Inhalt

FG Nürnberg, Urteil v. 24.02.2022 – 6 K 1104/21
Titel:

Abgewiesene Klage im Streit um Rechtmäßigkeit einer Prüfungsanordnung

Normenketten:
EStG § 35
UStG § 22
FGO § 102
Schlagworte:
Aussetzung der Vollziehung, Außenprüfung, Besteuerungsgrundlagen, Betriebsausgaben, Ermessenserwägungen
Fundstelle:
BeckRS 2022, 12001

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1
Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Prüfungsanordnung für die Jahre 2009 bis 2015, mit der der Prüfungszeitraum der - im Zeitpunkt des Ergehens der Prüfungsanordnung - noch nicht abgeschlossenen Betriebsprüfung für die Jahre 2016 bis 2018 erweitert wird.
I.
2
Der Kläger betreibt seit August 2007 einen KFZ-Handel mit Reparaturwerkstatt in Stadt 1, Straße 1, unter der Firma „A“. Er hat hierfür eine Halle von seinem Vater (Mietvertrag vom 11.12.2007) und 50 Stellplätze von B angemietet (Mietvertrag vom 15.09.2016).
3
Seine gewerblichen Einkünfte ermittelt der Kläger durch Einnahme-Überschluss-Rechnung. Er erzielte zudem Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in den Jahren 2011 (2.456 €) und 2014 (5.242 €).
4
In den Einkommensteuerveranlagungen wurden folgende Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärungsgemäß angesetzt; der Betrieb des Klägers wurde vom Finanzamt als KSt-Betrieb (Kleinstbetrieb) eingestuft.

Jahr

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Bescheid

Einkommensteuer

2009

7.105 €

26.10.2010

0 €

2010

8.660 €

30.08.2011

0 €

2011

4.301 €

22.11.2012

0 €

2012

5.616 €

20.08.2014

0 €

2013

13.094 €

12.11.2014

834 €

2014

5.188 €

27.03.2015

0 €

2015

9.899 €

14.11.2016

45 €

II.
5
Mit Schreiben vom 14.11.2019 ordnete das Finanzamt beim Kläger eine Außenprüfung für die Jahre 2016 bis 2018 an. Diese wurde in der Zeit von Dezember 2019 bis Oktober 2021 durch die Betriebsnahe Veranlagung durchgeführt. Der Prüfungsbericht datiert auf den 25.10.2021.
6
Mit erweiterter Prüfungsanordnung vom 20.02.2020 wurde der Prüfungszeitraum auf den Zeitraum 2009 bis 2015 erweitert, da mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen sei und der Verdacht einer Steuerstraftat bzw. Ordnungswidrigkeit bestehe.
7
Der Kläger legte hiergegen Einspruch ein und beantragte Aussetzung der Vollziehung, die gewährt wurde.
8
Der Einspruch blieb erfolglos; er wurde mit Einspruchsentscheidung vom 06.08.2021 als unbegründet zurückgewiesen.
9
Hiernach lägen für den Prüfungszeitraum 2016 bis 2018 ein mit Bleistift geführtes Journal sowie für die PKW-Verkäufe quartalsweise Einnahmenaufstellungen vor. Für 2016 liege eine EÜR in Papierform, für 2018 in elektronischer Form vor. Für 2017 liege eine quartalsweise Auflistung von Einnahmen und Ausgaben ohne jedwede Bezeichnung der Einnahmen- und Ausgabenarten vor. Die Prüferin habe in der Gewinnermittlung erhebliche Aufzeichnungsmängel festgestellt und sei weiter davon ausgegangen, dass der Kläger nicht unerhebliche Erlöse aus Fahrzeugverkäufen steuerlich nicht erfasst sowie Betriebsausgaben in unzutreffender Höhe geltend gemacht habe.
10
Der Kläger erfasse seine Einnahmen und Ausgaben aus dem Fahrzeughandel erst, wenn ein PKW verkauft werde. Es würden quartalsweise Listen über die Fahrzeugverkäufe geführt. Die Belege hierzu seien geordnet abgelegt.
11
Der Fahrzeughandel werde ausschließlich in bar abgewickelt. Für den Einkauf habe der Kläger teils - nach seinem Vortrag als Eigenbeleg - Kaufverträge erstellt, die nicht den tatsächlichen Käufer, sondern als Käufer den letzten Halter auswiesen. Auskunftsersuchen bei den Verkäufern hätten ergeben, dass in 7 Fällen der Kaufpreis niedriger gewesen sei.
12
Ausgangsrechnungen des Klägers an nicht-gewerbliche Kunden ergingen in der Regel ohne Nennung des Kundennamens und ohne Abrechnung einer Arbeitsleistung. Es sei nicht vorstellbar, dass alle Kunden in der Lage seien, die Ersatzteile selbst einzubauen.
13
Für einzelne Fahrzeuge seien weder Betriebseinnahmen noch Betriebsausgaben erklärt worden; teils sei ein höherer Ankaufspreis als tatsächlich gezahlt angesetzt worden. Der Verkauf etlicher „privater“ Fahrzeuge des Klägers sei nicht erfasst:
14
In der Werkstatt seien regelmäßig Hauptuntersuchungen für PKW durch die Dekra durchgeführt worden. Für eine Vielzahl von PKW, nämlich für Fahrzeuge, die nicht im Auftrag von Kunden vorgestellt worden seien, sondern sich im Besitz des Klägers befunden hätten, habe die Dekra die Hauptuntersuchung abgenommen und Rechnungen mit USt-Ausweis gestellt. Die Fahrzeuge seien alsbald auf andere Personen zugelassen worden („Dekra-Liste“). Die Prüferin sei davon ausgegangen, dass der Kläger diese Fahrzeuge aus seinem Bestand entnommen, instandgesetzt und veräußert habe.
15
Der Kläger verwende häufig rote Nummernschilder für Fahrten nicht zugelassener Fahrzeuge, u.a. auch für Fahrzeuge der „Dekra-Liste“.
16
Nach Auffassung der Prüferin ergäben sich folgende Änderungen:

