Inhalt

VG Würzburg, Beschluss v. 30.04.2021 – W 5 S 21.591
Titel:

Beschränkung einer Versammlung, Untersagung eines Versammlungszuges, Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung

Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
BayVersG Art. 15 Abs. 1
GG Art. 8 Abs. 1
BayIfSMV § 7 Abs. 1 der 12.
Schlagworte:
Beschränkung einer Versammlung, Untersagung eines Versammlungszuges, Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung
Fundstelle:
BeckRS 2021, 9370

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu gleichen Teilen zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragsteller wenden sich gegen eine versammlungsrechtliche Beschränkung des von der Initiative „…“ angemeldeten Aufzugs in eine ortsfeste Versammlung sowie die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung ohne die Ausnahme einer Abnahme der Maske zur Nahrungsaufnahme.
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1. Mit Antrag vom 12. April 2021 zeigte der Antragsteller zu 1) für die Initiative „…“ gegenüber der Stadt … eine Versammlung mit Aufzug für den 1. Mai 2021, von 12:00 Uhr bis 18:00 Uhr mit dem Thema „Standhaft bleiben“ an, die am …platz beginnen, über die F …-G …-Straße, die N … Straße, die F …- …-Straße, die B …- …-Straße, die M … Straße, die W…- …- …- …-Straße, die D … Straße, die De … Straße, die N … Straße und die F …-G …-Straße zurück zum …platz führen und dort enden sollte. Als erwartete Teilnehmerzahl wurde 1.000 und als Zahl der Ordner „ausreichend“ angegeben. Die Antragstellerin zu 2) ist als stellvertretende Leiterin der Versammlung angegeben.
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Im Rahmen des Kooperationsgesprächs am 16. April 2021 wurde den Antragstellern und den sonstigen Vertretern der Initiative von Seiten der Antragsgegnerin mitgeteilt, dass ein Aufzug derzeit infektionsschutzrechtlich nicht vertretbar sei und allenfalls eine ortsfeste Versammlung am …platz in Betracht käme. Den Antragstellern wurde Gelegenheit gegeben, in den nächsten Tagen eine alternative Planung vorzulegen.
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Am 22. April 2021 teilte der Antragsteller zu 1) per E-Mail mit, dass an den ursprünglichen Planungen festgehalten werde.
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2. Mit Bescheid vom 21. April 2021 ordnete die Stadt … u.a Folgendes an:
„1. Abweichend von der der Stadt … vorliegenden Versammlungsanzeige vom 12.04.2021 mit einem angemeldeten Aufzug vom …platz, u. a. über die N … Straße, die F …- …-Straße und die De … Straße zurück zum …platz wird die Versammlung auf eine ortsfeste Versammlung am …platz, beschränkt. Ein Aufzug darf nicht stattfinden. […]
2.1.2. Alle anwesenden Personen (Versammlungsleiter/in, Teilnehmer/innen, Ordner/innen) haben während der Versammlung durchgehend eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen; hiervon ausgenommen sind die Versammlungsleitung während Durchsagen und Redner während Redebeiträgen.
Von der Tragepflicht befreit sind Kinder bis zum sechsten Geburtstag und Personen, die glaubhaft machen können, dass ihnen das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung aufgrund einer Behinderung oder aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich oder unzumutbar ist; die Glaubhaftmachung erfolgt bei gesundheitlichen Gründen insbesondere durch eine ärztliche Bescheinigung, die die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie den Grund, warum sich hieraus eine Befreiung der Tragepflicht ergibt, enthält.
Die Glaubhaftmachung ist bei Kontrollen vor Betreten der Versammlungsfläche bei der Polizei bzw. den Ordnern vorzuzeigen.
Hinweis:
Das Rauchen, Essen oder Trinken begründet keine Ausnahme von der Maskenpflicht, ist kein zwingender Grund zum Abnehmen der Mund-Nasen-Bedeckung und in der Versammlungsfläche zu unterlassen. Dies gilt in besonderer Weise für alkoholische Getränke. Gleiches gilt aber auch für Trillerpfeifen; diese dürfen nur auf der Fläche gemäß Ziffer 2.1.3 oder insoweit genutzt werden, als dass dabei die Mund-Nasen-Bedeckung ordnungsgemäß getragen wird.“
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Rechtsgrundlage für die Beschränkungen der Ziffern 1 bis 2.1.5 sei § 7 Abs. 1 Satz 2 der 12. BayIfSMV i.V.m. Art. 15 Abs. 1 BayVersG. Der Inzidenzwert von Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 je 100.000 Einwohner innerhalb von 7 Tagen überschreite im Stadtgebiet … seit 16. März 2021 den Wert von 100. Am 22. April 2021 habe er beispielsweise bei 202,1 gelegen. Nach Informationen des Robert-Koch-Instituts vom 31. März 2021 werde die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland derzeit insgesamt als sehr hoch eingeschätzt. Die Dynamik der Verbreitung einiger neuer Varianten von SARS-CoV-2 sei besorgniserregend. Das Recht auf Versammlungsfreiheit aus Art. 8 GG sei mit dem Ziel des Infektionsschutzes und des Schutzes von Leib und Leben aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG abzuwägen.
