Inhalt

VG Würzburg, Urteil v. 19.04.2021 – W 8 K 20.584
Titel:

Zuweisung von Zahlungsansprüchen und Gewährung von Direktzahlungen

Normenkette:
VO (EU) 1307/2013 Art. 30 Abs. 6, Abs. 11, Art. 50 Abs. 2, Art. 60
Leitsätze:
1. Sollten die verfügbaren Mittel der nationalen Reserve nicht ausreichen, um sämtliche nationale Ansprüche von Junglandwirten zu befriedigen, so ist gem. Art. 30 Abs. 4 VO (EU) Nr. 1307/2013 nach objektiven Kriterien über die Zuweisung unter Gewährleistung der Gleichbehandlung unter Vermeidung von Markt- und Wettbewerbsverzerrungen zu entscheiden. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für die Annahme eines Verstoßes gegen die Umgehungsklausel des Art. 60 VO (EU) Nr. 1306/2013 müssen objektive und subjektive Elemente erfüllt sein, wobei aufgrund von Indizien auf einen Missbrauch geschlossen werden kann. (Rn. 34 – 36) (redaktioneller Leitsatz)
3. Als subjektives Element ist Voraussetzung für die Annahme eines Missbrauchs bzw. einer Umgehung die Absicht, sich einen gemeinschaftsrechtlich vorgesehenen Vorteil dadurch zu verschaffen, dass die entsprechenden Voraussetzungen willkürlich geschaffen werden. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
landwirtschaftliche Subvention, Zuweisung von Zahlungsansprüchen, begehrte Direktzahlungen, Basisprämie, Greeningprämie, Umverteilungsprämie, Junglandwirt, freihändiger Verkauf der ZA statt Rückgabe an Vater bzw. Weitergabe an Bruder, keine künstliche Schaffung der Fördervoraussetzungen in Widerspruch zu Förderzielen, kein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten, objektive Umstände und subjektive Elemente, kein absichtliches willkürliches Handeln des Klägers auf Kosten der nationalen Reserve, Beratungsgespräch bei Landwirtschaftsamt, Zeugeneinvernahme, Zuweisung, Direktzahlungen, nationalen Reserve, Gleichbehandlung, Umgehungsklausel, Missbrauch
Fundstelle:
BeckRS 2021, 9389

Tenor

I. Die Bescheide des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten K. vom 9. Dezember 2019 - abgesehen von der darin enthaltenen Aufhebung des Bescheides vom 25. Oktober 2019 - und vom 10. Dezember 2019 sowie der Widerspruchsbescheid der Staatlichen Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 13. März 2020 werden aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die von ihm beantragten Zahlungsansprüche zuzuweisen und die weiter beantragten Direktzahlungen in Höhe von 2.765,60 EUR für das Jahr 2019 zu gewähren.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren durch den Kläger war notwendig.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

I.
1
Der Kläger begehrt die Zuweisung von Zahlungsansprüchen (ZA) sowie die Gewährung der damit begründeten Direktzahlungen (Basisprämie, Greeningprämie, Umverteilungsprämie).
2
Der Kläger pachtete mit Vertrag vom 17. September 2018 und mit Wirkung ab dem 1. November 2018 von seinem Vater, Herrn J.M., Land mit einer Gesamtfläche von 8,9292 ha ausschließlich zur landwirtschaftlichen Nutzung. Diese Fläche war zuvor - bis zum Auslaufen des Pachtvertrags am 31. Oktober 2018 - an den Bruder des Klägers, Herrn C.M., dem mit Zusatzvereinbarung vom 12. April 2011 die flächenbezogenen ZA übertragen worden waren, allerdings mit der Verpflichtung der Rückübertragung an den Verpächter bei Pachtende verpachtet.
3
ZA wurden dem Kläger im Zuge der Verpachtung nicht mitüberlassen. Der Bruder des Klägers und ursprünglicher Pächter veräußerte die ZA nach einer Beratung beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Kitzingen frei am Markt.
4
Der Kläger beantragte mit Mehrfachantrag vom 17. April 2019 die Neuzuweisung von ZA aus der nationalen Reserve sowie die Gewährung von Direktzahlungen.
5
Mit Bescheid vom 25. Oktober 2019 lehnte das AELF K. den Antrag des Klägers vom 17. April 2019 auf Zuweisung von ZA aus der nationalen Reserve und von Direktzahlungen ab. Zur Begründung verwies es auf einzelne Rechtsvorschriften.
6
Dagegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 20. November 2019 Widerspruch.
7
Mit weiterem Bescheid vom 9. Dezember 2019, welcher den vorhergehenden Bescheid vom 25. Oktober 2019 ersetzte, lehnte das AELF K. unter Ergänzung der Begründung den Antrag des Klägers vom 17. April 2019 hinsichtlich der Zuweisung von ZA aus der nationalen Reserve ab. Außerdem lehnte es mit Bescheid vom 10. Dezember 2019 den Antrag des Klägers auf Erhalt von Direktzahlungen ab.
8
Gegen beide Bescheide wurde mit Schreiben vom 31. Oktober 2020 Widerspruch eingelegt.
9
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. März 2020 wies die Staatliche Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (FüAK) die Widersprüche zurück (Nr. 1). Der Kläger wurde zur Tragung der Kosten (Gebühren und Auslagen) des Widerspruchsverfahrens verpflichtet (Nr. 2). Für den Bescheid wurde eine Gebühr von 150,00 EUR festgesetzt (Nr. 3). Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Der Bescheid vom 9. Dezember 2019 sei zureichend begründet und hinreichend bestimmt. Die Zuweisung von ZA aus der nationalen Reserve erfolge gemäß Art. 30 VO (EU) 1307/2013. Gemäß Art. 30 Abs. 11 Buchstabe b) VO (EU) 1307/2013 seien Betriebsinhaber, die eine landwirtschaftliche Tätigkeit aufnähmen, natürliche und juristische Personen, die in den fünf Jahren vor Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit weder in eigenem Namen und auf eigene Rechnung eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt, noch die Kontrolle einer juristischen Person innegehabt hätten, die eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausübe. Der Kläger habe erstmals ab dem 1. November 2018 eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt und erstmalig am 17. April 2019 einen Mehrfachantrag für das Prämienjahr 2019 gestellt. Die Voraussetzungen für einen Neueinsteigerstatus hätten damit vorgelegen. Werde der Betrieb jedoch im Rahmen der Hofübergabe innerhalb der Familie (Erbfolge bzw. vorweggenommene Erbfolge) bzw. bei einer Übergabe des Betriebs innerhalb der Familie übernommen, so sei jedoch zusätzlich zu prüfen, ob künstlich geschaffene Bedingungen im Sinne von Art. 60 VO (EU) 1306/2013 vorlägen. Hiernach werde unbeschadet besonderer Bestimmungen natürlichen und juristischen Personen im Rahmen der sektorbezogenen Agrarvorschriften kein Vorteil gewährt, wenn festgestellt worden sei, dass die Voraussetzungen für den Erhalt solcher Vorteile künstlich, den Zielen der Verordnung zuwiderlaufend geschaffen worden seien. Auf ein Urteil des OLG Zweibrücken vom 15. Februar 2018 werde verwiesen. Seien in einem Landpachtvertrag zugleich eine der Fläche entsprechende Anzahl von ZA nach dem damaligen EU-Förderrecht auf Dauer der Pachtzeit nicht mitverpachtet worden, so schulde nach Beendigung des Pachtverhältnisses der Pächter dem Verpächter die Übertragung einer entsprechenden Anzahl von neu zugeteilten ZA. Sollte der Verpächter der landwirtschaftlichen Flächen nicht als InVeKoS-Betrieb anerkannt sein, sei keine ZA-Aufnahme möglich. Allerdings könne er verlangen, dass der bisherige Pächter die neu zugewiesenen ZA einem Dritten übertrage, der die Voraussetzungen erfülle (z.B. künftiger Flächenpächter) und die Übertragung in der ZID melden. In der zwischen dem Vater des Klägers und dem Bruder getroffenen „Zusatzvereinbarung zum Pachtvertrag vom 22. Oktober 2008“ hätten die Unterzeichner vereinbart, dass zum 1. Januar 2011 insgesamt 18,39 ZA dauerhaft von J.M. auf Herrn C.M. übertragen würden. Dabei sei auch vereinbart worden, dass die ZA bei Pachtende dem Verpächter zurückzugewähren seien und der Pächter nicht berechtigt sei, die ZA ganz oder in Teilen an Dritte zu veräußern, außer mit schriftlicher Zustimmung des Verpächters. Herr J.M. habe das Recht gehabt, nach Beendigung des Pachtvertrages insgesamt 18,39 ZA von Herrn C.M. zurückzufordern bzw. zu verlangen, dass diese an einen Dritten und damit beispielsweise auf den Kläger übertragen würden. Ausgehend von den vorstehenden Ausführungen bestehe kein Raum, dem Kläger ohne Berücksichtigung der zuvor vorhandenen ZA als Neueinsteiger ZA aus der nationalen Reserve zuzuweisen. Gemäß Art. 60 VO (EU) 1306/2013 lägen im Ergebnis die Voraussetzungen für künstlich geschaffene Bedingungen vor. Da der Kläger Flächen pachte, die zuvor von dessen Bruder bewirtschaftet worden seien, hätte, wie dies ohnehin in der schriftlichen Zusatzvereinbarung vom 12. April 2011 geregelt worden sei, die Übertragung von ZA innerhalb der Familie und damit auf den Kläger erfolgen müssen. Aus dem Urteil des OLG Zweibrücken werde deutlich, dass vorliegend eine ZA-Übertragung auf den Kläger vorrangig und damit eine Neuzuteilung aus der nationalen Reserve nicht möglich gewesen sei. Selbst wenn der Kläger ausführe, dass er als aktueller Pächter nicht wissen könne, was in alten Pachtverträgen stehe, so falle gleichwohl die Erteilung sämtlicher für die Prüfung seiner Anträge relevanter Erklärungen sowie die Vorlage zugehöriger Unterlagen und deren Vollständigkeit in dessen Verantwortungsbereich. Im Übrigen existiere kein Vertrauensschutz auf erstmalige Zuteilung von ZA und die darauf gestützten Direktzahlungen, zumal hierfür einzig die EUrechtlichen Voraussetzungen maßgeblich seien. Ein Vertrauensschutz sei im Förderrecht allein für den Bereich der Subventionsvergabe vorgesehen. Außerdem liege auch kein Fall höherer Gewalt / eines außergewöhnlichen Umstandes vor. Da gemäß Art. 32 Abs. 1 VO (EU) 1307/2013 i.V. mit § 21 InVeKoSV entsprechende ZA Voraussetzung für den Erhalt der Basisprämie seien, diese aber in Anlehnung an die vorstehenden Ausführungen nicht vorhanden seien, könne konsequenterweise auch der Widerspruch gegen die Ablehnung der Gewährung von Direktzahlungen keinen Erfolg haben.
