Inhalt

VG Regensburg, Urteil v. 02.06.2022 – RO 2 K 21.1069
Titel:

Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses für Kreisstraße

Normenkette:
VwGO § 42 Abs. 1, § 121
Leitsätze:
1. Auch wenn der Begriff des Streitgegenstandes weiter zu sehen ist als der Begriff des Klagegegenstandes, spricht die Durchführung eines ergänzenden Verfahrens und der Erlass eines Ergänzungsbescheides, auch wenn dieser mit dem ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss zu einer Einheit verschmilzt, gegen einen identischen Streitgegenstand. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Rechtskraft eines stattgebenden Feststellungsurteils beschränkt sich nicht darauf, dass ein bestimmter Fehler vorliegt, sondern erstreckt sich – erstens nach Maßgabe der Entscheidungsgründe auf die Feststellung aller behebbarer Mängel und damit – zweitens – auf die (negative) Feststellung, dass weitere Mängel nicht vorliegen. (Rn. 46) (redaktioneller Leitsatz)
3. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Planfeststellungsbehörde von sich aus während eines laufenden Klageverfahrens ein ergänzendes Verfahren durchführen darf. (Rn. 52) (redaktioneller Leitsatz)
4. Nach allgemeiner Erfahrung gefährdet ein Abtretungsverlust von bis ca. 5% einen gesunden landwirtschaftlichen Betrieb in der Regel noch nicht. (Rn. 58) (redaktioneller Leitsatz)
5. Der Landverlust ist ein – unter Umständen entscheidender – Faktor für die Fortführung eines landwirtschaftlichen Betriebs; es ist von einem Landwirt – wie auch sonst von selbständig Tätigen – allerdings zu verlangen, dass er ihm zumutbare Chancen nutzt, um die Rentabilität des Betriebes zu erhalten, wozu auch die Bereitschaft, Ersatzland anstelle des abzugebenden anzunehmen und in den Betrieb einzubeziehen, gehört, sofern ihm dies nach den konkreten Umständen zumutbar ist. (Rn. 61) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Planfeststellungsbeschluss, Klagegegenstand, Streitgegenstand, Kreisstraße, Ergänzungsbeschluss, Feststellungsurteil, Abwägungsgebot, Landverlust, Ersatzlandangebot, Existenzgefährdung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 12.12.2022 – 8 ZB 22.1707
Fundstelle:
BeckRS 2022, 15075

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich als betroffener Grundstückseigentümer und Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs gegen den Planfeststellungsbeschluss der Regierung der O. vom 12.12.2012 in Gestalt des Ergänzungsbeschlusses der Regierung der O. vom 3.5.2021 für die Kreisstraße R 30 „P1 … - K1 … (Bundesstraße 15)“ - Neubau der Kreisstraße R 30 (Südspange).
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Die Kreisstraße R 30 verläuft südlich des Stadtgebiets von R1 … in West-Ost-Richtung von P1 … (Gemeinde P2 …)… über die Ortschaften W1 … (Gemeinde T1 …) und G1 … (Gemeinde O1 …) nach K1 … (Gemeinde K1 …), wo sie auf die Bundesstraße B 15 trifft. Der Kläger ist Grundstückseigentümer im Bereich des geplanten Straßenbaus und Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs. Nach seinen Angaben im Planfeststellungsverfahren betrug im Jahr 2010 die landwirtschaftliche Betriebsfläche 17,24 ha (gegenüber 24,70 ha im Jahr 2004). Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten R1 … ging in seiner Stellungnahme von einem Nebenerwerbsbetrieb und aufgrund des Mehrfachantrags für das Jahr 2010 von einer bewirtschafteten Fläche von 17,24 ha und einem Tierbestand von 4,9 GV aus. In seiner Stellungnahme vom 5.11.2012 listete das Amt für den klägerischen Betrieb eine bewirtschaftete Fläche von 19,44 ha sowie einem GV-Besatz von 0,76 GV/ha (GV 14,10) auf (Datengrundlage Mehrfachantrag 2012). Nach Berechnungen der Planfeststellungsbehörde verliert der Kläger durch das Vorhaben 12.530 m². Der Flächenverlust betrifft eine an das klägerische Gehöft arrondierte Ackerfläche. Der Flächenverlust beträgt bezogen auf die Angaben des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten R1 … für das Jahr 2012 nach der Berechnung der Planfeststellungsbehörde 6,5%. Im Planfeststellungsverfahren brachte der Kläger u.a. vor, dass der Betrieb durch die Planung in seiner Existenz bedroht sei.
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Mit Planfeststellungsbeschluss vom 12.12.2012 stellte die Regierung der O. den Plan für die Kreisstraße R 30 „P1 … - K1 … (Bundesstraße 15)“ - Neubau der Kreisstraße R 30 (Südspange) - fest. Zu den Einwendungen des Klägers führte die Behörde im Wesentlichen aus (Planfeststellungsbeschluss S. 320 ff.), die Trassenwahl sei ordnungsgemäß erfolgt. Die Erschließung der südlich der künftigen Kreisstraße gelegenen landwirtschaftlichen Flächen sei durch Anlage eines Parallelwegs südlich der Straße gesichert. Der Flächenverlust für den Betrieb des Klägers betrage nunmehr 12.530 m². Der Einwand der Existenzgefährdung sei einer näheren Überprüfung unterzogen worden. Nach Aussage des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten R1 … handle es sich entgegen den Angaben des Klägers nicht um einen Haupterwerbsbetrieb, sondern um einen landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieb. Entsprechend der vom Kläger zur Verfügung gestellten Unterlagen lasse sich der genaue Verlust im Verhältnis zu den bewirtschafteten Flächen nicht abschließend ermitteln. Bezogen auf das Jahr 2012 errechnete die Planfeststellungsbehörde einen vorhabenbedingten Flächenverlust von 6,5%. Inwiefern der Betrieb ausschließlich Eigentums- bzw. Pachtflächen bewirtschaftete, lasse sich aufgrund der vorliegenden Unterlagen nicht abschließend klären. Bei einem Nebenerwerbsbetrieb sei regelmäßig davon auszugehen, dass bereits dem Grundsatz nach der Einwand der Existenzgefährdung ausscheide, da ein derartiger Betrieb nicht darauf angelegt sei, dem Betriebsleiter und seiner Familie ein langfristiges Auskommen zu gewährleisten. Unabhängig davon bliebe aber auch im Falle eines existenzgefährdeten Betriebs keine andere Wahl, als das Straßenbauvorhaben dennoch auf der Plantrasse zuzulassen. Auch die übrigen Einwendungen des Klägers wurden zurückgewiesen. Zum Immissionsschutz führte die Behörde aus, das Anwesens des Klägers liege in einem Abstand von ca. 330 m zur geplanten Kreisstraße. Bereits für ein wesentlich näherliegendes Anwesen (R2 …-berg 4a) seien Lärmwerte errechnet worden, die weit unterhalb der zulässigen Grenzwerte lägen. Beeinträchtigungen des klägerischen Anwesens durch Oberflächenwasser seien ebenfalls nicht zu erwarten. Auch sei eine Beeinflussung des Grundwassers in diesem Bereich durch den Straßenbau nicht möglich. Im Übrigen wird auf die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss verwiesen.
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Gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 12.12.2012 wurden mehrere Klagen erhoben. Im Verfahren RO 2 K 13.111 eines anderen eigentumsbetroffenen Landwirts gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 12.12.2012 hob das Verwaltungsgericht Regensburg mit Urteil vom 13.7.2016 den Planfeststellungsbeschluss der Regierung der O. vom 12.12.2012 auf, da es sich bei der Straße nicht um eine Kreisstraße, sondern eine Staatsstraße handele. Auf die Berufung gegen dieses Urteil hin, wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Verfahren 8 B 18.2043 mit Urteil vom 4.6.2019 die Klage des betroffenen Landwirts ab und nahm hierbei an, dass eine Kreisstraße vorliege.
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Auch der Kläger ließ am 18.1.2013 Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg erheben. Das Verfahren wurde zuletzt unter dem Aktenzeichen RO 2 K 19.1416 geführt. In der mündlichen Verhandlung im Verfahren RO 2 K 19.1416 am 8.10.2020 gab der Kläger zu seinem Betrieb an, dass er Schweinemast betreibe. Es würden 140 Stück Schweine gehalten. Es handele sich um Aufzucht, nicht um eigene Nachzucht. Das Futter hierfür werde zum Großteil mit den eigenen Flächen erwirtschaftet. Lediglich Soja werde zugekauft. Der Kläger machte ferner Angaben zu den Arbeitsanteilen der im Betrieb mitarbeitenden Familienmitglieder.
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Mit Urteil vom 8.10.2020 hat das Verwaltungsgericht Regensburg festgestellt, dass der Planfeststellungsbeschluss der Regierung der O. vom 12.12.2012 betreffend die Kreisstraße R 30 „P1 … - K1 … (Bundesstraße 15)“ rechtswidrig und nicht vollziehbar ist. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. In den Gründen wurde hierzu im Wesentlichen ausgeführt, dass der Planfeststellungsbeschluss an (behebbaren) Abwägungsmängeln leide. Der Frage, ob der klägerische Betrieb grundsätzlich und trotz eines Verlustes von landwirtschaftlicher Nutzfläche von über 5% langfristig existenzfähig sei, sei die Planfeststellungsbehörde trotz eines entsprechenden (noch hinreichend substantiierten) Vortrags des Klägers nicht weiter nachgegangen. Insbesondere habe sie hierzu kein Sachverständigengutachten eingeholt. Von der weiteren Möglichkeit, den über dem Anhaltswert von 5% liegenden Flächenverlust des klägerischen Betriebs durch verbindliche Ersatzlandgestellung maßgeblich zu verringern oder sogar auszugleichen, hätten der Beklagte und der Beigeladene ebenfalls nicht Gebrauch gemacht. Des Weiteren führte das Gericht aus, dass es keineswegs ausgeschlossen sei, dass es bei einer erneuten Entscheidung auf der Basis einer hinreichenden Sachverhaltsermittlung und einer ordnungsgemäßen Abwägung auch unter Berücksichtigung der Belange des Klägers im Ergebnis bei der streitgegenständlichen Entscheidung bleibe. So könne die Planfeststellungsbehörde die noch ausstehenden Ermittlungen insbesondere zur Frage der Art des klägerischen Betriebs sowie zum Beitrag des landwirtschaftlichen Betriebsergebnisses zu seinem Einkommen nachholen und auf der Basis der dort gewonnenen Ergebnisse eine neue Abwägungsentscheidung treffen. Alternativ bestehe für die Behörde die Möglichkeit, den Flächenverlust des Klägers durch eine entsprechende Ersatzlandgestellung maßgeblich unter den Anhaltswert von 5% zu minimieren oder sogar auszugleichen. Im Übrigen wird auf das Urteil verwiesen.
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Den im Hinblick auf das Urteil vom 8.10.2020 gestellten Antrag auf Zulassung der Berufung des Klägers lehnte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 23.6.2021 im Verfahren 8 ZB 20.3046 ab. In dem Beschluss führte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Wesentlichen aus, dass sich aus dem Vorbringen des Klägers keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergäben (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Soweit sich der Kläger gegen die vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegte Annahme wende, das planfestgestellte Straßenbauvorhaben sei als Kreisstraße nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 BayStrWG und nicht wie der Kläger meine als  Staatsstraße (Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 BayStrWG) einzuordnen, könne er nicht durchdringen. Die Einstufung des geplanten Vorhabens als Kreisstraße treffe zu. Im Hinblick auf das Zulassungsvorbringen, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass der Kläger sich nicht darauf berufen könne, dass sein Anwesen durch die geplante Straße unzulässigen Immissionen ausgesetzt sei, erfülle das Vorbringen ebenfalls nicht die gesetzlichen Darlegungsanforderungen. Gleiches gelte für das Vorbringen zur Variantenwahl. Die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (besondere rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten) und des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO (Divergenz) wurden ebenfalls nicht angenommen. Auf die Gründe des Beschlusses wird im Übrigen verwiesen.
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Noch während des beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof anhängigen Zulassungsverfahrens gab der Vorhabenträger zu Fragen einer Ersatzlandgestellung im Hinblick auf eine mögliche Existenzgefährdung des klägerischen Betriebs ein Gutachten bei einem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für „Landwirtschaftliche Bewertung und Schätzung“, Landwirtschaftsmeister und Mitglied von Gutachterausschüssen für Grundstückswerte in Auftrag.
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Nach Schriftverkehr des Vorhabenträgers mit der Regierung der O. wandte sich der Vorhabenträger mit Schreiben vom 26.1.2021 an die Klägerbevollmächtigten und führte aus, dass zur weiteren Klärung bzw. Vermeidung der Existenzgefährdung des klägerischen Betriebes in einem Sachverständigengutachten zu klären sei, ob das angebotene Ersatzland FlNr. 105/2 der Gemarkung … (FlNr. ohne weitere Angaben ebenda) geeignet sei, den Flächenverlust durch den Bau der Kreisstraße R 30 bei FlNr. 587 zu minimieren bzw. auszugleichen. Er wies auf die Beauftragung des Sachverständigen hin und dass für die Erstellung dieses Sachverständigengutachtens u.a. eine Ortseinsicht notwendig sei. Zu dieser Ortseinsicht wurde der Klägerseite Gelegenheit zur Teilnahme gegeben und fünf Terminvorschläge genannt. Es wurde um Rückmeldung bis 5.2.2021 gebeten und darauf hingewiesen, dass bei fehlender Rückmeldung die Ortseinsicht trotzdem stattfinden werde und die Klägerseite über den geplanten Termin informiert werde.
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Mit Schreiben vom 1.2.2021 teilte die Klägerseite dem Vorhabenträger mit, dass nach ihrer Meinung der Ausgang des Planfeststellungsklageverfahrens abzuwarten sei. Auch greife die angedeutete Gutachterauftragsfrage im Planfeststellungsverfahren und bei den Entschädigungsverhandlungen zu kurz. Ferner führte die Klägerseite aus, dass im Planfeststellungsverfahren der Antragsteller bzw. die Planfeststellungsbehörde die Abwägung bzgl. der vorgetragenen betrieblichen Existenzgefährdung nachzuholen habe und zwar umfassend und in jeder Hinsicht. Möglich sei allerdings, dass die Feststellung der betrieblichen Existenzgefährdung unstreitig und als wahr unterstellt werde. Erst danach wäre es fiktiv möglich, die gutachterliche Entscheidung einzuholen, ob und welche Grundstücke die als wahr unterstellte betriebliche Existenzgefährdung vermeidbar machten. In Frage kämen hierfür nur folgende wertgleiche Ersatzgrundstücke:
FlNr. 594 bzw.
FlNrn. 170 u. 171 und/oder
FlNr. 600/4.
