Inhalt

VG Würzburg, Urteil v. 19.04.2021 – W 8 K 20.1022
Titel:

Rückforderung landwirtschaftlicher Subventionen wegen „Cross-Compliance“-Verstößen bei Heckenrodung

Normenketten:
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1, § 117 Abs. 5
MOG § 10 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3
BNatSchG § 29 Abs. 2 S. 1, § 30, § 44
BayNatSchG Art. 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
BayVwVfG 48 Abs. 4
VO zur Stützung landwirtschaftlicher Betriebe Art. 47, Art. 80 Abs. 1
VO (EU) Nr. 640/2014 Art. 43 Abs. 1
VO (EU) 1306/2013 über Finanzierung, Verwaltung und Kontrollsystem der GAP Art. 91, Art. 92, Art. 93 Abs. 1, Art. 99 Abs. 1 UAbs. 2
Vogelschutz-RL Art. 3 Abs. 1, Abs. 2 lit. b, Art. 4 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4
Leitsätze:
1. Gemäß Art. 99 Abs. 1 UAbs. 2 VO (EU) 1306/2013 über Finanzierung, Verwaltung und Kontrollsystem der GAP iVm Art. 47 VO zur Stützung landwirtschaftlicher Betriebe sind bei der Berechnung der Höhe der Kürzungen der Direktzahlungen die Schwere, das Ausmaß und die Dauer der jeweiligen Verstöße zu berücksichtigen. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Behörde kommt bei der Berechnung der Höhe der Kürzungen ein gewisser Ermessensspielraum hinsichtlich der Beurteilung des Verstoßes als „schwer“, „mittel“ oder „leicht“ und der damit verbundenen Höhe des Kürzungssatzes zu, wobei sich die Behörden diesbezüglich in rechtmäßiger Weise einer im Wege einer Bund-Länder-Abstimmung beschlossenen Bewertungsmatrix für das jeweilige Kontrolljahr bedienen (vgl. VG Regensburg BeckRS 2019, 5321 mwN). (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Rückschnitt der streitgegenständlichen Landschaftselemente im Umfang von 333 m² ist als vollständige bzw. teilweise Beseitigung mehrerer Landschaftselemente zu werten und damit als Verstoß gegen das Verbot der Rodung und Beseitigung von – als gesetzlich geschütztes Biotop einzustufenden Hecken – einzustufen, § 29 Abs. 2 S. 1 BNatSchG iVm Art. 16 Abs. 1 Nr. 1 BayNatSchG. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
4. Durch die Beseitigung der Hecken und Gehölze liegt zudem tateinheitlich ein Verstoß gegen das Rodungsverbot nach § 39 Abs. 5 Nr. 2 BNatSchG und gegen das Verbot, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere zu beschädigen oder zu zerstören nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, vor. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anfechtungsklage, Kürzung von Direktzahlungen wegen Cross, Compliance-Verstoß, Verstoß gegen die Vogelschutzrichtlinie, Beseitigung mehrerer Landschaftsbestandteile, schwerer Verstoß, keine Ermessensfehler, Biotop, Zeugeneinvernahme, Fortpflanzungs- und Ruhestätten, Direktzahlungen, Cross Compliance-Verstoß, Hecke, Rodungsverbot, Landschaftselemente, Bewertungsmatrix, Vogelschutzrichtlinie, VO (EG) 1122/2009, VO (EU) 1306/2013, Delegierte Verordnung (EU) Nr. 640/2014, RL 2009/147/EG
Fundstelle:
BeckRS 2021, 8455

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen die Kürzung und Rückforderung landwirtschaftlicher Subventionen wegen „Cross-Compliance“-Verstößen.
I.
1.
2
Der Kläger beantragte am 14. Mai 2014 beim Amt für Ernährung Landwirtschaft und Forsten (AELF) Karlstadt mit Mehrfachantrag u.a. die Auszahlung von Direktzahlungen (DZP) für das Jahr 2014.
3
Mit Bescheid des AELF Karlstadt vom 15. Dezember 2014 wurden dem Kläger Direktzahlungen aus Mitteln der EU in Höhe von 80.136,07 EUR bewilligt.
4
Aufgrund einer Anzeige, dass der Kläger am 20. September 2014 auf seinem Feldstück (FS) 1183/ … … Hecken beseitigt habe, erfolgte am 25. September 2014 durch das Landratsamt Miltenberg, untere Naturschutzbehörde, eine anlassbezogene Vor-Ort-Kontrolle (VOK) auf diesem Feldstück.
5
Mit Schreiben vom 23. Februar 2016 hörte das AELF Karlstadt den Kläger zu der beabsichtigten teilweisen Rückforderung der Direktzahlungen für das Jahr 2014 an. Bei der Kontrolle vom 25. September 2014 durch die Untere Naturschutzbehörde Miltenberg sei festgestellt worden, dass auf Feldstück 1183/ … … Landschaftsbestandteile als Fortpflanzungs- und Ruhestätte beeinträchtigt bzw. zerstört und nicht Cross-Compliance (CC) -relevante Hecken mit einer Breite größer 10 m während der Brut- und Nistzeit zerstört worden seien. Der Verstoß sei als schwer bewertet worden, was zu einer Kürzung der Flächenprämien um 5% führe.
6
Ein im Mai 2015 vom Landratsamt Miltenberg, untere Naturschutzbehörde, gegen den Sohn des Klägers eingeleitetes Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen eines Verstoßes gegen das Bayerische Naturschutzgesetz (BayNatSchG), hier wegen der im Rahmen der VOK am 25. September 2014 festgestellten Heckenrodungen, wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Obernburg a. Main vom 5. April 2017 an die Verwaltungsbehörde zurückverwiesen, da ein hinreichender Tatverdacht gegen den Sohn des Klägers nicht begründet werden könne. Die vorgeworfenen Taten könnten auch Handlungen des Vaters gewesen sein.
