Inhalt

VG Regensburg, Urteil v. 01.02.2022 – RN 6 K 19.1580
Titel:

Baugenehmigung für Gabionenwand und Aufschüttung im Außenbereich

Normenkette:
BauGB § 35 Abs. 2, Abs. 3 S. 1
Leitsätze:
1. Bei der Grenzziehung zwischen Innen- und Außenbereich ist maßgeblich, ob die besonderen topografischen oder geografischen Umstände den Eindruck der Geschlossenheit bzw. Zugehörigkeit einer Fläche zum Bebauungszusammenhang vermitteln. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die natürliche Eigenart der Landschaft (§ 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 BauGB) kann auch durch Zäune oder sonstige Einfriedungen beeinträchtigt werden, durch die die Landschaft durch trennende Elemente unterteilt wird. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Außenbereich, Gabionenwand, Aufschüttung, Bebauungszusammenhang, Belange des Naturschutzes, natürliche Eigenart der Landschaft
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 17.05.2022 – 15 ZB 22.832
Fundstelle:
BeckRS 2022, 12076

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung für eine bereits erfolgte Errichtung einer Gabionenwand und Aufschüttung auf dem Grundstück Flurnummer .../3 der Gemarkung D. (. ….).
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Nach einer Bestandserhebung und Kartierung des Baugrundstückes wurde dem Kläger mit Bescheid der Beklagten vom 19.04.2011 gemäß den vorgelegten Plänen eine Baugenehmigung für den Neubau eines Einfamilienwohnhauses mit Doppelgarage erteilt. Bestandteil der Baugenehmigung ist ein Freiflächengestaltungsplan, der die Gestaltung im unmittelbaren Umfeld des Bauvorhabens regelt und in dem unter anderem eine Böschung dargestellt ist. Während der Bauphase wurde eine räumliche Trennung - zum Beispiel durch Bauzaun - von Teilen des Grundstücks festgesetzt, die eine nach Art. 13 d Bayerisches Naturschutzgesetz (BayNatSchG) geschützte Wiesenvegetation aufwiesen. Im Rahmen der Bauausführung dürften die durch den Bauzaun abgeschirmten Flächen in keiner Weise beeinträchtigt, insbesondere weder befahren noch für die Lagerung vom Baumaterial verwendet werden (Ziffer 6 der Auflagen und Bedingungen). Der Bauherr wurde verpflichtet, für das Bauvorhaben unverzüglich, spätestens aber bis zur Aufnahme der Nutzung, einen mit der Unteren Naturschutzbehörde abgestimmten landschaftspflegerischen Begleitplan vorzulegen. Die sich daraus ergebenden naturschutzrechtlichen Ausgleichsmaßnahmen waren rechtlich zu sichern (Ziffer 4 der Auflagen und Bedingungen). In der Folge wurde eine von der Unteren Naturschutzbehörde akzeptierte Abhandlung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung vorgelegt. Hiernach ist eine Nutzung des Baugrundstücks als intensiv genutzter Garten mit naturnahem Schwimmteich und Rasen nur in einem Bereich bis zur vormals durch Bauzaun abgetrennten Fläche (ca. 12 Meter von der Hauskante entfernt) möglich. Im dahinterliegenden Bereich ist eine Gestaltung als Extensivwiese mit offener Grabenmulde und seggenreicher Nasswiesenvegetation dargestellt.
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Anlässlich einer Ortseinsicht am 29.11.2017 wurde festgestellt, dass der Kläger entgegen dem genehmigten Freiflächenplan eine 75 m lange Gabionenwand errichtet sowie von der Darstellung in der Baugenehmigung abweichende Auffüllungen vorgenommen hatte.
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Mit Schreiben der Beklagten vom 29.12.2017 wurde der Kläger aufgefordert, einen angepassten Bauantrag mit entsprechenden Planunterlagen, insbesondere einer angepassten Abhandlung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung einzureichen. Er wurde darauf hingewiesen, dass sich aufgrund des hohen naturschutzfachlichen Wertes der entsprechenden Flächen im Genehmigungsverfahren ergeben könne, dass die durchgeführten Baumaßnahmen nicht genehmigungsfähig seien und die gegenständlichen Flächen daher eventuell wieder in ihren ursprünglichen Zustand umgewandelt werden müssten.
