Inhalt

VGH München, Urteil v. 19.04.2021 – 3 BV 20.2837
Titel:

Erfüllungsübernahme des Dienstherren bei Schmerzensgeldansprüchen

Normenketten:
BayBG Art. 97 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1
BayBeamtVG Art. 46, Art. 47
Leitsätze:
1. Art. 97 Abs. 1 S. 1 BayBG enthält keine ungeschriebenen Tatbestandsmerkmale. Dies gilt sowohl in Bezug auf eine Angemessenheitsprüfung als auch eine Plausibilitätskontrolle hinsichtlich des rechtskräftig festgestellten Schmerzensgeldanspruchs. Im Rahmen des Art. 97 BayBG besteht zudem keine Bindungswirkung der im Dienstunfallverfahren nach Art. 46, 47 BayBeamtVG getroffenen Feststellungen (Anschluss an VGH München BeckRS 2020, 41350 Rn. 16 ff.). (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Uneinbringbarkeit des Schmerzensgeldanspruchs ist unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien für das Vorliegen einer unbilligen Härte nach Art. 97 Abs. 1 S. 1 BayBG zwingend erforderlich. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
3. Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 97 Abs. 2 S. 1 BayBG vor, ist dem Dienstherrn mithin (lediglich) bei der Frage bis zu welcher Höhe er den festgestellten Schmerzensgeldanspruch übernimmt, Ermessen eingeräumt (Anschluss an VGH München BeckRS 2020, 41350 Rn. 36). (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Erfüllungsübernahme bei Schmerzensgeldansprüchen, Versäumnisurteil als rechtskräftig festgestellter Anspruch (bejaht), Ermessensausübung, Schmerzensgeld, Erfüllungsübernahme, Versäumnisurteil, Ermessen, unbillige Härte, Bindungswirkung
Vorinstanz:
VG Ansbach, Urteil vom 30.09.2020 – AN 1 K 19.2198
Fundstelle:
BeckRS 2021, 9494

Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 30. September 2020 wird aufgehoben.
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids des Landesamts für Finanzen vom 26. September 2019 verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Erfüllungsübernahme eines Schmerzensgeldanspruchs in Höhe von 1.200,00 Euro erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt der Kläger 1/5 und der Beklagte 4/5.
IV. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.     
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.200,00 Euro festgesetzt.     
VI. Die Revision wird nicht zugelassen. 

Tatbestand

1
Der Kläger, Polizeibeamter im Dienst des Beklagten, begehrt die Übernahme der Erfüllung eines Schmerzensgeldanspruchs gegen einen Dritten (Schädiger) durch den Dienstherrn gemäß Art. 97 BayBG.
2
Der Kläger wurde bei einer polizeilichen Ingewahrsamnahme am 4. November 2017 im Rahmen eines tätlichen rechtswidrigen Angriffs in Ausübung seines Dienstes - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - von dem Schädiger verletzt. Mit Bescheid vom 21. Februar 2018 wurde der Vorfall als Dienstunfall mit der Dienstunfallfolge „Distorsion des rechten Daumens und eine Weichteilverletzung des linken Kniegelenks“ anerkannt. Die Entscheidung ist bestandskräftig.
3
Das Amtsgericht E. sprach dem Kläger mit Versäumnisurteil vom 23. Oktober 2018 ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.200,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1. Oktober 2018 zu.
4
Der Kläger beantragte mit Formblatt vom 12. Dezember 2018 die Erfüllungsübernahme des Schmerzensgeldanspruchs und legte drei Mitteilungen des Bevollmächtigten des Klägers vom 27. März, 21. Juni und 6. August 2018 vor, aus denen sich ergibt, dass das Forderungsschreiben dem Schädiger nicht habe zugestellt werden können und dieser sich auch der Strafverfolgungsbehörde entziehe. Gemäß Verfügung der zuständigen Staatsanwaltschaft vom 13. Juli 2018 wurde der Schädiger national zur Fahndung ausgeschrieben. Entsprechend bewilligte das Amtsgericht E. hinsichtlich der Zustellung der Schmerzensgeldklage und des Versäumnisurteils eine öffentliche Zustellung gemäß §§ 185 ff. ZPO.
5
Mit Bescheid vom 26. September 2019 lehnte das Landesamt für Finanzen (Landesamt) die beantragte Erfüllungsübernahme des Schmerzensgeldanspruchs des Klägers gegen den Schädiger ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass in der Gesamtschau der geltend gemachte Betrag von 1.200,00 Euro als unangemessen eingestuft werde.
6
Das Verwaltungsgericht verpflichtete den Beklagten mit Urteil vom 30. September 2020 unter Aufhebung des Bescheids vom 26. September 2019 an den Kläger 1.200,00 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 7. November 2019 zu zahlen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erfüllungsübernahme seien erfüllt. Hinsichtlich der Rechtsfolgenseite verbleibe dem Beklagten kein Ermessenspielraum zur Ablehnung des Antrags. Das der Behörde grundsätzlich zustehende Ermessen sei im vorliegenden Fall auf Null reduziert. Art. 97 Abs. 1 Satz 1 BayBG räume dem Dienstherrn nach seinem Wortlaut einen Ermessenspielraum ein, sodass der Dienstherr die Erfüllung übernehmen könne, soweit dies zur Vermeidung einer unbilligen Härte erforderlich sei. Gleichwohl werde die Ermessensausübung durch Art. 97 Abs. 2 Satz 1 BayBG dahingehend vorgegeben, dass eine unbillige Härte insbesondere dann vorliege, wenn die Vollstreckung über einen Betrag von mindestens 500 € erfolglos geblieben sei.
7
Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung. Er trägt im Wesentlichen vor, ein Versäumnisurteil genüge nicht der Tatbestandsvoraussetzung eines „rechtskräftig festgestellten Anspruches“ im Sinne des Art. 97 BayBG. Die Angemessenheit des Schmerzensgeldanspruchs sei ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal oder jedenfalls aber im Rahmen der Ermessensausübung zu prüfen.
8
Der Beklagte beantragt,
9
das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 30. September 2020 abzuändern und die Klage abzuweisen.
10
Der Kläger beantragt,
11
die Berufung zurückzuweisen.
12
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
13
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