2016

2017

2018

Differenz

19.703

59.290

44.981

Mehrung ESt (ohne § 35 EStG)

5.443

19.441

11.388

Mehrung USt

3.730

10.420

9.055

17
Die Ausweitung des Prüfungszeitraums sei zu Recht erfolgt, da mit einer nicht unerheblichen Änderung der Besteuerungsgrundlagen für 2009 bis 2015 zu rechnen sei. Im Prüfungszeitraum 2016 bis 2018 sei mit erheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen; die betrieblichen Verhältnisse hätten sich seit dem Erweiterungszeitraum nicht erkennbar geändert.
18
Die Änderungen seien auch wahrscheinlich. Den Kläger treffe auch bei der Einnahme-Überschussrechnung eine ihm zumutbare Einzelaufzeichnungspflicht. Er habe nach § 22 UStG, §§ 63ff UStDV Aufzeichnungen zu führen, was sich auch auf das Einkommensteuerrecht auswirke. Die nicht zeitgerechte Erfassung der Betriebsausgaben bei Fahrzeugkäufen genüge dem nicht; die Einkaufsbelege wiesen materielle Mängel auf, da die Zahlungsempfänger zumeist nicht auf den Belegen ausgewiesen seien. Das Finanzamt sei zumindest zu einer punktuellen Schätzung befugt.
19
Der Unsicherheitszuschlag für die zu hoch ausgewiesenen Betriebsausgaben sei gerechtfertigt; eine Umsatzzurechnung aus dem Verkauf „privater“ Fahrzeuge, deren Anzahl den Rahmen des Üblichen überschritten, sei sehr wahrscheinlich.
20
Auch eine Umsatzzurechnung aus der „Dekra-Liste“ sei nach derzeitigem Stand wahrscheinlich. Die Rechnungstellungen der Dekra unmittelbar an den Kläger legten nahe, dass es sich um eigene betriebliche Fahrzeuge gehandelt habe. Diese Annahme werde dadurch gestützt, dass diese Fahrzeuge teilweise auch mittels roter Kfz-Kennzeichen bewegt worden seien, die nur für den Betrieb eingesetzt und nicht verliehen werden dürften. Da der Kläger bisher die Umstände der Fahrzeuge, den Zweck der Hauptuntersuchung und deren Auftraggeber nicht aufgeklärt habe, sei das Finanzamt berechtigt, davon auszugehen, dass der Kläger diese sämtlich auf eigene Rechnung veräußert habe. Die von der Prüferin angesetzten 3.000 €/Fahrzeug seien angemessen.
21
Die beabsichtigte Umsatzzurechnung von 2.000 € p.a. im Zusammenhang mit den Materialeinnahmen sei sehr vorsichtig angesetzt. Es sei schwerlich vorstellbar, dass in großem Umfang Ersatzteile (z.B. Wasserpumpe, Stoßdämpfer) an Endkunden verkauft würden, die diese dann selbst einbauten. Die vom Kläger vorgelegten Bestätigungen von Endkunden seien nicht verwertbar, da die Rechnungen an Privatkunden keinen Rechnungsempfänger aufwiesen und so nicht feststellbar sei, dass die Bestätigenden überhaupt Waren erhalten hätten. Die Umsatzzurechnungen führten zu Mehrsteuern, die die Erheblichkeitsgrenzen lt. Rechtsprechung und Literatur überstiegen.
22
Es stünde nicht entgegen, dass die Steuerbescheide nicht unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangen seien und die Regelverjährung größtenteils eingetreten sei. Solange ein Steuerbescheid noch geändert werden könne, der Steueranspruch insbesondere nicht verjährt sei, könne das Finanzamt ermitteln, ob die Steuer richtig festgesetzt worden sei und sich hierzu auch einer Außenprüfung bedienen. Zur Erweiterung einer Außenprüfung wegen Erwartung nicht unerheblicher Änderungen der Besteuerungsgrundlagen auf Grund neuer Tatsachen genüge es, dass die Feststellung neuer Tatsachen durch die Betriebsprüfung möglich erscheine. Die dargestellten Umsatzzuschätzungen erfüllten regelmäßig den Tatbestand der Steuerhinterziehung und führten damit zu einer Verjährungsfrist von 10 Jahren. Die 10-jährige Festsetzungsfrist für 2009 ende am 31.12.2020; die ablaufhemmende Prüfungsanordnung sei am 20.02.2020 ergangen.
23
Der Kläger hat Klage erhoben. Er begehrt zunächst die Vorlage einer Fahrzeugdatenliste mit Daten des Kraftfahrbundesamtes, die der Anlage 4 der Einspruchsentscheidung zugrunde liege, was das Finanzamt bislang unter Berufung auf Datenschutz verweigere. Um dem Vorbringen des Finanzamts entgegentreten zu können, würden die vollumfänglichen Unterlagen des Finanzamts benötigt.
