Inhalt

VG Augsburg, Beschluss v. 21.03.2022 – Au 2 E 21.1580
Titel:

Erfolgloser Eilantrag in einem beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitverfahren (Vizepräsident Landgericht)

Normenkette:
GG Art. 19 Abs. 4, Art. 33 Abs. 2
Leitsätze:
1. Aus der schriftlichen Dokumentation einer Auswahlentscheidung muss gemessen an den Anforderungen des Leistungsprinzips nachvollziehbar hervorgehen, aus welchen Gründen die anderen Bewerbungen keinen Erfolg hatten. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Beurteilungsbeitrag muss nicht in schriftlicher Form erstellt werden.  (Rn. 39 und 52) (redaktioneller Leitsatz)
3. Anlassbeurteilungen kommen als Grundlage für eine Auswahlentscheidung in Betracht, wenn für die in das Entscheidungsverfahren einbezogenen Bewerber jedoch keine aktuellen und ausreichend vergleichbaren periodischen Beurteilungen vorliegen (Anschluss an VGH München BeckRS 2015, 50353). (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
4. Der Wegfall einer gesetzlichen Ermächtigung zum Richtlinienerlass führt nicht zugleich zum Wegfall der auf dieser Ermächtigung beruhenden Bekanntmachung. (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Konkurrentenstreit, Auswahlentscheidung, Dokumentation, Beurteilungsbeitrag, Schriftform, Anlassbeurteilung, Richtlinienerlass, Wegfall der gesetzlichen Ermächtigung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 20.05.2022 – 3 CE 22.862
Fundstelle:
BeckRS 2022, 12096

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf 26.706,65 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der am … geborene Antragsteller steht seit 1. Januar 2020 als Vorsitzender Richter am Landgericht und weiterer aufsichtführender Richter (Besoldungsgruppe R2+AZ) am Landgericht … im Dienst des Antragsgegners. Er wurde periodisch zuletzt am 17. Mai 2016 durch den damaligen Präsidenten des Landgerichts … als Vorsitzender Richter am Landgericht (Besoldungsgruppe R2) für den Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2015 mit einem Gesamturteil von 13 Punkten beurteilt. In der am 29. April 2021 eröffneten Anlassbeurteilung des nunmehrigen, seit 1. August 2020 amtierenden Präsidenten des Landgerichts,, vom 29. April 2021 wurde der Antragsteller in der Besoldungsgruppe R2+AZ für den Beurteilungszeitraum 1. Januar 2016 bis 29. April 2021 mit einem Gesamturteil von 13 Punkten beurteilt. Die Eignung als Vizepräsident des Landgerichts … wurde mit „gut“ eingeschätzt.
2
Der am … geborene Beigeladene versieht seit 1. Oktober 1999 als Direktor des Amtsgerichts … (seit 1.5.2011 in der Besoldungsgruppe R2+AZ) seinen Dienst beim Antragsgegner. Zuletzt war er im Zusammenhang mit einer Bewerbung mittels „Außerordentlicher Beurteilung“ vom 10. Mai 2013 für den Zeitraum vom 1. Januar 2001 bis zum Beurteilungsdatum durch den seinerzeitigen Landgerichtspräsidenten … im Amt eines Direktors am Amtsgericht (Besoldungsgruppe R2+AZ) mit 14 Punkten bewertet worden. Er wurde vom aktuellen Präsidenten des Landgerichts … in der Anlassbeurteilung vom 5. Mai 2021, eröffnet am selben Tag, für den Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis 5. Mai 2021 wiederum mit einem Gesamturteil von 14 Punkten beurteilt. Ihm wurde dabei vom Beurteiler eine „sehr gute“ Eignung für die Stelle des Vizepräsidenten des Landgerichts … bescheinigt.
3
Im Bayerischen Ministerialamtsblatt vom … war die Stelle des Vizepräsidenten am Landgericht … (Besoldungsgruppe R3) zur Besetzung ausgeschrieben und auf die Geltung der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 30. September 2003 (JMBl S. 109), zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 11. November 2019 (BayMBl 2019 Nr. 506 vom 4. Dezember 2019 - AnfoRiStABek) mit den sich aus deren Nr. 3.1 und insbesondere Nr. 3.2.5 ergebenden besonderen Anforderungen für Ämter mit Leitungsfunktion hingewiesen worden. Es haben sich der Antragsteller und der Beigeladene beworben.
4
Mit dem vom Bayerischen Staatsminister der Justiz am 10. Juni 2021 gebilligtem Besetzungsbericht des Präsidenten des Oberlandesgerichts … vom 10. Mai 2021 wurde der Beigeladene zur Ernennung vorgeschlagen. Die größere Leistungsstärke gehe aus der im Gesamturteil um einen Punkt besseren Anlassbeurteilung hervor. Dessen Eignung sei mit „sehr gut“ besser eingestuft worden als die Eignung des Antragstellers. Die leichten Vorteile des Antragstellers beim Aspekt der fachlichen Flexibilität seien im Hinblick auf das Anforderungsprofil für das Amt eines Vizepräsidenten nach Nr. 3.2.5 AnfoRiStABek, nach dem es maßgeblich auf die - beim Beigeladenen deutlich besser ausgeprägten - Führungs- und Organisationskompetenzen ankomme, jedenfalls als nicht durchschlagend zu bewerten.
5
Der … der ordentlichen Gerichtsbarkeit hat in seiner Sitzung vom 21. Juni 2021 auf die entsprechende mit Schreiben von … vom 10. Juni 2021 geäußerten Bitte zur Stellungnahme die persönliche und fachliche Eignung des zur Ernennung vorgeschlagenen Beigeladenen bestätigt.
6
Mit Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 24. Juni 2021 wurde dem Antragsteller unter Beifügung des Besetzungsberichts mitgeteilt, dass die Stelle des Vizepräsidenten am Landgericht … dem Beigeladenen übertragen werden solle und der … der ordentlichen Gerichtsbarkeit der beabsichtigten Ernennung zugestimmt habe.
7
Am 5. Juli 2021 hat der Antragsteller beim Bayerischen Staatsministerium der Justiz gegen die ihm am 1. Juli 2021 bekanntgegebene Besetzungsentscheidung Widerspruch erhoben sowie mit Schreiben vom 15. Juli 2021 mitgeteilt, er erhebe gegen die Umsetzung dieser Entscheidung „Einwendungen“ und bitte um Übersendung des von Präsident am Landgericht a.D. … erstellten Beurteilungsbeitrags zu seiner Anlassbeurteilung.
8
Mit am 23. Juli 2021 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg eingegangenem Antragsschriftsatz seines Prozessbevollmächtigten begehrt der Antragsteller die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gegen die vorgesehene Stellenbesetzung mit dem Antrag,
9
dem Antragsgegner zu untersagen, die Stelle des Vizepräsidenten des Landgerichts … mit dem Beigeladenen zu besetzen, solange über die Bewerbung des Antragstellers keine neue Auswahlentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts getroffen worden ist.
10
Zur Begründung wurde im Wesentlichen dargelegt, dass die vorgesehene Besetzung der Stelle des Vizepräsidenten des Landgerichts … mit dem Beigeladenen einen Verstoß gegen den hier zu beachtenden Leistungsgrundsatz darstelle. Der Antragsteller habe bislang noch nicht den Beurteilungsbeitrag des früheren Landgerichtspräsidenten … zur Einsicht erhalten. Zur Sicherung des Bewerbungsverfahrensanspruchs sei die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes durch das angerufene Gericht notwendig.
11
Für den Antragsgegner wandte sich das Bayerische Staatsministerium der Justiz mit Schreiben vom 27. Juli 2021 gegen das Antragsbegehren. Es wurde mitgeteilt, dass die im Bayerischen Ministerialblatt vom … ausgeschriebene Stelle des Vizepräsidenten des Landgerichts … bis zum Ablauf von zwei Wochen nach einer rechtskräftigen Entscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht besetzt werde, um keine vollendeten Tatsachen durch die Ernennung des ausgewählten Bewerbers zu schaffen.
12
Mit Beschluss vom 28. Juli 2021 wurde der ausgewählte Bewerber zum Verfahren beigeladen.
13
Mit Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 28. Juli 2021 wurde für den Antragsgegner beantragt,
14
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung kostenpflichtig abzulehnen.
