Inhalt

VGH München, Beschluss v. 30.05.2022 – 4 ZB 21.2660
Titel:

Widerruf der Zuweisung von Büroflächen und LKW-Stellplätzen bei der Großmarkthalle

Normenketten:
BayGO Art. 21
BayVwVfG Art. 49 Abs. 2 S. 1 Nr. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
Leitsatz:
Ein Zuweisungswiderruf nach der Markthallen-Satzung der Landeshauptstadt München bezweckt die Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in den Markthallen; je nach den Umständen des Einzelfalls kann ein Widerruf diesem Zweck auch dann dienen, wenn der Zuwendungsnehmer - oder dessen Vertreter - eine strafbare Handlung außerhalb der Markthallen und nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem dort ausgeübten Gewerbe begangen hat (hier: Steuerhinterziehung). (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
öffentliche Einrichtung, Widerruf von Zuweisungen für die Benutzung der Großmarkthalle, Steuerhinterziehung durch den Zuweisungsempfänger als Widerrufsgrund, Ausschluss des Zuweisungsempfängers als untaugliches milderes Mittel, Großmarkt, Zuweisung, Widerrufsgrund, Vertreter, Steuerhinterziehung, Ausschluss
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 05.05.2021 – M 7 K 19.6510
Fundstelle:
BeckRS 2022, 15403

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf der Zuweisung von Büroflächen sowie LKW-Stellplätzen auf dem Betriebsgelände der Großmarkthalle in München. Die Großmarkthalle ist Teil der Markthallen München, die von der Beklagten als öffentliche Einrichtung betrieben werden.
2
Mit Urteil des Amtsgerichts München vom 13. Juni 2017 wurde der Kläger wegen Steuerhinterziehung in acht tatmehrheitlichen Fällen (davon in drei Fällen jeweils in Tateinheit mit zwei weiteren Fällen der Steuerhinterziehung und in zwei Fällen in Tateinheit mit einem weiteren Fall der Steuerhinterziehung) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Nach den strafgerichtlichen Feststellungen hat der Kläger in den Jahren 2009 bis 2014 in Einkommensteuer-, Umsatzsteuer- und Gewerbesteuererklärungen zu gewerblichen Umsätzen und Gewinnen, die er im Rahmen seines Einzelunternehmens erzielt hat, inhaltlich unvollständige oder wahrheitswidrige Angaben gemacht. Dieses Urteil wurde auf die Berufung des Klägers mit Berufungsurteil des Landgerichts München I vom 4. September 2018 im Rechtsfolgenausspruch dahin abgeändert, dass der Kläger zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und 11 Monaten und einer zusätzlichen Gesamtgeldstrafe von 250 Tagessätzen verurteilt wurde. Die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Nach den Feststellungen im Berufungsurteil verkürzte der Kläger Steuern in Höhe von insgesamt 615.309,70 Euro.
3
In einem weiteren strafgerichtlichen Verfahren war der Kläger zudem wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in 52 Fällen angeklagt. Mit Beschluss vom 1. Dezember 2017 wurde das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, da die in diesem Verfahren zu erwartende Ahndung neben der im Verfahren wegen Steuerhinterziehung zu erwartenden Verurteilung nicht beträchtlich ins Gewicht falle.
4
Mit Bescheid vom 16. Dezember 2019 widerrief die Beklagte die dem Kläger erteilte Zuweisung von näher bezeichneten Büroräumen (Nr. 1) und LKW-Stellplätzen (Nr. 2) auf dem Betriebsgelände Großmarkthalle. Der Kläger wurde unter Androhung eines Zwangsgelds zur Räumung und Übergabe der genannten Objekte an die Beklagte aufgefordert (Nr. 3 und 4). Der Bescheid wurde auf § 5 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9 Buchst. a Alt. 1 und 2 der Markthallen-Satzung gestützt und im Wesentlichen mit den Sachverhalten begründet, die Gegenstand der vorgenannten strafgerichtlichen Verfahren waren.
5
Am 31. Dezember 2019 erhob der Kläger eine Klage zum Verwaltungsgericht mit dem Ziel der Aufhebung des Bescheides vom 16. Dezember 2019 und der Verpflichtung der Beklagten, ihm die betreffenden Objekte erneut zuzuweisen.