24
Der Kläger widerspreche den gesamten Prüfungsfeststellungen. Entgegen der Angabe des Finanzamts verfüge der Kläger nicht über einen Abschleppwagen, sondern (nur) über einen Kleintransporter Iveco Daily (zul. Gesamtgewicht 3,5 t, Nutzlast 1 t).
25
Die Praxis, die Einnahmen und Ausgaben aus dem Fahrzeughandel erst bei Verkauf eines Fahrzeugs geltend zu machen, die der Kläger bei der Umsatzsteuer und Einkommensteuer vorgenommen habe, führe nur zu einer Verschiebung der Versteuerung des gesamten Geschäfts. Es seien alle Geschäftsvorfälle aufgezeichnet worden. Bei der Differenzbesteuerung seien auch Reparaturen berücksichtigt worden.
26
Der Hof auf dem Betriebsgelände des Klägers werde nicht nur durch den Kläger, sondern auch zum Abstellen von teils betrieblichen Fahrzeugen weiterer Familienangehöriger des Klägers bzw. von Mietern genutzt. Der Schwager des Klägers etwa lasse seine Fahrzeuge beim Kläger reparieren. Anders als das Finanzamt suggeriere, gehöre die Mehrzahl der abgestellten Fahrzeuge nicht dem Kläger.
27
Der Kläger erwerbe die Fahrzeuge häufig umsonst in einem bereits teilausgeschlachteten oder verunfallten Zustand. Die Kunden stellten die Fahrzeuge bei ihm ab und sparten zugleich Entsorgungskosten; diese beliefen sich mittlerweile auf etwa 200 €. Der Kläger nutze diese Fahrzeuge als Ersatzteillager für seine Reparaturen.
28
Zu den Eigenbelegen trägt der Kläger vor, wenn er sehr geringwertige Fahrzeugen erwerbe, würden häufig keine Kaufverträge geschrieben. Um die Fahrzeuge trotzdem im System zu erfassen, schreibe er einen eigenen Kaufvertrag auf einem Musterformular und trage nicht den tatsächlichen Käufer ein, sondern den letzten Halter gemäß Fahrzeugbescheinigung. Dies tue er, um die Fahrzeuge selbst identifizieren zu können, da der Kfz-Brief stets eindeutig sei. Es komme sehr oft vor, dass der Verkäufer in diesem Preissegment das Fahrzeug überhaupt nicht auf sich zugelassen habe. Die Kaufpreise seien richtig.
29
Hätte der Kläger die Fahrzeuge „schwarz“ verkaufen wollen, hätte er sie überhaupt nicht in die Bücher aufgenommen.
30
Der Kläger sei als Anlaufstelle für Kunden, die Ersatzteile selbst einbauten, bekannt. Diese Ersatzteile bestelle er beim Händler; ausgeschlachtete Ersatzteile verkaufe er nicht.
31
Wenn der Kläger nur bei Umsätzen gegenüber einem Unternehmer, nicht aber bei einem Privatkunden den Kundennamen in die Rechnung eintrage, entspreche dies dem Umsatzsteuergesetz und stelle keine Verletzung der Aufzeichnungspflicht dar. Der Vorwurf von Schwarzgeschäften sei nicht haltbar.
32
Die roten Kennzeichen verwende der Kläger für Probefahrten, wenn an verkauften Autos vor Abholung noch Arbeiten durchgeführt werden müssten oder wenn an nicht zugelassenen Fahrzeugen vor dem „Auftüven“ die Mängel festgestellt werden sollten oder wenn ein Kunde eine Probefahrt mache.
33
Der Kläger könne bei der Dekra-Prüfung für die Nutzung seiner Infrastruktur eine „Hebebühnengebühr“ ansetzen, die aufgeschlagen werde. Häufig kämen Kunden vorbei und gäben auch noch nicht zugelassene Fahrzeuge zur DEKRA-Prüfung ab. Da der Dekra keine Zulassung vorliege, schreibe sie diese Fahrzeuge mangels anderen Ansprechpartners im Zweifel auf den Kläger. Sofern Fahrzeuge daher abgemeldet auf dem Hof stünden und getüvt würden, würden diese seitens der Dekra häufig als Firmenfahrzeuge behandelt, auch wenn es sich um TÜV-Prüfungen im Kundenauftrag handele und die Fahrzeuge nicht dem Kläger gehörten. Darüber hinaus werde nach der Erfahrung des Klägers bei einem Fahrzeug, welches über seinen Namen laufe, die Prüfung nicht so genau vorgenommen. Bei Bekannten und nahestehenden Personen möchte er keine Hebebühnengebühr in Ansatz bringen.
34