14
Die zulässige Berufung des Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 125 Abs. 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO), ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Die Entscheidung über den klägerischen Antrag auf Erfüllungsübernahme ist ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig. Demnach war das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 30. September 2020 und der Bescheid vom 26. September 2019 aufzuheben. Die erneute Bescheidung des klägerischen Antrags hat unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu erfolgen (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
15
1. Nach Art. 97 Abs. 1 Satz 1 BayBG kann der Dienstherr, wenn der Beamte oder die Beamtin wegen eines tätlichen rechtswidrigen Angriffs, den er oder sie in Ausübung des Dienstes oder außerhalb des Dienstes wegen der Eigenschaft als Beamter oder Beamtin erleidet (1.1), einen rechtskräftig festgestellten Anspruch auf Schmerzensgeld gegen einen Dritten hat (1.2), auf Antrag (1.3) die Erfüllung dieses Anspruchs bis zur Höhe des festgestellten Schmerzensgeldbetrags übernehmen, soweit dies zur Vermeidung einer unbilligen Härte notwendig ist (1.4). Der Tatbestand dieser Norm ist vorliegend erfüllt.
16
1.1 Der Kläger hat hier unstreitig am 4. November 2017 - und damit innerhalb des zeitlichen Anwendungsbereichs des Art. 97 BayBG (ab 1.1.2015; BayVGH, B.v. 17.4.2018 - 3 ZB 17.18 - juris Rn. 2) - in Ausübung seines Dienstes einen tätlichen rechtswidrigen Angriff durch den Schädiger erlitten.
17
1.2 Aufgrund des rechtskräftigen Versäumnisurteils des Amtsgerichts E. vom 23. Oktober 2018 verfügt der Kläger über einen rechtskräftig festgestellten Anspruch auf Schmerzensgeld gegen einen Dritten, den Schädiger. Art. 97 Abs. 1 Satz 1 BayBG enthält keine ungeschriebenen Tatbestandsmerkmale; weder eine Angemessenheitsprüfung noch eine Plausibilitätskontrolle hinsichtlich des rechtskräftig festgestellten Schmerzensgeldanspruchs. Im Rahmen des Art. 97 BayBG besteht zudem keine Bindungswirkung der im Dienstunfallverfahren nach Art. 46, 47 BayBeamtVG getroffenen Feststellungen, etwa dahingehend, dass die Erfüllung des Schmerzensgeldanspruchs nur soweit übernommen werden dürfte wie er sich auf der Grundlage der im Dienstunfallverfahren festgestellten Dienstunfallfolgen ergäbe. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird diesbezüglich auf die Urteile des Senats vom 16. Dezember 2020 (3 B 20.1553 - juris Rn. 16 ff. und 3 B 20.1556 - juris 24 ff.) verwiesen.
18
1.3 Der Kläger beantragte die Übernahme der Erfüllung am 12. Dezember 2018 schriftlich innerhalb der Ausschlussfrist von zwei Jahren nach Rechtskraft des Versäumnisurteils (Art. 97 Abs. 3 Satz 1 BayBG). Dabei legte er ausreichende Nachweise vor, dass die Vollstreckungsbemühungen sachgerecht durchgeführt wurden, aber erfolglos geblieben sind. Die klägerischen Forderungsschreiben konnten dem Schädiger trotz mehrfacher Versuche nicht zugestellt werden, obwohl nach Auskunft des Einwohnermeldeamtes sowie einer Auskunft des Adressprüfdienstes der Deutschen Post der Schädiger im Inland wohnhaft sein soll. Als Nachweis für die erfolglosen Vollstreckungsbemühungen legte der Bevollmächtigte des Klägers im gerichtlichen Verfahren zudem eine staatsanwaltliche Verfügung vom 13. Juli 2018 vor, wonach das Strafverfahren gegen den Schädiger durch gerichtlichen Beschluss vom 6. Juli 2018 gemäß § 205 StPO vorläufig eingestellt und der Schädiger zur Aufenthaltsermittlung national ausgeschrieben worden ist. Entsprechend bewilligte das Amtsgericht E. hinsichtlich der Zustellung der Klage und des Versäumnisurteils eine öffentliche Zustellung gemäß §§ 185 ff. ZPO. Vor dem Hintergrund der erfolglosen Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden (Fahndung) waren weitere Eigenbemühungen des Klägers zur Aufenthaltsermittlung aussichtslos und weitere Vollstreckungsversuche entbehrlich.