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Die Beschränkung auf eine ortsfeste Versammlung auf dem …platz sei geeignet, erforderlich und angemessen, um Gefahren für Gesundheit und Leben von Teilnehmern, von Einsatzkräften der Polizei und von unbeteiligten Dritten abzuwehren. Durch die Gruppierung „…“ sei bereits für den 27. März 2021 eine Versammlung in der Form eines Aufzugs angemeldet worden. Die anfänglich genannte Teilnehmerzahl von 50 bis 100 sei nach der Anmeldung nach oben korrigiert worden; letztendlich hätten 1.300 Personen teilgenommen. Nach dem Erfahrungsbericht der Polizeiinspektion … vom 14. April 2021 hätten sich die Teilnehmer teilweise dicht gedrängt beieinander befunden und die Abstände seien in keiner Weise eingehalten worden. Die Bereitschaft zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung habe mit zunehmender Dauer des Aufzugs nachgelassen. Der Aufzug sei 750 m lang gewesen. Insbesondere aufgrund dieser Länge sei es der Polizei nur bedingt möglich gewesen, Verstöße entsprechend zu ahnden. Für den beabsichtigten Aufzug am 1. Mai 2021 seien 1.000 Teilnehmer angemeldet worden. Es sei davon auszugehen, dass diese Teilnehmerzahl mindestens erreicht, ggf. sogar deutlich überschritten werde. Berücksichtige man zusätzlich, dass der Aufzug eine Strecke von 7,3 km zurücklegen solle und dafür voraussichtlich länger als 90 Minuten benötigen würde, müsse die Versammlungsbehörde davon ausgehen, dass sich die geschilderten Verstöße vom 27. März 2021 auch am 1. Mai 2021 wiederholen würden. Dies sei infektionsschutzrechtlich nicht vertretbar. Die Beschränkung auf eine ortsfeste Versammlung sei geeignet, die oben erwähnten Rechtsgüter zu schützen, da eine ortsfeste Versammlung unter Berücksichtigung der erwarteten Teilnehmerzahl, im Gegensatz zu einem sich dynamisch und über mehrere Kilometer fortbewegenden unübersichtlichen Aufzug, für die Versammlungsleiter mithilfe der Ordner und durch Polizeikräfte noch überblickbar sei. Auch Erfahrungen anderer Versammlungsbehörden zeigten deutlich, dass es bei „coronakritischen“ Versammlungen regelmäßig und in großer Zahl zur Missachtung der infektionsschutzrechtlichen Beschränkungen komme. Die Versammlungen müssten überwachbar bleiben, was aber bei einem Umzug mit 1.000 oder mehr Personen nicht möglich sei. Auch könne bei einem längeren Versammlungszug nicht durchgehend eine Abgrenzung zwischen Versammlungsteilnehmern und Passanten sichergestellt werden. Die sei wegen der unterschiedlich geltenden Pflichten (z.B. Maskenpflicht) und erforderlicher polizeilicher Maßnahmen jedoch unabdingbar. Es handele sich auch um eine erforderliche Beschränkung, da keine gleich effektiven, milderen Mittel ersichtlich seien. Beschränkungen zur Gewährleistung des Infektionsschutzes während des Aufzugs könnten keine ähnliche Erfolgswahrscheinlichkeit gewährleisten. Es handele sich auch um eine angemessene Beschränkung. In Abwägung der Interessen unbeteiligter Dritter, der Teilnehmenden und der Polizeibeamten, keiner Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt zu sein, und dem Schutz des Gesundheitssystems vor Überlastung müsse in diesem Einzelfall das Interesse des Veranstalters, die Versammlung in der gewünschten Form (mit Aufzug) durchzuführen, zurücktreten.
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Darüber hinaus sei in § 7 Abs. 1 Satz 3 der 12. BayIfSMV geregelt, dass unabhängig vom Ort der Versammlung eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen sei. Die Anordnung zur Verpflichtung zum durchgehenden Gebrauch einer Mund-Nasen-Bedeckung sei insbesondere zum Schutz von Leib und Leben einer Vielzahl von Menschen (Versammlungsteilnehmer/innen, Passanten und die die Versammlung betreuende Polizeibeamte) notwendig. Die Anordnung sei auch im engeren Sinne verhältnismäßig. Der Eingriff in das Grundrecht der betroffenen Personen auf allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) bzw. in die Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG) stehe in Konkurrenz zu dem auf Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gestützten Ziel des Schutzes der Gesundheit der Bevölkerung und der Verhinderung einer Überlastung des Gesundheitssystems. Da es sich bei der Anordnung der Mund-Nasen-Bedeckung allerdings um einen geringen Grundrechtseingriff handele und die Teilnahme an einer Versammlung ohnehin möglich sei, stehe dieser Grundrechtseingriff nicht außer Verhältnis zum Ziel des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung. Zudem sei entsprechend § 1 Abs. 2 der 12. BayIfSMV eine Ausnahme von der Maskenpflicht möglich.
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3. Die Antragsteller erhoben am 29. April 2021 Klage gegen Ziffer 1 und Ziffer 2.1.2 des Bescheids vom 21. April 2021 und beantragten im hiesigen Verfahren,
die aufschiebende Wirkung dieser Klage gemäß § 80 Absatz 5 VwGO anzuordnen.
