzt erteilt unter der Nummer …, zuletzt verlängert bis 31. März 2021 (Ziffer 1) und legte dem Kläger die Kosten des Verfahrens in Höhe von 90,00 EUR auf (Ziffern 2 und 3)
3
Zur Begründung wurde unter Bezugnahme auf einen Arbeitsunfall am 31. August 2018 im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger sich dabei eine schwere Kopfverletzung zugezogen habe, infolge derer er mit Beschluss des Amtsgerichts Würzburg vom 4. September 2018 bis zum 3. Juli 2019 unter Betreuung gestellt worden sei. Die Reha-Klinik des Klägers habe im Befundbericht vom 11. April 2019 Bedenken an der Fähigkeit des Klägers geäußert, mit Waffen und Munition sachgerecht umzugehen. Um die so geäußerten Zweifel an der persönlichen Eignung nach § 6 WaffG auszuräumen, sei vom Kläger erstmals mit Schreiben vom 1. Juli 2020 die Beibringung eines entsprechenden Gutachtens zunächst bis zum 7. August 2020 gefordert worden. Am 10. August 2020 habe der Kläger mitgeteilt, dass er sich beim TÜV ..., Life-Service W., begutachten lassen werde. In der Zeit nach der erfolgten Begutachtung habe der Kläger häufig mit der Unteren Jagdbehörde telefoniert und sei dabei immer an die Vorlage des Gutachtens erinnert worden. Der Kläger habe die Untere Jagdbehörde jedoch stets auf einen späteren Zeitpunkt vertröstet oder ausweichend reagiert. Das beim TÜV ... gefertigte Gutachten sei dem Landratsamt nie vorgelegt worden. Es sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass dieses negativ für den Kläger ausgefallen sei. Am 24. März 2021 habe der Kläger bei der Unteren Jagdbehörde seinen Jagdschein übergeben und eine Jagdscheinverlängerung beantragt. Dabei sei er erneut an die Vorlage des Gutachtens erinnert worden. Er habe erklärt, dass er sich nochmals, diesmal bei Herrn Dr. W., begutachten lassen wolle. Am 11. Mai 2021 sei ein Gutachten von Herrn Dr. W. vorgelegt worden. Es komme in sehr pauschaler Weise zu dem Ergebnis, dass beim Kläger keine Eignungszweifel mehr vorlägen. Die behördlichen Unterlagen der Unteren Jagdbehörde seien zuvor durch den Gutachter aber nicht angefordert worden. Aufgrund welcher Informationen das Gutachten letztendlich erstellt worden sei, sei nicht einwandfrei erkennbar. Demzufolge habe die Jagdbehörde Herrn Dr. W. auch nicht darüber in Kenntnis setzen können, dass bereits ein aller Wahrscheinlichkeit negatives Gutachten eines anderen Gutachters existiere und die Anforderungen an das erneute Gutachten nunmehr entsprechend erhöht seien. Insbesondere sei bei einer abweichenden Einschätzung im Gesamtergebnis und bei den Einzelaspekten eine wissenschaftlich nachvollziehbare Auseinandersetzung mit dem abweichenden Gutachten zu fordern. Eine solche habe das Gutachten des Herrn Dr. W. in keiner Weise enthalten. Folgerichtig habe die Untere Jagdbehörde die Zweifel an der persönlichen Eignung für nicht ausgeräumt erklärt. Es sei bis zum 30. Juli 2021 die Möglichkeit eingeräumt worden, das Gutachten des Dr. W. entsprechend zu ergänzen. Am 27. Juni 2021 sei eine ergänzende Stellungnahme erfolgt, welche auf das Erstgutachten Bezug genommen habe, ohne jedoch zu erklären, weshalb konkret eine andere Meinung vertreten werde, und dadurch eine Nachvollziehbarkeit des Ergebnisses unmöglich gemacht habe. Daher hätten die behördlichen Zweifel nicht ausgeräumt werden können. Trotz weiteren behördlichen Schreibens vom 6. Juli 2021, in dem nochmals die Anforderungen an die wissenschaftliche Nachvollziehbarkeit der gutachterlichen Stellungnahme angemahnt worden sei, sei keine Vorlage weiterer ergänzender gutachterlicher Stellungnahmen bis zum 30. Juli 2021 erfolgt.
