Inhalt

VG Würzburg, Urteil v. 24.03.2021 – W 6 K 20.848
Titel:

Meisterbonus

Normenketten:
GG Art. 3
BayHO Art. 53
Richtlinien zur Vergabe des Meisterbonus und des Meisterpreises der Bayerischen Staatsregierung
VwGO § 88
Leitsätze:
1. Die Richtlinien zur Vergabe des Meisterbonus begründen als ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften nicht wie Gesetze und Rechtsverordnungen unmittelbar Rechte und Pflichten, sondern entfalten erst im Rahmen ihrer Anwendung Außenwirkung. Da sie keine Rechtsnormen sind, unterliegen sie auch grds. keiner richterlichen Interpretation. Eine gerichtliche Überprüfung hat sich darauf zu beschränken, ob aufgrund der einschlägigen Richtlinien überhaupt eine Verteilung öffentlicher Mittel vorgenommen werden kann (Vorbehalt des Gesetzes) und bejahendenfalls, ob bei Anwendung der Richtlinien in Einzelfällen, in denen die begehrte Leistung versagt worden ist, der Gleichheitssatz (Art. 3 GG) verletzt oder der Rahmen, der durch die gesetzliche Zweckbestimmung gezogen ist, nicht beachtet worden ist. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Anspruch auf den Meisterbonus besteht im Einzelfall über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Gleichheitssatz dann, wenn die in den Richtlinien dargelegten Fördervoraussetzungen vorliegen und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis des Beklagten auch positiv verbeschieden werden. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Versagungsgegenklage, Auszahlung des Meisterbonus, Prozessvertretung des Freistaates, Bayern durch IHK, Passivlegitimation, Gleichheitsgrundsatz, Meisterbonus, Auszahlung, Prozessvertretung, Freistaat, IHK, Rubrumsberichtigung, Billigkeitsleistung
Fundstelle:
BeckRS 2021, 8441

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung der Gewährung des Meisterbonus.
2
1. Der Kläger legte mit Datum des Prüfungszeugnisses vom 17. Februar 2020 erfolgreich die Prüfung „Geprüfte/-r Industriemeister/-in Fachrichtung Kunststoff/Kautschuk“ bei der Industrie- und Handelskammer Würzburg-Schweinfurt (nachfolgend: IHK) ab. Am 29. April 2020 stellte er den Antrag auf Gewährung und Auszahlung des Meisterbonus der Bayerischen Staatsregierung, der am 4. Mai 2020 bei der IHK einging. Auf seinem Antrag gab der Kläger an, dass sein Hauptwohnsitz weder zum Zeitpunkt der Prüfungsanmeldung noch zum Zeitpunkt der Feststellung des Prüfungsergebnisses in Bayern gelegen habe. Ebenso wenig habe sein Beschäftigungsort zum Zeitpunkt der Prüfungsanmeldung oder zum Zeitpunkt der Feststellung des Prüfungsergebnisses in Bayern gelegen.
3
Mit Bescheid vom 5. Mai 2020 teilte die IHK dem Kläger mit, dass er die in den Richtlinien zur Vergabe des Meisterbonus und des Meisterpreises der Bayerischen Staatsregierung vom 3. Juli 2013, zuletzt geändert am 18. April 2019 (nachfolgend: Meisterbonus-Richtlinie), geregelten Voraussetzungen zur Gewährung des Meisterbonus nicht erfülle. Weder der Hauptwohnsitz noch der Beschäftigungsort habe zum Zeitpunkt der Prüfungsanmeldung oder zum Zeitpunkt der Feststellung des Prüfungsergebnisses in Bayern gelegen.
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Am 29. Mai 2020 zeigte der Bevollmächtigte des Klägers seine Vertretung an und legte Widerspruch ein. Ausweislich eines Aktenvermerks fand am 3. Juni 2020 ein Telefongespräch zwischen der IHK und dem Bevollmächtigten statt, bei welchem der Fall besprochen und auf die maßgeblichen Richtlinien hingewiesen wurde.