7
Mit Bescheid vom 12. November 2018 nahm das AELF Karlstadt den Bescheid vom 15. Dezember 2014 über die Gewährung der Direktzahlungen zurück, soweit er den Betrag von 76.129,26 EUR für das Jahr 2014 übersteigt (Nr. 1 des Bescheides) und kürzte die Direktzahlungen für das Jahr 2014 um 4.006,81 EUR auf 76.129,26 EUR (Nr. 2). Der überzahlte Betrag wurde zurückgefordert (Nr. 3), wobei dieser jährlich zu verzinsen ist, wenn er nicht bis zum 17. Dezember 2018 eingeht (Nr. 4). Dem Kläger wurden die Kosten des Bescheides in Höhe von 60,00 EUR auferlegt (Nr. 5).
8
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Bei der CC-Kontrolle durch die untere Naturschutzbehörde am Landratsamt Miltenberg am 25. September 2014 seien Verstöße gegen die Vogelschutzrichtlinie (Beeinträchtigung/Zerstörung von Landschaftsbestandteilen als Fortpflanzungs-/ Ruhestätte 5% und Zerstörung von nicht CCrelevanten Hecken 5%) festgestellt worden. Der Sachverhalt sei von der Kontrollbehörde als schwerer Verstoß bewertet worden. Die Erfassung des Kontrollergebnisses sei nicht im Jahr 2014 durchgeführt worden, sodass eine Berücksichtigung bei der Auszahlung nicht habe erfolgen können. Laut Kontrollbericht sei die Erfassung am 7. September 2016 abgeschlossen worden. Deshalb würden alle Zahlungen des Jahres 2014 nachträglich um 5% gekürzt. Nach nochmaliger Anfrage bei der unteren Naturschutzbehörde Miltenberg durch das AELF sei von dort am 7. September 2018 die Aufrechterhaltung der Kontrollfeststellungen als CC-Verstoß bestätigt worden. Es sei nachweisbar eine Fläche von 340 m² Landschaftselemente entfernt worden, dabei handele es sich um ehemalige Obstbauflächen (Niederstamm), die schon seit vielen Jahren nicht mehr landwirtschaftlich genutzt worden seien. Rechtsgrundlage für diesen Bescheid sei § 10 Marktorganisationsgesetz (MOG) i.V.m. Art. 80 VO (EG) Nr. 1122/2009. Nach § 10 Abs. 2 MOG müsse ein rechtmäßiger Bescheid, auch nachdem er unanfechtbar geworden sei, widerrufen werden, wenn Voraussetzungen für den Erlass des Bescheids entfallen seien. Voraussetzung für die Förderung im Rahmen der DZP sei u.a., dass die Vorgaben zum Fachrecht eingehalten würden. Bei der Vorortkontrolle am 25. September 2014 seien Verstöße im Bereich Umweltschutz festgestellt worden. Die Direktzahlungen für das Jahr 2014 seien daher zu kürzen. Gemäß Art. 91 i.V.m. Anhang II der VO (EU) Nr. 1306/2013 seien die Cross-Compliance-Vorschriften während des gesamten Kalenderjahres bei allen landwirtschaftlichen Tätigkeiten und auf allen landwirtschaftlichen Flächen des Betriebs einzuhalten, Verstöße würden zu Kürzungen führen. Die Höhe der Kürzung regle Art. 39 und 40 Delegierte VO (EU) Nr. 640/2014. Die Verzinsung richte sich nach Art. 7 Abs. 2 Durchführungs-VO (EU) Nr. 809/2014. Die Kostenentscheidung beruhe auf Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 des Kostengesetzes (KG), die Gebührenfestsetzung auf Art. 6 Abs. 1 Satz 1 KG.
9
2. Mit Schreiben vom 10. Dezember 2018, eingegangen beim AELF Karlstadt am 12. Dezember 2018, ließ der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid des AELF vom 12. November 2018 einlegen. Zur Begründung ließ er mit Schriftsatz vom 11. März 2019 im Wesentlichen ausführen, der Kläger habe keinen Anlass für eine Rückforderung gesetzt. In dem Ordnungswidrigkeitenverfahren sei festgestellt worden, dass der behauptete Verstoß nicht ordnungsgemäß dokumentiert worden sei. Für das Verwaltungsverfahren gelte nichts Anderes. Der Bescheid sei rechtswidrig und damit aufzuheben.
10
Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 2020 wies die Staatliche Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (FüAk) - neben zwei weiteren nicht streitgegenständlichen Widersprüchen im Zusammenhang mit anderen Förderprogrammen (1. Auszahlungsmitteilung - AUM und Ausgleichszulage - AGZ) - den Widerspruch des Klägers zurück (Nr. 1). Dem Kläger wurden die Kosten des Widerspruchsverfahrens auferlegt (Nr. 2) und für den Bescheid eine Gebühr von 135,00 EUR festgesetzt (Nr. 3).