6
Mit Urteil vom 5. Mai 2021 wurde die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird im Wesentlichen ausgeführt, der streitgegenständliche Bescheid vom 16. Dezember 2019 sei sowohl formell als auch materiell rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen subjektiven Rechten. Der Widerruf der streitgegenständlichen Zuweisungsflächen (Nr. 1 und 2 des Bescheids) sei auf der Grundlage von § 5 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9 Buchst. a Alt. 2 der Markthallen-Satzung zurecht erfolgt. Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der einschlägigen Satzungsbestimmungen seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Kläger habe in einem schwerwiegenden Fall eine strafbare Handlung begangen, die Gegenstand des Urteils des Landgerichts München I vom 4. September 2018 gewesen sei. Durch die vom Kläger begangenen Straftaten sei die öffentliche Sicherheit und Ordnung auf dem Lebensmittelmarkt nicht nur unerheblich beeinträchtigt worden. Im vorliegenden Einzelfall biete ein Ausschluss nach § 16 Abs. 2 der Markthallen-Satzung keine ausreichende Gewähr für die Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in den Markthallen. Der Widerruf der Zuweisung an den Kläger sei auch nicht ermessensfehlerhaft oder unverhältnismäßig.
7
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung.
8
Die Beklagte tritt dem Zulassungsantrag entgegen.
9
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
10
1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, da der geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht vorliegt. Der Kläger hat keinen einzelnen tragenden Rechtssatz und keine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt (zu diesem Maßstab vgl. BVerfG, B.v. 18.6.2019 - 1 BvR 587/17 - juris Rn. 32 m.w.N.).
11
a) Der Kläger macht sinngemäß geltend, der Widerrufstatbestand des § 5 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9 Buchst. a der Markthallen-Satzung sei zu weit gefasst und insoweit nicht mit höherrangigem Recht vereinbar. Insbesondere werde kein Bezug der betreffenden strafbaren Handlung zur ausgeübten gewerblichen Tätigkeit vorausgesetzt. Eine Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO erfordere dagegen einen Zusammenhang zwischen dem Unzuverlässigkeitsgrund und der Gewerbeausübung. Diese Rüge des Klägers ist bereits nicht entscheidungserheblich. Sie wurde erstmals im Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 15. Februar 2022 und damit nicht fristgemäß erhoben (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).
12
Unabhängig davon ist der genannte Widerrufstatbestand nicht derart schwer eingrenzbar, wie der Kläger meint. Aus § 5 Abs. 4 Satz 1 der Markthallen-Satzung ergibt sich, dass ein Zuweisungswiderruf die Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in den Markthallen bezweckt. Je nach den Umständen des Einzelfalls kann ein Widerruf diesem Zweck auch dann dienen, wenn der Zuwendungsnehmer eine strafbare Handlung außerhalb der Markthallen und nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem dort ausgeübten Gewerbe begangen hat. Im Hinblick auf die Vielgestaltigkeit der denkbaren Sachverhalte ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Widerrufstatbestand weit gefasst ist und unbestimmte Rechtsbegriffe enthält. Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Hinweis des Klägers auf das andere gesetzliche Regelungskonzept zur Gewerbeuntersagung (§ 35 Abs. 1 GewO). Widerrufsgründe, die in den Benutzungsbedingungen für eine kommunale Einrichtung geregelt sind, können nicht ohne weiteres mit den Voraussetzungen einer sicherheitsrechtlichen Gewerbeuntersagung verglichen werden. Im Übrigen übersieht der Kläger, dass sich ein Gewerbetreibender unter Umständen wegen einer strafbaren Handlung, die er nicht im Rahmen der Gewerbeausübung begangen hat, als gewerberechtlich unzuverlässig erweisen kann; dies kann z.B. in Fällen der Steuerhinterziehung in Betracht kommen. Ferner kann grundsätzlich eine Gewerbeuntersagung auf aktuell nicht ausgeübte Gewerbe oder bestimmte Tätigkeiten erstreckt werden, wenn die beim Gewerbetreibenden festgestellten Unzuverlässigkeitsgründe auch diese Gewerbe oder Tätigkeiten betreffen (vgl. § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO). Eine solche „gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit“ ist z.B. bei steuerlichen Pflichtverletzungen gegeben (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.2015 - 8 C 6.14 - BVerwGE 152, 39 Rn. 17).