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Der Kläger beantragte am 14.03.2018 eine Baugenehmigung für die Errichtung einer Gabionenwand und Geländeauffüllung.
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Nach einer naturschutzfachlichen Stellungnahme des Landratsamts D. vom 07.06.2018 stelle das Vorhaben einen erheblichen Eingriff gemäß § 14 Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) dar. Im Bereich des Vorhabens befänden sich gemäß § 30 BNatSchG geschützte Biotope sowie gemäß Art. 16 BayNatSchG geschützte Gehölzbereiche. Ehemals sei das naturschutzfachliche Einverständnis für das Vorhaben auf der Flurnummer nur deshalb gegeben worden, da die Abhandlung der Eingriffsregelung und der Freiflächengestaltungsplan entsprechende Auflagen und Vorgaben bezüglich des Schutzes des bestehenden Biotops, Ausgleichsmaßnahmen etc., beinhaltet hätten. Diese seien vollumfänglich zu berücksichtigen und umzusetzen. Die bereits gebaute Wand und die Auffüllungen widersprächen den Auflagen aus dem Bescheid. Durch die Veränderungen der Gestalt der Grundfläche und der Veränderung der belebten Bodenschicht werde die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts und das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt. Gemäß § 30 Abs. 2 Nr. 2 BNatSchG seien Handlungen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung führen könnten, verboten. Eine Ausnahme liege nicht vor. Ein Ausgleich an Ort und Stelle bzw. im funktionalen Zusammenhang sei nicht möglich. Das Vorhaben sei auch nicht aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig. Die Voraussetzungen einer Befreiung gemäß § 67 BNatSchG seien aus naturschutzfachlicher Sicht nicht ersichtlich, da ein überwiegendes öffentliches Interesse für die Erstellung einer Gabionenwand nicht vorliege. Es werde erheblich in die bestehende Ausgleichsfläche, welche seit 2011 gemeldet sei, eingegriffen. Aus naturschutzfachlicher Sicht sei das Vorhaben nicht genehmigungsfähig.
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Mit Bescheid der Beklagten vom 20.11.2018 wurde der Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung abgelehnt. Das Vorhaben beeinträchtige verschiedene öffentliche Belange, weil es den Darstellungen des Flächennutzungs- und des Landschaftsplanes widerspreche, Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege (sowohl in städtebaurechtlicher wie auch in naturschutzrechtlichen Hinsicht) sowie die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtige, und das Orts- und Landschaftsbild verunstaltete (§ 35 Abs. 3 Nrn. 1, 2 und 5 Baugesetzbuch - BauGB). Dieser öffentlich-rechtlichen Unzulässigkeit könne auch nicht durch geeignete und zulässige Nebenbestimmungen begegnet werden.
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Am 19.12.2018 hat der Kläger Klage gegen den Bescheid mit dem Ziel der Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung erheben lassen.
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Die Beauftragung eines Landschaftsarchitekten sei zunächst aufgrund gesundheitlicher Probleme des Klägers nicht zustande gekommen, jedoch später erfolgt. Die geführten Verhandlungen mit der Unteren Naturschutzbehörde hätten zu keinem positiven Ergebnis geführt. Es müsse möglich sein, durch eine Modifizierung des Bauantrags bzw. der gegebenen Situation im Gelände und in der Natur einen Zustand zu erreichen, der sowohl die Zustimmung der Unteren Naturschutzbehörde wie auch der Stadt D. finde. Die Fläche, die aufgefüllt worden sei, sei lediglich ca. 50 m² groß. Bei einer Gesamtgrundstücksfläche von 6000 m² erscheine diese Teilfläche auch unter Berücksichtigung naturschutzrechtlicher Bestimmungen nicht entscheidend relevant. Der Kläger sei davon ausgegangen, dass das Errichten einer Gabionenwand ausschließlich mit Naturprodukten im Interesse des Naturschutzes liege und deshalb nicht beanstandet werde. Die Beklagte sei selbst davon ausgegangen, dass eine Baugenehmigungsfähigkeit bestehe und durch entsprechende Absprachen bzw. Maßnahmen den Belangen der Unteren Naturschutzbehörde ausreichend Rechnung getragen werden könne. Aus der Klageerwiderung ergäben sich keine sachlichen Gründe dafür, dass die Untere Naturschutzbehörde keine Alternative sehe, die Belange durch entsprechende Maßnahmen auszugleichen.