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Zur betrieblichen Existenzgefährdung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich diese nicht alleine nach dem Flächenverlust beurteile, sondern nach allen betrieblichen nachteiligen Eingriffen, welche sie in den maßgeblichen Einwendungsschriftsätzen an die Planfeststellungsbehörde vorgetragen hätten. Danach müsse sich der Auftrag an den Sachverständigen richten, wenn der Abwägungsmangel im Planfeststellungsverfahren nachgeholt und nach Durchführung einer ergebnisoffenen und gerechten Abwägung geheilt werden solle. Im Übrigen werde der Sachverständige Unterlagen (im Planfeststellungsverfahren und im Entschädigungsverfahren) anfordern müssen. Darauf warte die Klägerseite. Erst danach sei die Durchführung eines Ortstermins eventuell konstruktiv möglich und sinnvoll. Der eingerichtete und ausgeübte landwirtschaftliche Betrieb des Klägers sei in seiner Existenz durch den infolge der planfestgestellten Maßnahme monokausal verursachten Flächenverlust bei FlNr. 587 mit ca. 1,2 ha (6,6% Flächenverlust bei einem futtermittelherstellenden Betrieb) als Vollerwerbslandwirt gefährdet. Auch bei (nicht zutreffender) Annahme eines Nebenerwerbsbetriebs wäre die Familienexistenz eines Nebenerwerbsbetriebs in der Abwägung zu behandeln und mit Schutzauflagen zu begünstigen gewesen. Die Vollarrondierung des Betriebs sei ein Teil der durch Art. 14 GG geschützten Betriebsexistenz. Nach enteignungsgesetzlichen Grundsätzen gelte die Ausgleichsfunktion der Enteignungsentschädigung, es sei „das Genommene wieder zu beschaffen“. Wer eine Arrondierung zerstöre und wegnehme, habe diese in natura wiederauszugleichen und zwar ohne dass „ein Arrondierungsvorteil im Gegenzug auszugleichen“ wäre. Zudem gelte der Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG. Wenn der R 30- Baulastträger nicht existenzgefährdete Landwirte mit Ersatzland begünstige, habe er dieses Ersatzland im Sinne der Ausgleichsfunktion im Enteignungsrecht dem Betrieb des Klägers erst recht auch zu leisten und zwar nicht flächengleich, sondern wertgleich. Diese Ermittlungs- und Bewertungsentscheidung im Planfeststellungsverfahren sei unzureichend gewesen und müsse umfassend und nicht nur beschränkt nachgeholt werden, es sei denn, die betriebliche Existenzgefährdung werde als wahr unterstellt. Die FlNr. 105/2 werde als nicht wertgleich abgelehnt. Im Vergleich zur Verlustfläche fehle es an der Bonität. Das Grundstück sei weiter entfernt und in Folge der benachbarten Straßeneinrichtungen für die R 30 (RÜB) mit den vorhandenen Maschinen nicht bewirtschaftungsfähig. Es stehe nicht in der Dispositionsbefugnis des Straßenbaulastträgers, eine subjektive Ersatzflächenauswahl zu treffen, welche die Interessenlage beim existenzgefährdeten Betrieb des Klägers unberücksichtigt lasse. Damit würde der Abwägungsfehler im Planfeststellungsbeschluss nicht geheilt.
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Mit Schreiben vom 4.2.2021 teilte der Vorhabenträger der Klägerseite mit, dass die im Schreiben vom 1.2.2021 angesprochenen Tauschflächen nicht im Eigentum des Landkreises R1 … stünden und nicht angeboten werden könnten. Der geplante Ortstermin würde rechtzeitig bekannt gegeben.
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Mit Schreiben vom 23.3.2021 übermittelte der Vorhabenträger der Klägerseite das eingeholte Sachverständigengutachten für das Grundstück, das dem Kläger ohne weitere Bedingungen angeboten werde. Es wurde um Rückäußerung bis 12.4.2021 gebeten. Dem Schreiben beigefügt war das Gutachten des Gutachters vom 9.3.2021 (Gutachten 1407/02-21).
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Mit Schreiben vom 25.3.2021 informierte die Regierung der O. die Klägerseite über die Durchführung eines ergänzenden Verfahrens nach Art. 75 Abs. 1a Satz 2 BayVwVfG. Die Planfeststellungsbehörde wies auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg im Verfahren RO 2 K 19.1416 hin. Zur Behebung des Abwägungsmangels habe der Vorhabenträger Unterlagen (Ersatzlandangebot vom 23.3.2021, Sachverständigengutachten Agrarbüro O2 … vom 9.3.2021) zur Durchführung eines ergänzenden Verfahrens vorgelegt. Beide wurden als Anlage an die Klägerseite übersandt. Weiter wurde ausgeführt, dass für den klägerischen Betrieb das Bauvorhaben mit einem Flächenverlust von 12.530 m² verbunden sei. Nach der Rechtsprechung könne ein Verlust an Eigentumsfläche oder langfristig gesicherter Pachtflächen in der Größenordnung von bis zu 5% der Betriebsfläche einen gesunden landwirtschaftlichen (Vollerwerbs-)Betrieb in der Regel nicht gefährden, sodass die Planfeststellungsbehörde regelmäßig bei einer Landinanspruchnahme bis zu diesem Anhaltswert ohne Einholung eines landwirtschaftlichen Sachverständigengutachtens davon ausgehen könne, dass eine vorhabensbedingte Existenzgefährdung oder -vernichtung nicht eintrete. Dabei sei diese 5%-Grenze auch dann eingehalten, wenn die Abtretungsverluste durch geeignete und vertretbare Angebote von Ersatzland unter dieser Grenze gehalten würden. Die Planfeststellungsbehörde gehe davon aus, dass dieser Anhaltswert von 5% auch auf Nebenerwerbsbetriebe anwendbar sei und damit auch im Fall des klägerischen Betriebs, unabhängig davon, ob es sich bei dem Betrieb um einen Haupt- oder Nebenerwerbsbetrieb handele. Aus dem Schreiben des Bevollmächtigten des Vorhabenträgers vom 23.3.2021 ergebe sich, dass der Vorhabenträger dem Kläger eine Teilfläche von 18.000 m² aus der FlNr. 105/2 verbindlich und ohne weitere Bedingungen als Ersatzgrundstück angeboten habe, um den vorhabenbedingten Flächenverlust von 12.530 m² vollständig auszugleichen. Der Sachverständige komme in seinem Gutachten vom 9.3.2021 zu dem Ergebnis, dass die angebotene Teilfläche aus der FlNr. 105/2 mit einer Größe von 18.000 m² uneingeschränkt als Ersatzfläche für den Betrieb des Klägers geeignet sei und dadurch eine mögliche Existenzgefährdung für den landwirtschaftlichen Betrieb abgewendet werde. Es wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis 15.4.2021 gegeben.
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Das Gutachten vom 9.3.2021 erging zur Beurteilung der Fragen
- ob es sich bei der als Ersatzland angebotenen Ackerfläche mit der FlNr. 105/2 in der Gemarkung … um ein geeignetes bzw. vertretbares Angebot für den durch eine Straßenbaumaßnahme verursachten Flächenverlust handele
- ob durch das angebotene Ersatzland der Verlust von landwirtschaftlicher Fläche für den Betrieb unter den Anhaltswert von 5% der landwirtschaftlich bewirtschafteten Fläche des Betriebs gedrückt werden könne
- ob durch das angebotene Ersatzland eine mögliche bzw. angenommene Existenzgefährdung des landwirtschaftlichen Betriebes abgewendet werden könne.
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Ausweislich des Gutachtens fand am 2.3.2021 eine Ortsbesichtigung der FlNr. 587 und FlNr. 105/2 statt. Die Klägerseite sei nicht anwesend gewesen. Zusammenfassend kommt das Gutachten zu dem Ergebnis, dass beim klägerischen Betrieb nach den Kriterien der Landwirtschaftsverwaltung mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ein Nebenerwerbsbetrieb vorliege. Der Umstand, ob es sich beim Betrieb des Klägers um einen Haupt- oder Nebenerwerbsbetrieb handele, sei in rechtlicher Hinsicht ohne bzw. von untergeordneter Bedeutung. Ohne den Ausgleich einer adäquaten Tauschfläche solle grundsätzlich sowohl bei Haupt-, wie auch Nebenerwerbsbetrieben eine mögliche Existenzgefährdung durch einen dauerhaften Flächenentzug geprüft werden. Der Betrieb des Klägers bewirtschafte eine landwirtschaftliche Fläche von insgesamt etwa 23,39 ha. Aus dem Betrieb solle eine landwirtschaftliche Fläche in einem Umfang von rund 12.700 m² auf Dauer entzogen werden. Sofern dem Betrieb vom Baulastträger keine adäquate bzw. für den Betrieb geeignete Ersatzfläche als Ausgleich zur Verfügung gestellt werde, liege der dauerhafte Verlust von landwirtschaftlicher Fläche bei rund 5,43% und damit knapp über der sogenannten 5%-Grenze. Sofern der Kläger das Ersatzlandangebot des Baulastträgers für die Entzugsfläche annehme, würde sich die landwirtschaftliche Eigentumsfläche des klägerischen Betriebes im Saldo um rund 5.300 m² bzw. etwa 2,27% erhöhen. Aus dem Hofstellengrundstück des Betriebes solle eine Teilfläche von etwa 12.700 m² und damit eine sogenannte Hofanschlussfläche auf Dauer entzogen werden. Der nach den Baumaßnahmen voraussichtlich noch verbleibende landwirtschaftliche Grundstücksanteil des Hofstellengrundstücks werde eine Größe von etwa 12,68 ha aufweisen. Egal, ob der Betrieb jetzt oder künftig im Haupt- oder Nebenerwerb bewirtschaftet werde, es verbleibe auch in Zukunft eine ausreichend große landwirtschaftliche Fläche beim Hofstellengrundstück, um jegliche Entwicklungsmöglichkeiten für den Betrieb offen zu halten. Zur Eignung der angebotenen Ersatzfläche als Ausgleich für den Verlust von landwirtschaftlicher Fläche wird im Hinblick auf Lage und verkehrsmäßige Erschließung der angebotenen Ersatzfläche bzw. Zufahrten vom Hofstellenanwesen aus und Entfernung zur Hofstelle ausgeführt, dass es drei mögliche Zufahrtswege vom klägerischen Hofstellenanwesen zu der angebotenen Ersatzfläche mit der FlNr. 105/2 gebe. Die kürzeste Wegstrecke von der klägerischen Hofstelle zur potentiellen Ersatzfläche (Hof-Feld-Entfernung) liege bei rund 1,12 km, womit es sich noch um eine hofnahe Fläche handele. Die einfache Mehrwegstrecke, die zurückgelegt werden müsse, um die Ersatzfläche anzufahren, liege im Mittel bei etwa 695 m. Die Zufahrtstraßen und -wege seien öffentlich gewidmet, sehr gut ausgebaut und könnten mit allen heute üblichen Arbeits- und Erntemaschinen, auch mit LKWs, großen Mähdreschern und Selbstfahrer-Vollerntemaschinen befahren werden. Der im nordwestlichen Grundstücksbereich von Flurstück 105/2 geplante Wendehammer werde mit einem Durchmesser von mindestens 20 m ausreichend groß dimensioniert sein, um diesen z. B. auch für den An- und Abbau von Maschinen und Arbeitsgeräten sowie für den An- und Abbau des Schneidwerks von einem sehr großen Mähdrescher vollumfänglich nutzen zu können. Zu Größe und Flächenzuschnitt bzw. Form der angebotenen Ersatzfläche wird ausgeführt, dass das Ersatzgrundstück mit einer Fläche von 18.000 m² eine leicht über dem Durchschnitt liegende Größe aufweise (Ø alle Ackerflächen in der Gemarkung … knapp 1,76 ha) und auch der Flächenzuschnitt bzw. die Form der angebotenen Ersatzfläche werde annähernd rechteckig und damit optimal gestaltet, so dass die Vorgewende- und Randverluste äußerst gering seien. Der Gutachter kommt im Hinblick auf die Bonität bzw. Ertragsfähigkeit der angebotenen Ersatzfläche zum Ergebnis, dass mit der Zustandsstufe 2 und einer Ackerzahl von 81 die Bonität und damit die Ertragsfähigkeit der angebotenen Ersatzfläche deutlich über der Ertragsfähigkeit aller Ackergrundstücke in der Gemarkung … (Ø 71,6) und auch deutlich über der Ertragsfähigkeit der Entzugsflächen (Ø Zustandsstufe 3,33 und Ø Ackerzahl 68) liege. Zur Topographie und Geländegestaltung der angebotenen Ersatzfläche führt er aus, dass der Ersatzfläche mit der FlNr. 105/2 vom Landwirtschaftsamt die Erosionsgefährdungsklasse 0 zugeteilt worden sei, womit das Feld eine sehr geringe Erosionsgefahr aufweise. Mit einer Neigung von rund 1,36% liege beim Flurstück 105/2 eine etwas geringere Neigung vor als bei den Entzugsflächen aus dem Flurstück 587 (durchschnittliche Neigung ca. 2,65%).
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Im Hinblick auf die Auswirkungen des Regenwasserrückhaltebeckens auf die Bewirtschaftung der angebotenen Ersatzfläche schreibt der Gutachter, dass egal welche Art von Nutzungen bzw. welche Kulturen auf dem Betrieb des Klägers bisher und vermutlich auch zukünftig angebaut werden sollten, keinerlei Einschränkungen oder Beeinträchtigungen durch das Regenwasserrückhaltebecken auf die angebotene Ersatzfläche oder die dort künftig angebauten Kulturen ersichtlich seien. Aufgrund vorgemachter Ausführungen sei der Gutachter der Ansicht, dass die angebotene Teilfläche aus dem Flurstück 105/2 mit einer Größe von 18.000 m² uneingeschränkt als Ersatzfläche für den Betrieb des Klägers geeignet sei und dadurch eine mögliche Existenzgefährdung für den landwirtschaftlichen Betrieb abgewendet werde.
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In den vorgelegten Behördenakten befindet sich ein Schreiben des Sachgebiets Agrarstruktur und Umweltbelange in der Landwirtschaft der Regierung der O. vom 1.4.2021, wonach das übermittelte Gutachten geprüft worden sei und aus landwirtschaftlich-fachlicher Sicht den Einschätzungen bzw. dem Ergebnis des Gutachtens gefolgt werden könne.
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Mit Mail vom 15.4.2021 teilte der Vorhabenträger der Regierung der O. mit, dass er über das angebotene Ersatzland ohne Einschränkungen verfügen könne.
