Titel:
Kein Betrieb von SB-Waschanlage an Sonntagen
Normenkette:
BayFTG Art. 2 Abs. 1, Art. 5
Leitsätze:
1. Das Bereitstellen von SB-Waschplätzen an Sonn- und Feiertagen ist nicht zulässig. (Rn. 23 – 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Auch das Bereitstellen eines SB-Waschplatzes inmitten eines Gewerbegebiets ist geeignet, die Sonn- und Feiertagsruhe zu stören und ist damit verboten. (Rn. 24 – 25) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein "wichtiger Grund im Einzelfall" iSd Art. 5 BayFTG kann nur dann angenommen werden, wenn der Grund nicht auch für eine Vielzahl gleich gelagerter Fälle in gleicher Weise gilt. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
4. Konkurrenzdruck stellt keinen wichtigen Grund iSd Art. 5 BayFTG dar. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Feiertagsgesetz, Befreiung für SB-Waschanlage, Konkurrenzdruck kein wichtiger Grund, Befreiung, wichtiger Grund, SB-Waschanlage, Sonn- und Feiertagsruhe, öffentlich bemerkbare Arbeit, SB-Waschplatz, Gewerbegebiet, Sonntagsruhe, Konkurrenzdruck
Fundstelle:
BeckRS 2022, 13022
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Die Klägerin begehrt die Erteilung eine Befreiung gemäß Art. 5 Bayerisches Feiertagsgesetz (BayFTG) zum Betrieb ihrer SB-Waschanlage an Sonntagen.
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Die Klägerin betreibt eine SB-Waschanlage im Gemeindegebiet der Beklagten, welche in der Vergangenheit auch an Sonntagen geöffnet war.
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In seiner Sitzung am 11. Mai 2021 lehnte es der Gemeinderat der Beklagten ab, eine Verordnung zu erlassen, welche allen Waschanlagen im Gemeindegebiet die Öffnung am Sonntag ermöglichen würde (Art. 2 Abs. 3 Nr. 5 BayFTG).
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Am 10. Juni 2021 beantragte die Klägerin eine Befreiung nach Art. 5 BayFTG.
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Mit Bescheid vom 14. Juli 2021 (Gz. .), als Einschreiben zur Post gegeben am 20. Juli 2021, wurde der Antrag auf Befreiung vom Feiertagsgesetz abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass ein wichtiger Grund für eine Befreiung im Einzelfall nicht vorliege. Aufgrund der Lage der SB-Waschanlage sei ein sonntäglicher Waschbetrieb sowohl durch den Zu- und Abgangsverkehr wie auch durch den Betrieb selbst auch für Passanten, die das Angebot der Waschboxen nicht annehmen wollten, deutlich wahrnehmbar. Die Waschanlage liege in einem Gewerbegebiet, an dem die viel befahrene Verbindungsstraße zwischen . und . vorbeiführe. Parallel zur Straße verlaufe zudem ein Radweg, welcher auch an Sonn- und Feiertagen stark frequentiert sei. Die Entfernung zwischen der Straße bzw. dem Radweg und der Waschanlage betrage in der Luftlinie ca. 100 m. Die Waschanlage könne sowohl von der Straße als auch vom Radweg her gut wahrgenommen werden. Auch durch die offene Bauweise der Waschboxen sei die Einsehbarkeit gegeben und seien die Waschvorgänge deutlich wahrnehmbar. Nach eigenen Angaben des Betreibers staue sich bereits jetzt gerade an schönen Tagen am Wochenende der Verkehr bis zur Einfahrt am Kreisverkehr, wo er von allen Passanten wahrgenommen werden könne. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines begründeten Einzelfalls gebe es nicht. Die von der Klägerin vorgebrachte Steigerung der Attraktivität der Gemeinde durch die Öffnung am Sonntag sei für einen Großteil der Bevölkerung nicht von Relevanz. Auch eine mögliche Erhöhung von Gewerbesteuereinnahmen stelle keinen gewichtigen Grund dar. Da auch die Stadt . von Art. 2 Abs. 3 Satz 2 BayFTG keinen Gebrauch gemacht habe, müsse zudem damit gerechnet werden, dass die sonntägliche Öffnung auch Kunden außerhalb von . anziehe. Nach Abwägung der vorgebrachten Gründe der Klägerin komme die Beklagte zu dem Ergebnis, dass der Schutz des Sonntages und der damit verbundenen Erholung für alle Bürger gegenüber der Gewinnerzielungsabsicht der Klägerin und der weiteren vorgebrachten Argumente überwiege. Eine besondere Härte könne zudem nicht angenommen werden, da die Öffnung der Waschanlage an den Werktagen weiterhin möglich sei und der Betrieb nur in hinnehmbaren Maße betroffen sei.