II.
1.
10
Mit Schriftsatz vom 20. Mai „2019“, eingegangen bei Gericht am 27. April 2020, ließ der Kläger Klage gegen die Bescheide des AELF K. vom 25. Oktober 2019, 9. Dezember 2019 und vom 10. Dezember 2019 i.d.F. des Widerspruchsbescheids der FüAk vom 13. März 2020 erheben.
11
Mit Schriftsatz vom 17. Juli 2020 ließ der Kläger zur Klagebegründung im Wesentlichen ausführen: Dem Kläger stünden die beantragten Ansprüche vollumfänglich zu. Der Neueinsteigerstatus sei vom Beklagten bereits bejaht worden. Es liege auch kein Fall von „künstlich, den Zielen dieser Verordnung zuwiderlaufenden geschaffenen Bedingungen“ im Sinne der Umgehungsklausel des Art. 30 VO (EU) 1306/2013 vor. Vom Verpächter J.M., vertreten durch den Vormund K.S., sei dem Kläger mitgeteilt worden, dass keine ZA für den neuen Pachtvertrag zur Verfügung stünden, da diese alle offiziell in den Besitz des vorherigen Pächters übergegangen seien. Herr J.M. leide seit ca. fünf Jahren an Demenz. Der vorherige Pachtvertrag sei nach zehn Jahren zum 31. Oktober 2018 ausgelaufen. Die Neuverpachtung habe laut Vormundschaftsgericht meistbietend erfolgen müssen. Was in den alten Pachtverträgen gestanden habe, habe der Kläger als aktueller Pächter nicht wissen können. Diese Unkenntnis könne dem Kläger nicht zum Vorwurf gemacht werden. Sowohl beim Amt für Landwirtschaft als auch beim Bauernverband seien die alten Rahmenbedingungen einschließlich des alten Pachtvertrags bekannt gewesen. In den persönlichen Gesprächen des Klägers vor Antragstellung beim Amt für Landwirtschaft sei ihm eindeutig bestätigt worden, dass der Pächter C.M. Besitzer der alten ZA sei und der Kläger einen Anspruch auf neue ZA habe. Dies sei auch gegenüber Frau K.S. und Herrn C.M. bestätigt worden. Der nunmehrige Kläger sei mit dem Bruder, Herrn C.M., im Januar 2019 persönlich im AELF vorstellig geworden und habe dort mit dem Abteilungsleiter E.M. für Förderung gesprochen. Dieser habe mitgeteilt, dass die ZA rechtmäßig dem alten Pächter (dem Bruder des Klägers) gehörten. Des Weiteren habe er dem Kläger empfohlen, dass der Bruder die ZA verkaufen solle und weiter mitgeteilt, dass der Kläger als Existenzneugründer nach 2015 Anspruch auf neue ZA aus der nationalen Reserve habe. Bei diesem Gespräch sei neben dem Bruder des Widerspruchsführers auch noch eine Auszubildende mit im Zimmer gewesen. Auf diese Zusage bzw. die rechtliche Auskunft habe sich der Kläger auch verlassen. Das Urteil des OLG Zweibrücken sei nicht einschlägig. Außerdem bestehe nach dem oben Gesagten zugunsten des Klägers durchaus Vertrauensschutz. Hätte die rechtliche Auskunft des Abteilungsleiters anders gelautet, hätte der Kläger von seinem Vorhaben Abstand genommen. Nachdem es sich hier um eine Auskunft gemäß Art. 25 Abs. 1 und 2 BayVwVfG gehandelt haben dürfte, kommt hier für den Kläger auch ein Folgenbeseitigungsanspruch in Betracht. Aus den genannten Gründen liege auch keine vom Kläger künstlich den Zielen dieser Verordnung zuwiderlaufend geschaffenen Bedingungen vor. Hier wäre zumindest ein schuldhaftes Verhalten erforderlich gewesen. Dem Kläger könne aber kein Schuldvorwurf gemacht werden.
12
Mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2020 ließ der Kläger zur Klagebegründung weiter vorbringen: Sowohl der Pachtvertrag als auch die Zusatzvereinbarung vom 12. April 2011 hätten dem Beklagten vorgelegen. Es sei unglaubwürdig, dass nur die Zusatzvereinbarung, aber nicht der Pachtvertrag vorgelegen haben solle. Entscheidend sei, dass der Abteilungsleiter den Sachverhalt gekannt habe, da ihm jedenfalls die Zusatzvereinbarung vorgelegen habe und er den Kläger definitiv falsch beraten habe. Der Kläger habe in keinster Weise missbräuchlich oder den Zielen der Verordnung zuwiderlaufend gehandelt.
13
Mit Schriftsatz vom 16. November 2020 ließ der Kläger weiter ausführen: Entgegen der Ansicht der Gegenseite liege durchaus eine Falschberatung vor. Die zitierte Zusatzvereinbarung sei dem Abteilungsleiter sehr wohl bekannt gewesen. Er selbst habe die Vereinbarung vom Bruder des Klägers und dessen Vater verlangt und sie sei auch deshalb erstellt worden. Wenn er den Pachtvertrag nicht gehabt hätte, wäre es ihm auch nicht möglich gewesen, diese Zusatzvereinbarung anzufordern. Die Zusatzvereinbarung enthalte auch eindeutig den Eingangsstempel kurz nach deren Ausstellung. Der Kläger habe auf die Aussagen des Abteilungsleiters vertraut, zumal es hier um äußerst komplizierte fachspezifische juristische Fragen gegangen sei, die der Kläger selbst in keiner Weise habe beantworten können.
14
Mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2020 ließ der Kläger weiter vorbringen: Auch der Bruder des Klägers bestätige, dass sowohl der Betriebspachtvertrag als auch die Zusatzvereinbarung in Abstimmung mit dem Bauernverband bzw. dem AELF K. abgestimmt, verfasst und verifiziert worden seien.
15
Mit Schriftsatz vom 29. März 2021 ließ der Kläger auf Nachfrage des Gerichts ergänzend ausführen: Die ZA hätten sich damals auf 197,60 EUR pro Hektar belaufen, wobei die Nachfrage abhängig vom Markt sei. Heute dürfte der Preis geringer sein, da sich die landwirtschaftliche Gesamtfläche verringere. ZA, die zwei Jahre nicht genutzt würden, ziehe der Staat ohne Ausgleich für den Besitzer wieder sein. Laut Ebay beliefen sich die ZA von 125,00 bis 190,00 Euro pro Hektar. Anders als 2018 seien die ZA in ganz Deutschland gleich und nicht in jedem Bundesland unterschiedlich, was auch den Preis und Handel beeinflusst habe.
