Titel:
straßenverkehrsrechtliche Anordnung des Zusatzzeichens „Anlieger frei“ für ein Kraftfahrverbot mit bisherigem Zusatzzeichen „Land- und forstwirtschaftlicher Verkehr frei“ auf einem öffentlichen Feld- und Waldweg - Verpflichtungsklage - Berufungszulassung
Normenketten:
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1
VwGO § 86 Abs. 1, § 88, § 113 Abs. 5, § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 5
StVO § 35 Abs. 1, Abs. 5a, § 39 Abs. 3 S. 1, S. 3, § 45 Abs. 1 S. 1, Abs. 9 S. 1, S. 3 (idF bis 28.7.2021)
BayStrWG Art. 53 Nr. 1
Leitsätze:
1. Ein als einheitliche Regelung angeordnetes Fahrverbot mit Ausnahme nur für den land- und forstwirtschaftlichen Verkehr kann nicht teilweise angefochten werden. Auch Zusatzzeichen sind Verkehrszeichen, und zwar Teil der Allgemeinverfügung, die aus dem Zusatzzeichen und einem anderen Verkehrszeichen besteht, auf das sich das Zusatzzeichen bezieht (vgl. VGH München BeckRS 2019, 27485 Rn. 26). Deren Teilbarkeit ist nur zu bejahen, wenn sie nicht in einem untrennbaren inneren Zusammenhang stehen, sondern als selbständige Regelung weiter existieren können, ohne ihren Bedeutungsinhalt zu verändern. Bei Ermessensakten ist auch von Bedeutung, ob die Behörde den Verwaltungsakt auch ohne die angegriffene Teilregelung erlassen hätte (vgl. BVerwG BeckRS 2020, 17320 Rn. 14 mwN; VGH München BeckRS 2019, 27485 Rn. 27). (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Anliegergebrauch schützt nur den Kernbereich der Erschließungsinteressen der Grundstückseigentümer vor straßenrechtlichen Veränderungen. Weitergehende Rechte, namentlich auf Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs einer bestimmten Straße, können sie auch nicht aus Art. 14 GG für sich herleiten (BVerfG BeckRS 2009, 35222 Nr. II.2.b). (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
3. Werden ernstliche Zweifel mit einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht begründet, gelten die Grundsätze für die Darlegung eines Verfahrensmangels, wonach eine Verletzung der Aufklärungspflicht nur dann mit Erfolg gerügt werden kann, wenn dargelegt wird, dass bereits im Verfahren vor dem Erstgericht auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen. Die Aufklärungsrüge ist kein Mittel, um Versäumnisse eines anwaltlich vertretenen Beteiligten in der ersten Instanz zu kompensieren, vor allem wenn er es unterlassen hat, einen Beweisantrag zu stellen (stRspr des BVerwG, vgl. BeckRS 2021, 46037 Rn. 21 mwN). (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
4. Ein Anspruch auf Anordnung des Zusatzzeichens "Anlieger frei“ anstelle des Zusatzzeichens "Land- und forstwirtschaftlicher Verkehr frei" ergibt sich für öffentliche Feld- und Waldwege nicht aus dem Gleichbehandlungsanspruch, denn diese dienen nach Art. 53 Nr. 1 BayStrWG hauptsächlich der Bewirtschaftung von Feld- und Waldgrundstücken und damit einem kleineren Kreis von Anliegern als sämtlichen Anliegern. Dieser rechtlich festgelegte überwiegende Verkehrszweck ist auch saisonal geprägt und gegenüber einem größeren Kreis von Anliegern leichter zu kontrollieren. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
straßenverkehrsrechtliche Anordnung, Kraftfahrverbot mit Zusatzzeichen „Land- und forstwirtschaftlicher Verkehr frei“ auf öffentlichem Feld- und Waldweg, gefährlicher unbeschrankter Bahnübergang, Anspruch auf Anordnung des Zusatzzeichens „Anlieger frei“ (verneint), Teilbarkeit einer Allgemeinverfügung, untrennbarer innerer Zusammenhang, Bedeutungsinhalt, Anliegergebrauch, Kernbereich des Erschließungsinteresses, ernstliche Zweifel, Sachaufklärungspflicht, Darlegung eines Verfahrensmangels, unterlassener Beweisantrag, Gleichbehandlungsanspruch, öffentliche Feld- und Waldwege, überwiegende Verkehrszweck
Vorinstanz:
VG Bayreuth, Urteil vom 14.12.2021 – B 1 K 21.926
Fundstelle:
BeckRS 2022, 15445
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Klägerin, deren Wohnanwesen im Außenbereich liegt und an einen öffentlichen Feld- und Waldweg grenzt, begehrt eine verkehrsrechtliche Anordnung, die es Anliegern erlaubt, diesen Weg mit Kraftfahrzeugen zu befahren.
2
Der ausgebaute, einspurige öffentliche Feld- und Waldweg steht im Eigentum des Beklagten, einer einer Verwaltungsgemeinschaft angehörigen Marktgemeinde, und wurde im Rahmen eines Flurbereinigungsplans im Jahr 1991 gewidmet. Er verläuft im streitgegenständlichen Bereich auf den Flurnummern 270 und 275 der Gemarkung D. und quert bei km 5,670 die Bahnstrecke B.-W., die wegen einer Sanierung für einige Jahre bis 2007 nicht in Betrieb war, und mündet in eine Straße, die wiederum in die Staatsstraße 2181 einmündet. Diese Verbindung wurde von den Einwohnern des Ortsteils H., zu dem auch das Wohnanwesen der Klägerin gehört, hauptsächlich als Zufahrt von der bzw. zur Staatsstraße 2181 genutzt. Der Bahnübergang stand von 1993 bis 2007 dem allgemeinen Verkehr offen. Aus den Jahren 1970 bis 2007 wurden dort keine Unfälle bekannt; aus der Zeit nach Wiederinbetriebnahme der Bahnstrecke ein Unfall mit einem landwirtschaftlichen Kraftfahrzeug und am 14. Januar 2020 ein weiterer Unfall, bei dem ein Arbeiter den Zug aus Richtung B. übersehen hatte. Alternativ ist das Anwesen der Klägerin von Südosten her über eine Ortsstraße durch den Ort D. und den Ortsteil H. zu erreichen. Die Zufahrt vom Ortsteil H. zum Anwesen der Klägerin führt über die „W. S.“. Die Brücke ist auf Fahrzeuge mit einem Gewicht bis 3,5 t beschränkt. Während der anstehenden Sanierung dieser Brücke soll eine Behelfsbrücke mit einer Tragfähigkeit von mindestens 7,5 t erstellt werden.