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Auf die weitere Begründung des Bescheids vom 14. Juli 2021 wird verwiesen.
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Am 11. August 2021 ließ die Klägerin beantragen,
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den Bescheid der Beklagten vom 14. Juli 2021 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin die beantragte Befreiung vom Bayerischen Feiertagsgesetz zum Betrieb ihrer SB-Autowaschanlage zu erteilen.
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Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Klägerin durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verletzt werde. Sie habe einen Anspruch auf Erteilung der Befreiung, weil sie sich auf einen wichtigen Grund i.S. des Art. 5 BayFTG berufen könne. Der Gesetzgeber selbst habe die Freigabe des Betriebs von Autowaschanlagen an Sonn- und Feiertagen grundsätzlich ermöglicht. Der Gesetzgeber habe dadurch zum Ausdruck gebracht, dass durch den Betrieb von Autowaschanlagen keine nachhaltige Beeinträchtigung der Sonn- und Feiertagsruhe zu befürchten sei. Er sei deshalb von der Intention des Gesetzgebers her auch ohne wichtigen Grund möglich. Der Begriff des „wichtigen Grundes“ sei eher im Sinne eines „sachlichen Grundes“ zu verstehen. Hierfür reiche aus, dass ein nachweisbares Bedürfnis der Autobesitzer bestehe, auch am Sonntag ihre Autos umweltverträglich zu pflegen und ihren Wert erhalten zu können, soweit dadurch die Sonntagsruhe nicht beeinträchtigt werde. Das Bedürfnis sei bereits durch die jahrelange Sonntagsnutzung der Autowaschanlage nachgewiesen, die Störung der Sonntagsruhe durch die Örtlichkeit ausgeschlossen. Nach alledem habe die Klägerin einen Anspruch auf Gewährung der beantragten Befreiung (Ermessensreduzierung auf Null).
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Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragte mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2021,
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Zur Begründung wurde vorgetragen, dass wichtige Gründe für die Erteilung einer Befreiung nicht vorlägen. Es gebe einen änderungsfesten Kern der institutionell garantierten Sonn- und Feiertage, soweit er der persönlichen Ruhe, Besinnung, Erholung und Zerstreuung diene. Mit der Zweckbestimmung der Sonn- und Feiertage seien grundsätzlich alle öffentlich bemerkbaren Tätigkeiten werktäglichen Charakters unvereinbar. Beim Autowaschen handle es sich um eine typisch werktägliche Geschäftstätigkeit, womit die Klage eindeutig auf eine weitgehende Gleichstellung der sonn- und feiertäglichen Verhältnisse mit den Werktagen und ihrer Betriebstätigkeit ziele. Der Landesgesetzgeber habe den Betrieb von Autowaschanlagen an Sonn- und Feiertagen nicht generell freigegeben, sondern nur mit Einschränkungen zugelassen. Der Gemeinderat der Klägerin habe es zu Recht abgelehnt, eine generelle Verordnung zu erlassen. Es liege auch kein wichtiger Grund für eine Befreiung im Einzelfall vor. Die Klägerin mache Kundeninteressen am hobbymäßigen Autowaschen als sonntägliche Freizeitgestaltung sowie einen extrem hohen Waschbedarf an allen Werktagen geltend. Das erste Argument sei irrelevant und das zweite Argument belege, dass es nicht ansatzweise wirtschaftliche Nachteile gebe, welche auszugleichen seien. Aufgrund der Lage in Sichtweite zu einem hoch frequentierten Radweg könne der sonntägliche Betrieb der Waschanlage auch öffentlich wahrgenommen werden. Anhaltspunkte dafür, dass die Befreiung zum Ausgleich einer besonderen Härte erforderlich sei, gebe es nicht. Die Beklagte habe auch ihr Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt und eine Abwägung im konkreten Einzelfall vorgenommen.