15
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass sich der Antragsteller und der Beigeladene um die im Bayerischen Ministerialblatt Nr. … vom … ausgeschriebene Stelle des Vizepräsidenten des Landgerichts … (Besoldungsgruppe R3) beworben hätten. Hinsichtlich des Anforderungsprofils für die Stelle sei in der Ausschreibung auf die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 30. September 2003 (JMBl S. 109), zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 11. November 2019 (BayMBl 2019 Nr. 506 vom 4. Dezember 2019 - AnfoRiStABek), Bezug genommen worden. Der Antragsteller sei nach Verwendungen als Richter, als Staatsanwalt und erneut als Richter mit Wirkung vom 15. November 2006 zum Staatsanwalt als Gruppenleiter (Besoldungsgruppe R1+AZ) bei der Staatsanwaltschaft … ernannt worden. Mit Wirkung vom 16. Januar 2009 sei eine Beförderung zum Oberstaatsanwalt (Besoldungsgruppe R2) bei der Generalstaatsanwaltschaft … erfolgt. Nach einer Versetzung zum 16. Juni 2009 an die Staatsanwaltschaft … sei er mit Wirkung vom 1. Januar 2011 zum Vorsitzenden Richter am Landgericht … ernannt worden. Am 1. Januar 2020 sei er dann zum Vorsitzenden Richter am Landgericht … als weiterer aufsichtführender Richter (Besoldungsgruppe R2+AZ) befördert worden. In der zuletzt erstellten periodischen dienstlichen Beurteilung vom 17. Mai 2016 sei der Antragsteller im Amt als Vorsitzender Richter am Landgericht (R2) mit einem Gesamtprädikat von 13 Punkten beurteilt worden. In der anlässlich des Besetzungsverfahrens für die streitgegenständliche Stelle vom Präsidenten des Landgerichts … erstellten Anlassbeurteilung vom 29. April 2021 (Beurteilungszeitraum 1.1.2016 bis 29.4.2021) habe er im Statusamt Vorsitzender Richter am Landgericht als weiterer aufsichtführender Richter (Besoldungsgruppe R2+AZ) das Gesamtprädikat 13 Punkte erhalten.
16
Der Beigeladene sei nach Verwendungen als Richter, als Staatsanwalt, als Referent im Bundesministerium der Justiz sowie erneut als Richter mit Wirkung vom 1. April 1994 zum Staatsanwalt als Gruppenleiter (Besoldungsgruppe R1+AZ) bei der Staatanwaltschaft … ernannt worden. Mit Wirkung vom 1. Oktober 1999 sei er zum Direktor des Amtsgerichts … (Besoldungsgruppe R2) befördert worden. Mit Urkunde vom 2. Mai 2011 sei ihm das Amt eines Direktors des Amtsgerichts in der Besoldungsgruppe R2+AZ bei dem Amtsgericht … übertragen worden. In einer aufgrund einer Bewerbung erstellten „Außerordentlichen Beurteilung“ vom 10. Mai 2013 sei der Beigeladene für den Beurteilungszeitraum vom 1. Januar 2001 bis 10. Mai 2013 im Statusamt Direktor am Amtsgericht (Besoldungsgruppe R2+AZ) mit einem Gesamtprädikat von 14 Punkten bewertet worden. In der anlässlich des Besetzungsverfahrens für die hier maßgebliche Stelle erstellten Anlassbeurteilung vom 5. Mai 2021 (Beurteilungszeitraum 1.1.2016 bis 5.5.2021) habe er im Statusamt Direktor des Amtsgerichts (Besoldungsgruppe R2+AZ) erneut das Gesamtprädikat 14 Punkte erhalten.
17
Der Präsident des Oberlandesgerichts … habe mit Besetzungsbericht vom 10. Mai 2021 vorgeschlagen, die Stelle mit dem Beigeladenen zu besetzen. Der Beigeladene habe ein um einen Punkt besseres Gesamtprädikat und sei für die ausgeschriebene Stelle letztlich besser geeignet als der Antragsteller. Im Rahmen einer Personalbesprechung am 10. Juni 2021 habe … unter Bezugnahme auf den Besetzungsbericht des Präsidenten des Oberlandesgerichts … vom 10. Mai 2021, den er sich zu eigen gemacht habe, entschieden, dass die Stelle mit dem Beigeladenen besetzt werden solle. Der stellvertretende Vorsitzende des … der ordentlichen Gerichtsbarkeit habe mit Schreiben vom 21. Juni 2021 mitgeteilt, dass der … beschlossen habe, dass der Beigeladene für die Stelle persönlich und fachlich geeignet sei.
18
Der vom Antragsteller gestellte Antrag auf Erlass einer einsteiligen Anordnung sei nicht begründet, da sowohl die getroffene Auswahlentscheidung als auch die zugrundeliegenden Beurteilungen rechtmäßig seien. Grundlage der Auswahlentscheidung seien die eröffneten Endfassungen der Anlassbeurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen. Informationen zu den zugrundeliegenden Beurteilungsverfahren seien nicht Gegenstand des Besetzungsvorgangs.
19
Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 26. August 2021 ließ der Antragsteller zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens darlegen, dass eine rechtswidrige Besetzungsentscheidung vorliege, da die der Entscheidung zugrunde gelegten Beurteilungen fehlerhaft zustande gekommen seien. Die Beurteilung für den Antragsteller vom 29. April 2021 umfasse aus der Sicht des Beurteilers nur den Zeitraum ab 1. August 2020, weil dieser erst an diesem Tag sein Amt angetreten habe. Es fehlten also vier Jahre und sieben Monate, die bei der Leistungsbewertung für den Antragsteller nicht berücksichtigt worden seien. Es fehle bei der dienstlichen Beurteilung des Antragstellers der Beurteilungsbeitrag des seinerzeitigen Dienstvorgesetzten. Der Inhalt von Gesprächen zwischen dem Antragsteller und dem Beurteiler hätten in der Besetzungsakte ebenfalls keinen Niederschlag gefunden. Dies gelte insbesondere für die vom Antragsteller gegen den Beurteilungsentwurf erhobenen ausführlichen Einwendungen, welche der Antragsteller dem Beurteiler in dem Gespräch am 29. April 2021 übergeben und erläutert habe. Der Beurteiler habe auf diese Einwendungen nur mündlich und auch nur bruchstückhaft reagiert. Tatsache sei, dass dem Antragsteller in weiteren Gesprächen (mit dem Oberlandesgericht … bzw. dem Bayerischen Staatsministerium der Justiz) für eine Beurteilung im Jahr 2022 ein Gesamturteil von 14 Punkten in Aussicht gestellt worden sei. Dem Schriftsatz wurde eine Kopie der Stellungnahme des Antragstellers vom 29. April 2021 zu seinen Tätigkeiten im Beurteilungszeitraum und zu den aus seiner Sicht für die Bewertung der Einzelmerkmale relevanten Aspekten einschließlich des nach seiner Einschätzung zu vergebenden Gesamturteils beigefügt.
20
Für den Antragsgegner wurde mit Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 24. September 2021 hierzu Stellung genommen und ausgeführt, dass es nicht zutreffe, dass der Beurteiler bei der Erstellung der Anlassbeurteilung vom 29. April 2021 nur den Zeitraum vom 1. August 2020 bis zum 29. April 2021 berücksichtigt habe. Der Präsident des Landgerichts … habe in der beigefügten dienstlichen Stellungnahme vom 22. September 2021 bestätigt, dass er den in der Beurteilung angegebenen Beurteilungszeitraum zugrunde gelegt habe. Er habe sich die für die Erstellung der Beurteilung erforderlichen Erkenntnisse für den gesamten Beurteilungszeitraum in ordnungsgemäß Weise verschafft. Diesbezüglich habe sich der Beurteiler in zulässiger Weise mündlich durch seinen Amtsvorgänger … über das dienstliche Verhalten und die Leistungen des Antragstellers während des Teils des Beurteilungszeitraums informieren lassen, während dieser Dienstvorgesetzter des Antragstellers gewesen sei. Darüber hinaus habe er auch den weiteren Teil des Beurteilungszeitraums in den Blick genommen, in dem … nicht mehr, er selbst aber noch nicht Präsident des Landgerichts gewesen sei (1.6. bis 31.7.2020). Auch für diesen Teil des Beurteilungszeitraums habe sich der Beurteiler in zulässiger Weise die erforderlichen Erkenntnisse verschafft. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass der Antragsteller die dem Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 26. August 2021 beigefügte Stellungnahme bereits am 12. April 2021 im Vorfeld der Erstellung der Beurteilung per E-Mail an den Präsidenten des Landgerichts … übersandt habe. Gegenstand der Stellungnahme seien Überlegungen des Antragstellers gewesen, die er dem Beurteiler für die Erstellung der Beurteilung zugänglich habe machen wollen, nicht jedoch Einwendungen gegen die eröffnete Beurteilung. Soweit vorgetragen werde, dass das Bayerische Staatsministerium der Justiz dem Antragsteller in Unterredungen für eine Beurteilung im Jahr 2022 ein Gesamturteil von 14 Punkten in Aussicht gestellt habe, treffe dies nicht zu. Soweit auf Gespräche mit dem Oberlandesgericht … Bezug genommen werde, werde der Sachverhalt in dem beigefügten Schreiben des Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts … vom 23. September 2021 dargelegt. Daraus ergebe sich, dass das Vorbringen, dem Antragsteller sei ein Gesamturteil von 14 Punkten in Aussicht gestellt worden, ebenfalls unzutreffend sei. Dem Schreiben waren eine Stellungnahme des Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts … vom 23. September 2021 und eine Stellungnahme des Präsidenten des Landgerichts … vom 22. September 2021 beigefügt, auf die jeweils Bezug genommen wird. In letzterer ist u.a. ausgeführt, dass im Hinblick auf die zu erstellende Anlassbeurteilung zwei ausführliche Gespräche mit Landgerichtspräsident a.D., ein Gespräch mit dem früheren Leiter der Strafabteilung beim Landgericht,, sowie weitere Unterredungen u.a. mit dem Gruppenleiter der Strafabteilung und dem Präsidialrichter für die Strafabteilung stattgefunden hätten. Mit … habe Einigkeit über das zu vergebende Gesamturteil, die Verwendungseignung und die individuellen Stärken und Schwächen des Antragstellers bestanden. Für den Zeitraum zwischen dem Ausscheiden des Amtsvorgängers zum 31. Mai 2020 und dem Dienstantritt am 1. August 2020 habe er sich z.B. durch Gespräche mit dem damaligen Vizepräsidenten … ebenfalls Erkenntnisse verschafft. Am 16. April 2021 habe er mit dem Antragsteller ein dreistündiges Beurteilungsgespräch geführt, bei dem auch auf viele Punkte der von diesem per E-Mail am 12. April 2021 übermittelten Stellungnahme eingegangen worden sei. Die Anlassbeurteilung sei dem Antragsteller am 29. April 2021 eröffnet worden. Konkrete Einwendungen hiergegen seien weder bei der Beurteilungseröffnung noch in der Folgezeit erhoben worden. Bei der per E-Mail übermittelten Zusammenstellung vom 12. April 2021 habe es sich entgegen der Darstellung des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers nicht um „Einwendungen gegen den Beurteilungsentwurf“ gehandelt, da dem Antragsteller ein solcher nie zugänglich gemacht worden sei.
