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VG München, Urteil v. 17.01.2022 – M 32 K 19.6523
Titel:

Brenneraustausch, Messpflicht

Normenketten:
SchfHwG § 14a
SchfHwG § 1 Abs. 1
BImSchV § 15 Abs. 3 1.
BImSchV § 2 Nr. 16 1.
Schlagworte:
Brenneraustausch, Messpflicht
Fundstelle:
BeckRS 2022, 11768

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.   

Tatbestand

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Streitgegenstand ist der Feuerstättenbescheid des Beklagten vom 27. November 2019, soweit darin für eine Abgasanlage Emissionsmessungen im Abstand von zwei Jahren festgelegt wurden. Der Kläger hält Emissionsmessungen nur alle drei Jahre für erforderlich.
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Der Kläger betreibt in seinem Anwesen in der … …, … Rosenheim seit 1993 eine zentrale Feuerstätte für flüssige Brennstoffe des Herstellers Wolf. Es handelt sich dabei um einen Stahlheizkessel Typ NU-20, K 22 105, Nennleistung 20 kW. Ursprünglich war die Anlage mit einem Ölbrenner des Herstellers Wolf, Typ WK 02 ausgestattet; vor der Messung am 1. März 2016 ließ der Kläger diesen Brenner gegen den Raketenbrenner Hersteller MHG, Typ RE 1 HK austauschen.
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Aufgrund der Feuerstättenschau vom 26. November 2019 ordnete der Beklagte als zuständiger bevollmächtigter Bezirksschornsteinfegern mit Feuerstättenbescheid vom 27. November 2019 für das Anwesen folgende regelmäßig durchzuführende Kehr- und Überprüfungsarbeiten sowie Emissionsmessungen an:
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Nr. Anlage Termin 1 Termin 2 auszuführende Arbeiten
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[1] Kehrarbeiten an der Abgasanlage
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Einzelfst., fester Brennstoff (Abgasanl.1) 15.1. - 15.3. 20.9. - 20.11. KÜO § 1 I.V.m. Anl. 1 Nr. 1.6
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[2] Überprüfungsarbeiten an Abgasanl. Zentr.
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Fst. Öl (Abgasanl. Nr. 2) 1.1. - 30.5. KÜO § 1 i.V.m. Anl. 1 Nr. 2.6
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[3] Abgaswegeüberprüfung flüssige Brennst.
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Zentrale FSt K Heizraum (Abgasanl. Nr. 2) 1.1. - 30.5. KÜO § 1 i.V.m. Anl. 1 Nr. 2.6
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[4] Emissionsmessung flüssige Brennstoffe ZentraleFSt K Heizraum 
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(Abgasanl. Nr. 2) 1.1. - 30.5.2020/2022/2024 !.BImSchV § 15 Abs. 3
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Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 27. November 2019 Klage bei dem Bayer. Verwaltungsgericht München. Mit Schreiben vom 31. Juli 2020 stellte der Kläger den Antrag,
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1. den Feuerstättenbescheid vom 27. November 2019 zurückzunehmen
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2. einen neuen Feuerstättenbescheid mit geänderten Fristen und Terminen für die Emissionsmessungen unter der Nr. 4 des Feuerstättenbescheids mit der Fälligkeit 2020 und 2023 auszustellen.
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Zur Begründung gab er an, die Emissionsmessungen seien nur alle 3 Jahre fällig. Er habe 2014 auf Grund grenzwertiger Messergebnisse der Emissionsmessung vom 23. April 2014 den bisherigen Brenner gegen einen Raketenbrenner austauschen lassen, um Art und Menge der Emissionen seiner Anlage zu verändern und um seine Anlage effizienter und umweltfreundlicher zu betreiben. Dies hätten die Emissionsmessungen in den Jahren 2016, 2018 und 2020 bei den Parametern Rußzahl, CO-Gehalt, Abgastemperatur, Sauerstoffgehalt im Abgas und Abgasverlust bestätigt. In Hinblick darauf seien nunmehr nach der 1. BImSchV „gemäß § 15 Abs. 3 Ziffer 1 und gemäß § 2 16 (1. Satz)“ nunmehr nur noch alle drei Jahre Emissionsmessungen erforderlich.
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Nach den beigefügten Messprotokollen wurden in den Jahren 2014 - 2020 folgende Emissionswerte gemessen:
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Datum Rußzahl-Mittelwert CO-Gehalt Abgastemperatur Sauerstoffgehalt Abgas Abgasverlust
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23.04.2014 1 21 mg/kWh 210 ° C 5,6% 10%
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01.03.2016 0 4 156 3,7 7
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27.02.2018 0 12 175 1,1 6
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16.03.2020 0 0 133 3,8 5
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Mit Schreiben vom 31. Juli 2020 bzw. 15. Juni 2021 erklärten die Parteien ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung.
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Gleichzeitig stellte der Beklagte den Antrag,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, die Heizanlage des Klägers sei 1993 in Betrieb genommen worden. Es sei innerhalb der letzten 12 Jahre zu keiner wesentlichen Änderung der Anlage gekommen. Zwar sei 2014 ein neuer Brenner eingebaut worden; dies stelle aber keine wesentliche Änderung im Sinn von § 2 Nr. 16 1. BImSchV dar. Durch den Austausch des Brenners habe sich das Immissionsverhalten der Feuerstätte nicht bzw. nur in sehr geringem Umfang verändert. Dies zeige die Historie der Messungen seit 2004 mit folgenden Messwerten:
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Jahr Rußzahl-Mittelwert Abgastemperatur Abgasverlust CO CO₂
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2004 1 168 7 98 11,35
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2006 0 160 6 9 12,45
30
2008 0 144 6 5 11,49
31
2010 0 167 7 6 11,64
32
2012 0 182 8 12 11,13
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2014 1 210 10 19 11,27
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2016 0 156 7 3 12,67
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2018 0 175 6 10 14,59
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2020 0 133 5 0 12,60
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Gleichzeitig wies der Beklagte darauf hin, dass die Messergebnisse durch eine Wartung des Kessels und durch Einstellungen am Brenner beeinflusst werden können.
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Mit Beschluss vom 29. Dezember 2021 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
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Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Gem. § 101 Abs. 2 VwGO konnte das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 27. November 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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Rechtsgrundlage des Bescheides ist § 14a Abs. 1 SchfHwG. Danach setzt der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger gegenüber den Eigentümern durch schriftlichen Bescheid fest, welche Schornsteinfegerarbeiten nach den Rechtsverordnungen gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 und 3 SchfHwG oder der Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen (1.BImSchV) durchzuführen sind und innerhalb welchen Zeitraums dies zu geschehen hat (Feuerstättenbescheid). Auf der Grundlage von § 1 Abs. 1 Satz 2 SchfHwG sind in der Verordnung über die Kehrung und Überprüfung von Anlagen (Kehr- und Überprüfungsordnung - KÜO) nähere Einzelheiten hierzu geregelt. § 1 KÜO regelt in Abs. 1, welche Anlagen kehr- und überprüfungspflichtig sind; in Abs. 3 dieser Bestimmung ist geregelt, welche Anlagen von der Kehr- und Überprüfungspflicht ausgenommen sind. Die Anzahl der Kehrungen und Überprüfungen richtet sich gemäß § 1 Abs. 4 Satz 1 KÜO nach Anlage 1 zur KÜO. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 KÜO ist eine Kehrung durchzuführen, wenn bei einer Überprüfung festgestellt wird, dass eine Kehrung erforderlich ist. In Anlage 1 zur KÜO ist unter Nr. 1 „Feste Brennstoffe“ festgelegt, dass bei Anlagen und deren Benutzung, soweit sie nach § 1 der Kehrung oder Überprüfung unterliegen, drei Kehrungen im Kalenderjahr anzuordnen sind, wenn die Feuerstätte regelmäßig in der üblichen Heizperiode benutzt wird (Nr. 1.2); bei gelegentlich benutzten Feuerstätten ist pro Jahr eine Kehrung anzuordnen (Nr. 1.7).
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Gem. § 15 Abs. 3 Satz 1 1. BImSchV haben Betreiber einer Öl- oder Gasfeuerungsanlage mit einer Nennwärmeleistung von 4 Kilowatt und mehr, für die - wie vorliegend - in den §§ 7 bis 10 Anforderungen festgelegt sind, die Einhaltung der jeweiligen Anforderungen 1. einmal in jedem dritten Kalenderjahr bei Anlagen, deren Inbetriebnahme oder wesentliche Änderung nach § 2 Nummer 16 Buchstabe b zwölf Jahre und weniger zurückliegt, und 2. einmal in jedem zweiten Kalenderjahr bei Anlagen, deren Inbetriebnahme oder wesentliche Änderung nach § 2 Nummer 16 Buchstabe b mehr als 12 Jahre zurückliegt, von einer Schornsteinfegerin oder einem Schornsteinfeger durch Messungen feststellen zu lassen.
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Davon ausgehend hat der Beklagte zu Recht unter der Nr. 4 des Feuerstättenbescheids für die streitgegenständliche zentrale Feuerstätte Heizraum gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der 1.BImSchV eine wiederkehrende Überwachung einmal in jedem zweiten Kalenderjahr angeordnet, weil die Anlage bereits 1993 in Betrieb genommen worden ist und die Inbetriebnahme damit mehr als 12 Jahre zurückliegt und auch keine wesentliche Änderung nach § 2 Nr. 16 Buchstabe b 1. BImSchV vorgenommen worden ist. Nach § 2 Nr. 16 b 1.BImSchV ist unter wesentlicher Änderung eine Änderung an einer Feuerungsanlage zu verstehen, die die Art oder Menge der Emissionen erheblich verändern kann; eine wesentliche Änderung liegt regelmäßig vor bei a) Umstellung einer Feuerungsanlage auf einen anderen Brennstoff, es sei denn, die Feuerungsanlage ist bereits für wechselweisen Brennstoffeinsatz eingerichtet, b) Austausch eines Kessels. Diese Voraussetzungen liegen bei der Anlage des Klägers nicht vor, da weder auf einen anderen Brennstoff umgestellt noch ein Kessel ausgetauscht worden ist und durch den Austausch des Brenners auch keine Änderung an einer Feuerungsanlage vorgenommen wurde, die die Art oder Menge der Emissionen erheblich verändern kann bzw. tatsächlich verändert. Die vorliegenden - oben aufgelisteten - Messergebnisse seit 2004 zeigen, dass sich mit dem Einbau des neuen Brenners die seit 2004 aufgezeichneten Parameter Rußzahl-Mittelwert, Abgastemperatur, Abgasverlust, CO und CO₂ nicht signifikant verändert haben. Die erhöhten Messwerte von 2014 konnten in diese Bewertung nicht einfließen, da die Messwerte 2014 von den seit 2004 gemessenen Werten deutlich abweichen und nur noch knapp die Grenzwerte einhielten. Deshalb konnte die Klage keinen Erfolg haben und war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.