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Im Zuge der Wiederaufnahme des Bahnverkehrs sperrte die Verwaltungsgemeinschaft W. im Auftrag des Beklagten mit verkehrsrechtlicher Anordnung vom 8. Januar 2007 den öffentlichen Feld- und Waldweg für Fahrzeuge aller Art durch Verkehrszeichen 250 mit Zusatzzeichen 1026-38 (Land- und forstwirtschaftlicher Verkehr frei) aus beiden Richtungen und ordnete am Bahnübergang bei km 5,670 beidseitig das Gefahrzeichen 151 (Dampflok) sowie das Vorschriftzeichen 201-50 (stehende Andreaskreuze) an. Ferner beschränkte sie die Geschwindigkeit an dieser Stelle aus Richtung F. auf 10 km/h und aus Richtung H. auf 20 km/h. Zur Begründung ist ausgeführt, die vorgeschriebenen Sichtflächen aus der Richtung B.L. könnten aufgrund der Geländeverhältnisse nicht eingehalten werden. Nach Beobachtungen sei ein untypisch erhöhter Fahrzeugverkehr auf dem öffentlichen Feld- und Waldweg festzustellen. Die Beschilderung werde vom Landratsamt B., von der Polizeiinspektion B.-Land und vom Landesbevollmächtigten für Bahnaufsicht (LfB) gefordert. Nach Angaben des Beklagten wurden die Verkehrszeichen 250 mit Zusatzzeichen 1026-38 am 8. Januar 2007 aufgestellt und später die Zeichen 250 durch Zeichen 260 (Verbot für Kraftfahrzeuge) ersetzt. Im Südosten steht das Verkehrszeichen vor der Brücke über die „W. S.“, um ein Wenden auf dem Grundstück der Klägerin zu vermeiden.
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Unter Bezugnahme auf eine persönliche Vorsprache reichte die Klägerin mit Schreiben vom 20. Februar 2019 eine Aufstellung der Kraftfahrzeuge ein, die ihr Wohnanwesen regelmäßig anfahren. Mit Schreiben vom 26. Februar 2019 teilte ihr der Beklagte mit, er habe auf zwei Jahre befristete Ausnahmegenehmigungen für mehrere Firmenfahrzeuge erteilt, um die Versorgung ihres Anwesens kurzfristig sicherzustellen und Umbaumaßnahmen am Haus zu ermöglichen. Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 29. April 2019 beantragte die Klägerin, das Verkehrszeichen 260 mit dem Zusatzschild „Land- und forstwirtschaftlicher Verkehr frei“ durch das Verkehrszeichen 260 mit dem Zusatzschild „Anlieger frei“, hilfsweise „Anwohner frei“, zu ersetzen.
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Nach einer Sonderbahnübergangsschau am 26. Juni 2019 mit Vertretern des Beklagten, des Ordnungsamts, des Landratsamts, der Bahnaufsicht, der Deutschen Regionaleisenbahn GmbH (DRE) und der Polizeiinspektion B.-Land lehnte die Verwaltungsgemeinschaft W. den Antrag der Klägerin mit Schreiben vom selben Tag unter Hinweis auf die bestehenden Gefahren am Bahnübergang, den sich dort entwickelnden Verkehr, die alternative Zufahrtsroute über die Ortsstraßen D. und H. und mögliche Ausnahmeregelungen während der Bauzeit des Brückenbauwerks ab. Das Schreiben enthielt keine Rechtsmittelbelehrung.
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Mit „vorübergehender“ Anordnung vom 9. Juli 2019 verfügte die Verwaltungsgemeinschaft W. für den Beklagten unter Bezugnahme auf den beigefügten Beschilderungsplan, dass die Beschilderung laut verkehrsrechtlicher Anordnung vom 8. Januar 2007 bestehen bleibe und der öffentliche Feld- und Waldweg an der Zufahrt von F.L. (Stadtgrenze B.) kommend und nach dem Ortsschild H. nach dem Anwesen H. mit einer Verkehrseinrichtung in Form drehbarer Wegesperren (Schranken) abgesperrt werde.
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Am 2. August 2019 ließ die Klägerin beim Verwaltungsgericht Bayreuth Klage mit dem Antrag erheben, den Beklagten zu verpflichten, den Bescheid vom 26. Juni 2019 aufzuheben und das Verkehrszeichen 260 mit dem Zusatzschild „Land- und Forstwirtschaft frei“ durch das Zusatzschild 1020-30 VzKat (Anlieger frei; hilfsweise: Anwohner frei) zu ersetzen, hilfsweise, über den Antrag der Klägerin vom 24. April 2019 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden, weiter hilfsweise, die Anordnung aus dem Bescheid vom 26. Juni 2019, mit der der öffentliche Feld- und Waldweg an der Zufahrt (Stadtgrenze) von F.L. kommend nach dem Ortsschild H. in Fahrtrichtung Bahnübergang nach dem Anwesen der Klägerin mit einer Schranke abgesperrt werde, aufzuheben, weiter hilfsweise, über die im Bescheid vom 26. Juni 2019 getroffenen Anordnungen hinaus den Beklagten zu verurteilen, sechs Schlüssel für die Anwohner ihres Anwesens auf Dauer auszuhändigen.
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Am 17. Oktober 2020 erhielt die Klägerin eine undatierte, an die Anwohner H.gerichtete Ausnahmegenehmigung von den angeordneten Verkehrsbeschränkungen durch Zeichen 260 mit Zusatzzeichen „Land- und forstwirtschaftlicher Verkehr frei“, die ihr die Zufahrt zu ihrem Anwesen mit Kraftfahrzeugen aus H. kommend in Richtung F. ermöglicht.