11
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die zulässigen Widersprüche seien nicht begründet. Das Landratsamt Miltenberg, untere Naturschutzbehörde, habe zur Vorortkontrolle 2014 im Wesentlichen Folgendes erklärt: Bei der Verstoßfeststellung und -sanktionierung habe man sich nur auf die im Jahr 2014 nachweisliche Heckenbeseitigung beschränkt. Bei den Hecken habe es sich um seit Jahrzehnten nicht mehr genutzte Obstbaumgrundstücke (Halb- und Zwergstämme) gehandelt, auf denen sich über die Jahre durch natürliche Sukzession heimische Bäume und Sträucher angesiedelt hätten. Es habe sich somit um gesetzlich geschützte Landschaftsbestandteile nach Art. 16 Abs. 1 Nr. 1 BayNatSchG gehandelt. Dabei sei es unerheblich, ob es sich um eine Hecke oder Feldgehölz gehandelt habe, da beide gesetzlich geschützt seien. Dass es sich um Obstbaumreihen gehandelt habe, träfe möglicherweise auf ein Element auf der Teilfläche zum Waldrand hin zu. Dies sei aber nicht mehr nachzuvollziehen, da diese Teilfläche bereits beseitigt gewesen sei. In dem noch bestehenden Bereich seien Heckenstrukturen mit einer mindestens zehnjährigen Eiche vorhanden. In den nicht gerodeten Abschnitten als auch in den noch vorhandenen, bereits gerodeten Gehölzen seien typische Heckenpflanzen festgestellt worden. Die gerodeten Gehölze hätten sich zum Zeitpunkt der Ortseinsicht teilweise noch auf der Fläche befunden. Die Größe der gerodeten Heckenteilfläche habe 185 m², der Waldränder 190 m², des Feldgehölzes am Waldrand 148 m² betragen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass es sich ausschließlich um die nachweislichen Rodungen im September 2014 handele. Die Teilflächen zwischen den gerodeten Flächen und den noch vorhandenen Hecken seien vermutlich auch 2014 oder früher gerodet worden. Mit der Beseitigung der Hecken seien auch potentielle Fortpflanzungs- und Ruhestätten (z.B. gesetzlich geschützte Dauernester) beseitigt worden. Das Landratsamt Miltenberg, untere Naturschutzbehörde, sehe die Möglichkeit, den Sanktionssatz auf 3% zu reduzieren, wenn die Anpflanzung einer Hecke an gleicher Stelle und in gleicher Größe erfolge. Hieraus ergebe sich nach Auffassung der FüAk ein Verstoß gegen Art. 91, 93 Abs. 1 Buchst. a), Abs. 2 i.V.m. GAB 2 des Anhangs II der VO (EU) Nr. 1306/2013 i.V.m. Art. 3 Abs. 1, Abs. 2 lit. b) der RL 2009/147/EG (Vogelschutzrichtlinie) i.V.m. § 29 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG. Durch die vorgenommenen Rodungen und Beseitigungen der nicht CCrelevanten Hecken (vgl. hierzu Art. 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG) habe der Kläger gegen dieses Verbot verstoßen. Gleichzeitig habe er gegen das Rodungsverbot während der Brut- und Nistzeit nach § 39 Abs. 5 Nr. 2 BNatSchG verstoßen. Die vom Kläger vorgenommen Rodungen bzw. Beseitigungen hätten am 20. September 2014 stattgefunden. Weiterhin habe der Kläger gegen § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG verstoßen, wonach es verboten sei, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Als Rechtsfolge finde Art. 97 VO (EU) Nr. 1306/2013 Anwendung. Der Umfang der vorzunehmenden Kürzung richte sich nach Art. 99 VO (EU) Nr. 1306/2013 i.V.m. Art. 47 VO (EG) Nr. 1122/2009. Der Kläger habe die festgestellten Verstöße fahrlässig begangen. Zur europarechtskonformen Anwendung dieser Vorgaben würden im Wege einer Bund-Länder-Abstimmung für jedes Kontrolljahr Bewertungsmatrizen für die einzelnen Rechtsakte und Standards beschlossen. In diesen sei jeweils definiert, unter welchen Voraussetzungen die dazu bestimmte Regelbewertung Anwendung finden solle. Die dort beschriebenen Fallkonstellationen stellten antizipiert diejenigen dar, die nach Schwere, Ausmaß, Dauer und Häufigkeit zur Regelbewertung führen sollten. Die Verstöße seien durch das Landratsamt Miltenberg, untere Naturschutzbehörde, entsprechend der jeweiligen Bewertungsmatrix und den Bewertungsregelungen im Hinblick auf Schwere, Ausmaß und Dauer als schwere Verstöße mit jeweils 5% eingestuft worden. Diese Einstufung durch die Kontrollbehörde sei unter Zugrundelegung der genannten Bewertungsregelungen ermessensgerecht (Art. 71 Abs. 1 Unterabs. 2 VO (EG) Nr. 1122/2009). An die Einschätzung und die Bewertung der Verstöße durch das Landratsamt Miltenberg, untere Naturschutzbehörde, als Fachbehörde, sei die Widerspruchsbehörde gebunden. Das Ordnungswidrigkeitenverfahren, in dem das Amtsgericht festgestellt habe, dass ein Verstoß nicht nachweisbar sei, und das Verwaltungsverfahren seien unabhängig voneinander zu betrachten. Das Förderrecht mit den einzuhaltenden CC-Vorschriften und das Ordnungswidrigkeitenrecht seien unabhängig voneinander bestehende Rechtsbereiche mit unterschiedlichen Voraussetzungen und Zielsetzungen. Aus diesem Grund seien die begangenen Verstöße neben dem Ordnungswidrigkeitenverfahren förderrechtlich zu bewerten und zu sanktionieren. Insbesondere habe das Amtsgericht eben gerade nicht festgestellt, dass ein Verstoß nicht nachweisbar sei, sondern dass der Verursacher des Verstoßes nicht eindeutig habe festgestellt werden können, da sich der Kläger bei den Arbeiten habe helfen lassen. Da der Mitarbeiter der Verrichtungsgehilfe des Betriebsinhabers sei, sei dieser nicht von seiner Verantwortungspflicht entbunden. Als Antragsteller von Beihilfezahlungen trage der Kläger die Verantwortung für die Richtigkeit seiner im MFA gemachten Angaben und dafür, die Fördervoraussetzungen einzuhalten. Folglich seien auch die Bescheide des AELF Karlstadt vom 12. November 2018 nicht zu beanstanden. Aufgrund der festgestellten CC-Verstöße seien die zu viel gewährten Direktzahlungen für den Prämienzeitraum des Jahres 2014 nach § 10 Abs. 1, 3 MOG i.V.m. Art. 80 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1122/2009 zurückzufordern gewesen. Die Kostenentscheidung beruhe auf § 73 Abs. 3 Satz 3 VwGO i.V.m. Art. 80 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 BayVwVfG und Art. 2 Abs. 1 Satz 1 KG. Im Widerspruchsverfahren betrage die Gebühr gemäß Art. 9 Abs. 1 Satz 1 KG das Eineinhalbfache der vollen Amtshandlungsgebühr. Nachdem das AELF Karlstadt für die drei Bescheide vom 12. November 2018 eine Gebühr in Höhe von insgesamt 90,00 EUR festgesetzt habe, sei eine Gebühr in Höhe von 135,00 EUR zu erheben. Die Auslagen in Höhe der Zustellungskosten würde gemäß Art. 10 Abs. 1 Nr. 2 KG erhoben.
