Inhalt

BayObLG, Beschluss v. 04.05.2022 – 203 StRR 50/22
Titel:

Strafbarkeit wegen Bankrotts durch Verheimlichen von Vermögensbestandteilen

Normenketten:
StGB § 283
InsO § 17, § 20, § 97
Leitsätze:
1. Die Strafbarkeit des Verheimlichens von Vermögensgegenständen hängt vom Bestehen einer Offenbarungspflicht ab, die ihre Grundlage in § 20 Abs. 1 InsO, § 22 Abs. 3 S. 3 InsO, § 97 Abs. 1 InsO hat. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
2. Nach § 97 Abs. 1 S. 1 InsO ist der Insolvenzschuldner verpflichtet, unter anderem dem Insolvenzgericht und dem Insolvenzverwalter auch ohne besondere Nachfrage Vermögensbestandteile zu offenbaren, die in die Masse fallen können. Das Entstehen der Offenbarungspflicht gegenüber dem Insolvenzgericht setzt einen zulässigen Eröffnungsantrag voraus, die Entstehung derselben gegenüber dem vorläufigen Insolvenzverwalter setzt die Bestellung eines solchen voraus. (Rn. 11 – 12) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Pflicht zur Offenbarung entsteht grundsätzlich mit der Erlangung der Kenntnis vom Vorhandensein des Vermögensgegenstandes. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
4. Verheimlichen ist jedes Verhalten, durch das ein Vermögensbestandteil oder dessen Zugehörigkeit zur Insolvenzmasse der Kenntnis des Insolvenzverwalters oder der Gläubiger entzogen wird. Ausreichend ist, dass lediglich die Zugehörigkeit des Vermögensbestandteils zur Insolvenzmasse verheimlicht wird. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
5. § 283 StGB ist auch auf Verbraucherinsolvenzen anzuwenden. (Rn. 37 – 40) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Bankrott, Verheimlichen, Grundstück, Vermögensbestandteil, Offenbarungspflicht, Verbraucherinsolvenz, Zahlungsunfähigkeit
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 28.10.2021 – 12 Ns 511 Js 2080/19
AG Nürnberg, Urteil vom 09.03.2021 – 435 Ls 511 Js 2080/19
Fundstellen:
ZInsO 2022, 2134
BeckRS 2022, 10427
LSK 2022, 10427

Tenor

I. Die Revision des Angeklagten S. jun. gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 28. Oktober 2021 wird als unbegründet verworfen.
II. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1
Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revision hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Zur Begründung wird auf die Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft M. in ihrer Antragsschrift vom 22.01.2022 Bezug genommen.
2
Das Berufungsgericht hat den Angeklagten auf der Grundlage seiner rechtsfehlerfreien Feststellungen zum Tatsachverhalt unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Recht wegen Bankrotts durch Verheimlichen von Bestandteilen seines Vermögens (§ 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB) verurteilt. Die hiergegen sowie die gegen die revisionsrechtlich nicht zu beanstandende Strafzumessung gerichteten Angriffe der Revision bleiben ohne Erfolg. Im Hinblick auf die Gegenerklärung der Verteidigung vom 11.02.2022 ist lediglich folgendes ergänzend auszuführen:
1. Zur beanstandeten Widersprüchlichkeit des Urteils:
3
Soweit die Revision beanstandet, das Berufungsurteil sei zur Frage, wann der Angeklagte Kenntnis von dem ihm auf Grund des Todes seiner Mutter als Erbe zufallenden Grundstücks erlangt hat, widersprüchlich, führt dies jedenfalls mangels Beschwer des Angeklagten nicht zu einer Aufhebung des angegriffenen Urteils.
4
a) Im Berufungsurteil wird unter Ziffer III der Gründe auf Seite 3 festgestellt, dass dem Angeklagten schon am 23.01.2019 (dem Todestag seiner Mutter) klar gewesen sei, dass das Grundstück zum Nachlass gehöre und dass er der Erbe sei. Im Rahmen des Nachlassverfahrens habe er mit Schreiben vom 22.05.2019 dem Nachlassgericht mitgeteilt, dass das Grundstück zum Nachlass gehöre. Mit Verfügung vom 30.05.2019 habe der Rechtspfleger des Nachlassgerichts dem Angeklagten mitgeteilt, dass er Alleinerbe nach der Erblasserin geworden sei, die Erbschaft aber noch ausschlagen könne.
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Im Berufungsurteil wird unter Ziffer III der Gründe auf Seite 4 unten festgestellt, „obwohl der Angeklagte seit dem Erbfall wusste, dass er verpflichtet war, das geerbte Eigentum an dem Grundstück gegenüber dem Insolvenzgericht und später gegenüber der Insolvenzverwalterin mitzuteilen, verschwieg er diesen Umstand bewusst. Das hatte, wie vom Angeklagten beabsichtigt, zur Folge, dass weder das Insolvenzgericht noch die Zeugin H. bis März 2020 von dem Grundstück wussten.“
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Bei der rechtlichen Würdigung legte die Strafkammer unter Ziffer V.3. der Gründe auf Seite 10 unten des Berufungsurteils dar, sie setze den Fristbeginn objektiv mit dem Erbfall (Anm.: also mit dem 23.01.2019) an, womit der Beginn der vom Berufungsgericht angenommenen Zwei-Wochen-Frist gemeint ist, innerhalb der der Angeklagte sein Eigentum am Grundstück hätte offenbaren müssen.
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Im Rahmen der Strafzumessung führte das Berufungsgericht unter Ziffer VI.2.a der Gründe auf Seite 13 oben des Urteils zugunsten des Angeklagten aus, es habe „- der Anklage und dem Ersturteil folgend - den Vorsatz des Angeklagten bei der Strafzumessung in zeitlicher Hinsicht erst an die Mitteilung der Erbenstellung durch das Nachlassgericht und damit an die sichere, amtlich bestätigte Kenntnis angeknüpft.“
8
b) Hinsichtlich des subjektiven Tatbestands ist das Landgericht bei den Feststellungen zum Sachverhalt somit davon ausgegangen, dass der Angeklagte seit dem Erbfall Kenntnis von seiner Offenbarungspflicht hatte, während es bei der Strafzumessung hinsichtlich des Vorsatzes erst an die Mitteilung der Erbenstellung durch das Nachlassgericht angeknüpft hat. Wie die Generalstaatsanwaltschaft jedoch zu Recht ausführt, wirkt sich die zu Gunsten des Angeklagten vorgenommene Verschiebung des subjektiven Zeitpunkts der Entstehung der Offenbarungspflicht und damit des Beginns der Tat nach hinten nicht zu Lasten des Angeklagten aus, so dass er hierdurch nicht beschwert ist.
