Titel:
keine Rückforderung bezahlter Rechtsanwaltsvergütungen im Falle einer einvernehmlichen Aufhebung des Anwaltsvertrages
Normenkette:
BGB § 611, § 675
Leitsätze:
Zu den Folgen einer einvernehmlichen Aufhebung des Anwaltsvertrages. (Rn. 14 – 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Heben der Mandant und der Rechtsanwalt den Anwaltsvertrag einvernehmlich auf, so muss der Rechtsanwalt die bereits bezahlten und verdienten Gebühren nicht zurückbezahlen. (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Rechtsanwalt, Mandat, Vergütung, Aufhebungsvertrag
Fundstelle:
BeckRS 2022, 14484
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über Ansprüche aus beendeten Rechtsanwaltsverträgen.
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Der Kläger hat die Beklagtenkanzlei, diese vertreten durch Rechtsanwalt G., am 09.04.2014 beauftragt, beim Amtsgericht Plauen gerichtlich gegen Frau R. N. L. vorzugehen. Die Beklagte hat für ihre Tätigkeit am 26.08.2015 korrigiert Rechnung gelegt mit einem Guthaben zugunsten des Klägers in Höhe von 201,71 €.
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Der Kläger trägt vor, dass die im Schreiben vom 26.08.2015 erklärte Aufrechnung nicht wirksam sei, da der zur Aufrechnung gestellten Forderung Einwendungen gegenüber stünden.
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Der Kläger hat die Beklagte in Person des Rechtsanwalts G. darüber hinaus beauftragt, ihn in einem landgerichtlichen Verfahren beim Landgericht Zwickau zu vertreten. Konkret war die Beklagte aufgefordert worden, fristwahrend Berufung beim Landgericht Zwickau einzulegen und diese fristgerecht zu begründen. Der Kläger trägt vor, dass Rechtsanwalt G. diese Arbeiten erbracht hätte, jedoch vorsätzlich falsche Angaben und auch inhaltlich falsch vorgetragen hätte, mit der Folge, dass die Leistungen mangelhaft gewesen sein. Ferner hätte Rechtsanwalt G. am 05.05.2015 den Vertrag während des Laufs des Verfahrens gekündigt mit der Folge, dass der Kläger verpflichtet gewesen wäre, einen neuen Rechtsanwalt zu beauftragen und auch diesen zu bezahlen. Demgemäß stünde der Beklagten kein Honoraranspruch zu, mit der Folge, dass der bereits in Höhe von 1.009,59 € bezahlte Vorschuss von der Beklagten zurückzuzahlen sei. Die Ansprüche des Klägers seien nicht verjährt.
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Der Kläger beantragte zuletzt,
die Beklagten zu verurteilen 201,71 € aus der Rückforderung zu viel entrichteter Anwaltsgebühren aus dem Mandat 5 C 1142/13 Amtsgericht Plauen zu zahlen und
die Beklagten zu verurteilen 1.009,59 € aus der Rückforderung zu viel entrichteter Vorschusses aus dem Mandat 6 S 59/14 Landgericht Zwickau nach § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB, bei dem es sich eindeutig nicht um einen Schadensersatzanspruch handelt, durch die eindeutige einseitige Kündigung des Herrn G. mit den Worten „wir kündigen das Mandat“ vom 05.05.2014, da ihre bisherigen Leistungen infolge der Kündigung der Beklagten für den Kläger kein Interesse mehr hatte, weil der Kläger einen anderen Rechtsanwalt P. B. beauftragen musste, der sämtliche abgerechneten Gebühren nochmals verdiente (vgl. BGH, Urteil 29.09.2011, Az.: IX ZR 170/10) zurückzuzahlen, wobei klarstellend das Datum der Kündigung mit dem 05.05.2015 benannt wird und
hilfsweise, sollte der Richter nur aufgrund der Aussage des Herrn G. eine Vertragsauflösung/Rücktritt etc. unterstellen die hiermit nochmals durch die Ehefrau des Klägers, P. S-M., bestritten wird, da ein Rechtsanwalt nach Treue und Glauben nicht derart naiv agieren darf und in dieser Annahme somit gemeinsam mit der Ehefrau zum Nachteil des Mandanten R. M. Parteiverrat beging, beantragt, dass der Vorschuss zurückbezahlt wird, da gar kein Vertrag mehr existierte und somit keine Gebühr überhaupt entstanden sein kann.