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Zur Begründung wird ausgeführt, dass das mit Ziffer 1 statuierte Verbot des Aufzugs und die unter Ziffer 2.1.2 statuierte Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung mit Hinweis, dass auch Essen/Trinken keine Ausnahme begründe, rechtswidrig seien und die Antragsteller in ihren Rechten aus Art. 8 Grundgesetz (GG), Art. 113 Bayerische Verfassung (BV) und Art. 1 BayVersG verletzten. Rechtsgrundlage der streitgegenständlichen Anordnung sei Art. 15 BayVersG. Danach könne die zuständige Behörde eine Versammlung beschränken oder verbieten, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet sei. Dabei dürfe die Behörde keine völlige Risikofreiheit im Sinne einer absoluten infektionsschutzrechtlichen „Unbedenklichkeit“ fordern. Sie habe vielmehr eigene Überlegungen zur Minimierung von Infektionsrisiken anzustellen und sei daher verpflichtet, sich um eine kooperative, einvernehmliche Lösung mit dem Versammlungsveranstalter zu bemühen. Bei ihrer Entscheidung habe die Behörde auch zu würdigen, dass Art. 8 Abs. 1 GG nicht nur das Recht zur Teilnahme an öffentlichen Versammlungen gewährleiste, sondern dem Veranstalter zugleich ein Selbstbestimmungsrecht hinsichtlich der Modalitäten der Versammlung gewähre, also namentlich zu der Frage, ob sie als Aufzug durchgeführt werden und an welchen Orten sie stattfinden solle. Daraus ergebe sich für Ziffer 1 des Bescheids, dass das Verbot eines Demo-Zuges unverhältnismäßig und damit rechtswidrig sei. Auch während des Demonstrationszuges seien noch versammlungsrechtliche Maßnahmen der Stadt bzw. der Polizei möglich. Die von der Antragsgegnerin gemachten Ausführungen verfingen nicht. Die Gefährdungsprognose der Antragsgegnerin rechtfertige kein Verbot des Aufzuges. In ihrer Begründung lege sie nicht dar, an welchen konkreten Straßen welche Verletzungen der Auflagen durch die Teilnehmer der letzten Demonstration begangen sein sollten. In dem von den Antragstellern konkret dargelegten Straßenverlauf seien seitens der Antragsgegnerin keine „Engstellen“ moniert worden. Auch sei nicht ersichtlich, warum die übrigen im streitgegenständlichen Bescheid getroffenen Beschränkungen, wie etwa die Abstandsregelung und Beobachtungssowie Aufklärungspflichten nicht ausreichen sollten, um den infektionsschutzrechtlichen Anforderungen zu genügen. Die Antragsgegnerin berufe sich zudem auf Erfahrungen anderer Versammlungsbehörden mit coronakritischen Demonstrationen. Auch diese Erwägung sei zu pauschal und keine tragfähige Grundlage einer Gefährdungsprognose hinsichtlich der konkret geplanten Veranstaltung. Das Verbot des Demo-Aufzuges sei unter Berücksichtigung der grundgesetzlich verbrieften Versammlungsfreiheit weder erforderlich noch angemessen, um infektionsschutzrechtliche Ziele zu verwirklichen.
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Auch die unter Ziffer 2.1.2 statuierte Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung sei rechtswidrig, sofern davon die kurzweilige Abnahme zum Verzehr von Speisen und Getränken nicht ausgenommen werde. Die Beschränkung sei unverhältnismäßig. Selbst die Infektionsschutzgesetze gestatteten das Ablegen der Maske zum Verzehr von Speisen und Getränken. Bei einer 6-stündigen Versammlung - noch dazu vor dem Hintergrund steigender Temperaturen - seien bei einer derartigen Beschränkung das Eintreten gesundheitlicher Gefährdungen zu befürchten, zumal FFP2-Masken gemäß arbeitsschutzrechtlicher Anweisungen ohnehin in regelmäßigen Abständen ausgewechselt bzw. kurzfristig abgenommen werden sollten.
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4. Die Stadt … beantragte,
den Antrag abzulehnen.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen auf den Bescheid vom 21. April 2021 verwiesen, ferner auf den Inhalt der Behördenakte und den polizeilichen Erfahrungsbericht (Bl. 19 ff. d.A.). Ergänzend wurde Folgendes dargelegt: Die Prognose der Antragsgegnerin, dass es auch bei dem für den 1. Mai 2021 vorgesehenen Aufzug zu Verstößen gegen die infektionsschutzrechtlichen Beschränkungen kommen werde, stütze sich im Wesentlichen auf die Erfahrungen im Zusammenhang mit dem Aufzug vom 27. März 2021 sowie auf einschlägige Erkenntnisse anderer Behörden. Die Benennung konkreter Straßenzüge sei für diese Beurteilung entbehrlich. Nach polizeilichen Erkenntnissen sei der Ablauf des Aufzugs am 27. März 2021 mehrfach entglitten. Eine Sicherstellung der infektionsschutzrechtlichen Vorgaben sei der Versammlungsleitung nicht gelungen; dies habe insbesondere die Einhaltung der geforderten Mindestabstände sowie das Tragen der Mund-Nasen-Bedeckung betroffen. Die nun vorgesehene Versammlungsleiterin habe am 27. März 2021 sowie am 10. April 2021 als stellvertretende Versammlungsleiterin fungiert. In der Vorbereitung der Versammlung vom 10. April 2021 habe sie gegenüber der Polizei und der Versammlungsbehörde gestanden, mit der Leitung des Aufzugs überfordert gewesen zu sein. Im Übrigen habe sie die Auffassung vertreten, dass die Einhaltung von Mindestabständen bei Aufzügen grundsätzlich nicht möglich sei. Auch aus diesen Gründen sei durch die Versammlungsleitung seinerzeit auf einen abermaligen Aufzug am 10. April 2021 verzichtet worden. Da es selbst bei der ortsfesten Versammlung am 10. April 2021 zu mehrfachen Verstößen gegen infektionsschutzrechtliche Bestimmungen gekommen sei, sei seitens der Antragsgegnerin keine andere Prognose für den 1. Mai 2021 angezeigt. Aufgrund der Tatsache, dass sich die Antragsgegnerin intensiv mit den bisherigen Erfahrungen mit der anzeigenden Initiative auseinandergesetzt habe, sei die Behauptung, man habe die Versammlung am 1. Mai 2021 zu pauschal beurteilt, unrichtig.
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Die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im Rahmen der Versammlung ergebe sich direkt aus § 7 Abs. 1 Satz 3 der 12. BayIfSMV. Nach den bereits dargelegten einschlägigen Erfahrungen sei ein Hinweis auf die Rechtslage nicht ausreichend gewesen; vielmehr habe es einer entsprechenden Beschränkung bedurft. Die angefochtene Passage unter Ziffer 2.1.2 stelle keine eigenständige Beschränkung dar, sondern verweise lediglich klarstellend auf die sich aus der angeordneten Pflicht tatsächlich ergebenden Folgen. Entsprechend sei die betroffene Passage nur als „Hinweis“ bezeichnet worden. Der Vortrag der Antragsteller, das Infektionsschutzgesetz erlaube ausdrücklich das Abnehmen einer Mund-Nasen-Bedeckung zum Essen oder Trinken, treffe nicht zu.
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5. Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
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Der zulässige Antrag ist unbegründet.
