Inhalt

VG München, Urteil v. 17.03.2021 – M 23 K 20.1954
Titel:

Erfolglose Klage gegen Widerruf mehrerer Genehmigungen zum Verkehr mit Mietwagen

Normenkette:
PBefG § 13 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 25 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Leitsätze:
1. Die erforderliche Zuverlässigkeit des Mietwagenunternehmers ist nicht mehr gegeben, wenn in seinem Verkehrsunternehmen trotz schriftlicher Mahnung die der Verkehrssicherheit dienenden Vorschriften nicht befolgt werden oder den Verpflichtungen zuwidergehandelt wird, die dem Unternehmer obliegen. Anhaltspunkte für die Unzuverlässigkeit des Genehmigungsinhabers stellen insbesondere schwere Verstöße gegen Vorschriften des PBefG oder der auf diesem Gesetz beruhenden Rechtsverordnungen dar. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. Wird dem Gebot der sog. Rückkehrpflicht durch den Mietwagenunternehmer zuwidergehandelt, liegt bereits ein Verstoß vor, der bei auftretender Häufung die Zuverlässigkeit des Betreibers grundsätzlich in Zweifel ziehen und einen Widerruf rechtfertigen kann. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ergibt sich aus fortlaufenden Verstößen des Genehmigungsinhabers gegen die Rückkehrpflicht dessen Unzuverlässigkeit, dient der Widerruf öffentlichen Interessen und steht grundsätzlich mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip in Einklang. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Mietwagengenehmigung, Widerruf, Unzuverlässigkeit, Verstoß gegen die Rückkehrpflicht, Rückkehrpflicht, Mietwagenunternehmer, Verhältnismäßigkeit
Fundstelle:
BeckRS 2021, 7707

Tenor

I.Die Klage wird abgewiesen.
II.Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.  

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf mehrerer Genehmigungen zum Verkehr mit Mietwagen.
2
Das Landratsamt A (im Folgenden: Landratsamt) erteilte dem zu diesem Zeitpunkt noch in B niedergelassenen Kläger antragsgemäß jeweils befristet zum 29. Mai 2022 am 26. Juni 2017 eine (Bl. 44), am 1. August 2017 zwei weitere (Bl. 69) und am 20. Dezember 2017 wiederum zwei Genehmigungen zum Verkehr mit Mietwagen (Bl. 88).
3
Mit am 15. Januar 2018 zugestelltem Bescheid vom 8. Januar 2018 mahnte das Landratsamt den Kläger schriftlich unter anderem wegen Verstößen gegen die Rückkehrpflicht aus Dezember 2017 ab (Bl. 96, 99) und legte ihm ein Bußgeld in Höhe von 500 Euro auf (Bl. 100). Am 1. März 2018 mahnte das Landratsamt den Kläger erneut wegen Verstoßes gegen die Rückkehrpflicht aus Januar 2018 bestandskräftig ab (Bl. 114) und legte ihm ein weiteres Bußgeld in Höhe von 250 Euro auf (Bl. 111).
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Auf Antrag des Klägers vom 1. März 2018 genehmigte die Beklagte am 28. Juni 2018 (Bl. 143) die Verlegung des Betriebssitzes in ihr Stadtgebiet unter Beschränkung auf drei Mietwagen und reduzierter Geltungsdauer bis zum 30. April 2022.
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Am 19. Juli 2018 stellte der Kläger förmlich einen Antrag auf Erteilung einer weiteren Genehmigung zur Ausübung von Mietwagenverkehr (Bl. 209 ff.).
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Bei einer bereits am 1. Oktober 2018 abendlich im Straßenverkehr durchgeführten Kontrolle stellte die Beklagte einen Fahrer des Klägers in der B... Str. in A vor einer Diskothek wartend beim Konsum von Videos auf seinem Mobiltelefon fest, ohne dass der Fahrer einen Auftrag hatte vorweisen können. Dieser erklärte vielmehr, aufgrund gesundheitlicher Probleme kurz gehalten zu haben (Bl. 262). Bei einer weiteren Kontrolle am 5. Oktober 2018 teilte ein Fahrer der Beklagten mit, er nehme die Aufträge persönlich mit dem Mobiltelefon über „Uber“ an (Bl. 266).
