Titel:
BAföG-Rückforderung wegen vermeintlicher Darlehensrückzahlung an Vater
Normenketten:
BAföG § 11, § 26, § 28 Abs. 3 S. 1, § 29 Abs. 1
SGB X § 44, § 45, § 50 Abs. 1
Leitsätze:
1. Fallen Vermögensübertragung (hier: auf den Vater) und Bewerbung auf das Studium zeitlich zusammen, kann dies dafür sprechen, dass mit der Vermögensübertragung (rechtsmissbräuchlich) zumindest die staatliche Förderungsoption gesichert werden sollte. (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)
2. Auch größere BAföG-Nachzahlungen sind als Vermögen anrechenbar und können der Bewilligung weiterer Ausbildungsförderung entgegenstehen. (Rn. 47) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Rückforderung von Ausbildungsförderung, rechtsmissbräuchliche Vermögensübertragung, Darlehen, BAföG, Ausbildungsförderung, Rückforderung, Nachzahlung
Fundstelle:
BeckRS 2022, 12635
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Die Beteiligten streiten um die Erstattungspflicht von Ausbildungsförderung.
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Die am … geborene Klägerin studierte von Oktober 2006 bis September 2009 an der … Universität … im Studiengang …, den sie mit dem Bachelor auf Science abschloss. Insoweit hatte sie Ausbildungsförderung weder beantragt noch erhalten. Am 15. Januar 2010 nahm die Klägerin eine Beschäftigung auf.
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Ende Juli 2010 übertrug die Klägerin auf ihren Vater - bei diesem gutgeschrieben am 31. Juli 2010 - Vermögen in Höhe von insgesamt 10.995,09 EUR.
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Im Wintersemester 2010/2011 nahm die Klägerin ein Masterstudium im Studiengang … an der … auf. Unter dem 7. September 2010, eingegangen bei dem Beklagten am 29. September 2010, beantragte sie Ausbildungsförderung für ihr Masterstudium für den Bewilligungszeitraum 1. Oktober 2010 bis 30. September 2012. In dem Antragsformular bezifferte sie den Wert eines Pkw auf 700,00 EUR. Außerdem gab sie ihr Barvermögen mit 4.759,00 EUR an. Im Übrigen enthielt der Antrag keine Angaben über Vermögen der Klägerin. In dem Antragsformular ist vor dem Unterschriftsfeld in Fettdruck sinngemäß darauf hingewiesen, Vermögenswerte seien auch dann dem Vermögen des Auszubildenden zuzurechnen, wenn diese rechtsmissbräuchlich übertragen worden seien. Dies sei der Fall, wenn Auszubildende in zeitlichem Zusammenhang mit der Aufnahme der förderungsfähigen Ausbildung bzw. der Antragstellung oder im Laufe der förderungsfähigen Ausbildung Teile ihres Vermögens unentgeltlich oder ohne gleichwertige Gegenleistung auf Dritte, insbesondere auf Eltern oder andere Verwandte übertragen hätten.
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Mit Bescheid vom 26. August 2011 bewilligte der Beklagte der Klägerin für den Zeitraum Oktober 2010 bis September 2011 Ausbildungsförderung in Höhe von monatlich 670,00 EUR (jeweils hälftig als Zuschuss und darlehensweise). Der Bescheid weist eine entsprechende Nachzahlung in Höhe von 7.320,00 EUR aus, der am letzten Werktag vor dem 15. September 2011 ausgezahlt werde.
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Mit Eingang bei dem Beklagten am 16. September 2011 beantragte die Klägerin erneut Ausbildungsförderung für ihr Masterstudium im Bewilligungszeitraum 1. Oktober 2010 bis 30. September 2012. Den Wert sonstiger Vermögensgegenstände, z.B. Kraftfahrzeuge, bezifferte sie in dem Antragsformular - das erneut den oben wiedergegebenen Hinweis enthielt - auf 600,00 EUR. Ihr Barvermögen gab sie mit 4.603,62 EUR an. Im Übrigen enthielt der Antrag keine Angaben über das Vermögen der Klägerin. Auf Nachfrage des Beklagten teilte die Klägerin mit Schreiben vom 11. Oktober 2011 sinngemäß mit, ihr Kontostand weise abzüglich der beklagtenseits als Nachzahlung überwiesenen 7.320,00 EUR ein Guthaben in Höhe von 4.773,27 EUR auf. Mit Schreiben vom 13. Oktober 2011 teilte sie weiter mit, sie habe vergessen zu erwähnen, dass sie ihrem Vater seit Oktober 2010 nur darlehensweise gewährte monatliche Unterstützung von insgesamt 4.000,00 EUR zurückzuzahlen gehabt hätte und heute zurückgezahlt habe. Dies verringere ihren Kontostand auf 773,27 EUR.
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Mit Bescheid vom 17. Oktober 2011 bewilligte der Beklagte der Klägerin für den Zeitraum Oktober 2011 bis Juli 2012 Ausbildungsförderung in Höhe von monatlich 620,00 EUR (jeweils hälftig als Zuschuss und darlehensweise).
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Nachdem die Klägerin mitgeteilt hatte, sie sei in der Zeit vom 1. Oktober 2011 bis 15. Mai 2012 als … bei der … auf 400-Euro-Basis tätig gewesen und habe dort seit dem 16. Mai 2012 eine Beschäftigung über 25 Stunden in der Woche aufgenommen, setzte der Beklagte die Ausbildungsförderung mit Bescheid vom 29. Mai 2012 für den Zeitraum Oktober 2011 bis Juli 2012 auf monatlich 385,00 EUR (jeweils hälftig als Zuschuss und darlehensweise) sowie eine Rückzahlung in Höhe von 2.048,00 EUR fest. Im Juli 2012 betrage die Aufrechnungsrate 67,00 EUR. Gegen den Bescheid legte die Klägerin mit Eingang bei dem Beklagten am 19. Juni 2012 Widerspruch ein. Mit Schreiben vom 30. Juli 2012 teilte der Beklagte der Klägerin sinngemäß mit, wie bereits telefonisch besprochen werde der angegriffene Bescheid nicht mehr geändert. Nach Begleichung der Überzahlung in Höhe von 2.048,00 EUR bestünden keine weiteren Ansprüche aus BAföG-Überzahlungen. Hierauf bezugnehmend nahm die Klägerin ihren Widerspruch mit Schreiben vom 13. August 2012 zurück.
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Aufgrund Datenabgleichs des Bundeszentralamts für Steuern wurde dem Beklagten am 26. Januar 2015 bekannt, dass die Klägerin im Meldejahr 2010 freigestellte Kapitalerträge in Höhe von 250,00 EUR erzielt hatte.
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Auf entsprechende Nachfrage teilte die Klägerin mit Schreiben vom 29. Februar 2015 sinngemäß mit, es sei richtig, dass sie im ersten Halbjahr 2010 aus Sparguthaben Zinsen in Höhe von 215,24 EUR erzielt habe. Einen Großteil dieses Sparguthabens - ca. 11.000,00 EUR - habe sie ihrem Vater für die Unterstützung der Jahre zuvor, u.a. während ihres Studiums, im Sommer 2010 zurückgezahlt. Grund sei gewesen, dass sie Anfang 2010 ihre erste Anstellung bei der … angetreten habe und so ihr erstes eigenes Einkommen erzielt habe. Im gleichen Jahr habe sie noch Sparguthaben in Höhe von 2.018,09 EUR gehabt. Im Jahr 2011 habe sie nur noch Zinseinnahmen in Höhe von 10,08 EUR erzielt.
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Auf weitere Nachfrage des Beklagten teilte die Klägerin mit Schreiben vom 4. Mai 2015 sinngemäß im Wesentlichen mit, sie habe Ende Juli 2010 ihrem Vater zwei Extrazinssparbücher im Wert von insgesamt ca. 11.000,00 EUR für die finanzielle Unterstützung der Jahre zuvor - u.a. während ihres Bachelorstudiums - ausbezahlt. Sie übersende ein Schreiben ihres Vaters, wonach die Sparbücher noch immer in seinem Besitz seien. Der Zulassungsbescheid der … Universität … sei am 13. August 2010 ergangen. Im Zeitpunkt der Auflösung der Sparbücher Ende Juli 2010 habe sie noch nicht gewusst, ob sie überhaupt das Masterstudium antreten und Ausbildungsförderung beantragen werde, zumal sie im Bachelorstudium keine Ausbildungsförderung erhalten habe. Den Antrag auf Ausbildungsförderung habe sie erst im September 2010 gestellt. Ihrem Schreiben legte die Klägerin eine Bestätigung ihres Vaters vom 3. Mai 2015 bei, wonach letzterer am 30. Juli 2010 zwei Sparbücher der … mit einem Guthaben in Höhe von 5.548,87 EUR und 5.446,22 EUR „als Wiedergutmachung früherer Unterstützungen erhalten“ habe. Das Geld habe er immer noch als Rentenpolster, er sei Jahrgang … Mit Schreiben vom 8. Juli 2015 teilte der Beklagte mit, für die Entscheidung über die mögliche rückwirkende Vermögensanrechnung fehlten noch verschiedene Unterlagen, die näher bezeichnet wurden.
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Hierauf teilte der Vater der Klägerin mit Schreiben vom 15. Juli 2015 unter Übersendung von Kopien von Sparbüchern mit, die Guthaben seien von den gleichlautenden Sparbuchnummern seiner Tochter auf seine Sparbücher übertragen worden, d.h. der Übertrag bei ihm sei das Guthaben im Zeitpunkt der Auflösung der Konten seiner Tochter.
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Mit Schreiben vom 18. November 2015 teilte der Beklagte mit, für die Entscheidung über die mögliche rückwirkende Vermögensanrechnung fehlten noch Angaben bzw. Unterlagen. Insoweit forderte der Beklagte eine Erklärung und Nachweise zu der Verwendung von Abhebungen am 24. August 2010 in Höhe von 600,00 EUR, am 25. August 2010 in Höhe weiterer 600,00 EUR, am 30. August 2010 in Höhe weiterer 700,00 EUR, am 13. September 2010 in Höhe weiterer 250,00 EUR sowie am 23. September 2010 in Höhe weiterer 500,00 EUR.
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Hierzu führte die Klägerin mit Schreiben vom 6. Dezember 2015 aus, hinsichtlich der Auszahlung am 24. August 2010 in Höhe von 600,00 EUR sei sie zuvor im Urlaub gewesen. Sie sei mit ihrem Freund mit dem Auto von … nach … zu Freunden nach … gefahren. Sie habe einen Zwischenstopp in … und … eingelegt, um sich die Stadt anzusehen, für die sie einige Tage zuvor die Zusage zum Masterstudium erhalten habe. Danach habe sie die entstandenen und teilweise ausgelegten Kosten, u.a. für ein Hotel decken müssen. Hinsichtlich der Abhebung in Höhe von 600,00 EUR am 25. August 2010 führte die Klägerin sinngemäß aus, sie sei nach … gefahren, um sich für eine Wohnung zu bewerben. Das Geld sei für Benzin und - für den Fall des Abschlusses eines Mietvertrags - für die Kaution in Höhe von 495,00 EUR abgehoben worden. Den beigelegten Mietvertrag habe sie auch am 25. August 2015 unterschrieben. Somit sei die Kaution fällig gewesen. Zu den Abhebungen in Höhe von 700,00 EUR am 30. August 2010, in Höhe von 250,00 EUR am 13. September 2010 und in Höhe von 500,00 EUR am 23. September 2010 führte sie sinngemäß aus, die Summe in Höhe von 1.450,00 EUR sei für die Einrichtung ihrer Wohnung in … abgehoben worden, außerdem für Kosten diverser Fahrten nach … Wie dem handschriftlichen Zusatz auf dem Mietvertrag entnommen werden könne, habe sie von dem Vormieter Einrichtungsgegenstände übernommen. Außerdem habe sie weiteres Mobiliar gekauft (Fernseher, Teppich, Küchenutensilien, Telefon, usw.). Sie erinnere sich an eine weitere Überweisung an den Vermieter in Höhe von 100,00 EUR, da sie früher in die Wohnung eingezogen sei.