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Denn auch ausgehend von dem späteren Zeitpunkt des Entstehens der Offenbarungspflicht (am 30.05.2019) lag ein Verheimlichen des Grundstücks als Vermögensbestandteil durch den Angeklagten jedenfalls seit dem Ablauf der vom Berufungsgericht dem Angeklagten eingeräumten Zwei-Wochenfrist zur Auskunftserteilung am 13.06.2019 bis zum März 2020 vor, als die Insolvenzverwalterin durch ein Schreiben der Raiffeisenbank vom 09.03.2020 von dessen Existenz erfuhr. Insoweit ist auch die Feststellung im Berufungsurteil auf Seite 10 oben [„Dieser Pflicht (Anm. des Senats: gemeint Offenbarungspflicht) hat der Angeklagte bewusst nicht entsprochen.“], revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
2. Zur Frage der „Zwei-Wochen-Frist“ des Verheimlichens:
10
Das Berufungsgericht geht davon aus, dass der Angeklagte sein Eigentum am Grundstück längstens binnen zweier Wochen seit Erlangung der Kenntnis hiervon dem Insolvenzgericht oder der Insolvenzverwalterin hätte offenbaren müssen, um eine Strafbarkeit wegen des Verheimlichens von Bestandteilen des Vermögens zu vermeiden. Der hiergegen gerichtete Angriff der Revision, die die vom Berufungsgericht herangezogene zivilrechtliche Zwei-Wochen-Frist strafrechtlich für nicht maßgeblich hält und der Ansicht ist, es genüge, die gebotenen Mitteilungen so rechtzeitig zu machen, dass sie im Verfahren, zumindest im nächsten Verfahrensschritt, noch berücksichtigt werden können, bleibt ohne Erfolg.
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a) Die Strafbarkeit des Verheimlichens von Vermögensgegenständen hängt vom Bestehen einer Offenbarungspflicht ab, die - wie das Berufungsgericht zutreffend annimmt - ihre Grundlage in § 20 Abs. 1, § 22 Abs. 3 Satz 3, § 97 Abs. 1 InsO hat. Nach § 97 Abs. 1 Satz 1 InsO ist der Insolvenzschuldner verpflichtet, unter anderem dem Insolvenzgericht und dem Insolvenzverwalter auch ohne besondere Nachfrage (vgl. BGH, Beschluss vom 14.03.2016 - 1 StR 337/15, BGHSt 61, 180 = NJW 2016, 1525, juris Rn. 15) Vermögensbestandteile zu. offenbaren, die - wie hier das Grundstück - in die Masse fallen können. Der Anwendungsbereich des § 97 InsO betrifft die Schuldnerpflichten im eröffneten Verfahren. Die Auskunftspflicht des Schuldners nach § 97 InsO gilt über § 20 Abs. 1 Satz 2, § 22 Abs. 3 Satz 3 InsO aber auch im Eröffnungsverfahren (vgl. Braun/Lojowsky, InsO, 9. Aufl., § 97 Rn. 3). Die Auskunftspflicht gemäß § 20 Abs. 1 InsO setzt ein, sobald ein zulässiger Antrag eingereicht wurde (vgl. BGH, Beschlüsse vom 03.02.2005 - IX ZB 37/04, ZInsO 2005, 264, juris Rn. 6, und vom 09.10.2008 - IX ZB 212/07, NZI 2009, 65, juris Rn. 9; Braun/Böhm, InsO, a.a.O., § 20 Rn. 4), besteht jedoch zunächst nur gegenüber dem Insolvenzgericht und gemäß § 22 Abs. 3 Satz 3 InsO erst nach Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters auch diesem gegenüber.
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Das Entstehen der Offenbarungspflicht gegenüber dem Insolvenzgericht setzt somit einen zulässigen Eröffnungsantrag voraus, die Entstehung derselben gegenüber dem vorläufigen Insolvenzverwalter setzt die Bestellung eines solchen voraus.
13
aa) Nach den Feststellungen im Berufungsurteil beantragte Rechtsanwalt R. beim Amtsgericht Nürnberg - Insolvenzgericht - am 02.01.2019 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Das Insolvenzgericht beauftragte mit Beschluss vom 24.04.2019 Rechtsanwältin H. mit der Erstellung des Insolvenzgutachtens, die dazu am 29.04.2019 ein Gespräch mit dem Angeklagten führte. Mit Beschluss vom 09.08.2019 ordnete das Insolvenzgericht vorläufige Insolvenzverwaltung an und bestellte die Gutachterin zur vorläufigen Insolvenzverwalterin. Nach Vorlage des Gutachtens eröffnete das Insolvenzgericht am 01.10.2019 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Angeklagten und bestellte Rechtsanwältin H. zur Insolvenzverwalterin.
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bb) Danach bestand seit 02.01.2019 objektiv eine Auskunftspflicht des Angeklagten gegenüber dem Insolvenzgericht und seit 09.08.2019 auch gegenüber der vorläufigen Insolvenzverwalterin. Da das Berufungsgericht zugunsten des Angeklagten von einer sicheren Kenntnis des Eigentums am Grundstück erst aufgrund der Mitteilung durch das Nachlassgericht am 30.05.2019 ausgeht, bestand seit diesem Zeitpunkt auch subjektiv die Offenbarungspflicht gegenüber dem Insolvenzgericht und seit 09.08.2019 auch gegenüber der vorläufigen Insolvenzverwalterin. Ob darüber hinaus Auskunftspflichten des Angeklagten seit dem 30.05.2019 auch gegenüber der gerichtlich bestellten Sachverständigen als „verlängerter Arm des Gerichts“ bestanden (vgl. BGH, Beschluss vom 21.07.2005 - IX ZB 179/04, ZVI 2005, 551, juris Rn. 3 f.; Uhlenbruck/Zipperer, InsO, 15. Aufl., § 20 Rn. 19 m.w.N.), was wohl nur in Betracht kommt, wenn das Insolvenzgericht dem Schuldner aufgibt, diese Pflichten unmittelbar gegenüber der Sachverständigen zu erfüllen (BGH, Beschluss vom 19.07.2012 - IX ZB 6/12, NZI 2012, 823, juris Rn. 11; BeckOK InsR/Kopp, 26. Ed. 15.01.2022, InsO § 20 Rn. 11; offengelassen von BGH, Beschluss vom 20.09.2007 - IX ZB 37/07, NZI 2008, 100, juris Rn. 6 f.), kann offenbleiben, zumal hierzu Feststellungen fehlen.