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Bei einer am 14. Januar 2019 erfolgten Betriebsprüfung stellte die Beklagte beim Kläger lückenhaft geführte Mietwagenauftragsbücher fest und rügte unter anderem über 100 Verstöße gegen die Rückkehrpflicht (Bl. 304 ff.). Im Zuge der Betriebsprüfung vermerkte die Beklagte am 1. März 2019, dass bezüglich des auf Erteilung einer Mitwagenkonzession gerichteten Antrags vom 19. Juli 2018 Genehmigungsfiktion eingetreten sei (Bl. 432).
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Mit Schreiben vom 4. März 2019 hörte die Beklagte den Kläger zum Widerruf der Genehmigungen zum Verkehr mit Mietwagen an und führte beispielhaft sechs für den Zeitraum zwischen August und Dezember 2018 dargelegte Verstöße gegen die Rückkehrpflicht auf (Bl. 433). Der Kläger bestritt schriftlich am 24. März 2019 Verstöße gegen die Rückkehrpflicht (Bl. 447) und führte ergänzend im Bußgeldverfahren aus, es liege kein gezielter Verstoß gegen die Rückkehrpflicht vor. Es handle sich um ein Versehen (Bl. 441).
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Mit dem Kläger am 24. April 2019 zugestelltem (Bl. 516) streitgegenständlichem Bescheid vom 16. April 2019 (Bl. 505) widerrief die Beklagte die dem Kläger mit Bescheid vom 28. Juni 2018 erteilten drei Genehmigungen (Ziff. 1) ebenso wie die am 19. Juli 2018 beantragte und mit Wirkung zum 19. Dezember 2018 als erteilt geltende Mietwagengenehmigung (Ziff. 2) und verlangte die Rückgabe der Genehmigungsurkunde für die unter Ziff. 1 benannte Genehmigung binnen einer Woche nach Eintritt der Bestandskraft (Ziff. 3). Für den Fall der nicht fristgemäßen Folgeleistung aus Ziffer 2 drohte die Beklagte ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000 Euro für die Nichtrückgabe der Genehmigungsurkunde bzw. 1.000 Euro bei Nichtrückgabe der verkürzten Ausfertigung aus der Genehmigungsurkunde an (Ziff. 4). Gleichzeitig legte die Beklagte dem Kläger die Kosten des Verfahrens auf (Ziff. 5) und setzte Gebühren in Höhe von 137,25 Euro und Auslagen in Höhe von 2,49 Euro fest (Ziff. 6). In der Begründung führt die Beklagte im Wesentlichen aus, die festgestellten Verstöße hätten die Unzuverlässigkeit des Klägers zur Folge. Dies ergebe sich zum einen aus den zahlreichen Verstößen gegen die Rückkehrpflicht und aus einer unzureichenden Führung des Mietwagenauftragsbuchs. Beispielhaft hielt die Beklagte dem Kläger sechs Verstöße gegen die Rückkehrpflicht im Zeitraum von August bis Dezember 2018 vor. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Bescheid Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).
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Hiergegen legte der Kläger am 7. Mai 2019 Widerspruch ein und begründete diesen am 4. Juni 2019, indem er auf seine Ausführungen im Anhörungsverfahren Bezug nahm und im Übrigen ausführte, die behaupteten Verstöße seien nicht hinreichend schwerwiegend (Bl. 523 ff.). Die Beklagte half dem Widerspruch nicht ab und legte ihn der Regierung von Oberbayern am 25. Juli 2019 zur Entscheidung vor (Bl. 534).
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Bei einer am 2. Oktober 2019 durch die Beklagte im Straßenverkehr vorgenommenen Kontrolle vermochte ein an der K...str. angetroffener Fahrer des Klägers keinen aktuellen Fahrtauftrag vorzuweisen (Bl. 605).
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Mit dem Kläger am 7. April 2020 zugestelltem Widerspruchsbescheid vom 3. April 2020 (Bl. 641) wies die Regierung von Oberbayern den Widerspruch mit der Begründung zurück, der Kläger habe das Mietwagenauftragsbuch nicht ordnungsgemäß geführt und zudem gegen die Rückkehrpflicht verstoßen.
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Am 7. Mai 2020 erhob der Kläger über seinen Bevollmächtigten Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München und stellte am 18. August 2020 schriftsätzlich den in der mündlichen Verhandlung am 17. März 2021 aufrechterhaltenen Antrag,
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den Bescheid der Beklagten vom 16. April 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. April 2020 aufzuheben.