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Das Verwaltungsgericht gab der Klage mit Urteil vom 14. Dezember 2021 insoweit statt, als es den Beklagten unter Aufhebung der Entscheidung im Schreiben vom 26. Juni 2019 und der verkehrsrechtlichen Anordnung vom 8. Januar 2007 in Gestalt der verkehrsrechtlichen Anordnung vom 9. Juli 2019 verpflichtete, über den Antrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Im Übrigen wies es die Klage ab. Der Antrag der Klägerin sei zu ihren Gunsten dahingehend auszulegen, dass sie die Verpflichtung des Beklagten begehre, unter Aufhebung der straßenverkehrsrechtlichen Anordnung vom 9. Juli 2019 und Entfernung der bestehenden Beschilderung an den entsprechenden Stellen das Verkehrszeichen 260 mit dem Zusatzzeichen 1020-30 an derselben Stelle anzuordnen. Die versagende Entscheidung hänge untrennbar mit der gleichzeitig erfolgten Neuprüfung der Beschilderung und der weitergehenden Anordnung der Wegesperren in der verkehrsrechtlichen Anordnung zusammen, sodass diese mitangegriffen sei. Der Beklagte habe ersichtlich kein uneingeschränktes Durchfahrtsverbot anordnen, sondern den Verkehr weitgehend auf den Personenkreis begrenzen wollen, der auf die Benutzung des öffentlichen Feld- und Waldwegs angewiesen sei. Es handle sich um eine unteilbare Allgemeinverfügung, gegen die nicht im Wege der Teilanfechtung, sondern nur mit der Verpflichtungsklage vorgegangen werden könne. Die Klage sei fristgerecht erhoben worden, da weder dem Schreiben vom 26. Juni 2019 noch den Verkehrszeichen eine Rechtsmittelbelehrungbeigefügt gewesen sei. Für die Klageerhebung sei daher gemäß § 58 VwGO die Jahresfrist maßgeblich gewesen. Die am 2. August 2019 erhobene Klage sei auch hinsichtlich der verkehrsrechtlichen Anordnung in Form der Verkehrszeichen 250 mit Zusatzzeichen 1026-38, die wohl zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Jahr 2007 aufgestellt worden seien, nicht verfristet. Die am 9. Juli 2019 erlassene Anordnung stelle - soweit sie die Verkehrszeichen 250 mit Zusatzzeichen 1026-38 betreffe - eine unteilbare und damit insgesamt erneut anfechtbare Gesamtregelung dar. Es sei nicht ersichtlich, dass sich die erneute Prüfung der Verkehrsregelung auf den Durchfahrtsverkehr von land- und forstwirtschaftlichen Fahrzeugen beschränkt habe und der Beklagte das Durchfahrtsverbot ggf. auch ohne diese Beschränkung habe erlassen wollen. Damit sei die Klagefrist des § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO für die Anordnungen in Form der Verkehrszeichen 250 mit Zusatzzeichen 1026-38 erneut in Lauf gesetzt worden. Die Klagebefugnis der Klägerin ergebe sich aus Art. 14 Abs. 1 GG. Der Hauptantrag sei jedoch unbegründet, weil die Klägerin keinen Anspruch auf die begehrte verkehrsrechtliche Anordnung mit den Verkehrszeichen 260 und Zusatzschild „Anlieger frei“ an den vorgesehenen Stellen auf Grundlage des § 45 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 9 Satz 1 StVO habe. Der streitgegenständliche Weg sei ein im Rahmen des Flurbereinigungsplans gewidmeter öffentlicher Feld- und Waldweg sowie eine gewidmete Ortsstraße, die beide den Regelungen der Straßenverkehrs-Ordnung unterlägen. Es stelle sich bereits die Frage, ob eine Gefahrenlage, die nach dem Vortrag der Klägerin an einer bestimmten Stelle, der Einfahrt in die Staatsstraße, bestehe, dazu führen könne, dass an einer anderen Stelle, die nicht in unmittelbarer Nähe der Gefahrenstelle liege, die Anordnung eines Verkehrszeichens beansprucht werden könne. Die Klägerin trage schon nicht vor, dass an den Stellen, an denen nach ihrer Auffassung die Verkehrszeichen „getauscht“ werden sollten, eine konkrete Gefahr für die Schutzgüter Leib und Leben, die durch die Anordnung des Verkehrszeichens 260 mit Zusatzzeichen 1020-30 beseitigt werden könne, bestehe. Nach § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO seien Verkehrszeichen nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend erforderlich sei. Der strenge räumliche Bezug spreche zumindest dafür, dass Gefahren an bzw. in unmittelbarer Nähe der Gefahrenstelle und nicht an anderer Stelle begegnet werden müsse. Selbst wenn dies anders zu sehen sei, habe die Kammer nicht feststellen können, dass an der Zufahrt über D.-W. bzw. D.-O. aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage bestehe, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteige. Es handle sich unstreitig um eine viel und schnell befahrene Staatsstraße. Die Zufahrt bei der Ausfahrt D.-W. liege in einer nicht unerheblichen Kurve. Zumindest für Fahrzeuge, die von D. kommend nach links auf die Staatsstraße auffahren wollten, sei es durchaus mit Schwierigkeiten verbunden, die Geschwindigkeit der von Osten herannahenden Fahrzeuge abzuschätzen und den richtigen Moment für eine sichere Auffahrt auszumachen. Bei der Auffahrt nach rechts sei dagegen die Streckenführung der Staatsstraße von Westen nahezu linear, da die Zufahrt von dieser Richtung aus am Anfang der Kurve liege und die Abfahrt von der Staatsstraße auf die Straße nach D. dort den Verkehr verlangsame. Die Zufahrt sei über 5 m breit und werde in Richtung Staatsstraße deutlich breiter, bergab Richtung D. schmaler. Zwischen der Straße von D. kommend und der Staatsstraße betrage der Höhenunterschied ca. 2,5 m. Allerdings könne der Fahrzeugführer kurz vor der Auffahrt etwa einen halben Meter unter der Staatsstraße diese einsehen und dort warten. Auch die Unfallzahlen sprächen - auch wenn es hierauf nicht ausschließlich ankomme - nicht für eine qualifizierte Gefahrenlage. Von den 30 Verkehrsunfällen, von denen in einem Zeitungsartikel die Rede sei, hätten sich 17 im Zusammenhang mit Wild und die übrigen auf einer etwa 10 km langen Strecke ereignet. Nach polizeilichen Angaben hätten sich an der Einmündung D.