Es sei nicht statthaft, von den Dekra-Rechnungen ohne Hebebühnengebühr auf schwarz verkaufte Fahrzeuge mit Gewinnaufschlag von 4.000 € zu schließen. Die Fahrzeuge hätten zumeist einen Gesamtwert von 4.000 €; der Gewinnaufschlag des Finanzamts sei völlig fernliegend.
35
Der Kläger erläutert die Verhältnisse von 10 Fahrzeugen aus der „Dekra-Liste“ im Einzelnen. Weitere Aufklärung könne er nicht geben, da ihm ohne weitere Angaben aus der Liste des Kraftfahrbundesamtes die Halter, die die Fahrzeuge zum „Tüven“ vorbeigebracht hätten, nicht bekannt seien.
36
Der Kläger habe selbst Mehreinnahmen wie Trinkgelder erklärt; dies zeuge davon, dass er kein Interesse habe, Steuern zu hinterziehen.
37
Der Kläger sei als Einnahme-Überschuss-Rechner nur zu einer geordneten Belegablage verpflichtet; die Buchführungsvorschriften gälten nicht für ihn, so dass die Erfassung in einem Journal mit Bleistift keinen Verstoß darstellen könne. Der Kläger sei nicht verpflichtet, die Namen aller einzelnen Kunden zu erfassen. Das als „Schuhkarton-Buchführung“ bezeichnete Erstellen und Sammeln von Einnahmen- und Ausgabenbelegen, verbunden mit einer regelmäßigen Summenziehung, sei ausreichend. Kassenaufzeichnungen seien nicht notwendig, da alle relevanten Vorgänge durch die Belege erfasst seien.
38
Der Kläger habe die Geschäftsvorfälle einzeln aufgezeichnet und geordnet abgelegt. Diese Aufzeichnung der Einnahmen über das Journal und geordnete Ablage jedes einzelnen Geschäftsvorfalls sei bei einem Einnahmen-Überschuss-Rechner ausreichend.
39
Die Aufzeichnungen des Klägers seien damit gemäß § 158 AO grundsätzlich der Besteuerung zu Grunde zu legen. Bei ordnungsgemäßen Aufzeichnungen könne von diesen Besteuerungsgrundlagen nur abgewichen werden, wenn durch das Finanzamt nachgewiesen werde, dass die Aufzeichnungen materiell fehlerhaft seien. Die Feststellunglast trage das Finanzamt. Ein Grund für eine (griffweise) Schätzung sei nicht gegeben.
40
Der Kläger beantragt,
die Prüfungsanordnung vom 20.02.2020 und die Einspruchsentscheidung hierzu vom 06.08.2021 aufzuheben.
41
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
42
Es verweist auf die Einspruchsentscheidung; weiter trägt es vor, die Auskünfte über Fahrzeugdaten könnten nicht übermittelt werden, da sie persönliche Daten aller früheren und späteren Fahrzeugbesitzer beinhalteten.
43
Vorliegend gehe es nicht um eine endgültige Entscheidung über Umsatzzurechnungen im Prüfungszeitraum 2016 bis 2018 mit Überprüfung jeder einzelnen Feststellung für eine spätere Steuerfestsetzung, sondern um eine Prognoseentscheidung für den erweiterten Prüfungszeitraum. Die unveränderte Art und Weise der Betriebsführung im regulären Prüfungszeitraum gegenüber dem Erweiterungszeitraum rechtfertige die Prognose ähnlicher Feststellungen mit entsprechenden Steuernachforderungen im Erweiterungszeitraum. Die getroffenen Feststellungen seien so gewichtig, dass von einer Berichtigung der Steuerfestsetzung auszugehen sei. Es genüge, wenn die Änderungen der Besteuerungsgrundlagen wahrscheinlich seien. Selbst wenn aus der „Dekra-Liste“ nur drei oder vier Fahrzeuge für eine Hinzurechnung in Frage kämen, wären die Voraussetzungen für eine Prüfungserweiterung gegeben, weil die Mehrsteuer-Grenze von 1.000 € p.a. alleine durch die Umsatzsteuermehrung erreicht würde. Das Finanzamt legt den BP-Bericht vom 25.10.2021 vor.
44
Die Einlassungen des Klägers seien sämtlich unbeachtlich. Das Finanzamt äußert sich dennoch zum Vorbringen des Klägers im Einzelnen. Hierauf wird verwiesen.
45
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die vorgelegten Steuerakten sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
46
In der mündlichen Verhandlung erklärten die Parteien übereinstimmend, dass die Prüfung aufgrund des hier anhängigen Verfahrens derzeit immer noch ausgesetzt sei.