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Für die Antragstellerseite wurde mit Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten vom 14. Oktober 2021 hierzu erwidert, dass es nicht darauf ankomme, welchen Zeitraum der Beurteiler in der Beurteilung angegeben habe, sondern darauf, ob er für den genannten Zeitraum eine ausreichende Tatsachengrundlage zur Verfügung gehabt habe. Eine Stellungnahme zu dem Schreiben des Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts … vom 23. September 2021 sei nicht veranlasst. Die Behauptungen in dem Schreiben des Präsidenten des Landgerichts … vom 22. September 2021, dass diverse „sehr ausführliche Gespräche“ stattgefunden hätten, werde bestritten. Schriftliche Unterlagen hierzu lägen nicht vor. Jedoch sei der Beurteiler zur Anfertigung von solchen schriftlichen Unterlagen verpflichtet gewesen. Dies gelte insbesondere auch bezüglich der behaupteten „Einigkeit“ mit dem früheren Dienstvorgesetzten. Vom Beurteiler sei auf die vom Antragsteller schriftlich erhobenen Einwendungen nicht eingegangen worden, obwohl hierzu eine Pflicht bestanden habe. Darüber hinaus habe der Besetzungsentscheidung auch die Beurteilung für den Beigeladenen, für die ebenfalls ein Beurteilungsbeitrag fehle, nicht zugrunde gelegt werden dürfen, weil es insoweit Beanstandungen gegenüber diesem gegeben habe. Maßgeblich sei für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung deren Zeitpunkt und dabei inhaltlich nur dasjenige, was in Erfüllung der Dokumentationspflicht in den Akten niedergelegt sei und nicht das, was nachträglich vorgetragen werde.
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Mit Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 25. Oktober 2021 wurde hierzu Stellung genommen. Die Frage, welchen Beurteilungszeitraum die Beurteilung des Antragstellers erfasse, sei von der Frage nach der Ermittlung der Beurteilungsgrundlagen zu trennen. Mit dem Vorbringen, die Ermittlung der Beurteilungsgrundlagen sei fehlerhaft erfolgt, lasse sich der durch den Antragsteller erhobene Vorwurf, der Beurteiler sei von einem anderen als dem in der Beurteilung angegebenen Beurteilungszeitraum ausgegangen, nicht begründen. Es treffe darüber hinaus nicht zu, dass der Präsident des Landgerichts … verpflichtet gewesen sei, schriftliche Aufzeichnungen zu den zur Vorbereitung der Erstellung der Beurteilung des Antragstellers geführten Gespräche anzufertigen. Es bestehe im Übrigen auch keine Verpflichtung zur Verschriftlichung mündlich erholter Beurteilungsbeiträge. Soweit vorgetragen werde, dass die Beurteilung des Beigeladenen der Auswahlentscheidung nicht hätte zugrunde gelegt werden dürfen, treffe diese nicht zu. Es sei nicht nachvollziehbar und hier auch nicht bekannt, was mit „Beanstandungen gegenüber dem Beigeladenen“ gemeint sei. Der Beurteiler habe sein Beurteilungsermessen rechtmäßig ausgeübt. Vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass die Anforderungen an die Offenlegung von Umständen aus dem Beurteilungsverfahren bezüglich der Beurteilung des Antragstellers und in Bezug auf die Beurteilung des Beigeladenen nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nicht deckungsgleich seien, sondern sich der Anspruch des Antragstellers auf Erhalt von Informationen hinsichtlich des Beigeladenen grundsätzlich auf die Inhalte, die Teil der Personalakte seien, beschränke. Davon seien interne, lediglich vorbereitende Stellungnahmen im Beurteilungsverfahren unabhängig von der Frage, in welcher Form sie erholt worden seien, nicht erfasst. Die getroffene Auswahlentscheidung sei auch hinreichend schriftlich dokumentiert. Der Dokumentationspflicht sei durch die in dem Schreiben von … an den Vorsitzenden des … der ordentlichen Gerichtsbarkeit vom 10. Juni 2021 formulierte Bezugnahme auf den Besetzungsbericht des Präsidenten des Oberlandesgerichts … vom 10. Mai 2021, den sich der … zu eigen gemacht habe, ausreichend nachgekommen. Nicht erfasst von der Dokumentationspflicht seien über die wesentlichen Auswahlerwägungen hinausgehende Informationen und Unterlagen, wie z.B. interne vorbereitende Vermerke. Dies schließe Beurteilungsbeiträge ein. Eine Verpflichtung zur generellen Verschriftlichung von Beurteilungsbeiträgen könne dementsprechend auch nicht über den Umweg des für die wesentlichen Auswahlerwägungen geltenden Dokumentationserfordernisses begründet werden.
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Mit Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vom 4. November 2021 wurde dargelegt, dass die Antragsgegnerseite nicht auf die höchstrichterliche Rechtsprechung eingehe, wonach es für die Überprüfung einer Auswahlentscheidung auf den Zeitpunkt dieser Entscheidung ankomme und alles spätere Vorbringen vom Gericht nicht berücksichtigt werden dürfe. Aus dieser Rechtsprechung ergebe sich, dass der Antragsteller einen Anspruch auf einen schriftlichen Beurteilungsbeitrag des früheren Präsidenten des Landgerichts … habe, damit die Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung überprüft werden könne. Dieser fehle jedoch. Der Antragsgegner könne sich seiner Dokumentationspflichten auch nicht dadurch entledigen, dass nunmehr dienstliche Stellungnahmen vorgelegt würden oder Zeugenbeweis angeboten werde. Die für den Beigeladenen festgestellten „Beanstandungen“ seien von dem Antragsgegner nicht bestritten worden. Es werde lediglich dargelegt, dass solche nicht bekannt seien.
24
Mit Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 12. November 2021 wurde hierzu entgegnet, dass das Dokumentationserfordernis den Besetzungsvorgang betreffe, der dem Gericht im Original vorliege. Die Beurteilungen der Bewerber seien demgegenüber dem Personalakt zuzuordnen. Die Frage, in welchem Umfang im Zusammenhang mit der Erstellung von dienstlichen Beurteilungen schriftliche Unterlagen zu fertigen und aufzubewahren seien, sei von der Obliegenheit des Dienstherrn zur schriftlichen Dokumentation der Gründe für eine in einem Besetzungsverfahren getroffene Auswahlentscheidung zu trennen. Eine Verpflichtung des Präsidenten des Landgerichts, für die Erstellung der Beurteilung des Antragstellers einen schriftlichen Beurteilungsbeitrag seines Amtsvorgängers einzuholen, habe nicht bestanden. Das für die Besetzungsentscheidung geltende Dokumentationserfordernis könne nicht rückwirkend auf die vorangegangene Erstellung der dienstlichen Beurteilungen der Bewerber ausgedehnt werden. Die gesetzlich vorgesehene Transparenz werde im Beurteilungsverfahren durch die Eröffnung der Beurteilung geschaffen. Soweit der Beurteilte ergänzend eine Plausibilisierung verlangen könne, sei diese durch die mit dem hiesigen Schreiben vom 24. September 2021 vorgelegte dienstliche Stellungnahme des Präsidenten des Landgerichts … vom 22. September 2021 erfolgt. Zu den von Seiten des Antragstellers behaupteten „Beanstandungen“ gegenüber dem Beigeladenen sei kein konkreter Sachverhalt vorgetragen worden. Der Antragsteller habe nicht angegeben, was ihm diesbezüglich konkret von wem mitgeteilt worden sei. Damit handle sich um einen Versuch, den Beigeladenen ohne das Vorbringen greifbarer Anhaltspunkte in ein ungünstiges Licht zu rücken.