II.
1.
12
Mit Schriftsatz vom 3. August 2020, eingegangen bei Gericht am selben Tag, ließ der Kläger Klage erheben. Zur Begründung ließ der Kläger mit Schriftsatz vom 5. Oktober 2020 im Wesentlichen ausführen: Die Maßnahmen hätten lediglich auf den Flurstücknummern 3112 und 2949 stattgefunden. Dort sei auf einer Fläche von 300 m² eine Hecke in zulässiger Weise lediglich zurückgedrückt worden und es habe keine Beseitigung der Hecke stattgefunden, da die dort vorhandenen alten Obstplantagenbäume komplett mit Dornengestrüpp eingewachsen gewesen seien. An den übrigen Flurstücknummern seien keine Tätigkeiten vorgenommen worden. Der Sachverhalt, auf dessen Basis der Bescheid ergangen sei, sei nicht ordnungsgemäß von Seiten der Beklagten festgestellt beziehungsweise dokumentiert worden. Im Laufe des Verwaltungsverfahrens habe offensichtlich von Beginn an Unsicherheit über die betreffende Fläche geherrscht, als teilweise von 4.300 m², teilweise von rund 500 m² und nun von 340 m² die Rede sei. Insbesondere werde nicht klar, wann welcher Zustand geherrscht habe und wie welcher Zustand wann verändert worden sein solle. Insofern habe auch das AELF Karlstadt im Rahmen des Verwaltungsverfahrens seine Zweifel an der geplanten und sodann vorgenommenen Sanktion geäußert und mit E-Mail vom 22. November 2016 mitgeteilt, dass auf dem Luftbild vom Juni 2014 die von der Beklagten als gerodet markierten Flächen als bewirtschaftetes Ackerland erkennbar seien und deshalb überhaupt nicht nachvollziehbar sei, inwiefern hier im September 2014 eine Rodung stattgefunden haben solle. Hierauf sei seitens des Landratsamts mitgeteilt worden, dass der Rodungszeitpunkt zum Zeitpunkt der Ortseinsicht nicht mehr feststellbar gewesen sei und dass eine Beeinträchtigung der lokalen Vogelpopulation „nicht gänzlich auszuschließen“ sei. Das AELF sehe die Rodung von ehemals obstbaulich genutzten Flächen nicht als CC-Verstoß. Das Amtsgericht Obernburg am Main habe gerügt, dass nicht deutlich werde, wem der Vorwurf zu machen sei, und dass die Ermittlungen bereits gar nicht dafür taugten, den Verstoß als solchen festzuhalten und zu beweisen. Es habe vorliegend keine Beseitigung von Hecken und damit von Landschaftsbestandteilen stattgefunden, sondern lediglich ein Form- und Pflegeschnitt zur Beseitigung der Verwachsungen. Die Fläche habe keine Beeinträchtigung, sondern eine Aufwertung erfahren. Wenn ein solcher Rückschnitt einen schweren Verstoß darstelle, so erschließe sich nicht, was einerseits ein leichter Verstoß sein könnte und andererseits, wie eine Entfernung zu bewerten wäre. Eine Ermessensausübung in Bezug auf bestehende Bewertungsrichtlinien sei nicht erfolgt.