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Auf die weiteren Ausführungen im Schriftsatz vom 6. Oktober 2021 wird verwiesen.
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Mit Schriftsatz vom 17. März 2022 ergänzte der Bevollmächtigte der Klägerin seine Ausführungen. Er trug vor, dass die Beurteilung, welche Art von „Arbeiten“ die Feiertagsruhe beeinträchtigen könne, dem Wandel der Zeit unterliege. Den Kern der Sonntagsruhe mache demnach weniger die Art der individuellen Freizeitgestaltung aus, als vielmehr der Grundsatz, dass an den Sonn- und Feiertagen die Geschäftstätigkeit in Form der Erwerbsarbeit, insbesondere der Verrichtung abhängiger Arbeit, ruhen solle. Für den Privatmann sei die Wäsche und Pflege seines Autos weder eine gewerbliche noch Teil seiner berufsbezogenen Erwerbstätigkeit. Vielmehr erledige er sie in der Freizeit, zu der für viele nicht zuletzt der Sonntag gehöre. Die Anlage der Klägerin störe die Feiertagsruhe auch nicht. Dies gelte auch im Hinblick auf ihre konkrete Situierung. Sie liege unmittelbar an der Autobahn in Nachbarschaft zu einem Schnellimbiss-Restaurant und einer Tankstelle, welche um ein Vielfaches mehr Fahrzeuge und Besucher anziehen würden. Das Gewerbegebiet werde sonntags von niemandem aufgesucht, der diesen Tag als Tag der Arbeitsruhe und seelischen Erhebung begehen wolle. Auch Radfahrer würden in keiner Weise in ihrem Erholungsbedürfnis beeinträchtigt. Es dürfe schon bezweifelt werden, dass sich erholungsuchende Radfahrer entlang der vierspurigen B. fortbewegen würden. Jedenfalls würden sie zügig an dem Gewerbegebiet vorbeifahren, falls sie dessen Infrastruktur nicht nutzen wollten. Als wichtiger Grund für eine Befreiung sei vorliegend auch der „Konkurrenzdruck“ heranzuziehen, dem die Anlage der Klägerin ausgesetzt sei. In der näheren Umgebung gebe es mehrere SB-Autowaschanlagen, die sonntags geöffnet hätten. Zu diesen Waschanlagen würden viele Nutzer nicht nur sonntags, sondern auch am Werktag abwandern. Die Klägerin habe deshalb schon einen deutlichen Umsatzrückgang hinnehmen müssen.
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Auf die weiteren Ausführungen im Schriftsatz vom 17. März 2022 wird verwiesen.
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Der Bevollmächtigte der Beklagten nahm mit Schriftsatz vom 23. März 2022 hierzu nochmals Stellung und führte aus, dass der von der Klägerin geltend gemachte angebliche Konkurrenzdruck kein wichtiger Grund sein könne. Konkurrenzdruck und angebliche Umsatzeinbußen durch Sonntagsöffnungen in anderen Gemeinden würden für sich genommen keine Atypik darstellen, sondern seien Bestandteil jeder wirtschaftlichen Betätigung. Die Anlage der Klägerin verfüge zudem mit einer Durchfahrtshöhe von 3,65 m über ein Alleinstellungsmerkmal. Im Übrigen hätte der Umstand, dass eine Sonntagsöffnung nicht erlaubt sei, bereits in die Kalkulation der Anlage mit einfließen müssen. Durch eine von vornherein gesetzeskonforme Öffnung der Waschanlage hätte der Rückgang der Umsatzzahlen vermieden werden können. Auch die Wirtschaftlichkeit des Anlagenbetriebs stelle keinen wichtigen Grund dar. Errichtung und Betrieb von gewerblichen Anlagen würden der Privatautonomie unterliegen und seien in betriebswirtschaftlicher Hinsicht stets risikobehaftet. Auch ein angebliches Bedürfnis der Bevölkerung, Fahrzeuge auch an Sonn- und Feiertagen waschen zu können, sei kein wichtiger Grund. Demnach komme es auf die Frage, ob das Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt worden sei, nicht mehr an. Im Übrigen habe die Beklagte das ihr zustehende Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung ausgeübt und dabei die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten.
