Titel:
Kein Anspruch auf Ausbildungsförderung bei fehlendem Leistungsnachweis
Normenkette:
SGB I § 14, § 15
Leitsätze:
1. Die für die Ausstellung der Leistungsbescheinigung üblichen Leistungen muss der Auszubildende bis zum Ende des jeweils erreichten Fachsemesters erbracht haben. Dieses ist in der Regel das dem Ausstellungsdatum der Bescheinigung vorangegangene Semester. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
2. Mangels einer Rückwirkungsanordnung auf den Beginn des Semesters, und zwar des Verwaltungssemesters, kann eine Förderung erst ab dem Monat erfolgen, in dem eine Bescheinigung vorgelegt wird, in der der Leistungsstand zum Ende des jeweils erreichten Fachsemesters bestätigt wird. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine fiktiv auf unbestimmte Zeit gewährte Verlängerung der Vorlagefrist würde im Ergebnis die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 BAföG umgehen und die Vorschrift obsolet machen. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
4. Kann ein entsprechend späterer Leistungsnachweis nicht erbracht werden, weil der Leistungsrückstand nicht aufgeholt wurde, so ist es nur konsequent, entsprechend dem Zweck der Ausbildungsförderung, nur geeigneten Auszubildenden eine solche zu gewähren, die Förderung einzustellen. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
5. Es ist umstritten, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch entwickelten Grundsätze im Recht der Ausbildungsförderung überhaupt anwendbar sind. (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Ausbildungsförderungsrecht, Eignung, Verlängerung der Frist zur Vorlage des Leistungsnachweises, Überschreiten der Förderungshöchstdauer, Sozialrechtlicher Herstellungsanspruch, Leistungsrückstand, Nachweis
Fundstelle:
BeckRS 2022, 13707
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Das Prozesskostenhilfeverfahren wird eingestellt.
III. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin für die Monate Dezember 2015 bis Dezember 2017 einen Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) hat.
2
Die Klägerin studiert seit dem Wintersemester 2010/11 Humanmedizin (Staatsexamen) an der … … (...). Hierfür erhielt sie in dem Bewilligungszeitraum 7/2011 bis 9/2013 vom Beklagten Leistungen nach dem BAföG.
3
Mit Bescheid vom … … 2013 gab der Beklagte einem Antrag auf Verschiebung des Zeitpunkts der Vorlage des Leistungsnachweises nach § 48 Abs. 2 BAföG statt und gewährte der Klägerin eine um zwei Semester spätere Vorlage. Der Leistungsnachweis (das Physikumszeugnis) sei somit zum Beginn des Wintersemesters 2013/14 vorzulegen.
4
Am … … 2014 beantragte die Klägerin Ausbildungsförderung für den Bewilligungszeitraum 10/2014 bis 9/2015. Der vorgelegten Immatrikulationsbescheinigung lässt sich entnehmen, dass sich die Klägerin im Wintersemester 2014/15 im neunten Fachsemester befand. Weiter reichte sie das Physikumszeugnis vom … … 2014 über den … … … 2014 bestandenen Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung ein und legte eine am … … 2014 vom BAföG-Beauftragten der … ausgestellte Leistungsbescheinigung nach § 48 BAföG (Formblatt 5) vor, in der nicht bestätigt werden konnte, dass die Klägerin die bei geordnetem Verlauf ihrer Ausbildung bis zum Ende des achten Fachsemesters üblichen Leistungen am … … … erbracht habe. Handschriftlich wurde erläutert: „Zeugnis über den 1. Abschnitt d. Ärztl. Prüfung erst nach dem 8. Fachsemester“.
5
Mit Bescheid vom … … 2015 lehnte der Beklagte den Förderungsantrag ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin nicht den Leistungsnachweis vorgelegt habe, der für eine weitere Förderung ihres Studiums erforderlich sei. Aufgrund der in ihrem Fall gewährten Verschiebung der Vorlagepflicht um vier Semester müsse ihr Leistungsnachweis (bestandener Erster Abschnitt der Ärztlichen Prüfung = Physikum) belegen, dass sie die Leistungen von vier Semestern bis spätestens zum Ende ihres achten Fachsemesters, also bis zum Ende des Sommersemesters 2013, erlangt habe. Sie habe jedoch das Physikum erst im August 2014 abgelegt. Eine weitere zweisemestrige Verschiebung der Vorlage des Leistungsnachweises könne nicht mehr als angemessen nach § 48 Abs. 2 i.V.m. § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG angesehen werden.
6
Ein hiergegen am … … … eingelegter Widerspruch wurde mit bestandskräftigem Widerspruchsbescheid vom … … 2015 zurückgewiesen.
7
Am … … 2015 teilte der Abteilungsleiter des Beklagten im Rahmen eines persönlichen Gesprächs mit der Klägerin mit, dass ihr nachträglich noch Leistungen bewilligt werden könnten, falls der übliche Leistungsstand des siebten Fachsemesters zum Ende des Wintersemesters 2014/15 noch belegt werden könne.
8
Die Klägerin legte eine am … … 2015 vom Dekanat der Medizinischen Fakultät ausgestellte Leistungsbescheinigung nach § 48 BAföG vor, mit der bestätigt wurde, dass sie die bei geordnetem Verlauf ihrer Ausbildung bis zum Ende des siebten Fachsemesters üblichen Leistungen am … … 2015 erbracht habe.
9
Am … … 2015 stellte der BAföG-Beauftragte der Medizinischen Fakultät der … eine weitere Leistungsbescheinigung nach § 48 BAföG aus. Darin wurde bestätigt, dass die Klägerin die bei geordnetem Verlauf ihrer Ausbildung bis zum Ende des achten Semesters üblichen Leistungen am … … 2015 erbracht habe. Die Klägerin habe sich im Sommersemester 2013 im vierten Fachsemester befunden. Zu diesem Zeitpunkt hätten sämtliche sechzehn Scheine vorgelegen, die für die Bewilligung notwendig seien.
10
Mit Schreiben vom … … 2015 stellte der Bevollmächtigte der Klägerin im Hinblick auf die Leistungsbescheinigung nach § 48 BAföG vom … … 2015 einen Weiterförderungsantrag. Der vorgelegten Immatrikulationsbescheinigung ist zu entnehmen, dass die Klägerin im Wintersemester 2015/16 im elften Fachsemester ist.
11
Gegen die am … … 2015 ausgestellte Leistungsbescheinigung legte der Bevollmächtigte der Klägerin bei der … mit Schriftsatz vom … … 2016 Widerspruch ein, soweit als Datum der Leistungserbringung der … … 2015 ausgewiesen sei.