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Der Kläger lässt beantragen,
den Bescheid der Beklagten vom 20.11.2018 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger die beantragte Baugenehmigung für die Errichtung einer Gabionenwand und Geländeauffüllung auf dem Grundstück …, 9... D. zu erteilen.
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Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Die Errichtung der Anlagen bedürfe einer Baugenehmigung. Die durch die Mauer und die Aufschüttung überbaute Fläche liege im Außenbereich. Im Flächennutzungsplan der Beklagten sei das Grundstück im Nordosten als Grünfläche und im Südwesten als Waldfläche dargestellt, ebenso im wirksamen Landschaftsplan. Das beantragte Bauvorhaben sei im Außenbereich weder privilegiert noch begünstigt. Es sei daher nach Bauplanungsrecht als sonstiges Vorhaben zu beurteilen. Es beeinträchtige verschiedene öffentliche Belange. Es widerspreche den Darstellungen des Flächennutzungsplans- und des Landschaftsplanes, beeinträchtige Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowohl in städtebaurechtlicher wie in naturschutzrechtlicher Hinsicht sowie die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert und verunstalte das Orts- und Landschaftsbild. Nach Ansicht der Unteren Naturschutzbehörde sei der Eingriff durch die bereits begonnene Baumaßnahme nicht ausgleichbar und somit rechtswidrig. Das beantragte Bauvorhaben sei nach Bauplanungsrecht unzulässig. Die Größe der Aufschüttung von 50 m² sei dafür nicht ausschlaggebend. Andere Tatbestände, die eine Genehmigungsfähigkeit für das bereits in Teilen umgesetzte Bauvorhaben begründen ließen, seien nicht ersichtlich. Es falle nicht in die Zuständigkeit der Beklagten, naturschutzfachliche Belange zu prüfen. Die eingeräumte Möglichkeit, sich mit einem Landschaftsarchitekten an die Untere Naturschutzbehörde zu wenden, impliziere nicht die vorweggenommene Annahme der Baugenehmigungsfähigkeit der Anlage durch die Beklagte. Es lägen keine Gründe vor, die fachliche Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde hinsichtlich der fehlenden Möglichkeit von Ausgleichsmaßnahmen anzuzweifeln. Wenn sich aus der Sicht der Fachbehörde keine Alternativen zu einem Ausgleich für den bereits getätigten Eingriff ergäben, könne sich die Beklagte darüber nicht ohne sachliche Gründe hinwegsetzen.
13
Das Gericht hat zur Feststellung der örtlichen Verhältnisse auf dem Baugrundstück und dessen Umgebung am 24.07.2020 durch die Berichterstatterin einen Augenschein eingenommen.
14
Im Übrigen wird auf den Inhalt der beigezogenen Behördenakten (B-20..-..., B-20..-..), der gewechselten Schriftsätze und der Protokolle über den Beweistermin am 24.07.2020 und die mündliche Verhandlung am 01.02.2022 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 22.11.2018 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, da ihm kein Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung für die Errichtung einer Gabionenwand und Aufschüttung im südwestlichen Bereich des Grundstücks Fl.Nr. .../3, Gemarkung D. zusteht (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO). Das Bauvorhaben, das im Außenbereich errichtet ist, beeinträchtigt öffentliche Belange, § 35 Abs. 2 BauGB.