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Auf die weiteren Ausführungen im Schriftsatz vom 23. März 2022 wird verwiesen.
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Am 24. März 2022 fand die mündliche Verhandlung vor Gericht statt. Auf das hierüber gefertigte Protokoll wird verwiesen.
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Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
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Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Erteilung einer Befreiung zum Betrieb ihrer SB-Waschanlage an Sonn- und Feiertagen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO). Die Beklagte hat den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 14. Juli 2021 zu Recht abgelehnt.
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1. Gemäß Art. 2 Abs. 1 BayFTG sind an Sonntagen und den gesetzlichen Feiertagen öffentlich bemerkbare Arbeiten, die geeignet sind, die Feiertagsruhe zu beeinträchtigen, verboten, soweit aufgrund Gesetzes nichts anderes bestimmt ist. Eine Befreiung von diesem Verbot kommt gemäß Art. 5 BayFTG nur aus wichtigem Grund im Einzelfall in Betracht. Eine solche Entscheidung steht im Ermessen der Gemeinde.
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a) Das Bereitstellen von SB-Waschplätzen in der Waschanlage der Klägerin an Sonn- und Feiertagen stellt eine nach Art. 2 Abs. 1 BayFTG verbotene Tätigkeit dar.
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Nicht nur beim gewerblichen Offenhalten von automatischen Autowaschanlagen, sondern auch beim gewerblichen Zurverfügungstellen von Anlagen und Geräten an Kunden zum selbsttätigen Fahrzeugwaschen in SB-Waschanlagen handelt es sich um Arbeiten, die typisch werktägliches Gepräge haben, wobei es hierbei auf das individuelle Empfinden einzelner Kunden oder Betrachter und auf den konkreten Gebietscharakter des Standortes nicht ankommt. Selbst wenn die Anlage inmitten eines Gewerbegebiets liegt, handelt es sich beim Offenhalten einer gewerblichen Autowaschanlage um eine „öffentlich bemerkbare Arbeit“, die geeignet ist, die Sonn- und Feiertagsruhe zu stören (BayVGH, U.v. 19.2.1991 - 21 B 90.02486 - juris Rn. 22; VG Würzburg, U.v. 16.3.2005 - W 6 K 04.157 - juris Rn. 23; BayObLG, B.v. 5.3.2004 - 3 ObOWi 12/04 - juris; BayVerfGH, B.v. 27.2.2012 - Vf. 4-VII-11 - juris Rn. 51; VGH BW, B.v. 3.9.1985 - 10 S 1664/85 - VBlBW 86,307).
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Der Annahme, dass der Betrieb der SB-Waschanlage der Klägerin vorliegend auch „öffentlich bemerkbar“ ist, steht die konkrete Situierung der Anlage nicht entgegen. Auch wenn diese in einem Gewerbegebiet außerhalb des Hauptortes liegt, entlang einer S. straße (St. - Straße) etwas zurückgesetzt situiert ist und möglicherweise durch Bepflanzung die Wahrnehmbarkeit von Straße und Radweg aus eingeschränkt ist, ändert dies nichts an dem Umstand, dass nicht nur Besucher des Gewerbegebiets, die die dortige Tankstelle oder das Schnellimbissrestaurant sonntags aufsuchen, sondern auch vorbeifahrende Kraftfahrzeugführer oder Nutzer des in 100 m Luftlinie gelegenen Radwegs die Anlage und die darin stattfindenden Arbeiten ohne weiteres wahrnehmen können. Damit sind die Arbeiten „öffentlich bemerkbar“. Auf die Frage, ob sich Personen durch den sonntäglichen Betrieb der Waschanlage konkret gestört fühlen, kommt es hierbei nicht entscheidend an. Art. 2 Abs. 1 BayFTG stellt darauf ab, dass die Tätigkeit „geeignet“ sein muss, die Feiertagsruhe zu beeinträchtigen, ohne Rücksicht darauf, ob sie generell oder im Einzelfall konkret die