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Mit Schreiben vom 15.4.2021 nahm die Klägerseite gegenüber der Regierung der O. Stellung. Im Wesentlichen führte die Klägerseite, teils unter Verweis auf ihr Schreiben vom 5.2.2021 gegenüber dem Vorhabenträger, aus, dass sie der Meinung sei, dass der Ausgang des Klageverfahrens abzuwarten sei. Auch widerspreche das Einholen eines Sachverständigengutachtens ohne Beteiligung des Klägers im Sinne einer korrekten Abwägung und hierfür nötiger umfassender Betriebsdatenermittlungen, sowie das Beschränken des Gutachtens auf die Frage, ob mit einem einseitig bestimmten, zumal für den Ausgleich als Ersatzfläche nicht geeigneten Grundstück FlNr. 105/2 Gemarkung …, die faktisch als wahr unterstellte, betriebliche Existenzgefährdung neutralisiert werden könne, der Gewährung des rechtlichen Gehörs, verletze das Beteiligungsrecht des Klägers und führe schließlich zu einem erneut abwägungsfehlerhaften Ergebnis. Hierzu wird vorgebracht, dass das Gutachten in entscheidungserheblicher Weise fehlerhaft sei. Es enthalte fehlerhafte Aussagen zum klägerischen Betrieb. Bei den Grundstücken FlNrn. 547, 547/1 handele es sich nicht um Ackerland, sondern um Wiesen. Auch lasse der Sachverständige in unrichtiger Weise unberücksichtigt, dass es sich bei dem klägerischen Betrieb um einen Vollerwerbsbetrieb handele. Die Ausführungen des Sachverständigen, wonach ein angeblicher Arbeitszeitbedarf von 800 Stunden/Jahr bzw. ein Arbeitskräftebedarf von 0,35/Jahr erforderlich sein sollen, seien nachweislich ebenso unzutreffend. Beim klägerischen Betrieb handele es sich um einen Vollerwerbsbetrieb mit einem Arbeitszeitbedarf von mind. 1900 Stunden/Jahr bzw. einem Bedarf einer vollen Arbeitskraft/Jahr. Hierzu wurde ein Schreiben des Maschinen- und Betriebshilfsring (MR) R1 … e.V. vom 6.2.2021 vorgelegt. Auch seien die Aussagen zur Geeignetheit des als Ersatzgrundstück bezeichneten Grundstücks unrichtig. Der Sachverständige lasse unberücksichtigt, dass die FlNr. 105/2 auf Grund fehlender vergleichbarer Bonität, einer Vernässungsbetroffenheit, einer erschwerten Erreichbarkeit sowie des - infolge unzureichender Düngung und landwirtschaftlicher Bewirtschaftung in den letzten Jahren - schlechten Zustandes nicht als Ersatz der in Anspruch genommenen arrondierten und jahrzehntelang durch den Kläger betrieblich bewirtschafteten Fläche eigne. Die Klägerseite verweist erneut auf die enteignungsgesetzlichen Grundsätze, wonach die Ausgleichsfunktion gelte. Es sei „das Genommene wieder zu beschaffen“. Liege wie hier eine Vergleichbarkeit zwischen dem Eingriff und der Ersatzfläche nicht vor, sei dieser Grundsatz verletzt. Darüber hinaus bleibe unberücksichtigt, dass ein ca. 10 m breiter Streifen, jeweils im südlichen, östlichen, nördlichen und westlichen Grenzbereich (Dünge- und Pflanzenschutzabstand) freigehalten werden müsse, so dass eine Fläche von mindestens 5.000 m² unbewirtschaftbar sei und sich die zu bewirtschaftende Fläche damit erheblich verkleinere. Auch komme das Gutachten zu einem unrichtigen Ergebnis. Es liege kein geeignetes Ersatzland bzw. vertretbares Angebot durch den Straßenbaulastträger vor. Die Fläche werde vom Kläger als nicht wertgleich abgelehnt. Es fehle an der Bonität, das Grundstück sei weiter entfernt und sei infolge der benachbarten Straßeneinrichtungen der
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R 30 (RÜB) mit den vorhandenen Maschinen nicht bewirtschaftungsfähig. Es stehe nicht zur Dispositionsbefugnis des Straßenbaulastträgers, eine subjektive Ersatzflächenauswahl zu treffen, welche die Interessenlage beim existenzgefährdeten klägerischen Betrieb unberücksichtigt lasse. Damit würde der Abwägungsfehler nicht geheilt. Es würden dem Kläger verfügbare wertgleiche Ersatzlandflächen vorenthalten. Der Landkreis R1 … biete die FlNr. 1… der Gemarkung … unter Übergehung mehrfach geäußerter Interessensbekundungen des Klägers aktiv anderen nicht existenzgefährdeten Landwirten an. Mit Schreiben vom 11.3.2021 habe der Kläger gegenüber dem Landkreis nochmals sein Interesse an dieser Fläche signalisiert und gebeten, dieses Ersatzgrundstück anzubieten. Für ein solches, die Existenzgefährdung vermutlich ausschließendes Angebot, bestehe für den Antragsteller der Planfeststellung und die Planfeststellungsbehörde eine Ermessensbeschränkung auf Null. Eine Rückmeldung sei erneut - abwägungsfehlerhaft - nicht erfolgt. Das Interesse des Klägers bestehe immer noch. Auch eine weitere angebotene Alternative sei unbeantwortet geblieben. Auch lasse der Auftrag und das Gutachten außen vor, dass eine betriebliche Existenzgefährdung sich nicht alleine nach dem Flächenverlust, sondern nach allen betrieblich nachteiligen Eingriffen, welche von Klägerseite an die Planfeststellungsbehörde vorgetragen worden seien, beurteile. Danach müsse sich der Auftrag richten. Auch in diesem Zusammenhang wird auf die Ausgleichsfunktion der Enteignungsentschädigung/Ersatzlandbeschaffung hingewiesen. Auch auf den Gleichbehandlungsgrundsatz wird erneut verwiesen. Es sei ein wertgleicher Ausgleich zu leisten. Diese Ermittlungs- und Bewertungsentscheidung im Planfeststellungsverfahren sei abwägungsfehlerhaft und unzureichend gewesen. Sie müsse umfassend und nicht nur beschränkt nachgeholt werden, es sei denn, die betriebliche Existenzgefährdung werde als wahr unterstellt. Zur betrieblichen Existenzgefährdung gehörten auch die Nachteile bzw. die Vermeidung der Betriebsplanungsnachteile durch die angefochtenen Planungsalternativprüfungen für die Verlegung der Zuwegung zur R 30 von Baukm 4+500 nach Osten zum ausbaufähigen Weg bei Baukm 4+750 und die Verlängerung dieses Weges nach G1 … Die derzeitige Planung beeinträchtige den Betrieb in unangemessener Weise durch Verkehr, Immissionen von der neuen Zuwegung direkt am St1 … für Mensch und Vieh und durch Staub und Erschütterungen. Im Nachgang zur Besprechung am 4.9.2019 im Landratsamt R1 … sei ein Einigungsangebot, das eine Wegeverlegung beinhalte, bislang in den Verhandlungen und im Planfeststellungsverfahren ungehört mitgeteilt worden. Dieser Umstand sei im Rahmen der Abwägung und Ermessensentscheidung zwingend zu berücksichtigen. Der Vorhabenträger habe es unterlassen, die Hinweise im Schreiben vom 5.2.2021 zu beachten und ein Gutachten ohne Beteiligung des Klägers eingeholt, sowie darauf basierend ein Angebot des in der Sache unrichtig als Ersatzfläche bezeichneten Grundstücks mit der FlNr. 105/2 unterbreitet, so dass sich die Fehlerhaftigkeit des Planfeststellungsverfahrens fortsetze. Die Fehlerhaftigkeit des angefochtenen, nicht vollziehbaren und in Gänze aufzuhebenden Planfeststellungsbeschlusses bestehe nach wie vor, da die Existenzgefährdung des eingerichteten und ausgeübten landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetriebs des Klägers ungeachtet des Grundstücksangebots zur FlNr. 105/2 mangels eines geeigneten Ersatzgrundstückes bislang immer noch nicht abwägungs- und ermessensgerecht behandelt sei.
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Mit E-Mail vom 20.4.2021 nahm der Vorhabenträger gegenüber der Regierung der O. ergänzend Stellung und führte im Wesentlichen zu den FlNrn. 547 und 547/1 aus, dass die Grundstücke im Eigentümernachweis des Amtes für Digitalisierung, Breitband und Vermessung in R1 … als Ackerland geführt würden. Mit der gleichen Nutzung seien die beiden Flächen auch im „integrierten Bayerischen Landwirtschaftlichen Informations-System“ (iBALIS) der Landwirtschaftsverwaltung (Amt für Landwirtschaft R1 …) hinterlegt. Diesbezüglich sei davon auszugehen, dass die Flächen als Ackerland nutzbar seien. Zur Vernässung wurde ausgeführt, dass bei der angebotenen Tauschfläche FlNr. 105/2 keinerlei Vernässung festgestellt werden konnte. Der Zeitpunkt der Begutachtung Ende Februar 2021 wäre der optimale Zeitpunkt gewesen, dies vor Ort festzustellen. Auf dem Grundstück hätten weder zum Zeitpunkt der Ortseinsicht durch den Sachverständigen, noch jetzt Vernässungen vorgelegen. Der aufstehende Getreidebestand habe einen der Jahreszeit entsprechenden, durchschnittlichen Entwicklungsstand aufgewiesen. Es seien keinerlei Mangelerscheinungen durch fehlende Düngung oder Bodenverdichtungen feststellbar gewesen und es lägen auch keine Vernässungen vor. Die Behauptung, dass auf der angebotenen Tauschfläche ein allseitiger, 10 Meter breiter Streifen freigehalten werden müsse, der nicht gedüngt oder mit Pflanzenschutzmitteln behandelt werden dürfe, sei wohl aus der Luft gegriffen. Auch die Verwaltung des Amts für Landwirtschaft (Abt. Pflanzenbau) könne einen solchen Streifen weder erkennen noch bestätigen.
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Mit E-Mail vom 28.4.2021 erfolgte eine interne Stellungnahme des Sachgebiets Agrarstruktur und Umweltbelange in der Landwirtschaft der Regierung der O. zu den Ausführungen des Vorhabenträgers. In dieser wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die FlNrn. 547 und 547/1 landwirtschaftliche Nutzflächen seien. Beide Flurstücke seien mit dem Status „Dauergrünland“ belegt, d.h. es handele sich um Wiesen. Der Status „Dauergrünland“ ziehe nach sich, dass eine Umwandlung in Ackerland per Antrag geprüft werden müsste und Dauergrünland im gleichen Umfang wieder beschafft werden müsse. Grundsätzlich, unabhängig von der oben genannten Einschränkung bzgl. des Umbruchs, seien beide Flurstücke jedoch auch als Acker nutzbar. Zur Vernässung wird ausgeführt, dass sich bei einer Ortseinsicht am 27.4.2021 ein gleichmäßig entwickelter Getreidebestand über das ganze Flurstück gezeigt hätte. Es werde der Einschätzung des Gutachters gefolgt, wonach sich bei Anzeichen einer deutlichen Vernässung auf der Fläche der Pflanzenbestand verändern würde und die nicht optimalen Standortverhältnisse anzeigen würde. Auch könne man der Einschätzung folgen, dass Schäden durch Vernässung am ehesten bei feuchter Witterung im Herbst/Winter und somit auch im Februar zu erkennen wären. Im Übrigen fließe in die Bodenschätzung auch eine Bewertung der Fläche hinsichtlich ihrer Standortfaktoren ein, ausgedrückt durch die jeweiligen Wertzahlen. So errechne sich aus der Bodenzahl durch Zu- und Abschläge für ertragsmindernde aber auch ertragsfördernde sonstige natürliche Ertragsfaktoren die Ackerzahl. Die FlNr. 105/2 habe eine Bodenzahl von 83 und eine Ackerzahl von 81. Es seien demzufolge kaum Abschläge bzgl. der natürlichen Ertragsfaktoren vorgenommen worden. Zu Auflagen bei Düngung und Pflanzenschutz wird ausgeführt, dass vor dem Hintergrund der aktuell fachlich geltenden Vorgaben für Düngung und Pflanzenschutz auf landwirtschaftlichen Nutzflächen keine Einschränkungen erkennbar seien, die speziell auf der FlNr. 105/2 eingehalten werden müssten. Darüber hinaus könne es zu Einschränkungen im Pflanzenschutz kommen, diese wären jedoch auch auf anderen Flurnummern einzuhalten, da sie grundsätzlicher Natur seien. Auflagen bei der Ausführung von Dünge- und Pflanzenschutzmaßnahmen hätten vorrangig den Schutz von Gewässern, natürlichen Strukturen (= Nicht-Zielpflanzen) wie z.B. Hecken oder den Schutz von Menschen zum Inhalt. Die Flurnummer grenze weder an ein Gewässer, noch befänden sich Hecken, Feldgehölze, … im Umgriff der Fläche. Hinsichtlich des Obstbaumes im östlichen Eck ergäben sich keine Auflagen. Ebenso grenze kein Wohngebiet/Baugebiet an die Fläche an. Es könnten sich Auflagen z.B. aus der Verwendung bestimmter Pflanzenschutzmittel ergeben. Sollte das geplante Regenrückhaltebecken im Norden der Flurnummer mit einem Grüngürtel aus Sträuchern und/oder Bäumen eingefasst werden (entlang der Flurstückgrenze) sei hinsichtlich dem Schutz von Nicht-Zielpflanzen zu bedenken, dass damit Auflagen in der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln entstehen könnten (Abstandsauflagen).
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Am 3.5.2021 erließ die Regierung der O. einen Ergänzungsbeschluss für die Kreisstraße R 30 „P1 … - K1 … (Bundesstraße 15)“ Neubau der Kreisstraße R 30 (Südspange). Mit diesem wurde im Wesentlichen eine Auflage aufgenommen. So lautet Ziffer I des Tenors:
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Der Planfeststellungsbeschluss der Regierung der O. vom 12.12.2012 (Az. 31/32.2-4354.4.R30-1) für das Bauvorhaben Kreisstraße R 30 „P1 … - K1 … (Bundesstraße 15)“ - Neubau der Kreisstraße R 30 (Südspange) wird in Teil A, Abschnitt III, Ziffer 4 um folgende Auflage ergänzt:
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4.15 Das gegenüber dem landwirtschaftlichen Betrieb des Einwendungsführers 008 mit Schreiben vom 23.03.2021 ausgesprochene Angebot, eine Teilfläche von
18.000 m² aus dem Grundstück FlNr. 105/2 der Gemarkung … als Ersatzland zur Verfügung zu stellen, ist für den Vorhabenträger verbindlich.