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Zur Begründung lässt der Kläger ausführen, künftige Verfehlungen seien nicht zu erwarten. So habe der Kläger seine Fahrer auf die Einhaltung der Rückkehrpflicht hingewiesen und gegenüber den Fahrern Abmahnungen und Kündigungen ausgesprochen. Überdies sei mittlerweile die Einhaltung der Rückkehrpflicht bei der Verwendung der Applikation „Uber“ sichergestellt. Folglich sei die Betriebsorganisation derart geändert, dass künftige Verstöße nicht mehr zu erwarten seien. Auch das ordnungsgemäße Führen des Mietwagenauftragsbuchs sei sichergestellt. Letztlich sei der Widerruf unverhältnismäßig. Er legte zum Nachweis Unterlagen vor. Mit ergänzendem Schriftsatz vom 19. Februar 2021 ließ der Kläger mitteilen, dass die Rückkehrpflicht mit Effizienzgrundsätzen, dem Wirtschaftlichkeitsgebot und dem Umweltschutz nicht vereinbar sei.
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Die Beklagte trat der Klage schriftsätzlich am 31. August 2020 entgegen und beantragte
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Klageabweisung.
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Mit Schriftsatz vom 8. Februar 2021 stellte die Beklagte klar, dass durch den Bescheid die drei am 28. Juni 2018 genehmigten und eine aufgrund des Antrags vom 19. Juli 2018 als erteilt geltende Genehmigung, also insgesamt vier Konzessionen, widerrufen worden seien.
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Am 17. März 2021 fand die mündliche Verhandlung statt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die Gerichts- und vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
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Der Widerruf der vier Genehmigungen zum Verkehr mit Mietwagen ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO.
22
Die zuständige Genehmigungsbehörde hat die Genehmigung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PBefG zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 PBefG nicht mehr vorliegen. Somit ist die Genehmigung zu widerrufen, wenn Tatsachen vorliegen, die die Unzuverlässigkeit des Genehmigungsinhabers oder der für die Führung der Geschäfte bestellten Person vorliegen (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PBefG). Unzuverlässig ist ein Gewerbetreibender, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird. (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.2015 - 8 C 6/14 - juris Rn. 14). § 25 Abs. 1 Satz 2 PBefG konkretisiert dies dahingehend, dass die erforderliche Zuverlässigkeit des Unternehmers insbesondere nicht mehr gegeben ist, wenn in seinem Verkehrsunternehmen trotz schriftlicher Mahnung die der Verkehrssicherheit dienenden Vorschriften nicht befolgt werden oder den Verpflichtungen zuwidergehandelt wird, die dem Unternehmer nach diesem Gesetz oder nach den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsvorschriften obliegen. Anhaltspunkte für die Unzuverlässigkeit des Genehmigungsinhabers stellen nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a Berufszugangsverordnung für den Straßenpersonenverkehr (PBZugV) insbesondere schwere Verstöße gegen Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes oder der auf diesem Gesetz beruhenden Rechtsverordnungen dar. Die Annahme der Unzuverlässigkeit kann sich auch aus einer Häufung von im Einzelnen weniger schwerwiegenden Verstößen ergeben (BayVGH, B.v. 17.1.2018 - 11 CS 17.2555 - juris Rn. 8; B.v. 20.3.2020 - 11 CS 20.181 - juris Rn. 15).
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Maßgeblich für die Beurteilung durch das Gericht ist dabei die Sach- und Rechtslage, wie sie zu dem Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung bestand (BVerwG, B.v. 25.10.1996 -11 B 53/96 - juris; BayVGH, U.v. 7.5.2018 - 11 B 18.12 - juris Rn. 19), bei einem - wie hier - gesetzlich vorgesehenen Widerspruchsverfahren also der Zeitpunkt der Entscheidung durch die Widerspruchsbehörde.