19
1.4. Die Übernahme der Erfüllung des Schmerzensgeldanspruchs ist ferner zur Vermeidung einer unbilligen Härte notwendig (Art. 97 Abs. 1 Satz 1 BayBG). Eine unbillige Härte liegt nach Art. 97 Abs. 2 Satz 1 BayBG insbesondere vor, wenn die Vollstreckung über einen Betrag von mindestens 500,00 Euro erfolglos geblieben ist.
20
Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen einer unbilligen Härte sind als Ausnahmeregelung grundsätzlich hohe Anforderungen zu stellen. Die Uneinbringbarkeit des Schmerzensgeldanspruchs ist unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien für das Vorliegen einer unbilligen Härte zwingend erforderlich. Der bayerische Gesetzgeber machte in der Gesetzesbegründung deutlich, dass die Geltendmachung des Schmerzensgeldanspruchs auf Grund seiner höchstpersönlichen Natur und Genugtuungsfunktion, grundsätzlich dem Beamten vorbehalten bleiben muss. „Nur soweit die Uneinbringbarkeit des Anspruchs wegen Vermögenslosigkeit des Schädigers zu einer unbilligen Härte führt, eröffnet Art. 97 BayBG aus Fürsorgegründen die Möglichkeit, bei uneinbringlichen, rechtskräftig festgestellten Schmerzensgeldansprüchen eine entsprechende Übernahme der Erfüllung bei ihrem Dienstherrn zu beantragen“ (LT-Drs. 17/2871 S. 48).
21
In dem vorliegenden Fall liegt eine unbillige Härte im Sinne des Art. 97 Abs. 2 Satz 1 BayBG vor, da der Schmerzensgeldbetrag über der Mindestschadensgrenze von 500,00 Euro liegt und die Vollstreckung erfolglos blieb (siehe dazu 1.3).
22
2. Auf der Rechtsfolgenseite räumt Art. 97 Abs. 1 Satz 1 BayBG dem Dienstherrn nach seinem Wortlaut einen Ermessenspielraum ein, ob (sog. Entschließungsermessen) und „bis zu welcher Höhe“ (Auswahlermessen) er einen rechtskräftig festgestellten Anspruch auf Schmerzensgeld gegen einen Dritten übernimmt. Durch den Halbsatz „soweit dies zur Vermeidung einer unbilligen Härte notwendig ist“ wird die Ausübung des Entschließungsermessens dahingehend vorgegeben, dass bei Vorliegen einer unbilligen Härte der Dienstherr zur Erfüllungsübernahme verpflichtet ist.
23
In Art. 97 Abs. 1 Satz 1 BayBG wird der unbestimmte, einer unmittelbaren Subsumtion nicht zugängliche Rechtsbegriff „unbillige Härte“ auf der Tatbestandseite mit einem „kann“ der Behörde auf der Rechtsfolgenseite verbunden. Es handelt sich um eine sogenannte Kopplungsvorschrift (dazu allgemein: BVerwG, U.v. 26.11.2015 - 5 C 14.14 - juris Rn. 16; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 40 Rn. 36 m.w.N.). An die (hier gerichtlich voll überprüfbare) Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs kann sich einerseits eine eigenständige Ermessensausübung (Folgeermessen) anschließen. Andererseits kann zwischen beiden eine unlösbare Verbindung bestehen, sodass der unbestimmte Rechtsbegriff in den Ermessensbereich hineinragt und zugleich Inhalt und Grenzen der pflichtgemäßen Ermessensausübung bestimmt. Welche Konstellation zutrifft, lässt sich nur nach Sinn und Zweck der jeweiligen Vorschrift entscheiden. Maßstab ist dabei insbesondere, ob bei der Annahme eines unbestimmten Rechtsbegriffs auf der Tatbestandseite noch