13
2. Die FüAk führte zur Klageerwiderung für den Beklagten im Wesentlichen aus: Bei dem Ordnungswidrigkeitenverfahren und dem Verwaltungsverfahren handle es sich um unabhängig voneinander bestehende Rechtsbereiche mit unterschiedlichen Voraussetzungen und Zielsetzungen. Dabei gelte in Bezug auf Cross-Compliancerelevante Verstöße das Verursacherprinzip. Der Kläger könne sich daher trotz des Ausgangs des Ordnungswidrigkeitenverfahrens nicht exkulpieren. Es hätten großflächige Heckenbeseitigungen und nicht lediglich ein Rückschnitt der Hecken stattgefunden. Die Verstöße seien durch ihn und/oder durch Helfer, jedoch mit seinem Wissen begangen worden. Die gerodeten Gehölze hätten sich zum Zeitpunkt der Kontrolle durch die untere Naturschutzbehörde teilweise noch auf der Fläche befunden. Die Verstöße seien auch durch Lichtbildaufnahmen dokumentiert. Die Frage zu der tatsächlichen Größe der gerodeten Fläche werde nun durch die Stellungnahme des Landratsamtes Miltenberg, untere Naturschutzbehörde, abschließend beantwortet. Gemäß den im Jahr 2014 geltenden Bewertungsregelungen und der Bewertungsmatrix zur Vogelschutzrichtlinie sei die Beseitigung mehrerer Landschaftselemente nach der Regelbewertung als schwerer Verstoß mit 5% zu bewerten gewesen. Bei dieser Bewertung sei es auf die Flächengröße der beseitigten Landschaftselemente grundsätzlich nicht angekommen, soweit die Landschaftselemente, hier Hecken eine Mindestlänge von 10 m besaßen. Die vom Kläger beseitigten Hecken seien unstreitig länger als 10 m gewesen. Die weiteren festgestellten CC-Verstöße seien wegen tateinheitlichen Verstößen gegen geltende naturschutzrechtliche Regelungen, wegen der Zerstörung eines gesetzlich geschützten Biotops, wegen der Gesamtgröße der gerodeten Flächen im Umfang von 333 m² (= 523 m² - 190 m²) und wegen der sich aus der Rodung ergebenden nachhaltigen Folgen für die Flora und Fauna im Rahmen des der Kontrollbehörde zur Verfügung stehenden Ermessens ebenfalls als schwere Verstöße mit 5% bewertet worden (Art. 71 Abs. 1 Unterabs. 2 VO (EG) Nr. 1122/2009). Die geäußerten Zweifel des AELF Karlstadt seien zwischenzeitlich durch die untere Naturschutzbehörde ausgeräumt worden. Insbesondere erkläre die untere Naturschutzbehörde in ihrer aktuellen Stellungnahme, dass Teile der gerodeten Gehölze bei den Verstoßfeststellungen im Nachgang nicht zu erfassen gewesen seien, weil diese nicht CCrelevant gewesen seien. Dies sei in Abstimmung mit dem AELF Karlstadt erfolgt. Dies zeige, dass die untere Naturschutzbehörde in der Gesamtbetrachtung und bei der Bewertung des Falles sehr wohl auch Einschätzungen des AELF berücksichtigt habe. Abschließend habe die untere Naturschutzbehörde als Fachbehörde eine entsprechende fachrechtliche Bewertung durchzuführen gehabt.
14
3. In der mündlichen Verhandlung am 19. April 2021 ließ der Kläger beantragen,
Der Bescheid des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Karlstadt vom 12. November 2018, mit dem die Direktzahlungen für das Jahr 2014 um 4.006,81 EUR gekürzt und entsprechend zurückgefordert werden, in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Staatlichen Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 30. Juni 2020 wird aufgehoben.
15
Die Beklagtenvertreter beantragten,
die Klage abzuweisen.
16
Zum Beweis der Tatsache, dass im Jahr 2014, wie von der Beklagtenseite behauptet, Hecken gerodet worden sind oder nicht, wurde der Sohn des Klägers als Zeuge einvernommen.
17
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

18
Die zulässige Klage ist unbegründet, da der Bescheid des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) vom 12. November 2018, mit dem die Direktzahlungen für das Jahr 2014 um 4.006,81 EUR gekürzt und entsprechend zurückgefordert werden, in der Fassung des Widerspruchsbescheides der staatlichen Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (FüAk) vom 30. Juni 2020, rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
19
Der Beklagte hat die durchgeführten streitgegenständlichen Rodungen bzw. Hecken- und Gehölzschnitte zutreffend als Verstoß gegen die „Cross-Compliance“-Vorschriften angesehen und diesen ermessensfehlerfrei als schweren Verstoß gegen die Vogelschutzrichtlinie im Sinne von Teil B der Bewertungsmatrix für Verstöße gegen Anforderungen der Vogelschutzrichtlinie, mit der Folge einer Kürzung der streitgegenständlichen Förderung um fünf Prozent, bewertet. Ein atypischer Fall, der eine Abweichung von dieser Regelbewertung rechtfertigen würde, liegt nicht vor. Insoweit kann auf die streitgegenständlichen Bescheide Bezug genommen werden (§ 117 Abs. 5 VwGO).
20
Die Rückforderung der gewährten Direktzahlungen findet ihre Rechtsgrundlage in § 10 Abs. 1 und 3 Marktorganisationsgesetz (MOG) i.V.m. Art. 80 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 i.V.m. Art. 43 Abs. 1 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 640/2014.
21
Nach § 10 Abs. 1 und 3 MOG sind rechtswidrige begünstigende Bescheide zurückzunehmen und zu erstattende Beträge durch Bescheid festzusetzen. Art. 80 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 regelt, dass bei zu Unrecht bezahlten Beträgen der Betriebsinhaber zur Rückzahlung dieser Beträge zuzüglich etwaiger Zinsen verpflichtet ist. Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Kläger hat die Direktzahlungen für das Jahr 2014 zu Unrecht in voller Höhe erhalten, da er mit dem Rückschnitt der streitgegenständlichen Hecken und Gehölze gegen die Vorgaben der Cross-Compliance verstoßen hat, welche nach Art. 91 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 zu sanktionieren waren.
22
Die Gewährung der Direktzahlungen ist an die Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen (sog. „Cross-Compliance“) geknüpft.
