Titel:
Nachbarklage gegen Renovierung eines Wohnhauses
Normenketten:
BauGB § 34
BayBO Art. 6 Abs. 6 S. 1 Nr. 3, Art. 10 S. 3, Art. 68 Abs. 5
BayDSchG Art. 6 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2
Leitsätze:
1. Keine abstandsflächenrelevante Änderung, wenn im Verhältnis zum gleichbleibend vorhandenen Bestand nur geringfügige Anbauten erfolgen und ansonsten der bauliche Bestand der giebelseitigen Außenwand weder hinsichtlich seiner Lage, noch in der Höhenentwicklung oder bei der Dachneigung Veränderung erfährt (BayVGH, B.v. 21.2.2018 – 15 CS 17.2569 – juris Rn. 10). (Rn. 23)
2. Nachträgliche Änderung der Rechtslage kann im Lichte des Art. 14 GG zugunsten des Bauherren berücksichtigt werden. (Rn. 25)
3. Der Eigentümer eines Baudenkmals kann sich im Rahmen einer Nachbarklage auf denkmalschutzrechtliche Belange nur berufen, wenn von dem beklagten Vorhaben eine erhebliche Beeinträchtigung des Wesens, des überlieferten Erscheinungsbilds oder der künstlerischen Wirkung des Denkmals ausgeht und gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustandes sprechen (BayVGH, U.v. 25.6.2013 – 22 B 11.701 – juris Rn. 30). (Rn. 29)
4. Der Aspekt der Standsicherheit des Nachbargebäudes gemäß Art. 10 Satz 3 BayBO ist nicht Teil des Prüfprogrammes des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens. Im Übrigen vermittelt Art. 10 Satz 3 BayBO schon keinen Drittschutz, wenn sich die Gefährdung der Standsicherheit aus der Art und Weise der Bauausführung und nicht aus dem genehmigten Bauvorhaben als solchem ergibt. (Rn. 31)
5. Der Belang der Standsicherheit ist grundsätzlich nicht über das Rücksichtnahmegebot rügbar (BayVGH, B.v. 14.10.2008 – 2 CS 08.2582 – juris Rn. 2). (Rn. 36)
6. Eine öffentlich-rechtliche Baugenehmigung legalisiert keinen Überbau (Art. 68 Abs. 5 BayBO). Dieser ist ggf. zivilrechtlich anzugreifen. (Rn. 34)
Schlagworte:
Nachbarklage, Renovierung eines Wohnhauses, abstandsflächenrelevante Änderung, nachträgliche Änderung der Rechtslage, Baudenkmal, Standsicherheit, vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren, Rücksichtnahmegebot, Überbau
Fundstelle:
BeckRS 2021, 8172
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
3. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Die Klägerin begehrt die Aufhebung einer dem Beigeladenen erteilten Baugenehmigung zur Renovierung eines Wohnhauses mit Dachstuhlerneuerung und Errichtung von Dachgauben.
2
Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstückes mit der Flurnummer (FlNr.) … der Gemarkung … (im Folgenden stets diese Gemarkung) mit der Adresse …, … Unmittelbar östlich angrenzend liegt das Grundstück des Beigeladenen mit der FlNr. … und der Anschrift …, … Beide Grundstücke sind bebaut - das der Klägerin in Süd-Nord-Richtung nahezu vollständig und das des Beigeladenen in dessen nördlichem an die … grenzenden Abschnitt - und Teil eines in geschlossener Bauweise errichteten Gesamtanwesens, welches noch das unmittelbar westlich an die Klägerin angrenzende Grundstück mit der FlNr. … und der Adresse … umfasst. In nördlicher Richtung grenzt die Bebauung mit der Eingangsseite an die …, wobei das Gebäude des Beigeladenen an der Ecke zur Straße … liegt, in die die … in östlicher Richtung einmündet. Das Gesamtanwesen (* …, … und **) ist in der Denkmalliste des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege als Baudenkmal mit der Beschreibung „…, heute …“ aufgeführt. Sämtliche Grundstücke liegen im unbeplanten Innenbereich.