17
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. anordnen. Bei dieser Entscheidung hat es entsprechend § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache dann von maßgeblicher Bedeutung, wenn nach summarischer Prüfung von der offensichtlichen Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Verwaltungsakts und der Rechtsverletzung des Antragstellers auszugehen ist. Jedenfalls hat das Gericht die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs bei seiner Entscheidung mit zu berücksichtigen, soweit diese sich bereits übersehen lassen (vgl. BVerfG, B.v. 24.2.2009 - 1 BvR 165/09 - NVwZ 2009, 581; BayVGH, B.v. 17.9.1987 - 26 CS 87.01144 - BayVBl. 1988, 369; Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 68 und 73 ff.). Auch die Bedeutung des verfassungsrechtlichen Schutzes der Versammlungsfreiheit durch Art. 8 GG ist in diesem Rahmen zu berücksichtigen. Sind die Erfolgsaussichten im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vollkommen offen, ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen.
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Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat der Antrag keinen Erfolg. Denn die Anfechtungsklage gegen die streitgegenständlichen Anordnungen im Bescheid vom 21. April 2021 erweist sich voraussichtlich als unbegründet.
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1. Die Antragsteller wenden sich gegen die Beschränkung auf eine ortsfeste Versammlung. In der Anzeige gemäß Art. 13 BayVersG wurde eine sich fortbewegende Versammlung benannt, die am …platz beginnen, über die F …-G …-Straße, die N … Straße, die F …- …-Straße, die B …- …-Straße, die M … Straße, die W …- …- …- …-Straße, die D … Straße, die De … Straße, die N … Straße und die F …-G …-Straße zurück zum …platz führen und dort enden soll. Im streitgegenständlichen Bescheid wurde die Versammlung auf eine ortsfeste Versammlung am …platz beschränkt und verfügt, dass ein Aufzug nicht stattfinden darf.
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1.1. Rechtsgrundlage für die Beschränkung auf eine ortsfeste Versammlung und der Untersagung der sich fortbewegenden Versammlung ist Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayVersG. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde eine Versammlung insbesondere beschränken oder verbieten, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist.
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1.2. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayVersG sind erfüllt.
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Bei der vom Antragsteller zu 1) angezeigten, sich fortbewegenden wie auch ortsfesten Veranstaltung unter freiem Himmel am 1. Mai 2021 in … handelt es sich um eine Versammlung i.S.v. Art. 8 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 BayVersG. Eine Versammlung i.S.d. Art. 8 Abs. 1 GG ist eine örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen zur gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung (vgl. BVerfG, B.v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90, 1 BvR 2173/93, 1 BvR 433/96 - juris Rn. 41; BVerwG, U.v. 16.5.2007 - 6 C 23/06 - juris Rn. 15). Weitgehend übereinstimmend definiert Art. 2 Abs. 1 BayVersG Versammlungen im Sinne des Bayerischen Versammlungsgesetzes als Zusammenkünfte von mindestens zwei Personen zur gemeinschaftlichen, überwiegend auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung.
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1.3. Die durch die Versammlungsbehörde hier vorgenommene Reduzierung der Versammlung von einer stationären und einer sich fortbewegenden Versammlung auf eine ortsfeste Versammlung stellt eine Beschränkung i.S.v. Art. 15 Abs. 1 BayVersG dar (zur Einstufung der Beschränkung auf eine stationäre Veranstaltung als weniger einschneidende Maßnahme als eines Versammlungsverbots vgl. HessVGH, B.v. 19.3.2021 - 2 B 588/21 - juris Rn. 11). Zwar kann eine Verlegung einer Versammlung nach den Umständen des Einzelfalls als faktisches Verbot zu qualifizieren sein. Das ist vorliegend aber nicht der Fall, weil es bei der (teilweisen) Verlagerung des von den Antragstellern gewünschten Versammlungsplatzes nur um eine Modalität der Versammlungsdurchführung in örtlicher Hinsicht geht, die nicht so wesentlich ist, dass die Maßgabe einem Verbot gleichkommt. Die Antragsteller können die von ihnen geplante Versammlung nämlich zur selben Zeit und mit demselben Thema in der (zumindest teilweise) von ihnen beabsichtigten Art und Weise durchführen. Die Veranstaltung kann zudem nach wie vor im Stadtgebiet … durchgeführt werden. Eine rechtlich relevante Beeinträchtigung der Meinungskundgabe oder der Öffentlichwirksamkeit der Versammlung ist damit nicht verbunden.
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1.4. Nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen ist die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung in der von den Antragstellern gewünschten Art und Weise als sich fortbewegende Versammlung unmittelbar gefährdet.
