Titel:
Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG für senegalesischen Asylkläger
Normenketten:
AufenthG § 60 Abs. 5
EMRK Art. 3
Leitsatz:
Ein 50-jähriger senegalesischer Asylkläger, der wegen verschiedener Erkrankungen (insbes. Schizophrenie) unter rechtlicher Betreuung steht, selbst bei Fortsetzung seiner medikamentösen Behandlung nur eingeschränkt arbeitsfähig ist und kein familiäres Netzwerk im Senegal mehr hat, ist mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit nicht in der Lage, in seinem Heimatland seine Existenz einschließlich der notwendigen Behandlungskosten für seine Erkrankungen zu sichern. (Rn. 21 – 23) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Asyl, Herkunftsland: Senegal, Abschiebungsverbot (bejaht), Sicherung Existenzminimum, Schizophrenie, Epilepsie, Anordnung einer rechtlichen Betreuung, Kein familiäres Netzwerk im Heimatland, Senegal, Abschiebungsverbot, Existenzminimum, Betreuung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 07.06.2022 – 1 ZB 22.30271
Fundstelle:
BeckRS 2022, 13311
Tenor
I. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt.
II. Im Übrigen wird der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 7. August 2017 in Nummern 4 bis 7 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz hinsichtlich Senegal vorliegen.
III. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu 2/3, die Beklagte zu 1/3 zu tragen.
IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Der senegalesische Kläger (geb. …*) begehrt zuletzt die Feststellung eines Abschiebungsverbots.
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Mit Bescheid der Beklagten vom 7. August 2017 wurde der Asylantrag des Klägers als offensichtlich unbegründet abgelehnt (Nrn. 1 bis 3 des Bescheids), festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) nicht vorliegen (Nr. 4), die Abschiebung in den Senegal angedroht (Nr. 5) und ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 7 AufenthG (Nr. 6) sowie nach § 11 Abs. 1 AufenthG (Nr. 7) verfügt. Auf die Feststellungen des Bescheids, denen das Gericht folgt, wird Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 Asylgesetz - AsylG).
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Der Kläger hat zur Niederschrift des Urkundsbeamten des Verwaltungsgerichts München am … August 2017 Klage auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, des subsidiären Schutzes und auf die Feststellung eines Abschiebungsverbots erhoben. Die zwischenzeitlich bestellte Bevollmächtigte des Klägers beantragt in der mündlichen Verhandlung unter teilweiser Rücknahme der Klage zuletzt:
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I. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 7. August 2017 wird in Ziffern 4 bis 7 aufgehoben.
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II. Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Senegal vorliegen.
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Zur Begründung der Klage wird auf die Angaben des Klägers gegenüber der Beklagten Bezug genommen. Der Kläger habe einen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, da er an einer paranoiden Schizophrenie leide, die im Senegal nicht ausreichend behandelbar sei. Jedenfalls könne der Kläger seine Behandlungskosten im Senegal nicht finanzieren. Zur psychischen Erkrankung des Klägers werden ärztliche Unterlagen vom 23. November 2017 und vom 13. März 2018 vorgelegt. Mit weiteren Schriftsätzen der Bevollmächtigten werden Arztberichte vom 16. August 2019, 26. Juli 2019, 4. Dezember 2019, 24. Januar 2020 sowie 11. Februar 2020 übermittelt, aus denen sich im Wesentlichen der Verdacht auf das Vorliegen eines Hirntumors bzw. eine unklare Raumforderung im Gehirn ergibt, die wohl für die epileptischen Anfälle des Klägers ursächlich sei.