3
Der Beigeladene beabsichtigte seinen Gebäudeteil zu Vermietungszwecken zu sanieren und in diesem Zuge den Dachstuhl zu erneuern und Dachgauben zu errichten. Für dieses Vorhaben reichte er über die Stadt … (Teil der Verwaltungsgemeinschaft …*) beim Landratsamt … mit Eingang dort am 19. Oktober 2018 einen Antrag auf Baugenehmigung ein, der gleichzeitig einen Antrag auf die Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 1 BayDSchG sowie einen Antrag auf Zulassung einer Abweichung nach Art. 63 BayBO von den Abstandsflächen zum südlich und östlich angrenzenden Grundstück FlNr. …enthielt; zum Grundstück der Klägerin hin wurde keine Abweichung beantragt. In den Unterlagen zum Bauantrag waren u.a. folgende Renovierungsmaßnahmen vorgesehen: Erneuerung des Sparren-Walmdachs mit zwei zur … ausgerichteten, in der Mitte der Traufseite angebrachten Schleppdachgauben, eine neue Dacheindeckung mit Biberschwanzziegeln, neuer Außenputz mit Anstrich, neue Wände mit Trockenbau für zwei Kinderzimmer und einen Flur im Dachgeschoss, neues Dachfenster im Flur. Durch die Erneuerung des Dachstuhls soll laut Baubeschreibung ein im Vergleich zum Bestand identisches Dach mit einer Dachneigung von 45 Grad entstehen, welches eine Firsthöhe von 8,70 m und eine Traufhöhe von 4,90 m (Oberkante Dachgeschossfußboden: 5,0 m) aufweist; die Traufseite ist zur … hin ausgerichtet. Die Dachgauben haben eine Traufhöhe von 7 m, eine Dachneigung von 30 Grad und sind etwa einen Meter zurückgesetzt angebracht. Die Klägerin verweigerte ihre Unterschrift unter die Bauvorlagen. Die Stadt … erteilte mit Formblatt vom 25. September 2018 das gemeindliche Einvernehmen zum Vorhaben des Beigeladenen.
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Mit dem Landratsamt … am 7. August 2018 übersandten Aktenvermerk nahm das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege nach einem Ortstermin mit dem Bauherrn und dem Landratsamt Stellung zum Vorhaben des Beigeladenen. Es führte aus, dass sich das Gebäude aufgrund lange vernachlässigten Bauunterhalts in keinem guten baulichen Zustand befinde. Die Sockelpartien seien in allen Teilen stark durchfeuchtet, die schwach dimensionierte Dachkonstruktion, ein schlichtes Sparrendach ohne Längsaussteifung, sei überbeansprucht und partiell schadhaft. Die im Zuge der geplanten Sanierung angedachten Dachgauben zur angemessenen Belichtung des Dachraumes würden grundsätzlich für möglich gehalten. Insgesamt gehe man davon aus, dass die noch vorhandene historische Substanz weitgehend unverändert erhalten werden könne. Die Ausführung sämtlicher gestalterisch relevanter Ausbaudetails wie Fenster, Türen, Böden bedürften einer detaillierten Abstimmung.
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Nachdem das Landratsamt dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege eine Aufstellung des Zimmereibetriebs … …, …, bezüglich der nötigen Reparaturen am Dachstuhl per Mail am 19. November 2018 mit der Bitte um weitere Stellungnahme übersandt hatte, antwortete das Landesamt für Denkmalpflege mit E-Mail vom 19. Dezember 2018, dass der Zustandsbericht der fachlichen Einschätzung des Landesamtes entspreche. Die Entscheidung über das weitere Vorgehen liege aber im Ermessen der Genehmigungsbehörde. Ob bei einer vollständigen Erneuerung des Daches die Denkmaleigenschaft des Gebäudes erhalten bleibe, sei fraglich und wäre gegebenenfalls nach Fertigstellung zu prüfen.
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Mit Bescheid vom 26. März 2019 erteilte der Beklagte dem Beigeladenen die bauaufsichtliche Genehmigung für die Renovierung eines Wohnhauses, Dachstuhlerneuerung sowie Errichtung von Dachgauben mitsamt der denkmalpflegerischen Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 BayDSchG und der Zulassung einer Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften zur FlNr. … hin (Ziffer I.). Als Auflage war unter anderem die Abstimmung aller Maßnahmen im Zuge der Instandsetzungs- und Umbauarbeiten sowie der Modernisierung mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege und der Unteren Denkmalschutzbehörde enthalten (Ziffer II. 1.). In den Gründen war im Wesentlichen ausgeführt, dass die Baugenehmigung zu erteilen gewesen sei, da das Vorhaben öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen seien, nicht widerspreche. Zur ordnungsgemäßen Durchführung des Vorhabens seien Nebenbestimmungen im Sinne des Art. 36 BayVwVfG aufgenommen worden. Schließlich wurde nachrichtlich der Hinweis des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege übernommen, dass bei einer vollständigen Erneuerung des Daches die Denkmaleigenschaft verlorengehen könne. Diese wäre nach Fertigstellung erneut zu prüfen. Auf die Möglichkeit des Verlusts der Steuerbegünstigung werde hingewiesen. Der Bescheid wurde der Klägerin am 28. März 2019 zugestellt.