Entscheidungsgründe

I.
47
Die fristgerecht erhobene und auch im Übrigen zulässige Klage ist unbegründet.
48
Die erweiterte Prüfungsanordnung vom 20.02.2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Nach § 102 FGO relevante Fehler in der Ermessensausübung liegen nicht vor.
49
1. Die Finanzbehörde kann nach Maßgabe der Vorschrift des § 193 Abgabenordnung (AO) bei Steuerpflichtigen eine Außenprüfung durchführen. Die Außenprüfung dient der Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen (§ 194 Abs. 1 Satz 1 AO). Sie kann eine oder mehrere Steuerarten, einen oder mehrere Besteuerungszeiträume umfassen oder sich auf bestimmte Sachverhalte beschränken (§ 194 Abs. 1 Satz 2 AO). Außenprüfungen werden von den für die Besteuerung zuständigen Finanzbehörden durchgeführt (§ 195 Satz 1 AO). Sie können andere Finanzbehörden mit der Außenprüfung beauftragen (§ 195 Satz 2 AO). Ob eine Außenprüfung angezeigt ist, entscheidet die Finanzbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen im Sinne des § 5 AO. Die Gerichte können die Ermessensentscheidung der Finanzbehörde nach § 102 FGO nur darauf überprüfen, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
50
2. In Bezug auf die Ermessensausübung bei der Anordnung sowie der Durchführung einer Außenprüfung hat sich die Finanzverwaltung durch die Regelungen in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Betriebsprüfung - Betriebsprüfungsordnung - vom 15. März 2000 (BpO 2000) eine Selbstbindung auferlegt (vgl. BFH Urteile vom 19. August 1998 XI R 37/97, BStBl II 1999, 7, und vom 28. Juni 2000 I R 20/99, BFH/NV 2000, 1447); dies gilt etwa für den Umfang der Außenprüfung (vgl. § 4 BpO 2000) sowie für die Abfassung und den Inhalt der Prüfungsanordnung (vgl. § 5 BpO 2000).
51
3. Nach § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO kann der Prüfungszeitraum dann drei Besteuerungszeiträume übersteigen, wenn mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen ist oder wenn der Verdacht einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit besteht, § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO.
52
§ 4 Abs. 3 BpO ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH als ermessensgerecht einzustufen (vgl. etwa BFH-Urteil vom 23.02.2005 XI R 21/04, BFH/NV 2005, 1218; BFH-Beschluss vom 11.08.2005 XI B 207/04, BFH/NV 2006, 9; FG München, Beschluss vom 23.06.2010 10 V 328/10, Rn. 11 - 13, juris).
53
§ 4 Abs. 3 BpO stellt eine verwaltungsinterne Ermessensrichtlinie und keine abschließende Regelung dar, die über die dort genannten Sachverhalte hinaus keine Außenprüfung zulässt. Die Auslegung der Vorschrift richtet sich nicht nach den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Maßstäben, sondern danach, wie die Verwaltung sie versteht und verstanden wissen will. Diese Selbstbeschränkung ist im gerichtlichen Verfahren zu beachten (vgl. BFH-Urteil vom 26.02.1987 IV R 109/86, BStBl II 1987, 361, m.w.N.). Die gerichtliche Überprüfung beschränkt sich darauf, ob die Auslegung durch die Behörde möglich ist (BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 887; vgl. auch BFH-Urteil vom 19. September 2012 VI R 54/11, BStBl II 2013, 395, Rz 21).
54
4. Die Finanzbehörden sind auch bei Mittel-, Klein- und Kleinstbetrieben weder durch die AO noch durch die Betriebsprüfungsordnung (Steuer) vom 15.03.2000 (BpO 2000) an einen bestimmten Prüfungsturnus gebunden (ebenfalls BFH-Beschluss in BFH/NV 2003, 1147). Sie können daher auch solche Betriebe einer sog. Anschlussprüfung unterwerfen, BFH-Beschluss vom 14.03.2006 IV B 14/05, Rn. 6, juris. Dabei ist grundsätzlich die Größenklasse (§ 3 BpO) maßgebend, in die der Betrieb im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung eingeordnet ist (§ 4 Abs. 4 BpO).
55