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Vorliegend sind hinreichende Tatsachen vorhanden, die eine Zuwiderhandlung gegen wesentliche Vorschriften des PBefG begründen. So hat die Beklagte zu Recht mehrere Verstöße gegen § 49 Abs. 4 Satz 3 PBefG angenommen. Danach hat der Mietwagen nach Ausführung des Beförderungsauftrags unverzüglich zum Betriebssitz zurückzukehren, es sei denn er hat vor der Fahrt von seinem Betriebssitz oder der Wohnung oder während der Fahrt fernmündlich einen neuen Beförderungsauftrag erhalten. Einem dem Verkehr mit Taxen vorbehaltenen „Bereithalten am potentiellen Kunden“ ohne vorherigen Beförderungsauftrag soll durch das Rückkehrgebot entgegengewirkt werden. Hierbei handelt es sich um ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal zum Taxiverkehr. Das Rückkehrgebot soll auf wirksame Weise unterbinden, dass Mietwagen nach Beendigung eines Beförderungsauftrags taxiähnlich auf öffentlichen Straßen und Plätzen bereitgestellt werden und dort Beförderungsaufträge annehmen. Die Rückkehrpflicht soll verhindern, dass ein Mietwagen, ohne dass er von einem konkreten Beförderungsauftrag in Anspruch genommen wird, an beliebiger Stelle anhält und damit die Gefahr entsteht, dass er für jeden vorbeikommenden Beförderungsinteressenten oder für die bei der Zentrale eingehenden Aufträge aus dem betreffenden Bezirk zur Verfügung steht (BGH, U.v. 30.4.2015 - I ZR 196/13 - juris Rn. 22). Damit dient das Gebot der Rückkehrpflicht auch dem Schutz der Existenz- und Funktionsfähigkeit des Taxenverkehrs, an dem ein wichtiges Interesse der Allgemeinheit besteht. Bei der Rückkehrpflicht handelt es sich um eine Kardinal- bzw. Hauptpflicht des Mietwagenunternehmers. Wer vorsätzlich oder fahrlässig hiergegen verstößt, handelt ordnungswidrig (§ 61 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. g PBefG). Wird dem Gebot der sog. Rückkehrpflicht zuwidergehandelt, liegt bereits ein Verstoß vor, der bei auftretender Häufung die Zuverlässigkeit des Betreibers im oben beschriebenen Sinn grundsätzlich in Zweifel ziehen und einen Widerruf rechtfertigen kann (VG München, B.v. 20.12.2019 - M 23 S 19.5895 - juris Rn. 28).
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Dies zugrunde gelegt, ist die Beklagte vorliegend rechtsfehlerfrei von der Unzuverlässigkeit des Klägers wegen mehrfacher Verstöße gegen die Rückkehrpflicht ausgegangen. Insoweit wird Bezug genommen auf die Begründungen im Ausgangs- und Widerspruchsbescheid, der das Gericht unter Verzicht auf eine ergänzende Darstellung der Entscheidungsgründe folgt (§ 117 Abs. 5 VwGO), und lediglich ergänzend ausführt:
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Dem vorliegenden Widerrufsverfahren sind bereits zwei vom Landratsamt im Januar und März 2018 ausgesprochene und bestandskräftig gewordene Abmahnungen - ebenfalls u.a. wegen Verstößen gegen die Rückkehrpflicht - vorausgegangen. Substantiierte Einwendungen gegen die von der Beklagten angenommenen und belegten anlassgebenden Verstöße hat der Kläger nicht vorgetragen, vielmehr es bei einem allgemeinen Bestreiten belassen.
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Angesichts der von der Beklagten beispielhaft in einem kurzen Zeitraum von wenigen Monaten aufgeführten Verstöße gegen die Rückkehrpflicht vermag sich der Kläger vorliegend auch nicht dadurch zu exkulpieren, er habe seine Fahrer auf die Rückkehrpflicht hingewiesen und sie erforderlichenfalls abgemahnt oder ihnen gekündigt. Denn es ist ihm offenbar gleichwohl nicht gelungen, Verstöße in seinem Unternehmen zu unterbinden, sodass jedenfalls von einem Organisations- und Überwachungsverschulden des Klägers auszugehen ist. Der Kläger hat es offenbar bis zuletzt zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung nicht vermocht, seinen Betrieb den gesetzlichen Anforderungen entsprechend zu organisieren. Dies zeigt beispielhaft der zuletzt dokumentierte Verstoß vom 2. Oktober 2019, als ein Fahrer des Klägers ohne Fahrtauftrag jenseits des Betriebssitzes zu später Abendstunde vor einer Diskothek festgestellt worden war. Wesentlich belegt der Kläger seine eigene Unzuverlässigkeit bzw. die Einstellung zu den sein Gewerbe betreffenden Vorschriften aber selbst, indem er im laufenden behördlichen Widerrufsverfahren die ihm vorgehaltenen Verstöße gegen die Rückkehrpflicht lapidar als nicht „hinreichend schwerwiegend“ bewertet. Damit gibt der Kläger zum Ausdruck, dass er der gesetzlichen Rückkehrpflicht nicht die für eine Zuverlässigkeit gebotene Bedeutung beimisst. Auch dies lässt das Gericht erheblich daran zweifeln, dass der Kläger bei seinen Angestellten tatsächlich auf die Einhaltung der Rückkehrpflicht genügend hingewirkt hat und hinwirken wird.