12
In den daraufhin eingereichten korrigierten Leistungsbescheinigungen nach § 48 BAföG vom … … 2016 konnte die … bestätigen, dass die Klägerin die bei geordnetem Verlauf ihrer Ausbildung bis zum Ende des achten bzw. neunten Fachsemesters üblichen Leistungen am … … 2015 bzw. … … 2016 erbracht habe. Die Klägerin habe sich im Sommersemester 2013 im vierten Fachsemester befunden. Zu diesem Zeitpunkt hätten sämtliche sechzehn Scheine vorgelegen, die für die Bewilligung notwendig seien. Die klinischen Semester verliefen regelrecht.
13
Am … … 2016 wurde für die Klägerin vorsorglich ein Weiterförderungsantrag gestellt. Der vorgelegten Immatrikulationsbescheinigung ist zu entnehmen, dass die Klägerin im Wintersemester 2016/17 im dreizehnten Fachsemester sein wird.
14
Ein am … … 2016 durch ihren Bevollmächtigten gestellter Antrag auf Prozesskostenhilfe für einen beabsichtigten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom … … 2017 (…) abgelehnt, die hiergegen eingelegte Beschwerde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom … … 2017 (…) zurückgewiesen. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, der beantragten Bewilligung von Leistungen nach dem BAföG ab dem neunten Fachsemester stehe§ 48 BAföG entgegen, begegne ernstlichen Zweifeln. Die Bindungswirkung sei nicht wegen Nichtigkeit der Leistungsbescheinigungen vom … … 2015 und vom … … 2016 entfallen. Nach § 48 Abs. 3 BAföG könne das Amt für Ausbildungsförderung bei begründeten Zweifeln an der Eignung (§ 9 BAföG) des Auszubildenden für die gewählte Ausbildung eine gutachtliche Stellungnahme von der Ausbildungsstätte einholen, es sei jedoch nicht berechtigt, die inhaltliche Richtigkeit der Bescheinigung grundsätzlich zu kontrollieren. Im Hinblick auf die vom Verwaltungsgericht aufgezeigten Ungereimtheiten in den ausgestellten Leistungsbescheinigungen habe deshalb der Beklagte allein die Möglichkeit gehabt, eine gutachtliche Stellungnahme der Ausbildungsstätte einzuholen. Bloße Zweifel an der Leistungsbescheinigung könnten zwar Nachforschungen über das Zustandekommen rechtfertigen, nicht aber die Unbeachtlichkeit begründen. Jedenfalls seien die Bescheinigungen entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts schon nicht nach § 40 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nichtig. Die Einschätzung der offenkundigen Fehlerhaftigkeit durch das Verwaltungsgericht sei schon deshalb nicht tragfähig, weil es, ebenso wie der Beklagte, zu Unrecht auf das Bestehen des ersten Abschnitts der ärztlichen Prüfung abstelle. Maßgeblich sei auf die sechzehn Leistungsnachweise zum Ende des vierten Fachsemesters abzustellen, die für die Zulassung zum ersten Abschnitt der ärztlichen Prüfung erforderlich gewesen seien, was dem Merkblatt der … ebenfalls zu entnehmen sei. Dies sowie der regelrechte Verlauf der klinischen Semester sei der Klägerin bescheinigt worden. Mehr verlange der Leistungsnachweis nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG nicht.
15
In der Folge bat der Beklagte den BAföG-Beauftragten der … mit Schreiben vom … … 2017 um die Erstellung eines Eignungsgutachtens nach § 48 Abs. 3 BAföG. Festzustellen sei, ob der Stand der Ausbildung der Klägerin zum Ende der Sommersemester 2014, 2015 und 2016 dem Üblichen im Sinne des § 48 Abs. 1 BAföG entsprochen habe.
16
Der BAföG-Beauftragte der … führte in seinen Stellungnahmen vom … … und … … 2018 im Wesentlichen aus, dass die Klägerin erstmals am … … 2014 einen Antrag auf Förderung nach § 48 BAföG gestellt habe (neuntes Fachsemester). Zu diesem Zeitpunkt habe sie den ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung noch nicht bestanden. Der Antrag auf Ausbildungsförderung sei abgelehnt worden, da nach den Vorgaben der Medizinischen Fakultät der … die Prüfung spätestens nach dem fünften Fachsemester abgelegt werden müsse. Zu diesem Zeitpunkt sei nicht bekannt gewesen, dass die Klägerin bereits nach dem vierten Fachsemester sämtliche Scheine/Prüfungen, die für die Anmeldung zum ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung vorzuliegen hätten, abgelegt gehabt habe. Nach Kenntnis sei die Entscheidung korrigiert und der Antrag der Klägerin am … … 2015 positiv verbeschieden worden. Diese Entscheidung habe auf den Vorgaben der in den betreffenden Jahren gültigen Kriterien zur Förderung nach § 48 BAföG der medizinischen Fakultät der … beruht. Demnach sei der Nachweis von sechzehn Scheinen/Prüfungen nach dem vierten Fachsemester als äquivalent zu dem Nachweis eines abgelegten ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung (nach dem vierten bzw. fünften Fachsemester) anzusehen. Die Klägerin habe zum Zeitpunkt der Antragstellung ausschließlich sechzehn Scheine/Prüfungen der vorklinischen Semester vorweisen können, jedoch keine Scheine/Prüfungen der klinischen Semester, insbesondere nicht des fünften oder sechsten klinischen Semesters.
17
Mit Bescheid vom … … 2018 lehnte der Beklagte die Anträge der Klägerin auf Ausbildungsförderung vom … … 2015, … … 2016 und … … 2017 ab, da die Voraussetzungen von § 48 Abs. 1 BAföG nicht vorlägen. Der Erste Abschnitt der Ärztlichen Prüfung sei eine Zwischenprüfung im Sinne der Vorschrift, welche die Klägerin am Ende des Sommersemesters 2014, ihrem achten Fachsemester, erfolgreich abgelegt habe. Auch unter Berücksichtigung der Verschiebung des Leistungsnachweises um zwei Semester habe sie diese nicht am Ende des vierten Fachsemesters abgelegt und erfülle daher nicht die Voraussetzungen von § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG. Leistungspunkte nach dem ECTS würden im Medizinstudium an der … nicht vergeben, damit lägen die Voraussetzungen von § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BAföG ebenfalls nicht vor. Die Klägerin habe auch nicht die bei geordnetem Verlauf der Ausbildung bis zum Ende des jeweils erreichten Fachsemesters üblichen Leistungen nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG erbracht. Zum ersten Mal sei eine Leistungsbescheinigung vom zuständigen Fachbetreuer der … am … … 2014 ausgestellt worden. In dieser Bescheinigung sei jedoch festgestellt worden, dass die Klägerin den üblichen Leistungsstand nicht erreicht habe. Die zweite vom selben Fachbetreuer - dann positive - Bescheinigung sei am … … 2015 ausgestellt worden. Zum Zeitpunkt, zu dem die Klägerin das Erreichen des üblichen Leistungsstandes für ihren Antrag vom … … 2014 habe nachweisen müssen, dem Sommersemester 2014, sei die Klägerin laut Studienverlaufsbescheinigung vom … … 2014 im achten Fachsemester gewesen. Unter Berücksichtigung der Verschiebung des Leistungsnachweises wegen verspäteter Zulassung zum Studium um zwei Semester mit Bescheid vom … … 2013 sei damit am Ende des Sommersemesters 2014 der Stand des sechsten Fachsemesters maßgeblich. Aus den zuletzt abgegebenen Stellungnahmen des Fachbetreuers vom … … 2018 und … … 2018 ergebe sich, dass die erforderlichen Leistungen des fünften und sechsten Fachsemesters zu diesem Zeitpunkt noch nicht erbracht gewesen seien. Dies entspreche auch den damals im Internet von der … veröffentlichen Kriterien zur Ausstellung des Leistungsnachweises, nach denen der Erste Abschnitt der Ärztlichen Prüfung spätestens am Ende des fünften Fachsemesters erfolgreich abzulegen sei. Da ein Aufholen des eingetretenen Leistungsrückstands im klinischen Teil des Medizinstudiums, der sich dem Sommersemester 2014 unmittelbar angeschlossen habe, nach Aussage des Fachbetreuers nicht möglich sei, könne der übliche Leistungsstand auch zu keinem späteren Zeitpunkt erreicht worden sein. Es sei außerdem bei allen vom zuständigen Fachbetreuer formal positiv ausgestellten Leistungsnachweisen auf den Stand des vierten Fachsemesters mit von § 48 BAföG nicht gedeckten Erwägungen abgestellt worden.