-W. von 2015 bis 29. Mai 2019 acht Unfälle ereignet, davon vier aufgrund von Vorfahrtsverletzungen aus der Einmündung in die Staatsstraße. Trotzdem werde die Einmündung bislang nicht als Unfallhäufungsstelle eingestuft. Auch bei der Auffahrt D.-O. sei eine qualifizierte Gefahrenlage weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Für die Annahme einer qualifizierten Gefahrenlage, die der Klägerin einen Anspruch auf die Durchfahrt in Form von „Anlieger frei“ vermittle, genüge es nicht, dass nicht geklärt sei, weshalb bei dieser Ausfahrt der mit dem streitgegenständlichen vergleichbare Bahnübergang für den öffentlichen Verkehr freigegeben sei. In einem Fall, in dem die Behörde eine Gefahrenlage nicht zu erkennen vermöge, sei sie auch nicht darlegungspflichtig. Für die Kammer ergebe sich das Bild, dass es sich bei der Einfahrt in die Staatsstraße um das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der geschützten Rechtsgüter handle, wofür die allgemeinen und besonderen Verhaltensregeln der Straßenverkehrsordnung ausreichen würden. Auch der Anliegergebrauch vermittle der Klägerin keinen Anspruch auf die verkehrsrechtliche Anordnung und entsprechende Anbringung der Verkehrszeichen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gehörten zum eigentumsrechtlich geschützten Anliegergebrauch die Zugänglichkeit des Grundstücks von und zur Straße und in gewissem Umfang die geschäftliche Kommunikation mit den Verkehrsteilnehmern. Das straßen- und wegerechtliche Rechtsinstitut des Anliegergebrauchs vermittle dem Anlieger einer öffentlichen Straße über die Regelungen der Art. 14 Abs. 1, Art. 17 BayStrWG hinaus eine besondere Stellung und dem Grunde nach einen Anspruch auf Zugang zu dieser Straße. Es sichere eine ausreichende Verbindung des Anliegergrundstücks zu dem davorliegenden Straßenteil und die Anbindung dieses Straßenteils an das allgemeine Verkehrsnetz. Dies bedeute weder eine Bestandsgarantie hinsichtlich der Ausgestaltung und des Umfangs der Grundstücksverbindung mit der Straße noch die Gewährleistung von Bequemlichkeit oder Leichtigkeit des Zu- und Abgangs. Sofern nur die Straße als Verkehrsmittel erhalten bleibe, schütze das Recht auf Anliegergebrauch regelmäßig nicht vor solchen Erschwernissen des Zugangs, die sich aus einer besonderen örtlichen Lage ergeben. Öffentliche Feld- und Waldwege gemäß Art. 53 BayStrWG dienten der Bewirtschaftung von Feld- und Waldgrundstücken. Das Anwesen der Klägerin befinde sich erkennbar im Außenbereich und die Anforderungen an die Erschießung eines Außenbereichsvorhabens seien geringer als die an ein Innenbereichsvorhaben. Allerdings gebiete auch die Erschließung von Innenbereichsvorhaben nicht, dass man mit dem Auto bis an das Wohnhaus fahren könne. Das Grundstück sei in eine situationsbedingte Vorbelastung hineingestellt. Es bleibe der Klägerin und den Anwohnern von H. aufgrund der unbefristeten Ausnahmegenehmigung unbenommen, ihr Grundstück mit dem Kraftfahrzeug anzufahren. Damit sei ihr Recht auf Erhaltung des Zugangs von und zur Straße nicht beeinträchtigt. Dass dies ohne Voranmeldung bzw. Ausnahmegenehmigung für Kraftfahrzeuge über 3,5 t möglich sein solle, gehöre nicht zum Kernbereich des Anliegergebrauchs, zumal insbesondere für die Lieferungen von Öl, für Baufirmen und die Müllabfuhr Ausnahmen erteilt worden seien und der Bau der Brücke von dem Beklagten weiterhin geplant sei. Der Annahme der Klägerin, die Zuwegung über die Ortsstraße von D. gebiete die Benutzung eines nicht verkehrssicheren Bahnübergangs, folge die Kammer nicht. An einem Teilstück der Strecke, über das die Klägerin die Durchfahrt begehre, sei unstreitig eine erhöhte Gefahrenlage gegeben. Durch die Eröffnung des Anliegerverkehrs an der von der Klägerin begehrten Stelle bestehe kein niedrigeres Risiko als auf der Ausweichstrecke. Die Klägerin habe selbst nicht infrage gestellt, dass die Sichtflächen am Bahnübergang nicht eingehalten werden könnten. Es sei bereits mindestens zweimal der Zug aus der Richtung B.F.L. übersehen worden. Dass am Bahnübergang eine geringere Anzahl an Unfällen bekannt sei, ändere an der Einstufung als Gefahrenstelle nichts, zumal die Klägerin selbst vorgetragen habe, dass sich der Verkehr an dieser Stelle gesteigert haben solle. Es liege auf der Hand, dass auf einer viel befahrenen Staatsstraße mehr Verkehr herrsche und sich demnach auch mehr Unfälle ereigneten als auf einem öffentlichen Feld- und Waldweg. Die Verkehrszeichen 250 bzw. 260 und Zusatzzeichen 1026-38 seien grundsätzlich geeignet, den Verkehr dort zu reduzieren, wenn auch nicht auszuschließen sei, dass Personen dieses Schild missachteten. Der Vertreter der DRE habe im Ortstermin nachvollziehbar erklärt, dass der Führer landwirtschaftlicher Fahrzeuge in der Regel von durchsichtigen Flächen umgeben sei, sodass er besser einsehen könne. Dass eine „Anlieger frei“-Regelung den bisher bestehenden Verkehr reduzieren würde, sei nach allgemeiner Lebenserfahrung ausgeschlossen. Ein Eingriff in das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung, Verzögerungen und entstehende Kosten, soweit diese Interessen von § 45 Abs. 1 StVO überhaupt erfasst seien, führten ebenfalls nicht zwingend zu der begehrten Anordnung. Eine Interessenabwägung mit der Gefahr für Leib und Leben am Bahnübergang könne sich demgegenüber durchsetzen. Die Nachteile, dass die Strecke über D. bereits für forstwirtschaftliche Arbeiten gesperrt gewesen und die Straße einspurig und umständlich sowie unzureichend beschildert