28
Die vorliegenden Erkenntnisse über die mehrfachen Verstöße gegen das Rückkehrgebot reichen nach einer Gesamtschau, auch mit zwei bestandskräftigen und einschlägigen Abmahnungen, zur Annahme der Unzuverlässigkeit aus. Schon aufgrund dieser durch das Gesamtverhalten des Klägers offenbarten Unzuverlässigkeit kommt es daher weder auf die weiteren von der Beklagten angeführten Verstöße oder auf einzelne Ordnungswidrigkeiten an, noch darauf, ob die vom Kläger verwendete Applikation unter Verstoß gegen § 49 Abs. 4 Satz 2 PBefG erfolgt, wie dies der Bundesgerichtshof bereits zu der Applikation „Uber Black“ festgestellt hatte (BGH, U.v. 12. Dezember 2018 - I ZR 3/16 - juris Rn. 34).
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Auch erweist sich der Widerruf im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG als verhältnismäßig mit Blick auf die Abwehr von Gefahren für die Rechtsordnung und die Existenz- und Funktionsfähigkeit des Taxengewerbes, an dem ein wichtiges Interesse der Allgemeinheit besteht. Der Umstand, dass der Widerruf zu weitreichenden wirtschaftlichen Konsequenzen für den Kläger und dessen Personal führt, gibt keinen Anlass, hiervon abzusehen. Der Kläger hat trotz zweifacher Abmahnung gegen die Rückkehrpflicht verstoßen. Ergibt sich - wie hier - aus fortlaufenden Verstößen des Genehmigungsinhabers gegen die Rückkehrpflicht dessen Unzuverlässigkeit, dient der Widerruf öffentlichen Interessen und steht grundsätzlich mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip in Einklang. Allenfalls in extremen Ausnahmefällen kann die Entziehung der Genehmigung wegen Unzuverlässigkeit gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen (vgl. BVerwG, B.v. 25.10.1996 - 11 B 53.96 - juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 8.10.2009 - 11 CS 09.680 - juris Rn. 24 f.; B.v. 17.1.2018 - 11 CS 17.2555 - juris Rn. 14; B.v. 20.3.2020 - 11 CS 20.181 - juris Rn. 19). Ein solch atypisch gelagerter Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Er ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass der Widerruf den Kläger wirtschaftlich hart trifft. Dies ist beim Widerruf von Genehmigungen zum Verkehr mit Taxen oder Mietwagen für den Betroffenen regelmäßig der Fall. Indem der Gesetzgeber den Widerruf jedoch nicht in das behördliche Ermessen gestellt hat, hat er die Abwägung insoweit antizipiert und zum Ausdruck gebracht, dass er die öffentlichen Interessen bei Vorliegen der Widerrufsvoraussetzungen grundsätzlich höher bewertet als die wirtschaftlichen Interessen des Genehmigungsinhabers (BayVGH, B.v. 20.3.2020 - 11 CS 20.181 - juris Rn. 19).
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Nachdem die Beklagte den Widerruf der vier Genehmigungen rechtmäßig ausgesprochen hat, dürfte die Beklagte auch die Herausgabe der Genehmigungsurkunden nach § 17 Abs. 5 Satz 1 PBefG fordern.
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Der Bescheid ist auch im Hinblick auf die Ziffer 4 bestimmt genug. Soweit sich die darin getroffene Zwangsgeldandrohung formal auf Ziffer 2 bezieht, ist dies unschädlich, da aus dem Wortlaut der Ziffer 4 und auch der Bescheidsbegründung ausdrücklich hervorgeht, dass eine Zuwiderhandlung gegen Ziffer 3 gemeint ist. Das offensichtliche Schreibversehen ist damit für die Rechtmäßigkeit der Anordnung unschädlich.
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Die Klage war daher unter der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.