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Mit dem Merkmal der unmittelbaren Gefährdung ist ein hoher Gefahrenmaßstab angesprochen, den nicht schlechterdings jede zu erwartende Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit erreicht. Mit der Aufnahme von Versammlungsbeschränkungen in den Katalog möglicher Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit (COVID-19) gemäß § 28a Abs. 1 IfSG hat der Gesetzgeber die Wertung vorweggenommen, dass solche Beschränkungen grundsätzlich geeignet sind, Gefahren für die Gesundheit und das Leben Einzelner zu begegnen und einer Überlastung des Gesundheitssystems entgegenzuwirken (vgl. § 28 Abs. 3 Satz 1 IfSG; BayVGH, B.v. 31.1.2021 - 10 CS 21.323 - Rn. 17 ff. - n.v.). Da bei der Anwendung des Art. 15 Abs. 1 BayVersG die an die Gesundheitsbehörden adressierten Vorgaben des Infektionsschutzrechts, namentlich § 28 und insbesondere § 28a Abs. 1 Nr. 10, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 IfSG zu beachten sind, können auch Gefahren, die von einem erhöhten Infektionsrisiko ausgehen, ein Versammlungsverbot rechtfertigen. Diese entfalten aber gegenüber den versammlungsrechtlichen Vorschriften keine Sperrwirkung, sondern es bedarf einer besonderen Prüfung des einzelnen Falles anhand des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit des Art. 8 Abs. 1 GG. Ein Versammlungsverbot scheidet nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit aus, solange mildere Mittel und Methoden der Rechtsgüterkonfliktbewältigung wie versammlungsrechtliche Auflagen bzw. Beschränkungen und der verstärkte Einsatz polizeilicher Kontrollen nicht ausgeschöpft oder mit tragfähiger Begründung ausgeschieden sind (vgl. BayVGH, B.v. 11.9.2020 - 10 CS 20.2063 - juris Rn. 9 m.w.N.; BVerfG, B.v. 4.9.2009 - 1 BvR 2147/09 - juris Rn. 17). Denn auch mit Blick auf die Corona-Pandemie und daraus folgende Gefahren für Leben und Gesundheit kommen Auflagen in Betracht, etwa mit der Verpflichtung zur Einhaltung bestimmter Mindestabstände, aber auch Beschränkungen der Teilnehmerzahl, um eine Unterschreitung notwendiger Mindestabstände zu verhindern, sowie die Anordnung der Verpflichtung der Versammlungsteilnehmer zum Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen. Gleichfalls als mildere Mittel können nach alledem die Durchführung als ortsfeste Kundgebung anstatt als Aufzug oder die Verlegung an einen aus infektionsschutzrechtlicher Sicht vorzugswürdigen Alternativstandort ein regelmäßig milderes Mittel darstellen (vgl. BVerfG, B.v. 30.8.2020 - 1 BvQ 94/20 - juris Rn. 16; HessVGH, B.v. 19.3.2021 - 2 B 588/21 - juris Rn. 6).
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§ 7 Abs. 1 der 12. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (12. BayIfSMV) vom 5. März 2021, die im Zeitpunkt der gerichtlichen wie auch der behördlichen Entscheidung maßgeblich ist, bestimmt für öffentliche Versammlungen im Sinne des Bayerischen Versammlungsgesetzes unter anderem einen Mindestabstand von 1,5 m zwischen allen Teilnehmern (Satz 1) sowie die Pflicht der nach Art. 24 Abs. 2 BayVersG zuständigen Behörde, soweit im Einzelfall erforderlich durch entsprechende Beschränkungen nach Art. 15 BayVersG sicherzustellen, dass die Bestimmungen nach Satz 1 eingehalten werden und die von der Versammlung ausgehenden Infektionsgefahren auch im Übrigen auf ein infektionsschutzrechtlich vertretbares Maß beschränkt bleiben; davon ist in der Regel auszugehen, wenn die Versammlung nicht mehr als 200 Teilnehmer hat und ortsfest stattfindet (Satz 2). Damit konkretisiert § 7 Abs. 1 der 12. BayIfSMV die versammlungsrechtliche Befugnisnorm des Art. 15 Abs. 1 BayVersG sowohl auf der Tatbestandswie auch auf der Rechtsfolgenseite im Hinblick auf von Versammlungen unter freiem Himmel ausgehende Gefahren für die Gesundheit und das Leben einzelner (Art. 2 Abs. 2 GG) sowie den Schutz des Gesundheitssystems vor einer Überlastung (vgl. BVerfG, B.v. 10.4.2020 - 1 BvQ 31/20 - juris Rn. 15; BayVGH, B.v. 19.9.2020 - 10 CS 20.2103 - BecKRS 2020, 24616 Rn. 7 m.w.N.; B.v. 16.4.2021 - 10 CS 21.1114 - n.v.).
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Das in Art. 8 Abs. 1 GG gewährleistete Grundrecht der Versammlungsfreiheit schützt die Freiheit, mit anderen Personen zum Zwecke der gemeinschaftlichen, auf Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung örtlich zusammenzukommen (vgl. BVerfG, B.v. 14.10.2001 - 1 BvR 1190/90 u.a. - juris Rn. 39 ff.). Hierbei ist dem Grundrechtsträger das Selbstbestimmungsrecht über Ort, Zeitpunkt, Art und Inhalt der Veranstaltung gewährleistet (vgl. BVerfG, B.v. 14.5.1985 - 1 BvR 233/81 u.a. - juris Rn. 61). Soweit Beschränkungen verfügt werden, ist dies nach Art. 8 Abs. 2 GG für Versammlungen unter freiem Himmel durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes möglich, allerdings nur zum Schutz gleichwertiger anderer Rechtsgüter unter strikter Wahrung der Verhältnismäßigkeit (zuletzt etwa BVerfG, B.v. 21.11.2020 - 1 BvQ 135/20 - juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 24.1.2021 - 10 CS 21.219 - BeckRS 2021, 479 Rn. 12). Nur soweit eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vorliegt, kann von dem Veranstalter nach Art. 15 Abs. 1 BayVersG verlangt werden, dass er den geplanten Ablauf seiner Versammlung ändert, oder kann eine Versammlung gänzlich untersagt werden (BVerfG, B.v. 30.8.2020 - 1 BvQ 94/20 - juris Rn. 14 m.w.N.; SächsOVG, B.v. 11.12.2020 - 6 B 432/20 - juris Rn. 11, B.v. 13.3.2021 - 6 B 96/21 - juris Rn. 6). Die Beschränkung, eine Versammlung nicht als Demonstrationszug, sondern als stationäre Versammlung durchzuführen, ist bei einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit als milderes Mittel zu einem vollständigen Verbot der Versammlung unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes regelmäßig zulässig (vgl. Dürig-Friedl, Versammlungsrecht, 2016, § 15 Rn. 101; BVerfG, B.v. 20.12.2012 - 1 BvR 2794/10 - juris Rn. 17 m.w.N.).
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1.5. Diesen verfassungsrechtlichen Maßgaben wird die angefochtene Untersagung der Versammlung als sich fortbewegende Versammlung und ihre Verlegung als stationäre Versammlung auf den …platz in … bei summarischer Beurteilung gerecht. Die Antragsgegnerin hat zu Recht angenommen, dass die angezeigte Versammlung in Form einer sich fortbewegenden Versammlung angesichts der pandemischen Lage und der Erfahrungen mit vergleichbaren Versammlungen in der Vergangenheit infektionsschutzrechtlich nicht mehr vertretbar ist.