13
b) Der Kläger rügt, der Widerruf der ihm erteilten Zuweisungen sei nicht erforderlich, um Gefahren für die Sicherheit und Ordnung abzuwenden. Die „marktübliche Interaktion“ des Klägers mit anderen Marktteilnehmern sei seit Jahren nachweislich einwandfrei. Die Behauptung möglicher weiterer Straftaten des Klägers sei rein spekulativ. Der Kläger habe zudem Einsicht und tätige Reue gezeigt. So sei er bemüht, einen Geschäftsführerwechsel bei der GmbH, deren Alleingesellschafter er ist, herbeizuführen, mit Wirkungen über die Bewährungszeit hinaus (vgl. Parallelverfahren M 7 K 19.6512). Zwischen dem strafrechtlich relevanten Fehlverhalten des Klägers und der Einleitung des Widerrufsverfahrens sei viel Zeit verstrichen. Im Übrigen gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass drohenden Regelverstößen anderer Marktteilnehmer mit einer generalpräventiven Wirkung des Widerrufs entgegengewirkt werden müsse. Neben der präventiven Wirkung der strafrechtlichen Verurteilung des Klägers in Verbindung mit Bewährungsauflagen komme dem Zuweisungswiderruf keine relevante zusätzliche abschreckende Wirkung zu.
14
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung darzutun. Wie der Senat in seinem Urteil vom 10. April 2018 (4 CS 17.2083 - BayVBl 2018, 820 Rn. 22) ausgeführt hat, dürften die für die gewerberechtliche Zuverlässigkeitsprüfung geltenden Anforderungen auf den Widerruf einer von der Beklagten selbst kraft ihres Selbstverwaltungsrechts verliehenen öffentlich-rechtlichen Rechtsposition nicht vollumfänglich übertragbar sein, ungeachtet der sachlichen Nähe der Regelungsgegenstände. Es bedarf keiner Entscheidung, ob bzw. anhand welcher Maßstäbe die Beklagte eine Prognoseentscheidung zu treffen hat, wie sie die Beurteilung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit bei Anwendung des § 35 Abs. 1 GewO erfordern würde. Jedenfalls ist die Bewertung im angefochtenen Urteil (Rn. 29 ff.) nicht zu beanstanden, wonach die der Verurteilung vom 4. September 2018 zugrundeliegenden Straftaten als strafbare Handlungen in einem schwerwiegenden Fall i.S.d. § 5 Abs. 4 Satz 1 Nr. 9 Buchst. a Alt. 2 Markthallen-Satzung zu werten sind und dadurch die öffentliche Sicherheit und Ordnung auf dem Lebensmittelmarkt nicht nur unerheblich beeinträchtigt wird. Das Verwaltungsgericht hat auch zutreffend festgestellt (Rn. 39), es sei nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon auszugehen, dass der Kläger sein marktschädigendes Verhalten nicht auch in der Zukunft fortsetzen würde. Aufgrund der in den Jahren 2009 bis einschließlich 2014 erfolgten Steuerhinterziehungen besteht die erhebliche Gefahr, dass der Kläger erneut derartige Straftaten begehen könnte. Für diese Prognose sprechen insbesondere der lange Zeitraum der wiederholten Tagbegehung, das planvolle Vorgehen des Klägers und die dabei aufgewandte kriminelle Energie. Dies lässt auf eine - jedenfalls damals - zugrundeliegende Einstellung des Klägers schließen. Ob insoweit ein Einstellungswandel eingetreten ist, kann in der Regel erst nach Ablauf eines gewissen Zeitraums, in der keine einschlägigen Pflichtverletzungen mehr aufgetreten sind, beurteilt werden. Ein Unterlassen derartiger Taten während noch laufender Straf- oder Widerrufsverfahren oder einer noch offenen Bewährungsfrist ist grundsätzlich nicht ausreichend. Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerrufsbescheides am 16. Dezember 2019 konnte übrigens auch nicht von einer „nur noch kurze Zeit“ laufenden Bewährungsfrist gesprochen werden (vgl. Antragsschrift vom 24.11.2021, S. 6); diese Frist dauerte noch bis zum 11. Dezember 2021 an (vgl. Bl. 198 der Behördenakte). Erst recht genügt der bloße Umstand, dass zwischen der letzten Tatbegehung im Jahr 2014 und dem Widerruf im Jahr 2019 rund fünf Jahre vergangen sind, nicht für die Annahme eines Einstellungswandels.