16
Das Vorhaben ist als Gesamtmaßnahme genehmigungsbedürftig. Eine Verfahrensfreiheit nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 a Bayerische Bauordnung (BayBO) liegt nicht vor, da sich die Gabionenwand, die als Stützmauer dient, im Außenbereich befindet. Unabhängig davon weist sie in weiten Teilen eine Höhe von mehr als 2 Meter auf.
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Die streitgegenständliche Baugenehmigung ist im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO zu erteilen, da ihr kein Sonderbau i.S.v. Art. 2 Abs. 4 Nrn. 1 bis 20 BayBO zu Grunde liegt. Im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren prüft die Bauaufsichtsbehörde nach Art. 59 Satz 1 BayBO die Übereinstimmung mit den Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach den §§ 29 bis 38 BauGB, mit den Vorschriften über Abstandsflächen nach Art. 6 BayBO und mit den Regelungen örtlicher Bauvorschriften im Sinn des Art. 81 Abs. 1 BayBO, beantragte Abweichungen im Sinn des Art. 63 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 BayBO sowie andere öffentlich-rechtliche Anforderungen, soweit wegen der Baugenehmigung eine Entscheidung nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entfällt, ersetzt oder eingeschlossen wird. Die Bauaufsichtsbehörde darf den Bauantrag auch ablehnen, wenn das Bauvorhaben gegen sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt (Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO).
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Die beantragte Errichtung der Gabionenwand einschließlich der Auffüllung ist bauplanungsrechtlich unzulässig.
19
Der Bereich des klägerischen Grundstücks, in dem das Bauvorhaben verwirklicht werden soll, liegt weder im Geltungsbereich eines Bebauungsplans (§ 30 BauGB) noch innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils (§ 34 BauGB). Bei der Grenzziehung zwischen Innen- und Außenbereich ist maßgeblich, ob die besonderen topografischen oder geografischen Umstände den Eindruck der Geschlossenheit bzw. Zugehörigkeit einer Fläche zum Bebauungszusammenhang vermitteln (BVerwG, U.v. 29.11.1974 - 4 C 10.73 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 46; BVerwG, U.v. 14.11.1991 - 4 C 1.91 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 236). Ein Bebauungszusammenhang muss zwar nicht unmittelbar mit dem letzten Baukörper enden, es verbietet sich jedoch umgekehrt auch die Annahme, dass notwendigerweise das letzte Grundstück in seinem gesamten Umfang vom Zusammenhang erfasst wird (BVerwG, U.v. 6.11.1968 - 4 C 47.68 - Buchholz 406.11 § 19 BBauG Nr. 20 = juris, Rn. 19; BVerwG, U.v. 3.3.1972 - 4 C 4.69 - BRS 25 Nr. 39 = juris, Rn. 17). Wie weit der Bebauungszusammenhang im Einzelfall reicht, kann daher stets nur das Ergebnis einer Bewertung des konkreten Sachverhalts sein. Sofern sich bei dieser Einzelfallbetrachtung keine tragfähigen Argumente finden lassen, mit denen sich die Anwendbarkeit der Vorschriften über den unbeplanten Innenbereich rechtfertigen lässt und die Fläche deshalb als noch zum Bebauungszusammenhang gehörig erscheinen lassen, endet der Bebauungszusammenhang regelmäßig mit dem letzten Haus (BVerwG, U.v. 14.12.1973 - 4 C 48.72 - Buchholz 406.11 § 19 BBauG Nr. 30 = juris Rn. 29, B.v. 18.12.1987 - 4 B 249.87 - juris Rn. 1).