Sonntagsruhe stört. Ziel des Feiertagsgesetzes ist es, den werktäglichen Arbeitsprozess der äußerlich in Erscheinung tretenden Arbeiten an Sonn- und Feiertagen zu unterbrechen (BayVGH, U.v. 19.2.1991 a.a.O. Rn. 22). Verboten sind demnach alle Tätigkeiten, die als Werktagsarbeit nach außen erkennbar sind, auch wenn sie aufgrund ihrer Lage zu keiner konkreten Störung der Sonntagsruhe führen (VG Würzburg, U.v. 16.3.2005 a.a.O. Rn. 24). Auch der Betrieb der SB-Waschanlage der Klägerin hat einen derartig spezifisch werktäglichen Charakter. Das Bayerische Oberste Landesgericht hat in der Entscheidung vom 5. März 2003 (3 ObOWi 12/04 a.a.O.) darauf hingewiesen, dass das gewerbliche Zurverfügungstellen von SB-Waschplätzen mit den für das Autowaschen nötigen Hilfsmitteln an Sonn- und Feiertagen auch dann gegen das Gebot der Sonn-und Feiertagsruhe verstoße, wenn dies in einem Gewerbegebiet stattfinde und das Autowaschen keinen ungebührlichen Lärm verursache. Das Verbot gelte unabhängig davon, ob sich konkret Mitbürger in ihrer Sonn- und Feiertagsruhe gestört fühlten und es komme auch nicht darauf an, ob die Arbeiten in einem Wohn-, Erholungs- oder Gewerbegebiet ausgeführt würden.
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Der Einordnung des Betriebs der SB-Waschanlage der Klägerin als „Arbeit“ i.S. des Art. 2 Abs. 1 BayFTG steht auch das vom Klägerbevollmächtigten vorgetragene, veränderte Freizeitverhalten nicht entgegen. Selbst wenn ein verändertes Freizeitverhalten dazu geführt haben sollte, dass das Autowaschen nicht mehr als Arbeit, sondern als Hobby oder als Freizeitvergnügen angesehen werde, so kann dies allenfalls für einen Teil der Bevölkerung gelten. Falls ein verändertes Freizeitverhalten zu einem verstärkten Bedürfnis der Bevölkerung nach erweiterten Möglichkeiten der Sonntagsöffnung für bestimmte Gewerbszweige führen sollte, wäre es Aufgabe des Gesetzgebers, ein derartig verändertes Freizeitverhalten auch bei den Regelungen des bayerischen Feiertagsgesetzes zu berücksichtigen und dem Rechnung zu tragen. Der Gesetzgeber hat jedoch im Gegenteil in Art. 2 Abs. 3 Nr. 5 BayFTG eine ausdrückliche Regelung zur Möglichkeit einer Ausnahme für den Betrieb von Autowaschanlagen an Sonn- und Feiertagen getroffen und damit klar zum Ausdruck gebracht, dass der Betrieb von Autowaschanlagen an Sonn- und Feiertagen dem Grunde nach zu den verbotenen Arbeiten im Sinne des Art. 2 Abs. 1 BayFTG gehört. Auch die Neuregelung von Art. 2 BayFTG im Jahr 2006 nahm der Gesetzgeber nicht zum Anlass, um hieran etwas zu ändern. Ebenso hat das Bundesverfassungsgericht bestätigt, dass der Gesetzgeber trotz eines veränderten Freizeitverhaltens an der herkömmlichen deutschen Tradition eines grundsätzlichen Sonn- und Feiertagsschutzes festhalten darf (BVerfG, U.v. 9.6.2004 - 1 BvR 636/02 - juris Rn. 182). Zudem ist dem Argument des Klägerbevollmächtigten, wonach die Autowäsche mittlerweile grundsätzlich dem Freizeitbereich zuzuordnen sei, in dieser Pauschalität nicht zuzustimmen. Es ist davon auszugehen, dass nicht nur Privatpersonen ihre Privat-Pkw, sondern auch Arbeitnehmer die ihnen vom Arbeitgeber zur dienstlichen Nutzung zur Verfügung gestellten Geschäftsautos ebenso wie Selbständige ihre Firmenfahrzeuge in der SB-Waschanlage der Klägerin waschen. Damit vermischt sich jedoch die rein privat veranlasste Autowäsche mit der dienstlich und beruflich veranlassten Autowäsche, die Teil einer Erwerbstätigkeit ist und damit eine typisch werktägliche Verpflichtung darstellt, die auch nach Auffassung des Klägerbevollmächtigten vom Verbot des Art. 2 Abs. 1 BayFTG erfasst wird.