15
cc) Die Pflicht zur Offenbarung entsteht grundsätzlich mit der Erlangung der Kenntnis vom Vorhandensein des Vermögensgegenstandes und nicht - wie die Revision rechtsirrig annimmt - so rechtzeitig, dass sie im Verfahren, zumindest im nächsten Verfahrensschritt, noch berücksichtigt werden kann.
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(1.) Würde man dieser Ansicht folgen, käme man je nach Verfahrensschritt des Insolvenzeröffnungs- und des Insolvenzverfahrens zu einem abschnittsweisen Aufschieben der Offenbarungspflicht. Dies widerspricht bereits der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach es sich beim Verheimlichen gemäß § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB im Ergebnis um ein Dauerdelikt handelt, da nicht nur die Rechtspflicht, verheimlichte Vermögensgegenstände ohne besondere Nachfrage gemäß §§ 20, 97 InsO zu offenbaren, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortbesteht, sondern auch die Gefährdungslage, die noch in eine (endgültige) Verletzung des Rechtsguts umschlagen kann (BGH, Beschluss vom 14.03.2016 - 1 StR 337/15, BGHSt 61, 180 = NJW 2016, 1525, juris Rn. 15 und 23).
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Die wahre Vermögenslage ist nicht nur abschnittsweise, sondern im Laufe des Verfahrens immer von Bedeutung. Gerade im Eröffnungsverfahren ist die Pflicht zur uneingeschränkten Mitwirkung (§ 20 InsO) besonders wichtig, weil dort die Weichen für das spätere Verfahren gestellt werden (vgl. Kübler/Prütting/Bork/Holzer, InsO, Stand 2022, § 20 Rn. 2). Dies beginnt bereits bei Erstellung des Gutachtens des vorläufigen Insolvenzverwalters und setzt sich bis zur Berechnung der Insolvenzquoten im eröffneten Verfahren fort.
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(2.) Im Übrigen würde die Ansicht der Revision zur Frage der Rechtzeitigkeit der Mitteilung den Angeklagten nicht entlasten. Dieser hat nämlich das Eigentum am Grundstück von sich aus überhaupt nicht offengelegt und dieses erst eingeräumt, als die Insolvenzverwalterin von dritter Seite Kenntnis hiervon erlangte. Er hat somit nach Kenntniserlangung vom Eigentum am Grundstück am 30.05.2019 dieses nicht nur im Stadium des Eröffnungsverfahrens dem Insolvenzgericht gegenüber nicht offenbart und nach Bestellung der vorläufigen Insolvenzverwalterin am 09.08.2019 dieser gegenüber verschwiegen, sondern auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 01.10.2019 der Insolvenzverwalterin das Eigentum nicht von sich aus offengelegt.
19
b) Das Berufungsgericht geht unter Anknüpfung an eine im insolvenzrechtlichen Schrifttum vertretene Auffassung davon aus, dass dem Schuldner nach Entstehung der Auskunfts- bzw. Offenbarungspflicht zur Erteilung der Auskunft über seine Vermögensverhältnisse regelmäßig eine Frist von zwei Wochen einzuräumen sein werde. Laufe die Frist ab, ohne dass der Schuldner Auskunft erteile, trete eine Pflichtverletzung und damit das tatbestandliche Verheimlichen ein.
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Ob dies zutrifft, kann vorliegend offen bleiben.
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aa) Für die Vollendung des Bankrotts gemäß § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB kommt es in der vorliegenden Tatbestandsalternative darauf an, ab wann seit dem Entstehen der Offenbarungspflicht, wenn der Angeklagte dieser nicht nachkommt, von einem Verheimlichen auszugehen ist.
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(1) Verheimlichen ist jedes Verhalten, durch das ein Vermögensbestandteil oder dessen Zugehörigkeit zur Insolvenzmasse der Kenntnis des Insolvenzverwalters oder der Gläubiger entzogen wird (BGH, Beschluss vom 12.05.2016 - 1 StR 114/16, NStZ 2016, 604, juris Rn. 11 m.w.N.). Verheimlichen kann daher sowohl durch falsche Angaben als auch durch Unterlassen (Verschweigen) bei Verletzung einer Auskunfts- oder Anzeigepflicht verwirklicht werden (BGH, Beschlüsse vom 14.03.2016 - 1 StR 337/15, BGHSt 61, 180 = NJW 2016, 1525, juris Rn. 14, und vom 09.05.2017 - 1 StR 626/16, NStZ-RR 2017, 250 juris Rn. 4; BGH, Urteil vom 20.12.1957 - 1 StR 492/57, BGHSt 11, 145, 146; LK-StGB/Tiedemann, 12. Aufl., § 283 Rn. 38 a; MüKoStGB/Petermann/Sackreuther, 4. Aufl., § 283 Rn. 13 f.; SSW-StGB/Bosch, 5. Aufl., § 283 Rn. 6; Brand, in: Bittmann, Praxishandbuch Insolvenzstrafrecht, 2. Aufl., § 12 Rn. 69 m.w.N.). Ausreichend ist damit, dass lediglich die Zugehörigkeit des Vermögensbestandteils zur Insolvenzmasse verheimlicht wird (LK-StGB/Tiedemann, a.a.O., § 283 Rn. 38).