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Die Versagung stütze sich auf § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG. Demnach dürfe nur ein Jagdschein nach § 15 Abs. 7 BJagdG (Falknerjagdschein) erteilt werden, wenn die Zuverlässigkeit oder die persönliche Eignung im Sinne der §§ 5, 6 WaffG fehlten. Das bedeute im Umkehrschluss, dass bei fehlender Zuverlässigkeit oder fehlender persönlicher Eignung ein anderer Jagdschein als der Falknerjagdschein zu versagen sei. Die erforderliche persönliche Eignung besäßen Personen nicht, wenn u.a. Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass sie aufgrund in der Person liegender Umstände mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgingen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren könnten oder dass die konkrete Gefahr einer Fremd- oder Selbstgefährdung bestehe, § 6 Abs. 1 Nr. 3 WaffG. Ausreichend sei dabei, dass die vorliegenden Tatsachen die Annahme der Nichteignung rechtfertigten. Im neurologischen Befundbericht vom 11. April 2019 seien durch den untersuchenden Mediziner Zweifel an der Fähigkeit, eine Waffe zu führen, geäußert worden. Diese Äußerung sei im Zuge einer Untersuchung während der Reha erfolgt, in der gerade nicht ausdrücklich auf die waffenrechtliche Eignung hin begutachtet werde. Das Landratsamt könne daher annehmen, dass die festgestellten Defizite so augenfällig gewesen seien, dass sie im medizinischen Bericht Erwähnung gefunden hätten. Damit habe eine relevante fachmedizinische Einschätzung vorgelegen, aufgrund derer das Landratsamt die fehlende persönliche Eignung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 WaffG habe anzweifeln müssen. Die Vorschrift räume kein Ermessen ein, auf ein persönliches Verschulden komme es nicht an. Das Landratsamt sei daher gehalten gewesen, ein Fachgutachten nach § 6 Abs. 2 WaffG zu fordern. Im vorliegenden Fall sei zwar am 11. Mai 2021 das fachmedizinische Gutachten des Herrn Dr. W. vorgelegt worden, das dem Kläger bescheinigt habe, den,,Anforderungen für einen verantwortungsvoIlen Umgang mit Waffen und Munition gerecht zu werden“. Das Gutachten habe zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht überzeugen können, da das Landratsamt positive Kenntnis von einem früheren Gutachten - dem des TÜV ... - gehabt habe. Die Kenntnis gründe zum einen auf der Anforderung von Unterlagen durch den TÜV ... und der Rücksendung dieser Akten durch die begutachtende Stelle mit Schreiben vom 31. August 2020. Zum anderen sei die Existenz dieses ersten Gutachtens weder vom Kläger noch von seinem Bevollmächtigten bestritten worden, obwohl sich das Landratsamt in diversen Schreiben auf dieses Gutachten bezogen habe. Weiterhin habe der Kläger in verschiedenen Telefonaten mit dem Sachbearbeiter die Begutachtung eingeräumt, ebenfalls habe der TÜV ... telefonisch die Begutachtung bestätigt. Diese Telefonate seien jedoch nicht aktenkundig. Das durch Herrn Dr. W. gefertigte zweite Gutachten habe die behördlichen Zweifel nicht ausräumen können. Es setze sich nicht in wissenschaftlich nachvollziehbarer Weise mit dem abweichenden Erstgutachten auseinander. Die eingehende und überzeugende Befassung mit dem erstgefertigten Gutachten sei in solchen Fällen aber unerlässlich, da der Gutachter zur Ausräumung bestehender Zweifel an der persönlichen Eignung die zuerst getroffenen Feststellungen den eigenen Ergebnissen gegenüberstellen solle, um dann im Sinne einer Synthese zu einem abschließenden Ergebnis zu gelangen. Dies könne beispielsweise durch Aufzeigen fachlicher Mängel des ersten Gutachtens geschehen oder durch nachvollziehbare Darstellung, inwieweit und warum sich nun eine Besserung des Zustandes ergeben habe. Auch die nachgeschobene Ergänzung des Zweitgutachters erfülle diese Anforderung nicht. Vielmehr werde nur lapidar erklärt, dass sich auch nach nunmehriger Vorlage des Erstgutachtens und der behördlichen Akten keine Änderung in der Einschätzung ergebe. Weiterhin werde pauschal auf die kontinuierliche Verbesserung des Probanden verwiesen, ohne darzulegen, worin diese bestehen solle, bzw. ohne zumindest den momentanen Status mit dem Ausgangszustand zu vergleichen. Ebenso verstärke die Tatsache, dass das zweite Gutachten zunächst ohne Beiziehung der Behördenakten gefertigt worden sei, die Zweifel des Landratsamts. Nach § 4 Abs. 3 Satz 2 AWaffV habe der Betroffene die Pflicht, der anordnenden Behörde mitzuteilen, welchen Gutachter er beauftragt habe. Zwar habe der Kläger anlässlich der Jagdscheinbeantragung am 24. März 2021 erklärt, einen zweiten Gutachter beiziehen zu wollen, jedoch könne diese Erklärung nicht als Mitteilung i.S.d. AWaffV gewertet werden. Es sei zu diesem Zeitpunkt lediglich beiläufig die Absicht der Beauftragung erwähnt worden. Durch die UnterrichtungspfIicht über die Auftragserteilung gegenüber der Behörde solle sichergestellt werden, dass der Betroffene nicht ohne Kenntnis der Behörde so lange auf Suche nach einem Gutachter gehe, bis er einen ihm willfährigen gefunden habe. Wenn die Behörde demnach Kenntnis davon habe, dass erst ein Zweitgutachten zu einem für den Antragsteller positiven Ergebnis gelangt sei und das nicht vorgelegte Erstgutachten aller Wahrscheinlichkeit nach negativ ausgefallen sei, sei zu verlangen, dass sich das Zweitgutachten dezidiert mit dem Erstgutachten auseinandersetze, sodass die Behörde dem Zweitgutachten zweifellosen Vorrang einräumen könne. Dies sei vorliegend trotz mehrfacher Aufforderung nicht geschehen. Im Ergebnis bestünden nach wie vor noch begründete Zweifel der Behörde an der persönlichen Eignung des Klägers. Das vorgelegte Gutachten, sowie die Begleitumstände hätten die anfänglich durch das Untersuchungsergebnis vom 11. April 2019 entstandenen Zweifel nicht ausräumen können. Diese Zweifel durch die Beibringung geeigneter glaubhafter Gutachten auszuräumen, obliege dem Antragsteller. Da dies nicht geschehen sei, verbleibe es bei der anfänglichen, aufgrund gesundheitlicher Kriterien getroffenen Negativprognose, nach der die persönliche Eignung aktuell nicht vorliege. Der Antrag auf Erteilung eines Jagdscheins sei daher abzulehnen.