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Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 19. April 2016 setzte der Beklagte die Ausbildungsförderung für den Zeitraum Oktober 2010 bis Juli 2012 auf monatlich jeweils 0,00 EUR sowie eine Rückzahlung in Höhe von 11.890,00 EUR fest. Zur Begründung ist in dem Bescheid sinngemäß im Wesentlichen ausgeführt, der Rückforderungsbescheid ergehe wegen nachträglich angerechnetem Vermögen nach pflichtgemäßem Ermessen. Ausbildungsförderung werde aus öffentlichen Mitteln geleistet. Das öffentliche Interesse, dass Leistungen nicht zu Unrecht erbracht und behalten würden, überwiege gegenüber dem Interesse des Einzelnen am Bestand des rechtswidrigen Bewilligungsbescheids. Die Rückforderung sei auszusprechen, weil die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen erfüllt seien und Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes im konkreten Fall nicht durchgriffen. Es werde rechtsmissbräuchlich übertragenes Vermögen in Höhe von 10.995,09 EUR angerechnet. Dieser Betrag ergebe sich aus der Auflösung der Sparkonten mit Beträgen in Höhe von 5.446,22 EUR und 5.548,87 EUR und dem anschließenden Übertrag an den Vater. Zudem sei der Verbrauch der Abhebungen in der Zeit vom 24. August bis 23. September 2010 mit einer Gesamthöhe von 2.650,00 EUR nicht ausreichend nachgewiesen, so dass der Gesamtbetrag dem Vermögen hinzuzurechnen sei. Die Kautionsverbindlichkeit aus dem am 25. August 2010 unterschriebenen Mietvertrag in Höhe von 495,00 EUR mit Fälligkeit am 1. Oktober 2010 sei bei der Berechnung der Vermögenswerte berücksichtigt worden.
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Hiergegen ließ die Klägerin durch … als Bevollmächtigten mit Eingang bei dem Beklagten am 17. Mai 2016 Widerspruch einlegen. Zur Begründung ließ sie sinngemäß im Wesentlichen ausführen, sie habe sämtliche Ausgaben nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht. Die fragliche Summe sei umzugsbedingt ausgegeben worden, was nachvollziehbar geschildert worden sei, auch wenn kein Beleg für abgelöste Möbel vom Vormieter oder für diverse Fahrt- und Übernachtungskosten vorlägen. Hier würden die Anforderungen an den Nachweis überspannt. Mit Entschiedenheit zurückgewiesen werde die Behauptung, er - der Vater - habe sich insgesamt 10.995,09 EUR im zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme der Ausbildung unentgeltlich bzw. ohne gleichwertige Gegenleistung auszahlen lassen. Er sei seit … von seiner Ehefrau getrennt und am … geschieden. Im Zuge der Trennung habe er seiner Ehefrau rund … Zugewinnausgleich zahlen und hierfür einen Kredit aufnehmen müssen, den er in den Folgejahren abgezahlt habe. Er habe in der Folge die Klägerin und ihre Schwester als Alleinerziehender großgezogen, ohne von seiner Ehefrau Unterhalt zu erhalten. Deswegen habe er zu wenig Geld gehabt, um auf eine „ordentliche Rente“ einzuzahlen, geschweige denn einen Notgroschen für das Alter anzusparen. Derzeit beziehe er eine monatliche Rente in Höhe von … sowie … aus der Rentenversicherung. Ihm blieben … zum Leben, was bekanntlich in … nicht ausreiche. Also müsse er trotz seiner … Jahre weiter arbeiten. … Jahre nach der Trennung habe seine Tochter das Abitur abgelegt und sich ein Jahr in … aufgehalten. Obwohl sie während dieser Zeit gelegentlich gejobbt habe, habe sie naturgemäß von ihm gelebt. Im Oktober 2006 habe sie ihr … aufgenommen. Ausbildungsförderung habe sie damals wegen seines Einkommens nicht erhalten. Seine Tochter und er hätten ausgemacht, dass er sie neben der kostenlosen Unterkunft und Verpflegung, die er gewährt habe, darlehensweise mit weiteren Beträgen unterstütze, solange sie mit ihren Jobs nicht genügend verdiene. Anfänglich habe er seine Tochter von O. 2006 bis Dezember 2006 durch Überweisung des hälftigen Kindergelds in Höhe von monatlich 77,00 EUR unterstützt. Als dies nicht gereicht habe, habe er im Dezember 2006 begonnen, ihr monatlich 250,00 EUR zu überweisen. Außerdem habe sie monatlich Bargeld erhalten. Außerdem habe er die Semestergebühren in Höhe von jeweils 385,00 EUR für das Wintersemester 2006/2007 bis zum Wintersemester 2007/2008 getragen. Ab dem Sommersemester 2008 seien die Studiengebühren auf 592,00 EUR angestiegen, die er bis einschließlich des Sommersemesters 2009 übernommen habe. Weiterhin habe er ab Januar 2009 die Krankenversicherung der Klägerin in Höhe von monatlich 66,81 EUR über sechs Monate, dann in Höhe von monatlich 64,66 EUR für die Monate Juli bis Oktober 2009 gezahlt. Danach sei seine Tochter - seit Januar 2010 - bei der … beschäftigt und pflichtversichert gewesen, sodass keine Krankenversicherungsbeiträge mehr hätten gezahlt werden müssen. Demgemäß habe er mit seiner Tochter Anfang 2010 vereinbart, dass sie ihm demnächst die aufgelaufene Unterstützung zahle, wenigstens in Höhe der Überweisungen. Die aufgelaufene - im Einzelnen aufgeschlüsselte - Summe belaufe sich auf 13.578,70 EUR. Im Übrigen habe er seiner Tochter immer wieder Bargeld überlassen, monatlich durchschnittlich sicher weitere 100,00 bis 200,00 EUR. Auch habe er Handykosten, etc. gezahlt. Anlass der Vereinbarung Anfang des Jahres 2010 sei gewesen, dass er seit … im Ruhestand und bestrebt gewesen sei, auf der einen Seite seine Arbeit einzuschränken und auf der anderen Seite einen Notgroschen für das Alter anzusparen. Da seine Tochter auf absehbare Zeit ein gesichertes Einkommen gehabt habe, dieses aber nicht sehr hoch gewesen sei, habe seine Tochter ihr Sparguthaben übertragen wollen. Weiterhin hätten sie vereinbart, dass seine Tochter angesichts seiner Situation ab sofort für sich selbst sorgen müsse. Zu diesem Zeitpunkt sei seine Tochter davon ausgegangen, bei der … beschäftigt zu bleiben. An einen weiteren Masterstudiengang sei zu diesem Zeitpunkt nicht gedacht worden. Die Auszahlung habe sich hingezogen, schlussendlich habe ihm seine Tochter die Sparkonten im Wert von 5.548,87 EUR und 5.446,22 EUR übertragen. Es sei vereinbart worden, dass die Rückzahlung damit erledigt sei. Selbst wenn seine Tochter ihm die genannte Summe nicht übertragen hätte, hätte sie bei Antragstellung mindestens die oben dargestellten 13.578,70 EUR als Schulden angeben müssen. Damit wäre sie förderungsfähig geblieben. Aufgrund der Aufnahme einer Beschäftigung habe sich bereits im Mai 2012 eine Rückzahlungsverpflichtung in Höhe von 2.048,00 EUR ergeben, die beglichen worden sei. Entgegen der Angaben in dem angegriffenen Bescheid seien insgesamt 13.620,00 EUR ausgezahlt worden, sodass abzüglich 2.048,00 EUR allenfalls 11.572,00 EUR zurückgefordert werden könnten. Zudem sei - bestätigt mit dem Schreiben des Beklagten vom 30. Juli 2012 - vereinbart worden, dass keine weiteren Ansprüche aus Überzahlung von Ausbildungsförderung bestünden. Damit habe sich der Beklagte eine nachträgliche Abänderung, aus welchen Gründen auch immer, versperrt. Vielmehr hätte der Bescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassen werden müssen, was aber nicht geschehen sei. Allein aus diesem Grund sei der angegriffene Bescheid nach den Grundsätzen des Vertrauensschutzes aufzuheben.