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Vorliegend ist das Gericht aufgrund der eingesehenen, im Augenscheinstermin gefertigten Lichtbilder sowie der Lagepläne unter Berücksichtigung der konkreten örtlichen Gegebenheiten zu der Überzeugung gelangt, dass der maßgebliche Grundstücksbereich dem bauplanungsrechtlichen Außenbereich zuzuordnen ist. Die an das Bauvorhaben anschließenden Bereiche sind außerhalb des klägerischen Grundstücks unbebaut und durch natürliche Landschaft einschließlich des im Landschaftsplan dargestellten Biotops geprägt. Im hier in Frage stehenden südlichen und westlichen Bereich des klägerischen Grundstücks befindet sich bereits nach dem vom Kläger vorgelegten Eingabeplan vom 13.03.2018 ein ursprünglich naturbelassener Bereich, der im Ökoflächenkataster kartiert ist. Maßstabsbildende Bebauung oder topographische Besonderheiten, die einen Bebauungszusammenhang zu dem Wohnhaus des Klägers herstellen könnten, sind nicht vorhanden. Demnach endet der im Zusammenhang bebaute Ortsteil unmittelbar hinter der westlichen Außenmauer und der Terrasse des Wohnhauses des Klägers. Gleichermaßen kann auch die Bebauung auf dem südlich benachbarten Grundstück Fl.Nr. .../8 Gemarkung D. insoweit keinen Bebauungszusammenhang herstellen, da sie in einer Linie mit dem Gebäude des Klägers endet. Gleiches gilt für das auf dem Grundstück befindliche, nicht im Eingabeplan dargestellte Schwimmbecken, das ohne Genehmigung errichtet wurde, deutlich näher am Gebäude liegt und darüber hinaus bereits mangels einer maßstabsbildenden Eigenschaft keinen Bebauungszusammenhang herstellen kann. Topographische Besonderheiten oder sonstige Gesichtspunkte, die eine Teilnahme des ohne die entsprechende Genehmigung unter Errichtung einer Stützmauer aufgefüllten Grundstücksteils am Innenbereich nahelegen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Darauf, dass dem Kläger mit Baugenehmigung vom 19.04.2011 in einem Bereich bis zur vormals durch Bauzaun abgetrennten Fläche (ca. 12 Meter von der Hauskante entfernt) eine Nutzung des Baugrundstücks als intensiv genutzter Garten mit naturnahem Schwimmteich und Rasen zugestanden wurde, kann es bereits deshalb nicht ankommen, da das hier streitgegenständliche Bauvorhaben im Wesentlichen in einem Bereich liegt, der im landschaftspflegerischen Begleitplan zur vorgenannten Baugenehmigung als eine Extensivwiese mit offener Grabenmulde und seggenreicher Nasswiesenvegetation dargestellt ist.
21
Dem nicht im Außenbereich privilegierten Vorhaben stehen öffentliche Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB entgegen.
22
Das Vorhaben widerspricht den Darstellungen des Flächennutzungsplans (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB) und dem Landschaftsplan (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauGB) der Beklagten, der für das Baugrundstück eine Grünfläche - Ortsrandeingrünung darstellt (siehe auch naturschutzfachliche Abhandlung zum Vorhaben B - 2010 - 58 vom Oktober 2011, S. 4). Dass diese Darstellungen im hier maßgeblichen Bereich funktionslos oder überholt wären, ist nicht ersichtlich.
23
Das Bauvorhaben beeinträchtigt Belange des Naturschutzes (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB), da es sich nach den Bauvorlagen in einem im Ökoflächenkataster aufgeführten Bereich befindet. Insoweit wird auf die naturschutzfachliche Stellungnahme des Landratsamts D. vom 07.06.2018 Bezug genommen, wonach durch die Erstellung der Gabionenwand erheblich in das bestehende, gem. § 30 BNatSchG geschützte Biotop „Nasswiesenreste bei M.“ sowie in den Graben eingegriffen wird. Nach der Stellungnahme des Vertreters der Unteren Naturschutzbehörde in der mündlichen Verhandlung ist die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands naturschutzfachlich erforderlich.
24
Das Vorhaben beeinträchtigt ferner die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Zweck dieses Belanges ist es, den Außenbereich mit seiner naturgegebenen Bodennutzung, namentlich der Nutzung für Land- und Forstwirtschaft sowie der Erholung, für die Allgemeinheit zu erhalten (vgl. BayVGH, B.v. 28.12.2016 - 15 CS 16.1774 - juris). Der Außenbereich soll von einer wesensfremden Nutzung - wie vorliegend die Errichtung der Wand - unabhängig von den dabei verwendeten Materialien, freigehalten werden.