5
Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juni 2020 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der zulässige Widerspruch sei unbegründet, da der Kläger die in der Meisterbonus-Richtlinie geregelten Voraussetzungen zur Gewährung des Meisterbonus nicht erfülle. Zwar sei die Prüfung vor einer fachlich und örtlich zuständigen Stelle im Freistaat Bayern abgelegt worden, aber weder der Hauptwohnsitz noch der Beschäftigungsort hätten nach den eigenen Angaben des Klägers zum Zeitpunkt der Prüfungsanmeldung oder zum Zeitpunkt der Feststellung des Prüfungsergebnisses in Bayern gelegen. Es liege auch keine Ungleichbehandlung ohne sachlichen Grund vor. Die Bayerische Staatsregierung könne für Prüfungen im Freistaat Bayern die Förderung auf Prüfungsteilnehmer, die ihren Wohnsitz oder Beschäftigungsort zum Zeitpunkt der Prüfungsanmeldung oder zum Zeitpunkt der Feststellung des Prüfungsergebnisses in Bayern haben, beschränken. Die Fördervoraussetzungen stellten einen sachlichen Bezug zum Freistaat Bayern her, um zu bezwecken, dass Weiterbildung in Bayern für Arbeitnehmer, die in Bayern wohnen oder arbeiten, gefördert werde.
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2. Hiergegen ließ der Kläger am 1. Juli 2020 gegen die IHK Würzburg-Schweinfurt Klage erheben und sinngemäß beantragen,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 5. Mai 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Juni 2020 zu verpflichten, dem Kläger den Meisterbonus der Bayerischen Staatsregierung vom 4. Juni 2013 (zuletzt geändert am 18.4.2019) zu gewähren.
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Zur Begründung wurde vorgetragen, dass die Festlegung, den Meisterbonus nur an Personen zu bezahlen, die ihren Wohnsitz in Bayern hätten, dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes widerspräche und sachliche Gründe für eine Unterscheidung nicht ersichtlich seien. So würden Personen, die in Bayern wohnten und den Meisterbonus erhielten, nicht im Anschluss tatsächlich in Bayern arbeiten, sondern sicherlich auch außerhalb. Überdies sei nicht ersichtlich, dass Personen, die zwar zum Zeitpunkt der Ablegung des Meisterkurses nicht in Bayern gelebt hätten, nicht später mit ihrem Meister in Bayern arbeiten würden. Folglich gebe es keinen Grund, dass zum Zeitpunkt der Ablegung des Meisterkurses in Bayern lebende Personen besser zu stellen wären. Demgegenüber seien dem Kläger, der jeden Tag mit seinem Pkw von seinem Wohnort in O* … nach Würzburg und zurück gefahren sei, weitaus höhere Kosten entstanden. Soweit es nach den Richtlinien nur darauf ankomme, dass man zum Zeitpunkt der Anmeldung in Bayern gewohnt habe, werde Missbrauch Tür und Tor geöffnet. Hätte sich der Kläger zu diesem Zeitpunkt in Würzburg angemeldet und nach der erfolgten Anmeldung wieder nach O* … abgemeldet, so hätte ihm der Bonus zugestanden. Die Kriterien schienen sachlich wenig begründet, sodass der Meisterbonus allen Personen zu gewähren sei, die den Meisterkurs bestanden hätten, unabhängig davon ob sie zum Zeitpunkt der Beantragung des Kurses ihren Wohnsitz in Bayern gehabt hätten.