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Hierzu nahm der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers mit Schriftsatz vom 18. November 2021 Stellung und legte dar, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch Beurteilungsbeiträge zwingend zu dokumentieren seien. Dies schließe im Einzelfall die Einholung auch mündlicher Beiträge nicht per se aus. Diese seien dann aber in Form eines schriftlichen Vermerks mit der erforderlichen Darstellungstiefe zu dokumentieren, um für den Beurteilten zur Wahrung seines Rechts auf effektiven Rechtsschutz die Entwicklung der Beurteilung aus dem Beurteilungsbeitrag nachvollziehbar zu machen. Nur auf diese Weise sei eine gerichtliche Überprüfung der Beurteilung und des einbezogenen Beurteilungsbeitrags möglich. Die im vorliegenden Verfahren abgegebene dienstliche Stellungnahme des Beurteilers sei nicht geeignet, die bisher unterlassene Dokumentation zu heilen. Vielmehr bestätige diese die fehlende Transparenz im Hinblick auf das Zustandekommen der dienstlichen Beurteilung des Antragstellers und die erforderliche Berücksichtigung des Beurteilungsbeitrags. Die dienstliche Stellungnahme des Beurteilers sei - ungeachtet ihrer verfahrensrechtlichen Irrelevanz - inhaltsleer und erschöpfe sich in allgemeinen Ausführungen, ohne dass auch nur im Ansatz inhaltlich zum angeblichen Beurteilungsbeitrag des vorherigen Landgerichtspräsidenten Stellung bezogen werde. Die dienstliche Beurteilung weiche in zentralen Punkten (z.B. bei dem Merkmal „Kommunikationsfähigkeit“) signifikant negativ von den Vorbeurteilungen ab, ohne dass die Gründe hierfür erkennbar seien. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts umfasse die Pflicht zur Plausibilisierung einer dienstlichen Beurteilung, die vollständig oder teilweise auf Beurteilungsbeiträgen Dritter beruhe, aber auch die Pflicht darzulegen, wie aus diesen Beiträgen die in der dienstlichen Beurteilung enthaltenen Werturteile entwickelt worden seien. Abweichungen von den in den Beurteilungsbeiträgen enthaltenen Tatsachen oder Wertungen seien zu erläutern.
26
Mit Schriftsatz vom 10. Januar 2022 wurde von Antragstellerseite ergänzend mitgeteilt, dass der Antragsteller im Beurteilungszeitraum eine wegweisende Entscheidung zum Straftatbestand der Volksverhetzung getroffen habe (Urteil des Landgerichts … vom … in der Strafsache *), die das Bayerische Staatsministerium des Innern zu grundsätzlichen Hinweisen für die nachgeordneten Behörden veranlasst habe. Diese Entscheidung hätte der Beurteiler bei der Erstellung der Beurteilung im Rahmen der „Ergänzenden Bemerkungen“ berücksichtigen müssen, was sich dann auch positiv auf das Gesamturteil hätte niederschlagen müssen.
27
Mit Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 19. Januar 2022 wurde abschließend ausgeführt, dass es nicht der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliege, auf welche Tatsachenfeststellungen der Präsident des Landgerichts … seine in rechtmäßiger Weise ganz überwiegend als Werturteil formulierte Beurteilung vom 29. April 2021 im Einzelnen stütze. Das genannte Strafurteil des Landgerichts … habe daher nicht explizit gewürdigt werden müssen. Der gerichtlichen Kontrolle unterliege insoweit allein die Frage, ob der Beurteiler sein Werturteil in plausibler und nachvollziehbarer Weise gebildet habe. Hierbei komme es darauf an, ob die für die Beurteilung ausschlaggebenden Gründe und Argumente des Dienstherrn mit Blick auf die Funktion der Beurteilung, einen aussagekräftigen Maßstab für künftige Beförderungsentscheidungen in Konkurrenz mit anderen Bewerbern zu bilden, sichtbar würden. Dafür seien nicht nur die schriftlichen Ausführungen in der Beurteilung selbst von Bedeutung, sondern auch mündliche Erläuterungen oder zu einem späteren Zeitpunkt abgegebene Erklärungen des Beurteilers. Vorliegend seien die für die Beurteilung ausschlaggebenden Gründe hinreichend plausibel gemacht worden. Dies gelte auch für die Ermittlung der Tatsachengrundlage, auf die der Präsident des Landgerichts … sein Werturteil gestützt habe. Es dürfe insoweit auf die Stellungnahme des Präsidenten des Landgerichts … vom 22. September 2021 verwiesen werden, in der glaubhaft gemacht werde, auf welche Art und Weise sich der Beurteiler Erkenntnisse für die Beurteilung verschafft habe. Bezüglich der Einbeziehung von Entscheidungen, die der Antragsteller im maßgeblichen Beurteilungszeitraum verfasst habe, heiße es dort „…außerdem habe ich stichprobenweise gerichtliche Entscheidungen … studiert. Eine Anfrage bei …, ob er von ihm besonders intensiv und wissenschaftlich erarbeitete Entscheidungen benennen könne, ergab nach meiner Erinnerung nur eine Entscheidung außerhalb des Beurteilungszeitraums.“
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorliegenden Gerichtsund Behördenakten einschließlich der Personalakten des Antragstellers und des Beigeladenen Bezug genommen.
II.
29
Der zulässige Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist unbegründet.
30
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung auch vor Klageerhebung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Voraussetzung dafür ist, dass die drohende Gefahr einer Rechtsverletzung - Anordnungsgrund - und ein Recht im Sinne des § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO - Anordnungsanspruch - glaubhaft gemacht werden (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
31
In beamten- bzw. richterrechtlichen Streitverfahren über die Besetzung von Beförderungsstellen, bei denen das einstweilige Rechtsschutzverfahren vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt, ist abweichend von der allgemeinen Regel keine lediglich summarische Prüfung des zur Entscheidung gestellten Sachverhalts und des maßgeblichen rechtlichen Rahmens ausreichend, sondern es ist eine abschließende Prüfung der Sach- und Rechtslage geboten, wenn bei der Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine Verletzung des subjektiven Rechts des unterlegenen Bewerbers aus Art. 33 Abs. 2 GG nicht mehr beseitigt werden kann (BVerfG, B.v. 23.3.2020 - 2 BvR 2051/19 - ZBR 2020, 305; B.v. 9.7.2007 - 2 BvR 206/07 - ZTR 2007, 707; Schnellenbach, Konkurrenzen im öffentlichen Dienst, 2015, S. 55 Rn. 40).
32
Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, weil es ihm um die Verhinderung einer nach dem Grundsatz der Ämterstabilität irreversiblen Ernennung geht. Eine vorläufige Vergabe des Funktionsamts an den ausgewählten Bewerber (vgl. BVerwG, B.v. 10.5.2016 - 2 VR 2.15 - juris) kommt hier nicht in Betracht. Die Vergabe des Amts des Vizepräsidenten des Landgerichts … erfordert zwingend die (endgültige) Ernennung eines Bewerbers (BayVGH, B.v. 24.4.2017 - 3 CE 17.434 - juris Rn. 31).
33
Der Antragsteller hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, weil sich die auf rechtlich nicht zu beanstandenden Tatsachengrundlagen beruhende Auswahlentscheidung als rechtmäßig darstellt und dadurch der aus Art. 33 Abs. 2 GG folgende Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers nicht verletzt wird. Art. 33 Abs. 2 GG gewährt jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Daraus folgt der Anspruch eines Beförderungsbewerbers auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung (BVerwG, U.v. 4.11.2010 - 2 C 16.09 - IÖD 2011, 14; U.v. 25.2.2010 - 2 C 22.09 - ZBR 2011, 37; BVerfG, B.v. 29.7.2003 - 2 BvR 311/03 - BayVBl 2004, 17). Die Geltung dieses Grundsatzes wird nach Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Die Vorschrift dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung des öffentlichen Dienstes; dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Grundsatzes der Bestenauslese gewährleistet werden. Zum anderen trägt Art. 33 Abs. 2 GG dem berechtigten Interesse der Beamten bzw. Richter an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass er grundrechtsgleiche Rechte auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet. Art. 33 Abs. 2 GG gibt somit den entscheidenden Beurteilungsmaßstab für die Bewerberauswahl bei der Besetzung von öffentlichen Ämtern abschließend vor. Die von Art. 33 Abs. 2 GG erfassten Auswahlentscheidungen können grundsätzlich nur auf Gesichtspunkte gestützt werden, die unmittelbar die Eignung, die Befähigung und die fachliche Leistung der Bewerber betreffen. Anderen Aspekten darf nur Bedeutung beigemessen werden, wenn sich aus dem Vergleich anhand von unmittelbar leistungsbezogenen Gesichtspunkten kein Vorsprung eines Bewerbers ergibt. Belange, die nicht im Leistungsgrundsatz verankert sind, können bei der Besetzung öffentlicher Ämter nur Berücksichtigung finden, wenn ihnen ebenfalls Verfassungsrang eingeräumt ist (vgl. z.B. BVerfG, B.v. 11.5.2011 - 2 BvR 764/11 - juris; BVerwG, U.v. 4.11.2010 - 2 C 16.09 - IÖD 2011, 14; U.v. 17.8.2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99; U.v. 28.10.2004 - 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147).
34
Über die Eignung des Bewerberfeldes kann in einem gestuften Auswahlverfahren befunden werden (BVerwG, B.v. 20.6.2013 - 2 VR 1.13 - juris). Bewerber, welche die allgemeinen Ernennungsbedingungen oder die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllen oder die aus sonstigen Eignungsgründen für die Ämtervergabe nicht in Betracht kommen, können in einer ersten Auswahl ausgeschlossen und müssen somit nicht mehr in den Leistungsvergleich einbezogen werden (BVerwG, B.v. 20.06.2013 - 2 VR 1.13 - juris Rn. 23; B.v. 6.4.2006 - 2 VR 2.05 - juris Rn. 7). Dies gilt grundsätzlich auch für Bewerber, die zwingende Vorgaben eines rechtmäßigen Anforderungsprofils nicht erfüllen (BVerwG, B.v. 20.6.2013 - 2 VR 1.13 - juris Rn. 23).