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Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten am 5. April 2019 Klage zum Verwaltungsgericht Ansbach erhoben. Zur Begründung führt sie aus, dass der Beigeladene bereits bei der Sanierung des circa 2006/2007 erworbenen Anwesens … … keinerlei Rücksicht auf die Klägerin und deren Anwesen sowie den darauf lastenden Denkmalschutz genommen habe. So sei etwa nach Abschluss der Sanierungsarbeiten durch den Beigeladenen ein fußballgroßes Loch in der Grenzwand hinterlassen worden, durch welches man vom Anwesen …direkt in die Diele in der ersten Etage der Klägerin habe blicken können. Das Loch habe sie, nachdem sich der Beigeladene geweigert habe, dies zu tun, auf eigene Rechnung wieder schließen lassen. Mittlerweile habe der Beigeladene das Anwesen … wieder veräußert. Hinsichtlich der streitgegenständlichen Sanierung des Anwesens … stehe zu befürchten, dass bei der Dacherneuerung der durchgehende Firstbalken auf der Seite des Beigeladenen abgesägt werde und dadurch auf der Seite der Klägerin keinen Halt mehr finde. Dies berge, da auf dem Firstbalken auch ein Teil der Dachkonstruktion der Klägerin ruhe, das erhebliche Risiko, dass das Dach der Klägerin teilweise baufällig und wackelig werden könne. Außerdem bestehe die Gefahr, dass durch die Renovierungsmaßnahmen die Denkmaleigenschaft hinsichtlich des Gesamtgebäudes verloren gehe. Und schließlich sei der Grenzverlauf zwischen den Liegenschaften der Klägerin und des Beigeladenen unzutreffend vermessen. In rechtlicher Hinsicht begründe dies zum einen eine Verletzung der Klägerin in ihren Belangen als Eigentümerin eines Denkmals im Lichte des Art. 6 BayDSchG, der dann Drittschutz vermitteln könne, wenn der Eigentümer eines Baudenkmals durch die Errichtung eines Vorhabens in der Nähe seines Denkmals in der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG verletzt sei. Dies sei der Fall, wenn sich wie hier die Errichtung des Vorhabens erheblich auf den Bestand oder das Erscheinungsbild des Baudenkmals oder Ensembles auswirke. Das Anwesen … * stehe mit den Anwesen … … und … stilistisch nicht mehr in Einklang, die Dachgauben stächen aus dem gesamten Ensemble heraus. Schließlich sei das die Klägerin schützende Gebot der Rücksichtnahme verletzt, da durch das Sanierungsvorhaben des Beigeladenen die gesamte Dachkonstruktion des Ensembles gefährdet sei.
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Neben der Klageerhebung verfasste die Klägerin persönlich mehrere E-Mails an das Landratsamt …, das Bayerische Landtagsamt sowie das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bauen und Verkehr, in denen sie sich erkundigte, wie man vom Bauherren den Nachweis eines statischen Sicherheitskonzepts vor Beginn der Bauarbeiten verlangen könne und verlangte, eine erneute Vermessung der Grundstücksgrenzen vorzunehmen. Den Anfragen waren zahlreiche Fotos des streitgegenständlichen Anwesens mit Beschriftungen durch die Klägerin beigefügt.
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Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Landratsamtes … vom 26. März 2019 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt ohne weitere Begründung
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Der Beigeladene beantragt,
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Zur Begründung führt er aus, dass der Dachstuhl des Beigeladenen nicht mit dem des Hauses der Klägerin verbunden sei. Zudem seien die Zimmerarbeiten durch eine Fachfirma gemäß den Vorgaben des Landesamtes für Denkmalschutz durchgeführt worden. Eine Rechtsverletzung der Klägerin sei nicht ersichtlich. Insbesondere sei weder der Dachbalken ihres Gebäudes in irgendeiner Weise durch die Baugenehmigung tangiert, noch seien sonst Beeinträchtigungen vorgenommen worden, die in irgendeiner Weise die mögliche Denkmaleigenschaft des im Eigentum der Klägerin stehenden Gebäudes betroffen hätten. Schließlich sei die Klägerin auch nicht in sie schützenden denkmalrechtlichen Belangen betroffen. Es sei keine wesentliche Beeinträchtigung ihres denkmalgeschützten Gebäudes ersichtlich, auch die geplanten Gauben änderten hieran nichts. Das Rücksichtnahmegebot sei nicht verletzt, da keine Beeinträchtigung der Klägerin erkennbar sei. Die Renovierungsarbeiten seien längst ausgeführt und hätten nachweislich nicht zu Instabilitäten in der Dachkonstruktion geführt.