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Mit Bescheid vom 5. August 2021, dem Bevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 14. August 2021, wies der Beklagte den Widerspruch kostenfrei zurück. Zur Begründung führte er sinngemäß im Wesentlichen aus, auf den Bedarf des Auszubildenden seien Einkommen und Vermögen anzurechnen. Hier sei ausweislich der vorliegenden Unterlagen ausschließlich die Klägerin bei sämtlichen Konten als kontoführende Person und damit als Forderungsinhaberin bezeichnet worden. Nach der Verwaltungspraxis seien Vermögenswerte auch dann dem Auszubildenden zuzurechnen, wenn er diese rechtsmissbräuchlich übertragen habe. Dies sei insbesondere der Fall, wenn Teile des Vermögens unentgeltlich oder ohne gleichwertige Gegenleistung an Dritte, insbesondere an Eltern oder andere Verwandte übertragen würden. Unstrittig habe die Klägerin am 30. Juli 2010, mithin zwei Monate vor dem Erstantrag, zwei Sparbücher im Gesamtwert von 10.995,09 EUR auf ihren Vater übertragen. Der zeitliche Zusammenhang und der Umstand der Übertragung an einen Dritten seien offenkundig. Die klägerseits behaupteten Forderungen könnten das Vermögen der Klägerin nicht mindern, da - wenn überhaupt - nur eine mündlich geschlossene Vereinbarung zwischen Angehörigen vorliege. Solche Verträge könnten nur Berücksichtigung finden, wenn sie einem Fremdvergleich standhielten, d.h. wenn sie zu gleichen Bedingungen auch zwischen Fremden üblicherweise abgeschlossen würden. Hierzu gehöre insbesondere die Auszahlung des Darlehens gegen Sicherheit sowie eine Verzinsung bei regelmäßiger Zinszahlung. Auch fordere der Fremdvergleich die Schriftform, die Festlegung einer konkreten Fälligkeit sowie die unbare Geschäftsabwicklung. Auch wenn ein solcher Fremdvergleich nicht in der Strenge anzuwenden sei, komme diesem jedenfalls bei der Frage, ob ein Darlehensvertrag vorliege, zumindest indizielle Bedeutung zu. Da die Frage, ob und in welchem Umfang der Auszubildende das Vermögen mindernde Schulden habe, seine Sphäre betreffe, obliege ihm bei der Aufklärung der Tatsachen eine gesteigerte Mitwirkungspflicht. Die Nichterweislichkeit von Tatsachen gehe zu seinen Lasten. Dabei sei zu berücksichtigen, dass gerade auch im Ausbildungsförderungsrecht die Gefahr des Missbrauchs bestehe, wenn Auszubildende die Behauptung aufstellten, sie hätten mit einem nahen Angehörigen einen Darlehensvertrag geschlossen. Um dieser Gefahr entgegenzuwirken, sei es geboten, an den Nachweis des Abschlusses und die Ernstlichkeit der Verträge strenge Anforderungen zu stellen. Ein Rückgriff auf die objektiven Merkmale des sog. Fremdvergleichs sei demnach bei der Würdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls geboten. Auch in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sei für die Anerkennung von Schulden Voraussetzung, dass objektive Anhaltspunkte für das behauptete Darlehen vorhanden seien, d.h. dass Zahlungen klar und eindeutig aufgrund objektiver Anhaltspunkte von einer Unterhaltsgewährung oder einer verschleierten Schenkung abzugrenzen seien. Auch scheide ein Schuldenabzug aus, wenn der Schuldner bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht ernstlich mit der Geltendmachung der Forderung rechnen müsse. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin ernstlich mit einer Geltendmachung angeblicher Forderungen ihres Vaters ihr gegenüber habe rechnen müssen, lägen nicht vor. Im Übrigen besitze der Vater der Klägerin auch keinen rechtlich durchsetzbaren Anspruch. Die behauptete mündliche Vereinbarung erfülle die oben genannten Kriterien eines wirksamen Darlehensvertrags ganz offensichtlich nicht. Auch sei schon nicht klargeworden, dass zuvor festgelegt worden wäre, in welcher Höhe der Vater der Klägerin überhaupt in Vorleistung gehen würde. Dies hätte nahegelegen, da es nicht absehbar gewesen sei, was Ausbildung und Lebensunterhalt kosten würden. Dass im Nachhinein behauptet werde, kurz vor Beginn des Masterstudiums sei die Leistung von zumindest 10.995,09 EUR vereinbart worden, obwohl 13.578,70 EUR angefallen seien, mache eine ernstliche Vereinbarung eher unwahrscheinlich. Es bestehe keine Verpflichtung der Klägerin, ihre finanziellen Rücklagen aufzulösen, um diese mit Blick auf die Rente des Vaters einzusetzen. Allein die Tatsache, dass die Klägerin ein vermeintlich sicheres Einkommen gehabt habe, ändere hieran nichts. Unglaubhaft sei, dass zwei Monate vor Antragstellung noch nicht an den Masterstudiengang zu denken gewesen sei. Denn vor Beginn des Studiums müsse dieses zunächst ausgewählt werden und Auszubildende müssten sich ggf. hierfür bewerben. Die Zahlungen des Vaters seien zwar grundsätzlich als nachgewiesen anzusehen. Hierbei sei jedoch keine Abgrenzung zu Unterhaltsleistungen oder Schenkungen möglich.
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Ebenso seien Vermögenswerte dem Auszubildenden weithin zuzurechnen, sofern ein nicht nachgewiesener Vermögensverbrauch vorliege. Auch hier bestehe die widerlegliche Vermutung, dass Vermögen rechtswidrig vermindert worden sei. Da die Summen bar abgehoben worden seien, habe nicht nachgewiesen werden können, dass eine der Abhebungen tatsächlich für die Stellung der Kaution genutzt worden sei. Die bei dem Auszubildenden liegende Beweislast hinsichtlich der Verwendung von Geldmitteln könne ohne jegliche Belege nicht ausreichend erfüllt werden. Bei Verwendung von Bargeld sei eine bloße Glaubhaftmachung nicht ausreichend. Daher verbleibe die Summe des nicht nachgewiesenen Verbrauchs unverändert, obwohl die Zahlungsverpflichtung in Höhe von 495,00 EUR anerkannt worden sei.
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Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt - wie hier - könne nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut habe und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an eine Rücknahme schutzwürdig sei. Auf Vertrauen könne sich indes der Begünstigte nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruhe, die er vorsätzlich oder grobfahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht habe. Diese Voraussetzungen lägen hier vor. Denn der Bescheid beruhe auf Angaben der Klägerin dahingehend, sie verfüge nur über ein unter dem Freibetrag liegendes Vermögen bzw. geringes Vermögen und demzufolge über kein bzw. kaum anrechenbares Vermögen, obwohl sie mit ihrer Unterschrift unter dem Antrag eigenhändig versichert habe, ihre Angaben seien richtig und vollständig. Die Überzahlung sei daher ausschließlich auf unvollständige bzw. unrichtige Angaben zurückzuführen. Hinsichtlich der Kenntnis der Rechtswidrigkeit liege zumindest grobe Fahrlässigkeit vor. Denn die Klägerin habe ihr Vermögen wissentlich und willentlich nicht angegeben. Sie habe gewusst bzw. habe wissen müssen, dass die Angabe des bis kurz vor Antragstellung vorhandenen Vermögens zu einer Anrechnung auf die staatliche Ausbildungsförderung habe führen können. Die Klägerin sei in Zeile 121 des Antragsformulars ausdrücklich auf die Anrechnung rechtsmissbräuchlich übertragenen Vermögens hingewiesen worden. Mithin habe ihr klar sein müssen, dass die weggegebenen Vermögenswerte offenzulegen seien. Angesichts des Grundsatzes des Nachrangs staatlicher Ausbildungsförderung sei eine Herausnahme entsprechender Guthaben aus der Vermögensanrechnung auch im Fall der Klägerin nicht zu rechtfertigen. Die vorgesehene Ermessensprüfung führe nicht zu der Beurteilung, von der Erstattungsforderung abzusehen. Es seien keine Gründe ersichtlich, die es gerechtfertigt erscheinen ließen, die zu Unrecht gezahlte Förderung zu belassen. Denn dies würde zu einer offensichtlichen Besserstellung und Ungleichbehandlung gegenüber anderen Studierenden führen, die bereits im Zeitpunkt der ersten Antragstellung vollständige Angaben gemacht hätten. Es sei auch kein Bearbeitungsfehler oder mitwirkendes Verwaltungsverschulden feststellbar. Der Umstand, dass die Klägerin 2.048,00 EUR habe zurückzahlen müssen, könne nicht mehr geltend gemacht werden. Der Darlehensanteil sei entsprechend korrigiert worden, sodass eine nochmalige Reduktion jeglicher Grundlage entbehre. Das Schreiben vom 30. Juli 2012 beziehe sich eindeutig auf den Bescheid vom 29. Mai 2012 und stelle keinen Verwaltungsakt dar, an dem sich die Behörde festhalten lassen müsse.
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Die Klägerin hat, vertreten durch ihren … Prozessbevollmächtigten, mit Schriftsatz vom 7. September 2021, eingegangen bei Gericht am selben Tag, Klage erhoben.
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Sie lässt über ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren hinaus sinngemäß im Wesentlichen vortragen, es werde Verjährung eingewendet. Es gelte die dreijährige Verjährungsfrist aus § 195 BGB in der seit 1. Januar 2002 geltenden Fassung. Außerdem sei auf die Forderung verzichtet worden. Mit Schreiben vom 4. Dezember 2017 habe das Bundesverwaltungsamt mitgeteilt, es bestehe keine Darlehensforderung mehr. Damit sei ihr auch mitgeteilt worden, sie habe keinerlei Schulden mehr. Des Weiteren werde Verwirkung eingewendet. Mit dem genannten Schreiben erwecke der Beklagte den Rechtsschein, es bestünden keinerlei Forderungen mehr. Hierdurch sei ein Vertrauenstatbestand gesetzt worden, auf den sie sich verlassen könne, zumal seit dem Widerspruch über fünf Jahre vergangen seien. Auch sei mit Schreiben des Beklagten vom 30. Juli 2012 vereinbart worden, dass keine weiteren Ansprüche aus Überzahlungen mehr bestünden.
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Der angegriffene Bescheid sei auch materiellrechtlich falsch. Es sei schlicht unzutreffend, dass sie Sparguthaben rechtsmissbräuchlich, unentgeltlich und ohne gleichwertige Gegenleistung weggegeben habe. Es könne keine Rede davon sein, dass - wie der Widerspruchsbescheid ausführe - im Nachhinein kurz vor Beginn des Masterstudiums vereinbart worden sei, dass zumindest die Summe von 10.995,09 EUR habe geleistet werden sollen. Dies sei nie behauptet worden. Dies sei bereits 2006 so vereinbart worden, wie schon mit dem eingelegten Widerspruch mitgeteilt. Auch von einer Schenkung sei keine Rede gewesen. Die Vereinbarung im Jahr 2006 sei auch erfolgt, obwohl er - der Vater - gewusst habe, dass die Klägerin einen Notgroschen angespart habe. Diesen habe sie aktuell nicht antasten sollen.
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Die Berechnungen des Beklagten seien nicht nachvollziehbar. Bereits im Mai 2012 habe sich eine Rückzahlungsverpflichtung in Höhe von 2.048,00 EUR ergeben. In dem Bescheid vom 29. Mai 2012 sei festgehalten, dass ein Betrag in Höhe von 13.620,00 EUR ausgezahlt worden sei, also nicht 13.938,00 EUR wie im Bescheid vom 19. April 2016 ausgeführt. Allenfalls könnten deshalb 13.620,00 EUR abzüglich zurückbezahlter 2.048,00 EUR, also allenfalls 11.572,00 EUR zurückverlangt werden.
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Entgegen der Behauptung eines zeitlichen Zusammenhangs durch den Beklagten sei bereits ausgeführt, dass er - der Vater - seit … Rentner gewesen sei, seine Tochter seit Januar 2010 in Anstellung mit gutem Gehalt gewesen sei und er die bereits im Januar 2010 vereinbarte Rückzahlung eingefordert habe. Zu diesem Zeitpunkt sei von einem Masterstudium noch keine Rede gewesen. Dass die Auszahlung erst im Juli erfolgt sei, sei die bekannte Nachlässigkeit der Generation seiner Tochter.