35
Anschließend ist die Auswahl für die Besetzung eines Beförderungsdienstpostens unter mehreren Bewerbern in erster Linie auf aktuelle dienstliche Beurteilungen zu stützen (BVerwG, B.v. 20.6.2013 - 2 VR 1.13 - juris Rn. 21; BayVGH, B.v. 22.1.2018 - 3 CE 17.2440 - juris Rn. 20; B.v. 8.4.2015 - 3 CE 14.1733 - juris Rn. 28). Maßgeblich hierfür ist primär das abschließende Gesamturteil der Beurteilung, das durch Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (vgl. Art. 16 Abs. 2 Satz 1 LlbG; BVerwG, B.v. 22.11.2012 - 2 VR 5.12 - juris Rn. 25). Um dem Gedanken der Bestenauslese bei der Auswahlentscheidung ausreichend Rechnung tragen zu können, müssen darüber hinaus - jedenfalls in aller Regel - auch das gewählte Beurteilungssystem gleich sein und die bei der Beurteilung zur Anwendung kommenden Beurteilungsrichtlinien, -merkmale und -maßstäbe gleichmäßig auf sämtliche Beamte oder Richter angewendet werden, die bei dienstrechtlichen Entscheidungen über ihre Verwendung und ihr berufliches Fortkommen miteinander in Wettbewerb treten können (BVerwG, U.v. 2.3.2000 - 2 C 7.99 - NVwZ- RR 2000, 621). Ihre wesentliche Aussagekraft erhalten dienstliche Beurteilungen nämlich erst in Relation zu den Bewertungen in anderen dienstlichen Beurteilungen. Um zu der erforderlichen objektiven Bewertung des einzelnen Beamten bzw. Richters zu gelangen und um eine Vergleichbarkeit zu gewährleisten, muss so weit wie möglich gleichmäßig verfahren werden. Die Beurteiler sind gehalten, ihrer Bewertung denselben Begriffsinhalt der verwendeten Noten (Punktewerte) zugrunde zu legen und diese mit demselben Aussagegehalt zu verwenden. Das gilt insbesondere für das die Beurteilungen abschließende Gesamturteil (BVerwG, U.v. 27.2.2003 - 2 C 16.02 - NVwZ 2003, 1397; BayVGH, B.v. 14.8.2014 - 3 CE 14.377 - juris Rn. 26; B.v. 6.11.2007 - 3 CE 07.2163 - juris Rn. 41 ff., Zängl in Weiss/Niedermeier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand November 2021, Art. 54 LlbG Rn. 7 ff.).
36
Wird dieses subjektive Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt, folgt daraus zwar regelmäßig nicht ein Anspruch auf Beförderung oder Vergabe des begehrten Dienstpostens; der unterlegene Bewerber kann aber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung beanspruchen, wenn seine Auswahl bei rechtsfehlerfreiem Verlauf des Auswahlverfahrens ernsthaft möglich erscheint (vgl. BVerfG, B.v. 4.2.2016 - 2 BvR 2223/15 - NVwZ 2016, 764; B.v. 2.10.2007 - 2 BvR 2457/04 - juris; B.v. 24.9.2002 - 2 BvR 857/02 - NVwZ 2003, 200; BVerwG, U.v. 4.11.2010 - 2 C 16.09 - juris).
37
Aus Art. 33 Abs. 2 i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG folgt daher die Möglichkeit des unterlegenen Bewerbers, in einem gerichtlichen Verfahren überprüfen zu lassen, ob er durch die Auswahlentscheidung in seinem subjektivöffentlichen Recht auf fehlerfreie Auswahl verletzt worden ist. Er kann dabei sowohl geltend machen, selbst in rechtswidriger Weise benachteiligt worden zu sein (vgl. etwa BVerwG, U.v. 28.10.2004 - 2 C 23.03 - juris zum Erfordernis eines Mindestdienstalters), als auch eine auf sachfremden Erwägungen beruhende unzulässige Bevorzugung des ausgewählten Konkurrenten rügen (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 17.8.2005 - 2 C 37.04 - juris für die Auswahl anhand der Wertigkeit des vom Mitbewerber innegehabten Dienstpostens). Der Rechtsfehler kann daher sowohl in der Leistungs- und Qualifikationsbeurteilung des Beamten bzw. Richters als auch in derjenigen des ausgewählten Bewerbers oder im eigentlichen Leistungsvergleich zwischen den Bewerbern liegen (vgl. BVerfG, B.v. 20.9.2007 - 2 BvR 1972/07 - ZBR 2008, 167).
38
Die vom Antragsgegner aufgrund des Besetzungsvermerks des Präsidenten des Oberlandesgerichts … vom 10. Mai 2021 am 10. Juni 2021 getroffene Auswahlentscheidung genügt diesen Anforderungen. Das durchgeführte Verfahren entspricht in formaler Hinsicht den Erfordernissen der Rechtsprechung, wonach die maßgeblichen Auswahlerwägungen vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens schriftlich niedergelegt werden müssen (BVerfG, B.v. 9.7.2007 - 2 BvR 206/07 - juris Rn. 20 ff.; BayVGH, B.v. 16.6.2020 - 3 CE 20.1118 - juris Rn. 3, B.v. 25.11.2019 - 3 CE 19.1926 - juris Rn. 12). Es liegt auch kein Verstoß gegen die Dokumentationspflicht vor, soweit der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers rügt, dass den der Auswahlentscheidung zugrundeliegenden Unterlagen und Beurteilungen ein schriftlicher Beurteilungsbeitrag des ehemaligen Präsidenten des Landgerichts … nicht beigefügt gewesen sei.
39
Im Besetzungsvermerk des Präsidenten des Oberlandesgerichts … vom 10. Mai 2021, den sich der Staatsminister der Justiz bei der Auswahlentscheidung in rechtlich nicht zu beanstandender Weise (vgl. BayVGH, B.v. 17.8.2017 - 3 CE 17.815 - juris Rn. 27 ff.) ausdrücklich zu eigen gemacht hat (vgl. Schreiben vom 10. Juni 2021 an den Vorsitzenden des … der ordentlichen Gerichtsbarkeit), werden die Erwägungen des Antragsgegners hinsichtlich Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung der Bewerber anhand der aktuellen Anlassbeurteilungen in ausreichender Weise dargestellt und dokumentiert. Ausgangspunkt für die Beurteilung der Frage, ob die Dokumentation der Auswahlentscheidung den rechtlichen Anforderungen genügt, ist der zehnseitige mit einer tabellarischen Übersicht des Werdegangs der Bewerber und deren Beurteilungsergebnissen ergänzte Besetzungsbericht des Präsidenten des Oberlandesgerichts … vom 10. Mai 2021, aus dem hervorgeht, dass dem Beigeladenen zum einen aufgrund des um einen Punkt besseren Gesamturteils im gleichen mit R2+AZ bewerten Richteramt eine größere Leistungsstärke zuerkannt wird sowie zum anderen, dass der Beigeladene verglichen mit der dem Antragsteller zugesprochenen „guten“ Eignung aufgrund der diesem bescheinigten „sehr guten“ Eignung auch die besser bewertete Eignung für das Amt des Vizepräsidenten des Landgerichts … aufweist und die leichten Vorteile des Antragstellers im Bereich der fachlichen Flexibilität gegenüber der beim Beigeladenen besser ausgeprägten, für die zu besetzende Leitungsfunktion besonders bedeutsame Führungs- und Organisationskompetenz nicht als durchschlagend bewertet werden. Aus den dokumentierten Erwägungen geht gemessen an den Anforderungen des Leistungsprinzips nachvollziehbar hervor, aus welchen Gründen die Bewerbung des Antragstellers keinen Erfolg hatte. Der Besetzungsbericht wurde dem Antragsteller zusammen mit der Mitteilung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 24. Juni 2021, dass seine Bewerbung nicht berücksichtigt wurde, am 1. Juli 2021 übermittelt. Das Schreiben erfüllte damit ausreichend den Zweck, den unterlegenen Bewerber in die Lage zu versetzen, sachgerecht darüber zu befinden, ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen seinen Bewerbungsverfahrensanspruch gegeben sind und er deshalb gegen die Entscheidung des Dienstherrn um gerichtlichen Eilrechtsschutz nachsuchen will (BVerwG, U.v. 30.8.2018 - 2 C 10.17 - juris Rn. 11; BVerwG, U.v. 4.11.2010 - 2 C 16.09 - juris Rn. 25). Der Antragsteller irrt, wenn er meint, der Antragsgegner sei gehindert, die Anlassbeurteilung vom 29. April 2021 bei der Auswahlentscheidung zugrunde zu legen, weil der dazu im Rahmen von zwei Gesprächen eingeholte mündliche Beurteilungsbeitrag des früheren Präsidenten des Landgerichts … nicht in Schriftform vorlag und deshalb nicht dem Auswahlvermerk beigefügt war. Der schriftlichen Dokumentation des bei der Erstellung der Anlassbeurteilung vom 29. April 2021 erholten mündlichen Beurteilungsbeitrags des früheren Präsidenten des Landgerichts … bedurfte es zur Erfüllung der rechtlichen Anforderungen an die ausreichende Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen der Auswahlentscheidung bereits deshalb nicht, weil der Beurteilungsbeitrag nicht schriftlich erfolgte und auch nicht in Schriftform erstellt werden musste. Daher kann dahinstehen, ob ein schriftlicher Beurteilungsbeitrag aufbewahrt werden muss und ob sich das Akteneinsichtsrecht des Antragstellers auf einen vorhandenen schriftlichen Beurteilungsbeitrag, auf den in der Auswahlentscheidung Bezug genommen wird, erstrecken würde (s. hierzu BVerwG, B.v. 20.11.2012 - 1 WB 4.12 - NVwZ-RR 2013, 885; VG Berlin, B.v. 31.3.2017 - 26 L 339.18 - juris Rn. 26).