15
Die Frage, ob in diesem Zusammenhang auch ein vom Kläger angestrebter Geschäftsführerwechsel zu berücksichtigen sein könnte, ist schon deshalb nicht entscheidungserheblich, weil dieser Wechsel erst in die Wege geleitet wurde, nachdem der streitgegenständliche Widerruf ausgesprochen wurde; für die Rechtmäßigkeit des Widerrufs kommt es aber maßgeblich auf den Zeitpunkt des Bescheidserlasses am 16. Dezember 2019 an. Im Verfahren M 7 K 19.6512, auf das in der Antragsschrift Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht im Urteil vom 5. Mai 2021 (Rn. 41) ausgeführt, der Beklagten sei im maßgeblichen Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung lediglich mitgeteilt worden, dass ein Geschäftsführerwechsel angedacht, jedoch nicht kurzfristig durchführbar sei. Im Übrigen erweckt es Zweifel an einem konsequenten Handeln des Klägers, dass er offensichtlich bis auf weiteres Alleingesellschafter geblieben ist.
16
Inwieweit von dem Widerruf eine präventive Wirkung auf den Kläger ausgeht, ist nicht entscheidungserheblich. Ihm gegenüber bezweckt der Widerruf nicht, dass er im Rahmen einer künftigen Gewerbeausübung in den Markthallen der Beklagten keine Regelverstöße begeht; vielmehr wird diese Benutzung der Markthallen beendet. Hinsichtlich anderer Zuweisungsnehmer ist durchaus davon auszugehen, dass der streitgegenständliche Widerruf dazu beitragen kann, sie von gewerbebezogenen Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Benutzung der Markthallen abzuhalten. Dadurch wird den Zuweisungsnehmern signalisiert, dass die Vornahme strafbarer Handlungen nicht nur strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, sondern auch die weitere Benutzung der Markthallen in Frage stellen kann. Die präventive Wirkung einer strafrechtlichen Ahndung einerseits und die satzungsrechtliche Reaktion der Beklagten andererseits ergänzen sich insoweit.
17
Im angefochtenen Urteil (Rn. 36) wird ausgeführt, es sei nicht zu erwarten, dass ein (bloßer) Marktausschluss im vorliegenden Einzelfall angesichts der Höhe der verhängten Gesamtfreiheits- bzw. -geldstrafe eine weitere ins Gewicht fallende Abschreckungswirkung entfalten würde. Der Kläger bezieht diese Aussage unzutreffend auf jegliche „in Betracht kommenden Konsequenzen“ (vgl. Antragsschrift vom 24.11.2021, S. 7). Es ist nachvollziehbar, dass das Verwaltungsgericht einem Zuweisungswiderruf als schwerwiegenderer Maßnahme eine größere präventive Wirkung zugesprochen hat (Urteil Rn. 42).
18
c) Der Kläger meint, ein Ausschluss mit Verlängerungsoption nach § 16 der Markthallen-Satzung und Auflagen hätte ein milderes Mittel gegenüber einem Zuweisungswiderruf dargestellt. In einem Bezugsfall mit einer vergleichbaren strafrechtlichen Verurteilung eines Zuweisungsnehmers habe die Beklagte nur einen Ausschluss für 6 Monate ausgesprochen, was auf eine dahingehende Verwaltungspraxis hindeute. Ein Ausschluss müsse auch im Falle einer Tatbegehung außerhalb des Satzungsgebiets möglich sein.