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Natürlich habe er mit seiner Tochter keine schriftliche Vereinbarung geschlossen. Auch der Vorhalt, es sei keine Verzinsung vereinbart und keine Sicherheit gefordert worden, sei schlicht abstrus. Was solle er denn von einer Studentin für eine Sicherheit und was solle er denn von seiner Tochter Zinsen verlangen. Von einer „Verschiebung“ oder von einem „Parken“ von Vermögen könne keine Rede sein. Er habe dargelegt, dass er heute - elf Jahre nach Rückübertragung - das Geld immer noch besitze. Um die strengen Anforderungen an den Nachweis zu erfüllen, hätten sie die Zahlungen 2006 bis 2010 nachgewiesen und zum verlangten Nachweis der Ernsthaftigkeit der Vereinbarung ausführlich seine Vermögensverhältnisse und seine überobligatorischen Zahlungen neben Kost und Logis als Naturalunterhalt dargelegt. Seine Tochter hätte sonst seine geschiedene Ehefrau auf Unterhalt verklagen müssen, was sie nicht gewollt habe. Er habe in den Jahren 2006 bis 2010 also nicht in Erfüllung einer Unterhaltspflicht geleistet. Vielmehr habe er seine Unterhaltspflicht bereits durch die Naturalleistung von Unterkunft und Verpflegung erfüllt, was familienrechtlich unstrittig sein dürfte. Er habe der Klägerin also überobligatorisch Zahlungen geleistet, da die Mutter ihrer damaligen Unterhaltspflicht in Höhe von ca. 500,00 EUR monatlich nicht nachgekommen sei. Da die Rückzahlung bereits 2006 vereinbart worden sei, sei auch der Einwand falsch, er habe nicht ernstlich mit der Rückzahlung der Beträge gerechnet. Er habe bereits ausgeführt, dass sie 2006 genau vereinbart hätten welche Beträge - die anfallenden, eben vorgerechneten - nach Aufnahme einer Beschäftigung zurückzuzahlen seien. Natürlich hätten die Beträge monatlich geschwankt, viel mehr als monatlich 250,00 EUR habe er sich damals nicht leisten können. Auch habe seine Tochter damals ja eigene Einkünfte erzielt. Und dass er von den verauslagten 13.580,70 EUR nach Zahlung von 10.995,09 EUR auf den Rest verzichtet habe, mache die Vereinbarung doch nicht unwahrscheinlich. Dies sei eine väterliche Entscheidung gewesen, da der Klägerin aktuell nicht mehr Geld zur Verfügung gestanden habe. Die diesbezüglichen Einwände der Beklagten lägen daher ebenfalls neben der Sache. Dass seine Tochter sehr wohl ihm gegenüber verpflichtet gewesen sei, die verauslagten Zahlungen ab Aufnahme eine Beschäftigung im Januar 2010 zurückzuzahlen, sei bereits ausgeführt. Dass er erst bei Zulassung zum Masterstudium Ende August überhaupt von der Absicht seiner Tochter erfahren habe, ein Masterstudium zu beginnen, habe vermutlich daran gelegen, dass er immer davon abgeraten habe. Denn seine Tochter habe eine hervorragende Stellung an der … gehabt. Dass sie ihm ihr Vorhaben verschwiegen habe, habe an der „sehr gebrochenen Kommunikationsstruktur“ zwischen ihnen gelegen. Außerdem habe sich seine Tochter offenbar erst im Sommer 2010 von ihrem Chef dazu überreden lassen und kurzfristig entschlossen, das Studium zu beginnen. Seine Tochter wiederum habe damals gedacht, sie würde mit ihrem Einkommen bei der … auskommen. Als dem nicht so gewesen sei, habe sie kurzfristig den Antrag auf Ausbildungsförderung gestellt. Sowohl im Zeitpunkt der verlangten Rückzahlung ab Januar 2010 als auch im Zeitpunkt der Übertragung der Sparbücher Ende Juli 2010 sei seine Tochter nicht davon ausgegangen, Ausbildungsförderung beanspruchen zu müssen. Es könne also keine Rede davon sein, dass seine Tochter durch arglistige Täuschung oder durch vorsätzlich oder grobfahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben eine Förderung erhalten habe. Unrichtig sei auch, dass sie bis kurz vor Antragstellung Vermögen gehabt habe. Dieses habe vielmehr sukzessive seit der Vereinbarung aus dem Jahr 2006, spätestens seit Januar 2010 ihm gehört.
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Letztlich solle nicht unerwähnt bleiben, dass die Behandlung des vorliegenden Falls auch menschlich nicht nachvollziehbar sei. Wie könne man im 50. Jubiläumsjahr des Ausbildungsförderungsrechts und angesichts vorhandener, ungenutzter Etatmittel elf Jahre nach Antragstellung und über neun Jahre nach Ende der Förderung sowie über fünf Jahre nach Widerspruch eine offensichtlich liegengebliebene Akte mit einem solchen Bescheid fortführen, statt die Sache niederzuschlagen?
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Die Klägerin beantragt wörtlich, zu erkennen:
1) Der Bescheid der Beklagten vom 19.04 2016, zugestellt am 21.04 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.08.2021, zugestellt am 11.08.21, Az. …, mit dem Rückzahlung von Ausbildungsförderung in Höhe von 11.890,00 € verlangt wurde, wird aufgehoben.
2) Die Forderung der Beklagten wird abgewiesen. Es wird festgestellt, dass die Klägerin keine Ausbildungsförderung mehr an die Beklagte zurückzuzahlen hat.
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Der Beklagte beantragt
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Er verweist auf die Begründung des Widerspruchsbescheids und trägt darüber hinaus vor, durch Einlegung des Widerspruchs sei die Verjährung gehemmt worden. Auch sei keine Verwirkung eingetreten. Seitens des Beklagten lägen keine besonderen Umstände vor, die die Erhebung des Anspruchs Dritten gegenüber nach Treu und Glauben als unzulässig erscheinen lasse. Die Klägerin habe vertreten durch ihren Vater jederzeit die Möglichkeit gehabt, hinsichtlich der Bearbeitung ihres Widerspruchs nachzufragen oder entsprechende Rechtsmittel einzulegen. Das Schreiben vom 30. Juli 2012 stelle keine Vereinbarung dar, wonach der Beklagte auf künftige Rückforderungen verzichte. Hintergrund des Schreibens sei ein laufendes Widerspruchsverfahren gewesen. Aufgrund Einkommens der Klägerin habe die Ausbildungsförderung neu berechnet werden müssen. Es sei eine Rückforderung in Höhe von 2.115,00 EUR entstanden, von der zuletzt noch 2.048,00 EUR offen gewesen seien. Im Rahmen eines Telefonats mit der Klägerin sei diese über die Sach- und Rechtslage aufgeklärt worden. Es sei vereinbart worden, dass der Bewilligungszeitraum bei zehn Monaten bis Juli 2012 bestehen bleibe, auch wenn die Klägerin noch Studentin gewesen sei und möglicherweise einen Anspruch bis September 2012 gehabt habe. Diese Vorgehensweise sei zugunsten der Klägerin erfolgt. Denn sie sei zu diesem Zeitpunkt bereits berufstätig gewesen. Eine Anpassung des Bewilligungszeitraums hätte daher zur Folge gehabt, dass das Einkommen der Klägerin aus ihrem befristeten Arbeitsverhältnis auf den gesamten Bewilligungszeitraum hätte angerechnet werden müssen und sich dadurch die Rückforderung erhöht hätte. Das Schreiben vom 30. Juli 2012 sei das Ergebnis des damaligen Widerspruchsverfahrens und habe sich folglich allein auf den Bescheid vom 29. Mai 2012 bezogen. Auch liege durch das Schreiben des Bundesverwaltungsamts kein Verzicht vor. Es sei richtig, dass der Beklagte die gesamte Förderung, d.h. nicht nur den Zuschuss-, sondern auch den Darlehensanteil zurückfordere, obwohl die Klägerin möglicherweise das Darlehen beim Bundesverwaltungsamt bereits zurückgezahlt habe. Gemäß § 18 Abs. 5a BAföG a.F. erteile das Bundesverwaltungsamt den Darlehensnehmern einen Bescheid, in dem die Höhe der Darlehensschuld und die Förderungshöchstdauer festgestellt würden. Nach Eintritt der Unanfechtbarkeit seien diese Feststellungen nicht mehr zu überprüfen. Ein unanfechtbarer Feststellungs- und Rückzahlungsbescheid sowie darauf bereits geleistete Zahlungen stünden jedoch dem Erlass eines Rückforderungsbescheids durch das Amt für Ausbildungsförderung nach (teilweise) Aufhebung des Bewilligungsbescheids nicht entgegen. Mit der (teilweisen) Aufhebung des Bewilligungsbescheids erlösche das unmittelbar kraft Gesetz entstandene Darlehensverhältnis rückwirkend. Eventuell erfolgte - rechtsgrundlose - Geldflüsse zwischen Auszubildenden und Bundesverwaltungsamt seien in diesem Verhältnis rückabzuwickeln. Vorliegend seien die Bewilligungsbescheide zurückgenommen worden, wodurch das Darlehensverhältnis rückwirkend erloschen sei. Dem Bundesverwaltungsamt sei bereits mit Schreiben vom 9. Oktober 2018 und 10. November 2020 mitgeteilt worden, dass das Widerspruchsverfahren noch nicht abgeschlossen sei. Die Rückabwicklung der Geldflüsse stehe noch aus, werde aber demnächst erfolgen. Die Rückforderungssumme in Höhe von 11.890,00 EUR setze sich aus der bewilligten Ausbildungsförderung gemäß Bescheid vom 26. August 2010 in Höhe von 8.040,00 EUR sowie der bewilligten Ausbildungsförderung aus dem Bescheid vom 29. Mai 2012 in Höhe von 3.850,00 EUR zusammen.
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Mit Blick auf die Antragstellung am 16. September 2011 könne die Kaution in Höhe von 495,00 EUR nicht mehr als Schuld in Abzug gebracht werden. Denn es sei davon auszugehen, dass die Klägerin in diesem Zeitpunkt die Schuld bereits getilgt gehabt habe. Ausweislich des Mietvertrags sei die Kaution zu Beginn des Mietverhältnisses fällig geworden.
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Hierauf lässt die Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 21. Februar 2022 erwidern, es sei sehr wohl Verwirkung eingetreten. Der Widerspruch datiere vom 17. Mai 2016. Inzwischen seien sechs Jahre vergangen, seit der letzten Zahlung fast zehn Jahre. Die Klägerin habe nicht lediglich „eine längere Zeit“ im Sinne der Rechtsprechung gewartet, sondern eine sehr lange Zeit. Ein Verwirkungsverhalten liege vor. Spätestens nach dem Schreiben des Bundesverwaltungsamts vom 4. Dezember 2017 habe sie darauf vertrauen können, dass keine weiteren Ansprüche gestellt würden. Dies sei aber schon nach dem Schreiben des Beklagten vom 30. Juli 2012 der Fall gewesen. Die Ausführungen des Beklagten zu einem damaligen Telefonat würden bestritten.