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Auf Rückfrage des Gerichts äußerte sich das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege mit Schreiben vom 29. Oktober 2019 erneut und führte darin aus, dass die Stellungnahme des Landesamtes vom 19. Dezember 2018, in der der Verlust der Denkmaleigenschaft bei vollständiger Erneuerung des Daches des Beigeladenen für möglich gehalten wurde, sich ausschließlich auf das Gebäude … * (des Beigeladenen) bezogen habe. Aussagen über das Nachbaranwesen … … seien nicht Gegenstand der Stellungnahme und weder gefordert noch intendiert gewesen. In einer weiteren gerichtlich erbetenen Stellungnahme teilte das Landesamt für Denkmalpflege mit Schreiben vom 10. Februar 2021 mit, dass die entsprechend der Baugenehmigung durchgeführte Sanierung bzw. der Umbau im Gebäude … * nach aktueller Aktenlage keine Auswirkung auf die Denkmaleigenschaft der Gebäudeteile … und … habe. Auf Grund seiner geschichtlichen und städtebaulichen Bedeutung erfülle das Objekt …, …, … weiterhin die Kriterien nach Art. 1 BayDSchG.
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Mit Schriftsatz vom 25. November 2020 hat der Beigeladene mitgeteilt, die Sanierungsarbeiten gemäß der Baugenehmigung abgeschlossen zu haben.
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In der mündlichen Verhandlung gab die Klägerin an, dass sie am 25. März 2021 bei einem Besuch in ihrem Haus festgestellt habe, dass der Dachbalken unter dem First, in ihr Haus vom Anwesen des Beigeladenen kommend, vielleicht 1,5 m hereinrage. Im Übrigen habe die Klägerseite ein selbstständiges Beweissicherungsverfahren vor dem Landgericht … eingeleitet, um zu prüfen, ob die Statik des Hauses der Klägerin gefährdet sei, ob ein Grenzüberbau vorliege und ob die Denkmalschutzeigenschaft des klägerischen Hauses gefährdet sei. Schließlich zeigte die Klägerin anhand des Plans aus dem Bayern-Atlas den von ihr geltend gemachten Überbau. Danach sei, anders als in der gezeigten Karte, ihrer Meinung nach ein Teil der dort als Fläche des Beigeladenen eingezeichneten Fläche noch Teil ihres Anwesens. Es handele sich dabei um den zur … hin liegenden vorderen Teil des Anwesens. Der Plan wurde zu den Akten genommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakten verwiesen. Hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung am 30. März 2021 wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
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1. Die Klage ist unbegründet und damit abzuweisen, weil der dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigungsbescheid vom 26. März 2019 die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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Eine Anfechtungsklage hat nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nur dann Erfolg, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt. Dafür genügt nicht die objektive Verletzung einer Rechtsnorm. Die Rechtsverletzung muss sich aus einer Norm ergeben, die zumindest auch dem Schutz des Nachbarn dient (Schutznormtheorie, s. BayVGH, B.v. 23.6.2017 - 15 ZB 16.920 - BayVBl 2019, 596 Rn. 8). Zudem müssen die als verletzt gerügten Normen Teil des Prüfprogramms im Baugenehmigungsverfahren sein, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO (Dirnberger in Busse/Kraus, BayBO, 140. EL Februar 2021, Art. 66 Rn. 537).
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Eine Verletzung drittschützender Normen des Prüfprogramms durch die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung scheidet aus. Das Prüfprogramm bemisst sich vorliegend nach Art. 59 BayBO (vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren), da das durch den Beigeladenen sanierte Wohnhaus in der … * kein Sonderbau im Sinne des Art. 2 Abs. 4 BayBO ist.