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b) Ein wichtiger Grund im Einzelfall für die Erteilung einer Befreiung nach Art. 5 BayFTG liegt nicht vor.
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Ein „wichtiger Grund im Einzelfall“ im Sinne des Art. 5 BayFTG kann, wie sich aus dem Wortlaut der Regelung ergibt, nur dann angenommen werden, wenn der Grund nicht auch für eine Vielzahl gleich gelagerter Fälle in gleicher Weise gilt. Ansonsten würde das Regel-Ausnahme-Verhältnis, das sich aus dem grundsätzlichen Verbot des Art. 2 Abs. 1 BayFTG in Verbindung mit der Befreiungsmöglichkeit im Einzelfall nach Art. 5 BayFTG ergibt, nicht ausreichend berücksichtigt.
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Ein wichtiger Grund kann demnach nicht in dem von der Klägerseite behaupteten, geänderten Freizeitverhalten gesehen werden. Dieses Freizeitverhalten betrifft nicht die konkrete Situation der Anlage der Klägerin, sondern stellt eine allgemeine gesellschaftliche Entwicklung dar. Eine Reaktion hierauf bleibt, wie bereits ausgeführt, dem Gesetzgeber vorbehalten.
30
Auch das Vorbringen der Klägerin, wonach ihre SB-Waschanlage aufgrund der konkreten Situierung nicht zu einer Störung der Feiertagsruhe führe und sie allgemein in der Bevölkerung akzeptiert werde, kann die Annahme eines wichtigen Grundes nicht rechtfertigen. Wie bereits ausgeführt, gilt das Verbot der Sonntagsöffnung für die SB-Waschanlage der Klägerin unabhängig davon, ob sie gut einsehbar ist und auch unabhängig davon, ob sich die Bevölkerung oder einzelne Bürger konkret von den Arbeiten dort gestört fühlen. Ausschlaggebend ist allein die öffentliche Bemerkbarkeit und die grundsätzliche Eignung, die Feiertagsruhe zu beeinträchtigen. Damit kann jedoch allein mit dem Argument der fehlenden Bemerkbarkeit und der im konkreten Fall behaupteten, fehlenden Störung der Feiertagsruhe ein Ausnahmefall, der eine Befreiung rechtfertigen würde, nicht begründet werden, da damit das gesetzliche Verbot unterlaufen würde.
31
Der vorgetragene Konkurrenzdruck stellt ebenfalls keinen wichtigen Grund i.S. des Art. 5 BayFTG dar (s. hierzu auch VG Würzburg, U.v. 16.3.2005 a.a.O. Rn. 27). Zum einen zählen Konkurrenzdruck und wirtschaftlicher Wettbewerb zum Bestandteil jeder wirtschaftlichen Betätigung. Der Gewerbetreibende kann nicht davon ausgehen, dass sich das wirtschaftliche Umfeld nicht wandelt und muss damit rechnen, dass sein Unternehmen einer Konkurrenz ausgesetzt wird, die es bislang nicht gab. Soweit die Klägerin vortragen lässt, dass es wegen der Sonntagsöffnung der Waschanlagen in, . und . zu einem Umsatzrückgang bis zu einem Drittel gekommen sei, kann dies noch keine besondere Härte begründen. Denn auch die Stadt . hat keine Verordnung i.S. des Art. 2 Abs. 3 BayFTG erlassen und im nahe gelegenen Bundesland B.-W. gilt ebenfalls ein „Sonntags-Waschverbot“. Die SB-Waschanlage der Klägerin ist damit nicht die einzige Waschanlage im näheren und weiteren Einzugsbereich, die an Sonn- und Feiertagen nicht öffnen darf. Im Übrigen befindet sich im Gemeindegebiet der Beklagten eine weitere Waschanlage, die ebenfalls an Sonn- und Feiertagen nicht öffnen darf. Ein unzumutbarer Wettbewerbsnachteil im Vergleich zu anderen, im Einzugsbereich gelegenen Waschanlagen kann demnach trotz der Öffnung der von der Klägerin benannten Anlagen an Sonn- und Feiertagen nicht angenommen werden. Zudem verfügt