18
Hiergegen erhob der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom … … 2018 Widerspruch. Eine Begründung erfolgte nicht.
19
Mit Widerspruchsbescheid vom … … 2019, zugestellt am … … 2019, wurde der Widerspruch zurückgewiesen und zur Begründung insbesondere ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch mehr für die Zeit ab 12/2015 habe, weil sie den notwendigen Leistungsstand im Sinne von § 9 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 48 Abs. 1 BAföG nicht habe nachweisen können. Das zuständige hauptamtliche Mitglied des Lehrkörpers im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 1 BAföG habe sich mit Schreiben vom … … 2018 geäußert und klargestellt, dass die „Scheine/Prüfungen“ des fünften und sechsten [wohl: Semesters] nicht vorgelegen hätten und eine positive Bescheinigung des Leistungsstands durch eine Rückschau auf das Ende des vierten Fachsemesters begründet gewesen sei. In § 48 Abs. 1 Satz 1 BAföG werde - sofern nicht ein Fall von Nr. 1 vorliege - aber auf das „jeweils erreichte Fachsemester“ abgestellt. Es komme für die Bewilligung von Ausbildungsförderung somit nicht darauf an, ob der übliche Leistungsstand zu einem früheren Zeitpunkt erreicht gewesen sei.
20
Hiergegen erhob der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 1… 2020, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangen am gleichen Tag, Klage und beantragte,
den Bescheid des Beklagten vom … … 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom … … 2019 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin für ihr Studium der Medizin an der … … Ausbildungsförderung in gesetzlicher Höhe für die Bewilligungszeiträume a) Dezember 2015 bis September 2016 und b) Oktober 2016 bis September 2017 sowie c) Oktober 2017 bis Dezember 2017 zu bewilligen.
21
Gleichzeitig wurde beantragt,
der Klägerin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Unterzeichnenden zu bewilligen.
22
Zur Begründung wurde auf den Vortrag im Verfahren … und im PKH-Beschwerdeverfahren … Bezug genommen und im Wesentlichen ergänzend ausgeführt, dass trotz der einen Anspruch auf Ausbildungsförderung bejahenden Ausführungen im Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom … … 2017 ( …) der Beklagte die Anträge auf Ausbildungsförderung vom … … 2015, … … 2016 und … … 2017 mit Bescheid vom … … 2018 abgelehnt habe. Die Bescheinigungen des BAföG-Beauftragten der … vom … … 2016, nach denen die Klägerin die bis zum Ende des achten Fachsemesters üblichen Leistungen am … … 2015 und die bis zum Ende des neunten Fachsemesters üblichen Leistungen am … … 2016 erbracht habe, seien zutreffend und auch für den Beklagten bindend. Hieran ändere auch die Stellungnahme vom … … 2018 nichts, da sich aus dieser ergebe, dass die beiden Bescheinigungen nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG, in denen jeweils ein „regelrechter Verlauf der klinischen Semester“ als Grundlage bestätigt worden sei, offenkundig unrichtig seien. Eine Bescheinigung, die rechtlich die Qualität eines feststellenden Verwaltungsaktes habe, könne nur dann unbeachtlich sein, wenn sie an einem Fehler leide, der nach § 40 SGB X zur Nichtigkeit führen müsse. Bloße Zweifel dagegen, dass die bescheinigten Leistungen tatsächlich erbracht worden seien, könnten zwar Nachforschungen über das Zustandekommen rechtfertigen, nicht aber die Unbeachtlichkeit begründen. Davon, dass die beiden Bescheinigungen vom … … 2016 an einem besonders schwerwiegenden Fehler leiden würden und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich sei, könne keine Rede sein, zumal die Klägerin am … … 2014 den Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung bestanden und danach ab dem Wintersemester 2014/15 regulär im klinischen Studienabschnitt weiter studiert habe. Die beiden Bescheinigungen seien nicht in sich widersprüchlich und könnten daher nicht als nichtig angesehen werden. Für die Beurteilung, was für den üblichen Leistungsstand erforderlich sei, sei alleine die … als Hochschule zuständig. Nach deren Kriterien sei der Nachweis von sechzehn Scheinen/Prüfungen, die für die Zulassung zum Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung erforderlich seien, ausreichend für den üblichen Leistungsstand von vier Fachsemestern.
23
Der Beklagte beantragte
24
Zur Begründung wurde auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom … … 2019 verwiesen. Der durch den BAföG-Beauftragten bescheinigte Stand der Leistungen vom … … 2018 beziehe sich auf das vierte Fachsemester. Erforderlich sei nach § 48 Abs. 1 Satz 1 BAföG jedoch die Vorlage der Bescheinigung bezogen auf das jeweils erreichte Fachsemester.
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In der mündlichen Verhandlung nahm der Prozessbevollmächtigte der Klägerin den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurück.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in diesem Verfahren und im Verfahren …, die vorgelegte Behördenakte sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am … … 2022 Bezug genommen (vgl. § 117 Abs. 3 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).
Entscheidungsgründe
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I. Die Klage ist zwar zulässig (Nr. 1), jedoch unbegründet (Nr. 2).