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Die Planfeststellungsbehörde begründet den Beschluss im Wesentlichen damit, dass angesichts eines Flächenverlustes von mehr als 5% grundsätzlich die Möglichkeit einer Existenzgefährdung des klägerischen Betriebs im Raum stehe. Jedoch könne der vorhabenbedingte Flächenverlust durch das verbindliche Ersatzlandangebot des Vorhabenträgers vollständig ausgeglichen und damit weit unter die Schwelle von 5% gesenkt werden, bis zu der eine Existenzgefährdung regelmäßig ausgeschlossen werden könne. Nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde sei das Angebot des Vorhabenträgers bei Berücksichtigung der konkreten Ausgestaltung und der Bedürfnisse des landwirtschaftlichen Betriebs des Klägers als zumutbares und geeignetes Ersatzlandangebot zu bewerten. Bei dieser Beurteilung stütze sich die Planfeststellungsbehörde maßgeblich auf die inhaltlich schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des vom Vorhabenträger beauftragten öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen in seinem Gutachten vom 9.3.2021. Der Umstand, dass weder der Kläger noch sein Bevollmächtigter an der Erstellung des Sachverständigengutachtens beteiligt gewesen seien, hätte keinen Einfluss auf die Verwertbarkeit dieses Gutachtens. Im Bescheid wird hierzu im Detail ausgeführt, insbesondere auch zu den von Klägerseite vorgebrachten Punkten, wie z.B. Vernässung. Bei der Beurteilung der Geeignetheit und Zumutbarkeit des Ersatzlandangebots spiele es auch keine Rolle, ob es sich bei dem Ersatzgrundstück im Vergleich zur Fläche, die aufgrund des Vorhabens verloren gehe, um ein wertgleiches Grundstück handele oder welche Vor- und Nachteile sich aus dem „Landtausch“ im Vergleich zum bisherigen Zustand im Einzelnen für den Betrieb ergeben würden. Diese Fragen blieben dem gesondert durchzuführenden Entschädigungsverfahren vorbehalten. Durch die angebotene Ersatzfläche von 18.000 m² könne der vorhabenbedingte Flächenverlust von 12.530 m² vollständig ausgeglichen werden; es sei sogar ein Flächengewinn von 0,50 ha mit dem Ersatzlandangebot verbunden. Besondere Umstände, die trotz des vollständigen Ausgleichs des vorhabenbedingten Flächenverlustes eine Existenzgefährdung nahelegen würden, seien für die Planfeststellungsbehörde nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen worden. Der Vortrag, die Planung beeinträchtige seinen Betrieb in unangemessener Weise durch Verkehr, Immissionen von der neuen Zuwegung direkt an der Hofstelle und durch Staub und Erschütterungen, begründe keine ernstlichen Anhaltspunkte für eine mögliche Existenzgefährdung, denn der Kläger sei durch das geplante Bauvorhaben keinen unzulässigen Immissionen ausgesetzt. Durch die im Beschluss vorgesehene Auflage werde sichergestellt, dass die Ersatzfläche dem Kläger zur Verfügung stehe. Eine vorhabenbedingte Existenzgefährdung des landwirtschaftlichen Betriebs des Klägers sei damit abgewendet. Auch wenn die Existenzgefährdung abgewendet werden könne, gehe der vorhabenbedingte Flächenverlust mit Nachteilen für den Betrieb einher. Das Bauvorhaben sei für den Betrieb mit dem Verlust einer arbeitswirtschaftlich besonders günstigen Hofanschlussfläche verbunden. Diese mit der Planung verbundene individuelle Betroffenheit des Klägers halte die Planfeststellungsbehörde jedoch für zumutbar und gegenüber den mit dem Vorhaben verfolgten öffentlichen Belangen für nachrangig. Sollten aufgrund des vorhabenbedingten Flächenentzugs Nachteile oder Bewirtschaftungserschwernisse verbleiben, werde über etwaige Entschädigungen im Rahmen des nachfolgenden Enteignungs- bzw. Entschädigungsverfahrens entschieden. Dies gelte auch für eventuelle Nachteile und Erschwernisse, die durch das Bereitstellen des Ersatzlandes ausgelöst würden. Auf den Ergänzungsbeschluss wird im Übrigen verwiesen.
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Am 2.6.2021 ließ der Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg erheben. Er begründet diese im Wesentlichen wie folgt:
„Der klageweise angefochtene Planfeststellungsbeschluss der Regierung der O. vom 12.12.2012, Az. 31/32.2-4354.4.R 30-1 für die Kreisstraße R 30 „P1 … - K1 … (Bundesstraße 15)“ Neubau der Kreisstraße R 30 (Südspange) in Gestalt des Ergänzungsbeschlusses der Regierung der O. vom 3.5.2021 sei - nach wie vor - rechtswidrig, weil die Planfeststellungsentscheidung nach wie vor trotz Erlasses des Ergänzungsbeschlusses der Regierung der O. vom 3.5.2021, Az. ROP-SG32-4354.4-1-6-2 und der dortigen Aufnahme der Auflage 4.15 und der ergänzenden Begründung des Planfeststellungsbeschlusses abwägungsmängelhaft sei. Der durch das Vorhaben erzeugte existenzgefährdende Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers sei durch das untaugliche Ersatzlandangebot des Vorhabenträgers bzw. des nicht als Ersatzlandgrundstück geeigneten Grundstücks FlNr. 105/2 in keiner Weise ausgeglichen. Die Klägerseite verweist auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 8.10.2020 im Verfahren RO 2 K 19.1416 und zitiert hieraus. Der Vorhabenträger habe sich in der Folge außergerichtlich bei der Klägerseite gemeldet und mit Schreiben vom 26.1.2021 mitgeteilt, dass ein Sachverständigenauftrag erteilt worden sei, um zu klären, ob das vom Landkreis R1 … angebotene Ersatzland FlNr. 105/2 geeignet sei, den Flächenverlust durch den Bau der Kreisstraße R 30 bei FlNr. 587 zu minimieren bzw. auszugleichen. Die Klägerseite habe gegenüber dem Vorhabenträger ausgeführt, dass dieser bzw. die Planfeststellungsbehörde im Planfeststellungsverfahren die Abwägung bzgl. der vorgetragenen betrieblichen Existenzgefährdung nachzuholen hätten und zwar umfassend und in jeder Hinsicht. Der Vorhabenträger sei um Prüfung und Rückäußerung gebeten worden, ob die Feststellung der betrieblichen Existenzgefährdung des klägerischen Betriebs unstreitig und als wahr unterstellt werde. Denn erst danach wäre es fiktiv möglich, die gutachterliche Entscheidung einzuholen, ob und welche Grundstücke die als wahr unterstellte betriebliche Existenzgefährdung vermeidbar machten. In Frage kämen hier nur folgende wertgleiche Ersatzgrundstücke: FlNr. 594 bzw. FlNr. 170 u. 171 und/oder FlNr. 600/4. Eine betriebliche Existenzgefährdung beurteile sich nicht alleine nach dem Flächenverlust, sondern nach allen betrieblich nachteiligen Eingriffen, welche die Klägerseite in den maßgeblichen Einwendungsschriftsätzen an die Planfeststellungsbehörde vorgetragen habe. Danach, so auch das Verwaltungsgericht Regensburg, müsse sich der Auftrag an den Sachverständigen richten, solle der Abwägungsmangel im Planfeststellungsverfahren nachgeholt und nach Durchführung einer ergebnisoffenen und gerechten Abwägung geheilt werden können. Auch hätte der Sachverständige (im Planfeststellungsverfahren und im Entschädigungsverfahren) Unterlagen anfordern müssen. Die Klägerseite verweist auf ihr Schreiben vom 5.2.2021 und zitiert aus diesem. Mit Schreiben vom 25.3.2021 habe der Beklagte mitgeteilt, dass der Vorhabenträger zur Behebung des seitens des Verwaltungsgerichts Regensburg festgestellten Abwägungsmangels Unterlagen zur Durchführung eines ergänzenden Verfahrens, konkret ein Ersatzlandangebot vom 23.3.2021 und das Sachverständigengutachten Agrarbüro O2 … vom 9.3.2021, vorgelegt habe. Innerhalb der Äußerungsfrist bis zum 15.4.2021 sei für die Klägerseite ausgeführt worden, dass bereits mit Schreiben vom 5.2.2021 ausgeführt worden sei, dass der Ausgang des Berufungsverfahrens abzuwarten sei. Auch habe man bereits erklärt, dass das Einholen eines Sachverständigengutachtens ohne Beteiligung des Klägers im Sinne einer konkreten Abwägung und hierfür nötiger umfassender Betriebsdatenermittlung, sowie das Beschränken des Gutachtens auf die Frage, ob mit einem einseitig bestimmten, zumal für einen Ausgleich als Ersatzflächen nicht geeigneten Grundstück FlNr. 105/2, die faktisch als wahr unterstellte, betriebliche Existenzgefährdung neutralisiert werden könne, der Gewährung des rechtlichen Gehörs widerspreche, das Beteiligungsrecht des Klägers verletze und schließlich erneut zu einem abwägungsfehlerhaften Ergebnis führe. Hierzu habe die Klägerseite ausgeführt, dass das Gutachten des Sachverständigen vom 9.3.2021 in entscheidungserheblicher Weise fehlerhaft sei. Das Schreiben der Klägerseite vom 15.4.2021 wird im Schriftsatz zitiert (Seite 11-19 der Klageschrift). Im Weiteren führt die Klägerseite aus, dass die im Rahmen des Schreibens vom 15.4.2021 vorgetragenen Einwände gegen die Durchführung des ergänzenden Verfahrens, die Einholung des Gutachtens des Sachverständigen und Geeignetheit des untauglichen, als Ersatzland angebotenen Grundstücks mit der FlNr. 105/2 aufrecht erhalten würden und zum Inhalt des Schriftsatzes gemacht würden. Im Folgenden wird erneut die Abwägungsfehlerhaftigkeit vorgetragen und darauf hingewiesen, dass der Kläger die angebotene Fläche als nicht wertgleich ablehne. Hierzu wird zur Bonität, Entfernung vom Hof und der fehlenden Möglichkeit, das Grundstück sinnvoll zu bearbeiten im Wesentlichen wiederholend vorgetragen. Es wird erneut darauf hingewiesen, dass es nicht in der Dispositionsbefugnis des Straßenbaulastträgers stehe, eine subjektive Ersatzflächenauswahl zu treffen, welche die Interessenlage beim existenzgefährdeten Betrieb unberücksichtigt lasse. Dem Kläger würde eine ungeeignete Fläche als Ersatzland aufgezwungen. Gleichzeitig würden dem Kläger, aus Sicht des Vorhabenträgers nicht benötigte Grundstücke, jedoch aus Sicht des Klägers als Ersatzflächen durchaus geeignete Grundstücke trotz aktiver Erwerbsbemühungen des Klägers vorenthalten (FlNr. 1003 Gemarkung … (Größe ca. 2,4 ha)). Offenbar solle dieses - schikanöse - Vorgehen des Vorhabenträgers eine Retourkutsche dafür sein, dass der Kläger sich zur Abwendung der Existenzgefährdung gegen das planfestgestellte Vorhaben wende und seine Klage bislang nicht zurückgenommen habe.“
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Der Kläger beantragt,
Der Planfeststellungsbeschluss der Regierung der O. für die Kreisstraße R 30 vom 12.12.2012 in Gestalt des Ergänzungsbeschlusses der Regierung der O. vom 3.5.2021 wird aufgehoben.
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Hilfsweise wird beantragt,
Der Planfeststellungsbeschluss der Regierung der O. für die Kreisstraße R 30 vom 12.12.2012 in Gestalt des Ergänzungsbeschlusses der Regierung der O. vom 3.5.2021 wird für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt.
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Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Er begründet dies im Wesentlichen damit, dass der Ergänzungsbeschluss vom 3.5.2021 rechtmäßig sei und den Kläger nicht in seinen Rechten verletze. Die Regierung der O. habe ein ergänzendes Verfahren nach Art. 75 Abs. 1a Satz 2 BayVwVfG durchgeführt und mit dem streitgegenständlichen Ergänzungsbeschuss vom 3.5.2021 den mit Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 8.10.2020 (RO 2 K 19.1416) festgestellten Abwägungsmangel behoben. Eine etwaige vorhabenbedingte Existenzgefährdung des landwirtschaftlichen Betriebs des Klägers sei durch die im Ergänzungsbeschluss vom 3.5.2021 festgesetzte Auflage, wonach das durch den Vorhabenträger mit Schreiben vom 23.2.2021 abgegebene Ersatzlandangebot bezüglich einer Teilfläche von 18.000 m² aus dem Grundstück FlNr. 105/2 für verbindlich erklärt werde, ausgeschlossen. Auch im Übrigen weise die angefochtene Entscheidung keinen Abwägungsfehler auf. Die Klagebegründung vom 30.8.2021 beschränke sich auf eine Wiederholung der im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Gesichtspunkte, die im Rahmen der angefochtenen Entscheidung bereits umfassend gewürdigt worden seien. Auf diese werde verwiesen. Ergänzend führt der Beklagte aus, dass nach der Rechtsprechung ohne Einholung eines landwirtschaftlichen Sachverständigengutachtens davon ausgegangen werden könne, dass ein landwirtschaftlicher Betrieb infolge eines planfestzustellenden Vorhabens nicht in seiner Existenz gefährdet oder vernichtet zu werden drohe, wenn der vorhabenbedingte Verlust an Eigentumsfläche oder langfristig gesicherter Pachtflächen in einer Größenordnung von bis zu 5% der Betriebsfläche bleibe. Dabei sei dieser Anhaltswert von 5% auch dann eingehalten, wenn die Abtretungsverluste durch geeignete und vertretbare Angebote von Ersatzland unter dieser Grenze gehalten würden. Das verbindliche Angebot des Vorhabenträgers sei - auch unter Berücksichtigung der konkreten Ausgestaltung und der Bedürfnisse des klägerischen Betriebs - als zumutbares und geeignetes Ersatzlandangebot zu bewerten. Nach Einschätzung des Sachverständigen sei die angebotene Fläche uneingeschränkt als Ersatzfläche für den Betrieb des Klägers geeignet. Die Behauptung des Klägers, dem Ersatzgrundstück fehle es an Bonität, sei unzutreffend. Die Ertragsfähigkeit der angebotenen Ersatzfläche (Zustandsstufe 2, Ackerzahl 81) liege deutlich über der Ertragsfähigkeit der Fläche, die dem Kläger durch das Bauvorhaben entzogen werde (durchschnittliche Zustandsstufe 3,33; durchschnittliche Ackerzahl 68), sowie auch deutlich über der Ertragsfähigkeit aller Ackergrundstücke der Gemarkung … (Durchschnitt 71,6). Das angebotene Ersatzgrundstück sei weder von Vernässung betroffen noch weise es infolge unzureichender Düngung oder unzureichender landwirtschaftlicher Nutzung einen schlechten Zustand aus. Auch die unsubstantiierte Behauptung des Klägers, ein erforderlicher Dünge- und Pflanzenschutzabstand von jeweils 10 m an allen Grundstücksseiten würde die Nutzbarkeit des angebotenen Grundstücks einschränken, führe nicht dazu, dass die Ersatzfläche als ungeeignet bewertet werden müsse. Diese Gesichtspunkte seien im Ergänzungsbeschluss ausführlich behandelt worden. Mit diesen Ausführungen setze sich der Kläger im Rahmen seiner Klagebegründung nicht ansatzweise auseinander. Die Entfernung zwischen der klägerischen Hofstelle und dem angebotenen Ersatzgrundstück betrage bei Nutzung des kürzesten Zufahrtsweges rund 1,2 km. Damit handele es sich um eine hofnahe Fläche, die nach Einschätzung des Sachverständigen sehr gut verkehrsmäßig erschlossen sei und mit allen heute üblichen Arbeits- und Erntemaschinen, auch mit Lkw´s, großen Mähdreschern und Selbstfahrer-Vollerntemaschinen angefahren werden könne. Das Regenrückhaltebecken, das im Zuge des streitgegenständlichen Bauvorhabens im nördlichen Bereich der FlNr. 105/2 geplant sei, führe zu keinen Einschränkungen oder Beeinträchtigungen des klägerischen Betriebs. Der in Zusammenhang mit dem Regenrückhaltebecken vorgesehene Wendehammer werde einen Durchmesser von mindestens 20 m besitzen und könne vom Kläger für den An- und Abbau von Maschinen und Arbeitsgeräten sowie für den An- und Abbau des Schneidwerks auch eines sehr großen Mähdreschers vollumfänglich genutzt werden. Die angebotene Ersatzfläche könne in dem 2,63 ha großen Grundstück FlNr. 105/2 so ausgerichtet werden, dass der Flächenzuschnitt bzw. die Form der angebotenen Ersatzfläche annähernd rechteckig und damit optimal gestaltet werde, sodass die Vorgewende- und Randverluste äußerst gering seien. Soweit der Kläger erneut vortrage, dass er das Ersatzgrundstück nicht mit den vorhandenen Maschinen bewirtschaften könne, entbehre dieser Vortrag jeder nachvollziehbaren Grundlage. Des Weiteren führt der Beklagte aus, dass die Ausführungen im Sachverständigengutachten inhaltlich schlüssig und nachvollziehbar seien und daher auch der angefochtenen Entscheidung zu Grunde gelegt hätten werden können. Die Verwertbarkeit der Ergebnisse des Sachverständigengutachtens habe der Kläger weder im Verwaltungsverfahren noch im Klageverfahren in Zweifel ziehen können. Soweit der Kläger geltend mache, dass es sich bei den zum Betrieb gehörenden FlNrn. 547 und 547/1 - anders als im Gutachten dargestellt - um Wiesen und nicht um Ackerland handle, habe dies keine Auswirkungen auf die Berechnung des für die Beurteilung der Existenzgefährdung maßgeblichen Flächenverlusts. In beiden Fällen handele es sich um landwirtschaftliche Nutzflächen, die bei der Berechnung des vorhabenbedingten Flächenverlusts zu berücksichtigen seien. Ebenfalls unerheblich sei, ob der Kläger einen landwirtschaftlichen Voll- bzw. Nebenerwerbsbetrieb führe und mit welchem Arbeitszeitbedarf dieser Betrieb verbunden sei. Denn die Planfeststellungsbehörde gehe davon aus, dass der Anhaltswert von 5% auch bei Nebenerwerbsbetrieben anwendbar sei. Entgegen des klägerischen Vortrags komme es im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens auf eine „Wertgleichheit“ des Ersatzgrundstückes nicht an. Entscheidend sei lediglich, dass das Ersatzgrundstück im Grundsatz, d.h. von der Qualität, Quantität und Lage im Ganzen betrachtet, zu einem Ausgleich geeignet sei. Die Entscheidung über etwaige mit der Bereitstellung des Ersatzlandes verbundene finanzielle Nachteile bleibe dem gesondert durchzuführenden Enteignungsverfahren vorbehalten. Ob der Vorhabenträger möglicherweise über weitere geeignete Ersatzgrundstücke verfüge, sei unerheblich. Entscheidungsmaßstab sei allein, ob ein geeignetes und zumutbares Ersatzlandangebot vorliege, durch dessen Verbindlicherklärung nachteilige Wirkungen i.S.d. Art. 74 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG vermieden werden können. Schließlich sei der Kläger auch nicht in seinem Beteiligungsrecht verletzt worden. Der Kläger sei im ergänzenden Verfahren mit Schreiben vom 25.3.2021 ordnungsgemäß durch die Planfeststellungsbehörde angehört worden und habe damit Gelegenheit gehabt, sich umfassend zum Sachverständigengutachten zu äußern, was mit Schriftsatz vom 15.4.2021 auch erfolgt sei. Im Übrigen habe der Vorhabenträger dem Kläger und seinem Bevollmächtigten mit Schreiben vom 26.1.2021 die Möglichkeit eingeräumt, an der Ortseinsicht des Sachverständigen teilzunehmen.