40
Das Auswahlverfahren und die Auswahlentscheidung lassen auch im Übrigen keine Verletzung des aus Art. 33 Abs. 2 GG abzuleitenden rechtlichen Vorgaben erkennen. Der Antragsgegner hat hier insbesondere kein besonderes bzw. konstitutives Anforderungsprofil, dessen Nichterfüllung zu einem Ausschluss aus dem Leistungsvergleich hätte führen können, zur Anwendung gebracht, da die in der Ausschreibung in Bezug genommene AnfoRiStABek und deren Inhalte keine konstitutiven Anforderungselemente darstellen. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (B.v. 22.3.2018 - 3 CE 18.398 - juris Rn. 14) handelt es sich bei den Anforderungsprofilen für Richter und Staatsanwälte um ein zulässiges allgemein „beschreibendes“ Anforderungsprofil, das mögliche Bewerber über den Dienstposten und die sich aus diesem ergebenden Aufgaben informiert (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 22.3.2018 - 3 CE 18.398 - juris Rn. 6). Das beschreibende Anforderungsprofil erlangt insbesondere dann Bedeutung, wenn sich die Beurteilungen von Konkurrenten nicht (wesentlich) unterscheiden. In diesem Fall kann durch einen Vergleich der Bewerber anhand der auf den zu besetzenden Dienstposten bezogenen Anforderungen auf die in den einzelnen Beurteilungsmerkmalen erzielten Bewertungen abgestellt werden (sog. „Binnendifferenzierung“). Hier wurde lediglich in einem für die Auswahl nachrangigen Aspekt ein Vergleich der Bewertungen der Bewerber in den Einzelpunkten „fachliche Flexibilität“ und „Führungs- und Organisationskompetenz“ vorgenommen. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.
41
Der Antragsgegner durfte sich für die Auswahlentscheidung auch auf die anlässlich der Bewerbungen für die streitgegenständliche Stelle eingeholten Anlassbeurteilungen für den Antragsteller und den Beigeladenen stützen. Der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderte Leistungsvergleich der Bewerber um ein Beförderungsamt muss anhand aussagekräftiger, d.h. aktueller, hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen vorgenommen werden (BVerfG, B.v. 4.2.2016 - 2 BvR 2223/15 - NVwZ 2016, 764; BVerwG, B.v. 22.11.2012 - 2 VR 5.12 - juris Rn. 24 m.w.N.). Der im Auswahlverfahren unterlegene Mitbewerber hat zur Absicherung des Bewerbungsverfahrensanspruchs als Folge des Gebots des effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG auch einen grundsätzlichen Anspruch darauf, dass die für die Auswahlentscheidung maßgebliche dienstliche Beurteilung des ausgewählten Konkurrenten - ebenso wie eine als fehlerhaft angesehene eigene Beurteilung - einer inzidenten rechtlichen Überprüfung unterzogen wird (BVerfG, B.v. 2.10.2007 - 2 BvR 2457/04 - ZBR 2008, 164; BayVGH, B.v. 1.12.2015 - 3 CE 15.1947 - juris 29 m.w.N.; OVG NW, B.v. 7.6.2017 - 1 B 186/17 - juris Rn. 10).
42
Für die gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung maßgeblich. Das Recht auf effektiven Rechtschutz des unterlegenen Bewerbers gebietet hier insbesondere, dass das Nachschieben einer zusätzlichen neuen Begründung oder das Auswechseln von Gründen für die getroffene Auswahl durch den Dienstherrn im gerichtlichen Verfahren nicht statthaft sind (vgl. z.B. BVerwG, B.v. 20.11.2012 - 1 WB 4.12 - NVwZ-RR 2013, 885). Diese Vorgaben schließen allerdings nicht aus, dass die für die Auswahlentscheidung herangezogenen dienstlichen Beurteilungen - wie hier - im gerichtlichen Verfahren durch Stellungnahmen des Beurteilers oder anderer an deren Zustandekommen beteiligten Personen plausibilisiert werden. Die in der Stellungnahme des Beurteilers vom 22. September 2021 zum Beurteilungsverfahren und zum Inhalt der Gespräche mit dem früheren Landgerichtspräsidenten enthaltenen Äußerungen stellen eine solche zulässige Plausibilisierung dar. Dass damit die Auswahlentscheidung zulasten des Antragstellers nachträglich auf eine neue Grundlage gestellt worden wäre, ist zu verneinen, da in der Stellungnahme keine Aspekte enthalten sind, die im Ergebnis nicht bereits dem Auswahlvermerk entnommen werden könnten.
43
Auch wenn regelmäßig die periodisch erstellten dienstlichen Beurteilungen die Grundlage für Auswahlentscheidungen des Dienstherrn darstellen, da sie mit gleichen Beurteilungszeiträumen ein Höchstmaß an Chancengleichheit gewährleisten, ist es nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner hier für beide in die Auswahlentscheidung einzubeziehenden Beförderungsbewerber Anlassbeurteilungen erstellt hat. Anlassbeurteilungen (vgl. Art. 54 Abs. 1 Satz 1 LlbG) kommen als Entscheidungsgrundlage in Betracht, wenn für eine Personalentscheidung, wie insbesondere die Verleihung eines Beförderungsamts oder die Besetzung eines Beförderungsdienstpostens, eine dienstliche Beurteilung benötigt wird, für die in das Entscheidungsverfahren einbezogenen Bewerber jedoch keine aktuellen und ausreichend vergleichbaren periodischen Beurteilungen vorliegen (BayVGH, B.v. 14.8.2015 - 3 CE 15.993 - juris Rn. 24; Conrad in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand November 2021, Art. 56 LlbG Rn. 18 ff.).
44
Für den zum 1. Januar 2020 in ein Amt der Wertigkeit R2+AZ beförderten Antragsteller erfolgte die letztmalige periodische dienstliche Beurteilung 2016 im Statusamt R2, so dass zum Zeitpunkt seiner Bewerbung keine ausreichend aktuelle periodische dienstliche Beurteilung vorlag. Da die letzte (Anlass-)Beurteilung des (periodisch nicht mehr zu beurteilenden) Beigeladenen 2013 erfolgt war, bedurfte es auch bei ihm der Erstellung einer Anlassbeurteilung. Die Anfertigung von Anlassbeurteilungen entsprach damit den Vorgaben zur Erstellung von Anlassbeurteilungen von Art. 5 Abs. 1 Satz 3 BayRiStAG i.V.m. Ziffer 7.1 der Gemeinsamen Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien der Justiz, des Innern, für Bau und Verkehr, der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat sowie für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 26. März 2015 (GemBek - JMBl S. 18). Anlassbeurteilungen sind periodischen Beurteilungen grundsätzlich als gleichwertig anzusehen und deshalb untereinander ohne weiteres vergleichbar (BayVGH, B.v. 14.8.2015 - 3 CE 15.993 - juris Rn. 24; B.v. 28.10.2013 - 3 CE 13.1518 - juris Rn. 32).
45
Für die Anwendbarkeit der GemBek ist irrelevant, dass mit Inkrafttreten des Bayerischen Richter- und Staatsanwaltsgesetzes (BayRiStAG) Art. 63 LlbG, auf dem die GemBek beruht, aufgehoben worden ist. Der Wegfall einer gesetzlichen Ermächtigung zum Richtlinienerlass führt nicht zugleich zum Wegfall der auf dieser Ermächtigung beruhenden Bekanntmachung. So hat das Bundesverwaltungsgericht (U.v. 23.4.1997 - 11 C 4.96 - juris Rn. 12) entschieden, dass der Wegfall einer gesetzlichen Verordnungsermächtigung grundsätzlich nicht zugleich zum Wegfall einer auf dieser Ermächtigung beruhenden Verordnung führt. Das Bundesverfassungsgericht (B.v. 23.3.1977 - 2 BvR 812/74 - juris Rn. 26) hat vergleichbar im Falle des Wegfalls einer Ermächtigungsgrundlage für eine kommunale Satzung entschieden. Deshalb ist auch hier kein Grund ersichtlich, weshalb für den Fall einer Richtlinienermächtigung anderes gelten sollte. Hinzukommt, dass - wie auch in dem der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. April 1997 (a.a.O.) zugrundeliegenden Fall - die Regelung des Art. 63 LlbG inhaltsgleich und lediglich redaktionell geändert in Art. 5 Abs. 5 Satz 1 BayRiStAG überführt wurde (vgl. Gesetzesbegründung zu Art. 5 BayRiStAG, LT-Drs. 17/18836).