16
2. Die FüAk führte für den Beklagten mit Schriftsatz vom 11. August 2020 zur Begründung der Klageerwiderung im Wesentlichen aus: Nach Beendigung des Pachtvertrages habe der Verpächter einen Anspruch auf Übertragung der dem Pächter als Betriebsinhaber für die vom Verpächter gepachteten landwirtschaftlichen Flächen neu zugeteilten ZA gemäß der vertraglichen Vereinbarung. Auch die neuen ZA seien verhandelbar und könnten auch ohne eine entsprechende Fläche rechtsgeschäftlich übertragen werden bzw. es könne die Übertragung an einen Dritten verlangt werden. Ausweislich der Zusatzvereinbarung zum Pachtvertrag sei ausdrücklich geregelt, dass der Pächter die ZA nach Beendigung des Pachtvertrages auf den Verpächter zurückzugewähren habe. Ferner sei vereinbart worden, dass der Pächter nicht berechtigt sei, diese ganz oder in Teilen an Dritte zu veräußern, außer mit schriftlicher Zustimmung des Verpächters. Wie sich aus Art. 28 Nrn. 1 und 2 der Delegierten Verordnung (EU) 639/2014 ergebe, werde bei der Festsetzung der ZA aus der nationalen oder regionalen Reserve an einen Betriebsinhaber, der eine landwirtschaftliche Tätigkeit aufnehme, sehr genau differenziert, ob diese über ZA (eigene oder gepachtete) verfüge oder nicht. Deshalb hätten die Mitgliedstaaten zu prüfen, ob eine künstliche Gestaltung i.S. von Art. 60 VO (EU) 1306/2013 vorliege. Der Nachweis des Rechtsmissbrauchs setze zum einen eine Gesamtheit objektiver Umstände voraus, aus denen sich ergebe, dass das Ziel der Unionsregelung, obwohl deren Voraussetzungen formal erfüllt seien, nicht erreicht worden sei, und zum anderen ein subjektives Element, nämlich die Absicht, aus der Unionsregelung, indem künstlich die erforderlichen Voraussetzungen geschaffen würden, einen Vorteil zu erlangen. Aus dem Zusammentreffen einer Reihe von Indizien könne, sofern diese objektiv und übereinstimmend seien, geschlossen werden, dass ein Missbrauch vorliege. Im vorliegenden Fall träfen mehrere Indizien zeitgleich zusammen. Ein starkes Indiz sei, dass der Bruder des Klägers noch kurz vor Pachtvertragsabschluss ZA für die Pachtflächen gehabt habe, diese ZA aber nicht an den Kläger übertragen gehabt habe, sondern gewinnbringend verkauft habe. Ein normaler Landwirt, der nicht ein Junglandwirt oder Neueinsteiger sei und beihilfefähige Flächen ohne ZA im Jahr 2016 oder später pachte, erhalte nach dem EU-Recht keine ZA für diese Flächen und infolgedessen auch keine Direktzahlungen, wie sie hier beantragt seien. Denn er erfülle die Anforderungen der Grundnorm nicht, weil er im Jahr 2015 für diese Flächen nicht rechtzeitig einen Antrag gestellt habe. Dass der Erwerb oder die Pacht dieser Fläche in späteren Jahren erfolge, spiele nach dem strengen Stichtagsprinzip des GAP-Systems außer in Fällen höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände keine Rolle. Bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise wäre diese Fläche nicht ohne ZA erworben worden. Der Handel mit ZA gehe aber normalerweise nicht zu Lasten der nationalen Reserve. Die vorliegend gewählte Gestaltung stelle im Ergebnis eine künstliche Aufspaltung der ZA und der geförderten Flächen dar. Vorliegend handele es sich um eine Verpachtung innerhalb der Familie. Der Umgehungstatbestand liege in Anlehnung an die gängige Verwaltungspraxis in vergleichbaren Fällen vor. Von künstlich geschaffenen Bedingungen werde hiernach beispielsweise ausgegangen, wenn ein Betriebsinhaberwechsel bzw. bei einer Betriebsaufteilung/-abspaltung innerhalb der Familie nicht eine entsprechende Anzahl von ZA des Vorbewirtschafters auf den Antragsteller übertragen worden sei oder der Antragsteller vorhandene ZA vor dem Antragstermin für die Zuweisung abgegeben habe. Im Rahmen des klägerseits genannten persönlichen Gesprächs im AELF K. im Januar 2019 sei die Zusatzvereinbarung vom 22. Oktober 2008 nicht angesprochen worden, obwohl der Bruder des Klägers als Mitunterzeichner der Vereinbarung persönlich mit vor Ort gewesen sei. Für die gepachtete Fläche seien ursprünglich dem Vater als Verpächter bereits ZA zugewiesen worden. Diese seien zunächst dem Bruder des Klägers zusammen mit der landwirtschaftlichen Nutzfläche verpachtet worden. Aufgrund der Vereinbarung hätten nach Pachtende die entsprechenden ZA wieder an den Vater des Klägers zurückübertragen werden müssen. Wenn dann innerhalb der Familie diese Flächen erneut verpachtet würden, so könne hierfür keine erneute ZA-Zuteilung aus der nationalen Reserve erfolgen. Vielmehr hätte diese ZA direkt an den Kläger übertragen werden müssen, zumal der Vater des Klägers diese mangels aktiver Betriebsinhabereigenschaft auch nicht selbst zur Aktivierung benötigt habe. Das Kommunikationsdefizit innerhalb der Familie könne jedenfalls nicht zum Nachteil der nationalen Reserve und zu einem Außerachtlassen der EUrechtlichen Vorgaben führen. Der EU-Gesetzgeber habe nicht gewollt, dass zeitgleich oder kurz vor solchen Betriebsübertragungen, die auf den Flächen liegenden ZA verkauft würden, um in den Genuss der unentgeltlichen Zuteilung aus der nationalen Reserve zu gelangen. Die Beratungs- und Hinweispflicht nach Art. 25 BayVwVfG enthebe den Betriebsinhaber aber nicht jeden unternehmerischen Risikos mit der Folge, dass fehlerhaft gestellte Anträge stets der Behörde anzulasten seien. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Anträge sei grundsätzlich der Betriebsinhaber selbst verantwortlich. Bei der erstmaligen Zuweisung von ZA und hierauf gestützten Direktzahlungen existiere kein Vertrauensschutz. Dass der Abteilungsleiter eindeutig bestätigt habe, dass der Kläger einen Anspruch auf neue ZA aus der nationalen Reserve habe, werde mit Nichtwissen bestritten. Dem damalig zuständigen Sachbearbeiter sei zu diesem Zeitpunkt die familieninterne Vereinbarung nicht bekannt gewesen, zumal diese von den Beteiligten nicht erwähnt worden sei. Der Pachtvertrag vom 28. Oktober 2008 sei jedenfalls im AELF K. nicht vorhanden gewesen. Dieser sei im Oktober 2019 bei Herrn C.M. angefordert und übermittelt worden.
17
Mit Schriftsatz vom 6. November 2020 führte die FüAk ergänzend aus: Vor dem Eingang des Pachtvertrags am 10. Oktober 2019 beim AELF K. habe der Pachtvertrag nicht vorgelegen. Der damalige Sachbearbeiter habe im Rahmen der Bearbeitung des Antrags des Klägers und nach Eingang des Pachtvertrags im Oktober 2019 handschriftlich hierauf vermerkt, dass der Pachtvertrag in den Betriebsübergabeunterlagen vom 2008/2009 nicht enthalten gewesen sei. Der Eingangsstempel sei der 10. Oktober 2019 und das Datum 28. Oktober 2008 sei das Datum des Pachtvertrags selbst. Auf der Zusatzvereinbarung sei vermutlich versehentlich vermerkt „Zum Betriebspachtvertrag vom 22.10.2008“. Grundsätzlich sei der Kläger als Anspruchsteller in der Pflicht gewesen sicherzustellen, dass dem AELF sämtliche für die Prüfung des geltend gemachten Anspruchs relevanten Unterlagen vollständig vorlägen. Jedenfalls der Bruder sei bei dem persönlichen Gespräch zugegen gewesen. Weder im Rahmen dieses Gesprächs noch zu einem späteren Zeitpunkt sei die Zusatzvereinbarung zum Pachtvertrag erwähnt worden. Es werde ausdrücklich bestritten, dass der damalige Sachbearbeiter dem Kläger gegenüber zugesichert habe, dass er einen Anspruch auf ZA habe. Ihm sei die familieninterne Vereinbarung nicht bekannt gewesen. Im Übrigen bestehe kein sogenannter staatshaftungsrechtlicher Herstellungsanspruch im allgemeinen Verwaltungsrecht und insbesondere auf dem Rechtsgebiet der landwirtschaftlichen Subventionen. Der im Sozialrecht von den Gerichten entwickelte Herstellungsanspruch habe in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte keine allgemeine Anerkennung gefunden.
18
Mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2020 stellte die FüAk noch einmal klar, dass dem Sachbearbeiter zum Zeitpunkt der Beratung im Januar 2019 weder den Pachtvertrag aus dem Jahr 2008 noch die Zusatzvereinbarung aus dem Jahr 2011 bekannt gewesen seien. Es sei zu keinem Zeitpunkt dem Kläger gegenüber zugesichert worden, dass dieser ZA aus der nationalen Reserve erhalte. Deshalb sei auch auf die Möglichkeit zur Beschaffung von ZA auf dem freien Markt hingewiesen worden. Der Bruder des Klägers hätte diesen spätestens im Rahmen des Termins im AELF K. im Januar 2019 über die Zusatzvereinbarung informieren müssen. Die Zusatzvereinbarung zwischen dem Vater des Klägers und dessen Bruder könne im Übrigen nur dahingehend verstanden werden, dass die vorhandenen ZA beim elterlichen Betrieb verblieben und nicht losgelöst von den Betriebsflächen veräußert werden sollten. Im Übrigen sei ein Antragsteller, wie das VG Ansbach ausgeführt habe, selbst für seine Angaben verantwortlich und somit auch für die wirtschaftliche optimale Gestaltung von Rechtsbeziehungen und Förderanträgen entsprechend seiner eigenen Zielsetzungen und Prämissen.
19
Mit Schriftsätzen vom 1. und 18. März 2021 teilte die Beklagte noch mit, dass die beantragte Fläche für die Basisprämie 8,85 ha gewesen sei und sich die DZP (Direktzahlung) 2019 unter Berücksichtigung verschiedener weiterer Faktoren gerundet auf 2.766,00 EUR belaufe. Die ZA seien im Jahr 2019 auf dem freien Markt in einem Bereich zwischen ca. 130 EUR/ha und ca. 180 EUR/ha gehandelt worden. Vorsorglich werde aber darauf hingewiesen, dass im Rahmen der DZP-Bewilligung der Wert/ZA durch den Basisprämiensatz ohnehin berücksichtigt werde und sich demnach kein über die DZP hinausgehender zusätzlicher Wert der ZA ergebe. Ein ZA werde in Verbindung mit einem Hektar beihilfefähiger Fläche aktiviert. Für das Förderjahr 2019 sei der WERT/ZA, welcher seit 2019 bundesweit jährlich einheitlich sei, mit 175,95 EUR pro Hektar der beantragten Fläche (8,85 ha) berücksichtigt worden.
20
Der Klägerbevollmächtigte beantragte in der mündlichen Verhandlung am 19. April 2021,
den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kitzingen vom 9. Dezember 2019 - abgesehen von der darin enthaltenen Aufhebung des Bescheides vom 25. Oktober 2019 - und vom 10. Dezember 2019 sowie des Widerspruchsbescheides der Staatlichen Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 13. März 2020 zu verpflichten, ihm die beantragten ZA zuzuweisen und Direktzahlungen in Höhe von 2.765,60 EUR für das Jahr 2019 zu gewähren.