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2. Gegen diesen Bescheid ließ der Kläger am 29. September 2021 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg erheben. Das Verfahren wegen der Anordnung im Schreiben des Landratsamtes vom 30. Juni 2021 wurde mit Beschluss vom 29. September 2021 abgetrennt und unter dem Aktenzeichen W 9 K 21. … fortgeführt. Im hiesigen Verfahren wurde beantragt,
1. den Bescheid des Beklagten vom 27. August 2021 - Versagung des beantragten Jagdscheins - aufzuheben.
2. den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger die beantragte Jagdscheinverlängerung ab dem 1. April 2021 mit dreijähriger Laufzeit zu genehmigen.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass dem Landratsamt mit Schreiben vom 11. Mai 2021 das Gutachten des Facharztes Dr. R. W. vom 9. Mai 2021 in vollständiger abgefasster Form vorgelegt worden sei. Das neurologisch-psychiatrische Fachgutachten sei unter dem Aspekt des Waffengesetzes und des Jagdrechts auf der Grundlage eines Termins beim Facharzt mit dem Kläger am 5. Mai 2021 fachgerecht erstellt worden. Der Facharzt Dr. R. W. sei aufgrund der durchgeführten Exploration und der vorliegenden testpsychologischen Ergebnisse aus gutachterlicher Sicht unter Berücksichtigung des zur Beurteilung zugrunde gelegten Jagd- und Waffenrechts zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger mittlerweile wieder dazu in der Lage sei, die Anforderungen für einen verantwortungsvollen Umgang mit Waffen und Munition zu erfüllen.
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Gemäß § 6 WaffG bestünden aus fachärztlicher Sicht deshalb trotz des schweren Schädel-Hirn-Traumas und einer auch jetzt noch bestehenden leichten hirnorganischen Beeinträchtigung keine Bedenken gegen die persönliche Eignung des Klägers, bezüglich der geistigen und körperlichen Eignung mit Waffen und Munition vorsichtig und fachgemäß umgehen zu können. Mit Schreiben vom 20. Mai 2021 habe das Landratsamt mitgeteilt, die Zweifel an der persönlichen Eignung seien nicht ausgeräumt und sich auf ein Gutachten des Life-Service W. TÜV ... bezogen, das ihm nicht vorgelegen habe und dessen Inhalt nicht Verfahrensgegenstand sei. Zudem habe das Landratsamt ausgeführt, nach § 4 Abs. 3a WaffG habe der Betroffene die Behörde darüber zu unterrichten, wen er mit der Untersuchung beauftragt hat. Bereits mit Schreiben vom 7. April 2021 habe der Kläger das Landratsamt aber darüber informiert, dass Herr R. W. am 5. Mai 2021 auf der Grundlage dieses Untersuchungstermins das Gutachten erstellen wird. Es sei dem Landratsamt daher unbenommen gewesen, den Gutachter über den Verfahrensinhalt zu informieren. Abgesehen davon sei der Gutachter Herr Dr. W. vom Kläger umfassend informiert worden. Mit Schreiben vom 23. März 2021 sei Herrn Dr. R. W. das Schreiben des Landratsamts vom 1. Juli 2020 nebst Befundbericht vom 11. April 2019 zur Verfügung gestellt worden. Mit Schreiben vom 21.Juni 2021 habe das Landratsamt ausgeführt, Herr Dr. W. habe sich mit dem ersten Gutachten, was nicht zu den Akten gereicht worden sei, auseinanderzusetzen. Aus der Stellungnahme von Herrn Dr. R. W. ergebe sich, dass dieser an seiner gutachterlichen Bewertung aus dem Ausgangsgutachten und der persönlichen Eignung des Klägers aus fachärztlicher Sicht festhalte. Damit seien auch die „Restzweifel“ der Behörde ausgeräumt. Herr Dr. W. hebe insbesondere noch hervor, dass sich der Untersuchungsbefund des Probanden seit dem Entlassbericht der stationären Behandlung im April 2019 kontinuierlich verbessert habe.
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Mit Schriftsatz vom 17. Januar 2022 ließ der Kläger im Wesentlichen weiter ausführen, das Anschreiben vom 1. Juli 2020 habe keinen ausdrücklichen Hinweis dahingehend enthalten, dass bei nicht rechtzeitiger Vorlage des Gutachtens auf die Nichteignung geschlossen werden könne. Unabhängig davon lägen die Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 Satz 1 AWaffV nicht vor. Der Kläger habe termingerecht ein positives Gutachten des Facharztes Dr. R. W. vorgelegt, das die gesetzlichen Anforderungen nach § 4 AWaffV erfülle. Aufgrund dessen seien die aufgrund der unfallbedingten Verletzungsfolgen ursprünglich vorhandenen Eignungszweifel nunmehr vollständig ausgeräumt. Das Gutachten, das auf Grundlage eines persönlichen Untersuchungstermins erfolgt sei und acht Seiten umfasse, sei umfassend und vollständig und entspreche gutachterlichen Standards. Insbesondere unter Berücksichtigung eigener Befunderhebungen auf neurologischem und psychiatrischem Fachgebiet sowie unter Berücksichtigung von Zusatzuntersuchungen und einer eigenen Exploration zur Begutachtung nach dem neuen Waffenrecht komme der Sachverständige Dr. W. in seiner zusammenfassenden Beurteilung zu einem positiven Ergebnis und zur persönlichen Eignung des Klägers. Dies werde eingehend und prüfbar und nachvollziehbar begründet. Ebenso sorgfältig gehe Herr Dr. W. in seiner ergänzenden Stellungnahme vor.