sei, hätten alle Straßennutzer hinzunehmen. Insbesondere seien sie nicht von solchem Gewicht, dass eine Ermessensreduktion auf Null angenommen werden müsse. Es bedürfe keiner Vertiefung, dass die geltend gemachten Schwierigkeiten mit der Hausmüllentsorgung von Rechts wegen nicht die Freigabe des Bahnübergangs für den Anliegerverkehr geböten. Für die Müllabfuhrfahrzeuge bestünden ohnehin bereits Ausnahmegenehmigungen. Der erste Hilfsantrag sei jedoch begründet. Die Kammer erachte die Versagung der beantragten verkehrsrechtlichen Anordnung im Schreiben vom 26. Juli 2019 sowie die stattdessen erlassene verkehrsrechtliche Anordnung vom 8. Januar 2007 in Gestalt der verkehrsrechtlichen Anordnung vom 9. Juli 2019 für rechtswidrig, da sich der Beklagte auf eine unzutreffende Tatsachengrundlage gestützt habe. Dies wirke sich auf die Ermessensentscheidung aus. Die schon vor der verkehrsrechtlichen Anordnung aus dem Jahr 2019 aufgestellten Verkehrszeichen 260 mit Zusatzzeichen 1026-38 seien rechtswidrig, da ihnen keine verkehrsrechtliche Anordnung zugrunde liege. Denn mit verkehrsrechtlicher Anordnung vom 8. Januar 2007 seien die Verkehrszeichen 250 angeordnet worden. Der Beklagte habe nicht vorgetragen, wann diese durch Verkehrszeichen 260 ersetzt worden seien. Der Beklagte habe ersichtlich die Beschilderung, so wie sie sich vor Ort dargestellt habe, beibehalten wollen, dann aber tatsächlich durch Bezugnahme auf die Anordnung aus dem Jahr 2007 eine mit der tatsächlichen Lage nicht übereinstimmende Regelung getroffen. Überdies sei die verkehrsrechtliche Anordnung nicht bestimmt im Sinne von Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Aus dem der Anordnung vom 8. Januar 2007 beigefügten, mit handschriftlichen Anmerkungen versehenen Beschilderungsplan ließen sich die konkreten Aufstellungsorte der Verkehrszeichen 250 und Zusatzzeichen 1026-38 nicht erkennen. Es frage sich schon, ob das in der Akte nicht vorhandene Original der Anordnung aus dem Jahr 2007 überhaupt Einzeichnungen enthalte, was sie erst recht unbestimmt mache. Es sei nicht zulässig, den Standort der Verkehrszeichen offen zu lassen (Stichwort: „oder kurz davor!“). Der Mangel sei auch nicht dadurch geheilt worden, dass die Schilder nach Erlass aufgestellt worden seien und die verkehrsrechtliche Anordnung aus dem Jahr 2019 sodann darauf Bezug nehme. Die Anordnung der Verkehrszeichen 250 mit Zusatzzeichen 1026-38 sowie der Wegesperren stelle eine unteilbare Gesamtregelung dar, da der Beklagte die Sperren ohne die entsprechende Beschilderung nicht angeordnet hätte.
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Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem der Beklagte entgegentritt, macht die Klägerin ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung geltend und trägt zur Begründung vor, bereits die gerichtliche Auslegung ihres Klageantrags begegne durchgreifenden Bedenken. Sie habe nicht die Aufhebung des vorhandenen Verkehrszeichens 260 begehrt, sondern lediglich die Änderung des Zusatzzeichens 1026-38 (Land- und forstwirtschaftlicher Verkehr frei). Aufgrund dieser fehlerhaften Auslegung habe sich das Verwaltungsgericht ausführlich damit befasst, ob das Ermessen des Beklagten auf Null reduziert sei. Dabei übersehe es, dass streitgegenständlich nur die Ermessensentscheidung hinsichtlich des Zusatzschildes sei, nicht jedoch die gesamte Verkehrsregelung. Es knüpfe folglich an eine falsche Fragestellung an und prüfe, ob eine besondere Gefahrenlage an der Zufahrt über D.-W. bzw. D.-O. bestehe, was unter den Beteiligten jedoch nicht streitig sei. Die Klägerin habe nicht in Zweifel gezogen, dass ein unbeschrankter Bahnübergang zu Gefahren für die Verkehrsteilnehmer führen könne. Es gehe auch nicht darum, ob die Gefahrenlage bei D.-W. dazu führe, dass die einzig richtige Behördenentscheidung eine Anordnung der begehrten Verkehrszeichen an den beantragten Stellen sei. Der Klägerin gehe es vielmehr um die Frage, ob es dann - wenn schon das Verkehrszeichen 260 angeordnet werde - aus Gründen des Eigentumsgrundrechts und des Gleichbehandlungsgrundsatzes in Bezug auf alle anliegenden Grundstückseigentümer zwingend geboten sei, dass außer den land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken auch die anliegenden Grundstücke, insbesondere das seit Jahrzehnten genutzte und baurechtlich genehmigte Wohngrundstück der Klägerin, angefahren werden dürften. Für das klägerische Anwesen liege seit 1952 eine Baugenehmigung zu Wohnzwecken vor. Die Nutzung habe sich seitdem nicht geändert und genieße Bestandsschutz. Der Klägerin gehe es nicht nur allein um die Werterhaltung des Anwesens durch Gleichstellung des Anliegerverkehrs mit dem anderen zugelassenen und geduldeten Verkehr, sondern auch um die Erhaltung des Anwesens zur weiteren Nutzung für Wohnzwecke. Dies könne durch eine „Anlieger frei“-Regelung für die Zufahrt über den Bahnübergang erreicht werden. Nicht eine wie im Urteil unterstellt „bequeme Erreichbarkeit“ des klägerischen Grundstücks stehe in Rede, sondern eine erhebliche Wertminderung des Anwesens sowie echte Erschwernisse, Gefahren und Kosten für die Anwohner und den Anliegerverkehr. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung (vor dem Aufstellen der Schranke) hätten diese Nachteile ausschließlich die Klägerin betroffen. Zum Stichwort „bequeme Zufahrt“ bleibe anzumerken, dass die notwendigen Heizöllieferungen, die hohe Unfallgefährlichkeit bei D.