21
Die Beklagtenvertreter beantragten,
die Klage abzuweisen.
22
Das Gericht hörte den Kläger informatorisch an und vernahm seinen Bruder sowie seine Schwester (die Betreuerin seines Vaters), einen (ehemaligen) Mitarbeiter des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, K. sowie eine Mitarbeiterin des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Ka. als Zeugen ein.
23
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

24
Die Klage ist zulässig und begründet.
25
Die Klage ist als Verpflichtungsklage in Form der Versagungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO zulässig.
26
Die Klage ist auch in vollem Umfang begründet.
27
Die streitgegenständlichen Ausgangsbescheide vom 9. Dezember 2019 (betreffend die Ablehnung der Zuweisung von ZA) und vom 10. Dezember 2019 (betreffend die Ablehnung von Direktzahlungen für 2019) und der nachgehende Widerspruchsbescheid vom 13. März 2020 sind - im tenorierten Umfang - rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat sowohl einen Anspruch auf die beantragte Zuweisung der ZA als auch auf Direktzahlungen für das Jahr 2019 in Höhe von 2.765,60 EUR.
28
Das Gericht weist zur Klarstellung darauf hin, dass über den Bescheid des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kitzingen vom 25. Oktober 2019 - wie zuletzt beantragt - nicht mehr zu entscheiden war, weil dieser schon durch den nachfolgenden Bescheid vom 9. Dezember 2019 ersetzt worden war. Insoweit war auch der Bescheid vom 9. Dezember 2019 nicht aufzuheben.
29
Anspruchsgrundlage für die begehrte Zuweisung von ZA ist Art. 30 Abs. 6 und Abs. 11 i.V.m. Art. 50 Abs. 2 VO (EU) Nr. 1307/2013, weil der Kläger Junglandwirt ist und erstmals ab dem 1. November 2018 eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt hat und erstmalig am 17. April 2019 unter einer neuen Betriebsnummer einen Mehrfachantrag für das Prämienjahr 2019 gestellt hat. Die Voraussetzungen für den Neueinsteigerstatus lagen insgesamt vor. Dies wird auch vom Beklagten nicht bestritten. Insofern kann auf die betreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 13. März 2020, Seite 6, Bezug genommen werden (§ 117 Abs. 5 VwGO).
30
Nach Art. 30 Abs. 6 VO (EU) Nr. 1307/2013 ist die vorrangige Zuweisung von ZA aus der nationalen Reserve oder den regionalen Reserven an Junglandwirte für die Mitgliedstaaten zwingend. Einzige Voraussetzung für die vorrangige Zuweisung der ZA besteht darin, ein Junglandwirt oder ein Betriebsinhaber zu sein, der eine landwirtschaftliche Tätigkeit aufnimmt. Sollten die verfügbaren Mittel der nationalen Reserve nicht ausreichen, um sämtliche nationale Ansprüche von Junglandwirten zu befriedigen, so ist gemäß Art. 30 Abs. 4 VO (EU) Nr. 1307/2013 nach objektiven Kriterien über die Zuweisung unter Gewährleistung der Gleichbehandlung unter Vermeidung von Markt- und Wettbewerbsverzerrungen zu entscheiden (vgl. zum Ganzen EuGH, U.v. 10.3.2021 - C-365/19 - juris Rn. 30, 37 u. 43 f.; vgl. auch BayVGH, B.v. 8.3.2021 - 6 ZB 20.2896 - BeckRS 2021, 4232 Rn. 13; VG Regensburg, U.v. 11.7.2019 - RN 5 K 18.1415 - juris Rn. 38).
31
Des Weiteren hat der Kläger auch einen Anspruch auf die Direktzahlungen, für die die ZA Voraussetzung sind (Art. 32 Abs. 1 VO [EU] Nr. 1307/2013 i.V.m. § 21 InVeKoSV). Auch insoweit kann auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 13. März 2020, Seite 8, Bezug genommen werden (§ 117 Abs. 5 VwGO).
32
Zur Höhe der Direktzahlung verweist das Gericht auf den Schriftsatz der FüAk vom 1. März 2021 und der dort beigefügten Zusammenstellung des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten K.. Danach ergibt sich ein Auszahlungsbetrag bezogen auf 8,85 ha in Höhe von 2.765,60 EUR. Dieser setzt sich zusammen aus der Basisprämie in Höhe von 175,95 EUR/ha, also 1.557,16 EUR, zuzüglich Greeningprämie von 86,07 EUR/ha, insgesamt 761,72 EUR, und Umverteilungsprämie von 51,08 EUR/ha, insgesamt 452,06 EUR. Dies ergibt einen Betrag von 2.770,94 EUR. Davon ist noch ein Kürzungsfaktor für Junglandwirte in Höhe von 5,10 EUR abzuziehen sowie ein weiterer Faktor für die Haushaltsdisziplin in Höhe von 11,04 EUR. Demgegenüber ist ein Erstattungsbetrag von 10,80 EUR zu addieren, so dass sich der Zahlungsanspruch insgesamt auf 2.765,60 EUR beläuft.
33
Die vorstehenden Aspekte sind zwischen den Beteiligten unstreitig.
34
Einziger Streitpunkt ist hier, ob hier ein Verstoß gegen die Umgehungsklausel des Art. 60 VO (EU) Nr. 1306/2013 vorliegt. Die Umgehungsklausel lautet: Unbeschadet besonderer Bestimmungen wird natürlichen oder juristischen Personen im Rahmen der sektorbezogenen Agrarvorschriften kein Vorteil gewährt, wenn festgestellt wurde, dass sie die Voraussetzungen für den Erhalt solcher Vorteile künstlich, den Zielen dieser Verordnung zuwiderlaufend geschaffen haben.
35
Für die Annahme eines derartigen Missbrauchs müssen objektive und subjektive Elemente erfüllt sein, wobei aufgrund von Indizien auf einen Missbrauch geschlossen werden kann (VG Regensburg, U.v. 11.7.2019 - RN 5 K 18.1415 - juris Rn. 46 f., 52 ff. mit Bezug auf den EuGH). Das Verwaltungsgericht Regensburg hat in dem soeben zitierten Urteil vom 11. Juli 2019 dazu im Einzelnen ausgeführt:
„Ausweislich des Art. 60 VO Nr. 1306/2013 liegt ein Ausschlussgrund vor, wenn die Voraussetzungen für den Erhalt eines Vorteils künstlich, den Zielen dieser Verordnung zuwiderlaufend geschaffen wurden.
Der Beklagte sieht den Missbrauch der Gestaltungsmöglichkeiten darin, dass allen Pachtverträgen der Klägerin gemeinsam ist, dass zum Zeitpunkt des Pachtvertragabschlusses die Verpächter Zahlungsansprüche für die Pachtflächen noch hatten, diese Zahlungsansprüche aber nicht an die Klägerin übertragen haben, sondern an einem anderen, nämlich meist an ..., verkauften. Ein normaler Landwirt, der nicht Junglandwirt oder Neueinsteiger ist, und beihilfefähige Flächen später als im Jahr 2015 pachtet, ohne dass für diese Flächen die Zahlungsansprüche mit übertragen werden, also mitgepachtet oder angekauft werden, erhält nach dem EU-Recht keine Zahlungsansprüche und infolgedessen auch keine Direktzahlungen, wie sie hier beantragt sind. Denn wie oben bereits ausgeführt, erfüllt er dann die Anforderungen der Grundnorm des Art. 24 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1307/2013 nicht. Er müsste diese Zahlungsansprüche schon selbst frei erwerben. Die Gestaltung, welche die Klägerin gewählt hat, stellt eine künstliche Aufspaltung der Zahlungsansprüche und der geförderten Flächen dar. Die Voraussetzungen der Erstzuweisung der ZA für Junglandwirte entstanden einzig deswegen, weil sich die Klägerin für eine Gestaltung entschieden hat, bei der die zu bewirtschaftenden Flächen ohne entsprechende ZA gepachtet wurden. Die Flächen hätten aber ohne weiteres mit den ZA gepachtet werden können oder die ZA sogar käuflich erworben werden können. Die Klägerin hat sich aber bewusst gegen die Übernahme der ZA entschieden, in der Absicht durch die Förderung für Junglandwirte ZA neu zugesprochen zu bekommen.“ (VG Regensburg, U.v. 11.7.2019 - RN 5 K 18.1415 - juris Rn. 46 f.)
36
Weiter hat das Verwaltungsgericht Regensburg ausgeführt:
„… Allerdings liegt gleichwohl ein Missbrauch der Gestaltungsmöglichkeiten vor. Der allgemeine Grundsatz des Unionsrechts, dass sich nicht betrügerisch oder missbräuchlich auf die Vorschriften des Unionsrechts berufen kann, setzt voraus, dass eine Gesamtwürdigung der objektiven Umstände ergibt, dass trotz formaler Einhaltung der gemeinschaftsrechtlichen Bedingungen das Ziel der Regelung nicht erreicht wurde, und setzt zum anderen ein subjektives Element voraus, nämlich die Absicht, sich einen gemeinschaftsrechtlich vorgesehenen Vorteil dadurch zu verschaffen, dass die entsprechenden Voraussetzungen willkürlich geschaffen werden, so EuGH vom 21.7.2005-C- 515/03-, juris, Rn. 38 und 39. Der EuGH hat in einer weiteren Entscheidung vom 26.2.2019-C 116/16 und C- 117/16 diese Rechtsprechung ergänzt und konkretisiert: Der allgemeine Grundsatz des Unionsrechts, dass man sich nicht betrügerisch oder missbräuchlich auf die Vorschriften des Unionsrechts berufen kann, ist dahin auszulegen, dass die nationalen Behörden und Gerichte, den unionsrechtlichen Vorteil auch dann zu verwehren haben, wenn dies nicht in den einzelstaatlichen oder vertraglichen Bestimmungen vorgesehen ist(LS2).