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Mit Schreiben vom 21. April 2022 ließ der Kläger erneut ausführen, dass das neurologisch-psychiatrische Fachgutachten vom 9. Mai 2021 sowie dessen Ergänzung vom 27. Juni 2021 die Anforderungen nach § 4 AWaffV erfülle. Zum Beweis der Tatsache, dass das Gutachten des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie des Herrn Dr. R. W. vom 9. Mai 2021 und die Ergänzung zum neurologisch-psychiatrischen Fachgutachten - jeweils erstellt unter dem Aspekt des Waffengesetzes und des Jagdrechts - unter Berücksichtigung des Untersuchungstermins am 5. Mai 2021 und unter Berücksichtigung der im Gutachten angewandten Methodik und Befunderhebung zutreffend zu dem Ergebnis komme, dass gemäß § 6 WaffG trotz des aktenkundigen schweren Schädelhirntraumas im August 2018 aus gutachterlicher Sicht keine Bedenken bestünden gegen die persönliche Eignung des Probanden bezüglich der geistigen und körperlichen Eignung mit Waffen und Munition vorsichtig, verantwortungsvoll und sachgemäß umgehen zu können, werde die Anhörung des sachverständigen Zeugen Dr. R. W. beantragt. Weiter wurde zum Beweis der Tatsache, dass das neurologisch-psychiatrische Fachgutachten vom 9. Mai 2021 und die Ergänzung zum neurologisch-psychiatrischen Fachgutachten vom 27. Juni 2021 in fachlicher Hinsicht die Anforderungen eines Gutachtens nach § 4 AVWaffV, hier insbesondere die Anforderung von § 4 Abs. 5 AVWaffV in vollem Umfang erfüllten und das Gutachten vom 9. Mai 2021 mit der ergänzenden Stellungnahme vom 27. Juni 2021 die fachlichen Voraussetzungen für die Beurteilung der persönlichen Eignung nach § 4 AVWaffV erfülle, die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. Zudem wurde die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt zum Beweis der Tatsache, dass der Kläger trotz des stattgefundenen schweren Schädelhirntraumas im August 2018 aufgrund des zwischenzeitlichen Genesungsfortschritts und aufgrund der gegenwärtigen geistigen und körperlichen Leistungsfähigkeit persönlich geeignet sei, mit Waffen und Munition vorsichtig und sachgemäß umzugehen, und dass insoweit keine Bedenken gegen die persönliche Eignung bestünden.
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3. Das Landratsamt beantragte für den Beklagten,
die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung wurde zunächst auf den Bescheid verwiesen und im Wesentlichen wie folgt ergänzend vorgetragen: Entgegen der Darstellung der Klägerseite sei bereits bei der ersten Anforderung eines Gutachtens am 1. Juli 2020 darauf hingewiesen worden, dass die Behörde bei Nichtvorlage des Gutachtens auf die Nichteignung des Betroffenen schließen könne. Zwar sei dies nicht im Text des Anschreibens erfolgt, jedoch sei unter Hinweis Nr. 3 auf den beigefügten Auszug der AWaffV hingewiesen worden, welcher unter anderem § 4 Abs. 6 AWaffV umfasst habe, welcher die Grundlage für die Nichteignung darstelle, falls ein angefordertes Gutachten nicht beigebracht werde. Der gesetzlichen Hinweispflicht des § 4 Abs. 6 Satz 2 AWaffV sei damit Genüge getan. Der Kläger sei zunächst willens gewesen, sich begutachten zu lassen und das Gutachten anschließend vorzulegen. So sei der Behörde zunächst am 29. Juli 2020 ein Gutachten zur Fahreignung vorgelegt worden, welches sich aber ausschließlich mit der Überprüfung der Fahreignung befasst und andere Befunde und Untersuchungsergebnisse ausdrücklich ausgeklammert habe. Zudem sei das Gutachten nicht so positiv und einwandfrei ausgefallen, wie die Gegenseite Glauben machen wolle. Auch nachdem der Kläger benachrichtigt worden sei, dass dieses Gutachten nicht zur Feststellung der waffenrechtlichen Eignung geeignet sei, habe er aber noch kooperiert und mit Schreiben vom 10. August 2020 als begutachtende Stelle der TÜV ... Life Service W. mitgeteilt. Erst nach erfolgter Begutachtung sei die Kooperationsbereitschaft des Klägers erlahmt. Auf die entsprechende Aufforderung, das Gutachten vorzulegen, habe der Kläger immer ausweichend reagiert, dass die Jagd sein Hobby sei und dass der Gutachter ihm nicht gewogen gewesen sei. Spätestens mit Schreiben vom 1. April 2021, mit dem erneut ein Gutachten angefordert worden sei, sei explizit im Anschreiben auf die Möglichkeit der Annahme der Nichteignung hingewiesen worden. Die Gegenseite gehe sehr oberflächlich über das zuerst gefertigte Gutachten des TÜV hinweg, dessen Existenz aber nicht bestritten werde; das Zweitgutachten nehme pauschal und oberflächlich Bezug auf das Erstgutachten und in der Klageschrift werde die Erstbegutachtung eingeräumt. Die Gegenseite wolle das Gutachten aber aus dem Rechtsstreit heraushalten, wenn sie erkläre, dass dessen Inhalt nicht Verfahrensgegenstand sei. Zwar bestehe keine