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Der Beigeladene beantragt,
die Klage abzuweisen.
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In der Sache führte er mit Schriftsatz vom 14.10.2021 im Wesentlichen aus, dass der Beigeladene mit Schreiben vom 26.1.2021 den Bevollmächtigten des Klägers die Durchführung eines Ortstermins für die Erstellung des Sachverständigengutachtens mitgeteilt habe und dabei fünf Termine genannt worden seien, mit der Bitte um Rückmeldung. Weiterhin habe der Beigeladene darauf hingewiesen, dass der Termin durchgeführt werde, wenn es keine Rückmeldung gäbe. Die Klägerseite habe mit Schreiben vom 1.2.2021 faktisch abgelehnt, zumindest aber keine Termine zur Teilnahme genannt. Der Beigeladene habe mit Schreiben vom 4.2.2021 Stellung zum Schreiben der Klägerseite genommen und mit Schreiben vom 22.2.2021 mitgeteilt, dass der Ortstermin am 2.3.2021 stattfinde. Zum Punkt „Fehlerhaftigkeit der Aussagen zum Betrieb unseres Mandanten“ in der Klagebegründung sei die Frage aufgeworfen, ob die Flächen überhaupt vom Kläger bewirtschaftet würden. Zu den Ausführungen der Klägerseite zur „Unrichtigkeit der Aussagen zum Ersatzland“ sei darauf hingewiesen, dass die Bonität der Entzugsfläche des Klägers 67,5 BP aufweise, die FlNr. 105/2 demgegenüber 81 BP. Darüber hinaus entbehre es jeglicher gesetzlichen Grundlage, dass bei der Tauschfläche ein allseits 10 m breiter Streifen freigehalten werden müsse. Zum Vorbringen “Unrichtigkeit des Gutachtens“ sei darauf hingewiesen, dass die geforderte Fläche (FlNrn. 170, 171) die gleiche Entfernung zur Hofstelle wie die Tauschfläche FlNr. 105/2 habe. Zudem bestehe hier nicht die Möglichkeit, wie gefordert, Maschinen und Geräte zu wechseln. Bei FlNr. 105/2 werde seitens des Beigeladenen ein Wendehammer mit einer Fläche zum Wechseln der Geräte angeboten. Die Flurnummern 1003 und 1011 (jeweils Gemarkung …) seien in persönlichen Gesprächen eines Mitarbeiters des Beigeladenen mit dem Kläger im August/September 2020 von allen anwesenden Familienmitgliedern aufgrund der noch größeren Entfernung abgelehnt worden. Ein Schreiben bezüglich FlNr. 1011 der Gemarkung … sei beim Beigeladenen nicht eingegangen. Ein Tausch der vom Kläger angebotenen Flächen für FlNr. 1011 stehe aufgrund der fehlenden Wertigkeit der Flächen des Klägers nicht zur Disposition. Es werde ferner noch einmal darauf hingewiesen, dass es schlicht nicht zutreffe, dass es an der Bonität der Tauschfläche im Vergleich zur Verlustfläche fehlen würde. Die angebotene Fläche zähle zu den „besten Böden“ in dieser Gegend. Zur Frage, inwieweit das angebotene Grundstück sinnvoll zu bewirtschaften sei, werde auf die klaren Ausführungen im Gutachten verwiesen. Im Übrigen schließe man sich den Ausführungen der Regierung der O. in der Klageerwiderung vom 5.10.2021 an.
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Mit Schreiben vom 2.5.2022 übermittelte die Klägerseite dem Gericht ein Schreiben ihrerseits an die Regierung der O., mit welchem sie diese über eine Einladung von Seiten Dritter und einer Besprechung über die Möglichkeit einer einvernehmlichen Einigung informiert hat. Die L1 … GmbH & Co. KG, die zu diesem Termin eingeladen habe, habe im Vorfeld dieses Besprechungstermins Abstimmungskontakte mit dem Vorhabenträger gehabt. Es sei der Vorschlag des Klägers aus dem Schreiben vom 15.4.2021, Ziffer 2.3 besprochen worden. Die Regierung wurde in dem vorgelegten Schreiben um verbindliche Klarstellung gebeten, dass dieses entschädigungsrechtliche Ergebnis in geeigneter Form in der laufenden planfeststellungsrechtlichen und enteignungsrechtlichen Einigung verbindlich umgesetzt werde. Es folgten weitere Ausführungen zu einem Ringtausch bzw. Ringgeschäft betreffend u.a. die FlNr. 1…, Gemarkung … Auch wurde die Regierung der O. in dem Schreiben um verbindliche Bestätigung gebeten, dass dieser Ringtausch und das Ringgeschäft mit der Regierung verfahrensrechtlich und verbindlich mitgetragen würden. In dem Schreiben ist weiter ausgeführt, dass die planungsrechtliche Modifikation besprochen worden sei, dass die bisherige Wegeab - und Zufahrtsplanung von und zur R 30 östlich von FlNr. 587 und westlich FlNr. 593 und 594 um ca. 250 m nach Osten an die Ostseite von FlNr. 594 und 593 verlegt werde. Die Klägerseite habe diese alternative Wegeplanung thematisiert. Sie sei für eine Einigung unverzichtbar. Auch hierzu wurde in dem Schreiben die verbindliche Mitteilung einer Entscheidung erbeten. Des Weiteren ist in dem Schreiben ausgeführt, seitens der L1 … GmbH & Co. KG sei nach Abstimmungskontakt mit dem Vorhabenträger mitgeteilt worden, dass der Vorhabenträger die vorstehenden Punkte, die einer Einigung zugeführt werden sollten, schriftlich zusammenfassen und eine Änderung des Ergänzungsbeschlusses vom 3.5.2021, Az. ROP-SG32-4354.4-1-6-10 beantragen werde. Angesichts der laufenden Einigungsbemühungen sollte der gerichtliche Termin der mündlichen Verhandlung am 2.6.2022 im Verfahren RO 2 K 21.1069 aufgehoben werden und das Klageverfahren ruhend gestellt werden.
36
Auf Anfrage des Gerichts zum übersandten Schreiben der Klägerseite teilte die Regierung der O. mit Schreiben vom 6.5.2022 im Wesentlichen mit, dass sie von den im Schreiben der Klägerseite vom 2.5.2022 geschilderten Gesprächen keine Kenntnis habe und man sich dazu nicht äußern könne. Allgemein wies die Regierung der O. darauf hin, dass sie als Planfeststellungsbehörde das vom Beigeladenen geplante und beantragte Vorhaben mit Beschluss vom 12.12.2012 und Ergänzungsbeschluss vom 3.5.2021 planfestgestellt habe und die Verfahren damit abgeschlossen seien. Die in dem Schreiben angesprochenen Themen (alternative Grundstücktausche, Wegeverlegung u.a.) seien nicht Gegenstand eines anhängigen Planfeststellungsverfahrens und könnten von der Regierung der O. daher weder „bewertet“ noch „verbindlich umgesetzt“ oder „verbindlich mitgetragen“ werden. Aufgrund des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 8.10.2020 habe sie ein ergänzendes Verfahren gem. Art. 75 Abs. 1a Satz 2 BayVwVfG durchgeführt. Im Ergänzungsbeschluss vom 3.5.2021 sei eine Auflage festgesetzt worden, dass das mit Schreiben vom 23.2.2021 ausgesprochene Angebot, eine Teilfläche aus der FlNr. 105/2 als Ersatzland zur Verfügung zu stellen, für den Vorhabenträger verbindlich sei. An diese Auflage sei der Beigeladene gebunden. Durch den Ergänzungsbeschluss sei die angenommene Existenzgefährdung des klägerischen Betriebs abgewendet und der vom Gericht festgestellte Abwägungsmangel geheilt worden. Die Planfeststellungsbehörde habe somit keine Veranlassung, in ein weiteres Ergänzungsverfahren einzutreten. Darüber hinaus wies die Regierung im Hinblick auf die angesprochene Verlegung eines Weges „ca. 250 m nach Osten“ darauf hin, dass die Anbindung des in kommunaler Straßenbaulast liegenden Feld- und Waldwegs FlNr. 600/4 an die R 30 neu mit dem Beschluss vom 12.12.2012 bestandskräftig festgestellt sei. Die Klage gegen den Beschluss sei in diesem Punkt mit Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 8.10.2020 abgewiesen worden und der Berufungszulassungsantrag des Klägers sei mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 23.6.2021 abgelehnt worden. Etwaige Tekturen müssten vom Vorhabenträger geplant und beantragt werden. Die Regierung trete einer Absetzung des Termins zur mündlichen Verhandlung am 2.6.2022 und einer Ruhendstellung des Klageverfahrens entgegen.
37
Der Beigeladene teilte mit Schreiben vom 9.5.2022 mit, dass er an dem vom Verwaltungsgericht Regensburg festgesetzten Termin festhalte. Auch habe er nie vorgehabt, eine Änderung des Ergänzungsbeschlusses zum gegenständlichen Planfeststellungsbescheid zu beantragen und werde dies auch nicht tun. Der Beigeladene verschließe sich grundsätzlich keiner möglichen außergerichtlichen Einigung, die jedoch aktuell an den Forderungen der Klägerseite scheitere (Forderung nach Änderung des Planfeststellungsbeschlusses; Verlegung des Gemeindeweges).
38
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Behörden- und Gerichtsakten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 2.6.2022 Bezug genommen. Die Akten aus dem Verfahren RO 2 K 19.1416 wurden beigezogen.

Entscheidungsgründe

39
Die Klage bleibt ohne Erfolg. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss weist keine Rechtsfehler auf, die zu seiner Aufhebung oder der Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führen.
40
1. Die Klage ist im Hauptantrag zulässig.
41
1.1 Der Kläger begehrt mit seinem Hauptantrag die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses der Regierung der O. vom 12.12.2012 in Gestalt des Ergänzungsbeschlusses der Regierung der O. vom 3.5.2021 für die Kreisstraße R 30 „P1 … - K1 … (Bundesstraße 15)“ - Neubau der Kreisstraße R 30 (Südspange). Durch den Ergänzungsbescheid hat der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss seine Gestalt in der Weise verändert, dass der ursprüngliche und der ergänzende Beschluss zu einer einheitlichen Planungsentscheidung verschmolzen sind. Gegenstand des Verfahrens kann daher grundsätzlich nur diese einheitliche Planfeststellungsentscheidung sein (vgl. BVerwG, U.v. 23.1.1981 - 4 C 68/78 - juris; BayVGH, U.v. 18.12.2012 - 8 B 12.431 - juris m.w.N.). Dem hat der Kläger mit seinem Klageantrag entsprochen. Es liegt eine statthafte Anfechtungsklage gem. § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO vor.
42
Der Kläger ist klagebefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO, da er von der streitgegenständlichen Planung unmittelbar im Eigentum betroffen ist. Da der Planfeststellungsbeschluss für ihn enteignungsrechtliche Vorwirkung entfaltet (Art. 40 Abs. 2 BayStrWG), kann er nicht nur die Verletzung subjektiver Rechte geltend machen, sondern sich auch auf Verstöße gegen objektives Recht berufen.