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Des Weiteren wird zur Klagebegründung vorgetragen, dass die Bevollmächtigte des Klägers mit Beschluss des Amtsgerichts … vom … März 2020 zunächst zur vorläufigen Betreuerin des Klägers für die Aufgabenkreise Vermögenssorge, Gesundheitsfürsorge, Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post in diesen Bereichen sowie die Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern bestellt worden sei. Ausweislich des Beschlusses des Amtsgerichts … vom … März 2020 sei der Kläger wegen seiner Krankheiten, nämlich einer Depression, eines Hirntumors und einer paranoiden Schizophrenie, nicht in der Lage, seine Angelegenheiten ausreichend zu besorgen. Aufgrund dessen sei es nach Auffassung der Bevollmächtigten dem Kläger nicht möglich, sich im Senegal selbstständig um die Behandlung seiner Erkrankungen und die Sicherung seines Lebensunterhalts zu kümmern. Vorgelegt wurde hierzu auch das (dem Betreuungsbeschluss u.a. zugrunde liegende) Gutachten eines Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie zur Notwendigkeit einer Betreuung vom 3. Februar 2020. Des Weiteren wird ausgeführt, dass mit Beschluss des Amtsgerichts … vom … August 2020 die Betreuung auf unbestimmte Zeit verlängert worden sei. Dem vorgelegten Beschluss des Amtsgerichts … ist zu entnehmen, dass das Gericht spätestens zum 2. Februar 2023 über die Aufhebung oder Verlängerung der Betreuung entscheiden wird. Darüber hinaus werden von der Klagepartei fachärztliche Atteste eines Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie des …-Klinikums … vom 8. Dezember 2020 und 5. November 2021 übersandt, in denen eine paranoide Schizophrenie, Epilepsie und ein Hirntumor diagnostiziert werden. Eine Nichtbehandlung der Erkrankungen würde eine psychische Behinderung und Suizidgefahr durch Exazerbation der psychotischen Symptomatik bedeuten. Der Kläger sei aufgrund seiner schweren Erkrankung auf Dauer erwerbsunfähig. Zur Begründung eines Abschiebungsverbots trägt die Bevollmächtigte des Klägers zudem vor, der Kläger habe keine familiären oder sozialen Bindungen im Senegal.
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Die Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 4. Januar 2022,
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Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG liege nicht vor. Das Gericht habe hierüber bereits im Eilbeschluss vom 9. Mai 2018 (M 10 S 17.46803) entschieden, auf den verwiesen werde. Die Erkrankung des Klägers sei danach im Senegal behandel- und auch finanzierbar. Es sei dem Kläger zumutbar, sich beim senegalesischen Finanzministerium eine sogenannte Bedürftigkeitsbescheinigung zu besorgen. Im Übrigen sei das vorgelegte Attest vom 8. Dezember 2020 bereits veraltet. Dasjenige vom 5. November 2021 stelle keine qualifizierte ärztliche Bescheinigung dar. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG scheide daher aus. Auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG liege nicht vor. Der hinreichenden Arbeitsfähigkeit des Klägers stünden die vorgelegten ärztlichen Dokumente zu seinem Gesundheitszustand nicht entgegen. Die pauschale Aussage des Arztes, der Kläger sei erwerbsunfähig, sei nicht belegt. Hinzu komme, dass der Kläger nach seinen Angaben in der Anhörung vom 21. Juli 2017 über ein umfassendes familiäres Netzwerk in seinem Heimatland verfüge.
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In der mündlichen Verhandlung vom 10. Februar 2022 ist der Kläger informatorisch gehört worden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten, auch im Verfahren M 10 S 17.46803, sowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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1. Über die Klage konnte trotz Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung gemäß § 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) entschieden werden. Die Beklagte ist zum Termin ordnungsgemäß geladen und auf die Folgen des Ausbleibens hingewiesen worden. Sie hat auf Ladung gegen Zustellnachweis mit Schreiben vom 27. Juni 2017, das insoweit gemäß dem Schreiben vom 21. Januar 2021 fortgilt, generell verzichtet.
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2. Soweit die Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen worden ist, war das Verfahren einzustellen (§ 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO).
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3. Im Übrigen ist die Klage zulässig und begründet.
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Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 HS. 1 AsylG) einen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Bescheid der Beklagten vom 7. August 2017 ist in Nummern 4 bis 7 rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insoweit ist der Bescheid aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, das Vorliegen der Voraussetzungen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG festzustellen.
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Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Eine Verletzung von Art. 3 EMRK kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn der Betroffene im Fall seiner Abschiebung tatsächlich Gefahr liefe, einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat können nur in begründeten Ausnahmefällen in Bezug auf Art. 3 EMRK ein Abschiebungsverbot begründen (vgl. hierzu: BVerwG, U.v. 31.1.2013 - BVerwG 10 C 15.12 - juris).