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a) Es liegt kein Verstoß der Baugenehmigung gegen die gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BayBO zu prüfenden bauplanungsrechtlichen Vorschriften der §§ 29 - 38 BauGB vor. Sowohl das Grundstück der Klägerin als auch das des Beigeladenen liegen unstreitig im unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB. Die vom Beigeladenen für sein renoviertes Anwesen vorgesehene Wohnnutzung fügt sich sowohl im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung ein, als auch nichts dafür spricht, dass hier eines der faktischen Baugebiete im Sinne des § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. der BauNVO vorliegt, welches eine Wohnnutzung ausschließt. Insofern kann dahinstehen, ob § 34 Abs. 1 oder § 34 Abs. 2 BauGB zur planungsrechtlichen Beurteilung des Vorhabens des Beigeladenen herangezogen wird.
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b) Auch ist keine Verletzung des nach Art. 59 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b BayBO zu prüfenden Abstandsflächenrechts festzustellen.
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Es mangelt nämlich schon an einer abstandsflächenrelevanten Änderung durch das genehmigte Vorhaben des Beigeladenen. Zwar lösen nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bauliche Änderungen eines Gebäudes grundsätzlich eine abstandsflächenrechtliche Neubeurteilung aus, wenn sich im Vergleich zum bisherigen Zustand spürbar nachteilige Auswirkungen auf die von diesen Änderungen betroffenen Nachbargrundstücke hinsichtlich der durch das Abstandsflächenrecht geschützten Belange ergeben (BayVGH, B.v. 24.3.2017 - 15 B 16.1009 - juris Rn. 5). Dies gilt allerdings dann nicht, wenn die abstandsrelevanten baulichen Änderungen nur die vom Grundstück des klagenden Nachbarn aus gesehen abgewandte, seitliche oder rückwärtige Außenwandseite des Vorhabens betreffen (BayVGH a.a.O.). Konkreter gefasst scheidet eine abstandsflächenrelevante Änderung aus, wenn im Verhältnis zum gleichbleibend vorhandenen Bestand nur geringfügige Anbauten erfolgen und ansonsten der bauliche Bestand der giebelseitigen Außenwand weder hinsichtlich seiner Lage, noch in der Höhenentwicklung oder bei der Dachneigung Veränderung erfährt (BayVGH, B.v. 21.2.2018 - 15 CS 17.2569 - juris Rn. 10).
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So liegt es hier, da der Beigeladene den äußeren Zuschnitt des Vorhabengebäudes bis auf den Einbau zweier Schleppdachgauben auf dessen Traufseite zur … hin ausgerichtet - also auf der dem klägerischen Anwesen abgewandten Nordseite - unverändert lässt. Die beiden Schleppdachgauben sind jeweils 1,10 m breit, etwa einen Meter von der Traufe zurückgesetzt und weisen eine Traufhöhe von 7 m auf. Dabei ist die Seitenwand der westlichen, am nächsten zur Grundstücksgrenze zur Klägerin liegenden Gaube in etwa 3 m von dieser entfernt. Die direkt an die Giebelseite des klägerischen Anwesens anschließende Giebelseite des Beigeladenen-Vorhabens bleibt unverändert. Insofern sind keine nachteiligen Auswirkungen auf die durch das Abstandsflächenrecht geschützten Belange, also insbesondere Belichtung, Belüftung, Besonnung und sozialen Wohnfrieden, durch das Bauvorhaben erkennbar.
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Zu diesem Ergebnis führt auch der mit Gesetz vom 23. Dezember 2020 (GVBl. S. 663) mit Wirkung zum 1. Februar 2021 neu gefasste Art. 6 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 BayBO, nach dem bei der Bemessung der Abstandsflächen bei Gebäuden an der Grundstücksgrenze die Seitenwände von Vorbauten und Dachaufbauten, auch wenn sie nicht an der Grundstücksgrenze errichtet werden, außer Betracht bleiben. Diese Rechtsänderung liegt zwar nach dem grundsätzlich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit maßgeblichen Datum des Erlasses der Baugenehmigung vom 26. März 2019, allerdings kann die nachträgliche Änderung der Rechtslage zugunsten des Bauherren im Lichte des Art. 14 GG berücksichtigt werden (BVerwG, B.v. 22.4.1996 - 4 B 54/96 - NVwZ-RR 1996, 628; Edenharter in Spannowsky/Manssen, BeckOK BauordnungsR Bayern, 17. Ed. 1.1.2021, Art. 66 BayBO Rn. 120).