Der Nachweis eines Rechtsmissbrauchs setzt zum einen eine Gesamtheit objektiver Umstände voraus, aus denen sich ergibt, dass das Ziel der Unionsregelung, obwohl deren Voraussetzungen formal erfüllt, nicht erreicht worden ist, und zum anderen ein subjektives Element, nämlich die Absicht, aus der Unionsregelung, in dem künstlich die erforderlichen Voraussetzungen geschaffen werden, einen Vorteil zu erlangen. Aus dem Zusammentreffen einer Reihe von Indizien kann, sofern diese objektiv und übereinstimmend sind, geschlossen werden, dass ein Missbrauch vorliegt (LS3). Solche Indizien können bekräftigt werden durch das zeitliche Zusammentreffen, siehe EuGH zu den Fragen 4d und e und Frage 5 und Frage 8.
Art. 60 VO Nr. 1306/2013 möchte eine Vielzahl von Gestaltungen, die eine Umgehung der Voraussetzungen bzw. deren künstliche Schaffung bezwecken, verhindern. … Wie sich aus Art. 28 Nr.1 und Nr.2 der Delegierten Verordnung (EU) Nr.639/2014 ergibt, wird bei der Festsetzung der Zahlungsansprüche aus der nationalen oder regionalen Reserve an Junglandwirte sehr genau differenziert, ob der Junglandwirt über Zahlungsansprüche (eigene oder gepachtete) verfügt oder nicht. Wenn der Junglandwirt bereits über ZA verfügt (eigene oder gepachtete), dann erhält der Junglandwirt nur für die beihilfefähigen Flächen ZA, für die er über keine Zahlungsansprüche (eigene oder gepachtete) verfügt (Art. 28 Nr.2 der Delegierten Verordnung (EU) Nr.639/2014). Deshalb haben die Mitgliedstaaten, wenn ein Junglandwirt Flächen ohne ZA pachtet, obwohl der Verpächter für die Flächen noch über ZA verfügte, zu prüfen, ob darin nicht eine künstliche Gestaltung im Sinne des Art. 60 VO (EU) Nr. 1306/2013 liegt.
Im vorliegenden Fall treffen eine Reihe von Indizien zeitgleich zusammen, die auf eine missbräuchliche Ausgestaltung und Vorgehensweise schließen lassen, um einen unionsrechtlichen Vorteil zu erhalten, der den Zielen der Verordnung zuwiderläuft. Ein starkes Indiz ist, dass allen Pachten durch die Klägerin gemeinsam ist, dass die Verpächter noch kurz vor Pachtvertragsabschluss Zahlungsansprüche für die Pachtflächen hatten, diese Zahlungsansprüche aber nicht an die Klägerin übertragen haben, sondern diese durch … verkauft und in den anderen Fällen diese Zahlungsansprüche von … (Familienmitglied der Gesellschafter der Klägerin), an- und verkauft wurden. Ein normaler Landwirt, der nicht Junglandwirt oder Neueinsteiger i.S. der VO(EU)Nr.1307/2013 ist und beihilfefähige Flächen ohne Zahlungsansprüche im Jahr 2016 oder später pachtet, erhält nach dem EU-Recht keine Zahlungsansprüche für diese Flächen und infolgedessen auch keine Direktzahlungen, wie sie hier beantragt sind. Denn wie oben bereits ausgeführt, erfüllt er dann die Anforderungen der Grundnorm des Art. 24 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1307/2013 nicht, weil er im Jahr 2015 für diese Flächen nicht rechtzeitig einen Antrag gestellt hat. Dass der Erwerb oder die Pacht dieser Flächen in späteren Jahren erfolgte, spielt nach den strengen Stichtagsprinzip des GAP-Systems außer in Fällen höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände keine Rolle (siehe auch Art. 24 Abs. 2 VO (EU) Nr. 1307/2013). Ein vergleichbarer Landwirt, der nicht Junglandwirt ist, muss sich diese Zahlungsansprüche, mit denen ja gehandelt wird, auf dem Markt schon selbst erwerben.
Der Handel mit Zahlungsansprüchen geht aber normalerweise nicht zu Lasten der nationalen Reserve. Nur wenn der Pächter oder Käufer von beihilfefähige Flächen ohne ZA ein Junglandwirt oder ein Neueinsteiger ist, erfüllt er die formalen Voraussetzungen, dass ihm dann aus der nationalen Reserve Zahlungsansprüche für die gepachteten Flächen zugeteilt werden können. Die Gestaltung, welche die Klägerin gewählt hat, stellt eine künstliche Aufspaltung der Zahlungsansprüche und der geförderten Flächen dar. Die Voraussetzungen der ZA-Zuweisung für Junglandwirte entstanden einzig deswegen, weil sich die Klägerin für eine Gestaltung entschieden hat, bei der die zu bewirtschaftenden Flächen ohne entsprechende ZA gepachtet wurden. Die Flächen hätten aber ohne weiteres mit den ZA gepachtet werden können. Die Klägerin hat sich aber bewusst gegen die Übernahme der ZA entschieden, in der Absicht durch die Förderung für Junglandwirte die ZA gleichwohl zugesprochen zu bekommen. Bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise hätte die Klägerin diese Flächen nicht ohne Zahlungsansprüche gepachtet, wenn sie nicht dadurch hätte erreichen wollen, dass die formalen Voraussetzungen für die Zuteilung von Zahlungsansprüchen an Junglandwirte erfüllt wären. Stellt man einen sogenannten Fremdvergleich an, so hätte ein normaler Landwirt, der nicht Junglandwirt ist, sich in diesem Fall die Zahlungsansprüche auf dem Markt erwerben müssen. Auf dem Markt werden für Zahlungsansprüche gleich hohe oder teilweise höhere Preise verlangt als der Wert bei einer staatlichen Zuteilung von Zahlungsansprüchen (187,61 Euro) im Jahr 2016 war. Ein normaler Landwirt, der nicht Junglandwirt oder Neueinsteiger ist und wegen der Grundnorm des Art. 24 keine Zahlungsansprüche hat, hätte deshalb für den Zukauf von ZA auf dem Markt mehr Geld ausgeben müssen, als wenn er die ZA mit den Landpachtflächen mitgepachtet hätte oder erworben hätte. Hätte die Klägerin nicht darauf spekuliert, dass sie als Junglandwirt die Zuteilung von Zahlungsansprüchen unentgeltlich aus der nationalen Reserve bekommt, dann hätte sie bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht so gehandelt, wie in den vorliegenden Fällen, zumal die Klägerin nach den Angaben des Geschäftsführers der Klägerin für die Bewirtschaftung der Felder ohnehin Kredite bei den Banken und beim Lagerhaus … aufnehmen hat müssen, die durch Abtretung der künftigen Förderungen an diese gesichert wurden. Bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise hätte deshalb die Klägerin versucht, die Flächen mit Zahlungsansprüchen zu pachten oder hätte von so einem Pachtvertrag Abstand genommen. Der von der Klägerin an den Verpächter ... gezahlte Pachtpreis von 700,- Euro je Hektar liegt auch über dem durchschnittlichen Pachtpreis in Bayern, der im Jahr 2016 für neu gepachtetes Ackerland gezahlt wurde. … Dies stimmt auch mit den Angaben der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung über ein, wonach im regionalen Markt die Pachtpreise bei 300,- € - 400,- € pro Hektar ohne Zahlungsansprüche und bei Pachten mit Zahlungsansprüchen die Preise bei 700,- € pro Hektar liegen. Die Klägerin hat deshalb für die Pachtflächen schon einen Preis bezahlt, der normalerweise den Zahlungsanspruch mit einschließt. Auch dies spricht dafür, dass ein solcher Pachtpreis nur dann wirtschaftlich ist, wenn man damit rechnet, dass man aus der nationalen Reserve unentgeltlich die Zahlungsansprüche erhalten kann. Durch die vorliegende Fallkonstellation sollte eine win-win-Situation für beide Vertragsparteien geschaffen werden. Der Verpächter konnte seine Zahlungsansprüche gewinnbringend verkaufen. Die Klägerin hätte dann kostenlos Zahlungsansprüche aus der nationalen Reserve erhalten. Diese Vertragsgestaltung geht aber allein zu Lasten der nationalen Reserve, aus der die Zahlungsansprüche für Junglandwirte zugeteilt werden. Sie stellt sich als eine missbräuchliche und künstliche Vertragsgestaltung dar, um einen unionsrechtlichen Vorteil zu erhalten, der den Zielen der VO (EU) Nr.1306/2013 zuwiderläuft. Es sind keine sachlichen Gesichtspunkte ersichtlich, warum der Verpächter ... die Zahlungsansprüche nicht an die Klägerin mit verpachtete oder an sie verkaufte. Zahlungsansprüche können verkauft oder verpachtet werden. Es kann bei Verpachtung von Zahlungsansprüchen vertraglich vereinbart werden, dass die Zahlungsansprüche bei Auslaufen der Pacht wieder auf den Verpächter zurückgehen. Bei befristeten Pachtverträgen -wie hierist dies ausdrücklich beim Handeln mit Zahlungsansprüchen schon vorgesehen (Info-ZA, S.6, www.zi-daten.de/infoZID.html). Es wird sogar vorgetragen, der Verkauf der ZA durch Herrn ... an Dritte sei hinausgezögert worden, um Klärung zu schaffen, ob die ZA nicht auf die Klägerin übertragen werden müssen. Allerdings gibt es keine Anhaltspunkte, dass sich die Klägerin rechtzeitig vorher an das Amt gewandt hat und die geplanten Anpachtungen von Flächen ohne ZA bei gleichzeitigen Verkauf der ZA durch die Verpächter an einen anderen, hier an ..., dargelegt hat und die Auskunft erhalten hat, dass dies für die Zuteilung von Zahlungsansprüchen an Junglandwirten unschädlich ist. Dies würde eindeutig den Vollzugshinweisen des Beklagten, insbesondere im LMS vom 5.8.2016 Nr.2.1.2 widersprechen, wonach eine „vertiefte“ Prüfung von “künstlich geschaffene Bedingungen“, insbesondere bei der Übergabe des Betriebes innerhalb der Familie, zum Beispiel Pacht, Gründung/ Auflösung einer FamilienGbR zu erfolgen hat. Werden künstlich geschaffene Bedingungen festgestellt, werden danach im entsprechenden Umfang (in der Regel Umfang der ZA des Vorbewirtschafters, die ihm zugewiesen wurden, oder die er unbefristet erworben, aber auf den aktuellen Betriebsinhaber nicht übertragen hat) keine neuen ZA zugewiesen. … So liegt es auf der Hand, dass die ZA gerade nicht mitgepachtet wurden, um damit auf Seiten des Herrn ... eine zusätzliche Wertschöpfung durch den An- und Verkauf zu erreichen und anderseits, um der Klägerin einen unionsrechtlichen Vorteil zu verschaffen. Insoweit kommt es auch auf eine familiäre Verbindung nicht an.