43
Die auf Aufhebung gerichtete Anfechtungsklage ist auch nicht bereits wegen entgegenstehender Rechtskraft gem. § 121 VwGO unzulässig. Zwar wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 8.10.2020 im Verfahren RO 2 K 19.1416 gegenüber dem Kläger nicht nur festgestellt, dass der Planfeststellungsbeschluss vom 12.12.2012 wegen eines Abwägungsmangels im Hinblick auf eine mögliche Existenzgefährdung des klägerischen Betriebs rechtswidrig und nicht vollziehbar ist, sondern auch, dass keine weiteren Fehler, jedenfalls keine, die zur Aufhebung des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses führen, vorliegen. Das Urteil vom 8.10.2020 wurde mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung durch den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 23.6.2021 im Verfahren 8 ZB 20.3046 auch rechtskräftig. Ausgehend hiervon steht eine Unzulässigkeit des erneuten Aufhebungsbegehrens durchaus im Raum (vgl. auch BayVGH, U.v. 18.12.2012 - 8 B 12.431 - juris; OVG Rh.-Pf., U.v. 8.11.2007 - 8 C 11523/06 - juris). Allerdings hängt es vom konkreten Einzelfall, insbesondere vom konkreten Ergänzungsbeschluss ab, ob diese umfängliche Rechtsschutzmöglichkeit wieder eröffnet wird. Zum einen kann gerade durch den Ergänzungsbeschluss ein neuer Fehler auch diese Möglichkeit wieder in den Raum stellen. Zum anderen kann die Behörde Erwägungen, die sich auf von der Rechtskraft des abweisenden Urteils erfasste Umstände beziehen, einer neuerlichen Sachprüfung mit dem Ergebnis einer Bestätigung der ursprünglichen Entscheidung unterziehen und insoweit im Sinne eines Zweitbescheides die Rechtsschutzmöglichkeit auch im Hinblick auf ein Aufhebungsbegehren wieder eröffnen (vgl. BVerwG, B.v. 28.7.2014 - 7 B 22/13 - juris m.w.N.). Diese Einzelfallabhängigkeit spricht bereits mehr für eine Präjudizwirkung des Urteils im vorausgehenden Verfahren als für ein Prozesshindernis durch die Rechtskraft dessen. Zudem liegt mit dem aktuellen Klagegegenstand des Planfeststellungsbeschlusses vom 12.12.2012 in der Fassung des Ergänzungsbeschlusses vom 3.5.2021 kein identischer Klagegegenstand im Vergleich zur Klage im Verfahren RO 2 K 19.1416 des Klägers vor. Eine Abweisung wegen entgegenstehender Rechtskraft als unzulässig setzt jedoch einen identischen Streitgegenstand voraus (Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 121 Rn. 9 ff.). Auch wenn der Begriff des Streitgegenstandes weiter zu sehen ist als der Begriff des Klagegegenstandes, spricht die Durchführung eines ergänzenden Verfahrens und der Erlass eines Ergänzungsbescheides, auch wenn dieser mit dem ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss zu einer Einheit verschmilzt, gegen einen identischen Streitgegenstand (vgl. auch BVerwG, U.v. 12.3.2008 - 9 A 3/06 - beck-online). Nach alledem ist das Aufhebungsbegehren nicht von vornherein als unzulässig anzusehen, sondern die präjudiziale Wirkung des Urteils vom 8.10.2020 im Rahmen der Begründetheit zu berücksichtigen (a.A. BayVGH, U.v. 18.12.2012 - 8 B 12.431 - juris; OVG Rh.-Pf., U.v. 8.11.2007 - 8 C 11523/06 - juris).
44
1.2 Soweit der Kläger hilfsweise begehrt, dass der Planfeststellungsbeschluss in Gestalt des Ergänzungsbeschlusses für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt wird, ist dieser Antrag ebenfalls zulässig. Die Klägerseite bringt in ihrer Begründung hierzu ausschließlich den Punkt der Existenzgefährdung des klägerischen Betriebs vor und dass diesbezüglich durch den Ergänzungsbeschluss vom 3.5.2021 keine Heilung der festgestellten Abwägungsmängel vorliege. Im Übrigen wäre die Frage einer möglicherweise entgegenstehenden Rechtskraft des Urteils vom 8.10.2020 im Verfahren RO 2 K 19.1416 auch bei anderen Mängeln, die zu einer Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsverfahrens führen könnten, als die im Urteil festgestellten, aus den oben genannten Gründen auch hier - wenn überhaupt - allenfalls eine Frage einer Bindungswirkung im Rahmen der Begründetheit.
45
2. Die Klage ist jedoch sowohl im Haupt-, als auch im Hilfsantrag unbegründet, weil der Planfeststellungsbeschluss in der nunmehrigen Fassung weder an Verfahrensmängeln noch an Mängeln bei der Abwägung oder sonstigen Mängeln leidet, die zu seiner Aufhebung oder der Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führen würden.
46
2.1 Soweit der Kläger mit seinem Hauptantrag die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses vom 12.12.2012 in Gestalt des Planfeststellungsbeschlusses vom 3.5.2021 begehrt und hierbei auf sein bisheriges Vorbringen im Planfeststellungsverfahren verweist, steht diesem Begehren bereits die Präjudizwirkung des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 8.10.2020 entgegen. Das Verwaltungsgericht Regensburg hat im vorausgegangenen Verfahren des Klägers mit dem Urteil vom 8.10.2020 festgestellt, dass Fehler, die zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses vom 12.12.2012 führen, nicht vorliegen. Denn die Rechtskraft eines stattgebenden Feststellungsurteils beschränkt sich nicht darauf, dass ein bestimmter Fehler vorliegt, sondern erstreckt sich - erstens nach Maßgabe der Entscheidungsgründe auf die Feststellung aller behebbarer Mängel und damit - zweitens - auf die (negative) Feststellung, dass weitere Mängel nicht vorliegen (Neumann/Külpmann in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Auflage 2018, § 75 Rn. 53 ff.; Kupfer in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Werkstand: 1. EL August 2021, § 75 Rn. 66; BVerwG, B.v. 1.6.2021 - 9 B 27/20 - juris; BVerwG, B.v. 3.6.2010 - 4 B 54/09 - juris; bereits mit der Konsequenz der Unzulässigkeit BayVGH, U.v. 18.12.2012 - 8 B 12.431 - juris und im Nachgang BVerwG, B.v. 28.7.2014 - 7 B 22/13 - juris). Da der Antrag auf Zulassung der Berufung des Klägers mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 23.6.2021 abgelehnt wurde, erwuchs das Urteil auch insoweit in Rechtskraft. Die Planfeststellungsbehörde hat in ihrem Ergänzungsbeschluss vom 3.5.2021 auch keine Punkte, die zu einer Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen könnten, wie z.B. die Planrechtfertigung, die Trassenwahl oder die Straßenklasse, erneut i.S. eines Zweitbescheides aufgeworfen und damit diese Rechtsschutzmöglichkeit erneut eröffnet (vgl. BVerwG, B.v. 28.7.2014 - 7 B 22/13 - juris). Sie hat sich lediglich mit den im Urteil vom 8.10.2020 festgestellten Abwägungsmängeln im Hinblick auf den klägerischen Betrieb beschäftigt. Damit ist der Verweis der Klägerseite auf ihr früheres Vorbringen zur Aufhebung nicht zielführend und kann infolge der Bindungswirkung des Urteils vom 8.10.2020 des Verwaltungsgerichts Regensburgs bzw. des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 23.6.2021 nicht zum Erfolg führen. Eine erneute Prüfung der Planrechtfertigung, der Straßenklasse und damit der Zuständigkeit des Vorhabenträgers, der Auswahl und des genauen Verlaufs der Trasse und ob der Kläger unzulässigen Immissionen ausgesetzt sei, ist daher nicht veranlasst. Gleiches gilt für die Frage der Erschütterungen, der Staubbelastung und wasserwirtschaftlicher Belange. Auf die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 8.10.2020 und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 23.6.2021 im Vorgängerverfahren des Klägers wird verwiesen.
47
Neue Fehler, die gerade durch das ergänzende Verfahren bzw. den Ergänzungsbeschluss zu einer Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen, wurden weder vorgetragen, noch sind sie für das Gericht ersichtlich.
48
Es bleibt damit festzuhalten, dass weder der Beklagte den Rechtsschutz zu früher vorgetragenen aufhebungsrelevanten Punkten neu eröffnet hat, noch neue Fehler durch das ergänzende Verfahren bzw. den Ergänzungsbeschluss, die zu einer Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses in der ergänzten Fassung führen, vom Kläger vorgetragen wurden oder für das Gericht ersichtlich sind. Die Klage ist daher im auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses in der nunmehrigen Fassung gerichteten Hauptantrag unbegründet.
49
2.2 Auch soweit der Kläger im Hilfsantrag die Feststellung begehrt, dass der Planfeststellungsbeschluss vom 12.12.2012 in der Gestalt des Ergänzungsbeschlusses vom 3.5.2021 rechtswidrig und nicht vollziehbar ist, ist die Klage unbegründet. Der Planfeststellungsbeschluss in der nunmehrigen Fassung leidet weder an Verfahrensmängeln noch an Mängeln bei der Abwägung oder sonstigen Mängeln, die zur Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führen würden.
50
2.2.1 Es liegen keine Verfahrensmängel vor.
51
Der Beklagte war nicht gehindert, über die Behebung von Mängeln des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses in einem ergänzenden Verfahren zu entscheiden. Zwar lassen sich in einem solchen Verfahren nur Mängel beheben, die nicht von solcher Art und Schwere sind, dass sie die Planung als Ganzes von vornherein infrage stellen (BVerwG, U.v. 12.3.2008 - 9 A 3/06 - beck-online m.w.N.). Dies ist hier aber nicht der Fall. Dem Beklagten ging es im ergänzenden Verfahren darum, die vom Verwaltungsgericht Regensburg mit Urteil vom 8.10.2020 beanstandeten Abwägungsmängel im Hinblick auf eine mögliche Existenzgefährdung des klägerischen Betriebs zu beheben. Auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 8.10.2020 im Verfahren RO 2 K 19.1416 wird verwiesen. Es liegt damit gerade der typische Anwendungsfall eines ergänzenden Verfahrens vor.
52
Ein Verfahrensmangel ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass das ergänzende Verfahren vor der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs über den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgericht Regensburg vom 8.10.2020 durchgeführt wurde. Es kann hierbei dahinstehen, ob in dem klägerischen Vorbringen, dass vor der Durchführung des ergänzenden Verfahrens das Ergebnis des Klageverfahrens abgewartet werden solle, überhaupt die Geltendmachung eines Verfahrensfehlers zu sehen ist oder ob ein Abwarten aus Klägersicht lediglich für sinnvoll erachtet wurde. Rechtsgrundlage für die Möglichkeit eines ergänzenden Verfahrens ist Art. 75 Abs. 1a BayVwVfG. Die Ausgestaltung des Verfahrens ist dort jedoch nicht geregelt. Unabhängig davon, ob man das ergänzende Verfahren als eigenständiges Verfahren der Fehlerbehebung sieht oder, da der Bundesgesetzgeber für bedeutsame Rechtsgebiete die Anwendbarkeit des § 76 VwVfG angeordnet hat, dessen Anwendbarkeit in Betracht zieht, gibt es jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür, dass ein ergänzendes Verfahren erst nach Bestandskraft bzw. Rechtskraft eines Urteils, in dem ein behebbarer Mangel festgestellt wurde, möglich ist. Gerade vor dem Hintergrund, dass mit diesem Instrument die Planerhaltung gefördert werden soll und eine schnelle Heilung von Mängeln möglich sein soll, wäre ein zwingendes Abwarten einer bestandskräftigen bzw. rechtskräftigen Entscheidung in vielen Fällen nicht zielführend (vgl. BVerwG, B. v. 17.3.2020 - 3 VR 1/19 - beck-online). Es ist in der Rechtsprechung vielmehr anerkannt, dass die Planfeststellungsbehörde sogar von sich aus während eines laufenden Klageverfahrens ein ergänzendes Verfahren durchführen darf (vgl. auch BVerwG, U.v. 12.3.2008 - 9 A 3/06 - beck-online). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Möglichkeit, dass sich im laufenden Klageverfahren weitere Mängel des Planfeststellungsbeschlusses, die ggf. auch zu dessen Aufhebung führen können, herausstellen können. Ob ein Abwarten als sinnvoll erachtet wird, obliegt alleine der Einschätzung des Vorhabenträgers und der Planfeststellungsbehörde. Ein Verfahrensfehler aus einer parallelen Durchführung des ergänzenden Verfahrens zu einem noch nicht abgeschlossenen Klageverfahren ergibt sich hieraus jedenfalls nicht.
53
Auch soweit die Klägerseite die Verletzung von Beteiligungsrechten bzw. der fehlenden Gewährung des rechtlichen Gehörs durch die Gutachtenerstellung ohne Beteiligung des Klägers moniert, liegt hierin kein Verfahrensfehler. Unabhängig davon, dass der Klägerseite die Möglichkeit der Teilnahme am Ortstermin eröffnet wurde und auch sonst nicht ersichtlich ist, dass sich der Kläger nicht bereits bei der Erstellung des Gutachtens einbringen hätte können, ist lediglich entscheidend, dass die Klägerseite im ergänzenden Verfahren angehört wurde und Gelegenheit hatte, ihre Einwände gegen den geplanten Ergänzungsbeschluss vorzubringen. Die Klägerseite wurde mit Schreiben der Planfeststellungsbehörde vom 25.3.2021 im ergänzenden Verfahren angehört und konnte Stellung nehmen, was sie mit Schreiben vom 15.4.2021 auch getan hat.
54
Als Zwischenergebnis kann festgestellt werden, dass Verfahrensfehler nicht vorliegen.
55
2.2.2 Der Planfeststellungsbeschluss in der Fassung des Ergänzungsbeschlusses weist auch keine Abwägungsfehler auf, die zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit führen.
56
Das Abwägungsgebot verlangt, dass eine Abwägung überhaupt stattfindet und in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge eingestellt werden muss und dass weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Es besteht eine eingeschränkte gerichtliche Kontrolle auf Fehlerhaftigkeit. Das Gericht darf nicht eine eigene Abwägung an Stelle der Planfeststellungsbehörde vornehmen. Ausgehend hiervon ist die im Ergänzungsbeschluss vom 3.5.2021 getroffene Abwägungsentscheidung nicht zu beanstanden. Abwägungsfehler im Hinblick auf die Existenzbetroffenheit des klägerischen landwirtschaftlichen Betriebs und auch im Hinblick auf die Betroffenheit des Klägers im Übrigen liegen nicht mehr vor. Auch andere bzw. neue Abwägungsfehler, die zur Feststellung der Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses führen, wurden weder vorgetragen noch sind sie für das Gericht ersichtlich.
57
2.2.2.1 Es ist nicht zu beanstanden, dass die Planfeststellungsbehörde davon ausging, dass durch die Verbindlicherklärung des Ersatzlandangebots eine mögliche Existenzgefährdung des klägerischen Betriebs ausgeschlossen werden kann.