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Nach den Wertungen des Verordnungsgebers ist von einer infektionsschutzrechtlichen Vertretbarkeit einer ortsfest stattfindenden Versammlung auszugehen, wenn diese nicht mehr als 200 Teilnehmer hat. Die angemeldete Versammlung entspricht dieser Regelvermutung weder hinsichtlich ihrer Form als sich fortbewegende Versammlung noch hinsichtlich der Anzahl ihrer Teilnehmer. Wie die Stadt … zutreffend ausgeführt hat, ist gerade bei einer sich fortbewegenden Versammlung mit 1.000 oder mehr Personen die Einhaltung der infektionsschutzrechtlichen Beschränkungen nicht möglich. Eingriffe durch Ordner und Polizei zum Wiederaufsetzen der Maske oder der Wiederherstellung der Mindestabstände würden zu einem ständigen Stocken des Versammlungszuges und einem Auflaufen der nachfolgenden Personen führen. Dies gilt umso mehr, als auch damit zu rechnen ist, dass sich weitere (unbeteiligte) Personen dem angemeldeten Aufzug anschließen. Darüber hinaus kann sich die Problematik des Mindestabstands durch Interaktionen der Versammlungsteilnehmer mit unbeteiligten Passanten zusätzlich verschärfen (vgl. OVG NRW, B.v. 24.5.2020 - 15 B 755/20 - juris Rn. 23).
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Die Antragsgegnerin durfte bei der erforderlichen Gefahrenprognose die Erkenntnisse aus früheren Versammlungslagen aufgrund deren Vergleichbarkeit heranziehen. Die Heranziehung von Ereignissen im Zusammenhang mit früheren Versammlungen im Rahmen der Gefahrenprognose als Indiz für das Gefahrenpotenzial ist zulässig, soweit diese bezüglich des Mottos, des Ortes, des Datums sowie des Teilnehmer- und Organisatorenkreises Ähnlichkeiten zu der geplanten Versammlung aufweisen (vgl. BVerfG, B.v. 21.11.2020 - 1 BvQ 135/20 - Rn. 11; BVerfG, B.v. 12.5.2010 - 1 BvR 2636/04 - juris Rn. 17 m.w.N.; vgl. BVerfG, B.v. 4.9.2009 - 1 BvR 2147/09 - juris Rn. 13; vgl. BayVGH, B.v. 12.4.2013 - 10 CS 13.787 - juris Rn. 8). Ausweislich des Erfahrungsberichts der Polizeiinspektion … vom 14. April 2021 (Bl. 19 ff. d.A.) wurde am 27. März 2021 eine sich fortbewegende Veranstaltung der Gruppierung „…“ mit ca. 1.300 Teilnehmern abgehalten, die sich ebenfalls gegen die Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus richtete. Hierbei kam es zu Verstößen gegen versammlungsrechtliche Auflagen. Die Teilnehmer hielten die Mindestabstände nicht ein, befanden sich vielmehr dicht gedrängt beieinander. Auch die Bereitschaft zum Tragen der Mund-Nasen-Bedeckung ließ mit zunehmender Dauer des Aufzugs nach. Aufgrund der Länge des Aufzugs von 750 m war es der Polizei nur bedingt möglich, die versammlungsrechtlichen Auflagen durchzusetzen und Verstöße entsprechend zu ahnden. Auch anlässlich einer stationären Versammlung am 10. April 2021 wurde ausweislich des polizeilichen Erfahrungsberichts eine erhebliche Anzahl von Verstößen festgestellt und zur Anzeige gebracht. So erfolgte in 24 Fällen eine Ordnungswidrigkeitenanzeige gemäß BayVersG. Daneben mussten u.a. Platzverweise ausgesprochen werden und unmittelbarer Zwang durch die Polizei angewendet werden (vgl. im Einzelnen Bl. 21 d.A.). Es ist damit erwiesen und nachvollziehbar dargestellt, dass bei ähnlichen Veranstaltungen der Initiative „…“ eine Vielzahl versammlungsrechtlicher Verstöße zu verzeichnen war. An welchen Stellen im Straßenverlauf dies genau stattgefunden hat, kann hierbei außer Betracht bleiben. Gleiches gilt für das Vorbringen des Bevollmächtigten der Antragsteller, dass seitens der Antragsgegnerin im streitgegenständlichen Bescheid keine Bezugnahme auf den konkret dargelegten Straßenverlauf, vor allem im Hinblick auf „Engstellen“ stattgefunden habe. Die generellen Erwägungen im Hinblick auf die infektionsschutzrechtliche Bedenklichkeit eines Aufzuges können damit nicht in Frage gestellt werden.
31
Weiterhin haben die Antragsteller weder in einem Sicherheits- und Hygienekonzept noch in ihrem Vorbringen im Eilverfahren hinreichend dargetan, wie sie die Einhaltung der infektionsschutzrechtlichen Beschränkungen, insbesondere die Einhaltung des Mindestabstands von 1,5 m, während des Aufzuges durch die Teilnehmer sicherstellen wollen. Sie haben noch nicht einmal hinreichende Angaben zur Anzahl der erforderlichen Ordner gemacht, sondern hierzu in der Anmeldung die Zahl der Ordner nichtssagend mit „ausreichend“ angegeben.