28
1. Die Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO ist zulässig. Insbesondere verfügt die Klägerin auch hinsichtlich des Bewilligungszeitraums 10/2017 bis 12/2017 über ein für die Zulässigkeit der Inanspruchnahme von Gerichten notwendiges Rechtsschutzbedürfnis (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, Vor § 40 Rn. 11 m.w.N.). Denn die Klägerin hat zumindest mit dem an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof im Verfahren … gerichteten Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom … … 2017 konkludent - auch - einen Leistungsantrag hinsichtlich des vorgenannten Bewilligungszeitraums gestellt. Ein Leistungsantrag, will er die anspruchsbegründende Folge des § 15 Abs. 1 BAföG auslösen, bedarf außer der Schriftform keiner besonderen Form, insbesondere muss er nicht mit den in § 46 Abs. 3 BAföG vorgesehen Formblättern gestellt werden. Entscheidend ist danach vielmehr, ob eine schriftliche Erklärung vorliegt, der jedenfalls mit hinlänglicher Deutlichkeit entnommen werden kann, dass gemäß § 15 Abs. 1, § 46 Abs. 1 BAföG die Leistung von Ausbildungsförderung für eine bestimmte Ausbildung begehrt wird. Dabei sind entsprechend § 2 Abs. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) im Interesse einer möglichst weitgehenden Verwirklichung der sozialen Rechte keine hohen Anforderungen zu stellen (vgl. BVerwG, U.v. 23.6.1993 - 11 C 16/92 - juris Rn. 17 m.w.N.).
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Gemessen an diesen Voraussetzungen liegt hier ein Leistungsantrag der Klägerin für den Bewilligungszeitraum 10/2017 bis 12/2017 vor. Dem an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof gerichteten Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom … … 2017 kann mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden, dass die Klägerin bis längstens … … 2017 Ausbildungsförderung für ihr Studium der Humanmedizin begehrt („…so dass ihr reguläre Ausbildungsförderung bis …2017 zusteht.“). Vor diesem Hintergrund ist die vom Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung aufgeworfene Frage, ob die Rechtsprechung zur Heilung von verfristeten Widersprüchen durch Sachentscheidung der Behörde (vgl. hierzu z.B. BVerwG, U.v. 13.12.1967 - IV C 124/65 - juris Rn. 10) analog anwendbar ist, da die Behörde vom Vorliegen eines Antrags hinsichtlich des vorgenannten Bewilligungszeitraums ausgegangen ist, nicht mehr entscheidungserheblich.
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Einer solchen Auslegung steht vorliegend auch nicht § 46 Abs. 2 BAföG, wonach der Antrag an das örtlich zuständige Amt für Ausbildungsförderung zu richten ist, entgegen. Denn der an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof gerichtete Schriftsatz war gemäß § 86 Abs. 4 Satz 3 VwGO zur Weiterleitung an den Prozessgegner bestimmt (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 23.6.1992 - 11 C 16/92 - juris Rn. 18; Lackner in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 15 Rn. 2 m.w.N.).
31
2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Bescheid vom … … 2018 und der Widerspruchsbescheid vom … … 2019 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten keinen Anspruch auf Bewilligung von Ausbildungsförderung im Bewilligungszeitraum 10/2015 bis 12/2017 (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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2.1 Gemäß § 1 BAföG besteht auf individuelle Ausbildungsförderung für eine der Neigung, Eignung und Leistung entsprechende Ausbildung ein Rechtsanspruch nach Maßgabe dieses Gesetzes, wenn dem Auszubildenden die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen. Die Leistungen des Auszubildenden müssen erwarten lassen, dass er das angestrebte Ausbildungsziel erreicht (§ 9 Abs. 1 BAföG). Der Nachweis der Eignung wird gemäß § 9 Abs. 2 BAföG mit der Vorlage der nach § 48 BAföG erforderlichen Leistungsnachweise erbracht. Nach § 48 Abs. 1 BAföG wird Ausbildungsförderung für den Besuch einer Hochschule vom fünften Fachsemester an nur von dem Zeitpunkt an geleistet, in dem der Auszubildende entweder das Zeugnis über eine bestandene Zwischenprüfung, die nach den Ausbildungsbestimmungen erst vom Ende des dritten Fachsemesters an abgeschlossen werden kann und vor dem Ende des vierten Fachsemesters abgeschlossen worden ist (§ 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG), eine nach Beginn des vierten Fachsemesters ausgestellte Bescheinigung der Ausbildungsstätte darüber, dass er die bei geordnetem Verlauf seiner Ausbildung bis zum Ende des jeweils erreichten Fachsemesters üblichen Leistungen erbracht hat (§ 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG) oder einen nach Beginn des vierten Fachsemesters ausgestellten Nachweis über die bis dahin erworbene Anzahl von Leistungspunkten nach dem Europäischen System zur Anrechnung von Studienleistungen - ECTS - (§ 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BAföG) vorlegt. Die Ausstellung der Leistungsbescheinigung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG ist nicht zeitlich beschränkt auf ein (das vierte) Fachsemester; sie kann vielmehr auch nach dem Beginn des vierten Fachsemesters jederzeit erstellt werden. Der Auszubildende, der zunächst den Eignungsnachweis nicht führen konnte, kann diesen zu einem späteren Zeitpunkt nachholen und dadurch wieder Förderungsleistungen erhalten (Fischer in Rothe/Blanke, BAföG, Stand Juli 2019, § 48 Rn. 15). Dies setzt das Aufholen des eingetretenen Rückstandes durch in der Regel erhöhten, zusätzlichen Arbeitsaufwand voraus (vgl. VG Saarland, Gb.v. 16.8.2017 - 3 K 490/16 - juris Rn. 35 m.w.N.). Der gemäß § 48 Abs. 1 BAföG vom fünften Fachsemester an vorzulegende Eignungsnachweis ist eine unerlässliche konstitutive Förderungsvoraussetzung, die neben den sonstigen Förderungsvoraussetzungen erfüllt sein muss, um einen weiteren Förderungsanspruch zu begründen (vgl. BVerwG, U.v. 16.11.1978 - V C 38/77 - BVerwGE 57, 79). Im Interesse einer sparsamen und sinnvollen Verwendung der von der Allgemeinheit für die Ausbildungsförderung aufzubringenden Mittel sollen nicht hinreichend geeignete Auszubildende wegen Fehlens der persönlichen Voraussetzungen von einer weiteren Förderung ausgeschlossen werden (vgl. Fischer in Rothe/Blanke, BAföG, Stand Juli 2019, § 48 Rn. 2 m.w.N.).