58
Hierbei ergibt sich auch kein Fehler daraus, dass sie offen ließ, ob es sich bei dem Kläger um einen Nebenerwerbslandwirt oder einen Vollerwerbslandwirt handelt. Die Behörde konnte für beide Betriebsarten davon ausgehen, dass nach allgemeiner Erfahrung ein Abtretungsverlust von bis ca. 5% einen gesunden landwirtschaftlichen Betrieb in der Regel noch nicht gefährdet (vgl. BayVGH, U.v. 19.10.1993 - 8 A 93.40001, 8 A 93.40002 - juris; BayVGH, U.v. 28.10.2020 - 18.400046 - juris). Vor diesem Hintergrund ist auch der Einwand der Klägerseite nicht zielführend, dass der Gutachterauftrag zu kurz greife und für das Gutachten des Sachverständigen Betriebsdaten des Klägers angefordert werden hätten müssen. Im Gutachten wurde in nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass der Anhaltswert der Rechtsprechung von 5% unabhängig von der konkreten Einordnung des klägerischen Betriebs als Neben- oder Vollerwerbsbetrieb angesetzt werden sollte. Unstrittig ist auch, dass der Flächenverlust durch das Straßenbauvorhaben R 30 ohne Berücksichtigung des Ersatzlandangebotes bei über 5% liegt. In Anbetracht dessen, dass die angebotene Teilfläche von 18.000 m² aus der FlNr. 105/2 deutlich über der direkt in Anspruch genommenen Fläche von 12.530 m² und auch deutlich über der im Gutachten angenommenen Fläche von ca. 12.700 m² (Annahme inklusive unwirtschaftlicher Restflächen) liegt, fallen auch kleinere Differenzen zwischen Klägerseite und Beklagtenseite im Hinblick auf den genauen prozentualen Flächenverlust nicht ins Gewicht. Entgegen der Ansicht der Klägerseite musste die Behörde bei der gewählten Vorgehensweise auch nicht zwingend eine Existenzgefährdung des Betriebes als wahr unterstellen. Es ist ausreichend, dass die Planfeststellungsbehörde erkannt hat, dass angesichts des Flächenverlustes von über 5% grundsätzlich die Möglichkeit besteht, dass der Betrieb des Klägers in seiner Existenz gefährdet wird, was die Behörde ausweislich ihrer Ausführungen auf Seite 6 des Ergänzungsbeschlusses vom 3.5.2021 auch getan hat.
59
Um eine Existenzgefährdung auszuschließen, besteht bei einem Flächenverlust von über 5% grundsätzlich die Notwendigkeit einer näheren Abklärung, z.B. durch ein Sachverständigengutachten zum betroffenen Betrieb. Es ist in der Rechtsprechung allerdings auch anerkannt, dass der Anhaltswert von 5% auch eingehalten ist, wenn die Abtretungsverluste durch geeignete und vertretbare Angebote von Ersatzland unter dieser Grenze gehalten werden (vgl. BayVGH, U.v. 15.4.2016, 8 A 15.40003 - juris; BayVGH, U.v. 24.9.2008 - 8 A 07.40048 - juris; BayVGH, U.v. 28.10.2020 - 8 A 18.40046 - juris). Dem Kläger wurde im vorliegenden Fall zum Ausgleich des Flächenentzugs von ca. 12.700 m² Ackerland eine Fläche von 18.000 m² Ackerland durch den Vorhabenträger angeboten. Im Ergänzungsbeschluss vom 3.5.2021 wurde dieses Angebot für den Vorhabenträger verbindlich erklärt. Weitere Ermittlungen zur Existenzgefährdung des Betriebes auf Grund der Reduzierung des Flächenverlustes unter den Anhaltswert von 5% sind jedoch nur dann nicht erforderlich, wenn die angebotene Ersatzfläche unter Berücksichtigung der konkreten Ausgestaltung und Bedürfnisse des Betriebs zum Ausgleich des Verlustes geeignet ist und damit ein zumutbares Ersatzlandangebot vorliegt, was vorliegend der Fall ist.
60
Soweit die Klägerseite davon ausgeht, dass bereits im Rahmen der Abwägung auf der Ebene des Planfeststellungsbeschlusses nur ein wertgleicher Flächenausgleich geeignet ist, die Existenzgefährdung auszuschließen und folglich jegliches nicht wertgleiche Angebot nicht geeignet ist, den festgestellten Abwägungsmangel zu beheben, ist dies nicht zutreffend. Zwar kann die Planfeststellungsbehörde in den Fällen, in denen Grundstücke durch das Vorhaben unmittelbar in Anspruch genommen werden, auf deren Nutzung der Eigentümer möglicherweise existenziell angewiesen ist, für die Lösung des Konflikts nicht in ein nachfolgendes Enteignungsverfahren bzw. Entschädigungsverfahren verweisen. Aber es kommt auf der Ebene der Planfeststellung noch nicht auf einen wertgleichen Ausgleich durch ein Ersatzlandangebot an. Vielmehr muss das angebotene Ersatzland grundsätzlich geeignet sein, so dass bei einer Annahme dieses Angebots davon ausgegangen werden kann, dass der klägerische Betrieb unter Zugrundelegung einer Bewirtschaftung mit der neuen Fläche an Stelle der vorhabenbedingt in Anspruch genommenen, nicht in seiner Existenz gefährdet ist. Soweit trotz einer grundsätzlichen Geeignetheit des Ausgleichs für den Betrieb Nachteile verbleiben, ist dies eine Frage des Ausgleichs in einem späteren Entschädigungsverfahren (vgl. BayVGH, U.v. 29.9.1998 - 8 A 97.40042 - juris).
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Auch soweit die Klägerseite vorbringt, dass dem Kläger nicht einseitig vom Vorhabenträger ein Ersatzlandangebot aufgezwungen werden könne, führt dies nicht zum Erfolg. Dies ist zwar insoweit zutreffend, als der Kläger nicht zur Annahme des Ersatzlandangebots gezwungen werden kann. Allerdings kann ein betroffener Landwirt ein Angebot, das geeignet ist, die geltend gemachte Existenzgefährdung seines Betriebs zu verhindern, nicht ablehnen, ohne dass deshalb dieser Abwägungsposten an Gewicht verliert oder ganz ausfällt (vgl. BverwG, U.v. 8.6.1995 - 4 C 4/94 - juris; BayVGH, U.v. 5.5.1998 - 8 A 97.40001 u.a. - juris). Der Landverlust ist ein - unter Umständen entscheidender - Faktor für die Fortführung eines landwirtschaftlichen Betriebs. Es ist von einem Landwirt - wie auch sonst von selbständig Tätigen - zu verlangen, dass er ihm zumutbare Chancen nutzt, um die Rentabilität des Betriebes zu erhalten. Hierzu gehört auch die Bereitschaft, Ersatzland anstelle des abzugebenden anzunehmen und in den Betrieb einzubeziehen, sofern ihm dies nach den konkreten Umständen zumutbar ist (vgl. auch BayVGH, U.v. 19.10.1993 - 8 A 93.40001 - juris). Ausgehend hiervon kann bereits ein zumutbares Ersatzlandangebot auch bei der Frage des Flächenverlustes bzw. der Gefahr einer möglichen Existenzgefährdung berücksichtigt werden.
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Ebenfalls nicht zielführend ist das Vorbringen der Klägerseite, dass der Vorhabenträger dem Kläger bestimmte Grundstücke anbieten müsse, da nur diese nach Ansicht des Klägers geeignet für einen Ausgleich seien bzw. dass bestimmte Grundstücke dem Kläger angeboten werden müssten, weil der Vorhabenträger sie auch anderen Landwirten anbieten würde, die nach Ansicht des Klägers nicht vorhabenbedingt in ihrer Existenz bedroht seien. Unabhängig davon, ob die vom Kläger als Ausgleich begehrten Grundstücke dem Vorhabenträger überhaupt zur Verfügung stehen, bzw. ob und wem sie zu welchem Preis angeboten worden waren oder sind, hat der Kläger keinen Anspruch auf ein bestimmtes Grundstück. Entscheidend ist vielmehr - wie bereits ausgeführt - die grundsätzliche Eignung der angebotenen Ersatzfläche zur Flächenreduzierung unter den Anhaltswert von 5% und damit grundsätzlich zu einer Vermeidung einer möglichen Existenzgefährdung des klägerischen Betriebs.
63
Von einer solchen grundsätzlichen Eignung konnte die Planfeststellungsbehörde vorliegend auch abwägungsfehlerfrei für die vom Vorhabenträger angebotene Teilfläche von 18.000 m² aus der FlNr. 105/2 als Ersatz für die Entzugsfläche von 12.720 m² aus der FlNr. 587 des Klägers ausgehen. Die Planfeststellungsbehörde stützte sich bei ihrer Abwägungsentscheidung im Wesentlichen auf das vom Vorhabenträger eingeholte Gutachten des Sachverständigen vom 9.3.2021. In diesem kam der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass die angebotene Teilfläche aus dem Flurstück 105/2 mit einer Größe von 18.000 m² uneingeschränkt als Ersatzfläche für den Betrieb des Klägers geeignet sei und dadurch eine mögliche Existenzgefährdung für den landwirtschaftlichen Betrieb abgewendet werde. Diese Vorgehensweise ist nicht zu beanstanden. Die Planfeststellungsbehörde konnte sich auf die Aussage des Gutachtens stützen, da dieses eine geeignete und ausreichende Grundlage zur Beurteilung der Frage der grundsätzlichen Eignung des Ersatzlandangebots für den klägerischen Betrieb und des Ausschlusses einer möglichen Existenzgefährdung für diesen bietet.
64
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen der Klägerseite. Soweit diese sinngemäß vorbrachte, dass das Gutachten ohne die Einbeziehung des Klägers bei seiner Erstellung nicht verwertbar sei, trifft dies nicht zu. Unabhängig davon, dass dem Kläger eine Teilnahme am Ortstermin ermöglicht worden wäre und hierzu mehrere Termine zur Absprache angeboten worden sind, ist nicht erkennbar, welche Defizite durch die fehlende Mitwirkung zu einer fehlenden Aussagekraft des Gutachtens zur grundsätzlichen Eignung des Ersatzlandes zum Ausgleich der vorhabensbedingt entzogenen Fläche mit der Konsequenz, dass eine Existenzgefährdung ausgeschlossen werden kann, dem Gutachten anhaften. Wie bereits oben ausgeführt, erübrigten sich beim Ansatz der Planfeststellungsbehörde, über ein verbindliches Ersatzlandangebot den Flächenverlust unter den Anhaltswert von 5% zu reduzieren, weitere Ermittlungen zum Betrieb. Aus den vorliegenden Daten zum Betrieb des Klägers, die zum Teil im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 8.10.2020 vom Kläger selbst gemacht wurden, und dem vorhandenen Datenbestand ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Betrieb des Klägers dergestalt Besonderheiten aufweist, dass ein Abstellen auf den Anhaltswert von 5% im Sinne der Rechtsprechung zur Existenzgefährdung landwirtschaftlicher Betriebe nicht zutrifft. Entsprechendes wurde auch nicht substantiiert vorgetragen. Vielmehr verweist die Klägerseite lediglich allgemein darauf, dass die Existenzgefährdung nicht alleine nach dem Flächenverlust beurteilt werden könne bzw. dass das angebotene Ersatzland nicht geeignet sei, eine Existenzgefährdung durch das Straßenbauvorhaben abzuwenden. Nähere Gründe, warum für den klägerischen Betrieb der Anhaltswert von 5% nicht gelte, werden jedoch nicht vorgetragen. Die vorgetragenen Gründe betreffen vielmehr die Geeignetheit bzw. die Frage der Wertgleichheit des angebotenen Ersatzlandes, wobei es auf letzteres hier jedoch nicht ankommt (s.o.).
65
Eine fehlende Aussagekraft des Gutachtens ergibt sich auch nicht daraus, dass zwei Flächen (FlNrn. 547 und 547/1) im Gutachten als Ackerflächen berücksichtigt wurden und nicht als Wiesen, was sie in Wirklichkeit aber wohl sind. Die Angaben entnahm der Gutachter, was sich auch aus dem Gutachten ergibt, aus dem „integrierten Bayerischen Landwirtschaftlichen Informations-System“ (iBALIS) der Landwirtschaftsverwaltung (Amt für Landwirtschaft R). Auch im Eigentümernachweis des Amtes für Digitalisierung, Breitband und Vermessung in R1 … würden sie als Ackerland geführt. Da beide Flächen lediglich im Rahmen der Gesamtfläche eine Rolle spielen und nicht direkt im Ausgleich involviert sind, vermag das Gericht hierin keinen grundlegenden Fehler des Gutachtens zu erkennen, der zu einer Ungeeignetheit des Gutachtens im Hinblick auf den zu Grunde liegenden Auftrag führen würde. Die Flächen wurden zu Recht als landwirtschaftliche Flächen zum Ansatz gebracht. Die Frage Ackerland oder Dauergrünland spielt hierbei keine Rolle.
66
Auch soweit der Kläger sinngemäß vorbrachte, dass die dem Gutachten zugrunde gelegten Angaben zur Bonität nicht stimmen könnten, da der Landwirt, der das Ersatzgrundstück derzeit bewirtschafte, dieses über einen längeren Zeitraum nicht ordnungsgemäß gedüngt habe und die Angaben zur Bonität daher veraltet sein müssten, belegt dies nicht die Ungeeignetheit des Gutachtens zur Klärung der gestellten Frage. Der Beweisantrag der Klägerseite zur Einholung eines weiteren Gutachtens bzw. zur Ergänzung des Gutachtens auf Einholung eines neuen Gutachtens bzw. Ergänzung des Gutachtens auf Grundlage aktueller Bodenzahlen, Ackerzahlen sowie Zustandsstufen nach Durchführung einer Bodenuntersuchung auf den FlNrn. 587, 105/2 konnte aus diesem Grunde abgelehnt werden.
67
Liegt - wie hier - bereits ein Gutachten zu einer entscheidungserheblichen Tatsache vor, steht es nach § 98 VwGO, § 412 Abs. 1 ZPO im Ermessen des Gerichts, ob es ein zusätzliches Sachverständigengutachten einholt. Dies gilt auch, wenn das Gutachten von einer Behörde im Verwaltungsverfahren eingeholt wurde (BVerwG, B.v. 3.2.2010 - 7 B 35/09 - beck-online). Dies trifft auch auf den Landkreis als Vorhabenträger zu bzw. ist jedenfalls vergleichbar. Ein weiteres Gutachten wäre veranlasst gewesen, wenn sich das vorliegende als ungeeignet erwiesen hätte, die entscheidungserhebliche Frage zu klären. Gutachten und fachtechnische Stellungnahmen sind dann ungeeignet, wenn sie grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweisen, wenn sie von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgehen, wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht, ein anderer Sachverständiger über neue oder überlegenere Forschungsmittel oder größere Erfahrung verfügt oder wenn das Beweisergebnis durch substantiierten Vortrag eines der Beteiligten oder durch eigene Überlegungen des Gerichts ernsthaft erschüttert wird (BVerwG, B. v. 3.2.2010 - 7 B 35/09 - beck-online m.w.N.). Dies ergibt sich vorliegend weder aus dem Klägervortag, noch ist es sonst für das Gericht ersichtlich.