46
An den sich aus den gesetzlichen Bestimmungen und den dazu erlassenen Richtlinien ergebenden Anforderungen gemessen, sind die verfahrensgegenständlichen Anlassbeurteilungen bezogen auf den gewählten Beurteilungszeitraum rechtlich nicht zu beanstanden und inhaltlich vergleichbar. Der für die Anlassbeurteilungen gewählte Beurteilungszeitraum vom 1. Januar 2016 bis 29. April 2021 bzw. bis 5. Mai 2021 korrespondiert mit dem Zeitraum der für den Antragsteller vorliegenden letzten periodischen Beurteilung und gewährleistet die größtmögliche Vergleichbarkeit der Beurteilungsergebnisse. Bei einer aus Anlass der Besetzung einer Beförderungsstelle erstellten Beurteilung verlangt das Gebot der größtmöglichen Vergleichbarkeit, den Beurteilungszeitraum so zu wählen, dass er mit den Beurteilungszeiträumen der Beurteilungen der anderen Bewerber im Wesentlichen übereinstimmt, da nur so eine vergleichbare Aussagekraft der Anlassbeurteilung im Vergleich zu den anderen Bewerbern gewährleistet wird (BayVGH, B.v. 14.8.2015 - 3 CE 15.993 - juris Rn. 26 m.w.N.). Dass sich der Beurteilungszeitraum der Anlassbeurteilungen wohl aufgrund variierender Eröffnungszeitpunkte geringfügig unterscheidet, stellt deren Vergleichbarkeit nicht in Frage, da es sich lediglich um eine Abweichung von wenigen Tagen handelt, was hinsichtlich des gesamten Beurteilungszeitraums von über fünf Jahren vernachlässigt werden kann.
47
Die der Auswahlentscheidung zugrunde gelegten dienstlichen (Anlass-)Beurteilungen sind formell ordnungsgemäß zustande gekommen und sind gemessen an den sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden Maßstäben auch inhaltlich in der Lage die getroffene Auswahlentscheidung vom 10. Juni 2021 zugunsten des Beigeladenen zu tragen.
48
Dienstliche Beurteilungen sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs aufgrund der Beurteilungsermächtigung des Dienstherrn nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich. Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle von Beurteilungen beschränkt sich auf die Prüfung, ob und inwieweit der Beurteiler einen unrichtigen und unvollständigen Sachverhalt zugrunde gelegt hat, ob er den gesetzlichen Rahmen oder anzuwendende Begriffe verkannt hat, ob er allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat oder ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten ist (BayVGH, B.v. 2.12.2015 - 3 CE 15.2122 - juris Rn. 25 m.w.N.). Soweit der Dienstherr Richtlinien für die Abfassung der dienstlichen Beurteilung erlassen hat, ist vom Gericht zudem zu prüfen, ob diese Richtlinien eingehalten sind und ob die Richtlinien mit den normativen Regelungen über die dienstliche Beurteilung im Einklang stehen (BVerwG, U.v. 21.3.2007 - 2 C 2.06 - juris Rn. 7; U.v. 19.12.2002 - 2 C 31.01 - juris und U.v. 30.4.1981 - 2 C 8.79 - juris).
49
Maßstabbildende Rechtsgrundlagen für die dienstlichen Beurteilungen sind Art. 5 BayRiStAG, Art. 54 ff. LlbG, die GemBek sowie Abschnitt 3 der VV-BeamtR. Die dienstlichen Beurteilungen sind hier auch unter Beachtung der einschlägigen Verfahrensvorschriften zustande gekommen. Gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 BayRiStAG i.V.m. Ziffer 2.1, Ziffer 11.1 der GemBek wurden die Anlassbeurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen durch den unmittelbaren Dienstvorgesetzten, hier den Präsidenten des Landgerichts, als zuständigem Beurteiler erstellt. Die entsprechend den inhaltlichen Vorgaben, insbesondere gemäß Ziffer 3 und Ziffer 4 der GemBek, erstellten Beurteilungen lassen insoweit rechtliche Mängel nicht erkennen. Die Beurteilungen wurden dem Antragsteller und den Beigeladenen gemäß Art. 61 Abs. 1 Satz 1 LlbG i.V.m. Ziffer 11.3.1 Satz 1 der GemBek eröffnet.
50
Dass zwischen dem Beurteiler und dem Antragsteller bereits im Vorfeld der Beurteilungserstellung ein Austausch über den Inhalt der Anlassbeurteilung stattgefunden hat, in dem vom Antragsteller mit E-Mail vom 12. April 2021 u.a. seine Tätigkeiten während der letzten fünf Jahre dargestellt sowie eigeninitiativ seine Vorstellungen zum Inhalt der Anlassbeurteilung einschließlich des nach seiner Einschätzung zu vergebenden Gesamturteils kommuniziert wurden und am 16. April 2021 ein längeres „Beurteilungsgespräch“ zwischen dem Beurteiler und dem Antragsteller stattfand, ist von Ziffer 11.3.2 GemBek gedeckt, der es dem Dienstvorgesetzten erlaubt, mit dem zu beurteilenden Richter bereits vor der Erstellung der Beurteilung ein Gespräch zu führen, bei dem die voraussichtliche Bewertung der Fähigkeiten und des Leistungsstandes erörtert werden. Dass der Inhalt solcher Gespräche schriftlich dokumentiert werden müsste, ist weder den Beurteilungsrichtlinien zu entnehmen, noch lässt sich dies aus der verfahrensrechtlichen Dimension von Art. 33 Abs. 2 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG ableiten.
51
Der Antragsteller hat nach den Einlassungen des Beurteilers im Schreiben vom 22. September 2021 bei und nach der Eröffnung der Beurteilung am 29. April 2021 auch keine Einwendungen im Sinn von Ziffer 11.3.4 GemBek gegen die Beurteilung erhoben, so dass eine Äußerung des Beurteilers hierzu bzw. eine Überprüfung der Beurteilung nicht veranlasst waren. Die Ausführungen des Antragstellers in der dem Beurteiler per E-Mail am 12. April 2021 zugeleiteten Stellungnahme können nicht als - für den Fall der Vergabe eines nicht den Erwartungen entsprechenden Gesamturteils - vorsorglich vorab (bedingt) erhobene Einwendungen betrachtet werden, da Einwendungen im Rechtssinn das Vorliegen einer eröffneten Beurteilung voraussetzen (s. hierzu BVerwG, B.v. 8.12.1977 - VII B 76.77 - NJW 1978, 1870; OVG NW, B.v. 5.5.1995 - 10 B 894/95 - NVwZ-RR 1996, 184; Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 69 Rn. 2).
52
Die Anlassbeurteilung ist auch im Hinblick auf den Zeitraum 1. Januar 2016 bis 31. Mai 2020, in dem Landgerichtspräsident a.D. … Dienstvorgesetzter des Antragstellers war, rechtlich ordnungsgemäß zustande gekommen und inhaltlich ausreichend plausibilisiert. Da der Beurteiler für diesen Zeitraum keine eigenen Erkenntnisse zu Eignung, Leistung und Befähigung des Antragstellers hatte, war er verpflichtet, sich entsprechende Kenntnisse zu verschaffen und (zumindest) den seinerzeitigen, bereits in Ruhestand befindlichen Dienstvorgesetzten um eine Einschätzung hierzu zu ersuchen (BVerwG, U.v. 28.1.2016 - 2 A 1.14 - NVwZ 2016, 1654 m.w.N.; Conrad in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand November 2021, Art. 60 LlbG Rn. 18). Dieser Verpflichtung ist der Beurteiler hier in rechtlich nicht zu beanstandender Weise nachgekommen. Eine Verschriftlichung des bei zwei Gesprächen mündlich eingeholten Beurteilungsbeitrags des früheren Präsidenten des Landgerichts … war nicht erforderlich (vgl. z.B. OVG Berlin-Bbg, B.v. 24.9.2018 - OVG 10 S 29.18 - juris Rn. 4; VG München, B.v. 18.1.2017 - M 5 E 16.4758 - juris Rn. 25). Ein Beurteilungsbeitrag kann mündlich erstattet bzw. eingeholt werden (zuletzt z.B. BVerwG, U.v. 9.9.2021 - 2 A 3.20 - juris Rn. 32, U.v. 1.3.2018 - 2 A 10.17 - juris Rn. 22; OVG NW, B.v. 16.2.2022 - 6 B 97/21 - juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 18.1.2016 - 3 ZB 13.1994 - juris Rn. 11; U.v. 7.5.2014 - 3 BV 12.2594 - juris). Als bloße Vorbereitungsakte, die in die Beurteilung einfließen und integriert werden, sind schriftliche Beurteilungsbeiträge und -entwürfe zwar ggf. bis zur Beendigung von Rechtsstreitigkeiten über die Rechtmäßigkeit darauf beruhender dienstlicher Beurteilungen aufzubewahren (so BVerwG, U.v. 1.3.2018 - 2 A 10.17 - BVerwGE 161, 240), eine Aufnahme in die Personalakte ist jedoch nicht veranlasst (BVerwG, U.v. 2.4.1981 - 2 C 34.79 - ZBR 1981, 341; BayVGH, B.v. 13.9.2019 - 3 CE 19.866 - juris Rn. 9; Konrad in Keck/Puchta/Konrad, Laufbahnrecht in Bayern, Stand März 2020, Art. 61 LlbG Rn. 26; Zängl in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand November 2021, Art. 61 LlbG Rn. 19).