19
Dem ist nicht zu folgen. Im angefochtenen Urteil (Rn. 36) wird zutreffend ein Stufenverhältnis zwischen dem Widerruf einerseits und dem Marktausschluss andererseits dergestalt, dass zunächst immer erst ein zeitweiser Ausschluss erfolgen müsste, bevor die Zuweisung widerrufen werden kann, abgelehnt. Ein derartiges Stufenverhältnis wäre weder mit dem Wortlaut des § 5 Abs. 4 der Markthallen-Satzung noch mit dem Sinn und Zweck dieser Regelung vereinbar. Ist im jeweiligen Einzelfall der Ausschluss nach § 16 der Markthallen-Satzung keine geeignete Maßnahme, um die Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in den Markthalten zu gewährleisten, kommt (nur) ein Widerruf in Betracht. Das Verwaltungsgericht (Urteil Rn. 36 und 42) hat zu Recht angenommen, dass ein Ausschluss nach § 16 der Markthallen-Satzung im vorliegenden Fall keine geeignete Maßnahme gewesen wäre und deshalb nicht als milderes Mittel in Betracht kam. Der Ausschluss beinhaltet ein personenbezogenes Zutrittsverbot. Diese Maßnahme kann insbesondere dann der Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in den Markthallen dienen, wenn ein Fehlverhalten im Rahmen des Marktgeschehens aufgetreten ist. Die Abgabe inhaltlich unrichtiger Steuererklärungen dagegen, wie sie der Kläger in den Jahren 2009 bis 2014 vorgenommen hat, setzt das Betreten der Markthallen nicht voraus und kann umgekehrt nicht durch ein Betretungsverbot effektiv verhindert werden. Es ist nicht entscheidungserheblich, ob sich die Beklagte in einem anderen Fall eines strafbaren Verhaltens eines Zuweisungsnehmers auf einen Ausschluss beschränkt hat. In den vom Kläger genannten Verfahren vor dem Verwaltungsgericht München wurde ausweislich des Beschlusses vom 7. Januar 2016 (Az. M 7 S 15.5129, M 7 K 15.5128 - juris) nicht thematisiert, ob anstelle des oder zusätzlich zum streitgegenständlichen Ausschluss aus der Großmarkthalle ein Zuweisungswiderruf denkbar gewesen wäre. In diesem Beschluss wird auch nicht ausgeführt, dass bei einer derartigen Sachlage die Beschränkung auf einen Ausschluss üblich sei, wie der Kläger nahelegt; es ist lediglich davon die Rede (a.a.O., Rn. 6), dass im dortigen Fall der „übliche Ausschluss für zwölf Monate auf die Hälfte der Zeit reduziert worden“ sei.
20
Selbst wenn die Tatbestandsvoraussetzungen für einen Widerruf gemäß § 5 Abs. 4 der Markthallen-Satzung im vorgenannten anderen Fall vorgelegen haben sollten, hätte der Beklagten bei einer etwaigen Widerrufsentscheidung ein Ermessensspielraum zugestanden. Die Beklagte hat in der Antragserwiderung vom 22. Dezember 2021 dargelegt, weshalb sie im genannten früheren Fall von einem Widerruf abgesehen habe und inwieweit sich dieser vom vorliegenden Sachverhalt unterscheide. Der Kläger hat nicht aufgezeigt und es ist auch sonst nicht ersichtlich, inwieweit diese Erwägungen rechtsfehlerhaft sein sollten.
21
Nicht schlüssig ist die Argumentation des Klägers, in der Konsequenz der angefochtenen Entscheidung würden sachwidrigerweise außerhalb des Satzungsgebiets begangene Straftaten stets zu einem Widerruf führen. Es ist nicht ersichtlich, weshalb keine Fälle denkbar sein sollten, in denen auf die Begehung strafbarer Handlungen außerhalb des Satzungsgebiets zweckmäßigerweise mit einem Ausschluss reagiert werden könnte (z.B. unter Umständen bei Diebstählen auf Märkten außerhalb des Satzungsgebiets). Ferner ist auch nicht nachvollziehbar, weshalb allein der Umstand, dass Straftaten außerhalb des Satzungsgebiets begangen werden, ein Indiz für eine geringere Gefährdung der Sicherheit und Ordnung im Sinne von § 5 Abs. 4 der Markthallen-Ordnung sein sollte.
22
Auch war aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht geboten, dass die Beklagte anstelle oder in Verbindung mit einem Ausschluss nach § 16 der Markthallen-Satzung gegenüber dem Kläger Auflagen verfügt. Der Kläger hat nicht aufgezeigt und es ist auch sonst nicht ersichtlich, welche von der Beklagten anzuordnenden Auflagen geeignet sein könnten, den Kläger zur Einhaltung seiner steuerlichen Pflichten anzuhalten. Die Überwachung der Erfüllung steuerlicher Pflichten obliegt auch nicht der Beklagten, sondern den Steuerbehörden. Im Übrigen wäre die Beklagte nicht ohne weiteres befugt, anstelle eines Zuweisungswiderrufs lediglich Auflagen zu verfügen, wenn die Widerrufsvoraussetzungen gemäß der Markthallen-Satzung vorliegen und Auflagen nicht geeignet sind, die künftige Begehung von Pflichtverstößen eines Zuweisungsnehmers ebenso zuverlässig zu verhindern. Bei dieser Sachlage könnte es dem Sinn und Zweck des § 5 der Markthallen-Satzung widersprechen, von der effektiven Maßnahme des Widerrufs abzusehen.