33
Hat der Auszubildende eine Eignungsbescheinigung vorgelegt, wird Ausbildungsförderung „nur von dem Zeitpunkt an“ geleistet, d.h. wegen des geltenden Grundsatzes der monatlichen Förderung (vgl. § 15 Abs. 1 BAföG) vom Monat der Vorlage des Leistungsnachweises an (Fischer in Rothe/Blanke, BAföG, Stand Juli 2019, § 48 Rn. 9). Die für die Ausstellung der Leistungsbescheinigung üblichen Leistungen muss der Auszubildende bis zum Ende des jeweils erreichten Fachsemesters erbracht haben. Dieses ist in der Regel das dem Ausstellungsdatum der Bescheinigung vorangegangene Semester (Fischer in Rothe/Blanke, BAföG, Stand Juli 2019, § 48 Rn. 18 m.w.N.). Nur dann findet § 48 Abs. 1 Satz 2 BAföG, wonach die Nachweise als zum Ende des vorhergehenden Semesters vorgelegt gelten, wenn sie innerhalb der ersten vier Monate des folgenden Semesters vorgelegt werden und sich aus ihnen ergibt, dass die darin ausgewiesenen Leistungen bereits in dem vorhergehenden Semester erbracht worden sind, Anwendung. Die dem Leistungsnachweis zugrundeliegenden Prüfungen müssen daher rechtzeitig bis zum Ende des vorhergehenden Semesters abgelegt sein; lediglich der Nachweis kann noch bis zum Ende des vierten Monats des Folgesemesters ausgestellt und vorgelegt werden (Fischer in Rothe/Blanke, BAföG, Stand Juli 2019, § 48 Rn. 27). Legt der Auszubildende während der ersten vier Monate des Semesters eine Leistungsbescheinigung vor, sind die darin ausgewiesenen Leistungen jedoch nicht bereits im vorhergehenden Semester erbracht worden, kann für das laufende (jetzt erreichte) Fachsemester nicht § 48 Abs. 1 Satz 2 BAföG als Grundlage der Erfüllung der konstitutiven Voraussetzung für eine Förderung herangezogen werden. Vielmehr kann mangels einer Rückwirkungsanordnung auf den Beginn des Semesters, und zwar des Verwaltungssemesters, eine Förderung erst ab dem Monat erfolgen, in dem eine Bescheinigung vorgelegt wird, in der der Leistungsstand zum Ende des jeweils erreichten Fachsemesters bestätigt wird (Fischer in Rothe/Blanke, BAföG, Stand Juli 2019, § 48 Rn. 28).
34
Die förderungsrechtliche Zählung der in derselben Fachrichtung verbrachten Fachsemester erfolgt fortlaufend und unabhängig von der Zählung in den Ausbildungs- und Prüfungsordnungen. Auch solche Fachsemester sind mitzuzählen, in denen der Auszubildende keine Leistungen nach dem BAföG erhalten hat, und zwar unabhängig davon, ob er keinen Anspruch auf diese Leistungen hatte oder ob er den Anspruch nicht geltend gemacht hat (vgl. Fischer in Rothe/Blanke, BAföG, Stand Juli 2019, § 48 Rn. 5.3). Fachsemester ist jedes Semester, in dem die Ausbildung in der gewählten Fachrichtung erfolgt (vgl. Lackner in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 48 Rn. 6).
35
2.2 Ein Anspruch auf BAföG aus § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG scheidet bereits deswegen aus, da die Klägerin den Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung (Physikum) erst im Sommersemester 2013, mithin am Ende ihres achten Fachsemesters und damit nicht vor dem Ende des vierten Fachsemesters, abgeschlossen hat.
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2.3 Die unter 2.1 dargestellten Voraussetzungen zugrunde gelegt, würde die Bewilligung von Ausbildungsförderung für das streitgegenständliche elfte (Wintersemester 2015/16), zwölfte (Sommersemester 2016), dreizehnte (Wintersemester 2016/17), vierzehnte (Sommersemester 2017) oder fünfzehnte Fachsemester (Wintersemester 2017/18) voraussetzen, dass die Klägerin während der ersten vier Monate des elften, zwölften, dreizehnten, vierzehnten oder fünfzehnten Semesters eine Bescheinigung vorgelegt hat, dass sie die zum Ende des zehnten, elften, zwölften, dreizehnten oder vierzehnten Fachsemesters üblichen Leistungen erbracht hat (vgl. § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG). Dies ist hier nicht der Fall:
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Die … hat nicht bestätigt, dass die Klägerin bei geordnetem Verlauf ihrer Ausbildung die bis zum Ende des zehnten, elften, zwölften, dreizehnten oder vierzehnten Fachsemesters üblichen Leistungen i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG am … … 2015, … … 2016 oder … … 2016 erbracht hat.
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Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht daraus, dass der Klägerin die Frist zur Vorlage des Leistungsnachweises nach § 48 Abs. 2 BAföG mit Bescheid vom … … 2013 bis zum Beginn des Wintersemesters 2013/14 (siebtes Fachsemester) verlängert worden war. Insbesondere wirkt die um zwei Semester gewährte spätere Vorlage nicht in dem Sinne fort, als die Klägerin sich von da an fiktiv in einem um zwei Semester niedrigeren Semester befindet, als in der jeweiligen Immatrikulationsbescheinigung ausgewiesen, sodass sie berechtigt wäre, zu Beginn des Wintersemesters 2015/16 (elftes Fachsemester) eine Leistungsbescheinigung über den Stand des achten Semesters, zu Beginn des Sommersemesters 2016 (zwölftes Fachsemester) eine Leistungsbescheinigung über den Stand des neunten Semesters, zu Beginn des Wintersemesters 2016/17 (dreizehntes Fachsemester) eine Leistungsbescheinigung über den Stand des zehnten Semesters, zu Beginn des Sommersemesters 2017 (vierzehntes Fachsemester) eine Leistungsbescheinigung über den Stand des elften Semesters oder zu Beginn des Wintersemesters 2017/18 (fünfzehntes Fachsemester) eine Leistungsbescheinigung über den Stand des zwölften Semesters vorzulegen. Wird die Bescheinigung erst nach Ablauf eines oder mehrerer weiterer Fachsemester erteilt, müssen darin die Leistungen bestätigt sein, die der Anzahl der bis dahin tatsächlich absolvierten Fachsemester üblicherweise entsprechen - wiederum unbeschadet der Berücksichtigungsfähigkeit von Gründen der in § 15 Abs. 3 BAföG angeführten Art (vgl. BVerwG, U.v. 16.11.1978 - V C 38/77 - juris Rn. 26). Auch die Einfügung des Satzteiles „von dem Zeitpunkt an“ in § 48 Abs. 1 BAföG bestätigt den Grundsatz, dass bei Nichtvorlage der Eignungsbescheinigung zu Beginn des fünften Fachsemesters die Förderung eingestellt wird und erst dann wiederaufgenommen werden kann, wenn der Auszubildende den damit offenbar gewordenen Leistungsrückstand aufgeholt hat. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die zu Beginn eines späteren als des fünften Fachsemesters dem Amt für Ausbildungsförderung vorgelegte Bescheinigung nach § 48 BAföG ergibt, dass der Auszubildende den der Anzahl der bis dahin zurückgelegten Fachsemester entsprechenden Wissensstand besitzt (vgl. BVerwG, U.v. 16.11.1978 - V C 38/77 - juris Rn. 28).