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Ihr entstehe ein unzumutbarer Nachteil dadurch, dass sie derzeit völlig ohne Einkommen sei und zwei Kinder im Alter von eineinhalb und vier Jahren betreue. Es habe keinerlei Veranlassung gegeben, bei dem Beklagten nachzufragen oder weitere Rechtsmittel einzulegen. Bestritten werde, dass dem Bundesverwaltungsamt mitgeteilt worden sei, dass das Widerspruchsverfahren noch nicht abgeschlossen sei. Im Übrigen berühre dies nicht das Rechtsverhältnis zur Klägerin. Die Berechnungen des Beklagten seien noch immer nicht nachvollziehbar und würden bestritten. Eine Aufhebung des Bewilligungsbescheids, würde man ihn für rechtswidrig halten, scheide auch deswegen aus, weil sie - wie ausgeführt - darauf habe vertrauen dürfen, dass alles erledigt sei. Die bewilligten Mittel seien lange verbraucht. Derzeit besitze sie kein Geld zur Rückzahlung. Sie habe auch nicht arglistig getäuscht, vorsätzlich oder grobfahrlässig falsche Angaben gemacht oder irgendeine Sorgfaltspflicht grobfahrlässig vernachlässigt. Auch sei die Zweijahresfrist aus § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X abgelaufen. Da der Bewilligungsbescheid rechtmäßig gewesen sei, gelte im Übrigen § 47 SGB X. Auch sei sehr wohl Verjährung eingetreten. § 45 Abs. 3 SGB I gelte nur für Ansprüche auf Sozialleistungen, nicht aber für die streitigen Ansprüche des Beklagten. An sich stünde es dem Beklagten gut an, bei ihren derzeitigen Vermögensverhältnissen und bereits erfolgten Rückzahlungen von knapp 6.774,27 EUR auf die Forderung zu verzichten. Letztlich liege offenbar eine Zuvielforderung vor. Der Beklagte spreche in ihrem Schreiben vom 4. November 2021 von einer ausgezahlten Gesamtforderung in Höhe von 13.938,00 EUR, wobei mit Zahlung der zurückgeforderten 2.048,00 EUR eine Forderung in Höhe von 11.890,00 EUR verbleibe. Die Hälfte hiervon - 5.945,00 EUR - sei als Darlehen gewährt, das durch Zahlung in Höhe von 4.726,27 EUR getilgt worden sei, sodass allenfalls noch offen seien 5.945,00 EUR.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, insbesondere auf die Sitzungsniederschrift vom 18. März 2022, und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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I. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
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1. Die Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor. Soweit die Klägerin beantragt hat, die Forderung der Beklagten möge abgewiesen werden, geht dies nach Auslegung gemäß § 88 VwGO bereits in dem gestellten Anfechtungsantrag zu Ziff. 1 auf. Des Weiteren ist die Kammer auch örtlich zuständig nach § 52 Nr. 3 Satz 1 VwGO, jedenfalls aber gemäß § 52 Nr. 3 Satz 3 i.V.m. Nr. 5 VwGO. So bestimmt § 52 Nr. 3 Satz 1 VwGO die örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen wurde. Da der streitgegenständliche Verwaltungsakt seitens des Beklagten im Regierungsbezirk … erlassen wurde, ist insoweit die örtliche Zuständigkeit des erkennenden Gerichts begründet. Auch spricht vieles dafür, dass dieses Ergebnis nicht durch § 52 Nr. 3 Satz 2 VwGO modifiziert wird, wonach grundsätzlich der Sitz bzw. Wohnsitz des Beschwerten zuständigkeitsbegründend ist, sofern sich die Zuständigkeit einer Behörde auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt. Denn letzteres wird ein örtlich bestimmbares Zuständigkeitsgebiet der Behörde voraussetzen (in diesem Sinne Ziekow in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 52 Rn. 27). Zwar bestimmt § 3 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 Nr. 1 der Verordnung über die bayerischen Studentenwerke (StudWV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Januar 1990 (GVBl. S. 42, BayRS 2210-1-1-7-1-WK), dass das Studentenwerk … und das bei ihm eingerichtete Amt für Ausbildungsförderung auch für die … zuständig ist, an der die Klägerin ihr Masterstudium absolvierte. Hierbei handelt es sich aber nicht um einen örtlich definierten Zuständigkeitsbereich, da Studierende der genannten Hochschule gerade mit Blick auf § 5 Abs. 1 Halbs. 2 BAföG letztlich ihren Wohnsitz im gesamten Bundesgebiet haben können. Hochschulen bzw. für einzelne Hochschulen zuständige Ämter für Ausbildungsförderung besitzen danach keinen räumlich definierten Zuständigkeitsbereich (so auch Ziekow a.a.O.), sondern sind allein personell über die Immatrikulation mit ihren Studierenden verbunden. Aber auch sofern im Rahmen von § 52 Nr. 3 Satz 2 VwGO für Hochschulen bzw. Ämter für Ausbildungsförderung angenommen wird, die Immatrikulation vermittle einen räumlichen Zuständigkeitsbereich (so BVerwG, U.v. 16.11.1978 - 5 C 28/77 - BeckRS 2010, 53224), verbleibt es hier im Ergebnis bei der örtlichen Zuständigkeit des erkennenden Gerichts. Denn bei einer solchen Betrachtungsweise wäre nicht allein § 52 Nr. 3 Satz 2 VwGO, sondern auch Satz 3 der genannten Vorschrift einschlägig, wonach sich die Zuständigkeit nach § 52 Nr. 5 VwGO richtet, sofern ein Wohnsitz des Beschwerten innerhalb des Zuständigkeitsbereich der Behörde fehlt. Wird nämlich die Eröffnung eines örtlichen Zuständigkeitsbereichs durch Immatrikulation bejaht, wäre dieser zumindest auf den Sitz der Hochschule beschränkt (so BVerwG a.a.O.; a.A. BayVGH, B.v. 10.11.2012 - 12 C 11.1450 - BeckRS 2012, 51242). Da die Klägerin hier im maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung ihren Wohnsitz nicht am Hochschulsitz in …, sondern vielmehr in … hatte, ergäbe sich auch nach § 52 Nr. 3 Satz 2 und 3, Nr. 5 VwGO - aufgrund des Sitzes des Beklagten in … - die örtliche Zuständigkeit des erkennenden Gerichts.
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2. Die Klage ist unbegründet. Der Rückforderungsbescheid vom 19. April 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. August 2021 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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a) Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind Leistungen, die bereits aufgrund eines Verwaltungsakts erbracht wurden, zurückzugewähren, sofern der Verwaltungsakt aufgehoben, zurückgenommen oder widerrufen wird (Heße in Beckscher Online-Kommentar Sozialrecht, 64. Edition Stand 1.3.2022, § 50 SGB X Rn. 16). Die Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts kann - auch wenn dieser bereits bestandskräftig geworden ist - grundsätzlich nach § 45 Abs. 1 SGB X erfolgen, soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig ist. Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X scheidet eine solche Rücknahme aber aus, wenn der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Letzteres ist gemäß § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X grundsätzlich der Fall, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Dagegen kann sich der Begünstigte gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X nicht auf Vertrauensschutz berufen, soweit der Verwaltungsakt kausal auf Angaben beruht, die er vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. In diesem Fall kann die Rücknahme auch mit Wirkung für die Vergangenheit erfolgen, sofern dies binnen eines Jahres seit Kenntnis der die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen geschieht (§ 45 Abs. 4 SGB X).
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b) Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe war hier die Rückforderung von Ausbildungsförderung in Höhe von insgesamt 11.890,00 EUR rechtmäßig.
39
aa) Bei den Bewilligungsbescheiden des Beklagten vom 26. August 2011 und 17. Oktober 2011 handelt es sich jeweils um begünstigende und bestandskräftige Verwaltungsakte.
40
bb) Die bezeichneten Verwaltungsakte waren jeweils im vollem Umfang der Bewilligung rechtswidrig, da die Klägerin in beiden Bewilligungszeiträumen wegen anrechenbaren Vermögens keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung hatte.
41
(1) Nach § 11 Abs. 1 BAföG wird Ausbildungsförderung für den Lebensunterhalt und die Ausbildung geleistet. Auf diesen Bedarf anzurechnen ist insbesondere das Vermögen des Auszubildenden (§ 11 Abs. 2 Satz 1 BAföG). Entsprechend wird nur solchen Auszubildenden Ausbildungsförderung gewährt, deren Vermögen nach Maßgabe der Vorschriften über die Vermögensanrechnung nicht zu hoch ist (so noch in der Altauflage Winkler in Beckscher Online-Kommentar Sozialrecht, 52. Edition Stand 1.3.2019, § 26 BAföG Rn. 1). Von dem gemäß § 26 BAföG grundsätzlich anzurechnenden Vermögen des Auszubildenden bleibt nach § 29 Abs. 1 Satz 1 BAföG ein Freibetrag anrechnungsfrei. Nach der vom 1. Juli 2002 bis 31. Juli 2016 geltenden Fassung von § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG belief sich der Freibetrag auf 5.200,00 EUR.
42
Hinsichtlich des Umfangs des Vermögens ist weiter anerkannt, dass Auszubildenden fiktiv Vermögen zugerechnet wird, das sie - ggf. auch zivilrechtlich wirksam - vor der Beantragung von Ausbildungsförderung unentgeltlich auf Dritte übertragen haben, sofern die Übertragung dem mit der Vermögensanrechnung verfolgten Gesetzeszweck widerspricht und daher als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist (Humborg in Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl., Stand Mai 2009, § 27 Rn. 8.3). Der Gesetzeszweck der Vermögensanrechnung liegt darin, den in § 1 BAföG verankerten Nachrang der staatlichen Ausbildungsförderung durchzusetzen (BVerwG, U.v. 14.3.2013 - 5 C 10/12 - NVwZ-RR 2013, 689 Rn. 19). Ausbildungsförderung soll als sozialstaatliche Leistung auf solche Auszubildende konzentriert werden, die der Förderung insbesondere mangels eigenen Vermögens auch tatsächlich bedürfen. Diesem Gesetzeszweck widerspricht es, wenn Auszubildende Vermögen übertragen, um es der Vermögensanrechnung zu entziehen. Von einer solchen Zweckbestimmung ist grundsätzlich auszugehen, wenn Auszubildende Vermögen bzw. Teile hiervon auf Dritte übertragen, ohne eine werthaltige Gegenleistung zu erhalten. Ob der Umstand der Unentgeltlichkeit - im Sinne des Fehlens einer angemessenen bzw. werthaltigen Gegenleistung (vgl. OVG Lüneburg, B.v. 25.3.2010 - 4 ME 38/10 - BeckRS 2010, 48047) - ausreichend ist, um ohne weiteres rechtsmissbräuchliches Handeln anzunehmen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. So kann etwa das Kriterium der Unentgeltlichkeit mit zunehmendem zeitlichen Abstand zur Antragstellung an Aussagekraft verlieren. Entsprechend ist es gerechtfertigt und im Einzelfall auch geboten, auch auf den zeitlichen Zusammenhang zwischen Antragstellung und Vermögensübertragung abzustellen (vgl. so zum Ganzen BVerwG, U.v. 14.3.2013 - 5 C 10/12 - NVwZ-RR 2013, 689 Rn. 19). Die zeitliche Nähe der Vermögensübertragung zur Beantragung von Ausbildungsförderung spricht gewichtig für die Annahme von Rechtsmissbrauch (BVerwG a.a.O., dort: etwa eineinhalb Monate; OVG Münster, B.v. 10.6.2011 - 12 A 2098/10 - BeckRS 2012, 45176: 14 Tage). Dagegen ist subjektiv verwerfliches Handeln für die Annahme einer rechtsmissbräuchlichen Vermögensübertragung nicht notwendig (BayVGH, B.v. 30.1.2012 - 12 C 11.114 - BeckRS 2012, 51842 Rn. 7).