… Damit liegt der Schluss nahe, dass es entsprechende Absprachen der Klägerin mit den jeweiligen Verpächtern und mit ... gegeben hat, siehe dazu noch näher unten. Auch die Klägerin führt aus, wie sich auch durch Bestätigung des Amtes ergibt, dass ein gemeinsamer Termin mit der Klägerin, vertreten durch Herrn Z…, und Herrn ... stattgefunden hat. Der Klägerin kam es nach ihrem Vortrag darauf an, dass die geplante Gestaltung, und damit ist eine gemeinsam mit Herrn ... abgesprochene Gestaltung, zulässig ist.
Auch wenn ZA grundsätzlich ohne Flächenbindung übertragen werden können, wie sich aus Art. 24 Abs. 8, 34 Abs. 4 VO (EU) 1307/2013 ergibt, ist es gleichwohl möglich die ZA zu übertragen, sowohl an den Pächter als auch an Dritte, Art. 24 Abs. 8, 34 Abs. 1 VO (EU) 1307/2013. Darüber hinaus ergibt sich aus Art. 3 Abs. 2 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 641/2014 der Kommission vom 16.06.2014, dass bei einer Übertragung nach Art. 24 Abs. 8 VO (EU) 1307/2013 insbesondere Art. 60 VO (EU) Nr. 1306/2013 zu beachten ist.
Sinn und Zweck der Regelung für Junglandwirte ist es gerade dann den Nachteil durch die Zuweisung von ZA aus der nationalen Reserve auszugleichen, wenn diese ZA weder pachten noch erwerben können noch sonst von z. B. Familienangehörigen erhalten können. Wie bereits ausgeführt geht bei einer Vererbung oder Hofübergabe, auch im Wege der vorweggenommenen Erbfolge, die Antragsberechtigung für die Zahlungsansprüche auf den Übernehmer kraft Gesetzes über, auch dann wenn der Übernehmer ein Junglandwirt ist. Ebenso ginge bei einer Betriebsteilung, bei der der Junglandwirt Betriebsinhaber ist, der Zahlungsanspruch auf den Junglandwirt bezüglich der Fläche über. Dies zeigt, dass der EU-Gesetzgeber nicht wollte, dass zeitgleich oder kurz vor solchen Betriebsübertragungen, die auf dem Flächen liegenden Zahlungsansprüche verkauft werden, um in den Genuss der unentgeltlichen Zuteilung aus der nationalen Reserve zu gelangen. Würde man in Fällen wie hier, in denen zeitnah vor der Verpachtung der Flächen an den Junglandwirt die darauf liegenden Zahlungsansprüche an andere verkauft werden, eine solche Vertragsgestaltung zulassen, wäre dies eine missbräuchliche Ausnutzung eines EUrechtlichen Vorteils und zudem eine Ungleichbehandlung zu der oben dargestellten Fallgruppe der gesetzlichen Übergänge der Zahlungsanspruchsrechte mit der Fläche. Ausweislich des Erwägungsgrundes 47 VO (EU) 1307/2014 stellt die Gründung und der Aufbau neuer Wirtschaftsunternehmen im Agrarsektor durch Junglandwirte für diese eine finanzielle Herausforderung dar, die bei der gezielten Gewährung von Direktzahlungen zu berücksichtigen ist. Solche unternehmerische Initiative ist von entscheidender Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit des Agrarsektors in der Europäischen Union, weshalb eine Einkommensstützung für Junglandwirte am Beginn ihrer landwirtschaftlichen Unternehmertätigkeit bereitgestellt werden sollte, um die Erstniederlassung von Junglandwirten und die anschließende strukturelle Anpassung ihrer Betriebe zu erleichtern.
Die Zuteilung von solchen Zahlungsansprüchen erfolgt aus der nationalen Reserve, die durch die Kürzung der nationalen Obergrenze und durch den Einzug von nicht genutzten Zahlungsansprüchen gebildet wird. Aus der nationalen Reserve werden nur Zuteilungen bei höherer Gewalt oder außergewöhnlichen Umständen oder für Junglandwirte und Neueinsteiger vorgenommen. Für die Bewirtschaftung der nationalen Reserve gelten die Haushaltsgrundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit und bei Förderungen auch das sogenannte Subsidiaritätsprinzip. Es soll also nur gefördert werden, wenn eine Förderung erforderlich ist, hier wenn der junge Landwirt Flächen hat, für die er noch keine Zahlungsansprüche erwerben konnte. Wie sich aus Art. 28 Nr.1 und Nr.2 der Delegierten Verordnung(EU) Nr.639/2014 ergibt, wird bei der Festsetzung der Zahlungsansprüche aus der nationalen oder regionalen Reserve an Junglandwirte sehr genau differenziert, ob der Junglandwirt über Zahlungsansprüche (eigene oder gepachtete) verfügt oder nicht. Gemäß Art. 58 Abs. 1VO (EU) Nr.1307/2013 sind im Rahmen der GAP alle Maßnahmen zum Schutze der finanziellen Interessen der EU zu treffen, insbesondere um
a) sich zu vergewissern, dass die durch die Fonds finanzierten Maßnahmen rechtmäßig und ordnungsgemäß durchgeführt worden sind;
b) einem wirksamen Schutz vor Betrug insbesondere in Bereichen mit einem höheren Betrugsrisiko sicherzustellen, der für eine abschreckende Wirkung sorgt.
Die hier streitgegenständlichen Handelsvorgänge und Vertragsgestaltungen führen aber zu einer missbräuchlichen Inanspruchnahme des nationalen Reservefonds, wie bereits oben ausgeführt worden ist.“
(VG Regensburg, U.v. 11.7.2019 - RN 5 K 18.1415 - juris Rn. 52 ff.)
37
Das Gericht schließt sich den soeben zitierten Ausführungen des Verwaltungsgerichts Regensburg an. Ausgehend davon sprechen in der vorliegenden Konstellation objektive Umstände für eine Umgehung im Sinne des Art. 60 VO (EU) Nr. 1307/2013. Denn der Kläger hat Flächen von seinem Vater, der wegen seiner Demenz von der Schwester betreut wird, ohne ZA gepachtet. Zuvor hatte der Bruder des Klägers die Flächen von 2008 bis 2018 gepachtet. In dem Pachtvertrag war zunächst geregelt, dass auch die ZA mitverpachtet und dem Pächter (dem Bruder) befristet zur Nutzung überlassen sind. In einer Zusatzvereinbarung hat der Bruder mit dem Vater des Klägers vereinbart, dass die ZA ab 1. Januar 2011 dauerhaft ins Eigentum des Pächters (Bruder) übertragen werden, aber nach Pachtende dem Verpächter (Vater) zurück zu gewähren sind bzw. eine Weiterveräußerung nur mit schriftlicher Zustimmung des Verpächters zulässig ist.
38
Zwar war der Bruder von der Rückübertragungspflicht der ursprünglichen ZA an seinen Vater gemäß § 275 BGB freigeworden, weil die Gültigkeit der damaligen erst mit gepachteten, ab 2011 übertragenen ZA nach Art. 21 Abs. 2 VO (EU) Nr. 1307/2013 am 31. Dezember 2014 ablief. Der Bruder hat sich jedoch anschließend neue ZA verschafft mit der Folge, dass nach der Rechtsprechung ein zivilrechtlicher Anspruch des Vaters als Verpächter gegen seinen Sohn als Pächter nach Pachtende bestand auf Übertragung der im Jahr 2015 neu zugewiesenen ZA, die während der Pachtzeit an die Stelle der ursprünglich überlassenen ZA getreten sind (vgl. BGH, Teilurteil v. 10.5.2019 - LwZR 4/18 - RdL 2020, 22 - juris Rn 11 ff. „ergänzende Vertragsauslegung“ und die Vorinstanz OLG Zweibrücken, U.v. 15.2.2018 - 4 U 111/17 - RdL 2018, 166 - juris Rn. 23 „stellvertretendes commodum“ sowie OLG Rostock, U.v. 13.11.2018 - 14 U XV 10/17 - RdL 2019, 252 - juris).
39
Der Vater (Verpächter) hatte gegen den Bruder des Klägers (vorheriger Pächter) einen schuldrechtlichen Anspruch auf Rückgabe der neu zugewiesenen ZA von 2015, die auf den Pachtflächen lagen, bzw. einen Zustimmungsvorbehalt bei deren Übertragung an Dritte. Aus den Pachtvereinbarungen zwischen Vater und Bruder des Klägers ist ersichtlich, dass keine Aufspaltung von Nutzflächen und ZA erfolgen sollte. Der Bruder hat die ZA indes wirtschaftlich für sich und damit auch zu Lasten seines Vaters verwertet. Die Veräußerung zeigt, dass der Bruder - ebenso wie der Vater - selbst keine Verwendung für die ZA mehr hatte.