23
Dies ergibt sich aus Art. 91 und 92 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013, wonach bei Direktzahlungen gemäß der Verordnung Nr. 1307/2013 die Cross-Compliance Vorschriften gemäß Art. 93 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 zu beachten sind, welche im Einzelnen in Anhang II der Verordnung aufgeführt sind und insbesondere Art. 3 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. b sowie Art. 4 Abs. 1, 2 und 4 der RL 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung wildlebender Vogelarten (Vogelschutzrichtlinie) und die Grundsätze über die sieben Standards für die Erhaltung von Flächen in gutem landwirtschaftlichem und ökologischem Zustand (GLÖZ) umfassen.
24
Die dem Kläger mit Bescheid vom 15. Dezember 2014 für das Jahr 2014 bewilligten Zahlungen waren damit grundsätzlich von der Einhaltung der Cross-Compliance-Vorschriften nach Anhang II der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 abhängig.
25
Der vom Kläger an den streitgegenständlichen Landschaftsbestandteilen vorgenommene Rückschnitt stellt einen Verstoß gegen die Anforderungen der Vogelschutzrichtlinie dar und war deshalb gemäß Art. 93 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 mit einer Verwaltungssanktion zu sanktionieren.
26
Der Kläger hat vorliegend im Umfang von 333 m² (148 m² Feldgehölz + 185 m² Heckenteilfläche, vgl. Klageerwiderung vom 29. Oktober 2020) ohne Genehmigung mehrere Landschaftselemente beseitigt, bei denen es sich zudem um ein gesetzlich geschütztes Biotop und damit einen geschützten Landschaftsbestandteil im Sinne von § 29 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG i.V.m. Art. 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG handelt.
27
Dies ergibt sich zur Überzeugung der Kammer aus der vorgelegten Lichtbilddokumentation, insbesondere aus den in der Behördenakte der FüAk (Bl. 204 ff.) enthaltenen bzw. vorgelegten Lichtbildern vom Tag der Vorortkontrolle und dem Luftbild der streitgegenständlichen Fläche (Bl. 214 der Behördenakte) mit den Anmerkungen „Hecke Bestand“, „Feldgehölz“ und „Hecke beseitigt vor 2014“ und den überzeugenden und nachvollziehbaren Erläuterungen der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung.
28
Die Ausführungen des Zeugen in der mündlichen Verhandlung sind nicht geeignet, zu einer anderen Beurteilung zu führen und die Einschätzung der Beklagtenvertreter, insbesondere des Vertreters der Unteren Naturschutzbehörde Miltenberg als Fachbehörde, zu entkräften. Die Erklärung des Zeugen, sie hätten einen Baum, einzelne Äste und auch einen Reisighaufen reingedrückt und er habe höchstens mal einen Ast beseitigt, stellt lediglich eine beschönigende Darstellung der tatsächlich als Heckenbeseitigung zu bewertenden durchgeführten Hecken- bzw. Gehölzschnitte dar. So hat der Vertreter der Unteren Naturschutzbehörde anhand der vorliegenden Bilder überzeugend dargelegt, dass großflächige Heckenbeseitigungen erfolgt sind. Es seien auf den Bildern auch teilweise Wurzeln erkennbar. Der Erklärung des Zeugen, der Reisighaufen (vgl. Bl. 210 f. der Behördenakte) habe schon zwei bis drei Jahre dagelegen und es sei nicht systematisch gerodet worden, ist zu entgegnen, dass auf dem Bild erkennbar ist, dass es sich wegen des frischen Laubs und der Holzteile um frische Bäume handelt, wie auch der Vertreter der Unteren Naturschutzbehörde ausgeführt hat. Auch hinsichtlich der weiteren Maßnahmen zeigen die vorliegenden Bilder (vgl. Bl. 208, 213 der Behördenakte), dass an den beseitigten Gehölzen teilweise noch frisches Laub hängt, so dass es sich um frischen Schnitt handeln muss.
29
Auch das Vorbringen des Klägers führt zu keiner abweichenden Sichtweise in Bezug auf das grundsätzliche Vorliegen eines Verstoßes gegen die Cross-Compliance Vorgaben.
30
Die Größe der gerodeten Heckenteilfläche beträgt 185 m² (Bl. 213 der Behördenakte; Stellungnahme des Landratsamtes Miltenberg an die FüAk vom 22.10.2020), die des Feldgehölzes am Waldrand 148 m² (Bl. 211 der Behördenakte). Entgegen dem Vorbringen des Klägerbevollmächtigten handelt es sich insoweit nicht lediglich um kleinere Flächen.
31
Hinsichtlich der Heckenbeseitigungen am Waldrand ist darauf hinzuweisen, dass diese laut der Klageerwiderung des Beklagten vom 29. Oktober 2020 mangels Cross Compliance-Relevanz nicht in den Umfang der gerodeten Fläche miteinbezogen wurden (vgl. auch Bl. 90 der Behördenakte).
32
Der Annahme eines Cross Compliance-Verstoßes durch den Kläger stehen auch nicht die Feststellungen des Amtsgerichts Obernburg am Main in seinem im Bußgeldverfahren gegen den Sohn des Klägers ergangenen Beschluss vom 29. März 2016 entgegen. Darin wird ausgeführt, nach derzeitiger Aktenlage könne nicht von einem hinreichenden Tatverdacht ausgegangen werden, es kämen sowohl der Sohn des Klägers als auch der Kläger als potentielle Täter in Betracht. Vom Kläger wurde jedoch nicht bestritten, dass ein Rückschnitt vorgenommen wurde (vgl. klägerischer Schriftsatz vom 5.10.2020). Auch der in der mündlichen Verhandlung als Zeuge einvernommene Sohn des Klägers bestreitet letztlich nicht, dass er an den streitgegenständlichen Hecken und Gehölzen Äste beseitigt bzw. „reingedrückt“ habe. Diese Handlungen des Sohnes sind in Abstimmung bzw. mit Wissen des Klägers erfolgt und diesem als verantwortlichem Betriebsinhaber im Rahmen des Förderrechts - im Gegensatz zum Ordnungswidrigkeitenverfahren - zuzurechnen, was vom Kläger auch nicht bestritten wurde.