a) Die Feststellung, ob mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen -und damit letztlich mit nicht unerheblichen Steuernachforderungenzu rechnen ist, erfordert eine Voraussage, die durch Tatsachen gestützt sein muss (vgl. hierzu BFH-Urteile vom 1. August 1984 I R 138/80, BStBl II 1985, 350; vom 25. April 1985 IV R 342/84, BFH/NV 1987, 79; vom 28. April 1988 IV R 106/86, BStBl II 1988, 857; vom 14. September 1993 VIII R 56/92, BFH/NV 1994, 677).
56
Dabei liegt die Voraussetzung, dass „mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen ist“, regelmäßig bereits dann vor, wenn entsprechende Feststellungen für bereits geprüfte Veranlagungszeiträume getroffen wurden (BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 9). Entsprechende Änderungen müssen wahrscheinlich sein; vage Vermutungen reichen nicht aus (BFH-Urteil vom 01.08.1984 I R 138/80, BStBl II 1985, 350).
57
b) Der BFH vertritt zudem in ständiger Rechtsprechung, dass durch die Erweiterung eines Prüfungszeitraums die mit der Durchführung der Außenprüfung verbundene generelle Belastung des Steuerpflichtigen nicht wesentlich erhöht wird (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 27.10.2003 III B 13/03, BFH/NV 2004, 312, m.w.N, so auch FG München, Beschluss vom 23.06.2010 10 V 328/10, juris).
58
c) Wird die Ausdehnung des Prüfungszeitraums im Hinblick auf die Erwartung nicht unerheblicher Steuernachforderungen vorgenommen, so muss die erforderliche Zukunftsprognose -wie ausgeführtauf Tatsachen gestützt werden. Diese Gesichtspunkte bestimmen und begrenzen die Anforderungen an den Begründungszwang des Finanzamts (vgl. BFH-Urteil, BStBl II 1979, 162; Senatsurteil in BFH/NV 2009, 3). Indessen sind auch in diesem Fall die konkreten Ermessenserwägungen nicht im Einzelnen darzustellen (BFH-Urteil in BFH/NV 1994, 677, unter II.2.d; Senatsurteil in BFH/NV 2009, 3). Die Frage, wann eine Änderung der Besteuerungsgrundlagen nicht unerheblich ist, ist nach Lage des Einzelfalls zu entscheiden. Der BFH hat in seinem Urteil vom 28.04.1988 IV R 106/86, BStBl II 1988, 858, für einen Mittelbetrieb auf eine Steuernachforderung von mindestens 3.000 DM pro Veranlagungszeitraum abgestellt. In der Kommentarliteratur wird aktuell eine Erheblichkeitsgrenze von zumindest 1.000 € bei Kleinst- und Kleinbetrieben sowie von 5.000 € bei Mittelbetrieben angesetzt, bspw. Schallmoser in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 266. Lieferung 11.2021, § 194 AO, Rn. 55.
59
d) Ob mit Steuernachforderungen in dieser Höhe zu rechnen ist, beurteilt sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung. Diese müssen die Prognose wahrscheinlich machen, dass sich nicht unerhebliche Nachforderungen ergeben werden und/oder eine Verkürzung von Steuern vorliegt. Die Anordnung einer Prüfungserweiterung bleibt auch dann rechtmäßig, wenn sich nach Erlass der Einspruchsentscheidung herausstellt, dass sich im Prüfungszeitraum bzw. in den Jahren der Prüfungserweiterung tatsächlich keine erheblichen Mehrsteuern ergeben oder tatsächlich keine Steuerverkürzung vorliegt.
60
5. Als schriftlicher Verwaltungsakt ist die Erweiterung einer Prüfungsanordnung (§ 196 AO) nach § 121 Abs. 1 AO schriftlich zu begründen, soweit dies zu ihrem Verständnis erforderlich ist.
61