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Die aus § 20 Abs. 1, § 22 Abs. 3 Satz 3 und § 97 InsO folgenden Auskunftsverpflichtungen des Schuldners sind - wie bereits ausgeführt - nicht davon abhängig, dass an den Schuldner entsprechende Fragen gerichtet werden (BGH, Beschluss vom 14. März 2016 - 1 StR 337/15, juris Rn. 15; LK-StGB/Tiedemann, a.a.O., § 283 Rn. 38 a; MüKoStGB/Petermann/Sackreuther, a.a.O., § 283 Rn. 14). Der Schuldner ist nicht nur zur Auskunft verpflichtet, sondern er muss von sich aus ohne besondere Nachfrage alle verfahrensrelevanten Umstände offenlegen, soweit sie offensichtlich für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sein können und nicht klar zu Tage liegen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 05.03.2015 - IX ZB 62/14, NZI 2015, 380, juris Rn. 12 m.w.N., vom 08.03.2012 - IX ZB 70/10, ZInsO 2012, 751, juris Rn. 13 m.w.N., vom 23.09.2010 - IX ZB 16/10, NZI 2010, 999, juris Rn. 5, vom 17.11.2008 - NotZ 130/07, NJW-RR 2009, 783, juris Rn. 36; K. Schmidt InsO/Hölzle, 19. Aufl., § 20 Rn. 11).
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(2) Gemäß § 35 InsO erfasst das Insolvenzverfahren grundsätzlich (Ausnahmen sind in § 36 InsO geregelt) das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (vgl. LK-StGB/Tiedemann a.a.O., § 283 Rn. 23 a). Offenzulegen hat der Schuldner somit insbesondere Entwicklung und Bestand des Vermögens und der Schulden (MüKoInsO/Vuia, a.a.O., § 20 Rn. 26). Die einmalige Auskunftserteilung befreit den Schuldner nicht von seiner Auskunftspflicht (Jaeger/Gerhardt, InsO, a.a.O., § 20 Rn. 6). Der Schuldner ist vielmehr verpflichtet, seine bereits gemachten Angaben unverzüglich und in eigener Initiative zu ergänzen oder richtigzustellen, wenn er erkennt, dass sich nicht unwesentliche Veränderungen ergeben haben oder die bisherigen Angaben unvollständig oder unrichtig waren; ein besonderes Auskunftsverlangen des Insolvenzverwalters oder des Gerichts ist nicht erforderlich (BGH, Beschlüsse vom 17.11.2008 - NotZ 130/07, NJW-RR 2009, 783, juris Rn. 36, und vom 09.10.2008 - IX ZB 212/07, NZI 2009, 65, juris Rn. 11; BGH, Urteil vom 27.07.1955 - 3 StR 211/55, GA 1956, 123, 124; MüKoInsO/Vuia, a.a.O., § 20 Rn. 34; BeckOK InsR/Kopp, a.a.O., InsO § 20 Rn. 31).
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bb) Die herrschende Meinung verlangt für die Vollendung, dass die Kenntnisentziehung erfolgreich ist (vgl. LK-StGB/Tiedemann, a.a.O., § 283 Rn. 38; Rotsch/Wagner, in: Momsen/Grützner, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 28 Rn. 162), also die Tat zu einem Irrtum des Gläubigers über die Existenz oder den Verbleib des Vermögensgegenstandes führen muss (Braasch, in: Dölling/Duttge/Rössner, Gesamtes Strafrecht 5. Aufl., StGB § 283 Rn. 14), wobei ein zumindest vorübergehender Täuschungserfolg, also eine zeitweilige Verhinderung der Kenntnis ausreicht (vgl. MüKoStGB/Petermann/Sackreuther, a.a.O., § 283 Rn. 13; Heine/Schuster, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl., § 283 Rn. 5; Pfordte/Sering, in: Leitner/Rosenau, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 1. Aufl., StGB § 283 Rn. 22; Fischer, StGB, 69. Aufl., § 283 Rn. 5; Bosch, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, StGB, 5. Aufl., § 283 Rn. 6; BeckOK StGB/Beukelmann, 52. Ed. 01.02.2022, § 283 Rn. 41; Kindhäuser, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, 5. Aufl., § 283 Rn. 25; Reinhart, in: Graf/Jäger/Wittig, StGB, 2. Aufl., § 283 Rn. 19; so auch - zu § 283 d Abs. 1 StGB - BGH, Beschluss vom 12.05.2016 - 1 StR 114/16, NStZ 2016, 604, juris Rn. 11); das auf die Verheimlichung gerichtete Verhalten allein genügt nicht (vgl. Heine/Schuster, in: Schönke/Schröder, StGB, a.a.O., § 283 Rn. 5; SK-StGB/Hoyer, 9. Aufl., § 283 Rn. 36; so aber Müller-Gugenberger/Richter, Wirtschaftsstrafrecht, 7. Aufl., Kap. 83 Rn. 32). Da die verheimlichten Vermögensbestandteile dem Zugriff der Gläubiger oder des Insolvenzverwalters nicht dauerhaft entzogen zu werden brauchen, bleibt es aber auch dann bei vollendetem Verheimlichen, wenn die zwischenzeitliche Unkenntnis durch erfolgreiche Recherchen der Betroffenen oder Dritter oder durch eigene Aufklärungstätigkeiten des Schuldners wieder beseitigt wird (Reinhart, in: Graf/Jäger/Wittig, StGB, a.a.O. § 283 Rn. 19; Heine/Schuster, in: Schönke/Schröder, StGB, a.a.O., § 283 Rn. 5).
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Dem Schuldner muss es also gelingen, den Vermögensbestandteil zumindest vorübergehend zu verbergen.
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(1.) Um die zeitliche Grenze zu ermessen, von der ab der Schuldner den Vermögensbestandteil lange genug versteckt und somit verheimlicht hat, wird vereinzelt auf die vergleichbare Problematik bei § 258 StGB abgestellt, wonach eine Straf- bzw. Vollstreckungsvereitelung zu bejahen sei, sobald der Täter über einen Zeitraum von zwei Wochen hinweg die Strafverfolgungsbehörden daran gehindert hat, die Strafverfolgung bzw. -vollstreckung gegen den Begünstigten einzuleiten (vgl. Bittmann, in: Bittmann, Praxishandbuch Insolvenzstrafrecht, a.a.O., § 12 Rn. 68). Anzumerken ist jedoch, dass auch bei § 258 StGB verschiedene Fristen zwischen wenigen Tagen und drei Wochen diskutiert werden (vgl. die Nachweise bei Hecker, in: Schönke/Schröder, a.a.O., § 258 Rn. 14) und der Bundesgerichtshof eine Verzögerung der Verurteilung für geraume Zeit fordert (BGH, Beschluss vom 24.06.2016 - 4 StR 205/16, NJW 2016, 3110, juris Rn. 12), wobei nicht allein auf eine feste Zeitspanne abzustellen sei (BGH, Urteil vom 21.12.1994 - 2 StR 455/94, wistra 1995, 143, juris Rn. 13 f.).