33
Letztlich verfängt auch der klägerische Einwand, die Fläche habe keine Beeinträchtigung erfahren, sondern sogar eine Aufwertung, nicht. Denn es kommt zum einen nach oben Gesagtem maßgeblich darauf an, dass durch den Rückschnitt an sich Landschaftselemente beseitigt wurden. Dies ist unter Zugrundelegung der Behördenakte und den Ausführungen des Beklagten zur Überzeugung der Kammer der Fall. Zum anderen wurde schon nicht substantiiert dargelegt, worin die Aufwertung bestanden haben soll. Dies gilt umso mehr, als das Landratsamt Miltenberg in seiner Stellungnahme vom 22. Oktober 2020 gegenüber der FüAk ausführt, dass die Heckenbeseitigung zugunsten einer intensiven Ackernutzung erfolgt ist.
34
Die Einordnung der Verstöße als schwerer Verstoß anhand von Teil B der vorgelegten Bewertungsmatrix für Verstöße gegen Anforderungen der Vogelschutz-Richtlinie (Kontrolljahr 2014) ist rechtmäßig und insbesondere ermessensfehlerfrei erfolgt. Die Einordnung der Verstöße dahingehend, dass mit Wissen des Klägers im vorliegenden Fall mehrere Landschaftselemente ohne Genehmigung, vollständig oder teilweise beseitigt wurden, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Gründe für die Abweichung von der Regelbewertung als schwerer Verstoß liegen im konkreten Einzelfall nicht vor.
35
Aus Art. 91 Abs. 1, Art. 97 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 sowie § 10 Abs. 2 MOG ergibt sich, dass festgestellte Verstöße zu sanktionieren sind und die Kürzung an sich eine gebundene behördliche Entscheidung darstellt. Gemäß Art. 99 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 i.V.m. Art. 47 der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 sind bei der Berechnung der Höhe der Kürzungen die Schwere, das Ausmaß und die Dauer der jeweiligen Verstöße zu berücksichtigen. Insoweit kommt der Behörde ein gewisser Ermessensspielraum hinsichtlich der Beurteilung des Verstoßes als „schwer“, „mittel“ oder „leicht“ und der damit verbundenen Höhe des Kürzungssatzes zu, wobei sich die Behörden diesbezüglich in rechtmäßiger Weise einer im Wege einer Bund-Länder-Abstimmung beschlossenen Bewertungsmatrix für das jeweilige Kontrolljahr (hier 2014) bedienen (vgl. auch VG Regensburg, U.v. 21.3.2019 - RN 5 K 17.1365 - juris Rn. 35; zur Frage des Ermessens: VG Augsburg, U.v. 3.6.2020 - Au 8 K 19.1968; VG Würzburg, U.v. 3.8.2020 - W 8 K 19.1448 - juris).
36
Gemäß Teil B der Bewertungsmatrix für Verstöße gegen Anforderungen der Vogelschutz-Richtlinie für das Kontrolljahr 2014 stellt die vollständige oder teilweise Beseitigung mehrerer Landschaftselemente nach der Regeleinstufung einen schweren Verstoß dar. Bei dieser Bestimmung wurden die Kriterien „Schwere“, „Dauer“ und „Ausmaß“ des Verstoßes bereits berücksichtigt. Die Regeleinstufung von Verstößen soll der Sicherstellung einer einheitlichen Verwaltungspraxis in den verschiedenen Bundesländern dienen.
37
Ausgehend hiervon ist der erfolgte Rückschnitt der streitgegenständlichen Landschaftselemente im Umfang von 333 m² als vollständige bzw. teilweise Beseitigung mehrerer Landschaftselemente und damit als Verstoß gegen das Verbot der Rodung und Beseitigung von - als gesetzlich geschütztes Biotop einzustufenden Hecken - nach § 29 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG i.V.m. Art. 16 Abs. 1 Nr. 1 BayNatSchG zu werten, welcher im Sinne der Bewertungsmatrix als schwer einzustufen ist. Die Beseitigung mehrerer Landschaftselemente ergibt sich wiederum aus den vorgelegten Lichtbildern und wird durch die Ausführungen des Vertreters der Unteren Naturschutzbehörde bzw. der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung gestützt. Laut den Ausführungen der Beklagtenvertreter handelt es sich bei den streitgegenständlichen Hecken um seit Jahrzehnten nicht mehr genutzte Obstbaumgrundstücke, auf denen sich über die Jahre durch natürliche Sukzession heimische Bäume und Sträucher angesiedelt haben und die innerhalb der Ackerflur wichtige Struktur- und Vernetzungselemente für die heimische Fauna und Flora waren und als Fortpflanzungs- und Ruhestätte wild lebender Tiere dienten. Die Flächengröße der beseitigten Landschaftselemente beträgt insgesamt 333 m².
38
Durch die Beseitigung der Hecken und Gehölze liegt zudem tateinheitlich ein Verstoß gegen das Rodungsverbot innerhalb des Zeitraums vom 1. März bis zum 30. September nach § 39 Abs. 5 Nr. 2 BNatSchG und gegen das Verbot, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere zu beschädigen oder zu zerstören nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, vor.