-W. und die Verzögerungen in der Notversorgung (z.B. Notärzte und andere medizinische Dienste) existenziell seien. Zeitverzögerungen der von der Klägerin beauftragten Firmen seien für sie belastend, auch finanziell. Die Wertminderung und Erschwernisse lägen nicht in der seit Januar 2019 plötzlich ausbleibenden Müllabfuhr, wie dies im Urteil missverständlich dargestellt sei, sondern in der Versorgung von Heizmittel-, Baumittel- und anderen Lkw-Lieferungen sowie der Klärschlammentsorgung. Es gehe um die Erhaltung des Anwesens für Wohnzwecke. Auslöser für die Klage sei nicht die unangekündigt ausbleibende Müllabfuhr, sondern das Schreiben der Verwaltungsgemeinschaft W. vom 26. Februar 2019 gewesen, das mit zweifelhaften Argumenten die Erschließung des klägerischen Grundstücks grundsätzlich eingeschränkt habe, nicht nur der Müllabfuhr, sondern insbesondere der für die Klägerin existenziellen Heizöl- bzw. Pellets-Lieferungen. Das Verwaltungsgericht differenziere nicht zwischen den verschiedenen verkehrsrechtlichen Anordnungen. Der Beklagte habe drei verkehrsrechtliche Anordnungen getroffen: das Verkehrszeichen 260 mit Zusatzzeichen 1026-38 unmittelbar an der letzten Wendemöglichkeit aus Richtung H.-Ortschaft, das gleiche Verkehrsschild an der Zufahrt von F.L. sowie die „Absperrung“ mit einer Schranke nach der Einfahrt in das Grundstück der Klägerin. Mit der Schranke hätte sie leben können, wenn sie entsprechende Schlüssel erhalten hätte, was zwischenzeitlich geschehen sei. Die Beteiligten hätten sich durch notariellen Vertrag geeinigt, dass das Grundstück für die Sperreinrichtung in Anspruch genommen werden dürfe. Soweit das Verwaltungsgericht die Auffassung vertrete, dass das Außenbereichsgrundstück der Klägerin situationsbedingt vorbelastet sei und sie keinen Anspruch darauf habe, dass ihr Grundstück mit Kraftfahrzeugen angefahren werden könne, werde der Wert des Anwesens durch die Einstufung des Feldwegs als Zufahrt im Sinne von Art. 19 Abs. 1 BayStrWG (Sondernutzung) ohne Rücksicht auf den baurechtlichen Bestandsschutz zusätzlich herabgesetzt. Hier verkenne das Verwaltungsgericht wiederum das Klagebegehren: die Klägerin begehre weder die Anordnung eines Durchfahrtsverbots für den Kraftfahrzeugverkehr noch habe sie hiergegen grundsätzliche Einwände. Ihr Ziel sei es, mit den übrigen an dem öffentlichen Feldweg anliegenden Grundstückseigentümern gleichgestellt zu werden und den Bestand ihres Wohngrundstücks zu erhalten. Das Verwaltungsgericht habe in nicht nachvollziehbarer Weise angenommen, die Anlieger land- und forstwirtschaftlich genutzter Grundstücke seien beim Queren des Bahnübergangs weniger gefährdet. Es würden weder Erhebungen der Bahn noch die Tatsache berücksichtigt, dass allein beim Ortstermin ausschließlich Pkw den Bahnübergang passiert hätten. Wenn die Argumente „Sitzhöhe“ und „Rundum-Sichtfenster“ nur für Traktoren zuträfen, sei die Schlussfolgerung nicht nachvollziehbar, dass der bevorzugte Personenkreis auch mit beliebigen Kfz - überwiegend Pkw, zeitweise Lkw - den Bahnübergang passieren dürfe, während dies anderen Fahrzeugführern mit vergleichbaren Fahrzeugen versagt werden solle. Da der Weg in Richtung Bahnübergang und die dortige Grundstücksgrenze mittlerweile ohnehin von Schwerlastfahrzeugen der Land- und Forstwirtschaft stark in Mitleidenschaft gezogen würden, sei unverständlich, weshalb auch zukünftig nur wegen des Bahnübergangs ausgerechnet Traktoren mit schwer beladenen Hängern in großer Anzahl zulässig sein sollten. Auf diese Weise würden insbesondere der Weg als letzte verbleibende Lkw-Zufahrt und insbesondere sein Umfeld, nämlich das klägerische Grundstück, endgültig ruiniert. Es sei nicht zu begründen, dass z.B. ein auswärtiger Landwirt mit seinem Pkw bzw. Lkw mehr Rechte haben solle als ein Ortsansässiger, selbst wenn es für erstere nicht einmal essentiell, sondern nur „bequem“ sei. Zudem würden ortskundige Fahrer den Bahnübergang besser als andere kennen und wissen, dass man anhalten und mit einem herannahenden Zug rechnen müsse. Ferner sei nicht zu begründen, dass ausschließlich die Klägerin für Lkw mit einem Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t mit Ausnahmegenehmigungen belastet werde, Land- und Forstwirte jedoch nicht.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, da weder der ausdrücklich geltend gemachte Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO noch der sinngemäß geltend gemachte Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO; BayVerfGH, E.v. 14.2.2006 - Vf. 133-VI 04 - VerfGHE 59, 47/52; E.v. 23.9.2015 - Vf. 38-VI-14 - BayVBl 2016, 49 Rn. 52; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 54), hinreichend dargelegt ist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) und auch nicht vorliegt.
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1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind anzunehmen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfG, B.v. 18.6.2019 - 1 BvR 587/17 - BVerfGE 151, 173 Rn. 32 m.w.N.; B.v. 9.6.2016 - 1 BvR 2453/12 - NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 16 m.w.N.) und dies zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründet (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9).
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1.1. Wie der Beklagte zu Recht einwendet, macht die Klägerin mit ihrer Kritik an der Auslegung ihres Klageantrags durch das Verwaltungsgericht der Sache nach einen Verfahrensfehler gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO (vgl. Happ, a.a.O. § 124 Rn. 48) geltend.
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Das Verwaltungsgericht hat den Klageantrag in ihrem Interesse so ausgelegt, dass es der Klage überhaupt hätte stattgeben können, wenn die Klägerin den geltend gemachten Anspruch nach seiner Rechtsauffassung gehabt hätte.