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Die IHK Würzburg-Schweinfurt beantragte für den Beklagten,
die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, bei dem Meisterbonus handele es sich um ein Förderprogramm des Freistaates Bayern in der Zuständigkeit des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie (nachfolgend: Bayerisches Wirtschaftsministerium). Die IHK prüfe im Rahmen ihrer Zuständigkeit in jedem Verfahren die Voraussetzungen der Meisterbonus-Richtlinie und stelle für den Freistaat Bayern fest, ob ein Meisterbonus gewährt werde. Die Feststellung erfolge in einem Zuwendungsbescheid nach den Mustern des Bayerischen Wirtschaftsministeriums gegen den ein Widerspruchsverfahren vor der IHK in der Rechtsbehelfsbelehrung:eröffnet werde. Die Auszahlung erfolge durch die IHK nach Mittelanforderung beim und Überprüfung durch den Freistaat Bayern. Der Kläger erfülle vorliegend nicht die in den Richtlinien geregelten Voraussetzungen. Nach seinen eigenen Angaben habe weder der Hauptwohnsitz noch der Beschäftigungsort zum Zeitpunkt der Prüfungsanmeldung oder zum Zeitpunkt der Feststellung des Prüfungsergebnisses in Bayern gelegen. Der Kläger könne nur einen Anspruch auf Gleichbehandlung nach den durch die Verwaltung als Gleichbehandlungsmaßstab festgesetzten Richtlinien haben. Diese Richtlinien verletzten den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht, da sie sachliche Kriterien zur Ausreichung bayerischer Haushaltsmittel zum Zwecke der Förderung der bayerischen Wirtschaft bzw. von weiterbildungsbereiten Arbeitnehmern mit Wohnsitz oder Beschäftigungsort in Bayern zum Zeitpunkt der Prüfungsanmeldung oder Feststellung des Prüfungsergebnisses enthielten. Die Förderungsvoraussetzungen stellten einen sachlichen Bezug zum Freistaat Bayern her. Hierin liege keine Diskriminierung von Bürgern aus anderen Bundesländern, da auch sie in den Genuss der Förderung gelangen könnten, wenn sie die sachlichen Voraussetzungen erfüllten. Nachdem es vorliegend um die Auszahlung von Fördergeldern des Freistaates Bayern gehe, sei überdies die Aktiv- und Passivlegitimation der IHK Würzburg-Schweinfurt fraglich.
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Das Bayerische Wirtschaftsministerium nahm nach Aufforderung durch das Gericht mit Schriftsatz vom 28. Januar 2021 Stellung. Demnach gehe man von der Passivlegitimation der in Ziffer 5 der Meisterbonus-Richtlinie bezeichneten Stellen - hier: IHK - zur Vergabe des Meisterbonus aus. In verschiedenen Arbeitsgruppentreffen, an denen neben Vertretern der Bayerischen Staatsregierung auch Vertreter der Handwerkskammern sowie der Industrie- und Handelskammern teilgenommen hätten, sei im Zuge der Einführung des Meisterbonus im Jahr 2013 ein Verwaltungsverfahren abgestimmt worden, bei dem die Kammern die Berechtigten ermittelten, den Verwaltungsablauf koordinierten und die Meisterbonus-Berechtigung der Absolventen eigenständig prüften. Die Ablehnung oder Gewährung des Meisterbonus erfolge dabei eigenständig durch die jeweiligen Kammern mit Formularen, auf denen die Kammern als Aussteller genannt seien. Im Rahmen der Auszahlungsantragsprüfung werde der Auszahlungsantrag der jeweiligen Kammer von der Regierung von Mittelfranken auf Vollständigkeit überprüft und mit den noch verfügbaren Mitteln abgeglichen. Sofern noch ausreichend Mittel vorhanden seien, erfolge die Bewilligung und der Betrag werde zur Auszahlung angewiesen. Im Rahmen der Verwendungsnachweisprüfung werde von der Regierung von Mittelfranken z.B. überprüft, ob sich sämtliche Wohnanschriften oder Tätigkeitsstätten der Antragsteller in Bayern befänden, das Feststellungdatum des Prüfungsergebnisses nicht länger als zwei Jahre zurückliege und ausschließlich Abschlüsse, die im