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Eine andere Auslegung würde zum einen den eindeutigen Wortlaut der Vorschrift des § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG, wonach grundsätzlich auf das Ende des jeweils erreichten Fachsemesters abzustellen ist, welches in der Regel das dem Ausstellungsdatum der Bescheinigung vorangegangene Semester meint (vgl. Fischer in Rothe/Blanke, BAföG, Stand Juli 2019, § 48 Rn. 18 m.w.N.), aushebeln. Zum anderen würden Auszubildende, denen die spätere Vorlage des Leistungsnachweises aufgrund eines einmaligen Ereignisses gestattet wurde, im Ergebnis so gestellt, als würde der durch die Ausbildungsstätte anerkannte Grund i.S.d. § 15 Abs. 3 BAföG fortlaufend anerkannt, was einer von Anfang an semestermäßig unbezifferten späteren Vorlagemöglichkeit gleichkäme. Dies kann ersichtlich nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, der mit § 48 Abs. 2 BAföG eine Ausnahmevorschrift geschaffen hat, die demnach restriktiv anzuwenden ist und engen Voraussetzungen unterliegt. Das Gesetz geht davon aus, dass der Auszubildende in der jeweils gewährten Zeitspanne für die spätere Vorlage des Leistungsnachweises den rückläufigen Leistungsstand aufholen und ein Abbruch der Ausbildung mithin vermieden werden kann (vgl. hierzu z.B. VG Ansbach, U.v. 13.7.2020 - AN 2 K 18.01759 - juris Rn. 39; Fischer in Rothe/Blanke, BAföG, Stand Juli 2019, § 48 Rn. 32.1). Für die bei § 48 Abs. 2 BAföG vorzunehmende Prognose wird darauf abgestellt, ob die noch ausstehenden Leistungsnachweise innerhalb angemessener Verlängerungszeit erbracht werden können (vgl. OVG LSA, U.v. 25.11.1993 - 3 L 24/93 - juris Rn. 22 m.w.N.). Ausgeglichen werden soll demnach nur der Zeitverlust, der für die Nachholung des Leistungsrückstandes erforderlich ist (vgl. Fischer in Rothe/Blanke, BAföG, Stand Juli 2019, § 48 Rn. 35). Eine fiktiv auf unbestimmte Zeit gewährte Verlängerung der Vorlagefrist würde im Ergebnis die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 BAföG umgehen und die Vorschrift obsolet machen. Auch das Erfordernis der Prognose der angemessenen Verlängerungszeit würde hinfällig, wenn der Auszubildende eine längere Zeitspanne zur Aufholung des Leistungsrückstandes beanspruchen könnte, indem er fiktiv bei der Semesterzählung rückgestuft würde.
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Kann ein entsprechend späterer Leistungsnachweis nicht erbracht werden, weil der Leistungsrückstand nicht aufgeholt wurde, so ist es nur konsequent, entsprechend dem Zweck der Ausbildungsförderung, nur geeigneten Auszubildenden eine solche zu gewähren, die Förderung einzustellen. Wer für das Erreichen des Ausbildungsstandes nach vier Fachsemestern einen längeren Zeitraum braucht - ohne dafür (weitere) schwerwiegende Gründe im Sinne des § 15 Abs. 3 BAföG ins Feld führen zu können -, für den spricht nicht die Vermutung, dass er sich den Lernstoff der restlichen Semester bis zur Abschlussprüfung nun sogar schneller als üblich und nur so noch innerhalb der Förderungshöchstdauer aneignen kann. Die vorliegend gewährte spätere Vorlage um zwei Semester hat ihren Ursprung darin, dass das Ausbildungsförderungsamt davon ausgegangen ist, dass die Klägerin aufgrund ihres Hochschulwechsels nach dem zweiten Semester die Förderungshöchstdauer um zwei Semester überschreiten wird, hierfür also ursächlich war. Für eine zwei Semester übersteigende Verzögerung des Studienfortschritts war der Hochschulwechsel nach der seitens des Ausbildungsförderamtes getroffenen Prognose somit nicht kausal und die Förderung war einzustellen.
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Schließlich würde der Grundsatz, dass nach § 9 Abs. 2 BAföG die dortige Eignungsvermutung so lange gilt, als die nach § 48 BAföG erforderlichen Nachweise erbracht werden, wobei der Zeitpunkt, bis zu dem nach § 48 Abs. 2 BAföG die Vorlage des Nachweises hinausgeschoben ist, davon auch umfasst ist (vgl. Fischer in Rothe/Blanke, BAföG, § 48 Rn. 36), umgangen, wenn durch die vorliegend erfolgte fiktive Rückstufung um zwei Semester der Klägerin eine ständige Eignung i.S.d. § 9 Abs. 2 BAföG unterstellt würde. Hat ein Auszubildender den ihm durch § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG zur Verfügung gestellten geräumigen Zeitraum eines ganzen Semesters zum Nachweis seiner Eignung für die weitere Ausbildung nicht genutzt, ohne durch Tatsachen im Sinne des § 48 Abs. 2 BAföG an diesem Nachweis gehindert zu sein, so muss nicht mehr darauf Rücksicht genommen werden, dass er am Ende dieses Zeitraums keine Gelegenheit mehr hat, eine ihm dann für jenen Nachweis fehlende Leistung, die ihm im ersten Versuch misslungen ist, rechtzeitig nachzuholen. Ein solcher Fall ist keineswegs außergewöhnlich, sondern muss von den Auszubildenden auch bei ordnungsgemäßem Ausbildungsablauf von vornherein in Rechnung gestellt und kann durch zumutbare Bemühungen, die Eignungsbescheinigung zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu erlangen, bei entsprechender Eignung in aller Regel vermieden werden (vgl. BVerwG, U.v. 28.6.1995 - 11 C 25/94 - juris Rn. 16).
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Eine andere Beurteilung folgt auch nicht aus der am … … 2016 vorgelegten korrigierten Leistungsbescheinigung vom … … 2016, worin bestätigt wurde, dass die Klägerin die bei geordnetem Verlauf ihrer Ausbildung bis zum Ende des achten Fachsemesters üblichen Leistungen am … … 2015 und nicht, wie zunächst mit der Leistungsbescheinigung vom … … 2015 bestätigt, am … … 2015 erbracht hat. Insbesondere folgt eine Verpflichtung der Behörde zur Berücksichtigung der nachträglich berichtigten Leistungsbescheinigung entgegen der Ansicht des Klägerbevollmächtigten nicht aus § 38 SGB X. Nach Satz 1 dieser Vorschrift kann die Behörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten in einem Verwaltungsakt berichtigen. Insoweit übersieht der Klägerbevollmächtigte, dass die durch § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BAföG zugelassenen Eignungsnachweise als feststellende Verwaltungsakte Bindungswirkung entfalten und die Ämter für Ausbildungsförderung nur unter den Voraussetzungen des § 48 Abs. 3 BAföG, nämlich bei begründeten Zweifeln, weitere gutachtliche Stellungnahmen der Ausbildungsstätte einholen können (vgl. Lackner in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 48 Rn. 4). Des Weiteren ist es Sache des Auszubildenden, den Eignungsnachweis rechtzeitig vorzulegen (vgl. Fischer in Rothe/Blanke, BAföG, Stand Juli 2019, § 48 Rn. 8) und ggf. auf dem Klageweg gegen die aus seiner Sicht fehlerhafte Leistungsbescheinigung vorzugehen. Auch war aus Sicht des Beklagten nicht offenkundig, dass die Klägerin die in der Leistungsbescheinigung vom … … 2015 bestätigten Studienfortschritte nicht erst am … … 2015, sondern bereits am … … 2015 erzielt hat.