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Gefährdungen aufgrund einer allgemeinen schlechten Versorgungslage treffen die gesamte Bevölkerung gleichsam schicksalhaft. Sie wirken sich nicht gleichartig und in jeder Hinsicht zwangsläufig aus, sondern setzen sich aus einer Vielzahl verschiedener Risikofaktoren zusammen, denen der Einzelne in ganz unterschiedlicher Weise ausgesetzt ist und denen er ggf. auch ausweichen kann. Intensität, Konkretheit und zeitliche Nähe der Gefahr können deshalb auch nicht generell, sondern nur unter Berücksichtigung aller Einzelfallumstände beurteilt werden (Bergmann in ders./Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl. 2018, AufenthG, § 60 Rn. 54 m.w.N.). Dabei ist ein Abschiebungsverbot jedenfalls dann nicht gegeben, wenn der Rückkehrer durch Gelegenheitsarbeiten ein kümmerliches Einkommen erzielen und sich damit ein Leben am Rande des Existenzminimums finanzieren kann (vgl. BVerwG, U.v. 31.1.2013, a.a.O., Rn. 27 f.).
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Zwar ist nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer grundsätzlich davon auszugehen, dass junge, gesunde und arbeitsfähige Rückkehrer trotz der im Senegal verbreiteten Arbeitslosigkeit und fehlender Unterstützung durch ein familiäres Netzwerk in der Lage sein werden, sich mit ungelernter Arbeit so viel zu verdienen, dass sie ihren Lebensunterhalt finanzieren können (vgl. hierzu statt vieler: VG München, U.v. 15.6.2020 - M 10 K 19.30646; U.v. 9.1.2020 - M 10 K 18.31427; U.v. 25.3.2021 - M 10 K 18.33881). Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Auswirkungen der Corona-Pandemie (vgl. hierzu ausführlich: VG München, U.v. 25.3.2021, a.a.O.).
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Aber Senegal gehört zur Kategorie der am wenigsten entwickelten Länder. Im UNDP-Human Development Index 2017 steht das Land an 164. Stelle von 189 Ländern. Die hohe Arbeitslosigkeit, verschärft durch ein hohes Bevölkerungswachstum, gehört zu den größten Herausforderungen der Regierung und birgt das Potential für soziale Konflikte (vgl. Bericht des Auswärtigen Amts vom 14.2.2020 im Hinblick auf die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29a AsylG, Stand: Dezember 2019, S. 16).
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Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben, der gesamten Umstände des Einzelfalls sowie der durchgeführten mündlichen Verhandlung ist das Gericht der Auffassung, dass vorliegend ein begründeter Ausnahmefall, der nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK ein Abschiebungsverbot rechtfertigt, gegeben ist. Der Kläger ist auch nach dem Eindruck, den sich das Gericht in der mündlichen Verhandlung von ihm verschaffen konnte, mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit nicht in der Lage, in seinem Heimatland seine Existenz einschließlich der notwendigen Behandlungskosten für seine Erkrankungen zu sichern.
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Der bereits 50 Jahre alte Kläger steht aufgrund der Beschlüsse des Amtsgerichts … vom … März und … August 2020 unter rechtlicher Betreuung, die auf verschiedenen Erkrankungen, insbesondere seiner Schizophrenie, fußt. Insoweit sind die Erkrankungen des Klägers zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob die vorgelegten ärztlichen Berichte die Anforderungen des § 60a Abs. 2c AufenthG erfüllen, die grundsätzlich auch im Rahmen des § 60 Abs. 5 AufenthG zu beachten sind (vgl. nur: BayVGH, U.v. 6.7.2020 - 13a B 18.32817 - juris). Im gerichtlichen Verfahren sind überdies zahlreiche ärztliche Berichte und Atteste vorgelegt worden, die die Erkrankung des Klägers jedenfalls an Schizophrenie und Epilepsie nahelegen. Ausweislich des den Beschlüssen des Amtsgerichts … zu Grunde liegenden Gutachtens vom 3. Februar 2020 leidet der Kläger an kognitiven Störungen der Aufmerksamkeit, Auffassung, Konzentration sowie des Gedächtnisses und hat Ängste. Insbesondere im Bereich der Gesundheitsfürsorge und der Vermögenssorge könne er sich daher nicht alleine zurechtfinden. Dies wird bestätigt durch die Befragung der rechtlichen Betreuerin in der mündlichen Verhandlung. Diese hat insbesondere angegeben, dass sie für den Kläger die Arzttermine ausmachen müsse, ihn mehrfach an diese erinnern müsse und im Anschluss an den Termin beim Arzt nachfragen müsse, ob der Kläger erschienen sei. Sie müsse immer dafür Sorge tragen, dass der Kläger Rezepte für seine Medikamente habe. Darüber hinaus erledige sie für den Kläger alle behördlichen und finanziellen Angelegenheiten. Das Gericht konnte sich im Zuge der mündlichen Verhandlung zudem selbst einen Eindruck davon verschaffen, dass der Kläger schwer alleine zurechtkommt. Zur mündlichen Verhandlung kam er eine Stunde zu spät, da er Schwierigkeiten hatte, den Weg zu finden.