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c) Gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO ebenfalls im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren zu prüfende beantragte Abweichungen im Sinne des Art. 63 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 BayBO von Vorschriften, welche gerade die Klägerin schützen sollen, sind nicht ersichtlich. Der Beigeladene hat lediglich eine Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO von den Abstandsflächen zum südlich und östlich angrenzenden Grundstück FlNr. … beantragt. Dies betrifft die Klägerin mit ihrem westlich an das Grundstück des Beigeladenen (FlNr. …*) angrenzenden Anwesen (FlNr. …*) nicht.
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d) Schließlich liegt auch keine Verletzung der Klägerin in denkmalschutzrechtlichen Belangen vor, die hier wegen Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO i.V.m. Art. 6 Abs. 3 Satz 1 BayDSchG Prüfungsgegenstand sind.
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Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG bedarf der Erlaubnis, wer in der Nähe von Baudenkmälern Anlagen errichten, verändern oder beseitigen will, wenn sich dies auf den Bestand oder Erscheinungsbild eines der Baudenkmäler auswirken kann. Da das Anwesen der Klägerin in der … … wie auch das des Beigeladenen als Baudenkmäler geführt werden, war für das Bauvorhaben des Beigeladenen im Ausgangspunkt eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG erforderlich, da zumindest die Möglichkeit bestand, dass Auswirkungen auf Bestand und Erscheinungsbild des Baudenkmals der Klägerin auftreten. Ist ein Vorhaben baugenehmigungspflichtig, entfällt diese Erlaubnis gemäß Art. 6 Abs. 3 Satz 1 BayDSchG (formelle Konzentrationswirkung der Baugenehmigung). Jedoch sind die materiell-rechtlichen Anforderungen des Denkmalschutzgesetzes nunmehr im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens zu prüfen. Diese formuliert Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayDSchG dahingehend aus, dass die denkmalschutzrechtliche Erlaubnis versagt werden kann, „soweit das Vorhaben zu einer Beeinträchtigung des Wesens, des überlieferten Erscheinungsbilds oder der künstlerischen Wirkung eines Baudenkmals führen würde und gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen“.
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Allerdings kann sich die Klägerin im Rahmen der Nachbarklage auf denkmalschutzrechtliche Belange wiederum nur berufen, wenn und soweit diese Drittschutz vermitteln, also der Klägerin subjektive denkmalbezogene Rechte zuweisen (BayVGH, U.v. 25.6.2013 - 22 B 11.701 - juris Rn. 30). Für den Eigentümer eines Denkmals wird dies angenommen, wenn von dem beklagten Vorhaben eine erhebliche Beeinträchtigung des Wesens, des überlieferten Erscheinungsbilds oder der künstlerischen Wirkung des Denkmals ausgeht und gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustandes sprechen (BayVGH a.a.O.). Zur Einschätzung des Denkmalwerts eines Baudenkmals und seiner Beeinträchtigung ist das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege die nach Art. 12 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 BayDSchG berufene Fachbehörde. Deren Einschätzung kommt tatsächliches Gewicht zu, wenn sie auch keine rechtliche Bindung für die (Verwaltungs-)Gerichte bedeutet (BayVGH a.a.O. Rn. 33). Auf Anfrage des Gerichts, ob durch das nunmehr durchgeführte Bauvorhaben die Denkmaleigenschaft des klägerischen Anwesens beeinträchtigt sei, teilte das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege mit Schreiben vom 10. Februar 2021 im Wesentlichen mit, dass die entsprechend der Baugenehmigung durchgeführte Sanierung bzw. der Umbau im Gebäudeteil … * nach aktueller Aktenlage keine Auswirkung auf die Denkmaleigenschaft der Gebäudeteile … und … habe. Auf Grund seiner geschichtlichen und städtebaulichen Bedeutung erfülle das Objekt …, … und … weiterhin die Kriterien nach Art. 1 BayDSchG. Dieser fachlichen Einschätzung schließt sich das Gericht an und geht aufgrund dessen nicht von einer erheblichen Beeinträchtigung des Baudenkmals der Klägerin aus. Zwar ist mit der Klägerseite zuzugeben, dass die durch den Beigeladenen eingebauten Dachgauben im Anwesen … * auf den zur Akte gereichten Fotos keinen historischen Charakter aufweisen und durchaus eine Beeinträchtigung des historischen Erscheinungsbildes mit sich bringen, aber eben keine erhebliche in Bezug auf die Klägerin, da die Denkmaleigenschaft nicht nur des klägerischen Gebäudes, sondern aller drei Anwesen (Nr., … und **) trotzdessen fortbesteht. Im Übrigen wird das Anwesen der Klägerin in denkmalschutzrechtlicher Hinsicht nicht durch die Renovierungen am Gebäude des Beigeladenen beeinträchtigt, allenfalls ließe sich diskutieren, ob der Beigeladene selbst die Denkmaleigenschaft verliert. Damit fehlt es auch an den gewichtigen Gründen des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustandes im Sinne der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs.