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Jedoch findet § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG - wie bereits ausgeführt - nur dann Anwendung, wenn die Prüfungsleistungen bereits am Ende des vorangegangenen Semesters erbracht wurden. Die in § 48 Abs. 1 BAföG genannten Fristen sind Ausschlussfristen; bei einer Fristversäumnis kann mangels einer entsprechenden materiellen Regelung keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 SGB X gewährt werden (vgl. Fischer in Rothe/Blanke, BAföG, Stand Juli 2019, § 48 Rn. 9 m.w.N.). Soweit einzelne Gerichte hierzu eine andere Ansicht vertreten, wenn den Auszubildenden bei einem nicht fristgerecht eingereichten Nachweis an der Verspätung keinerlei Verschulden trifft (vgl. VG Stuttgart, U.v. 26.7.2012 - 11 K 1347/12 - juris Rn. 32), kann dies bei der Klägerin vorliegend nicht bejaht werden. Denn sie ist gegen die Leistungsbescheinigung vom … … 2015 erst am … … 2016 vorgegangen, woraufhin fünf Tage später, also am … … 2016, eine korrigierte Leistungsbescheinigung seitens der … ausgestellt worden ist. Demnach wäre es der Klägerin zumutbar gewesen, zeitlich unmittelbar nach Ausstellung der Bescheinigung am … … 2015 gegen diese vorzugehen, damit eine Korrektur noch innerhalb des viermonatigen Vorlagezeitraums i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 2 BAföG hätte erfolgen können. Selbst wenn man davon ausginge, dass der Beklagte die korrigierte Leistungsbescheinigung vom … … 2016 hätte berücksichtigen müssen, so wurde darin nicht der erforderliche Leistungsstand zum Ende des zehnten Fachsemesters bestätigt. Denn die Klägerin befand sich im Wintersemester 2015/16 bereits im elften Fachsemester und nicht - fiktiv - im neunten Fachsemester (siehe oben, Rn. 38).
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2.4 Daher käme eine weitere Förderung der Klägerin ab dem Wintersemester 2015/16, Sommersemester 2016, Wintersemester 2016/17, Sommersemester 2017 oder Wintersemester 2017/18 nur in Betracht, wenn die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 BAföG vorlägen und die Klägerin demnach berechtigt wäre, den Leistungsnachweis (erneut) zu einem entsprechend späteren Zeitpunkt vorzulegen. Dies ist hier jedoch zu verneinen:
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Nach § 48 Abs. 2 BAföG kann das Amt für Ausbildungsförderung die Vorlage der Bescheinigung nach § 48 Abs. 1 BAföG zu einem entsprechend späteren Zeitpunkt zulassen, wenn Tatsachen vorliegen, die voraussichtlich eine spätere Überschreitung der Förderungshöchstdauer nach § 15 Abs. 3 BAföG rechtfertigen, wobei ungeachtet des Wortlauts „kann“ bei Vorliegen der Voraussetzungen der Zeitpunkt der Vorlage des Leistungsnachweises zwingend hinauszuschieben ist (vgl. HessVGH, B.v. 14.2.1994 - 9 TG 2985/93 - juris Rn. 6; Fischer in Rothe/Blanke, BAföG, Stand Juli 2019, § 48 Rn. 36). Gründe i.S.d. § 15 Abs. 3 BAföG wurden weder vorgetragen, noch sind solche ersichtlich.
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2.5 Auch aus den am … … und … … 2018 vorgelegten Eignungsgutachten i.S.d. § 48 Abs. 3 BAföG ergibt sich nichts anderes. Eine weitere Eignungsüberprüfung (bei zuvor erfolgtem positiven Leistungsnachweis i.S.v. § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG) kann bei begründeten Zweifeln an der Eignung nach § 48 Abs. 3 BAföG stattfinden (vgl. BVerwG, B.v. 21.4.1993 - 11 B 60/92 - juris Rn. 5 m.w.N.) Begründet sind die Zweifel, wenn im Einzelfall konkrete Hinweise zu der Folgerung führen, dass der Auszubildende das angestrebte Ausbildungsziel nicht, zumindest aber nicht zeitgerecht, erreichen wird (vgl. Fischer in Rothe/Blanke, BAföG, Stand Juli 2019, § 48 Rn. 40.3). Inhalt der Stellungnahme ist das Votum der Ausbildungsstätte zu der Frage, ob der Auszubildende die erforderlichen Studienfortschritte erkennen lässt (Fischer in Rothe/Blanke, BAföG, Stand Juli 2019, § 48 Rn. 42). Die Eignungsbeurteilung nach § 48 Abs. 3 BAföG kann nur während des Besuchs einer Höheren Fachschule, Akademie oder Hochschule angefordert werden, und zwar über die gesamte Dauer der Förderung (vgl. Fischer in Rothe/Blanke, BAföG, Stand Juli 2019, § 48 Rn. 39), wobei darauf abzustellen ist, ob der Auszubildende die den jeweiligen Ausbildungs- und Prüfungsordnungen entsprechenden Studienfortschritte erkennen lässt (vgl. Fischer in Rothe/Blanke, BAföG, Stand Juli 2019, § 48 Rn. 40.2). Für den maßgeblichen Zeitpunkt der anzustellenden Eignungsprognose gemäß § 9 Abs. 1 BAföG gilt, dass nach dem Ende des Bewilligungszeitraums eintretende tatsächliche Entwicklungen nicht von Bedeutung sind (vgl. BVerwG, B.v. 21.4.1993 - 11 B 60.92 - juris; U.v. 18.4.1985 - 5 C 4/82 - juris Rn. 11 f.). Das Amt für Ausbildungsförderung ist an eine von ihm eingeholte gutachtliche Stellungnahme der Ausbildungsstätte in gleicher Weise gebunden wie an einen Eignungsnachweis nach § 48 Abs. 1 BAföG. Eine solche Bindungswirkung ist nicht gegeben, wenn sich die gutachtliche Stellungnahme der Ausbildungsstätte als offenbar unrichtig erweist, etwa wegen widersprüchlicher Aussagen oder des Zugrundelegens eines offensichtlich unrichtigen Sachverhalts. Verneint die gutachtliche Stellungnahme der Ausbildungsstätte die Eignung, ist Ausbildungsförderung wegen fehlender Eignung i.S.d. § 9 BAföG nicht zu bewilligen (vgl. Fischer in Rothe/Blanke, BAföG, Stand Juli 2019, § 48 Rn. 43).
