Titel:
Kostenverteilung bei Antragsrücknahme bei einem Rückführungsverfahren nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen
Normenketten:
FamFG § 81
HKÜ Art. 13 Abs. 2
Leitsätze:
1. Die Antragsgegnerin hat durch das rechtswidrige Verbringen der gemeinsamen Kinder von der Ukraine nach Deutschland iSd § 81 Abs. 2 Nr. 1 FamFG durch grobes Verschulden Anlass für die Antragstellung im HKÜ-Verfahren gegeben. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
2. Da die Kinder sich offenbar der Rückführung iSd Art. 13 Abs. 2 HKÜ widersetzen und dies vom Erstgericht nach Auffassung des Beschwerdesenats nicht ausreichend geprüft wurde sowie aufgrund des Umstandes, dass der Antragsteller dem Verbleib der Kinder in Deutschland inzwischen zugestimmt hat, war die Beschwerde der Antragsgegnerin nicht ohne Aussicht auf Erfolg. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Antragsrücknahme, Erledigung, Gerichtskosten, billiges Ermessen, grobes Verschulden, Kinder, Ukraine
Vorinstanz:
AG München, Beschluss vom 23.09.2021 – 567 F 7440/21
Fundstelle:
BeckRS 2022, 14803
Tenor
1. Das Rückführungsverfahren nach dem Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführungen (HKÜ) ist durch Antragsrücknahme erledigt.
2. Die Gerichtskosten beider Instanzen tragen die beteiligten Eltern je zur Hälfte; außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
1
Der Antragsteller hat mit Schriftsatz seiner Rechtsanwältin vom 03.02.2022 seinen Antrag auf Rückführung der gemeinsamen Kinder der beteiligten Eltern in die Ukraine zurückgenommen, weshalb nur noch über die Kosten des Rückführungsverfahrens zu entscheiden war.
2
Mit Beschluss vom 23.09.2021 hat das Amtsgericht München die Antragsgegnerin verpflichtet, die gemeinsamen Kinder in die Ukraine zurückzuführen, nachdem sie die Kinder ohne Zustimmung des mitsorgeberechtigten Vaters und somit unter Verletzung seines (Mit-)Sorgerechts vom bisherigen gewöhnlichen Aufenthalt der Kinder in der Ukraine nach Deutschland verbracht hatte (Art.3 und 12 HKÜ).
3
Gegen diesen Beschluss legte die Antragsgegnerin form- und fristgerecht Beschwerde ein, die sich durch die Rücknahme des Rückführungsantrags seitens des Antragsgegners erledigt hat.
4
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 14 Nr.2 IntFamRVG, 83 Abs. 2, 81 Abs. 1 und 2 FamFG.
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Nach § 81 Abs. 1 FamFG ist über die Kosten nach billigem Ermessen zu entscheiden. Das Gericht kann im Rahmen dieses Ermessens den Beteiligten die Kosten ganz oder zum Teil auferlegen.
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Im vorliegenden Verfahren entspricht es der Billigkeit, die entstandenen Gerichtskosten zwischen den beteiligten Eltern aufzuteilen.
7
Die Antragsgegnerin hat durch das rechtswidrige Verbringen der gemeinsamen Kinder von der Ukraine nach Deutschland i.S.d. § 81 Abs. 2 Nr.1 FamFG durch grobes Verschulden Anlass für die Antragstellung im HKÜ-Verfahren gegeben.
8
Da die Kinder sich offenbar der Rückführung i.S.d. Art. 13 Abs. 2 HKÜ widersetzen und dies vom Erstgericht nach Auffassung des Beschwerdesenats nicht ausreichend geprüft wurde, sowie aufgrund des Umstandes, dass der Antragsteller dem Verbleib der Kinder in Deutschland inzwischen zugestimmt hat, war die Beschwerde der Antragsgegnerin nicht ohne Aussicht auf Erfolg.
9
Bei dieser Sachlage wäre es unbillig nur einer oder einem der Beteiligten die Gerichtskosten allein aufzuerlegen.
10
Die Festsetzung eines Verfahrenswerts von Amts wegen ist im Hinblick auf den Festwert gem. Nr. 1720, 1722 FamGKG entbehrlich. Ein Antrag nach § 33 RVG mit der Darstellung der Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 und 2 RVG liegt nicht vor.