53
Die Beurteilung des Antragstellers enthält zum einen die zur Begründung nötigen verbalen Ausführungen und erfährt zum anderen durch die im gerichtlichen Verfahren vom Antragsgegner eingeführte schriftliche Stellungnahme des Beurteilers vom 22. September 2021 (allgemein zur Zulässigkeit von erläuternden Schreiben im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vgl. BayVGH, B.v. 22.3.2018 - 3 CE 18.398 - juris Rn. 16) gerade in Bezug auf die Zeit vom 1. Januar 2016 bis 31. Mai 2020 eine hinreichende Plausibilisierung, auf welcher Grundlage das Werturteil gefällt wurde. Soweit darin vom Beurteiler mitgeteilt wurde, dass er die Stellungnahme des Antragstellers vom 12. April 2021 seinem Amtsvorgänger weitergeleitet und mit diesem zwei „sehr ausführliche“ Gespräche geführt hat, in denen … seine Eindrücke aus verschiedenen Verhandlungsbesuchen geschildert hat und auch in der Lage war, sehr differenzierte Angaben zur Leistung des Antragstellers während seiner Amtszeit zu machen, genügt dies vor dem Hintergrund, dass nach den Angaben des Beurteilers zwischen seinem Amtsvorgänger und ihm Einigkeit über die zu vergebende Punktzahl, die Verwendungseignung sowie die individuellen Stärken und Schwächen bestanden hat, für eine hinreichende Schlüssigkeit des Inhalts der dienstlichen Beurteilung vom 29. April 2021. Eine Erläuterung und Plausibilisierung der Anlassbeurteilung im Hinblick auf Abweichungen von den Inhalten des Beurteilungsbeitrags war hier nicht veranlasst, da nach den Darlegungen des Beurteilers zwischen seinem Amtsvorgänger und ihm Einigkeit über die zu vergebende Punktzahl, die Verwendungseignung sowie die individuellen Stärken und Schwächen des Antragstellers geherrscht habe und dieser den Beurteilungsbeitrag damit „übernommen“ hat (s. hierzu HessVGH, B.v. 19.12.2018 - 1 B 1165/18 - DRiZ 2019, 230). .
54
Die vom Antragsteller in Bezug auf die Anlassbeurteilung vom 29. April 2021 behauptete „signifikante“ Verschlechterung in zentralen Punkten im Vergleich mit Vorbeurteilungen (z.B. bei der „Kommunikationsfähigkeit“) stellt die Verwertbarkeit der Anlassbeurteilung im Auswahlverfahren nicht in Frage, da dieses Vorbringen nicht in ausreichender Weise substantiiert wurde. Weder die Anlassbeurteilung selbst noch die der Anlassbeurteilung vorhergehende periodische Beurteilung 17. Mai 2016, die von Landgerichtspräsident a.D. … erstellt wurde, verhalten sich näher zum Aspekt der „Kommunikationsfähigkeit“, so dass die für die Beantwortung der Frage, ob eine Verschlechterung zu konstatieren ist, notwendige vergleichende Betrachtung der jeweils verwendeten (ohnehin ausschließlich sehr positiv formulierten) verbalen Beschreibungen insoweit nicht vorgenommen werden kann. Falls andere Beurteilungselemente gemeint sein sollten, die auch die Eignung, Leistung und Befähigung des Antragstellers beschreiben (vgl. Ziffer 3 der GemBek), wird aus dem nicht weiter konkretisierten Vorbringen des Antragstellers nicht deutlich, welche Beurteilungsmerkmale betroffen sein könnten, da die in den gegenüber zu stellenden Beurteilungen jeweils enthaltenen Formulierungen eine „signifikante“ Verschlechterung nicht erkennen lassen. Ein Plausibilisierungsdefizit, bei dem der Dienstherr die materielle Beweislast zu tragen hätte (BVerwG, U.v. 1.3.2018 - 2 A 10.17 - juris Rn. 33), kann bei der gegebenen Sachlage ebenfalls nicht festgestellt werden.
55
Hinsichtlich der vom Antragsteller bemängelten unterlassenen Berücksichtigung der Entscheidung vom … zum Straftatbestand der Volksverhetzung in den „Ergänzenden Bemerkungen“ der Anlassbeurteilung ist - abgesehen davon, dass die Entscheidung vom Antragsteller trotz entsprechender Anfrage des Beurteilers im Vorfeld der Beurteilungserstellung nicht als besonders bedeutsam genannt worden ist - festzustellen, dass es im Beurteilungsermessen des Beurteilers liegt, ob und wie er diesen Umstand in der dienstlichen Beurteilung würdigt. Er ist nach Maßgabe von Ziffer 3.4 der GemBek und der in Bezug genommenen Bestimmungen der VV-BeamtR, der Regelungen zum Inhalt der „Ergänzenden Bemerkungen“ enthält, nicht verpflichtet, diese Entscheidung in den „Ergänzenden Bemerkungen“ aufzuführen und dadurch besonders hervorzuheben.
56
Der Vortrag des Antragstellers, die Anlassbeurteilung vom 29. April 2021 sei rechtswidrig, weil ihm in Gesprächen mit dem Justizministerium und mit dem Oberlandesgericht … eine zukünftig zu erstellende dienstliche Beurteilung mit einem Gesamturteil von 14 Punkten in Aussicht gestellt worden sei, greift nicht durch, da der Antragsteller diese Zusicherung nicht weiter belegt hat und dies sowohl vom Antragsgegner im Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 24. September 2021 als auch vom Präsidenten des Oberlandesgerichts … in seiner Stellungnahme vom 23. September 2021 auch ausdrücklich in Abrede gestellt wurde.
57
Soweit der Antragsteller gegenüber der Anlassbeurteilung des Beigeladenen moniert, diese hätte nicht verwendet werden dürfen, da es „Beanstandungen“ gegeben habe, stellt diese Rüge die Verwendbarkeit der Beurteilung nicht in Frage, da es sich lediglich um ein pauschales Vorbringen handelt, das den insoweit zu stellenden Mindestanforderungen nicht entspricht. Auch wenn die dienstliche Beurteilung eines Mitbewerbers beanstandet wird, muss konkret dargelegt werden, aus welchem Grund die Beurteilung fehlerhaft ist und warum dieser Mangel auf das Ergebnis der Auswahlentscheidung durchschlägt (BayVGH, B.v. 28.2.2014 - 3 CE 14.32 - juris Rn. 28; VG München, B.v. 18.8.2020 - M 5 E 20.896 - juris Rn. 40). Die bloße Rüge, es habe „Beanstandungen“ gegeben, ohne dies näher auszuführen, bedingt keine Geltendmachung eines durchgreifenden Mangels der dienstlichen Beurteilung, die Anlass zu einer weitergehenden gerichtlichen Überprüfung geben kann.
58
Der Präsident des Oberlandesgerichts … hat daher in seinem Besetzungsbericht vom 10. Mai 2021 letztlich rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Antragsteller dem nach Leistung, Eignung und Befähigung noch qualifizierteren Beigeladenen den Vortritt lassen muss, da dem Beigeladenen mit 14 Punkten ein - im gleichen Statusamt wie der Antragsteller erreichtes - höheres Gesamtprädikat in der aktuellen Beurteilung zuerkannt wurde und er damit einen Leistungsvorsprung aufweist, der eine Ausdifferenzierung der Beurteilungen anhand der Bewertungen von Einzelmerkmalen (sog. Binnendifferenzierung) verzichtbar werden lässt (BayVGH, B.v. 17.8.2017 - 3 CE 17.815 - juris Rn. 53 ff.). Es ist nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner die bessere Qualifikation des Beigeladenen letztlich bereits aus dem bei gleichem Statusamt höheren Gesamturteil in den Anlassbeurteilungen hergeleitet hat. Der Beigeladene verfügt im Übrigen auch über eine (noch) bessere Verwendungseignung. Da die getroffene Auswahlentscheidung selbst bei Berücksichtigung der besseren Bewertung des Antragstellers im Einzelmerkmal „fachliche Flexibilität“ im Ergebnis rechtmäßig ist, war der Antrag damit wegen fehlender Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs abzulehnen.
59
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und Abs. 3 VwGO. Gründe, den Beigeladenen zur Tragung von Kosten zu verpflichten, liegen nicht vor. Er hat sich mangels Antragstellung auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt (vgl. z.B. BVerwG, B.v. 21.12.2016 - 2 VR 1.16 - juris Rn. 45, BayVGH, B.v. 16.6.2020 - 3 CE 20.1118 - juris Rn. 6). Billigkeitsgründe, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen dem Antragsteller oder der Staatskasse aufzuerlegen, sind nicht ersichtlich (§ 162 Abs. 3 VwGO).
60
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr.1, Satz 2 bis 4 GKG. Der Streitwert beträgt im vorliegenden Fall ein Viertel der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge des vom Antragsteller angestrebten Amtes (R3), d.h. 25.334,37 EUR (3 x 8.444,79 EUR), mit Ausnahme von nicht ruhegehaltsfähigen Zulagen, wobei auch die in Art. 82 ff. BayBesG geregelte jährliche Sonderzahlung entsprechend anteilig (1.372,28 EUR) streitwerterhöhend Berücksichtigung findet (BayVGH, B.v. 10.1.2022 - 3 CE 21.2716 - juris Rn. 24; B.v. 5.11.2019 - 3 CE 19.1896 - juris Rn. 32).