Anhang der Meisterbonus-Richtlinie aufgeführt seien, gefördert würden. Die Prüfungen erfolgten anhand der von den Kammern mit dem Verwendungsnachweis eingereichten Kontoauszügen und Teilnehmerlisten, die Abschlussart, Wohnanschriften, Beschäftigungsort, Prüfungsordnung und Prüfungstag aufführten. Sofern sich Auffälligkeiten ergäben, würden die entsprechenden Akten bei den Kammern angefordert und von der Regierung von Mittelfranken überprüft. Neben der Meisterbonus-Richtlinie bestünden keine weiteren Verordnungen, Vereinbarungen oder sonstigen rechtlichen Regelungen zur Regelung des Verwaltungsablaufs. Sollte das Gericht davon ausgehen, dass die Passivlegitimation beim Freistaat Bayern liege, gehe man davon aus, dass zumindest die Prozessführungsbefugnis wirksam auf die Kammern übertragen worden sei. Schließlich ergebe sich aus dem dargestellten Verfahrensablauf, dass die jeweilige Kammer die Einzelfallbearbeitung komplett übernehme, wovon als Annex auch die Prozessführung erfasst sein müsste. Ungeachtet dessen habe sich das Bayerische Wirtschaftsministerium mit der IHK Würzburg-Schweinfurt für das vorliegende gerichtliche Verfahren darauf verständigt, dass die IHK die Prozessführung übernehme; eine entsprechende Prozessvollmacht liege anbei. Soweit der Kläger in der Sache einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG geltend mache, gebe es für die dargestellte Ungleichbehandlung einen sachlichen Grund. Sinn und Zweck des Meisterbonus sei es, einen Anreiz zu schaffen, sich beruflich weiterzubilden und die eigene Qualifikation zu stärken. Außerdem solle eine finanzielle Anerkennung für die bestandene Meister- oder Fortbildungsprüfung gewährt werden. Beim Einsatz der knappen Landesmittel solle diese Anerkennung nur Personen, die in Bayern lebten oder arbeiteten, zuteilwerden. Soweit ersichtlich, werde das ebenso in anderen Bundesländern, die eine vergleichbare Leistung eingeführt hätten, gehandhabt. Mit dem Meisterbonus werde nicht der Zweck verfolgt, bayerische Bildungsträger zu fördern, was ein weiterer Grund dafür sei, weshalb nicht einzig das Kriterium der Ablegung der Prüfung in Bayern für die Vergabe des Meisterbonus gewählt worden sei. Bei dem Meisterbonus handele es sich um eine Billigkeitsleistung und keine Ausbildungsbeihilfe und werde allen Berechtigten unabhängig von ihnen entstandenen Kosten in gleicher Höhe ausbezahlt.
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Mit Schriftsatz vom 15. Februar 2021 hielt der Kläger an seiner Rechtsauffassung, dass die lokale Bezugnahme auf den Wohnsitz bzw. die Arbeitsstätte in Bayern gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes verstoße, fest. Beim Kläger handele es sich um keinen Absolventen einer Meisterprüfung im Handwerk, sondern im Handelsgewerbe, sodass nach Kenntnis des Klägers eine entsprechende Meisterprämie nur im Bundesland Bayern gewährt werde, was nach Auffassung des Bevollmächtigten gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße. Die von der Beklagtenseite vorgebrachten Rechtfertigungen für die Ungleichbehandlung seien nicht zutreffend. Der Begünstigte könne sich vielmehr nach Abschluss der Meisterprüfung eine Beschäftigung in anderen Bundesländern suchen.
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Die Beteiligten erklärten sich mit Schriftsätzen vom 23. Februar 2021 mit einer Entscheidung ohne Durchführung der mündlichen Verhandlung einverstanden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Behördenakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, nachdem die Beteiligten auf deren Durchführung verzichtet haben, § 101 Abs. 2 VwGO.
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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Auszahlung des begehrten Meisterbonus.