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Die Antragsgegnerin hat sich insoweit bei ihrer Gefahrenprognose zu Recht auf die Entwicklung des Infektionsgeschehens gestützt, wonach der Inzidenzwert von Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 je 100.000 Einwohner innerhalb von 7 Tagen im Stadtgebiet … seit 16. März 2021 den Wert von 100 überschreite und er am 22. April 2021 beispielsweise bei 202,1 gelegen habe und nach Informationen des Robert-Koch-Instituts vom 31. März 2021 die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland derzeit insgesamt als sehr hoch eingeschätzt werde. § 28a Abs. 3 Satz 4 IfSG regelt ausdrücklich, dass Maßstab für die zu ergreifenden Schutzmaßnahmen insbesondere die Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 je 100.000 Einwohnern innerhalb von sieben Tagen ist. Die Versammlungsbehörde hat sich bei ihrer Gefahrenprognose in nicht zu beanstandender Weise maßgeblich von der fachlichen Einschätzung des Robert-Koch-Instituts (RKI) leiten lassen (HessVGH, B.v. 19.3.2021 - 2 B 588/21 - juris Rn. 8). Dem RKI hat der Gesetzgeber im Bereich des Infektionsschutzes mit § 4 IfSG besonderes Gewicht eingeräumt (vgl. BVerfG, B.v. 10.4.2020 - 1 BvQ 28/20 - juris Rn. 13).
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1.6. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.
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Das behördliche Entschließungsermessen dürfte schon aufgrund des hohen verfassungsrechtlichen Rangs des Infektions- bzw. Gesundheitsschutzes ohnehin auf Null reduziert sein (vgl. insoweit auch den Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 2 und 4 der 12. BayIfSMV).
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Auch die Ausübung des Auswahlermessens stellt sich bei summarischer Prüfung als verhältnismäßig dar. Die Beschränkung auf eine stationäre Veranstaltung statt einer sich fortbewegenden Veranstaltung ist geeignet und erforderlich, um den dargelegten Gefahren zu begegnen, um nicht mehr vertretbare Infektionsgefahren zu verhüten. Mildere, gleichgeeignete Beschränkungen, mit denen die Einhaltung des Mindestabstands nach § 7 Abs. 1 Satz 1 der 12. BayIfSMV gewährleistet werden kann, sind nicht ersichtlich. Insoweit wird zunächst nochmals auf die bereits dargestellte Regelvermutung in § 7 Abs. 1 der 12. BayIfSMV sowie auf die gefestigte Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs hierzu (vgl. etwa BayVGH, B.v. 16.1.2021 - 10 CS 21.166 - BeckRS 2021, 787; B.v. 24.1.2021 - 10 CS 21.249 - BeckRS 2021, 749; B.v 31.1.2021 - 10 CS 21.323 - BeckRS 2021, 1285; B.v. 27.2.2021 - 10 CS 21.602 - BeckRS 2021, 4189; B.v. 16.4.2021 - 10 CS 21.1114 - n.v.) verwiesen, wonach eine infektionsschutzrechtliche Vertretbarkeit bei stationären Versammlungen bei einer Zahl bis zu 200 Teilnehmern vermutet wird, wenn Maskenpflicht besteht und der Mindestabstand zwischen den Teilnehmern eingehalten werden kann. Die erkennende Kammer teilt auch die Auffassung der Versammlungsbehörde, dass im vorliegenden Fall die infektionsschutzrechtliche Vertretbarkeit durch entsprechende Beschränkungen nicht sichergestellt werden kann. Denn die zu erwartenden Teilnehmer bieten nach Überzeugung der Kammer keine ausreichende Gewähr für eine eigenverantwortliche Einhaltung der erforderlichen Abstands- und Hygieneanforderungen. So liegt ein belastbares Hygienekonzept der Antragsteller schon nicht vor. Dass die Antragsteller kein - durchdachtes - Ordnerkonzept besitzen, ergibt sich daraus, dass sie insoweit bisher lediglich die Zahl der Ordner - lapidar - mit „ausreichend“ bezeichnet haben. Wie die Antragsteller damit sicherstellen wollen, dass das dynamische Geschehen eines Aufzugs faktisch kontrolliert und auf zwangsläufige Stauungen und Stockungen reagiert werden könnte, ohne dass die erforderlichen Mindestabstände unterschritten werden, ist nicht ansatzweise ersichtlich. Vielmehr haben die Antragsteller im Rahmen des Kooperationsgesprächs - so der unwidersprochen gebliebene Vortrag der Antragsgegnerin (vgl. S. 9 des streitgegenständlichen Bescheids) - selbst eingeräumt, dass das permanente Einhalten von Abstandsregeln bei einem Aufzug in der beabsichtigten Größenordnung nicht möglich ist.
36
Die genannte Beschränkung bewirkt auch einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Versammlungsgrundrecht der Antragsteller auf der einen und dem dagegen abzuwägenden Schutzgut des Gesundheitsschutzes aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG auf der anderen Seite. Auch wenn Art. 8 Abs. 1 GG grundsätzlich dem Veranstalter das Recht einräumt, den Zeitpunkt und den Ort der Versammlung selbst zu bestimmen, so ist es zur Gewährleistung des geringstmöglichen Eingriffes möglich, dass gegenüber dem Veranstalter ein alternativer Standort bestimmt wird. Hierbei ist auch von Bedeutung, ob durch die Beschränkung die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit beseitigt werden kann, ohne den durch das Zusammenspiel von Motto und geplantem Veranstaltungsort geprägten Charakter der Versammlung erheblich zu verändern (vgl. BVerfG, B.v. 18.7.2015 - 1 BvQ 25/15 - juris Rn. 9; OVG NRW, B.v. 24.5.2020 - 15 B 755/20 - juris Rn. 13; jeweils m.w.N.). Hieran gemessen ist es den Antragstellern auch unter Berücksichtigung des hohen Stellenwerts des Versammlungsgrundrechts zumutbar, ihre kommunikativen Anliegen im Wege einer stationären Kundgebung anstelle einer sich fortbewegenden Veranstaltung zum Ausdruck zu bringen. Nach alledem überwiegt im vorliegenden Einzelfall das öffentliche Interesse an der Verhinderung einer weiteren, nicht nachverfolgbaren Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2, am Schutz des Gesundheitssystems vor Überlastung sowie an der Gesundheit und dem Leben Einzelner (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) das grundrechtlich geschützte Interesse der Antragsteller an der unbeschränkten Ausübung ihrer Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG).