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Der Beklagtenvertreter beantragte zuletzt,
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Die Beklagte trägt vor, dass aus dem Mandat zwischen den Parteien beim Landgericht Zwickau ein Guthaben zugunsten der Beklagten entstanden sei von 394,01 €, mit welchem gegen das Guthaben des Klägers aus dem Anwaltsvertrag beim Amtsgericht Plauen vom 09.04.2014 in Höhe von 201,71 € die Aufrechnung erklärt worden sei. Diese Gegenforderung sei nicht einredebehaftet. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, bereits geleistete Zahlungen an den Kläger zurückzuerstatten. Insbesondere habe die Beklagte keine mangelhafte Leistung erbracht und auch keine vorsätzlich falschen Angaben abgegeben. Ferner hätte die Beklagte auch inhaltlich keine falschen Angaben gegenüber dem Gericht abgegeben. Die Kündigung der Beklagten vom 05.05.2015 sei keine einseitige Erklärung der Beklagten gewesen, sondern einvernehmlich mit der Ehefrau des Klägers am gleichen Tag besprochen worden und einvernehmlich der Vertrag aufgehoben worden. Aus diesem Grund stünden dem Kläger auch keine Rückzahlungsansprüche wegen eines pflichtwidrigen Kündigens der Beklagten zur Unzeit zu. Ein eventueller Schaden des Klägers durch Neubeauftragung eines weiteren Rechtsanwalts würde bestritten.
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Im Übrigen wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
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Der Kläger konnte nicht beweisen, dass ihm ein Zahlungsanspruch gegen die Beklagte zusteht.
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1. Unstreitig steht dem Kläger ein Zahlungsanspruch gegen die Beklagte entsprechend der korrigierten Rechnung der Beklagten vom 26.08.2015 in Höhe von 201,71 € zu.
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2. Diese Forderung ist durch die wirksame Aufrechnung der Beklagten mit einer Gegenforderung erloschen. Insoweit hat die Beklagte zu Recht auf die Rechnung vom 26.05.2015 verwiesen, gemäß der der Beklagten ein Guthaben in Höhe von 394,01 € gegen den Kläger zustand und welches in der Höhe die Forderung des Klägers gegen die Beklagte überschritt.
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3. Dem Kläger steht gegen die Beklagte aus dem Anwaltsvertrag im Rechtsstreit beim Landgericht Zwickau kein Rückzahlungsanspruch zu.
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Entgegen dem Vortrag der Klägerseite kann sich ein möglicher Anspruch gegen die Beklagte nur aus einem Schadensersatzanspruch begründen. Der Kläger konnte insoweit ein pflichtwidriges Verhalten der Beklagten nicht beweisen.
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Unstreitig hat die Beklagte in Person von Rechtsanwalt G. durch die Einlegung der Berufung und die Begründung der Berufung die abgerechneten Anwaltsgebühren verdient.
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Die Kündigung vom 05.05.2015 stellt indes kein pflichtwidriges Verhalten der Beklagten dar. Aufgrund der vorgelegten Schreiben und Urkunden, die zwischen den Parteien gewechselt wurden, geht das Gericht davon aus, dass die Beklagte berechtigt war, in Übereinstimmung mit dem Kläger, dieser wirksam durch Anscheinsvollmacht durch seine Ehefrau vertreten, den Rechtsanwaltsvertrag einvernehmlich aufzuheben. Diese Aufhebung bedeutet, dass die bereits bezahlten und verdienten Gebühren bei der Beklagten verbleiben dürfen und ein Rückzahlungsanspruch des Klägers nicht gegeben ist. Eine einseitige Kündigung der Beklagten zur Unzeit, die Schadensersatzansprüche des Klägers rechtfertigen würde, sieht das Gericht nicht.
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Nicht entscheidungserheblich ist insoweit, ob, wie vom Kläger behauptet, eventuell der Beklagtenvertreter seine Leistungen mangelhaft erbracht hat. Ein substantiierter Vortrag des im Hinblick aufgrund der Mangelhaftigkeit des Vorgehens des Beklagtenrechtsanwalts entstandenen Schaden liegt nicht vor. Insoweit war der Kläger mehrfach auf den nicht ausreichenden Vortrag hingewiesen worden. Trotzdem kam von Klägerseite kein ausreichender substantiierter Vortrag. Insoweit muss darauf hingewiesen werden, dass die Hinweispflicht des Gerichts nicht, wie die Klägerseite vorträgt, darin besteht, dass das Gericht einer Partei genau vorgeben darf, welche Tatsachen und Beweise vorzulegen sind, damit ein Rechtsstreit erfolgreich für die Partei endet. Ein derartiges Vorgehen würde eine einseitige Beratung einer Partei darstellen, zu welcher das Gericht nicht berechtigt ist.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
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Die vorläufige Vollstreckbarkeit hat die Grundlagen in den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Der Streitwert wird auf 1.211,30 € festgesetzt.