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1. Die ursprünglich gegen die IHK Würzburg-Schweinfurt gerichtete Klage konnte im Rahmen einer Rubrumsberichtigung ohne weiteres gegen den Freistaat Bayern, vertreten durch die IHK Würzburg-Schweinfurt, umgestellt werden. Entgegen der Auffassung der Beteiligten handelte es sich hierbei nicht um eine Klageänderung, da bei der Klageerhebung mit Klageschrift vom 29. Juni 2020 lediglich eine falsche Bezeichnung des richtigen Beklagten vorgelegen hat. Ausweislich des klägerischen Begehrens war die Klage von Anfang an auf Auszahlung des Meisterbonus gerichtet. Die Benennung der IHK Würzburg-Schweinfurt in der Klageschrift als Beklagte stellte lediglich die Bezeichnung der bis dahin gegenüber dem Kläger als Ansprechpartner auftretenden Stelle dar. Gemäß § 88 VwGO genügt demnach in Anwendung von § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zur Bezeichnung des Beklagten die Angabe der ihm gegenüber tätig gewordenen Behörde.
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Die IHK Würzburg-Schweinfurt kann den Freistaat Bayern im vorliegenden Verfahren als Prozessbevollmächtigte gemäß § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Halbs. 2 VwGO vertreten. Eine gültige Vollmacht wurde durch das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie (Bayerisches Wirtschaftsministerium) als zuständiges Ressort für die Vergabe des Meisterbonus mit Schriftsatz vom 28. Januar 2021 vorgelegt.
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2. Die Klage wurde zutreffend gegen den Freistaat Bayern erhoben, da nur dieser passivlegitimiert ist und nicht die IHK Würzburg-Schweinfurt selbst.
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Die Richtlinien zur Vergabe des Meisterbonus und des Meisterpreises der Bayerischen Staatsregierung (Gem.Bek. v. 3.7.2013 - AllMBl. S. 312, zuletzt geändert am 18.4.2019 - BayMBl. Nr. 167, nachfolgend: Meisterbonus-Richtlinie) enthalten in Ziffer 3.3 Abs. 1 der Meisterbonus-Richtlinie Regelungen hinsichtlich des Verfahrensablaufs: Demnach ermitteln die Kammern der gewerblichen Wirtschaft die Begünstigten, prüfen die Voraussetzungen für die Gewährung des Meisterbonus bzw. Meisterpreises und stellen die sachliche und rechnerische Richtigkeit fest. Diese Stellen teilen den Begünstigten schriftlich mit, ob sie die Voraussetzungen erfüllen und zahlen bejahendenfalls den Bonus aus. Dieses abgestimmte Verwaltungsverfahren betrifft jedoch lediglich den internen und organisatorischen Ablauf und ändert nichts daran, dass es sich bei der Auszahlung des Meisterbonus um Geldmittel des Freistaates Bayern handelt, die auf der Grundlage von Art. 53 BayHO i.V.m. der Meisterbonus-Richtlinie als Billigkeitsleistung ohne Rechtsanspruch gewährt werden. Auch das Bayerische Wirtschaftsministerium geht in seiner Stellungnahme vom 28. Januar 2021 davon aus, dass es bei den in Ziffer 3.3 der Meisterbonus-Richtlinie beschriebenen Vorgehensweise um ein zwischen Vertretern der Bayerischen Staatsregierung und Vertreter der Handwerkskammern sowie der Industrie- und Handelskammern abgestimmtes Verwaltungsverfahren handelt.
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Bei diesem Verwaltungsverfahren kann es sich jedoch nur um eine intern abgestimmte, freiwillige Zusammenarbeit handeln, nicht jedoch um eine rechtswirksame Aufgabenübertragung. Denn die Kammern der gewerblichen Wirtschaft sind eigenständige Körperschaften des öffentlichen Rechts (vgl. § 3 Abs. 1 IHKG), die nicht im Staatsaufbau integriert sind. Folglich können ihnen Aufgaben und Befugnisse des Freistaates Bayern nicht ohne entsprechende gesetzliche Grundlage übertragen werden. Da es sich bei den verfahrensgegenständlichen Richtlinien lediglich um ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften handelt, die keine unmittelbare Rechtswirkung nach außen entfalten, kann ihnen keine rechtsverbindliche Übertragung entnommen werden. Eine grundsätzlich mögliche Aufgabenübertragung durch Rechtsverordnung nach Art. 9 AGIHKG besteht nach Auskunft sowohl der IHK Würzburg-Schweinfurt als auch des Bayerischen Wirtschaftsministeriums ebenso wenig wie eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung.