40
Die Ausführungen des Beklagten insbesondere im Widerspruchsbescheid vom 13. März 2020 (sowie ergänzend in den Klageerwiderungen) - zu den objektiven Umständen - sind plausibel. Darauf kann Bezug genommen werden (§ 117 Abs. 5 VwGO). Dort ist insbesondere ausgeführt, dass der Verpächter (Vater) bei mitverpachteten ZA eine Übertragung einer entsprechenden Anzahl an ZA an sich oder an einen Dritten verlangen kann. Aus der Zusatzvereinbarung ergibt sich, dass der Bruder ohne Zustimmung des Vaters nicht frei über die ZA verfügen durfte. Dadurch bestand objektiv die vorrangige Möglichkeit der Übertragung der ZA an den Kläger, so dass kein Bedarf auf Neuzuweisung aus der nationalen Reserve bestand. Indem der Kläger Flächen von seinem Vater pachtete, hätte ohne Weiteres die Übertragung der ZA innerhalb der Familie vom Bruder auf den Kläger erfolgen können, ohne dass eine Neuzuteilung als Junglandwirt aus der nationalen Reserve nötig gewesen wäre. Zwar hat der Vater des Klägers nicht selbst über die ZA verfügt, sondern hatte die ZA, die dann ihre Gültigkeit verloren haben, dem Bruder des Klägers übertragen. An deren Stelle sind im Jahr 2015 infolge der Rechtsänderung die dem Bruder neu zugewiesenen ZA getreten. Bezogen auf diese neuen ZA hatte der Vater aber einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Bruder im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung auf Übertragung oder Weitergabe an bestimmte Dritte mit seiner Zustimmung aus dem Pachtvertrag. Im Ergebnis besteht der objektive Eindruck einer künstlichen Aufspaltung der ZA und der geforderten Fläche. Bestätigt wird diese Möglichkeit der Weiterreichung der vorhandenen ZA innerhalb der Familie an den Kläger im Nachgang zum einen durch die Aussage des Klägers, dass die Flächen ursprünglich zusammen mit den ZA gepachtet werden sollten, sowie durch die Tatsache, dass der Bruder des Klägers die ZA zunächst veräußert hatte und sich - nachdem die streitgegenständlichen Rechtsprobleme aufgetreten waren - erneut ZA gekauft und diese dann seinem Bruder, dem Kläger, für das Folgejahr zur Verfügung gestellt hat.
41
Gleichwohl sind nach Überzeugung des Gerichts die Voraussetzungen des Art. 60 VO (EU) Nr. 1307/2013 nicht erfüllt, weil es an den subjektiven Elementen fehlt, um eine absichtliche Umgehung bzw. einen Missbrauch annehmen zu können, wie die Angaben des Klägers einerseits und die Aussagen der Zeugen in der mündlichen Verhandlung am 19. April 2021 andererseits belegen. Insoweit unterscheidet sich die vorliegende Fallgestaltung von der vom Beklagten angeführten Fallgestaltung des Verwaltungsgerichts Regensburg (U.v. 11.7.2019 - RN 5 K 18.1415 - juris). Dort hatte sich die Klägerin anders als hier bewusst gegen die Übernahme der ZA entschieden, in der Absicht, die Förderung für Junglandwirte ZA neu zugesprochen zu bekommen. Nach der dortigen Fallgestaltung war der Schluss nahegelegen, dass es entsprechende Absprachen der dortigen Klägerin mit den jeweiligen Verpächtern gegeben hat. Von einem dem vergleichbaren Vorgehen kann aber im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden. Als subjektives Element ist Voraussetzung für die Annahme eines Missbrauchs bzw. einer Umgehung die Absicht, sich einen gemeinschaftsrechtlich vorgesehenen Vorteil dadurch zu verschaffen, dass die entsprechenden Voraussetzungen willkürlich geschaffen werden (so ausdrücklich EuGH, U.v. 21.7.2005 - C-515/03 - Slg 2005, I-7355 - juris Rn. 39).
42
Nach dem Verlauf der mündlichen Verhandlung und dem persönlichen Eindruck des Gerichts kann von einem kollusiven Zusammenwirken des Klägers mit seinem Bruder und seiner Schwester (als Betreuerin des Vaters) nicht ausgegangen werden, also einem bewussten Zusammenwirken aller Beteiligten mit der Absicht, einen Dritten (hier den Beklagten bzw. die nationale Reserve) zu schädigen. Der Kläger und die Zeugen haben in der mündlichen Verhandlung glaubhafte Angaben gemacht, die ein solches willkürliches und absichtliches Vorgehen ausschließen. Gerade die Zeugen zeigten sich sichtlich bemüht, ja nicht etwas zu sagen, was sie nicht wirklich konkret erinnerten. Das gilt sowohl für die beiden Geschwister des Klägers als auch für die beiden (wegen Vorruhestand/Altersteilzeit teils ehemaligen) Behördenmitarbeiter. Erstere vermittelten nicht den Eindruck etwas beschönigend oder gar abgesprochen zugunsten des Klägers darstellen zu wollen. Letztere legten umgekehrt keinen Belastungseifer zum Nachteil des Klägers an den Tag. Alle hinterließen einen ehrlichen Eindruck.
43
Der Kläger beschrieb, dass er zunächst geplant habe, die streitgegenständlichen Flächen zusammen mit den ZA von seinem Vater zu pachten. Ihm sei jedoch beim Bauernverband gesagt worden, dass dies nicht möglich sei. Die ZA könnten nicht mitverpachtet werden, weil die ZA dem Vater wegen der Neuausgabe nicht mehr gehörten. Er sei dann zum Landwirtschaftsamt. Der Mitarbeiter des Landwirtschaftsamtes habe empfohlen, dass der Bruder des Klägers die neuausgegebenen ZA behalten und diese verkaufen solle. Er, der Kläger, habe weiter nicht den Betrieb des Vaters übernehmen, sondern einen neuen Betrieb gründen sollen, damit er eigene ZA erhalte.
44
Diese Angaben decken sich mit der Aussage des Bruders des Klägers. Dieser gab an, dass er mit seinem Bruder zehn Jahre lang nicht gesprochen habe. Ihm sei es mit Blick auf seinen Vater nur darum gegangen, die Angelegenheit korrekt zu regeln. Es sei darum gegangen, über das Landwirtschaftsamt zu klären, wie es richtiggemacht werde - entweder die ZA zurück auf den Vater zu übertragen und die Übernahme des Betriebs durch den Bruder zu bewerkstelligen oder eine Neuaufnahme des Betriebes. Das Ergebnis dieses Gesprächs beim Landwirtschaftsamt sei gewesen, dass der Bruder Neulandwirt sei und eine Übertragung an den Vater nicht mehr nötig sei. Ihm sei dann vom Landwirtschaftsamt gesagt worden, er solle möglichst schnell seine Zahlungsansprüche veräußern, da nicht sicher sei, dass sie nächstes Jahr noch genauso viel wert seien. Der Bruder räumte weiter ehrlich ein, dass er seinen Pachtvertrag und auch die Zusatzvereinbarung bei dem gemeinsamen Gespräch beim Landwirtschaftsamt nicht dabeigehabt habe und nicht daran gedacht habe. Er habe erst im Nachhinein statt der verkauften ZA neue ZA gekauft und zusammen mit dem Bruder und seiner Schwester vertraglich festgelegt, dass diese neuen ZA jetzt auf den Flächen des Vaters liegen sollten. Weiter gab der Bruder glaubhaft an, dass er vorher (vor dem Gespräch beim Landwirtschaftsamt) nichts mit seinem Bruder, dem Kläger, näher besprochen habe. Er habe nur den Termin ausgemacht. Er habe die ZA im Nachhinein zurückgekauft, damit alles sauber ablaufen könne. Er habe auf die Angaben des Behördenmitarbeiters vertraut. Der Bruder des Klägers betonte wiederholt, dass sein Ansinnen gewesen sei, an dem Termin teilzunehmen, um gerade Klarheit darüber zu bekommen, wie die Angelegenheit sauber geregelt werden könne. Weiter gab er ebenso wie die Schwester bei ihrer Aussage an, dass ihnen bei einem früheren Verkauf eines Teilstücks vom Notar ausdrücklich gesagt worden sei, dass ZA beim Verkauf keine Rolle spielten, sie würden nicht mit verkauft.
45
Die Schwester des Klägers und gleichzeitig Betreuerin des Vaters (Verpächters) erklärte, dass sie mit dem Kläger beim Bauernverband gewesen sei, um den Pachtvertrag zu besprechen. Nachher seien dann der Kläger und sein Bruder zum Landwirtschaftsamt gegangen, um das mit den ZA zu klären. Danach habe sie sich mit den beiden Brüdern gleichzeitig getroffen, um das Vertragliche zu regeln. Aus dem Pachtvertrag sei ihr nicht klar gewesen, was mit den ZA sei. Erst nach dem Verkauf und Rückkauf der ZA seien diese mittlerweile Gegenstand des Pachtvertrags mit dem Kläger. Der Notar habe gesagt, dass die ZA nicht zum Feld gehörten.
46
Die beim Gespräch beim Landwirtschaftsamt im Januar 2019 auch anwesende Anwärterin erklärte auf Frage, ob sie den Eindruck gehabt habe, dass die Brüder sich abgesprochen hätten, ausdrücklich: Nein. Sie habe eher den Eindruck gehabt, die beiden Brüder, also der Kläger und sein Bruder, hätten sich informieren wollen.