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Bei der von ihr begehrten Auslegung ihres Klageantrags im Sinne einer isolierten Anfechtung bzw. Teilanfechtung des Zusatzzeichens 1026-38 (Land- und forstwirtschaftlicher Verkehr frei) und einer Verpflichtung des Beklagten zur Anordnung des Zusatzzeichens 1020-30 (Anlieger frei) wäre die Klage schon deshalb unbegründet, weil der Beklagte ein Fahrverbot, von dem er nur den land- und forstwirtschaftlichen Verkehr ausgenommen hat, als einheitliche Regelung angeordnet hat und diese deshalb nicht teilweise angefochten werden kann. Nach § 39 Abs. 3 Satz 1 der Straßenverkehrs-Ordnung vom 6. März 2013 (StVO, BGBl I S. 367), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. Juli 2021 (BGBl I S. 3091), sind auch Zusatzzeichen Verkehrszeichen und zwar Teil der Allgemeinverfügung, die aus dem Zusatzzeichen und einem anderen Verkehrszeichen, auf das sich das Zusatzzeichen bezieht (vgl. § 39 Abs. 3 Satz 3 StVO), besteht (vgl. BayVGH, B.v. 5.11.2019 - 11 B 19.703 - juris Rn. 27 m.w.N.). Die Teilaufhebung eines Verwaltungsakts setzt dessen Teilbarkeit voraus, was nach materiell-rechtlichen Vorschriften zu beurteilen und nur zu bejahen ist, wenn die rechtlich unbedenklichen Teile nicht in einem untrennbaren inneren Zusammenhang mit dem rechtswidrigen Teil stehen, sondern als selbständige Regelung weiter existieren können, ohne ihren Bedeutungsinhalt zu verändern (vgl. BVerwG, B.v. 1.7.2020 - 3 B 1.20 - juris Rn. 14 m.w.N.). Allein der Umstand, dass eine selbständig wirkende Anordnung bestehen bleiben würde, rechtfertigt noch nicht die Annahme der Teilbarkeit eines Verwaltungsakts. In den Blick zu nehmen ist darüber hinaus der Bedeutungsinhalt, der der Gesamtregelung zukommen soll. Steht - wie hier - der Erlass des Verwaltungsakts im Ermessen der Behörde, ist auch von Bedeutung, ob die Behörde den Verwaltungsakt auch ohne die angegriffene Teilregelung erlassen hätte; durch eine bloße Teilaufhebung darf ihr nicht eine Restregelung aufgezwungen werden, die sie so nicht erlassen hätte (vgl. BVerwG, B.v. 1.7.2020 a.a.O.; BayVGH, B.v. 5.11.2019 a.a.O. Rn. 28).
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Die Annahme des Verwaltungsgerichts, die streitgegenständliche verkehrsrechtliche Anordnung sei unteilbar, weil der Beklagte kein generelles Fahrverbot habe anordnen, sondern nur den Verkehr auf den Personenkreis habe minimieren wollen, der auf die Benutzung des öffentlichen Feld- und Waldwegs angewiesen sei, hat die Klägerin mit ihrem Zulassungsvorbringen nicht angegriffen. Nach dem Akteninhalt ist auch nichts dafür ersichtlich, dass diese Annahme unzutreffend ist. Ziel der verkehrsrechtlichen Anordnung war die Rückführung des „untypisch erhöhten“, nicht die Unterbindung jeglichen Kraftverkehrs auf dem öffentlichen Feld- und Waldweg, der nach Art. 53 Nr. 1 BayStrWG hauptsächlich der Bewirtschaftung von Feld- und Waldgrundstücken dient (vgl. Schmid in Zeitler, BayStrWG, Art. 53 Rn. 14) und nicht nur dem Fußgängerverkehr. Dies bestätigen auch die durch den Beklagten erteilten Ausnahmegenehmigungen.
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1.2. Ferner trifft die Annahme der Klägerin nicht zu, dass andere rechtliche Maßstäbe gelten würden, wenn sie das Zusatzzeichen 1026-38 (Land- und forstwirtschaftlicher Verkehr frei) isoliert anfechten könnte. Sowohl im Fall der Teilanfechtung als auch im Fall der Anfechtung der gesamten straßenverkehrsrechtlichen Anordnung einschließlich des dort vorgesehenen Verkehrszeichens 250 würde ein Erfolg der Versagungsgegenklage voraussetzen, dass rechtliche Normen ihr als Anliegerin ungeachtet der am unbeschrankten Bahnübergang bei km 5,670 der Bahnstrecke B.-W. bestehenden Gefahrenlage einen Anspruch auf Benutzung des öffentlichen Feld- und Waldwegs aus der Richtung F.L. mit Fahrzeugen vermitteln.
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Die gerichtliche Annahme einer aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse bestehenden Gefahrenlage, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs (§ 45 Abs. 1 Satz 1 StVO) erheblich übersteigt und die folglich eine Beschränkung bzw. ein Verbot des fließenden Verkehrs wie das angeordnete Fahrverbot durch Verkehrszeichen 250 oder auch durch das aufgestellte Verkehrszeichen 260 rechtfertigt (§ 45 Abs. 9 Satz 1 StVO), ist unstreitig und wurde mit dem Zulassungsantrag nicht angegriffen. Streitig ist allein die Frage, ob auch Anliegern neben den auf die Nutzung des Wegs angewiesenen Forst- und Landwirten dessen Nutzung gestattet werden muss.
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Dies hat das Verwaltungsgericht zutreffend verneint. Es ist davon ausgegangen, dass das Wohngrundstück der Klägerin über eine zumutbare Verbindung zum öffentlichen Straßennetz verfügt und damit den Anforderungen aus dem Rechtsinstitut des Anliegergebrauchs (vgl. BVerwG, B.v. 11.5.1999 - 4 VR 7.99 - NVwZ 1999, 1341 = juris Rn. 5, 7; BayVGH, B.v. 10.8.2021 - 8 CE 21.1989 - NVwZ-RR 2022, 15 = juris Rn. 49) genügt ist. Weitergehende Rechte, namentlich auf Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs einer bestimmten Straße, kann die Klägerin auch nicht aus Art. 14 GG für sich herleiten (vgl. BVerfG, B.v. 10.6.2009 - 1 BvR 198/08 - NVwZ 2009, 1426 = juris Rn. 23). Der Anliegergebrauch schützt nur den Kernbereich der Erschließungsinteressen der Grundstückseigentümer vor straßenrechtlichen Veränderungen (BVerfG, B.v. 10.6.2009 a.a.O. Rn. 24). Das Bestehen einer alternativen Zufahrt zu ihrem Anwesen durch den Ort D. und den Ortsteil H. hat die Klägerin mit ihrem Zulassungsantrag nicht in Abrede gestellt. Insbesondere hat sie nicht dargelegt, dass die Nutzung dieser Zufahrt unzumutbar ist, was auch nicht ersichtlich ist. Mit unbefristeter Ausnahmegenehmigung vom 17. Oktober 2020 hat der Beklagte der Klägerin das Befahren des öffentlichen Feld- und Waldwegs aus Richtung des Orts H. bis zu ihrem Anwesen gestattet. Daher ist der Vortrag, die Zufahrt über den unbeschrankten Bahnübergang sei wesentlich für die Erhaltung der Wohnnutzung ihres Anwesens, nicht nachvollziehbar. Soweit sie in diesem Zusammenhang zeitliche Verzögerungen bei der Notversorgung anführt, sind - worauf bereits der Beklagte in seinem Schriftsatz vom 14. Oktober 2020 hingewiesen hat - u.a. die Polizei, die Feuerwehr, der Katastrophenschutz und der Rettungsdienst auf eine Anordnung des Zusatzzeichens „Anlieger frei“ wegen der generellen Befreiung von den Vorschriften der Straßenverkehrs-Ordnung gemäß § 35 Abs. 1 und Abs. 5a StVO im Rahmen der jeweiligen Aufgabe schon nicht angewiesen. Bauhandwerkern sowie Ver- und Entsorgern, die mit ihren Fahrzeugen das Anwesen der Klägerin aufgrund der Tonnagebeschränkung der Brücke über die „W. S.“ nur über den unbeschrankten Bahnübergang erreichen können, hat der Beklagte Ausnahmegenehmigungen erteilt und die Kosten hierfür inzwischen durch eine niedrige Gebühr erheblich gesenkt (vgl. Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 3.11.2020).