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Unabhängig davon ergäbe sich eine derartige Aufgabenübertragung auch nicht aus dem Wortlaut der Ziffer 3.3 der Meisterbonus-Richtlinie. Zwar mögen die Kammern der gewerblichen Wirtschaft einen internen Verwaltungsablauf der Überprüfung der Berechtigten des Meisterbonus entwickelt haben und das Verfahren auch mittels eigener Formulare der jeweiligen Industrie- und Handelskammer eigenständig betreiben. Jedoch trägt das Bayerische Wirtschaftsministerium in seiner Stellungnahme selbst vor, dass im Rahmen der Auszahlungsantragsprüfung der Antrag der jeweiligen Kammer von der Regierung von Mittelfranken (vgl. Ziffer 3.4 der Meisterbonus-Richtlinie) nicht nur auf Vollständigkeit überprüft werde, sondern im Rahmen der Verwendungsnachweisprüfung auch beispielsweise überprüft werde, ob sich sämtliche Wohnanschriften oder Tätigkeitsstätten der begünstigten Antragsteller in Bayern befänden, das Feststellungsdatum der Prüfungsergebnisse nicht länger als zwei Jahre zurück liege und ausschließlich Abschlüsse, die im Anhang der Richtlinien aufgeführt sind, gefördert würden. Damit werden in der Sache die Voraussetzungen der Gewährung des Meisterbonus (vgl. Ziffern 2 und 3.1) überprüft. Weiter wird vorgetragen, diese Prüfungen erfolgten anhand der von den Kammern mit dem Verwendungsnachweis eingereichten Kontoauszüge und Teilnehmerlisten, die Abschlussart, Wohnanschriften, Beschäftigungsort, Prüfungsordnung und Prüfungstag enthalten. Sofern sich hier Auffälligkeiten ergäben, würden die entsprechenden Akten durch die Regierung von Mittelfranken bei den Kammern angefordert und überprüft. Hieraus wird deutlich, dass die Regierung von Mittelfranken das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung des Meisterbonus in eigener Zuständigkeit (erneut) prüft und damit auch die alleinige Entscheidungshoheit über die auszuzahlenden Geldmittel innehat.
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Ein anderes Ergebnis wäre im Übrigen auch nicht mit den Vorgaben des Haushaltsrechts zu vereinbaren, da die Gewährung einer Billigkeitsleistung nur erfolgen kann, solange ausreichende Haushaltsmittel verfügbar sind. Es käme sonst zu einem nicht auflösbaren Widerspruch, wenn die Kammern der gewerblichen Wirtschaft einerseits in eigener Zuständigkeit die Gewährung des Meisterbonus bejahen und schriftlich zusagen könnten (vgl. Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG), andererseits jedoch keinen Zugriff auf die auszuzahlenden Geldmittel hätten und im Klagefalle bei Vorliegen der Voraussetzungen wiederum nicht zur Auszahlung verpflichtet werden könnten.
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3. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Auszahlung eines Meisterbonus nach den einschlägigen Richtlinien.
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3.1. Bei Billigkeitsleistungen der vorliegenden Art handelt es sich um freiwillige Leistungen, die ohne Rechtsanspruch gewährt werden. Zur Gewährleistung einer einheitlichen Auszahlungspraxis können Voraussetzungen - wie hier - durch ermessenslenkende Richtlinien festgelegt werden.