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Gemessen an diese Voraussetzungen sind die am … … und … … 2018 vorgelegten Eignungsnachweise nicht geeignet, einen weiteren Förderanspruch der Klägerin zu begründen. Denn in der Stellungnahme des BAföG-Beauftragten der Medizinischen Fakultät der … vom … … 2018 wird gerade bestätigt, dass die Klägerin im neunten Fachsemester noch keine Scheine/Prüfungen der klinischen Semester, insbesondere nicht des fünften oder sechsten klinischen Semesters vorlegen konnte, weshalb der Beklagte im Ergebnis zu Recht von einer fehlenden Eignung i.S.v. § 9 BAföG ausgehen durfte.
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2.6 Darüber hinaus kann die Klägerin auch keinen Anspruch infolge einer durch den Beklagten erteilten Zusicherung (vgl. § 34 SGB X) geltend machen. Zwar hat der Abteilungsleiter des Beklagten der Klägerin am … … 2015 mitgeteilt, dass ihr nachträglich noch Leistungen bewilligt werden könnten, falls der übliche Leistungsstand des siebten Fachsemesters zum Ende des Wintersemesters 2014/15 noch belegt werden könne. Unabhängig davon, ob die Voraussetzungen der Vorschrift des § 34 SGB X vorliegend erfüllt sind, wurde der Klägerin eine Leistungsbescheinigung über den Stand des siebten Fachsemesters aber nicht bereits zum Ende des Wintersemester 2014/15, sondern erst zum Ende des Sommersemesters 2015 und darüber hinaus von einer unzuständigen Stelle bescheinigt.
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2.7 Schließlich kann sich die Klägerin auch nicht auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch berufen, soweit der Klägerbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung gerügt hat, dass der Beklagte im Bescheid vom … … 2013 nicht auf eine Wahlmöglichkeit der Klägerin, den Leistungsnachweis durch Vorlage eines Zeugnisses über eine bestandene Zwischenprüfung (vgl. § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG) oder alternativ über eine Bescheinigung i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG erbringen zu können, hingewiesen hat. Abgesehen davon, dass umstritten ist, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch entwickelten Grundsätze im Recht der Ausbildungsförderung überhaupt anwendbar sind, hat ein solcher nämlich auch und gerade zur Voraussetzung, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung und Auskunft (§§ 14, 15 SGB I), verletzt hat (vgl. BVerwG, U.v. 23.2.2010 - 5 C 13/09 - juris Rn. 16 m.w.N.). Selbst wenn in dem fehlenden Hinweis auf die Wahlmöglichkeit der Klägerin eine Pflichtverletzung im vorgenannten Sinn gesehen werden könnte, so wurde dieser Fehler jedenfalls geheilt. Eine Bescheinigung nach § 48 BAföG wurde vom Beklagten erstmals mit Schreiben vom … … 2012 angefordert und hierzu das Formblatt 5 beigelegt, welches eine Beschränkung auf eine Art des Leistungsnachweises i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 BAföG schon nicht enthält. Gleiches gilt hinsichtlich des Schreibens des Beklagten vom … … 2014, in welchem die Klägerin erneut zur Vorlage der Bescheinigung nach § 48 BAföG - Formblatt 5 - aufgefordert und darauf hingewiesen wurde, dass ein Nachweis mit ECTS-Punkten in der Regel nicht möglich sei, weil die Hochschule die benötigte Anzahl von Punkten nicht festgelegt habe. Demnach oblag es der Klägerin, den geforderten Leistungsnachweis mittels der Vorlage eines Zeugnisses über eine bestandene Zwischenprüfung i.S.v. § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG oder über eine Leistungsbescheinigung i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG zu führen. Die der Behörde gegebenenfalls in Bezug auf den Bescheid vom … … 2013 vorzuwerfende Pflichtverletzung ist mithin jedenfalls geheilt worden, womit die Pflichtverletzung für einen der Klägerin entstandenen Schaden schon nicht kausal gewesen wäre (vgl. hierzu z.B. LSG Berlin-Bbg, U.v. 12.7.2016 - L 2 R 172/12 - juris Rn. 14).
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Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Vorbringen des Klägerbevollmächtigten, der Beklagte habe die Klägerin auf die formelle Fehlerhaftigkeit der Bescheinigung vom … … 2015 hinweisen müssen, soweit diese nicht vom BAföG-Beauftragten ausgefüllt worden sei. Zum einen hat der Beklagte bereits in seinem Schreiben an die Klägerin vom … … 2014 auf die Zuständigkeit des BAföG-Beauftragten hinsichtlich der Ausstellung der Leistungsbescheinigung nach § 48 BAföG hingewiesen. Zum anderen können über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nicht rückwirkend Tatbestandsmerkmale der Leistungsgewährung erfüllt werden (vgl. hierzu VG Ansbach, U.v. 13.7.2020 - AN 2 K 18.01759 - juris Rn. 47 m.w.N.).
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2.8 Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass eine Förderung und damit ein Anspruch der Klägerin auf Ausbildungsförderung im Bewilligungszeitraum 1/2017 bis 12/2017 (Wintersemester 2016/17, Sommersemester 2017, Wintersemester 2017/18) zudem deswegen ausscheidet, da die Klägerin ausweislich der vorgelegten Immatrikulationsbescheinigungen im dreizehnten, vierzehnten bzw. fünfzehnten Fachsemester gewesen ist und damit die hier vorliegende Förderungshöchstdauer i.S.d. § 15a Abs. 1 BAföG von zwölf Semestern und drei Monaten (vgl. § 2 der Prüfungs- und Studienordnung der … v. 24.11.2009) überschritten hat. Für den Bewilligungszeitraum 1/2017 bis 12/2017 käme daher allenfalls eine Förderung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG, dessen Voraussetzungen jedoch nicht vorliegen (siehe oben, Rn. 45), in Betracht. Keiner Entscheidung bedarf deshalb vorliegend die Frage, inwieweit die Einräumung einer verspäteten Vorlage der Eignungsbescheinigung nach § 48 Abs. 2 BAföG für eine Entscheidung über die Verlängerung der Förderungshöchstdauer nach § 15 Abs. 3 BAföG faktisch bindend ist (vgl. hierzu Fischer in Rothe/Blanke, BAföG, Stand Juli 2019, § 15 Rn. 15 m.w.N.).
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II. Soweit der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit der in der mündlichen Verhandlung am … … 2022 abgegebenen Erklärung zurückgenommen wurde, war das Verfahren nach § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO analog einzustellen.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO; Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 188 Abs. 2 Halbs. 1 VwGO).
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
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Hinsichtlich Nr. II des Tenors ist die Entscheidung unanfechtbar (§ 146 Abs. 1, § 92 Abs. 3 Satz 2 VwGO analog).