Vorlagepflicht nach Erstellung des Gutachtens, der Gesetzgeber habe aber der Behörde die Möglichkeit zugestanden, dann auf die Nichteignung zu schließen. Die Kenntnis über die Nichtvorlage sei insoweit entscheidend, als damit die Zweifel der Behörde verstärkt worden seien. Aufgrund der Nichtvorlage dürften daher auch für den Kläger negative Schlüsse gezogen werden und die begehrte Amtshandlung versagt werden. Die Existenz und Nichtvorlage des Erstgutachtens dürften damit nicht unter den Tisch fallen, da sie Ausgangspunkt der streitigen Entscheidung gewesen seien. Mit Schreiben vom 1. April 2021 sei dem Kläger anheimgestellt worden, vor Ablehnung der Jagdscheinerteilung die Zweifel der Behörde entweder durch Vorlage des Erstgutachtens oder durch Beibringung eines Zweitgutachtens auszuräumen. Da bereits aus der beharrlichen Nichtvorlage des Gutachtens auf die Nichteignung des Klägers hätte geschlossen werden können, sei diese für den Kläger günstige Entscheidung getroffen worden, da sich die gesundheitliche Situation zwischen Erstellung der beiden Gutachten hätte verbessern können. Die dementsprechende vom Zweitgutachter nachgeschobene Ergänzung vom 27. Juni 2021 habe die Behörde jedoch nicht überzeugt. Die fachgerechte Erstellung des Gutachtens werde nicht bestritten, es ergebe sich dennoch ein inhaltliches Defizit, da sich das Zweitgutachten nicht und die nachgeschobene Ergänzung nur sehr pauschal mit dem ersten Gutachten befasse. Erforderlich sei aber eine fachliche Beschäftigung mit den Ergebnissen des Erstgutachtens des TÜV ..., die über das bisher Gebrachte hinausgingen. An das spätere Gutachten seien höhere Anforderungen zu stellen und es müsse für die Behörde erkennbar und unter Anführung wissenschaftlicher Argumente nachvollziehbar sein, weshalb dieses vom vorherigen Gutachten abweiche. Dafür müsse auf das vorherige Gutachten Bezug genommen und dieses mit wissenschaftlichen Argumenten entkräftet werden. Daran fehle es vorliegend vollständig. Es sei zuzumuten, im Zweitgutachten in knapper Weise die wichtigsten Ergebnisse zu benennen und darzustellen, inwieweit man nun andere, möglicherweise bessere Ergebnisse erzielt habe. Auf diese Weise würde weder das komplette Endergebnis des Erstgutachtens, noch dessen kompletter Inhalt offenbart werden. Es erschließe sich in diesem Zusammenhang nicht, weshalb dies nicht geschehen sei. Selbst wenn im Erstgutachten zunächst negative Ergebnisse zu finden gewesen seien, komme das Zweitgutachten allem Anschein nach zu anderen, für den Kläger besseren Ergebnissen. Dann könne doch auch auf das Erstgutachten Bezug genommen werden, ohne dass es der Rechtsposition des Klägers schade. Insgesamt erschließe es sich dem Landratsamt also nicht, worin die Besserung der Befunde des Klägers bestehen solle. Der Weg des Gutachters von einer vermuteten Nichteignung hin zu einer derzeit vorliegenden persönlichen waffenrechtlichen Eignung sei in keiner Weise aufgezeigt worden. Weder sei auf den neurologischen Befundbericht vom 11. April 2019 würdigend eingegangen worden, noch sei eine erkennbare Auseinandersetzung mit dem zwischenzeitlich gefertigten Gutachten, von dem aufgrund der Nichtvorlage das Landratsamt habe annehmen können, dass es für den Kläger negativ ausgefallen sei, erfolgt. Die anfänglich geweckten Zweifel hätten damit nicht ausgeräumt werden können.
12
4. In der mündlichen Verhandlung am 2. Mai 2022 wurde der Kläger durch seinen Bevollmächtigten vertreten. Das Verfahren wurde zur gemeinsamen Verhandlung mit dem Verfahren W 9 K 21. … verbunden. Die Sach- und Rechtslage wurde erörtert. Im Übrigen wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
13
5. Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, auch im Verfahren W 9 K 21. …, und die vorliegende Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. BayVGH, U.v. 29.6.2016 - 21 B 16.527 - juris Rn. 21) keinen Anspruch auf Erteilung des begehrten Jagdscheins. Der ablehnende Bescheid des Landratsamts vom 27. August 2021 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
15
Das Gericht folgt im Wesentlichen der zutreffenden Begründung im angefochtenen Bescheid und sieht insoweit von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO).
16
Lediglich ergänzend ist auszuführen:
17
1. Der Bescheid ist formell rechtmäßig.
18
Das Landratsamt war nach § 15 Abs. 2 BJagdG, Art. 49 Abs. 2 Nr. 3, 52 Abs. 3 BayJG sachlich und gemäß Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a BayVwVfG örtlich zum Erlass des streitgegenständlichen Bescheids zuständig. Dem Kläger wurde zudem mehrfach, zuletzt mit Schreiben vom 6. Juli 2021, vor Erlass dieses Bescheids Gelegenheit zur Stellungnahme im Sinne des Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG gegeben.