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Eine explizite Rechtsnorm, die konkret einen Anspruch des Klägers auf Bewilligung des beantragten Meisterbonus begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Billigkeitsleistung auf der Grundlage der einschlägigen Richtlinien im billigen Ermessen der Behörde und im Rahmen der dafür im Haushaltsplan besonders zur Verfügung gestellten Ausgabemittel (Art. 53 BayHO). Ein Rechtsanspruch besteht danach nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis auf Basis der einschlägigen Richtlinien. Die Richtlinien zur Vergabe des Meisterbonus begründen als ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften nicht wie Gesetze und Rechtsverordnungen unmittelbar Rechte und Pflichten, sondern entfalten erst im Rahmen ihrer Anwendung Außenwirkung. Da sie keine Rechtsnormen sind, unterliegen sie auch grundsätzlich keiner richterlichen Interpretation. Eine gerichtliche Überprüfung hat sich folglich darauf zu beschränken, ob aufgrund der einschlägigen Richtlinien überhaupt eine Verteilung öffentlicher Mittel vorgenommen werden kann (Vorbehalt des Gesetzes) und bejahendenfalls, ob bei Anwendung der Richtlinien in Einzelfällen, in denen die begehrte Leistung versagt worden ist, der Gleichheitssatz (Art. 3 GG) verletzt oder der Rahmen, der durch die gesetzliche Zweckbestimmung gezogen ist, nicht beachtet worden ist (vgl. BVerwG, U.v. 26.4.1979 - 3 C 111/79 - juris).
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Das Gericht ist dabei grundsätzlich an den Zweck des Meisterbonus gebunden, wie ihn der Geber der Geldleistung versteht. Für die gerichtliche Prüfung einer Förderung in Form einer Billigkeitsleistung gelten deshalb dieselben Grundsätze wie für Zuwendungen, die ebenfalls auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinien im billigen Ermessen der Behörde und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (Art. 23, 44 BayHO) erfolgen. Entscheidend für die gerichtliche Prüfung ist, wie die Behörde des zuständigen Rechtsträgers die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz gebunden ist (s. zur vergleichbaren Thematik der Zuwendungen BayVGH, U.v. 11.10.2019 - 22 B 19.840 - juris Rn. 26; U.v. 28.10.1999 - 19 B 96.3964 - juris Rn. 59; VG München, U.v. 19.11.2009 - M 15 K 07.5555 - juris Rn. 30). Ein Anspruch auf den Meisterbonus besteht im Einzelfall über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Gleichheitssatz dann, wenn die in den Richtlinien dargelegten Fördervoraussetzungen vorliegen und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis des Beklagten auch positiv verbeschieden werden (BayVGH, U.v. 11.10.2019 - 22 B 19.840 - juris Rn. 26). Die Richtlinien setzen Maßstäbe für die Verteilung des staatlichen Meisterbonus und regeln insoweit die Ermessenshandhabung, die insoweit auch den Gleichheitsgrundsatz beachten muss. Die Ermessensbindung reicht jedoch nur so weit wie die festgestellte tatsächliche ständige Verwaltungspraxis. Die gerichtliche Überprüfung erfolgt nur im Rahmen des § 114 VwGO, insbesondere hat das Gericht nicht die Befugnis zu einer eigenständigen oder gar erweiternden Auslegung der Richtlinien (vgl. SaarlOVG, B.v. 28.5.2018 - 2 A 480/17 - juris; OVG SH, U.v. 17.5.2018 - 3 LB 5/15 - juris; OVG NRW, B.v. 29.5.2017 - 4 A 516/15 - juris; HessVGH, U.v. 28.6.2012 - 10 A 1481/11 - juris).
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3.2. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben hat der Kläger keinen Anspruch aus Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung, da weder nach den Richtlinien selbst noch nach der maßgeblichen Verwaltungspraxis in vergleichbaren Fällen ein Anspruch auf die Gewährung des Meisterbonus i.H.v. 2.000,00 EUR besteht.