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2. Auch soweit sich die Antragsteller gegen die in Ziffer 2.1.2 des streitgegenständlichen Bescheids statuierte Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung wenden, sofern davon die kurzzeitige Abnahme zum Verzehr und Speisen nicht ausgenommen wird, erweist sich der Antrag als unbegründet, da auch diese Beschränkung auf Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayVersG gestützt werden kann. Hierzu wird zunächst umfänglich auf die Darlegungen unter Ziffer 1. verwiesen.
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Wie bereits oben unter Ziffer 1.4. ausgeführt, kommen hinsichtlich der Anforderungen des Art. 8 GG und des Art. 15 Abs. 1 BayVersG aktuell mit Blick auf die Corona-Pandemie und daraus folgende Gefahren für Leben und Gesundheit umfangreiche Auflagen in Betracht, etwa mit der Verpflichtung zur Einhaltung bestimmter Mindestabstände, aber auch Beschränkungen der Teilnehmerzahl sowie die Anordnung der Verpflichtung der Versammlungsteilnehmer zum Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen. Die Maskenpflicht ist in Umsetzung der soeben ausgeführten Anforderungen in § 7 Abs. 1 Satz 3 der 12. BayIfSMV ausdrücklich normiert.
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Bei Umsetzung dieser Vorgaben hat die Antragsgegnerin das ihr eingeräumte Auswahlermessen auch insoweit fehlerfrei ausgeübt, als sie - wie in dem entsprechenden Hinweis unter Ziffer 2.1.2 des Bescheids vom 21. April 2021 dargestellt - diese Verpflichtung umfassend versteht, mit Ausnahme der Tätigkeiten, die unmittelbar der Durchführung der Versammlung dienen, sowie gesundheitlicher Einschränkungen von Teilnehmern.
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Insbesondere stellt sich die Anordnung als verhältnismäßig dar.
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Die Untersagung von Tätigkeiten, für die ein Abnehmen der Mund-Nasen-Bedeckung erforderlich ist (wie beim Essen, Trinken und Rauchen), ist ohne Zweifel geeignet, die effektive Einhaltung der in § 7 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 der 12. BayIfSMV normierten Maskenpflicht auf Versammlungen zu gewährleisten, da bei einem Untersagen der genannten Tätigkeiten die Möglichkeiten für eine absichtliche Umgehung der Maskenpflicht (z.B. durch ständiges Essen, Trinken oder Rauchen) reduziert werden, aber auch bei fehlender Umgehungsabsicht weniger Gründe für ein Abnehmen der Mund-Nasen-Bedeckung bestehen. Eine konsequente Forderung nach einer Mund-Nasen-Bedeckung ist auch erforderlich, da mildere gleich wirksame Mittel zur Verhinderung einer Umgehung der Maskenpflicht nicht erkennbar sind. Insbesondere erscheint ein ständiges Beobachten der Teilnehmer angesichts der hohen Anzahl durch die Versammlungsleitung, die Ordner oder die Polizei nicht möglich.
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Schließlich ist die Regelung auch angemessen. Im Hinblick auf Art. 8 GG, d.h. die Durchführung der Versammlung, stellt sich die Umsetzung des Tragens einer Mund-Nasen-Bedeckung als weniger gravierend dar als andere Beschränkungen, die unmittelbar die Wahl der Versammlungsform eines Aufzuges, die Versammlungsdauer und die Teilnehmerzahl betreffen (vgl. VG Ansbach, B.v. 22.2.2021 - AN 4 S 21.00269 - juris Rn. 78). Insofern erscheint es nicht unangemessen, wenn Einschränkungen der Versammlungsteilnehmer hinsichtlich ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) zurücktreten müssen. Der Teilnahme an der Versammlung steht es insbesondere nicht entgegen, zum Zweck des Essens, Trinkens oder Rauchens die Versammlungsfläche dauerhaft oder kurzzeitig zu verlassen. Konkret sind darüber hinaus aufgrund der mäßigen Temperaturen auch keine Verhältnisse zu befürchten, die etwa eine ständig gewährleistete Flüssigkeitszufuhr erfordern würden.
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Angesichts der Befürchtung, dass mit der Möglichkeit der Nahrungsaufnahme während einer Versammlung es dem einzelnen Versammlungsteilnehmer ermöglicht würde, die dem Schutz überragender Gemeinschaftsgüter wie Leben und Gesundheit (Art. 2 Abs. 2 GG) sowie dem Schutz des Gesundheitssystems vor Überlastung dienende Maskenpflicht zu umgehen und damit die Maskenpflicht ins Leere laufen zu lassen, bestehen gegen die von der Antragsgegnerin im streitgegenständlichen Bescheid getroffenen Ausführungen unter Ziffer 2.1.2 keine rechtlichen Bedenken.
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Dies gilt umso mehr, als die Antragsgegnerin mit Geltung vom 1. Mai 2021 bis einschließlich 8. Mai 2021 durch Allgemeinverfügung vom 26. April 2021 auf der Grundlage des § 28 Abs. 1 IfSG in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Nr. 1 der 12. BayIfSMV für den Bereich der Versammlungsfläche und der Zugänge eine generelle Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung geregelt hat.
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3. Dies zugrunde gelegt, erweisen sich die angegriffenen versammlungsrechtlichen Beschränkungen der von den Antragstellern angemeldeten Versammlung als rechtmäßig.
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Daher überwiegt insofern das öffentliche Vollzugsinteresse das Interesse der Antragsteller an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage. Der Antrag war daher abzulehnen.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG. Da die Entscheidung die Hauptsache im Wesentlichen vorwegnimmt, sieht die Kammer keinen Anlass, den Streitwert gemäß Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit zu mindern (BayVGH, B.v. 26.3.2021 - 10 CS 21.903 - juris Rn. 31; B.v. 16.4.2021 - 10 CS 21.1114 - n.v.).