19
2. Der Bescheid erweist sich auch als materiell rechtmäßig. Der Erteilung des Jagdscheins steht vorliegend der zwingende Versagungsgrund des § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 3 WaffG entgegen.
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2.1 Die Rechtsgrundlage für die in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids getroffene Versagung des begehrten Jagdscheins findet sich in § 17 Abs. 1 Satz 2 BJadgG.
21
Demnach darf beim Fehlen der Zuverlässigkeit oder der persönlichen Eignung im Sinne der §§ 5 und 6 WaffG nur ein Jagdschein nach § 15 Abs. 7 BJagdG, also lediglich ein sog. Falknerjagdschein erteilt werden. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass die fehlende persönliche Eignung nach § 6 WaffG zwingend zur Versagung des allgemeinen Jagdscheins führt (vgl. BayVGH, B.v. 6.11.2015 - 21 C 14.2406 - juris Rn. 14). Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WaffG besitzen Personen die erforderliche persönliche Eignung nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie auf Grund in der Person liegender Umstände mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren können oder dass die konkrete Gefahr einer Fremd- oder Selbstgefährdung besteht. Sind Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die persönliche Eignung im vorgenannten Sinn begründen, so hat die zuständige Behörde nach § 6 Abs. 2 WaffG dem Betroffenen auf seine Kosten die Vorlage eines amts- oder fachärztlichen oder fachpsychologischen Zeugnisses über die geistige oder körperliche Eignung aufzuerlegen.
22
Zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt der mündlichen Verhandlung ist das Gericht nach Würdigung aller Umstände zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger die erforderliche persönliche Eignung im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WaffG nicht besitzt, da Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er auf Grund in seiner Person liegender Umstände mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen, diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren kann oder dass die konkrete Gefahr einer Fremd- oder Selbstgefährdung besteht.
23
Es kann letztlich dahinstehen, ob - wie vom Klägerbevollmächtigten gerügt - die Aufforderung zur Beibringung eines entsprechenden Gutachtens nicht die Anforderungen des § 4 Abs. 6 Satz 2 AWaffV erfüllt hat, da der Kläger mit Schreiben vom 11. Mai 2021 das streitgegenständliche „neurologisch-psychiatrische Fachgutachten unter Aspekt des Waffengesetzes (WaffG) und des Jagdrechts“ des Herrn Dr. R. W., Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, vom 9. Mai 2021 vorgelegt hat. Entsprechend hat das Landratsamt seine fortbestehenden Restzweifel an der persönlichen Eignung des Klägers auch nicht mit einer Nichtvorlage des Gutachtens begründet. Vielmehr hat das Landratsamt unter Bezugnahme auf das vorgelegte Gutachten sowie dessen Ergänzung vom 27. Juni 2021 ausgeführt, dass trotz des vorgelegten Gutachtens sowie aufgrund dessen Begleitumstände weiterhin Zweifel an der persönlichen Eignung des Klägers bestehen.
24
Diese Einschätzung ist nach Auffassung des Gerichts nicht zu beanstanden. Nach der gesetzlichen Konzeption obliegt es dem Kläger, Bedenken gegen seine Eignung auszuräumen. Gelingt ihm dies nicht, so erfüllt er die Voraussetzungen für jagdrechtliche Erlaubnisse nicht (§ 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG, § 6 Abs. 1 WaffG) und ist so lange als ungeeignet im Umgang mit Waffen und Munition anzusehen, bis er die behördlicherseits berechtigt bestehenden Zweifel an seiner Eignung mittels eines positiven Gutachtens ausräumen kann. Der Betroffene hat somit eine Vorlagepflicht, die sich jedoch nicht darauf beschränkt (irgend-)ein Gutachten vorzulegen, sondern er muss ein Gutachten vorlegen, das die berechtigten Eignungsbedenken der Behörde zerstreut, ansonsten ist der Kläger für jagdrechtliche Erlaubnisse ungeeignet (vgl. VG Würzburg, U. v. 23.6.2016 - W 5 K 16.133 - juris Rn. 30). Verbleibende Zweifel an der persönlichen Eignung gehen deshalb zu Lasten des Betroffenen (Apel/Bushart, Bd. 2, Waffenrecht, 3. A., § 6 Rn. 9; Bd. 3, AWaffV, § 4 Rn. 5, 16).
25
Das streitgegenständliche Gutachten erfüllt die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 2 AWaffV nicht und war daher nicht geeignet, die Zweifel des Landratsamts auszuräumen. Nach § 4 Abs. 5 Satz 2 AWaffV muss das Gutachten darüber Auskunft geben, ob der Betroffene persönlich ungeeignet ist, mit Waffen oder Munition umzugehen; die bei der Erstellung des Gutachtens angewandte Methode muss angegeben werden. Da die Waffenbehörde die rechtlich relevante Entscheidung über das Vorliegen der Eignung zu treffen hat und es keinen Anerkennungsautomatismus hinsichtlich des Ergebnisses eines Gutachtens geben kann, fordert § 4 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 AWaffV, dass das Vorgehen des Gutachters allgemeinverständlich und in groben Zügen offengelegt wird, damit die zuständige Behörde - und im Streitfall auch die Gerichte - den Weg des Gutachters zu seinem Ergebnis in einer „Parallelwertung in der Laiensphäre“ nachvollziehen kann (vgl. Heller/Soschinka/Rabe, Waffenrecht, Rn. 814). Die zuständige Behörde muss sich also nicht mit dem Ergebnis des Gutachtens zufriedengeben, sondern hat ein Recht darauf, die tragende Begründung zu erfahren, wozu jedenfalls gehört, dass die getroffenen Schlussfolgerungen einzelfallbezogen und in verständlicher Weise aus der Befundlage abgeleitet werden, was seinerseits die Angabe der wesentlichen Anknüpfungstatsachen bedingt (vgl. OVG NW. U.v. 21.2.2014 - 16 A 2367/11 - juris Rn. 53).