39
Ein atypischer Fall, welcher die Abweichung von der Regelbewertung des Rückschnitts als schwerer Verstoß rechtfertigen würde, liegt nicht vor. Der klägerische Vortrag vermag einen solchen Fall nicht zur Überzeugung der Kammer zu begründen. Vorliegend wurden wie oben dargelegt mehrere Landschaftselemente beseitigt. Insoweit ist die Flächengröße der betroffenen Elemente nicht maßgeblich. Die beseitigten Hecken besaßen jedoch eine Länge von mehr als 10 m. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Direktzahlungen-Verpflichtungenverordnung i.V.m. § 2 Abs. 2 Direktzahlungen-Verpflichtungengesetz darf ein Betriebsinhaber, der Direktzahlungen beantragt, Hecken oder lineare Strukturelemente, die überwiegend mit Gehölzen bewachsen sind und eine Mindestlänge von 10 m aufweisen, nicht beseitigen. Bei den streitgegenständlichen Hecken handelt es sich zudem um ein gesetzlich geschütztes Biotop nach Art. 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG und um Fortpflanzungs- und Ruhestätten wild lebender Tiere. Zudem sind die Heckenbeseitigungen entgegen § 39 Abs. 5 Nr. 2 BNatSchG im Verbotszeitraum (Brut- und Nistzeit) erfolgt.
40
Der Kläger kann sich diesbezüglich nach obigen Ausführungen nicht auf Art. 16 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 3 BayNatSchG berufen, da weder eine ordnungsgemäße Pflege (Nr. 1), noch ein schonender Form- oder Pflegeschnitt (Nr. 2) und auch keine Maßnahme, die zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit öffentlicher Verkehrswege oder der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Unterhaltung der Gewässer erforderlich ist (Nr. 3), vorliegt.
41
Vor diesem Hintergrund ist die Einordnung der maßgeblichen Rückschnitte als schwerer Verstoß im Sinne der Regelbewertung der Bewertungsmatrix, wie sie in den streitgegenständlichen Bescheiden erfolgt ist und in der Antragserwiderung vom 29. Oktober 2020 ergänzend erläutert wurde, und die Entscheidung, keinen atypischen Fall mit einer Abweichung zu Gunsten des Klägers anzunehmen, nicht als ermessensfehlerhaft (§ 114 VwGO) anzusehen.
42
Der Beklagte hat in den streitgegenständlichen Bescheiden und in den ergänzenden Ausführungen in der Klageerwiderung vom 29. Oktober 2020 auch grundsätzlich erkannt und zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei der Einordnung des Cross-Compliance-Verstoßes im Hinblick auf die Höhe der jeweiligen Verwaltungssanktion um eine Ermessensentscheidung handelt und dass gerade kein Fall vorliegt, der eine Abweichung der Regelbewertung rechtfertigen würde. Dies wird im Rückforderungsbescheid vom 12. November 2018 bzw. im Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 2020 zwar knapp aber dennoch hinreichend deutlich, weshalb kein Ermessensausfall vorliegt. Soweit der Klägerbevollmächtigte vorbringt, es seien Ermessensfehler bei der Frage einer Heckenpflanzung als möglichen Ausgleich erfolgt, ist dem entgegenzuhalten, dass, wie oben ausgeführt, maßgeblich für die Sanktionshöhe die Einordnung und Bewertung des Verstoßes an sich - hier die Heckenbeseitigung - ist. Ersatzpflanzungen dagegen würden lediglich einen nachträglichen Ausgleich darstellen. Folglich ergibt sich insoweit aus der unterbliebenen Anhörung des Klägers zu einer etwaigen Teilabhilfe durch eine Ersatzpflanzung, wie vom Vertreter des Landratsamts Miltenberg in einer E-Mail vom 6. Dezember 2019 an die FüAk angesprochen (Bl. 201 f. der Behördenakte), die damit zudem erst auf Vorschlag der Beklagtenseite erfolgen würde, kein Ermessensfehler.
43
Die Rückforderung der Direktzahlungen für das Jahr 2014 aufgrund von am 25. September 2014 festgestellter Verstöße konnte auch rechtsfehlerfrei noch im Jahr 2018 erfolgen, obwohl gemäß § 10 Abs. 1 MOG i.V.m. Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG für den Widerruf grundsätzlich eine Frist von einem Jahr ab Kenntnis der den Widerruf rechtfertigenden Tatsachen gilt.
44
Hierbei ist auf die positive Kenntnis aller Tatsachen, die für die Entscheidung der Behörde über den Widerruf von Bedeutung sind oder sein können abzustellen (Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Auflage 2020, § 49 Rn. 59). Dies ist in Konstellationen wie der hiesigen jedoch nicht zwingend der Zeitpunkt der Vorortkontrolle, sondern letztlich der Zeitpunkt, in dem alle für die Rücknahmeentscheidung maßgeblichen Tatsachen bei der Entscheidungsbehörde vorliegen (VG Augsburg, U.v. 21.7.2016 - Au 3 K 15.1770 - juris Rn. 29). Dieser Zeitpunkt war hier derjenige der Bestätigung der Kontrollfeststellungen durch die Untere Naturschutzbehörde am Landratsamt Miltenberg gegenüber dem AELF am 7. September 2018 (vgl. Bl. 90 der Behördenakte) nach Abschluss des Ordnungswidrigkeitenverfahrens, sodass die Rückforderung im Jahr 2018 ohne weiteres vor dem Hintergrund obiger Fristenregelungen erfolgen konnte.
45
Der Bescheid vom 12. November 2018 in Form des Widerspruchsbescheids vom 30. Juni 2020 ist auch im Übrigen, insbesondere hinsichtlich der erhobenen Gebühren, rechtlich nicht beanstanden.
46
Gemäß vorstehender Erwägungen war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
47
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708, 711 ZPO.