68
Zwar ergab die mündliche Verhandlung, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Bonitätsangaben aus den 60er Jahren stammen würden. Allerdings bestätigte der Gutachter im Rahmen der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar, dass er die Zahlen, auch wenn sie bereits aus den 60er Jahren stammen sollten, für geeignet halte, seinen Gutachterauftrag zu erfüllen. Insbesondere erklärte er vor dem Hintergrund des klägerischen Vorbringens zur mangelhaften Düngung ausdrücklich, dass sich zwar im Hinblick auf die Zustandsstufe in 50 Jahren eine Veränderung ergeben könne, nicht jedoch im Hinblick auf die Bodenzahl. Dies erscheint vor dem Hintergrund, dass die Bodenzahl in erster Linie von der Bodenart und -aufbau abhängig ist und sich die Ackerzahl aus der Bodenzahl durch Zu- und Abschläge für ertragsmindernde oder auch ertragsfördernde sonstige natürliche Ertragsfaktoren errechnet, nachvollziehbar. Auch für die Zustandsstufe ergibt sich eine Abhängigkeit von Faktoren wie Durchwurzelbarkeit, Humusgehalt und Steingehalt. Zweifel an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters, der ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für „Landwirtschaftliche Bewertung und Schätzung“, Landwirtschaftsmeister und Mitglied mehrerer Gutachterausschüsse für Grundstückswerte ist, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Die Angaben des Klägers zur mangelhaften Düngung auf der Ersatzfläche zeigen daher keine systemischen Mängel im Gutachten auf. Unabhängig davon, ob die Aussage überhaupt zutrifft, dass ein anderer Landwirt über 1 ½ Generationen dieses Feld zu wenig gedüngt habe, hat sie jedenfalls keinen Einfluss auf die grundsätzliche Bonität, anhand derer bereits ein grundsätzlicher Vergleich der Flächen möglich ist. Soweit die mündliche Verhandlung ergeben hat, dass eine valide Aussage zum Düngezustand der Flächen nur durch eine Bodenuntersuchung möglich sei und eine solche nicht durchgeführt worden sei, ergibt dies ebenfalls keinen Bedarf nach einer Einholung eines weiteren bzw. ergänzenden Gutachtens. Mit dem Gutachten soll lediglich die grundsätzliche Eignung des Ersatzlandes für den klägerischen Betrieb geklärt werden. Dass hierfür eine Bodenuntersuchung nicht erforderlich war, wurde vom Gutachter im Rahmen der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar erklärt. Aus den oben genannten Gründen kann davon ausgegangen werden, dass selbst ein unterstelltes längeres Düngedefizit keinen Einfluss auf die Bodenzahl bzw. Ackerzahl gehabt hätte und überdies ausgleichbar wäre. Damit kann davon ausgegangen werden, dass der Düngezustand keine Frage der grundsätzlichen Eignung des Ersatzlandes ist und ggf. festgestellte Defizite eine Frage möglicher Entschädigungen wären. Auch die Vertreterin des Sachgebiets „Agrarstruktur und Umweltbelange in der Landwirtschaft“ der Regierung der O. bestätigte die Einschätzung des Gutachters zur fehlenden Notwendigkeit einer Bodenuntersuchung und der Eignung der vorliegenden Parameter zur Klärung der grundsätzlichen Eignung des Ersatzlandes. Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass der gestellte Beweisantrag der Klägerseite auf Einholung eines neuen Gutachtens bzw. Ergänzung des Gutachtens auf Grundlage aktueller Bodenzahlen, Ackerzahlen sowie Zustandsstufen nach Durchführung einer Bodenuntersuchung auf den FlNrn. 587, 105/2 abgelehnt werden konnte, da sich keine ernsthaften Zweifel an der Geeignetheit des Gutachtens zur Klärung der grundsätzlichen Geeignetheit des Ersatzlandes ergaben und die Frage des Düngezustandes keine Frage der grundsätzlichen Eignung ist und damit eine Klärung des Düngezustandes vorliegend nicht entscheidungserheblich ist (vgl. § 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 StPO analog). Die Frage einer Wertgleichheit ist weder vom Gutachterauftrag erfasst noch hier entscheidend.
69
Nach den von Beklagtenseite zugrunde gelegten Zahlen weist das Ersatzland im Hinblick auf die Bodenzahl, die Ackerzahl und die Zustandsstufe im Vergleich zum klägerischen Grundstück FlNr. 587 klar bessere Werte auf. So liegt die Bodenzahl des Ersatzgrundstücks bei 83, während die Abzugsfläche im Südostteil einen Wert von 71 und im Westteil von 68 aufweist. Die Ackerzahl liegt bei der FlNr. 105/2 bei 81 im Vergleich zu durchschnittlich 68 beim klägerischen Grundstück. Auch die Zustandsstufe stellt sich mit 2 im Vergleich zum klägerischen Grundstück, welches im Durchschnitt eine Zustandsstufe von 3,3 aufweist, besser dar. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass das angebotene Ersatzland auf Grund einer fehlenden Bonität nicht zum Ausgleich der entzogenen Fläche geeignet ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem klägerischen Vorbringen, die Ersatzfläche sei vernässt. Diese Behauptung wird in keiner Weise konkret belegt. Zudem konnten weder bei den Ortsterminen durch den Gutachter noch durch eine Mitarbeiterin des Sachgebiets „Agrarstruktur und Umweltbelange in der Landwirtschaft“ der Regierung der O. Anhaltspunkte hierfür festgestellt werden. Zudem wäre dies ein natürlicher ertragsmindernder Faktor, der in der Ackerzahl Berücksichtigung finden würde. Diese liegt jedoch bei 81 im Vergleich zur Bodenzahl 83, was gegen gravierende natürliche ertragsmindernde Faktoren spricht, wie die Regierung der O. (Sachgebiet „Agrarstruktur und Umweltbelange in der Landwirtschaft“) in ihrer Stellungnahme vom 28.4.2021 nachvollziehbar ausführt.
70
Ein untaugliches Ersatzlandangebot ergibt sich vorliegend auch nicht daraus, dass das angebotene Ersatzgrundstück anders als die Entzugsfläche nicht an die Hofstelle des Klägers anschließt. Dies und die dadurch anfallenden Mehrwege bei der Bearbeitung der Ackerfläche führen zwar voraussichtlich zu Nachteilen für den Kläger. Diese sind jedoch nicht dergestalt, dass die angebotene Fläche für den klägerischen Betrieb ungeeignet wäre und damit eine Reduzierung der Verlustfläche unter 5% nicht angenommen werden könnte. Dem Kläger verbleiben nach Abzug der Teilfläche von ca. 12.700 m² aus der FlNr. 587 noch ein Hofstellengrundstück von ca. 12,68 ha. Es liegt auf der Hand, dass dem Betrieb damit noch ausreichend Hofgrundstücksfläche für Entwicklungsmöglichkeiten verbleiben. Auch ist das Ersatzgrundstück mit einer Entfernung von ca. 1,12 km bis ca. 1,43 km und mehreren Anfahrtsmöglichkeiten auf öffentlich-gewidmeten Wegen hofnah gelegen. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Ersatzfläche für Ackerbewirtschaftung im Rahmen des klägerischen Betriebs auf Grund der fehlenden Arrondierung ungeeignet wäre. Hierdurch entstehende Nachteile können auf der Ebene der Entschädigung gegebenenfalls ausgeglichen werden. Ein zwingender Ausgleich einer Hofanschlussfläche mit einem ebenfalls arrondierenden Grundstück ist für die Frage der grundsätzlichen Geeignetheit des Ersatzlandes zur Reduzierung des Flächenverbrauchs und damit zur Vermeidung einer möglichen Existenzgefährdung des klägerischen Betriebs nicht erforderlich. Im Übrigen zeigt sich auch im Klägervortrag selbst, dass der Anschluss einer Ersatzfläche an das Hofgrundstück nicht ausschlaggebend für den Betrieb sein kann, da der Kläger als seiner Meinung nach wertgleiche Ersatzgrundstücke die FlNrn. 170 u. 171 der Gemarkung … vorschlägt bzw. moniert, dass der Vorhabenträger ihm die FlNr. 1003 der Gemarkung … nicht als Ersatzland anbiete. Die FlNrn. 170, 171 liegen in etwa gleich weit entfernt von der Hofstelle wie das angebotene Ersatzland. Das Grundstück FlNr. 1003 der Gemarkung … ist sogar weiter entfernt als das angebotene Ersatzgrundstück.
71
Eine Ungeeignetheit des angebotenen Ersatzgrundstückes ergibt sich auch nicht aus dem klägerischen Vortrag, er könne die FlNr. 105/2 nicht bewirtschaften. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Kläger ein fast rechteckiges Ackergrundstück mit einer Größe von 18.000 m² für nicht mit seinen bzw. den Maschinen von Lohnunternehmen bewirtschaftbar hält. Soweit der Kläger hierzu vorbringt, dass er auf der Fläche den Aufbau von Maschinen nicht für möglich hält, ist anzumerken, dass zahlreiche Landwirte Felder mit noch kleineren Größen bewirtschaften müssen, ohne hierzu eine gesonderte „Aufstellfläche“ zu diesem Zweck zu haben und auch nicht alle Landwirte ihre gesamten Ackerflächen als arrondierende Flächen haben und dennoch existenzfähig sind. Im Übrigen besteht vorliegend sogar die Besonderheit, dass der Kläger nach Aussage des beigeladenen Vorhabenträgers einen Wendehammer mit einem Mindestdurchmesser von 20 m zwischen dem geplanten Regenrückhaltebecken im Norden der FlNr. 105/2 und dem geplanten Ersatzgrundstück zum Aufbau seiner Maschinen nutzen darf. Warum eine Bewirtschaftung durch den Kläger bzw. durch Lohnunternehmen dennoch nicht möglich sein soll, erschließt sich dem Gericht nicht. Auch der Gutachter kommt in seinem Gutachten zu dem Schluss, dass der geplante Wendehammer ausreichend groß dimensioniert ist, um diesen z.B. auch für den An- und Abbau von Maschinen und Arbeitsgeräten sowie für den An- und Abbau des Schneidwerks von einem sehr großen Mähdrescher nutzen zu können. Im Übrigen ist auch hier nicht nachvollziehbar, warum eine Bewirtschaftung dieser Fläche sogar trotz geplantem Wendehammer nicht möglich sein soll, eine Bewirtschaftung der ebenfalls nicht an die Hoffläche anschließenden FlNr. 170, 171 der Gemarkung … bzw. FlNr. 1003 der Gemarkung …, jeweils ohne Wendehammer, hingegen schon.
72
Auch soweit der Kläger behauptet auf der Teilfläche FlNr. 105/2 zu allen Seiten einen Dünge- und Pflanzenschutzabstand von 10 m einhalten zu müssen und so mindestens 5000 m² unbewirtschaftbar seien, führt dies nicht zu einer anderen Einschätzung bezüglich der Geeignetheit. Zum einen konnte ein solcher grundstücksbedingter Grenzabstand bereits nicht bestätigt werden. So führte das Sachgebiet „Agrarstruktur und Umweltbelange in der Landwirtschaft“ der Regierung der O. nachvollziehbar aus, dass Auflagen bei der Ausführung von Dünge- und Pflanzenschutzmaßnahmen vorrangig den Schutz von Gewässern, natürlichen Strukturen, wie z.B. Hecken oder den Schutz von Menschen zum Ziel hätten. Das geplante Ersatzgrundstück grenzt jedoch weder an Siedlungsflächen, Hecken oder Gewässer an. Auch der Gutachter führte im Rahmen der mündlichen Verhandlung ergänzend zum Gutachten aus, dass Abstandsgebote bis zu 10 m Flächen bei Fließgewässern an stark erosionsgefährdeten Hanglagen betreffen würden. Auf der FlNr. 105/2 gibt es hierfür ersichtlich keine Anhaltspunkte. Lediglich ergänzend weist das Gericht zudem darauf hin, dass selbst bei der angenommenen Flächenreduzierung von 5000 m², für die es keinerlei Anhaltspunkte gibt, immer noch 13.000 m² Ausgleichsfläche verblieben und damit immer noch der Flächenverlust von ca. 12.700 m² vollumfänglich ausgeglichen würde. Nach alledem konnte die Planfeststellungsbehörde auf Grundlage des Gutachtens davon ausgehen, dass die angebotene Ersatzfläche von 18.000 m² auf der FlNr. 105/2 grundsätzlich zum Ausgleich der vorhabenbedingt in Anspruch genommenen Fläche inkl. unwirtschaftlicher Restfläche von ca. 12.700 m² aus der FlNr. 587 geeignet ist und damit aufgrund des verbindlichen und zumutbaren Ersatzlandangebotes einen Flächenverlust von unter 5% annehmen. Da, wie bereits ausgeführt, keine Besonderheiten des klägerischen Betriebs vorgetragen oder ersichtlich sind, die zur Annahme führen, dass trotz eines vollständigen Flächenausgleiches bzw. sogar eines leichten Flächengewinns, von einer Existenzgefährdung des klägerischen Betriebs auszugehen sei, konnte die Planfeststellungsbehörde beanstandungsfrei eine mögliche Existenzgefährdung auf Grund des zumutbaren Ersatzlandangebotes ausschließen.
73
Auch aus dem übrigen Vortrag der Klägerseite ergibt sich kein Abwägungsfehler im Hinblick auf den klägerischen Betrieb. Soweit die Klägerseite vorbringt, dass auch die Belastung des Betriebes durch die Zuwegung zur R 30 von Baukm 4+500, dessen Verlegung der Kläger nach Osten begehrt, bei der Existenzgefährdung zu berücksichtigen sei, ist anzumerken, dass im Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 8.10.2020 bereits festgestellt wurde, dass eine unzumutbare Belastung des Klägers durch unzulässige Immissionen hierdurch nicht erkennbar ist (vgl. Urteil des VG Regensburg im Verfahren RO 2 K 19.1416 vom 8.10.2020 S. 18 ff.). Der Antrag auf Zulassung der Berufung des Klägers auch hiergegen blieb ohne Erfolg (vgl. Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 23.6.2021 im Verfahren 8 ZB 20.3046). Weitere Gründe, inwieweit die Zuwegung negative und möglicherweise alleine oder in Zusammenschau mit anderen vorhabenbedingten Auswirkungen existenzgefährdende Auswirkungen auf den klägerischen Betrieb habe, wurden weder substantiiert vorgetragen noch sind sie ersichtlich.
74
Insgesamt sind für das Gericht Abwägungsfehler des Planfeststellungsbeschlusses in der ergänzten Fassung im Hinblick auf eine mögliche Existenzgefährdung des klägerischen Betriebs nicht ersichtlich. Eine mögliche Existenzgefährdung des klägerischen Betriebs wurde zu Recht verneint.
75
2.2.2.2 Auch soweit die Planfeststellungsbehörde in ihrer Abwägung die vorhabenbedingten Nachteile für den klägerischen Betrieb als nachranging zum Interesse an der Errichtung der geplanten Kreisstraße einstufte, ist ein Abwägungsfehler nicht erkennbar.
76
Auch im Übrigen liegen keine Gründe vor, die zur Feststellung der Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses der Regierung der O. vom 12.12.2012 in Gestalt des Ergänzungsbeschlusses der Regierung der O. vom 3.5.2021 für die Kreisstraße R 30 „P1 … - K1 … (Bundesstraße 15)“ - Neubau der Kreisstraße R 30 (Südspange) führen.
77
Insgesamt war die Klage daher vollumfänglich abzuweisen.
78
3. Die Kosten des Verfahrens hat gemäß § 154 Abs. 1 VwGO der Kläger zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen waren gemäß § 162 Abs. 3 VwGO dem Kläger aufzuerlegen, weil der Beigeladene einen eigenen Antrag gestellt hat und somit auch ein Kostenrisiko getragen hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
79
4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m.§§ 708 ff. ZPO.