Da die Entscheidung des Finanzamts über die Erweiterung des Prüfungszeitraums eine Ermessensentscheidung (§ 5 AO) darstellt, kann die gerichtliche Kontrolle nur dahingehend erfolgen, ob ein Ermessensfehler i.S.d. § 5 AO bzw. § 102 FGO (Ermessensüberschreitung, Ermessensnichtgebrauch, Ermessensfehlgebrauch) vorliegt. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob ein solcher Ermessensfehler vorliegt, ist der Zeitpunkt des Erlasses der Einspruchsentscheidung (BFH-Urteile vom 26. März 1991 VII R 66/90, BStBl II 1991, 545; vom 14. September 1993 VIII R 56/92, BFH/NV 1994, 677, und vom 19. August 1998 XI R 37/97, BStBl II 1999, 7; BFH-Beschluss vom 27. Oktober 2003 III B 13/03, BFH/NV 2004, 312). Bis dahin kann das Finanzamt gemäß § 126 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 AO Ermessenserwägungen in vollem Umfang nachholen bzw. austauschen und ursprünglich entstandene Ermessensfehler damit heilen. Nach Abschluss des Einspruchsverfahrens kann gemäß § 102 Satz 2 FGO nur noch eine Ergänzung von Ermessensfehlern erfolgen.
II.
62
An den oben genannten Grundsätzen gemessen, ist die Prüfungsanordnung vom 20.02.2020 rechtmäßig. Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO waren im Streitfall erfüllt. Es sind keine Ermessensfehler auf Seiten des Beklagten ersichtlich.
63
1. Das beklagte Finanzamt ist zu Recht davon ausgegangen, dass eine wesentliche Änderung der Besteuerungsgrundlagen wahrscheinlich ist.
64
Die Vorschrift setzt eine Prognoseentscheidung für den erweiterten Prüfungszeitraum und nicht eine endgültige Entscheidung über Umsatzzurechnungen im Prüfungszeitraum 2016 bis 2018 voraus. In Orientierung an die genannte BFH-Entscheidung vom 28.04.1988 IV R 106/86, BStBl II 1988, 858, unter Einbeziehung der o.g. Literaturstimme ist die Prognose über erwartete Mehrsteuern bereits dann als gegeben anzusehen, wenn Mehrsteuern in Höhe von ca. 1.000 € (für Klein- und Kleinstbetriebe) im Prüfungszeitraum zu erwarten sind. Davon ist das beklagte Finanzamt ermessensfehlerfrei ausgegangen.
65
Da die Art und Weise der Betriebsführung durch den Kläger sowohl im Prüfungszeitraum 2016 bis 2018, als auch im hier streitgegenständlichen Prüfungszeitraum unverändert geblieben ist, ist hier eine positive Prognoseentscheidung dahingehend zu treffen, dass Mehrsteuern in dieser Größenordnung im Erweiterungszeitraum anfallen. Eine endgültige oder umfassende Aufklärung, ob Mehrsteuern tatsächlich anfallen oder nicht, und der damit zugrundeliegenden Rechtsfragen ist im Streitfall nicht Voraussetzung, BFH vom 4.8.1997, BFH/NV 1998, 192. Nicht erforderlich ist indes die möglichst detaillierte Quantifizierung der zu erwartenden Mehrsteuern. Der BFH verlangt vom betreffenden Finanzamt auch nur die Darstellung von Tatsachen, aus denen es die Erwartung nicht unerheblicher Steuernachforderungen entnimmt. Eine weitere Darstellung von Ermessenserwägungen hält der BFH nicht für erforderlich (BFH-Urteile vom 24. Februar 1989 III R 36/88, BStBl II 1989, 445; vom 14. September 1993 VIII R 56/92, BFH/NV 1994, 677 und vom 19. August 1998 XI R 37/97, BStBl II 1999, 7; BFH-Beschluss vom 27. Oktober 2003 III B 13/03, BFH/NV 2004, 312). Vor diesem Hintergrund ist auch dann kein Ermessensfehler gegeben, wenn das Finanzamt neben Tatsachen, die eine ausreichende Mehrergebniserwartung begründen zusätzlich Umstände berücksichtigt hat, bei denen sich die Annahme im Nachhinein nicht bestätigt.
66
Insbesondere die nicht den Vorschriften der AO entsprechenden Aufzeichnungen von Einnahmen und Ausgaben des Klägers, die Feststellungen zu überhöhten Ankaufspreisen von Pkws, die Minderung der Bemessungsgrundlage für die Differenzbesteuerung durch Reparaturen und die Feststellungen hinsichtlich der Fahrzeuge, die ohne Hebegebühr „Dekrageprüft“ wurden und in engem zeitlichen Zusammenhang zugelassen wurden, machen es wahrscheinlich, dass auch im Erweiterungszeitraum beim Betrieb des Klägers mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen bei Einkommensteuer und Umsatzsteuer zu rechnen ist.
67