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Soweit die Klägerin bemängelt, das Verwaltungsgericht habe in nicht nachvollziehbarer Weise eine geringere Gefährdung von Anliegern land- und forstwirtschaftlich genutzter Grundstücke als sonstiger Anlieger angenommen, war diese Annahme nach den Urteilsgründen erkennbar nicht entscheidungserheblich. Vielmehr geht das Gericht davon aus, dass die streitgegenständliche verkehrsrechtliche Anordnung im Hinblick auf die unstreitigen Gefahren durch den unbeschrankten Bahnübergang der Minimierung des Verkehrs dient, jeder nicht unbedingt notwendige Verkehr über diesen Bahnübergang zu vermeiden ist und die Anordnung des Zusatzzeichens „Anlieger frei“ nicht dem angestrebten Ziel dient. In diesem Zusammenhang hat es zwar angemerkt, dass ein Bahnvertreter im Ortstermin nachvollziehbar erklärt habe, der Führer landwirtschaftlicher Fahrzeuge sei in der Regel von durchsichtigen Flächen umgeben und könne daher den Bahnübergang besser einsehen. Rechtlich hat das Gericht aus diesem Satz jedoch nichts gefolgert, sondern sodann betont, dass eine „Anlieger frei“-Regelung den bisher bestehenden Verkehr nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht reduzieren würde. Dass insofern ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils aus einer etwa unzureichenden Ermittlung und Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts resultieren (vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl. 2021, § 124 Rn. 7b m.w.N.), hat die Klägerin zudem nicht hinreichend dargelegt. Im erstinstanzlichen Verfahren wurden keine entsprechenden Beweisanträge gestellt und im Zulassungsverfahren auch nicht dargelegt, dass sich dem Verwaltungsgericht die Aufklärung nach Maßgabe seiner Rechtsauffassung hätte aufdrängen müssen. Werden ernstliche Zweifel mit einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht begründet, gelten die Grundsätze für die Darlegung eines Verfahrensmangels (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 67 a.E.; Rusidile in Schoch/Schneider, VwGO, Stand Juli 2021, § 124 Rn. 26g). Hiernach kann eine Verletzung der Aufklärungspflicht nur dann mit Erfolg gerügt werden, wenn dargelegt wird, dass bereits im Verfahren vor dem Erstgericht auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, B.v. 3.11.2021 - 2 B 39.21 - juris Rn. 15 f.). Die Aufklärungsrüge ist kein Mittel, um Versäumnisse eines anwaltlich vertretenen Beteiligten in der ersten Instanz zu kompensieren, vor allem wenn er es unterlassen hat, einen Beweisantrag zu stellen (stRspr des BVerwG, vgl. B.v. 13.12.2021 - 2 B 1.21 - juris Rn. 21; B.v. 3.11.2021 a.a.O.; Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 75 a.E.).
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Ein Anspruch auf Anordnung des Zusatzzeichens „Anlieger frei“ ergibt sich auch nicht aus dem aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten Gleichbehandlungsanspruch. Wie das Verwaltungsgericht angemerkt hat, dienen die öffentlichen Feld- und Waldwege nach Art. 53 Nr. 1 BayStrWG der Bewirtschaftung von Feld- und Waldgrundstücken und damit einem kleineren Kreis von Anliegern als sämtlichen Anliegern. Die angegriffene Verkehrsregelung hält sich im Rahmen der Widmung und hat die Nutzung des streitgegenständlichen Wegs auf diesen überwiegenden Verkehrszweck zurückgeführt. Von dieser rechtlich festgelegten Verkehrsbedeutung abgesehen kann auch davon ausgegangen werden, dass der land- und forstwirtschaftliche Verkehr vor allem saisonal geprägt ist und damit nur zu bestimmten Jahreszeiten nennenswert ins Gewicht fällt und eine Beschränkung auf diesen überschaubaren Verkehr hinsichtlich der Missbrauchsmöglichkeiten, die auch die Wegesperren nicht völlig ausschließen können, gegenüber einem größeren Kreis von Anliegern leichter zu kontrollieren ist. Das Gewicht der den Weg befahrenden Kraftfahrzeuge kann in diesem Zusammenhang keine Rolle spielen, weil der Beklagte und nicht die Klägerin als Träger der Straßenbaulast (Art. 54 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG) für dessen Unterhalt aufzukommen hat.
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2. Aus den unter 1.1. dargelegten Gründen hat das Verwaltungsgericht auch keinen Verfahrensfehler (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) begangen, indem es das Klagebegehren falsch ausgelegt hat.
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Nach § 88 VwGO darf das Gericht über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In entsprechender Anwendung der für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätze (§§ 133, 157 BGB) kommt es auf den vom Wortlaut des Vorbringens gedeckten wirklichen Willen des Klägers an, der sich aus dem gesamten Prozessstoff ergeben kann; dabei sind jedoch nur die für das Gericht und die anderen Prozessbeteiligten erkennbaren Umstände zu berücksichtigen. Die Auslegung muss unter Berücksichtigung der Besonderheiten des betroffenen Rechtsgebietes sachdienlich sein, die Interessenlage des Klägers berücksichtigen und sicherstellen, dass das Rechtsschutzziel bestmöglich erreicht werden kann (Riese in Schoch/Schneider, VwGO, § 88 Rn. 7 m.w.N. aus der Rspr des BVerwG; BVerwG, B.v. 7.8.2021 - 7 B 16.20 - juris Rn. 7 m.w.N.). Dies war hier wie ausgeführt der Fall.
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3. Als unterlegene Rechtsmittelführerin hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO).
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4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 1, 2 GKG und der Empfehlung in Nr. 46.15 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
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5. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).