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Diesen Anforderungen entspricht das Gutachten vom 9. Mai 2021 sowie seine Ergänzung vom 27. Juni 2021 erkennbar nicht. Bereits die einseitige „Testbatterie zur waffenrechtlichen Begutachtung“ erscheint für das Gericht nicht hinreichend nachvollziehbar im soeben dargestellten Sinne. Es wird schon nicht dargelegt, welche Tests mit dem Kläger bezüglich „NEO-Fünf-Faktoren-Inventar“ und „State-Trait-Ärgerausdrucks-Inventar“ durchgeführt wurden. Weiter werden die vom Kläger in den Fragebögen „K-FAF“ und „FKK“ erzielten Werte gar nicht angeführt, sondern es wird lediglich pauschal behauptet, dass durchschnittliche Werte erreicht worden seien. Eine detaillierte Einordnung der Testergebnisse hinsichtlich der Frage der jagdrechtlichen Eignung des Klägers erfolgt nicht. Besonders schwerwiegend ist vorliegend, dass sich die Auseinandersetzung mit dem dem Landratsamt nicht vorgelegten Gutachten des TÜV S. L. Service GmbH … auf folgende Ausführungen in der Ergänzung vom 27. Juni 2021 beschränkt: „Nach sorgfältiger Durchsicht und kritischer Würdigung, vor allem des strittigen Vorgutachtens, ergibt sich gegenüber meinem Gutachten vom 09.05.2021 keine Änderung der festgestellten Einschätzung. Anzumerken ist, dass sich ja auch der Untersuchungsbefund des Probanden seit dem ärztlichen Entlassbericht der stationären Behandlung im April 2019 kontinuierlich gebessert hat.“ Weder für das Landratsamt noch für das Gericht ist dadurch auch nur im Ansatz nachvollziehbar, was der Gutachter überprüft hat und woraus er seine Schlüsse zieht, dass seine ursprüngliche Einschätzung unter Berücksichtigung des Vorgutachtens weiterhin aufrecht zu erhalten sein soll. Das Gericht stimmt insoweit der Rechtsauffassung des Landratsamts zu, dass - auch unter Beachtung des Normzwecks des § 4 Abs. 4 Satz 2 AWaffV, wonach ein sog. „Gutachter-Shopping“ vermieden werden soll - höhere Anforderungen an ein zweites Gutachten zu stellen sind, also dass sich das zweite Gutachten mit den Feststellungen des ersten Gutachtens substantiiert auseinandersetzen und nachprüfbar darlegen muss, warum es zu einem anderen Ergebnis gelangt als das erste Gutachten. Ein pauschaler Verweis darauf, dass sich die Untersuchungsbefunde des Klägers gebessert hätten ohne nähergehende Darlegung, welche Befunde sich in welchem Umfang zum Positiven verändert haben und inwieweit sich dies auf die gutachterlich zu klärenden Fragestellungen auswirkt, genügt dem ersichtlich nicht.
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Die Behauptung des Klägerbevollmächtigen, es gebe kein negatives Erstgutachten, wird vom Gericht als reine Schutzbehauptung angesehen, da die Existenz des Erstgutachtens gar nicht bestritten wurde und es keinen vernünftigen Grund gibt, ein für den Kläger positives Gutachten zurückzuhalten, zumal dieser nach der materiellen Rechtslage im Verwaltungsverfahren gegenüber der Behörde, die darüber hinaus mehrfach an die Vorlage des Gutachtens erinnert hatte, beweispflichtig war. Auch das Gericht hat den Klägerbevollmächtigten wiederholt, zuletzt in der mündlichen Verhandlung am 2. Mai 2022, zur Vorlage des Erstgutachtens aufgefordert, um seiner Pflicht nach § 86 Abs. 3 VwGO nachzukommen und um eine umfassende Sachverhaltsaufklärung zu gewährleisten. Dass der Klägerbevollmächtigte es trotz expliziter Aufforderung durch das Gericht für nicht erforderlich erachtet hat, das Erstgutachten vorzulegen, weil seiner Auffassung nach das Zweitgutachten methodisch und inhaltlich die gesetzlichen Vorgaben erfülle und die Eignungszweifel der Behörde ausräume, ist folglich zum Nachteil des Klägers zu würdigen, § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Durch die Verweigerung der Vorlage des Erstgutachtens im gerichtlichen Verfahren hat der Kläger seine prozessrechtliche Mitwirkungspflicht verletzt und die weitere gerichtliche Sachaufklärung unmöglich gemacht.