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Allerdings wird Auszubildenden im Ergebnis solches Vermögen nicht zugerechnet, bei dem es sich - zivilrechtlich wirksam - lediglich um ausgezahlte Darlehenssummen handelt. Denn in diesen Fällen steht dem Vermögen im Sinne von § 27 Abs. 1 BAföG deckungsgleich ein Rückübertragungsanspruch als absetzbare Schuld im Sinne von § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG gegenüber (Hartmann in Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl., Stand Mai 2014, § 28 Rn. 10.1). Entsprechend liegt auch in der Erfüllung zivilrechtlich wirksamer Rückzahlungsverpflichtungen aus Darlehen keine rechtsmissbräuchliche Vermögensübertragung. Hinsichtlich der Voraussetzung der zivilrechtlichen Wirksamkeit des Darlehensvertrags trifft Auszubildende eine gesteigerte Mitwirkungspflicht (Hartmann in Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl., Stand Mai 2014, § 28 Rn. 10.1). Sie sind insoweit darlegungs- und beweispflichtig, wobei an den Nachweis strenge Anforderungen zu stellen sind (vgl. Hartmann a.a.O.). Zwar muss der Darlehensvertrag nach entsprechender Rechtsprechungsänderung des Bundesverwaltungsgerichts nicht mehr zwingend einem strengen Fremdvergleich im dem Sinne standhalten, dass das Darlehen wie sonst üblich schriftlich, gegen Zinsen und unter Gewährung von Sicherheiten vereinbart wird (BVerwG, U.v. 4.9.2008 - 5 C 30/07 - NVwZ 2009, 392 Rn. 25 f.). Denn solche Voraussetzungen lassen sich weder § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG entnehmen noch werden sie den tatsächlichen Verhältnissen unter Angehörigen oder der grundsätzlich nach Art. 6 Abs. 1 GG gebotenen Respektierung familiärer Vertrauensbeziehungen gerecht (so BVerwG a.a.O. Rn. 26). Allerdings bleibt der Rückgriff auf Merkmale des Fremdvergleichs bei der Prüfung geboten, ob im Rahmen der Würdigung aller relevanten Umstände ein wirksamer Darlehensvertrag geschlossen wurde (BVerwG a.a.O. Rn. 27). Weiter ist für die Beurteilung der Glaubhaftigkeit des Vorbringens hinsichtlich der Wirksamkeit einer Darlehensabrede insbesondere zu berücksichtigen, ob der Inhalt der jeweiligen Abrede und der Zeitpunkt des Vertragsschlusses substantiiert dargelegt sind, ob ein plausibler Grund für den Abschluss des Rechtsgeschäfts genannt ist und ob von den dargelegten Vereinbarungen in der tatsächlichen Durchführung abgewichen wurde (Hartmann in Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl., Stand Mai 2014, § 28 Rn. 10.1 mit Verweis auf Hartmann a.a.O. § 27 Rn. 8.2).
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(2) Gemessen an diesen Anforderungen stellt sich die gesamte Bewilligung von Ausbildungsförderung als rechtswidrig dar. Denn die unstreitige Vermögensübertragung in Höhe von 10.995,09 EUR stellt sich als rechtsmissbräuchlich dar (a), ohne dass davon ausgegangen werden kann, dass die Klägerin mit der Vermögensübertragung eine zivilrechtlich wirksame Darlehensschuld getilgt hätte (b). Darüber hinaus ist der Klägerin - im Unterschied zu der Berechnung des Beklagten - im Zeitpunkt ihrer Antragsstellung vom 16. September 2011 betreffend den Bewilligungszeitraum Oktober 2011 bis Juli 2012 Kontoguthaben in Höhe weiterer 7.320,00 EUR zuzurechnen (c). Hieraus ergibt sich, dass die erfolgte Bewilligung von Ausbildungsförderung mit Bescheiden vom 26. August 2011 und 17. Oktober 2011 jeweils in voller Höhe rechtswidrig war, ohne dass es auf eine Vermögensanrechnung wegen beklagtenseits geltend gemachten, nicht nachgewiesenen Vermögensverbrauchs ankäme (d).
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(a) Die Vermögensübertragung in Höhe von 10.995,09 EUR Ende Juli 2010 mit entsprechender Gutschrift beim Vater der Klägerin am 31. Juli 2010 erfolgte im Sinne des Ausbildungsförderungsrechts rechtsmissbräuchlich. Zunächst wurde das Vermögen unentgeltlich bzw. ohne (werthaltige) Gegenleistung übertragen. Dies ergibt sich bereits aus dem Vortrag der Klägerin, die nicht geltend gemacht hat, mit der Übertragung des Vermögens auf ihren Vater eine Gegenleistung erlangt oder (rechtsverbindlich) vereinbart zu haben. Auch stellt vorliegend der zeitliche Zusammenhang zwischen Vermögensübertragung und Antragstellung die grundsätzlich aus dem Umstand der Unentgeltlichkeit folgende Annahme der Rechtsmissbräuchlichkeit nicht in Frage. Vielmehr sprechen die zeitlichen Zusammenhänge hier gewichtig für die Annahme von Rechtsmissbrauch. So hat die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung ausgeführt, sie habe am 13. August 2010 die Zulassung für ihr Masterstudium erhalten. Die Bewerbung für das Studium sei vielleicht zwei Wochen zuvor erfolgt. Damit fallen der Zeitpunkt der Vermögensübertragung mit Gutschrift am 31. Juli 2010 und die die Bewerbung der Klägerin auf ihr Masterstudium als weiteres, grundsätzlich förderungsfähiges Studium im Großen und Ganzen zusammen. Hinzu kommt, dass die förmliche Bewerbung auf den Studienplatz nach der Lebenserfahrung mit einem zeitlichen Vorlauf verbunden gewesen sein wird, während dessen sich die erste Idee bzw. Anregung durch einen Vorgesetzten, das Masterstudium zu absolvieren, zu einer entsprechenden Entscheidung für das Studium verfestigt hat, mag die Entscheidung mit dem Vortrag der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung auch kurzfristig gefallen sein. Auch datiert der Erstantrag der Klägerin vom 7. September 2010, also auf einen Zeitpunkt lediglich einen guten Monat nach der Vermögensübertragung. Bis zum Eingang des Antrags bei dem Beklagten am 29. September 2010 waren seit der Vermögensübertragung lediglich zwei Monate vergangen. Danach spricht alles dafür, dass die Klägerin in dem Wissen, dass die Aufnahme ihres förderfähigen Masterstudiums zumindest ernstlich in Betracht kam, Vermögen in beträchtlichem Umfang auf ihren Vater übertragen hat. Dem steht auch nicht entgegen, soweit die Klägerin geltend gemacht hat, das übertragene Vermögen gehöre bis heute ihrem Vater. Denn eine ggf. ausgebliebene Rückübertragung des Vermögens auf die Klägerin ändert nichts an dem Umstand der ursprünglichen Weggabe des Vermögens, welches zur Finanzierung des klägerischen Masterstudiums hätte eingesetzt werden können. Bereits die hieraus resultierende Verletzung des Nachrangs von Ausbildungsförderung in dem Wissen, dass die Aufnahme eines förderungsfähigen Studiums zumindest ernsthaft in Betracht kommt, ist Kern der Wertung als rechtsmissbräuchlich. Dagegen ist ein „Parken von Vermögen“ mit anschließender Rückübertragung nicht notwendig Voraussetzung einer rechtsmissbräuchlichen Vermögensübertragung. Soweit die Klägerin geltend gemacht hat, sie habe ursprünglich gedacht, ihr Studium ohne Ausbildungsförderung mit Hilfe ihrer Beschäftigung finanzieren zu können, erscheint dies nicht hinreichend tragfähig. Denn unklar ist, aufgrund welcher Umstände die Klägerin hiervon ausgegangen ist und wann und aus welchen Gründen sie später angenommen hat, doch Ausbildungsförderung zu benötigen. Im Übrigen ist im Rahmen der Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände - vor allem des zeitlichen Zusammenfallens von Vermögensübertragung und Bewerbung auf das Studium - vorliegend davon auszugehen, dass mit der Vermögensübertragung (rechtsmissbräuchlich) zumindest die staatliche Förderungsoption gesichert werden sollte (vgl. OVG Lüneburg, B.v. 26.9.2018 - 4 LA 367/17 - NJW 2018, 3798 Rn. 7). In diesem Zusammenhang ist es noch nicht einmal erforderlich, dass im Zeitpunkt der Vermögensübertragung konkrete Vorstellungen über die Aufnahme einer bestimmten Ausbildung und deren Förderungsfähigkeit bestehen. Entscheidend ist vielmehr der Widerspruch der Vermögensübertragung zum Nachrang von Ausbildungsförderung (so zum Ganzen OVG Lüneburg a.a.O.). Dies gilt vorliegend umso mehr, als die Klägerin zur Überzeugung der Kammer im Zeitpunkt der Vermögensübertragung jedenfalls eine konkrete Vorstellung besaß, ihr Masterstudium aufzunehmen.