die Anlage der Klägerin im Vergleich zu den anderen Waschanlagen mit einer Durchfahrtshöhe von 3,65 m über ein Alleinstellungsmerkmal, das sie von Mitwettbewerbern abhebt, weil es auch die Wäsche höherer Fahrzeuge, wie etwa Wohnwägen, ermöglicht. Auch aus den vom Geschäftsführer der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Umsatzzahlen ergibt sich nicht, dass der Konkurrenzdruck zu einer besonderen wirtschaftlichen Härte geführt hätte. Es mag sein, dass es tatsächlich wegen der Sonntags-Öffnung von SB-Waschanlagen in, . und . bei der Anlage der Klägerin zu Umsatzeinbußen und dementsprechend zu Gewinneinbußen gekommen ist. Der Geschäftsführer der Klägerin bestätigte jedoch auf Nachfrage auch, dass der Betrieb sich „gerade noch“ rechne. Eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage der Klägerin auf unerträgliche und unzumutbare Weise kann mit diesem Vorbringen demnach nicht begründet werden. Dies gilt umso mehr, als die SB-Waschanlage für die Klägerin nur ein Geschäftszweig neben anderen ist. Im Übrigen ist es Aufgabe der Klägerin, bei der Kalkulation einer derartigen Anlage die rechtlichen Rahmenbedingungen und damit auch die möglichen Öffnungszeiten in die Berechnungen mit einzubeziehen. Dass die Klägerin, wie ihr Geschäftsführer vorgetragen hat, hierbei aufgrund fehlerhafter Auskünfte von falschen Voraussetzungen ausgegangen sei, vermag nicht nachträglich einen wichtigen Grund im Hinblick auf die - nunmehr bei Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben geminderte - Wirtschaftlichkeit des Betriebes zu rechtfertigen. Das Gewinnstreben der Klägerin muss deshalb hinter dem Bedürfnis der Bevölkerung nach sonn- und feiertäglicher Ruhe zurücktreten (s. hierzu auch BayVGH, U.v. 19.2.1991 a.a.O. Rn. 24).
32
Die weiteren, vom Klägerbevollmächtigten vorgetragenen Gründe für die Erteilung der Befreiung betreffen nicht die konkrete Situation der Klägerin und können damit einen wichtigen Grund im Einzelfall nicht begründen. Dies gilt für das vorgetragene, erhöhte Bedürfnis der Bevölkerung, die Fahrzeuge auch an Sonntag- und Feiertagen waschen zu können ebenso wie für die Vermeidung von Vandalismus und unerlaubter Abfallentsorgung außerhalb der Betriebszeiten. Auch Belange des Umweltschutzes im Sinne einer fachgerechten Schmutzwasserentsorgung sind Belange, die für alle Anlagen in gleicher Weise geltend gemacht werden könnten und keinen wichtigen Grund im Einzelfall darstellen.
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c) Da es somit bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Befreiung nach Art. 5 BayFTG fehlt, kommt es auf eine Ermessensbetätigung der Beklagten nicht mehr an. Ohne dass es entscheidend darauf ankäme, wird jedoch darauf hingewiesen, dass die Beklagte im angegriffenen Bescheid nach Auffassung der Kammer das ihr eingeräumte Ermessen erkannt und sachgerecht ausgeübt hat und das öffentliche Interesse an der Einhaltung der Sonn- und Feiertagsruhe in nicht zu beanstandender Weise höher gewichtet hat als das Interesse der Klägerin an einer Öffnung ihrer SB-Waschanlage auch an Sonn- und Feiertagen.
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Die Klage war deshalb als unbegründet abzuweisen.
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Als im Verfahren unterlegen hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Ausspruch hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).