Es ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens, jede einzelne Feststellung dahingehend zu überprüfen, ob sie einer späteren Steuerfestsetzung zugrunde gelegt werden kann. Das Finanzamt hat bei der Prüfung der Jahre 2016 bis 2018 Feststellungen getroffen, die so gewichtig sind, dass es den Schluss ziehen durfte, dass Mehrsteuern mindestens in einer Höhe von 1.000 € auch im erweiterten Prüfungszeitraum zu erwarten sind. Aus diesem Grund kommt es für das hier streitgegenständliche Verfahren bspw. nicht auf die exakte Anzahl der Fahrzeuge aus der Dekra-Liste oder die exakte materielle Prüfung aller weiteren Feststellungen der Prüfung in den Jahren 2016 bis 2018 an.
68
Daher geht die Annahme des Klägers und des Klägervertreters fehl, dass für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der erweiterten Prüfungsanordnung jede einzelne Feststellung der Prüfung entkräftet werden muss. Entscheidend ist, ob das Finanzamt am 06.08.2021 die Prognose treffen durfte, dass aufgrund der Feststellungen für 2016 bis 2018 auch in 2009 bis 2015 mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen ist. Dies ist - in der Gesamtschau der Feststellungen - 2016 bis 2018 der Fall.
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2. Die Prüfungsanordnung vom 20.02.2020 ist ausreichend begründet.
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Sie enthält zwar selbst keine Begründung bzw. Darstellung der Ermessenserwägungen. In der Einspruchsentscheidung vom 06.08.2021 werden Ermessenserwägungen jedoch ausführlich angestellt. Damit wurde ein ursprünglicher Begründungsmangel geheilt.
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Vom Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise hat die Beklagte somit Gebrauch gemacht.
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3. Zudem kann dahinstehen, ob daneben der Verdacht einer Steuerstraftat besteht.
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§ 4 Abs. 3 S. 2 BpO ist als „Oder“-Tatbestand ausgestaltet. Da die Tatbestandsalternative der nicht unerheblichen Äderungen der Besteuerungsgrundlagen vorliegend erfüllt ist, kommt es auf das Vorliegen des Verdachts einer Steuerstraftat nicht entscheidungserheblich an.
III.
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Der vom Klägervertreter genannte Aspekt einer eingetretenen Festsetzungsverjährung ist hier nicht relevant.
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Der Eintritt der regelmäßigen Festsetzungsverjährung in den zu prüfenden Jahren schließt eine Prüfungsanordnung nicht aus. Nach der BFH-Rechtsprechung ist es nicht grundsätzlich ausgeschlossen, eine Prüfung für solche Steuern anzuordnen, für die Festsetzungsverjährung eingetreten ist, weil sich die Frage der Verjährung vielfach erst nach der Klärung des Sachverhalts durch die Außenprüfung zuverlässig beantworten lässt. Anders verhält es sich nur, wenn der Eintritt der Festsetzungsverjährung auf der Hand liegt, weil es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Festsetzungsfrist ausnahmsweise noch nicht abgelaufen sein könnte (BFH-Beschluss vom 15.05.2007 I B 10/07, Rn. 3 - 4, juris).
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Vorliegend sind allerdings keine Umstände ersichtlich, aus denen geschlussfolgert werden kann, dass der Eintritt der Festsetzungsverjährung auf der Hand liegt.
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Ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung einer Prüfungsanordnung schließt i.Ü. das Begehren ein, den Beginn der Prüfung hinauszuschieben, und ist daher einem Antrag i.S. von § 197 Abs. 2 AO gleichzustellen. Dies gilt jedoch nur, wenn der Verwaltungsakt, mit dem der Prüfungsbeginn festgesetzt wurde, rechtmäßig war. Der Eintritt der Feststellungsverjährung nach „regulären Regeln“ ist unproblematisch; das Vorliegen der Voraussetzungen der 10-jährigen Verjährungsfrist ist erst im Rahmen der Prüfung zu beantworten.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 143 Abs. 1 FGO.