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(b) Die Rechtsmissbräuchlichkeit der Vermögensübertragung entfällt auch nicht deswegen, weil davon auszugehen wäre, dass die Klägerin mit der Übertragung eine zivilrechtlich wirksame Darlehensschuld gegenüber ihrem Vater erfüllt hätte. Unabhängig von der Frage eines zivilrechtlichen wirksamen Darlehensvertrags kann zunächst der Rechtsansicht der Klägerseite nicht gefolgt werden, wonach Vermögen der Klägerin ab 2006 sukzessive auf den Vater der Klägerin übergegangen sei. Denn hierzu hätte es - auch im Fall eines wirksamen Darlehensvertrags - zivilrechtlich wirksamer Verfügungsgeschäfte etwa in Gestalt von Abtretungen oder Übereignungen bedurft. Hierzu ist es aber bis zu der streitgegenständlichen Vermögensübertragung Ende Juli 2010 auch auf Grundlage des klägerischen Vortrags nicht gekommen, so dass eine sukzessive Vermögensübertragung ausscheidet. Darüber hinaus hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin einen wirksamen Darlehensvertrag weder hinreichend substantiiert dargelegt noch ist ein solcher nachgewiesen. Zwar hat die Klägerin grundsätzlich plausibel als Grund des Darlehens sinngemäß angeführt, sie habe von ihrer Mutter - rechtswidrig - keinen Unterhalt erhalten, sodass sie auf Unterstützung ihres Vaters angewiesen gewesen sei, auch um nicht gerichtlich gegen ihre Mutter vorgehen zu müssen. Allerdings fehlt es bereits an einer substantiierten Darlegung des Inhalts der Darlehensabrede. So ist die Höhe der Darlehenssumme auf Grundlage des klägerischen Vortrags weder bestimmt noch bestimmbar, obwohl es sich hierbei um einen wesentlichen Vertragsinhalt handelt (vgl. Berger in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2019, § 488 Rn. 32). Vielmehr hat die Klägerin vorgetragen, es sei eine Unterstützung mit „weiteren Beiträgen“ vereinbart gewesen, „solange sie mit ihren Jobs nicht genügend“ verdiene. Insoweit bleibt unklar, ggf. welcher monatliche Darlehensbetrag geschuldet und was unter einem genügenden Verdienst zu verstehen gewesen sein soll. Dem steht auch nicht der sinngemäße Vortrag der Klägerin entgegen, ihr Vater und sie hätten 2006 „genau vereinbart“, dass die anfallenden, im Schriftsatz vorgerechneten Beträge zurückzuzahlen seien. Denn unmittelbar in diesem Zusammenhang hat die Klägerin ausführen lassen, natürlich hätten die Beträge monatlich geschwankt, viel mehr als monatlich 250,00 EUR habe ihr Vater nicht leisten können. Dies widerlegt aber den Vortrag einer genauen Vereinbarung hinsichtlich der Höhe der Darlehenssumme im Zeitpunkt der geltend gemachten Darlehensabrede 2006. Auch sind keine Umstände ersichtlich, die eine (einklagbare) Darlehensforderung hinreichend bestimmbar machen könnten. Auch hat die Klägerin keine belastbaren Rückzahlungsmodalitäten oder tragfähig deren Fehlen im Sinne eines unbefristeten Darlehens geltend gemacht. Stattdessen hat sie vorgebracht, Anfang 2010 sei vereinbart worden, dass sie ihrem Vater demnächst die aufgelaufene Unterstützung zurückzahle. Im Fall eines wirksamen Darlehensvertrags im Jahr 2006 mit entsprechend vereinbarten Rückzahlungsmodalitäten hätte es aber einer solchen, etwaigen Zusatzvereinbarung gar nicht bedurft. Darüber hinaus ist auch unklar, wann, wo und unter welchen Umständen genau die (mündliche) Darlehensabrede getroffen worden sein soll. Ferner spricht gegen die Annahme eines zivilrechtlich wirksamen Darlehensvertrags, dass die Klägerin in ihrer ersten Stellungnahme nach Bekanntwerden der freigestellten Kapitalerträge ausgeführt hat, sie habe einen Großteil des Sparguthabens - ca. 11.000,00 EUR - ihrem Vater für die Unterstützung der Jahre zuvor, u.a. während ihres Studiums zurückgezahlt. Insoweit hat die Klägerin gerade keine rechtlich verbindliche Vereinbarung geltend gemacht oder dies ggf. rechtlich laienhaft zum Ausdruck gebracht. Entsprechendes wäre aber im Fall eines zivilrechtlich wirksamen Darlehensvertrags zu erwarten gewesen, da auch juristische Laien sinngemäß ausdrücken können, etwa zu einer Rückzahlung verpflichtet gewesen zu sein. Dies gilt umso mehr für die Klägerin, die in anderem Zusammenhang für die Zeit ab Oktober 2011 mit Schreiben vom 13. Oktober 2011 gegenüber dem Beklagten ausgeführt hat, „nur darlehensweise gewährte monatliches Unterstützung“ durch ihren Vater erhalten zu haben. Hinzu kommt, dass auch … der Klägerin unter dem 3. Mai 2015 bestätigt hat, das fragliche Vermögen „als Wiedergutmachung früherer Unterstützungen“ erhalten zu haben. Hätte es sich insoweit um einen zivilrechtlich wirksamen Darlehensvertrag gehandelt, wäre zu erwarten gewesen, dass der Vater der Klägerin dies entsprechend zum Ausdruck gebracht hätte. Dagegen ist unter der Annahme eines rechtlich bindenden Darlehensvertrags nicht ersichtlich, warum der … Vater der Klägerin von der Wiedergutmachung früherer Unterstützungsleistungen sprechen sollte, zumal die fragliche Bestätigung erkennbar rechtserheblich in einem Verwaltungsverfahren vorgelegt werden sollte. Nach alledem ist ein rechtlich wirksamer Darlehensvertrag in der fraglichen Höhe weder substantiiert dargelegt noch nachgewiesen. Auf den Umstand, dass die geltend gemachte Darlehensabrede nicht die Anforderungen des Fremdvergleichs erfüllt, kommt es daher nicht mehr entscheidungserheblich an.
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(c) Im Unterschied zu den Berechnungen des Beklagten ist der Klägerin bezogen auf den Antrag vom 16. September 2011 (Bewilligungszeitraum Oktober 2011 bis Juli 2012) weiteres Kontoguthaben in Höhe von 7.320,00 EUR zuzurechnen. Nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 BAföG gelten als Vermögen alle Forderungen und sonstigen Rechte. Hierunter fallen etwa Forderungen gegen Banken aus Kontoguthaben. Weiter ist anerkannt, dass der Entstehungsgrund für das Vermögen irrelevant ist. Dies hat zur Folge, dass auch größere BAföG-Nachzahlungen als Vermögen anrechenbar sind und der Bewilligung weiterer Ausbildungsförderung entgegenstehen können (vgl. so zum Ganzen m.w.N. Schepers, BAföG, 3. Aufl. 2016, § 27 Rn. 1). Danach ist der Klägerin hier - da auch keine Ausnahmen der Vermögensanrechnung nach § 27 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BAföG ersichtlich sind - im Zeitpunkt der Antragstellung (§ 28 Abs. 2 BAföG) unstreitig bestehendes Kontoguthaben in Höhe von weiteren 7.320,00 EUR als Vermögen zuzurechnen. Zwar ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig, dass das fragliche Kontoguthaben allein aus einer Nachzahlung von Ausbildungsförderung betreffend den Bewilligungszeitraum Oktober 2010 bis September 2011 mit Bescheid vom 26. August 2011 herrührt. Da der Grund für das entstandene Vermögen aber unerheblich ist, handelt es sich auch insoweit um Vermögen der Klägerin. Dieses Ergebnis stellt sich im Übrigen auch nicht als systemfremd dar. Zwar ist zu berücksichtigen, dass zunächst ausbleibende Ausbildungsförderung - auf die Anspruch besteht - Auszubildende regelmäßig in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen wird. Sofern Studierende in einer solchen wirtschaftlichen Notsituation Schulden aufnehmen, führt dies dazu, dass diese gemäß § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG das anrechenbare Vermögen aus einer späteren (erheblichen) Nachzahlung von Ausbildungsförderung mindern. Wer beispielsweise den zwölffachen monatlichen Bedarf als Darlehen aufgenommen hat und mit Ablauf des zwölfmonatigen Bewilligungszeitraums eine Nachzahlung in derselben Höhe erhält, kann für den nachfolgenden Bewilligungszeitraum Ausbildungsförderung erhalten, ohne dass anrechenbares Vermögen aus der Nachzahlung entgegenstünde. Denn Nachzahlung und Schulden heben sich in dem gewählten Beispiel gegenseitig auf.
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(d) Unter Anrechnung des rechtsmissbräuchlich übertragenen Vermögens in Höhe von 10.995,09 EUR betreffend beide Bewilligungszeitraum sowie unter Anrechnung von Kontoguthaben in Höhe von 7.320,00 EUR betreffend den Bewilligungszeitraum Oktober 2011 bis Juli 2012 ergibt sich, dass die Bewilligung von Ausbildungsförderung in beiden Bewilligungszeiträumen jeweils in voller Höhe rechtswidrig war. Dies gilt auch, sofern beklagtenseits angerechnete 2.650.00 EUR wegen nicht nachgewiesenen Vermögensverbrauchs außer Betracht bleiben.
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Im Bewilligungszeitraum Oktober 2010 bis September 2011 verfügte die Klägerin im Zeitpunkt der Antragstellung unstreitig über Kontoguthaben in Höhe von 2.629,14 EUR sowie weiterer 2.018,09 EUR. Hinzuzusetzen ist sodann fiktives Vermögen in Höhe von 10.995,09 EUR aufgrund rechtsmissbräuchlicher Vermögensübertragung, sodass sich unter Berücksichtigung der Verpflichtung zur Leistung mietrechtlicher Sicherheit in Höhe von 495,00 EUR und des Freibetrags in Höhe von 5.200,00 EUR - gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG in der Fassung vom 1. Juli 2002 bis 31. Juli 2016 - anrechenbares Vermögen in Höhe von insgesamt 9.947,32 EUR ergibt. Dies übersteigt den unstreitigen Bedarf der Klägerin in Höhe von 8.040,00 (12 x 670,00 EUR), so dass im Bewilligungszeitraum Oktober 2010 bis September 2011 kein Anspruch auf Bewilligung von Ausbildungsförderung bestand.
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Im Ergebnis dasselbe gilt für den Bewilligungszeitraum Oktober 2011 bis Juli 2012. Insoweit verfügte die Klägerin einschließlich der Nachzahlung von Ausbildungsförderung in Höhe von 7.320,00 EUR über Kontoguthaben in Höhe von 10.393,42 EUR sowie weiteren 2.030,20 EUR. Hinzuzusetzen sind erneut 10.995,09 EUR aufgrund rechtsmissbräuchlicher Vermögensübertragung. In Abzug zu bringen ist sodann fiktiver Vermögensverbrauch für den vorangegangenen Bewilligungszeitraum in Höhe von 8.040,00 EUR (12 x 670,00 EUR). Dagegen hatte die Klägerin im Zeitpunkt des Antrags am 16. September 2011 die Mietsicherheit in Höhe von 495,00 EUR gestellt, sodass die entsprechende mietrechtliche Forderung gemäß § 362 Abs. 2 BGB aufgrund Erfüllung erloschen, also nicht mehr als Schuld im Sinne von § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG abzusetzen war. Unter Berücksichtigung des Freibetrags in Höhe von 5.200,00 EUR ergibt sich danach anrechenbares Vermögen in Höhe von 10.178,71 EUR. Dieses übersteigt wiederum den unstreitigen Bedarf der Klägerin in Höhe von 3.850,00 (10 x 385,00 EUR). Nichts anderes ergibt sich, sofern - wie von der Klägerin mit Schreiben vom 13. Oktober 2011 geltend gemacht - Schulden im Zeitpunkt der Antragstellung in Höhe von 4.000,00 EUR wegen ausgebliebener Ausbildungsförderung berücksichtigt würden. Dann ergäbe sich anrechenbares Vermögen in Höhe von 6.178,71 EUR, welches den Bedarf der Klägerin im Bewilligungszeitraum ebenfalls übersteigen würde.
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cc) Der Rückforderung stand auch Vertrauensschutz nicht entgegen. Zwar mag die Klägerin auf die Bewilligung der Ausbildungsförderung tatsächlich vertraut haben. Jedoch war dieses Vertrauen jedenfalls nicht schutzwürdig, da die Bewilligung auf Angaben der Klägerin beruhte, die in wesentlichen Fragen zumindest grob fahrlässig unrichtig bzw. unvollständig waren (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X). Grob fahrlässig handelt, wer die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, weil er schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und das nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (BVerwG, U.v.14.3.2013 - 5 C 10/12 - NVwZ-RR 2013, 689 Rn. 24). Vorliegend enthielten die von der Klägerin ausgefüllten Antragsformulare wie ausgeführt jeweils oberhalb der Unterschriftszeile in Fettdruck sinngemäß den Hinweis, dass insbesondere solche Vermögenswerte auch dann dem Vermögen des Auszubildenden zuzurechnen seien, wenn sie in zeitlichem Zusammenhang mit der Aufnahme der förderungsfähigen Ausbildung ohne gleichwertige Gegenleistung an Dritte, insbesondere an Eltern übertragen worden seien. Danach musste es sich der Klägerin zumindest ohne weiteres aufdrängen, dass ihr zum einen das weggegebene Vermögen fiktiv zuzurechnen war und sie dieses zum anderen hätte angeben müssen. In jedem Fall musste es sich der Klägerin aber aufdrängen, dass das weggegebene Vermögen auch angesichts des erheblichen Werts für die Frage der Bewilligung von Ausbildungsförderung eine maßgebliche Rolle spielen könnte. Entsprechend liegt grobe Fahrlässigkeit zumindest darin, dass die Klägerin die Vermögensübertragung weder im Vorfeld der Antragstellung - etwa durch die Frage, ob diese Umstände anzugeben seien - noch im Rahmen der Antragstellung thematisieret hat. Im Übrigen waren die ausgebliebenen Angaben zur Vermögenshöhe auch kausal für die Rechtswidrigkeit der Bewilligung von Ausbildungsförderung.