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e) Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass die Standsicherheit ihres Gebäudes durch die Ausführung des Bauvorhabens des Beigeladenen, insbesondere durch die Dacherneuerung, gefährdet sei, macht sie rechtlich das Erfordernis der Standsicherheit gemäß Art. 10 Satz 3 BayBO geltend. Nach dieser Vorschrift darf die Standsicherheit anderer baulicher Anlagen und die Tragfähigkeit des Baugrundes des Nachbargrundstückes nicht durch das streitgegenständliche Bauvorhaben gefährdet werden.
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Art. 10 Satz 3 BayBO ist allerdings nicht Teil des Prüfprogrammes, welches der Beklagte im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO zu behandeln hätte. Die erteilte Baugenehmigung regelt die Standsicherheit nicht und musste es auch nicht, weswegen sich die Klägerin hierauf im Rahmen der Nachbarklage nicht berufen kann (BayVGH, B.v. 23.6.2017 - 15 ZB 17.58 - juris Rn. 14; Dirnberger in Busse/Kraus, BayBO, 140. EL Februar 2021, Art. 66 Rn. 537). Im Übrigen vermittelt Art. 10 Satz 3 BayBO schon keinen Drittschutz, wenn sich die Gefährdung der Standsicherheit aus der Art und Weise der Bauausführung und nicht aus dem genehmigten Bauvorhaben als solchem ergibt (Nolte in Busse/Kraus, BayBO, 140. EL Februar 2021, Art. 10 BayBO Rn. 20).
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Auch aus den Vorschriften zur Vorlage eines Standsicherheitsnachweises durch den Bauherren gemäß Art. 62, 62a BayBO, deren Geltung Art. 59 Satz 2 BayBO unberührt lässt, kann die Klägerin keinen Drittschutz ableiten. Zum einen ist die Vorlage des Standsicherheitsnachweises nach Art. 62, 62a BayBO keine Voraussetzung für die Erteilung der Baugenehmigung im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO, sondern nur Voraussetzung für die Bauausführung (vgl. Art. 68 Abs. 6 Nr. 2, Abs. 7 Satz 3 BayBO; Wolf in Busse/Kraus, BayBO, 140. EL Februar 2021, Art. 59 BayBO Rn. 83). Zum anderen entfalten die Art. 62 bis 62b BayBO grundsätzlich keine drittschützende Wirkung, sondern dienen dem Schutz der Allgemeinheit (Weinmann in Spannowsky/Manssen, BeckOK Bauordnungsrecht Bayern, 17. Ed. 1.6.2020, Art. 62 BayBO Rn. 47). Schließlich liegen überhaupt keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beigeladene zu Beginn der Bauausführung den Standsicherheitsnachweis nicht vorgelegt hätte.
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Von alldem abgesehen hat die Klägerseite die gefährdete Standsicherheit des eigenen Gebäudes bislang nur behauptet und nicht substantiiert. Zwar gilt im Verwaltungsprozess gemäß § 86 Abs. 1 VwGO die Pflicht zur Amtsermittlung, jedoch musste sich dem Gericht hier nach dem Vortrag der Klägerin nicht aufdrängen, dass die Standsicherheit tatsächlich problematisch sein könnte.
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d) Der von der Klägerin geltend gemachte rechtswidrige Überbau des Beigeladenen auf ihr Grundstück ist, sollte er überhaupt vorliegen, kein Belang der im Rahmen des (vereinfachten) Baugenehmigungsverfahrens und in Folge durch die Verwaltungsgerichte zu überprüfen ist. Die Baugenehmigung wird gemäß Art. 68 Abs. 5 BayBO unbeschadet der privaten Rechte Dritter erteilt, sprich sie trifft keine Aussage zur privatrechtlichen Realisierbarkeit des Bauvorhabens. Auch berechtigt eine erteilte Baugenehmigung den Bauherrn überhaupt nicht zum Überbau und belastet den Nachbarn insofern nicht. Die Klägerin muss einen Überbau freilich nicht wehrlos hinnehmen, sondern kann vor den Zivil-, nicht aber den Verwaltungsgerichten auf dessen Beseitigung hinwirken beziehungsweise, falls sie gemäß § 912 BGB zur Duldung des Überbaus verpflichtet ist, eine Geldrente einfordern (BayVGH, B.v. 11.7.2013 - 15 ZB 13.1238 - juris Rn. 6; Greim-Diroll in Spannowsky/Manssen, BeckOK Bauordnungsrecht Bayern, 17. Ed 1.1.2021, Art. 68 BayBO Rn. 71 m.w.N.).