23
d) In der Antragsbegründung wird darauf hingewiesen, der Gewerbebetrieb des Klägers würde an einem etwaigen Alternativstandort von vielen Gastronomen und Hoteliers nicht zusätzlich aufgesucht; das gelte gerade auch dann, wenn ein solcher Standort keine vergleichbare Reputation wie die Großmarkthalle aufweise. Trotz frühzeitiger Kenntnis von den strafrechtlich relevanten Sachverhalten habe die Beklagte Zuweisungen an den Kläger ausgesprochen und verlängert, wodurch ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand der Zuweisungen entstanden sei. In anderen Fällen strafrechtlicher Verurteilungen von Zuweisungsempfängern habe die Beklagte keine vergleichbaren Konsequenzen gezogen, was für eine Selbstbindung der Verwaltung spreche.
24
Damit wird die Richtigkeit der Bewertungen des Verwaltungsgerichts nicht in Zweifel gezogen. Im angefochtenen Urteil (Rn. 38) wurde ausdrücklich davon ausgegangen, dass die streitgegenständliche Entscheidung der Beklagten - jedenfalls in Zusammenschau mit den weiteren Zulassungen, die im Zusammenhang mit der Markttätigkeit des Klägers stehen - einen erheblichen Eingriff in dessen Existenzgrundlage darstellt. Weiter hat das Verwaltungsgericht die Ermessenserwägung der Beklagten, das Interesse an einem möglichst ungestörten Ablauf des Marktbetriebs - insbesondere auch das Vertrauen in die Rechtssicherheit auf dem Markt - höher zu bewerten als das persönliche, wirtschaftliche Interesse des Klägers an der weiteren Nutzung der Markthalleneinrichtung zum Einkommenserwerb, zutreffend als rechtsfehlerfrei angesehen. Das Verwaltungsgericht hat dabei die Annahme der Beklagten zugrunde gelegt, dass der Kläger seinem Gewerbe des Obst- und Gemüsegroßhandels auch außerhalb des Betriebsgeländes der Großmarkthalle nachgehen kann; es hat jedoch nicht die Behauptung aufgestellt, dass ein Alternativstandort voraussichtlich gleichwertig sein würde. Es liegt in der Natur der von der Beklagten vorgenommenen Abwägung, dass der Kläger etwaige geschäftliche Nachteile infolge des Zuweisungswiderrufs hinzunehmen hat, weil den vorgenannten gegenläufigen Interessen rechtsfehlerfrei der Vorrang eingeräumt wurde. Unabhängig davon hat es das Verwaltungsgericht zu Recht als fraglich bezeichnet, inwieweit der Widerruf der Zuweisung für die Büroflächen überhaupt einen schwerwiegenden Eingriff in den - derzeit nicht - ausgeübten Gewerbebetrieb der Einzelfirma des Klägers darstellt oder inwieweit diese zu seiner Existenzgrundlage beiträgt. In der Antragsbegründung ist der Kläger dieser Erwägung nicht substantiiert entgegengetreten.
25
Der Kläger hat nur behauptet, aufgrund von Bezugsfällen könne er sich auf eine Selbstbindung der Beklagten berufen, ohne hierfür substantiiert Anhaltspunkte zu nennen. Auf den einzigen von ihm genannten Fall, welcher der Entscheidung des Verwaltungsgerichts München vom 7. Januar 2016 (Az. M 7 S 15.5129, M 7 K 15.5128) zugrunde lag, kann er sich aus den oben genannten Gründen nicht zur Begründung eines Anspruchs auf Gleichbehandlung berufen. Auch hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt, aufgrund welcher Erklärungen oder Verhaltensweisen er darauf hätte vertrauen dürfen, dass die Beklagte trotz Kenntnis von den von ihm begangenen Straftaten und aller entscheidungserheblichen Umstände von einem Widerruf absehen würde. Insbesondere konnte der Kläger nicht annehmen, dass die Beklagte insoweit eine Entscheidung treffen würde, bevor die Strafverfahren abgeschlossen waren.
26
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG.
27
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).