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dd) Auch die Jahresfrist nach § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ist eingehalten, so dass die Rückforderung aufgrund fehlerhafter Angaben im Sinne von § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X auch mit Wirkung für die Vergangenheit erfolgen konnte. Zwar datiert der Datenabgleich des Bundeszentralamts für Steuern vom 26. Januar 2015, während der angegriffene Ausgangsbescheid unter dem 19. April 2016 erging. Jedoch ist anerkannt, dass die Ausschluss- bzw. Entscheidungsfrist von einem Jahr gemäß § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X erst beginnt, wenn die Behörde Kenntnis aller für die Rücknahmeentscheidung mit Vergangenheitswirkung relevanten Tatsachen erlangt hat und aus ihrer Sicht keine weiteren Ermittlungen mehr erforderlich sind (Heße in Beckscher Online-Kommentar Sozialrecht, 64. Edition Stand 1.3.2022, § 45 SGB X Rn. 47). Danach ist die Jahresfrist hier eingehalten. Denn die Beklagte hatte die Klägerin noch mit Schreiben vom 18. November 2015 - nach Vorlage entsprechender Kontounterlagen durch die Klägerin - aufgefordert, zu der Frage etwaigen Vermögensverbrauchs Stellung zu nehmen, hatte also entsprechende Ermittlungen für notwendig gehalten. Damit begann der Fristlauf jedenfalls nicht vor dem 18. November 2015, sodass die Jahresfrist aufgrund Rückforderung mit Bescheid vom 19. April 2016 in jedem Fall gewahrt ist.
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ee) Des Weiteren stand auch § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X der Rückforderung nicht entgegen. Jedenfalls folgt aus § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X eine Fristverlängerung auf zehn Jahre ab Bekanntgabe des Verwaltungsakts, insbesondere wenn die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X vorliegen.
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ff) Schließlich ist auch die Ermessensentscheidung nicht zu beanstanden, den Bewilligungsbescheid auch mit Wirkung für die Vergangenheit der Sache nach zurückzunehmen, indem die Ausbildungsförderung auf null herabgesetzt wurde. Zwar besteht insoweit auch mangels einer § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG vergleichbaren Vorschrift kein intendiertes Ermessen hinsichtlich der Rücknahme (vgl. BVerwG, U.v. 14.3.2013 - 5 C 10/12 - NStZ-RR 2013, 689 Rn. 30 ff.). Jedoch war sich das Studentenwerk hier zum einen des eingeräumten Ermessens bewusst. Zum anderen hat es das Interesse der Klägerin am Bestand des Bewilligungsbescheids mit dem staatlichen Rücknahmeinteresse auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung abgewogen. Bei der Rückforderung nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X handelt es sich schließlich um eine gebundene Entscheidung.
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gg) Auch gegen die Höhe der festgesetzten Rückforderung bestehen keine Bedenken.
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Mit dem Vortrag der Klägerin ist in dem Bewilligungsbescheid vom 29. Mai 2012 eine bisherige Auszahlung von Ausbildungsförderung in Höhe von 13.620,00 EUR festgehalten. Des Weiteren ist in dem Bescheid für den Monat Juli 2012 - nach Aufrechnung in Höhe von 67,00 EUR - eine Auszahlung in Höhe von lediglich 318,00 EUR (385,00 EUR - 67,00 EUR) angekündigt. Danach ergibt sich bis einschließlich Juli 2012 eine Summe ausgezahlter Ausbildungsförderung in Höhe von insgesamt 13.938,00 EUR (13.620,00 EUR + 318,00 EUR). Hiervon abzuziehen ist die unstreitig geleistete Rückzahlung der Klägerin in Höhe von 2.048,00 EUR, so dass sich der mit dem angegriffenen Bescheid festgesetzte, verbleibende Rückzahlungsbetrag in Höhe von 11.890,00 EUR ergibt (13.938,00 EUR - 2.048,00 EUR).
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Außer Betracht bleiben müssen dagegen Leistungen der Klägerin mit Blick auf Darlehensrückzahlungen gegenüber dem Bundesverwaltungsamt. Denn das öffentlich-rechtliche Darlehensschuldverhältnis entsteht kraft Gesetzes auf Grundlage des Bewilligungsbescheids. Es folgt der Bescheidslage, sodass etwaige Änderungen des Bewilligungsbescheids auch das Darlehensschuldverhältnis entsprechend abändern. Umgekehrt entfalten Leistungen im Rahmen des Darlehensschuldverhältnisses keine Sperrwirkung für das Amt für Ausbildungsförderung mit Blick auf die etwaige Aufhebung und Neuregelung von Ausbildungsförderung. Dies gilt auch hinsichtlich der Rückforderungsansprüche aus § 50 SGB X. Denn auch die darlehensweise Bewilligung von Ausbildungsförderung ist nach § 17 Abs. 2 Satz 1 BAföG Ausbildungsförderung im Sinne von § 1 BAföG. Über diese - und damit auch über den Darlehensanteil - wird gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 BAföG durch Bescheid entschieden. Da das Darlehensschuldverhältnis im Fall der Bewilligung von Ausbildungsförderung kraft Gesetzes entsteht, entfällt dieses im Fall der Neuregelung entsprechend dem ergangenen Bescheid ebenfalls kraft Gesetzes und mit Rückwirkung. Dabei erstreckt sich der Rückforderungsanspruch auf die gesamte, zu viel geleistete Ausbildungsförderung einschließlich des Darlehensanteils. Das Darlehensschuldverhältnis zwischen Auszubildenden und Bundesverwaltungsamt folgt der Bescheidslage, sodass etwaige bereits an das Bundesverwaltungsamt geleistete Rückzahlungen angepasst bzw. rückabgewickelt werden müssen (vgl. so zum Ganzen ausführlich HessVGH, U.v. 20.2.2018 - 10 A 807/17 - BeckRS 2018, 3502 R. 25 ff.). Entsprechend sind die klägerseits im Darlehensschuldverhältnis geleisteten Zahlungen keineswegs „verloren“. Sie unterliegen vielmehr der Rückabwicklung.
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hh) Der festgesetzten Rückforderung steht auch kein öffentlich-rechtlicher Erlass- bzw. Verzichtsvertrag entgegen. Zwar sind solche Verträge auch im öffentlichen Recht grundsätzlich denkbar (vgl. Fehling in Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 2021, § 54 VwVfG, Rn. 66). Allerdings ergibt jedenfalls die Auslegung entsprechend §§ 133, 157 BGB (vgl. Bonk/Neumann/Siegel in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 54 Rn. 29), dass die Beteiligten einen solchen Vertrag nicht geschlossen haben. Denn vor dem objektiven Empfängerhorizont muss das Schreiben der Beklagten an die Klägerin vom 30. Juli 2012, wonach bei Begleichung der Überzahlung in Höhe von 2.048,00 EUR keine weiteren Ansprüche aus BAföG-Überzahlungen mehr bestünden, so verstanden werden, dass sich dies allein auf die damalige Neuberechnung von Ausbildungsförderung bezog. Denn zum einen erfolgte die wiedergegebene Äußerung allein in diesem Zusammenhang. Zum anderen bestand für einen Empfänger des Schreibens in der Lage der Klägerin kein Anhaltspunkt, der Beklagte wolle etwa auch auf künftige Rückzahlungen wegen vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtiger Angaben verzichten. In Übrigen hat der Beklagte gerade keine in entsprechenden Vergleichen übliche Formulierung verwendet, wonach auf gegenwärtige und künftige Forderungen gleich aus welchem Rechtsgrund verzichtet werde. Schließlich konnte auch das Bundesverwaltungsamts mangels Zuständigkeit (vgl. § 41 Abs. 1 Satz 1 BAföG) keinen Erlass- oder Verzichtsvertrag abschließen. Im Übrigen sind keine Umstände ersichtlich, dass das Bundesverwaltungsamt hier im Namen oder gar mit Vollmacht des Beklagten - auch nicht im Rahmen einer Anscheins- oder Duldungsvollmacht - gehandelt hätte. Auch sonst sind keine Umstände vorgetragen oder ersichtlich, die dafür sprechen könnten, dass sich der Beklagte Handlungen des Bundesverwaltungsamts zurechnen lassen müsste.
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ii) Die angegriffene Rückforderung ist hier auch nicht aufgrund Verwirkung untergegangen.
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(1) Verwirkung setzt ein Zeit- und Umstandsmoment voraus. Bezüglich des Zeitmoments ist der Eintritt erheblichen Zeitablaufs erforderlich. Das Umstandsmoment ist insbesondere dann erfüllt, wenn der Auszubildende wegen eines bestimmten, in der Regel aktiven Verhaltens der Behörde darauf vertrauen darf, Leistungen behalten zu dürfen und sich infolge seines Vertrauens so eingerichtet hat, dass eine Rückforderung unzumutbar wäre. Allein das Schweigen bzw. eine Untätigkeit der Behörde führt grundsätzlich nicht zur Verwirkung (vgl. hierzu im Ganzen S.weg in Ramsauer/Stallbaum/S.weg, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 20 Rn. 17 f.).
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(2) Unter Berücksichtigung dieser Umstände scheidet vorliegend die Annahme von Verwirkung aus. Zwar hat der Beklagte über den Widerspruch mit dortigem Eingang am 17. Mai 2016 erst nach über fünf Jahren mit Bescheid vom 5. August 2021 entschieden. Damit spricht alles dafür, dass das Zeitmoment als Verwirkungsvoraussetzung vorliegt. Jedoch fehlt es an einem Umstandselement. Denn es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Beklagte - nicht das Bundesverwaltungsamt - einen Vertrauenstatbestand gesetzt oder sonst in einer Weise gehandelt hätte, dass die Klägerin davon hätte ausgehen können, der Widerspruch werde nicht mehr verbeschieden bzw. der Beklagte verzichte auf eine Rückforderung. Im Übrigen müssen Handlungen des Bundesverwaltungsamts außer Betracht bleiben. Denn zum einen ist für die Rücknahme von Bewilligungsbescheiden bzw. für die Neuregelung und Rückforderung von Ausbildungsförderung nach § 41 Abs. 1 Satz 1 BAföG allein das Amt für Ausbildungsförderung zuständig. Zum anderen ist bereits ausgeführt, dass nicht ersichtlich ist, dass das Bundesverwaltungsamt zurechenbar für den Beklagten gehandelt hätte.
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jj) Schließlich greift auch die klägerseits erhobene Einrede der Verjährung nicht durch. Denn nach § 50 Abs. 4 Satz 1 SGB X verjährt der Erstattungsanspruch nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Festsetzung der zu erstattenden Leistung durch schriftlichen Verwaltungsakt unanfechtbar geworden ist. Danach hat die Verjährungsfrist mangels Unanfechtbarkeit des angegriffenen Rückforderungsbescheids in Gestalt des Widerspruchsbescheids hier noch nicht zu laufen begonnen, sodass entsprechend noch keine Verjährung eingetreten sein kann.
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Nach alledem war die Klage abzuweisen.
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II. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.