28
Der Kläger bestreitet nicht, dass er die in der Meisterbonus-Richtlinie normierten Voraussetzungen nicht erfüllt. Er verweist lediglich darauf, dass die Voraussetzungen für die Gewährung des Meisterbonus Art. 3 Abs. 1 GG verletzten, da sie eine Ungleichbehandlung ohne sachlichen Rechtfertigungsgrund darstellten. Mit diesem Vorbringen kann er nicht durchdringen, da nach dem oben Gesagten die in der Meisterbonus-Richtlinie aufgestellten Voraussetzungen gerade die Gleichbehandlung von gleich gelagerten Sachverhalten sicherstellen sollen. Im Übrigen bestehen keine Anhaltspunkte und es wurde auch nicht vorgetragen, dass die Industrie- und Handelskammer Würzburg-Schweinfurt oder die weiteren gewerblichen Kammern in Bayern von diesen Richtlinien abweichen würden. Im Gegenteil, das Gericht ist davon überzeugt, dass eine bayernweit unterschiedliche Handhabung de facto dadurch ausgeschlossen ist, dass die Gelder erst nach zentraler Überprüfung durch die Regierung von Mittelfranken ausgezahlt werden.
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Soweit der Kläger in Zweifel zieht, dass die durch den Freistaat Bayern aufgestellten Anknüpfungspunkte bzw. Voraussetzungen für die Gewährung eines Meisterbonus zweckmäßig oder zielführend seien, kann er damit im gerichtlichen Verfahren nicht gehört werden. Wie bereits oben ausgeführt, ist das Gericht an den durch den Geldgeber vorgegebenen Zweck sowie dessen Zielsetzung gebunden und überprüft die Ermessensausübung ausschließlich am Maßstab des § 114 VwGO. Damit ist es nicht Aufgabe des Gerichts, zu prüfen, ob vielleicht andere Lösungen zweckmäßiger gewesen wären (Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 114 Rn. 4). Daraus folgt, dass dem Freistaat Bayern bei der Ausgestaltung der Vergabebedingungen für den Meisterbonus, welcher eine Billigkeitsleistung ohne Rechtsanspruch darstellt, ein weitreichender Gestaltungsspielraum zusteht, dessen Grenzen erst dann überschritten werden, wenn eine willkürliche und von denklogischen Grundsätzen abweichende Handhabung festzustellen wäre. Davon ist vorliegend nicht auszugehen.
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Ausweislich Ziffer 1 der Meisterbonus-Richtlinie ist Zweck des Meisterbonus, einen Anreiz zu schaffen, sich beruflich weiterzubilden und die eigene Qualifikation zu stärken. Der Meisterbonus gewährt demnach eine finanzielle Anerkennung für die bestandene Meister- oder Fortbildungsprüfung. Die Gewinnung von qualifizierten Fachkräften vor allem im Bereich der beruflichen Bildung soll gefördert werden. Auch wenn nur derjenige in den Kreis der Begünstigten fällt, der seine Prüfung vor der fachlich und örtlich ständigen Stelle im Freistaat Bayern abgelegt und von dieser das Prüfungszeugnis ausgestellt bekommen hat (Ziffer 2), wird mit dem Meisterbonus nicht der Zweck verfolgt, bayerische Bildungsträger zu fördern. Dies wird gerade dadurch deutlich, dass im selben Absatz als weitere Voraussetzung für die Gewährung des Meisterbonus festgelegt ist, dass der Wohnort oder zumindest die Betriebsstätte des Begünstigten in Bayern sein muss.
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Angesichts begrenzter Landesmittel ist weder ersichtlich noch wurde es vorgetragen, weshalb diese Handhabung willkürlich sein sollte. Gerade im Hinblick auf den haushaltsrechtlichen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (Art. 7 BayHO) erscheint die Verknüpfung der Gewährung des Meisterbonus durch den Freistaat Bayern mit dem Wohnort oder der Betriebsstätte des Begünstigten innerhalb des Freistaates zweckmäßig und zielführend.
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4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.