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Soweit die Richtigkeit des sich aus dem Liegenschaftskatasterauszug ergebenden Grenzverlaufs zwischen den Grundstücken der Klägerin und des Beigeladenen seitens der Klägerin in Zweifel gezogen wird, ist zu bemerken, dass der Auszug aus dem Liegenschaftskataster von der Baugenehmigungsbehörde zu Grunde gelegt werden darf, wenn er nicht substantiiert bestritten wurde und keine konkreten Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit vorliegen. Ansonsten handelt es sich um eine zivilrechtliche Vorfrage (Greim-Diroll in Spannowsky/Manssen, BeckOK Bauordnungsrecht Bayern, 17. Ed 1.1.2021, Art. 68 BayBO Rn. 75). Ein solches substantiiertes Bestreiten ist seitens der Klägerin nicht erfolgt. Schließlich wäre die von der Klägerseite angeführte Unrichtigkeit des Grenzverlaufs sowieso nur dann drittschützend und könnte sie sich im Rahmen der Nachbarklage auf sie berufen, wenn dadurch ein drittschützender baurechtlicher Belang berührt würde, wofür insbesondere die gemäß Art. 6 BayBO erforderlichen Abstandsflächen in Betracht kommen, da sie grundsätzlich auf dem eigenen Baugrundstück liegen müssen (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO). Da hier aber wegen der geschlossenen Bauweise der Anwesen … …, … und … von den jeweiligen Gebäuden zueinander keine Abstandsflächen eingehalten werden können und der Beigeladene dies aufgrund des im Wesentlichen gleichbleibenden Zuschnitts seines Anwesens sowie der Regelung des Art. 6 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 BayBO auch nicht muss (s.o. unter 1. b)), wäre auch bei einem wie von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung handschriftlich in den ausgedruckten Auszug aus dem BayernAtlas (zu den Akten genommen) eingezeichneten, leicht zu ihren Gunsten modifizierten Grenzverlauf zum Beigeladenengrundstück, keine Änderung der abstandsflächenrechtlichen Beurteilung angezeigt.
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e) Schließlich kann auch das in § 34 Abs. 1 BauGB bzw. § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO verortete Rücksichtnahmegebot der Klägerin nicht zum Erfolg verhelfen. Soweit die Klägerin den Belang der Standsicherheit über das Gebot der Rücksichtnahme zur Geltung bringen möchte, ist ihr dies zum einen schon deshalb nicht möglich, weil die Gefährdung der Standsicherheit sich bislang in der reinen Behauptung derselben erschöpft (s.o.), zum anderen ist das Rücksichtnahmegebot keine allgemeine Härtefallklausel, die über den Vorschriften des öffentlichen Baurechts steht, sondern Bestandteil einzelner gesetzlicher Vorschriften, hier entweder nach § 34 Abs. 1 BauGB - Gebot des Einfügens in die nähere Umgebung - oder § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 BauNVO, der eine Ausprägung des baurechtlichen Gebots der Rücksichtnahme in Bezug auf die Art der baulichen Nutzung darstellt (Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 34 BauGB Rn. 65). Insofern ist die klägerseits befürchtete Gefährdung der Standsicherheit des eigenen Gebäudes kein im Rahmen des Rücksichtnahmegebots zu prüfender Belang (BayVGH, B.v. 14.10.2008 - 2 CS 08.2582 - juris Rn. 2).
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Auch ansonsten ist angesichts der obigen Ausführungen insbesondere zum Denkmalschutz, dem Überbau und dem Grenzverlauf nicht ersichtlich, dass die Klägerin im Gebot der Rücksichtnahme verletzt sein könnte.
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Nachdem der Beigeladene einen Antrag gestellt, sich konstruktiv am Verfahren beteiligt und sich damit dem Kostenrisiko nach § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, dass er seine außergerichtlichen Kosten ersetzt erhält, § 162 Abs. 3 VwGO.
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Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.