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Zwar muss das Tatsachengericht bis zur Grenze der Zumutbarkeit jede mögliche Aufklärung des Sachverhalts versuchen, sofern dies für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist, jedoch obliegt den Beteiligten bei der Sachaufklärung eine prozessuale Mitwirkungspflicht (vgl. BayVGH, U.v. 29.6.2016 - 21 B 16.527 - juris Rn. 49). Eine Verletzung dieser Pflicht kehrt zwar die materielle Beweislast nicht um, im Rahmen der freien Beweiswürdigung kann das Tatsachengericht allerdings berücksichtigen, dass eine Partei die an sich erforderliche weitere Sachaufklärung schuldhaft vereitelt hat (vgl. BVerwG, U.v. 3.7.1987 - 8 C 39.85 - juris Rn. 7).
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Da sich der Kläger weigerte, das Erstgutachten vorzulegen, konnte das Gericht von einer weiteren Beweiserhebung absehen. Insbesondere waren die in der mündlichen Verhandlung am 2. Mai 2022 gestellten Beweisanträge nicht geeignet, das Gericht zu einer weitergehenden Sachverhaltsermittlung anzuhalten.
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Die auf Einvernahme des Verfassers des zweiten Gutachtens als sachverständigen Zeugen, Sachverständigen oder Zeugen gerichteten Beweisanträge waren unzulässig, da sie - ungeachtet der Funktion, in welcher Herr Dr. W. zu vernehmen gewesen wäre - unbehelflich sind. Ohne Vorlage des ersten Gutachtens ist eine gerichtliche Befragung des Gutachters hinsichtlich seiner Einschätzungen in Bezug auf das erste Gutachten nicht möglich, weil es klägerseits unterlassen wurde, das Gericht durch die Vorlage des ersten Gutachtens in die Lage zu versetzen, substantiiert im Hinblick auf die vom Gutachter lediglich pauschal behaupteten Verbesserungen im Vergleich zum Erstgutachten nachzufragen. Die behördlicherseits rechtmäßiger Weise bestehenden Eignungszweifel wären also auch durch eine ergänzende Befragung des Verfassers des zweiten Gutachtens nicht auszuräumen gewesen. Dies ergibt sich schon daraus, dass das zweite Gutachten keinerlei Anknüpfungspunkte für eine Befragung bietet, wie und hinsichtlich welcher Bewertungspunkte der Verfasser dieses Gutachtens zu einer anderen Einschätzung hinsichtlich der Eignung des Klägers gelangt ist als das Erstgutachten, da er gar nicht ausgeführt hat, worin die Verbesserung des Zustands des Klägers überhaupt lag. Weiter wäre es dem Gericht beispielsweise auch nicht möglich gewesen, selbstständig nachzuvollziehen, ob der Zweitgutachter vergleichbare oder andere als die im Rahmen der Erstbegutachtung durchgeführten Testungen beim Kläger vorgenommen hat, sodass das Gericht diesbezüglich ebenfalls nicht im Stande gewesen wäre, sich ein eigenes Bild von der Vergleichbarkeit der beiden Gutachten und einer tatsächlichen Verbesserung der Eignung des Klägers zu machen.
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Der auf Sachverständigenbeweis gerichtete Beweisantrag zum Beweis der Tatsache, dass das Gutachten vom 9. Mai 2021 und die Ergänzung vom 27. Juni 2021 in fachlicher Hinsicht die Anforderungen eines Gutachtens nach § 4 AWaffV erfüllen, war unzulässig, da der Beweisantrag auf die rechtliche Wertung gerichtet war, dass das Gutachten die gesetzlichen Anforderungen erfüllt. Die Frage, ob ein Gutachten geeignet ist, eine tragfähige Grundlage für eine behördliche Entscheidung zu bilden, obliegt jedoch - wie bereits dargestellt - im Streitfall dem Gericht.
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Die auf Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens gerichteten Anträge zum Beweis der Tatsache, dass der Kläger trotz des stattgefundenen schweren Schädel-Hirn-Traumas im August 2018 aufgrund des zwischenzeitlichen Genesungsfortschritts und aufgrund der gegenwärtigen geistigen und körperlichen Leistungsfähigkeit persönlich geeignet ist, mit Waffen und Munition vorsichtig und sachgemäß umzugehen, waren unzulässig, weil es sich lediglich um Beweisermittlungsanträge handelte. Der Klägerbevollmächtigte widerspricht sich mit diesem Beweisantrag bereits selbst, da er der Meinung ist, dass der Kläger seine erforderliche persönliche Eignung schon mit dem zweiten Gutachten nachgewiesen hat. Anhaltspunkte dafür, dass sich der Zustand des Klägers seitdem weiter gebessert hat, um jedenfalls jetzt eine andere Beurteilung als im nicht vorgelegten Erstgutachten zu erreichen, wurden jedoch nicht substantiiert vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich. Vielmehr sollte das Gerichts mit diesem Antrag nur „ins Blaue hinein“ zu einer Beweiserhebung bewegt werden, für den Fall, dass es die Rechtsauffassung des Klägerbevollmächtigten, dass das zweite Gutachten ausreichend sei, nicht teilt.
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Nach alledem ist die Einschätzung des Landratsamts, dass der Kläger die erforderliche persönliche Eignung im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WaffG mit dem vorgelegten Gutachten nicht nachweisen konnte, rechtlich nicht zu beanstanden. Somit war auch die Versagung des beantragten Jagdscheins rechtmäßig.
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2.2 Schließlich begegnet auch die Kostenentscheidung (Ziffern 2 und 3) keinen rechtlichen Bedenken.
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3. Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.