47
Schließlich und vor allem erklärte der damalige Mitarbeiter des Landwirtschaftsamts als Zeuge: Der Kläger sei zu ihm gekommen, weil er den Betrieb habe neu gründen wollen und einen Teil der Fläche, die zuvor sein Bruder gehabt habe, übernehmen wollen. Der Kläger habe keine ZA gehabt und sei Neuantragsteller gewesen. Der Bruder habe ZA vom Vater gehabt. Er, der Zeuge, könne nicht mehr sagen, ob gepachtet oder auf Dauer. Er könne nicht mit Sicherheit sagen, dass der Pachtvertrag mit dem Bruder und die betreffende Zusatzvereinbarung vorgelegen hätten. Später habe er aber die Zusatzvereinbarung in den Akten gefunden und sich darüber gewundert. Zum Zeitpunkt des Gesprächs habe er die Auffassung vertreten, dass die neuen ZA des Bruders aus dem Jahr 2015 mit den alten ZA, die der Bruder vom Vater übernommen habe, nichts zu tun gehabt hätten. Er sei der Meinung gewesen, dass der, dem die ZA 2015 neu zugeteilt worden seien, nach Belieben darüber verfügen dürfe. Das Gerichtsurteil des OLG Zweibrücken von 2018 sei ihm damals nicht bekannt gewesen. Er gehe nach seinem Kenntnisstand davon aus, dass er dem Kläger gesagt habe, dass er einen Anspruch auf die ZA habe. Weiter sei plausibel, dass er dem Bruder des Klägers gesagt habe, dass der seinerseits die ZA verkaufen könne. Eine definitive Zusage habe er aber nicht gegeben, aber eine gewisse Sicherheit ausgestrahlt. Weiter gehe er davon aus, dass er dem Kläger gesagt habe, dass er ZA kaufen oder pachten könne, wenn er die ZA nicht als Neueinsteiger bekomme. Er könne es nicht sicher sagen, aber er gehe davon aus, dass er auch zum Ausdruck gebracht habe, dass ein gewisses Restrisiko noch bestehe, dass sich noch etwas ändern könne.
48
Ins Bild dieser Zeugenaussage des (ehemaligen) Mitarbeiters des Landwirtschaftsamtes passt, dass er laut Aktenlage bei der Checkliste zu den Fördervoraussetzungen (Bl. 60 der Behördenakte) ausdrücklich angekreuzt hatte, es lägen keine Hinweise auf künstlich geschaffene Bedingungen vor. In einem handschriftlichen Vermerk dazu vom 17. April 2019 ist weiter ausdrücklich angeführt „Die Antragsflächen hat der Antragsteller von seinem Vater gepachtet. In den Jahren vorher wurden diese Flächen vom Bruder des Antragstellers bewirtschaftet … Dem Bruder wurden die ZA in 2015 zugeteilt. Somit wurden die vom Antragsteller angegebenen Flächen zwar innerhalb der Familie übernommen, aber ohne ZA. Eine Verpflichtung zur Übergabe der ZA im Zusammenhang mit der Rückgabe von Pachtflächen ist aufgrund der Neuzuteilung der ZA in 2015 nicht erkennbar. Der Antragsteller übt laut seinen Angaben erst seit 1. November 2018 eine landwirtschaftliche Tätigkeit aus … Der Antrag auf Zuteilung der ZA aus der nationalen Reserve ist berechtigt, Neueinsteigerstatus ist gegeben.“
49
Des Weiteren hat dieser (ehemalige) Mitarbeiter des Landwirtschaftsamtes in einem E-Mail an die FüAk vom 10. Oktober 2019 (Bl. 75 und 117 der Behördenakte) in Kenntnis des Pachtvertrages von 2008 und der Zusatzvereinbarung von 2011 auf seiner Ansicht beharrt und weiterhin die Auffassung vertreten, dass die Januar 2015 neu zugeteilten ZA Eigentum des Bruders seien und keine Veranlassung bestanden habe, diese bei der Pachtflächenrückgabe an den Vater zu übertragen. Es habe keine Verpflichtung für den Bruder bestanden, ZA zusammen mit den Flächen an den Vater abzugeben. Daraus sei zu schlussfolgern, dass dem Kläger ZA aus der nationalen Reserve zugeteilt werden könnten und dem Antrag auf ZA-Zuteilung auf der Basis der angegebenen Neueinsteigereigenschaft entsprochen werden müsse. Vor diesem Hintergrund braucht nicht vertieft zu werden, ob der Pachtvertrag des Bruders und die Zusatzvereinbarung bei der Besprechung im Januar 2019 beim Landwirtschatsamt vorgelegen haben. Denn selbst wenn, hätte die Besprechung zu keinem anderen Ergebnis geführt, weil keiner der Anwesenden gewusst hat, dass der Bruder des Klägers rechtlich zur Übertragung der im Jahr 2019 neu zugewiesenen ZA an den Vater verpflichtet war.
50
Die Zeugenaussage des (ehemaligen) Mitarbeiters deckt sich weiter mit dem Inhalt eines Schreibens von ihm vom 26. November 2019 an die FüAk (Bl. 8 der Behördenakte), in dem darüber hinaus angemerkt ist, dass die FüAk seine Sichtweise unter Verweis auf ein LMS vom 2. Mai 2019 mit Anlage des Urteils des OLG Zweibrücken nicht mitgetragen hat.
51
Zum Urteil des OLG Zweibrücken vom 15. August 2018 (4 U 111/17 Lw - juris, RdL 2018, 166) ist anzumerken, dass dieses nach dem Vorstehenden zwar schon ab Mai 2019 in der Landwirtschaftsverwaltung bekannt war, aber dass dessen rechtliche Lösung, einen Anspruch auf die ZA über § 285 Abs. 1 BGB und dem sogenannte „stellvertretenden commodum“ (vgl. dazu etwa Jauernig, BGB, 18. Aufl. 2021, § 285 BGB Rn. 7) herzuleiten, im Nachgang durch den Bundesgerichtshof verworfen wurde, der aber im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung letztlich zum gleichen Ergebnis gekommen ist (BGH, Teilurteil vom 10.5.2019 - LwZR 4/18 - RdL 2020, 22 - juris Rn. 10 f.). Nach Überzeugung des Gerichts kann dem Kläger und seinem Bruder und auch den Mitarbeitern des Beklagten Anfang 2019 die Unkenntnis der soeben angesprochenen, äußerst komplizierten Rechtsfragen nicht vorgeworfen werden. Erst recht kann ihnen, insbesondere dem Kläger und seinen Geschwistern auf dieser Grundlage, nicht vorgehalten werden, sie hätten in böser Absicht künstlich Verhältnisse geschaffen, die den Zielen der VO (EU) 1306/3013 zuwiderlaufen, um Vorteile zu erhalten.
52
Das Gericht ist auf der Basis der Zeugenaussagen und des Akteninhalts ohne jeglichen Zweifel der Überzeugung, dass sich der Kläger und sein Bruder und dessen Schwester (als Betreuerin des Vaters) nicht bewusst zu Lasten der Landwirtschaftsverwaltung und der nationalen Reserve abgesprochen haben. Anders als im Fall des VG Regensburg (U.v. 11.7.2019 - RN 5 K 18.1415 - juris), in dem von einer Absprache der Beteiligten auszugehen war und von einem bewussten absichtlichen Vorgehen zu Lasten der nationalen Reserve, ging es dem Kläger und seinem Bruder und auch der Schwester vorliegend vor allem darum, die Verhältnisse (Flächen, Pacht, landwirtschaftlicher Betrieb, Fördermöglichkeiten usw.) mit Blick auf den dementen Vater und dessen Versorgung zu klären, und nicht darum, ein künstlich herbeigeführtes Konstrukt zu schaffen, um auf der Basis der gemeinschaftsrechtlichen Regelungen einen Vorteil zu erlangen. Das Gericht kann nicht erkennen, dass die Beteiligten absichtlich und willkürlich, also ohne jeden sachgerechten und vertretbaren Grund, bestimmte Voraussetzungen künstlich vor allem deshalb geschaffen hätten, um Vorteile zu erhalten. Abgesehen davon, dass es schon an den zivilrechtlichen Spezialkenntnissen gefehlt haben dürfte, ging es dem Kläger und seinen Geschwistern um Aufklärung der auch rechtlich korrekten Vorgehensweise zunächst über den Bauernverband und dann beim Landwirtschaftsamt. Die Beteiligten haben beim Landwirtschaftsamt keine falschen Tatsachen vorgespiegelt, sondern haben nach Überzeugung des Gerichts offen ihr Ansinnen vorgebracht.
53
Dem Beklagten ist zwar zuzugeben, dass nach den objektiven Umständen eine vertiefte Prüfung zu erfolgen hatte, ob künstliche geschaffene Bedingungen im Sinne des Art. 60 VO (EU) Nr. 1307/2013 vorliegen, nachdem zunächst der Bruder Flächen mit ZA vom Vater gepachtet und ohne ZA zurückgegeben hatte und der Kläger nun dieselben Flächen ohne ZA vom Vater pachtete. Weiter ist der Beklagtenseite zuzugeben, dass aufgrund der objektiven Tatsachen auf subjektive Missbrauchselemente geschlossen werden kann. Jedoch ist diese Schlussfolgerung nicht in allen Fallgestaltungen zwingend. Im vorliegenden Fall hat vielmehr die Beweisaufnahme ergeben, dass nach dem Sachverhalt, wie er sich darstellt, nicht von Willkür und von einem bewussten Missbrauch der Gestaltungsmöglichkeiten ausgegangen werden kann.
54
Nach alledem hat der Kläger wie beantragt den Anspruch auf Zuweisung der ZA und in der Folge auch einen Anspruch auf Gewährung der Direktzahlungen in Höhe von insgesamt 2.765,60 EUR, sodass der Klage im vollen Umfang stattzugeben war.
55
Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO.
56
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.