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Nach dem Eindruck des Gerichts in der mündlichen Verhandlung und den vorgelegten ärztlichen Unterlagen dürfte der Kläger jedenfalls bei einer Unterbrechung seiner medikamentösen Behandlung nicht arbeitsfähig sein (vgl. als Indiz auch: Attest vom 13.3.2018). Selbst bei Fortsetzung der Behandlung ist davon auszugehen, dass der Kläger nur eingeschränkt arbeitsfähig ist (vgl. als Indiz auch: Attest vom 5.11.2021). Aufgrund der Erkrankung des Klägers an Schizophrenie und insbesondere auch der vorgetragenen Epilepsie sowie des Alters des Klägers ist jedenfalls nicht anzunehmen, dass er wie in der Vergangenheit im Senegal auf dem Bau als Maurer wird arbeiten können, zumal diese Branche überdies durch die Corona-Pandemie besonders betroffen ist (s. https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/coronavirus-situation-senegal.html - Bericht vom 5.10.2021, abgerufen am 15.2.2022).
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Hinzu kommt, dass der Kläger nach seinen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung im Senegal kein familiäres Netzwerk mehr hat, auf dessen Unterstützung er bei seiner Rückkehr zurückgreifen könnte. Auf dem Familienhof in seinem Heimatort, der früher von seiner Mutter und einigen Verwandten bewohnt worden ist, lebt derzeit nur noch seine 70 bis 75 Jahre alte Mutter, zu der er aber keinen Kontakt hat. Ein Cousin des Klägers lebt zwar in Dakar, zu ihm besteht aber auch kein Kontakt. Wo die übrigen Verwandten leben, ist dem Kläger nicht bekannt. Vor diesem Hintergrund hätte der Kläger zwar möglicherweise eine erste Anlaufstelle und insbesondere eine erste Unterkunftsmöglichkeit bei seiner Mutter. Aber es ist nicht davon auszugehen, dass die besondere Betreuung, derer der Kläger wegen seiner Erkrankungen bedarf, von seiner alten Mutter geleistet werden kann. Insbesondere ist nicht anzunehmen, dass seine Mutter alleine in der Lage sein wird, zusätzlich für den Lebensunterhalt des Klägers sowie seine Behandlungskosten aufzukommen. Zwar gibt es grundsätzlich für Bedürftige die Möglichkeit, eine Bedürftigkeitsbescheinigung beim senegalesischen Finanzministerium zu erlangen, so dass der senegalesische Staat die Kosten der Behandlung übernimmt (vgl. hierzu: B.v. 9.5.2018 - M 10 S 17.46803). Aber eine solche Bescheinigung ist schon unter normalen Umständen schwer zu erlangen (s. hierzu die Auskunft der Deutschen Botschaft in Dakar vom 5.5.2003, vgl. B.v. 9.5.2018, a.a.O.), so dass dies für den Kläger, der sich schlecht alleine zurechtfindet, unmöglich sein dürfte. Es erscheint dem Gericht auch sehr unwahrscheinlich, dass der Kläger insoweit erfolgreich auf die Unterstützung seiner alten Mutter wird zurückgreifen können.
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Aufgrund des Anspruchs auf Feststellung eines Abschiebungsverbots ist Nummer 4 des Bescheids vom 7. August 2017 aufzuheben. Infolgedessen sind auch Nummern 5 bis 7 des Bescheids rechtswidrig.
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4. Soweit die Klage zurückgenommen worden ist, beruht die Kostenentscheidung auf § 155 Abs. 2 VwGO. Im Übrigen folgt sie aus § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylG nicht erhoben.