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(2.) Soweit die Frage der Fristen für die Auskunftserteilung in der insolvenzrechtlichen Literatur überhaupt angesprochen wird (gerichtliche Entscheidungen hierzu sind - soweit ersichtlich - nicht ergangen), wird mehrheitlich darauf hingewiesen, dass der Schuldner wegen der Eilbedürftigkeit des Eröffnungsverfahrens kurzfristig zur Verfügung stehen muss und Auskünfte schnellstmöglich (Graf-Schlicker/Lienau, InsO, 6. Aufl., § 20 Rn. 6), im Regelfall mündlich (vgl. BeckOK InsR/Kopp, a.a.O., InsO § 20 Rn. 29; MüKoInsO/Vuia, 4. Aufl., § 20 Rn. 30; Nerlich/Römermann/Mönning, InsO, 43. EL Mai 2021, § 20 Rn. 21) und nur mit besonderer Gestattung des Gerichts schriftlich (Jaeger/Gerhardt, InsO, 1. Aufl., § 20 Rn. 7) und in der Regel innerhalb von zwei Wochen zu erteilen hat (vgl. Braun/Böhm, InsO, a.a.O., § 20 Rn. 10; Uhlenbruck/Zipperer, InsO, a.a.O., § 20 Rn. 20). In Übereinstimmung hiermit wird angenommen, dass dann, wenn das Insolvenzgericht eine Frist zur Auskunftserteilung setzt, wegen der Eilbedürftigkeit des Eröffnungsverfahrens eine solche von zwei Wochen jedenfalls ausreichend sei (Kübler/Prütting/Bork/Holzer, InsO, a.a.O., § 20 Rn. 23; Graf-Schlicker/Lienau, InsO, a.a.O., § 20 Rn. 6). Im Einzelfall könne (etwa bei Gefahr im Verzug) auch eine kürzere Frist geboten sein (vgl. Kayser/Thole/Laroche, HK-InsO, 10. Aufl., § 20 Rn. 14).
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Die Einräumung einer solchen Frist zur Auskunftserteilung dürfte auch deshalb geboten sein, da der nach § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 Satz 2 InsO zur Auskunft Verpflichtete sich nicht darauf beschränken darf, sein präsentes Wissen mitzuteilen. Er kann vielmehr auch dazu verpflichtet sein, die Vorarbeiten zu erbringen, die für eine sachdienliche Auskunft erforderlich sind, wobei hierzu auch das Forschen nach vorhandenen Unterlagen und deren Zusammenstellung gehören kann (vgl. BGH, Beschluss vom 19.01.2006 - IX ZB 14/03, ZInsO 2006, 264 juris Rn. 8).
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(3.) Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, dass die Mitteilung des Eigentums an dem besagten Grundstück für den Angeklagten keinerlei Mühe und Aufwand bedeutet hätte und hält insoweit zur Tatbestandsvollendung des Verheimlichens den Ablauf einer Zwei-Wochen-Frist für maßgeblich.
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Ob letzteres zutrifft, kann vorliegend dahinstehen. Denn letztlich ist es dem Angeklagten gelungen, das Eigentum am Grundstück bis zur Information der Insolvenzverwalterin durch die Raiffeisenbank am 09.03.2020 zu verbergen. Zudem wäre ein solcher vorübergehender Täuschungserfolg jedenfalls spätestens mit der Überweisung des Kaufpreiserlöses für das Grundstück auf das eigens zu diesem Zweck eröffnete Auslandskonto in G. eingetreten (vgl. insoweit die zutreffenden Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft in ihrem Antragsschreiben vom 22.01.2022, Seite 6 f.). Außerdem ist hierdurch auch der Tatbestand des Beiseiteschaffens verwirklicht worden, da der Zugriff der Insolvenzverwalterin und damit der Gläubiger auf diesen Erlös erschwert wurde (a.a.O. Seite 7).
3. Zur Bedeutung des Umstands, dass der Angeklagte keinen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt hat, für die Strafzumessung:
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Das Berufungsgericht hat unter Ziffer III. der Gründe auf Seite 3 des Urteils festgestellt, dass ein Dritter am 02.01.2019 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Angeklagten beantragt hat. Es musste bei der Strafzumessung nicht eigens darauf eingehen, dass es sich um einen Fremd- und nicht um einen Eigeninsolvenzantrag des Angeklagten gehandelt hat und dieser keinen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt hat. Die Generalstaatsanwaltschaft hat auf Seite 5 ihrer Antragsschrift zutreffend darauf hingewiesen, dass der Schutzzweck des Straftatbestands des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht dadurch tangiert wird, dass der Angeklagte einen solchen Antrag nicht gestellt hat.
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Durch die Verheimlichung eines Vermögensgegenstandes mit dem Ziel, diesen oder ein Surrogat der Verteilung an die Gläubiger zu entziehen, werden letztere gefährdet. Es mag sein, dass ein Schuldner, der unter Verheimlichung eines Vermögensgegenstandes einen Eigeninsolvenzantrag stellt, um eine Restschuldbefreiung zu erlangen (falsche Auskünfte führen zu einem Versagen einer solchen Befreiung, vgl. § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO), eine höhere kriminelle Energie entwickelt, als der Angeklagte, der bei einem Fremdinsolvenzantrag, ohne einen Restschuldbefreiungsantrag zu stellen, „lediglich“ einen Vermögensgegenstand verheimlicht. Gleichwohl war die Strafkammer bei der nach individuellen Kriterien erfolgten Strafzumessung, für die hier unter anderem der tatsächliche Wert des verheimlichten Vermögensgegenstandes wesentlich ist, nicht gehalten, ein alternatives Begehungsszenarium zu berücksichtigen, das beim Angeklagten keine Rolle spielt.
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Soweit die Revision darauf hinweist, dass der Angeklagte „auch zu einem früheren Zeitpunkt, d.h. insbesondere als die Erbschaft bzw. der Verkauf des Grundstücks im Insolvenzverfahren noch nicht bekannt waren, es niemals darauf abgesehen hat, zu Lasten der Gläubiger Restschuldbefreiung zu erlangen“ (RB 18), und er bewusst von Anfang an trotz entsprechender Belehrungen und Hinweise keinen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt hat, handelt es sich um urteilsfremdes und damit revisionsrechtlich unbeachtliches Vorbringen.
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Die insoweit erhobene Alternativrüge bleibt - worauf die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend hingewiesen hat - wegen Bedeutungslosigkeit ohne Erfolg.
4. Zur Strafzumessung im Allgemeinen
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Das Berufungsgericht hat bei der Strafzumessung zugunsten des Angeklagten dessen weitgehendes Geständnis gewürdigt, aber ausgeführt, es habe keine Schuldeinsicht und Reue feststellen können, so dass letzteres (also Schuldeinsicht und Reue) nicht zu seinen Gunsten angesetzt werden könne. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Eine nähere Begründung, was erforderlich gewesen wäre, um aus Sicht des Berufungsgerichts von Schuldeinsicht und Reue zu sprechen, bedarf es nicht. Letztlich ergibt sich aber das Fehlen eines „vollständigen Geständnisses“ aus den Urteilsfeststellungen, dass der Angeklagte zu den Gründen für die verschiedenen Zahlungswege (Barzahlung und die Nutzung neuer Konten) beim Grundstücksverkauf keine Angaben machte (UA 5 unter IV.2.), also zu Umständen, durch die der Zugriff der Insolvenzverwalterin auf den Grundstückserlös erschwert worden wäre (bei der zunächst erwünschten Barzahlung) bzw. wurde (aufgrund der Überweisung auf ein georgisches Konto).
5. Zur Frage von Besonderheiten bei Verbraucherinsolvenzen
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a) Der Senat sieht keinen Anlass, von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Anwendbarkeit des § 283 StGB auf Verbraucherinsolvenzen abzuweichen. Dies gilt im Besonderen bei der vorliegenden Fallgestaltung des Verheimlichens von Vermögenswerten.
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aa) Der Umstand, dass das in § 283 Abs. 1 StGB genannte Tatbestandsmerkmal der Überschuldung bei Verbrauchern kein Insolvenzgrund ist (vgl. § 19 Abs. 1 InsO), spielt insoweit keine Rolle, da alternativ hierzu die auch auf Verbraucher anwendbaren Tatbestandsmerkmale der drohenden oder eingetretenen Zahlungsunfähigkeit (§§ 17, 18 InsO i.V.m. § 304 InsO) in § 283 StGB genannt sind.
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Entsprechendes gilt für den Einwand, dass der in § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB verwendete Begriff des ordnungsgemäßen Wirtschaftens auf Verbraucher nicht anwendbar sei. Die Tatbestandsalternative, dass der Täter Bestandteile seines Vermögens in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Der Umstand, dass alternative Begehungsweisen eines Straftatbestandes nur auf einen bestimmten Täterkreis anwendbar sind, führt nicht dazu, dass der gesamte Straftatbestand in seiner Anwendung auf diesen Täterkreis beschränkt wäre.
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Insoweit hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich angemerkt, dass § 283 StGB auch für Nichtkaufleute gilt, soweit sich aus einzelnen Tatbestandsvarianten (vgl. Abs. 1 Nr. 5 und 7) nichts anderes ergibt. Deshalb kann jeder Schuldner Täter sein; die ausdrücklichen Regelungen des Insolvenzverfahrens über das Vermögen von natürlichen Personen (§ 11 Abs. 1, § 304 Abs. 1 InsO) lassen keinen Rückschluss auf den Anwendungsbereich des § 283 StGB zu. Mit der Einführung des Verbraucherinsolvenzverfahrens (§§ 304 ff. InsO) ist lediglich faktisch eine Erweiterung des Täterkreises verbunden (BGH, Urteil vom 22.02.2001 - 4 StR 421/00, NStZ 2001, 485, juris Rn. 16). Demgemäß ist auch in der Literatur allgemein anerkannt, dass der Verbraucher Schuldner im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB sein kann (vgl. Müller-Gugenberger/Richter, a.a.O., Kap. 81 Rn. 29). Der von der Revision angeführte Umstand, dass Verbraucher keine Buchführungspflicht haben und auch sonst (außer im Fall des Insolvenzverfahrens) nicht gehalten seien, ihre Vermögensverhältnisse gegenüber Dritten offenzulegen - was übrigens nicht zutrifft, s. § 802 c ZPO -, ändert hieran nichts.
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bb) Entgegen der Ansicht der Revision folgt hieraus insbesondere nicht, dass bei der Auslegung des Begriffs der Zahlungsunfähigkeit bei Verbraucherinsolvenzen von einem anderen Sprachgebrauch auszugehen sei. Der Begriff ist in § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO gesetzlich definiert und hängt nicht von der Art der Insolvenz ab, zumal diese Norm gemäß § 304 InsO auf das Verbraucherinsolvenzverfahren uneingeschränkt anwendbar ist.
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(1.) Gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO ist der Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Danach ist allein der Zeitpunkt der Fälligkeit einer Forderung entscheidend, der nur durch eine Stundungsvereinbarung hinausgeschoben werden kann. Von der Zahlungsunfähigkeit abzugrenzen ist die bloße Zahlungsstockung, das heißt der kurzfristig behebbare Mangel an flüssigen Mitteln. Dieser muss in einem Zeitraum von maximal drei Wochen zu beseitigen sein, da eine kreditwürdige Person in der Lage ist, sich binnen dieser Frist die benötigten Beträge darlehensweise zu beschaffen (BGH, Beschlüsse vom 23.05.2007 - 1 StR 88/07, NStZ 2007, 643 f., in juris, und vom 21.08.2013 - 1 StR 665/12, NJW 2014, 164 juris Rn. 13).
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Bei der Beurteilung, ob eine Zahlungsunfähigkeit vorliegt, ist zu prüfen, ob den fälligen Zahlungsverpflichtungen zu ihrer Tilgung vorhandene oder herbeizuschaffende Mittel (also die flüssigen Mittel und kurzfristig einziehbaren Forderungen sowie gegebenenfalls kurzfristig liquidierbare Vermögensgegenstände) gegenüberstehen (vgl. BGH, Urt. vom 10.02.2009 - 3 StR 372/08, NJW 2009, 2225, juris Rn. 14). Berücksichtigungsfähig sind auf der Aktivseite grundsätzlich - weil es ja um die Begleichung fälliger Zahlungspflichten geht - nur die aktuell verfügbaren Mittel (Bankguthaben, Bargeld, freie Kreditlinien auf laufenden Konten, sonstige sofort abrufbare Kreditmittel, die nicht sofort zur Rückzahlung fällig sind; vgl. Uhlenbruck/Mock, InsO, a.a.O., § 17 Rn. 43, 45; BeckOK InsR/Wolfer, a.a.O., InsO § 17 Rn. 16; Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., vor § 64 Rn. 12) sowie alle Gegenstände des Vermögens, die innerhalb der nächsten drei Wochen durch Veräußerung/Beleihung in liquide Mittel umgewandelt werden können (vgl. Uhlenbruck/Mock, InsO, a.a.O., § 17 Rn. 46; BeckOK InsR/Wolfer, a.a.O., InsO § 17 Rn. 17; Nerlich/Römermann/Mönning/Gutheil, InsO, 44. EL Nov. 2021, § 17 Rn. 21). Derartige kurzfristig verwertbare Vermögensbestandteile sind etwa Kraftfahrzeuge (BGH, Beschluss vom 19.07.2007 - IX ZB 36/07, BGHZ 173, 286 = NZI 2007, 579, juris Rn. 29), nicht jedoch die Geschäftseinrichtung (BGH, Beschluss vom 19.07.2007 - IX ZB 36/07, BGHZ 173, 286 = NZI 2007, 579, juris Rn. 29). Der Umstand, dass in einen Gegenstand vollstreckt werden kann, reicht demgegenüber nicht (vgl. Noack/Servatius/Haas, a.a.O., vor § 64 Rn. 15 b).
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(2.) Danach gehören Immobilien regelmäßig nicht zu den kurzfristig verwertbaren Vermögensbestandteilen (vgl. Braun/Salm-Hoogstraeten, InsO, a.a.O., § 17 Rn. 34; BeckOK InsR/Wolfer, a.a.O., InsO § 17 Rn. 19; Uhlenbruck/Mock, InsO, a.a.O., § 17 Rn. 44). Ob es sich anders verhält, wenn der Schuldner eine konkrete Verkaufsmöglichkeit zu einem bestimmten Preis dargelegt hätte (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 19.07.2007 - IX ZB 36/07, BGHZ 173, 286 = NZI 2007, 579, juris Rn. 31) und somit eine kurzfristige Liquidierbarkeit gewährleistet wäre (vgl. K. Schmidt InsO/Karsten Schmidt, InsO, a.a.O., § 17 Rn. 14), kann dahinstehen.
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Abgesehen davon, dass nach den Feststellungen im Berufungsurteil zum Zeitpunkt der Mitteilung der Erbenstellung durch das Nachlassgericht am 30.05.2019 noch kein bindender Kaufvertrag über das Grundstück abgeschlossen worden war (der notarielle Vertragsschluss erfolgte erst am 19.09.2019), kann die Beurkundung von Verbraucherverträgen, bei denen sich ein Vertragsteil - wie hier der Angeklagte - verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen, gemäß § 17 Abs. 2 a Nr. 2 Satz 1 Halbs. 2, Satz 2 BeurkG i.V.m. § 311 b Abs. 1 Satz 1 BGB, regelmäßig erst erfolgen, wenn diesem Vertragsteil der beabsichtigte Vertragstext zur Verfügung gestellt worden ist, was regelmäßig zwei Wochen vor der Beurkundung erfolgen soll. Zudem hängt bei Grundstücksveräußerungen die Fälligkeit des Kaufpreises regelmäßig von der Eintragung einer Auflassungsvormerkung im Grundbuch ab, die ebenfalls eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt, so dass selbst bei Vorhandensein eines konkreten Kaufinteressenten innerhalb eines Zeitraums von drei Wochen eine Umwandlung des Immobilieneigentums in liquide Mittel nicht zu bewerkstelligen ist.
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Insofern ist auch der vom Angeklagten gestellte Beweisantrag zur Einholung eines betriebswirtschaftlichen Sachverständigengutachtens zu der Behauptung, in betriebswirtschaftlicher Hinsicht habe das Grundstück zu den liquiden Mitteln gehört, weil mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen sei, dass es spätestens innerhalb von sechs Monaten verkauft wird, ebenso wie der weitere Beweisantrag zur Immobilienbewertung unerheblich.
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(3.) Ob es dem Angeklagten möglich gewesen wäre, zum Zeitpunkt der Mitteilung seiner Erbenstellung am 30.05.2019 mit seinen Gläubigerin unter Hinweis auf den Vermögenszufluss eine Stundungsvereinbarung abzuschließen und dadurch die Zahlungsfähigkeit wieder herzustellen, kann dahinstehen, denn er wollte ja gerade diesen Vermögenszufluss verheimlichen.
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(4.) Soweit die Revision die Ansicht vertritt, es komme bei der Abgrenzung der Zahlungsunfähigkeit von der Zahlungsunwilligkeit allein auf die Beantwortung der Frage an: „Hätte der Schuldner, wenn er gewollt hätte, die Möglichkeit gehabt, die Forderung zu befriedigen?“, geht dies fehl. Denn die Zahlungsfähigkeit bedeutet die Möglichkeit, bestehende Verbindlichkeiten zum Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu begleichen, wobei zur Abgrenzung einer vorübergehenden Zahlungsstockung hierfür ein Zeitraum von maximal drei Wochen eingeräumt wird. Auch seine Beweisanträge, die darauf abzielen, er hätte innerhalb von drei Wochen von verschiedenen Seiten Kredite erhalten, wurden zu Recht abgelehnt, da der Angeklagte während der zum Insolvenzantrag und zur Insolvenzeröffnung führenden Krise ja gerade keine Maßnahmen unternommen hat, um seine Zahlungsunfähigkeit innerhalb von drei Wochen zu beseitigen.
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Die Ansicht des Berufungsgerichts, das Vorhandensein eines Grundstücks beseitige die vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellte Zahlungsunfähigkeit nicht, ist somit rechtlich nicht zu beanstanden.
b) Strafzumessung bei Verbrauchern
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Entgegen der Ausführungen der Revision ist die Strafzumessung, in der die persönlichen Verhältnisse des Angeklagten berücksichtigt wurden, nicht zu beanstanden. Ob der Angeklagte als Verbraucher oder ein Unternehmer in der Krise Vermögensgegenstände verschleiert, um sie dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen, macht zunächst keinen Unterschied. Ein Fall, in dem ein Verbraucher einen Eigenantrag stellt, der gezielt darauf gerichtet ist, Gläubiger zu schädigen, liegt nicht vor. Das Berufungsgericht hat solches auch nicht zu Lasten des Angeklagten angenommen, so dass die hierauf gerichtete Argumentation der Revision ins Leere geht.
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Gleichwohl hat der Angeklagte eine erhebliche kriminelle Energie entwickelt. Er hat nicht nur den Erbanfall verheimlicht, sondern das ihm angefallene Grundstück auch noch weiterveräußert und somit dem Zugriff der Insolvenzverwalterin entzogen. Zudem hat er versucht, vor Abschluss des notariellen Kaufvertrags den späteren Käufer zu einer Barzahlungsvereinbarung zu bewegen, was dieser aber abgelehnt hat. Dies konnte nur den Grund haben, einen Zahlungsfluss zu verschleiern. Daraufhin hat er abweichend von der Vereinbarung im notariellen Kaufvertrag, wonach der Kaufpreis auf das Nachlasskonto der verstorbenen Mutter des Angeklagten hätte überwiesen werden sollen, den Käufer gebeten, den Kaufpreis auf ein vom Angeklagten zwischenzeitlich eröffnetes Konto bei der N26-Bank zu überweisen. Dem ist der Käufer zwar nachgekommen. Die Bank hat jedoch das eingegangene Geld auf das Konto des Käufers zurücküberwiesen, da ihr der Vorgang verdächtig vorkam. Letztlich hat der Angeklagte sodann ein Konto bei einer georgischen Bank eröffnet, worauf der Käufer den Kaufpreis wunschgemäß überwies. Durch die Bestimmung eines georgischen Kontos als Empfängerkonto hat der Angeklagte faktisch den Zugriff auf den Zahlungserlös für die Insolvenzverwalterin mindestens erschwert.
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Dass er schließlich gleichwohl - nachdem seine Machenschaften aufgedeckt worden waren - einen Betrag von 245.833,33 € an die Insolvenzverwalterin überwiesen hat, wurde im Rahmen der Strafzumessung zu seinen Gunsten berücksichtigt.
6. „Verschleifungsverbot“
a) Konkrete Anwendung der Norm
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Die diesbezüglichen Ausführungen der Revision liegen neben der Sache. Zutreffend ist lediglich, dass sich das Bundesverfassungsgericht mit dem von ihm zum Untreuetatbestand des § 266 StGB postulierten „Verschleifungsverbot“ (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.07.2010 - 2 BvR 2559/08, BVerfGE 126, 170, juris Rn. 78) im Zusammenhang mit der Auslegung des § 283 Abs. 1 StGB bislang nicht befasst hat. Nach dieser Entscheidung dürfen einzelne Tatbestandsmerkmale auch innerhalb ihres möglichen Wortsinns nicht so weit ausgelegt werden, dass sie vollständig in anderen Tatbestandsmerkmalen aufgehen, also zwangsläufig mit diesen mitverwirklicht werden.
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Eine solche Auslegung hat das Berufungsgericht nicht vorgenommen. Es hat eindeutig unterschieden zwischen der Zahlungsunfähigkeit des Angeklagten, die bereits vor dem Erbfall eingetreten war und auch durch den Anfall des Grundstücks nicht beseitigt wurde, und der Frage des Verheimlichens von Vermögensgegenständen, also der Nichtoffenbarung des Erbfalls. Der Umstand, dass das betreffende Grundstück aus zweierlei Gründen - zum einen, da es nicht kurzfristig verwertbar war, und zum anderen, da es verheimlicht wurde - die Zahlungsunfähigkeit nicht beseitigt hat (s. sogleich unter b)), stellt ebenfalls keinen Verstoß gegen das Verschleifungsverbot dar.
b) Faktische und rechtliche Zuordnung von Vermögenswerten
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Bei der Frage, ob das verheimlichte Grundstück bei der Feststellung des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 283 StGB außer Betracht zu bleiben habe, meint die Revision, die undifferenzierte Gleichstellung rechtlicher Zuordnungen mit einem bloß tatsächlichen Geschehen sei vorliegend nicht haltbar.
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Dies kann dahinstehen. Denn auch wenn man entgegen der herrschenden Rechtsprechung (vgl. BGH, Beschluss vom 22.01.2013 - 1 StR 234/12, BGHSt 58, 115, juris Rn. 5; OLG Frankfurt, NStZ 1997, 551, 552) das „verheimlichte“ Grundstück bei der Liquiditätsprüfung berücksichtigen würde (offen gelassen von BGH, Urteil vom 22.02.2001 - 4 StR 421/00, juris Rn. 20, juris), ändert sich hierdurch wegen der kurzfristig nicht zu erreichenden Liquidierbarkeit nichts an dessen Zahlungsunfähigkeit wie oben aufgezeigt. Im Übrigen zeigen die vom Angeklagten zunächst gewünschten (Barzahlung) und dann erreichten (Überweisung auf ausländisches Konto) Zahlungsmodalitäten bei der Veräußerung des Grundstücks, dass der Kauferlös jedenfalls nicht unmittelbar den Gläubigern zugutekommen sollte, worin - wie ausgeführt - auch ein Beiseiteschaffen von Vermögenswerten im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB liegt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.