Raum für ein Verwaltungsermessen verbleibt (BSG, U.v. 20.3.2018 - B 1 A 1/17 R - juris Rn. 20 m.w.N.). Bei der Frage, ob der Schmerzensgeldbetrag vom Dienstherrn übernommen wird (Entschließungsermessen), hat das Wort „kann“ in Art. 97 Abs. 1 Satz 1 BayBG eine untergeordnete Bedeutung. Denn bei der Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs („unbillige Härte“) ist bereits ein großer Teil der Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die auch Bedeutung für die Ermessensausübung haben. Damit ergeben sich bei der Normanwendung überwiegend Überschneidungen zwischen der Tatbestands- und der Rechtsfolgenseite. Die Feststellung, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm gegeben oder nicht gegeben sind, bedeutet in diesen Fällen zugleich, dass der Behörde für die Ausübung ihres Entschließungsermessens („ob“) kein Spielraum verbleibt. Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 97 Abs. 2 Satz 1 BayBG vor, ist dem Dienstherrn mithin (lediglich) bei der Frage bis zu welcher Höhe er den festgestellten Schmerzensgeldanspruch übernimmt, Ermessen eingeräumt, das verwaltungsgerichtlich nur eingeschränkt überprüft werden kann (vgl. § 114 VwGO; BayVGH, U.v. 16.12.2020 - 3 B 20.1553 - juris Rn. 36). Lediglich wenn auf Grund desselben Sachverhalts eine einmalige Unfallentschädigung (Art. 62 BayBeamtVG) oder ein Unfallausgleich (Art. 52 BayBeamtVG) gezahlt wurde, kann der Dienstherr die Erfüllungsübernahme im Rahmen seines Erschließungsermessens verweigern. Eine derartige Sachverhaltskonstellation liegt hier nicht vor.
24
Das Landesamt hat in seinem streitgegenständlichen Bescheid vom 26. September 2019 eine rechtskräftige Feststellung des Schmerzensgeldanspruchs i.S.d. Art. 97 BayBG verneint. Es ist fehlerhaft davon ausgegangen, dass ein gerichtlich festgestellter Schmerzensgeldanspruch im Sinne des Art. 97 BayBG nur dann vorliege, wenn das Schmerzensgeld der Höhe nach angemessen sei. Damit hat es die tatbestandlichen Voraussetzungen der Erfüllungsübernahme nach Art. 97 BayBG zu Unrecht verneint. Es hat das ihm zustehende Ermessen nicht ausgeübt. Aus diesem Grund ist der Bescheid vom 26. September 2019 wegen Ermessensausfalls (§ 114 Satz 1 VwGO) rechtswidrig. Vor diesem Hintergrund hat der Kläger Anspruch auf erneute Entscheidung über seinen Antrag auf Erfüllungsübernahme, wobei der Beklagte seiner erneuten Entscheidung die Rechtsauffassung des Senats zugrunde zu legen hat.
25
Der Senat kann die mit dem ausdrücklich gestellten Antrag begehrte Verpflichtung des Beklagten, dem Antrag des Klägers auf Erfüllungsübernahme in Höhe von 1.200,00 Euro vom 12. Dezember 2018 stattzugeben und im Zuge dieser Erfüllungsübernahme 1.200,00 Euro an den Kläger zu bezahlen, nicht entsprechen, weil die Sache insoweit nicht spruchreif ist (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Entscheidung über die Erfüllungsübernahme liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn. Es ist nicht erkennbar, dass der Beklagte sein Ermessen rechtmäßig allein nur dahin ausüben könnte, die Erfüllung des Anspruchs auf Schmerzensgeld vollumfänglich in Höhe von 1.200,00 Euro zu übernehmen.
26
Daraus folgend hat der Kläger keinen Anspruch auf Prozesszinsen nach § 291 Satz 1, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.
27
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
28
4. Die Revision war mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2, § 191 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 127 BRRG nicht zuzulassen.