25
Das Vorhaben widerspricht der naturgemäßen Nutzungsweise der Landschaft und ist deshalb an diesem Standort wesensfremd. Zwar ist im Außenbereich insbesondere die der Landschaft entsprechende Bodennutzung sowie die der Allgemeinheit zugängliche Erholungsmöglichkeit maßgeblich, jedoch darf der Belang nicht schematisch allen nur denkbaren Außenbereichsvorhaben entgegengehalten werden, erforderlich ist vielmehr stets eine auf den Einzelfall bezogene Prüfung, in welchem Umfang die jeweilige Landschaft der beschriebenen natürlichen Funktion noch gerecht wird (Jäde in: Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 35 Rn. 213a.a.O., Rn. 214). Dementsprechend liegt eine Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart dann nicht vor, wenn sich das Baugrundstück wegen seiner natürlichen Beschaffenheit weder für die Bodennutzung noch für Erholungszwecke eignet oder es seine Schutzwürdigkeit durch bereits erfolgte anderweitige Eingriffe eingebüßt hat (vgl. BVerwG, B.v. 8.7.1996 - 4 B 120.96 - juris). Eine solche Vorbelastung der Landschaft mit Bauten kann zur Folge haben, dass durch zusätzliche Vorhaben keine Beeinträchtigung eintritt (VGH Mannheim, U.v. 16.8.1990 - 8 S 994.90 - juris). Die natürliche Eigenart der Landschaft kann auch durch Zäune oder sonstige Einfriedungen beeinträchtigt werden, durch die die Landschaft durch trennende Elemente unterteilt wird (EZBK/Söfker, 143. EL August 2021, BauGB § 35 Rn. 97 unter Verweis auf BVerwG Beschluss vom 30.7.1971 - IV B 109.70; VGH München Urt. v. 14.4.1981 - 12 II 78, BRS 38 Nr. 106; Urt. v. 13.2.1987 - 14 B 83 A 594, UPR 1987, 445; OVG Koblenz Urt. v. 9.6.1983 - 1 A 31.82, BRS 40 Nr. 89; OVG Berlin Beschluss vom 19.7.2013 - OVG 2 N 31.11). Vorliegend ist das klägerische Grundstück gerade nicht durch eine bereits seit vielen Jahrzehnten vorhandene Bebauung vorgeprägt, so dass - wenn man sich den ohne die erforderliche Genehmigung erfolgten Eingriff wegdenkt - die Möglichkeit einer Nutzung für Erholungszwecke sowie auch eine anderweitige besondere Schutzwürdigkeit besteht. Es handelt es sich um eine zusätzliche Bebauung in den Außenbereich hinein, deren Folge ein erheblicher und bereits auf den ersten Blick wahrnehmbarer Eingriff in die natürliche Eigenart der Landschaft darstellt.
26
Weiter spricht auch einiges dafür, dass die massive Mauer mit mehr als 2 Meter Höhe und einer erheblichen Länge auch das in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB als öffentlicher Belang benannte Landschaftsbild verunstaltet, in dem mit seiner Errichtung der landschaftliche Gesamteindruck erheblich gestört wird. Dies kann jedoch im Hinblick auf die beschriebenen anderweitigen Beeinträchtigungen öffentlicher Belange im Ergebnis offenbleiben.
27
Eine Möglichkeit des Ausgleichs des Eingriffs wurde vom Kläger weder durch einen landschaftspflegerischen Begleitplan belegt, noch erscheint im Hinblick auf die Stellungnahme des Vertreters der Naturschutzbehörde in der mündlichen Verhandlung ein solcher möglich. Insoweit ist auch nicht erkennbar, dass die öffentlichen Belange hier hinter private Interessen des Klägers an einer nichtprivilegierten Bebauung im Außenbereich zurücktreten könnten.
28
Auf Grund der bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit kann dahingestellt bleiben, dass der Erteilung einer Baugenehmigung hier auch weitere öffentlich-rechtliche Vorschriften, namentlich des Naturschutzrechts, entgegenstehen.
29
Die Klage war nach alledem abzuweisen.
30
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO.