Inhalt

VG Würzburg, Urteil v. 17.03.2021 – W 1 K 21.30029
Titel:

Erfolgreiche Klage gegen den Widerruf der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft wegen vorübergehender Rückkehr nach Afghanistan

Normenkette:
AsylG § 3, § 73 Abs. 1
Leitsätze:
1. bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht mehr gegeben sind, gilt der Prognosemaßstab, dass eine Wiederholung der früheren Verfolgungsmaßnahmen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein muss. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Den Erkenntnismitteln zu Afghanistan lässt sich entnehmen, dass dort weiterhin eine erhebliche Bedrohungslage für Personen besteht, die für ausländische Streitkräfte arbeiten, aber auch für solche, die dies in der Vergangenheit getan haben. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Widerruf der Flüchtlingseigenschaft wegen vorübergehender Rückreise nach Afghanistan, sittliche Verpflichtung als Grund für die Rückreise hier nicht glaubhaft, die glaubhaften Umstände des Aufenthalts in Afghanistan sowie die fortbestehende erhebliche Gefährdung für, auch ehemalige, Dolmetscher der US-Streitkräfte führen im hiesigen Einzelfall trotz vorübergehender Rückkehr nicht zu einem Wegfall der Gefährdung, Afghanistan, Flüchtlingseigenschaft, Widerruf, Prognosemaßstab, Zusammenarbeit mit ausländischen Streitkräften, Dolmetscher
Fundstelle:
BeckRS 2021, 6959

Tenor

I. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 14. Dezember 2020 wird aufgehoben.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.  

Tatbestand

1
Der Kläger wurde eigenen Angaben zufolge am … 1991 in der afghanischen Provinz Nangarhar geboren. Er sei afghanischer Staatsangehöriger paschtunischer Volks- und sunnitischer Glaubenszugehörigkeit. Der Kläger habe sein Heimatland im August 2015 verlassen und sei am 7. Oktober 2015 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist, wo er am 19. Oktober 2015 einen Asylantrag gestellt hat.
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Mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) vom 19. Februar 2016 wurde dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt (Ziffer 1). Der Antrag auf Asylanerkennung wurde abgelehnt (Ziffer 2). Aufgrund des ermittelten Sachverhaltes sei davon auszugehen, dass die Furcht des Antragstellers begründet sei. In einem Aktenvermerk der Beklagten vom 16. Februar 2016 wurde festgehalten, dass der Kläger nachgewiesen habe, dass er zwei Jahre als Dolmetscher für die US-Streitkräfte in Afghanistan gearbeitet habe. Er habe glaubhaft vorgetragen, dass er Anfeindungen und Bedrohungen seitens der Bevölkerung wie auch anderer Gruppierungen (Taliban) ausgesetzt gewesen sei, sodass ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen sei.
3
Am 15. Oktober 2019 fiel der Bundespolizeidirektion Flughafen Frankfurt/ Main der Kläger bei der Einreisekontrolle auf. Im Rahmen einer Durchsuchung wurde u.a. ein auf ihn ausgestelltes Ticket über einen Inlandsflug von Kabul nach Herat aufgefunden. Die zuständige Ausländerbehörde teilte am 24. Oktober 2019 mit, dass der Aufenthalt im Iran und Afghanistan der Ausländerbehörde weder bekannt gewesen noch beantragt oder genehmigt worden sei. Am 24. Januar 2020 wurde der Kläger beim Bundesamt persönlich angehört. Er gab u.a. an, dass er die Reise bei der Ausländerbehörde nicht gemeldet habe, da seine Verlobte zweimal mit Suizid gedroht habe. Seine Ehefrau halte sich derzeit in Kabul bei seinen Eltern auf. Er habe sich insgesamt einen Monat und ein paar Tage in Afghanistan aufgehalten. Die Hochzeit in Herat sei keine große Feier gewesen. Er sei ein paar Tage in Kabul gewesen, weil er sich dort nicht auf Dauer habe aufhalten können. Die restliche Zeit sei er in Herat gewesen. Langfristig sei es für ihn gefährlich in Afghanistan zu leben; deswegen habe er seine Hochzeit auch in Herat gefeiert, weil er Angst gehabt habe. Im Rahmen einer Befragung bei der Ausländerbehörde des Landratsamtes Schweinfurt gab der Kläger an, dass er sich lediglich im Iran aufgehalten habe.
4
Aufgrund der Rückreise des Klägers ins Heimatland leitete das Bundesamt am 1. April 2020 ein asylrechtliches Widerrufsverfahren ein und hörte den Kläger mit Schreiben vom 9. Oktober 2020 hierzu an. Der Kläger ließ über seinen Bevollmächtigten mitteilen, dass er sich vor seiner Flucht mit seiner jetzigen Ehefrau verlobt habe. Nachdem es über Jahre zu keiner Eheschließung gekommen sei, habe die Verlobte und deren Familie vermutet, dass der Kläger sein Eheversprechen nicht einhalten werde, was mit einem großen Ehrverlust verbunden sei und die Frau als Ehefrau nicht geeignet erscheinen lasse. Diese habe daher zweimal versucht, Selbstmord zu begehen. Daraufhin sei von der Familie der Ehefrau der Ältestenrat eingeschaltet worden und es sei zu einer Dschirga gekommen, bei der entschieden worden sei, dass der Kläger innerhalb einer bestimmten Frist die Heirat vollziehen müsse, andernfalls müsse eine Schwester des Klägers in „Baad“ (hier als Dienerin) als Wiedergutmachung an die andere Familie gegeben werden. Da der Kläger und dessen Bruder dies unbedingt hätten verhindern wollen, habe der Kläger keinen anderen Ausweg gesehen und sei daher zwecks Heirat nach Afghanistan gereist. Er habe sich dort zunächst zwei Tage in Kabul in einer kleinen Pension anonym aufgehalten. Er sei nicht zu seiner Familie gegangen, sondern nur von den Eltern in der Pension besucht worden. Danach sei er nach Herat gegangen, wo die Hochzeit stattgefunden habe. Normalerweise hätte diese in Nangarhar stattfinden müssen, dort sei die Gefahr allerdings zu hoch gewesen. In Herat habe der Kläger sich stets versteckt gehalten und bei Schulfreunden gewohnt. Die Hochzeit habe im engsten Familienkreis mit nur ca. 120 Personen stattgefunden und nach der Heirat habe der Kläger Afghanistan wieder verlassen. Ein vorübergehender Aufenthalt, bei dem sich der Kläger immer versteckt gehalten habe, stelle eine andere Gefährdung dar als ein dauerhafter Aufenthalt, bei welchem er unvermeidlich in die Öffentlichkeit treten müsse, um seinen Lebensunterhalt sicherzustellen. Die erhebliche Gefährdungslage für ehemalige Dolmetscher lasse sich der Erkenntnismittellage unverändert entnehmen. Eine dauerhafte inländische Fluchtalternative bestehe für diesen Personenkreis nicht.
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Mit Bescheid der Beklagten vom 14. Dezember 2020 wurde die mit Bescheid vom 19. Februar 2016 zuerkannte Flüchtlingseigenschaft widerrufen (Ziffer 1), der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt (Ziffer 2) sowie festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 3). Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass dringende persönliche Gründe für die Rückreise nicht vorgelegen hätten. Der vermeintlich aufgebaute familiäre Druck hätte durch eine Stellvertreterehe ohne weiteres vermieden werden können. Eine sittliche Verpflichtung scheide somit aus. Das Druckszenario sei nachträglich erfunden worden. Voraussetzung für das Eingreifen der Beweiserleichterung nach Art. 4 Abs. 4 Qualifikationsrichtlinie sei, dass ein innerer Zusammenhang zwischen der früher erlittenen bzw. unmittelbar drohenden Verfolgung und der befürchteten künftigen Verfolgung bestehe. Der Kläger sei vorliegend jedoch nicht vorverfolgt ausgereist, da es an einem zeitlichen Zusammenhang mit der erlittenen Verfolgung fehle. Der Kläger sei erst lange Zeit nach Beendigung seiner Dolmetschertätigkeit aus dem Heimatland ausgereist. Auf die Begründung des Bescheides wird im Übrigen Bezug genommen, § 77 Abs. 2 AsylG.
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Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 13. Januar 2021 Klage erheben lassen. Er gab im Wesentlichen an, dass die Familie des Klägers wiederholt versucht habe, eine Stellvertreterehe abzuschließen, was jedoch von Seiten des Brautvaters vehement abgelehnt worden sei. Die Jirga habe dann auch entschieden, dass der Kläger verpflichtet sei, persönlich die Ehe zu schließen und gegenüber dem Brautvater persönlich eine Bestätigung abzugeben, dass er mit dessen Tochter tatsächlich als Ehepaar leben werde. Nach dem Willen der Familie der Ehefrau hätte er diese umgehend nach der Hochzeit mit nach Deutschland nehmen sollen. Wissend um die rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten habe er mit Mühe eine Frist von 3 Jahren ausbedingen können. Der Jirga-Beschluss sei daraufhin ergänzt worden, dass der Kläger sich schriftlich verpflichten müsse, dass die Ehefrau umgehend in den Haushalt der Eltern wechsle und binnen drei Jahren nach Deutschland ziehen werde. Der Kläger ließ sodann nochmals seine Vorverfolgung in der Provinz Nangarhar sowie in Kabul schildern. Der Kläger habe in ständiger Furcht gelebt, dass ihm etwas passieren werde. Der Vater habe ihn schließlich zur Ausreise gedrängt. Wie er erst nach der Ankunft in Deutschland vom Vater erfahren habe, habe dessen Drängen darauf beruht, dass der Vater Drohanrufe betreffend den Kläger von den Taliban erhalten habe. Schließlich wurde auf Erkenntnismittellage verwiesen, wonach es für frühere Dolmetscher, die mit den ausländischen Streitkräften zusammengearbeitet haben, dauerhaft keine Sicherheit in Afghanistan gebe; es komme wiederholt zu gezielten Tötungen dieses Personenkreises. Die Gefahr bleibe auch nach Beendigung des aktiven Dienstes bestehen, sodass der Kläger auch weiterhin landesweit ohne interne Schutzmöglichkeit bedroht sei.
7
Der Kläger ließ zuletzt beantragen,
Der Bescheid des Bundesamtes vom 9. Dezember 2020 wird aufgehoben.
Hilfsweise: Die Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 14. Dezember 2020 verpflichtet, dem Kläger den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen,
hilfsweise festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegt.
Überdies wurde beantragt, dem Kläger Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevollmächtigten zu bewilligen.
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Ein Vertreter der Beklagten hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Durch Beschluss des Gerichts vom 1. Februar 2021 wurde der Rechtsstreit auf den Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
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Zum Gegenstand des Verfahrens wurde die Erkenntnismittelliste zu Afghanistan, Stand: März 2021, gemacht sowie eine ergänzende Erkenntnismittelliste zur Covid-19- Pandemie in Afghanistan mit Stand vom 11. März 2021.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage, über die auch in Abwesenheit eines Vertreters der Beklagten verhandelt und entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist begründet. Der Bescheid des Bundesamtes vom 14. Dezember 2020, mit welchem die mit Bescheid vom 19. Februar 2016 zuerkannte Flüchtlingseigenschaft widerrufen wurde, erweist sich als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, sodass er aufzuheben war (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies beruht darauf, dass der Kläger in seiner Herkunftsregion weiterhin einer Verfolgungsgefahr nach § 3 AsylG ausgesetzt ist und er im entscheidungserheblichen Zeitpunkt auch nicht auf die Möglichkeit des internen Schutzes nach § 3e AsylG zurückgreifen kann.
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Nach § 73 Abs. 1 AsylG ist die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Ausländer nach Wegfall der Umstände, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft geführt haben, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Staates in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Satz 2 gilt nicht, wenn sich der Ausländer auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die Rückkehr in den Staat abzulehnen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt.
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Das Begehren auf Aufhebung einer Widerrufsentscheidung ist begründet, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen für den Widerruf nicht erfüllt sind, wobei die verwaltungsgerichtliche Kontrolle uneingeschränkt die Rechtmäßigkeit des Bescheides prüft (vgl. BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 17.12 -, juris; VGH Baden-Württemberg, U.v. 29.1.2015 - A 9 S 314/12 - juris). Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Die Voraussetzungen für die ursprüngliche Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft liegen nach Art. 11 der RL 2011/95EU (sog. Qualifikationsrichtlinie) nicht mehr vor, wenn die Gefahr der flüchtlingsrelevanten Verfolgung bei einer Rückkehr nachträglich und dauerhaft weggefallen ist (vgl. BVerwG, U.v. 24.2.2011 - 10 C 3.10 - juris). Die Ursache für den Wegfall der Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft kann in der Person des Ausländers oder in den Verhältnissen im (ehemaligen) Verfolgerstaat begründet liegen (vgl. BVerwG, U.v. 24.2.2011, a.a.O. und U.v. 1.3.2012 - 10 C 7.11 - jeweils juris). Bei der Prüfung, ob die Zuerkennungsvoraussetzungen nicht mehr vorliegen sind dieselben Grundsätze über die Verfolgungswahrscheinlichkeit anzuwenden wie bei der Erstentscheidung (vgl. BVerwG, U.v. 1.6.2011 - 10 C 10.10 - juris), weshalb der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit hinsichtlich des Prognosemaßstabes Anwendung findet (vgl. BVerwG, U.v. 1.6.2011 - 10 C 25.10 - juris m.w.N.; U.v. 20.2.2013 - 10 C 23.12 - juris). Die Privilegierung eines vorverfolgten Flüchtlings erfolgt durch die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der RL 2011/95/EU, wenn der Ausländer frühere Verfolgungshandlungen oder Bedrohungen mit Verfolgung als Anhaltspunkt für die Begründetheit seiner Furcht geltend macht, dass sich die Verfolgung im Falle der Rückkehr in das Heimatland wiederholen werde (vgl. BVerwG, U.v. 22.11.2011 - 10 C 29/10 - juris; BeckOK, AuslR, § 73 AsylG Rn. 17 m.w.N.). Die ursprünglichen Zuerkennungsvoraussetzungen sind auch auf eine inländische Fluchtalternative hin zu überprüfen (vgl. Bergmann, Ausländerrecht, 12. Aufl. 2018, § 73 Rn. 9).
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Die seinerzeitige Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft für den Kläger beruhte darauf, dass er gegenüber dem Bundesamt glaubhaft vorgetragen hat, dass er von 2011-2013 für die US-Armee als Dolmetscher gearbeitet hat. Aufgrund dessen habe er direkte und indirekte Drohungen erhalten und sei als Verräter und Ungläubiger beschimpft worden. Als die Drohanrufe, E-Mails und verbale Beschimpfungen nicht aufgehört hätten, sei die Familie umgezogen. Auch am neuen Wohnort Kabul und nach Beendigung der Tätigkeit sei der Kläger weiterhin bedroht und beschimpft worden als Ungläubiger und Verräter (vgl. Bescheid des Bundesamtes vom 19.2.2016). In dem dem Bescheid zugrundeliegenden Vermerk vom 16. Februar 2016 wird ebenfalls ausgeführt, dass der Kläger Anfeindungen und Bedrohungen sowohl seitens der Bevölkerung als auch anderer Gruppierungen (Taliban) ausgesetzt gewesen sei. Als afghanischer Ortskraft der US-Streitkräfte sei er einer Gefährdungssituation ausgesetzt gewesen.
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Das Gericht ist nicht der Überzeugung, dass im nunmehr entscheidungserheblichen Zeitpunkt eine Wiederholung der früheren Verfolgungsmaßnahmen wegen der früheren Dolmetschertätigkeit für die US-Streitkräfte mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist (vgl. zum Prognosemaßstab: Hailbronner, Ausländerrecht Bd. 2, § 73 Rn. 66 ff. m.w.N.). Denn auch angesichts der zeitlich begrenzten Rückreise des Klägers nach Afghanistan sind unter Berücksichtigung der aktuellen Erkenntnismittellage keine stichhaltigen Gründe gemäß Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie) erkennbar, die dagegen sprechen, dass der Kläger erneut von einer solchen Verfolgung, wie er sie im Heimatland bereits erlitten hat, bedroht wäre.
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Zunächst ist festzustellen, dass der Kläger - entgegen der Ausführungen im angegriffenen Bescheid (S. 10) - vorverfolgt aus Afghanistan ausgereist ist und ihm daher die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der RL 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie) zugutekommt (vgl. BVerwG, U.v. 22.11.2011 - 10 C 29/10 - juris Rn. 25). Die Annahme einer Vorverfolgung scheitert vorliegend nicht am Fehlen des erforderlichen kausalen Zusammenhangs zwischen Verfolgung und Ausreise, wobei dem Zeitfaktor eine herausgehobene Bedeutung zukommt. Soweit das Bundesamt darauf abstellt, dass der Kläger seine Dolmetschertätigkeit im Jahr 2013 beendet hat, Afghanistan jedoch erst im August 2015 verlassen hat, so blendet es hierbei völlig aus, dass der Kläger zentral ebenso erklärt hat, dass er nicht nur während, sondern auch nach Beendigung seiner Tätigkeit für die amerikanische Armee weiterhin bedroht worden sei (vgl. die damalige Anhörungsniederschrift S. 4 f.). Dies lässt sich darüber hinaus auch den Ausführungen im Bescheid vom 19. Februar 2016 sowie dem Vermerk vom 16. Februar 2016 entnehmen. Überdies erscheint es schwerlich vorstellbar, dass dem Kläger ohne die Annahme einer Vorverfolgung im Heimatland ansonsten die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden wäre. Die diesbezüglichen Ausführungen im nunmehr streitgegenständlichen Bescheid erscheinen daher konstruiert und nicht nachvollziehbar. Vor diesem Hintergrund ist der erforderliche zeitliche Zusammenhang zwischen einer bevorstehenden Verfolgung und der Ausreise des Klägers nicht in Abrede zu stellen.
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Dies zugrunde gelegt mangelt es vorliegend an einem Wegfall der Umstände, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft geführt haben, § 73 Abs. 1 Satz 2 AsylG, da die Gefahr der flüchtlingsrelevanten Verfolgung für den Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan nicht nachträglich und dauerhaft weggefallen ist (vgl. BVerwG, U.v. 24.2.2011 - 10 C 3.10 - juris). Vielmehr liegen die Voraussetzungen für eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG weiterhin vor.
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Bei der Würdigung ist nach Überzeugung des Gerichts von folgendem Sachverhalt auszugehen:
20
Der Kläger ist angesichts der vorliegenden Unterlagen sowie der insoweit glaubhaften Angaben bei Gericht am 15. August 2019 nach Afghanistan eingereist und angesichts des (Wiedereinreise-)Stempels auf dem Visum für den Iran vom 11. Oktober 2019 an diesem Tag aus Afghanistan ausgereist. Er hat sich mithin acht Wochen lang im Heimatland aufgehalten. Der Zweck der Reise bestand nach glaubhaften Angaben des Klägers in einer Eheschließung, welche aufgrund der vorgelegten Eheurkunde glaubhaft am 28. August 2019 in Afghanistan geschlossen wurde. Im Nachgang hat der Kläger nach Erhalt des (erst) am 9. September 2020 ausgestellten staatlichen Heiratszertifikat bei der deutschen Botschaft in Islamabad einen Antrag auf Familienzusammenführung gestellt, wovon sich das Gericht in der mündlichen Verhandlung durch Einsichtnahme in eine entsprechende Antwort E-Mail der deutschen Botschaft in Islamabad vom 5. Oktober 2020 überzeugen konnte.
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Das Gericht ist jedoch nicht überzeugt davon, dass der Kläger bei dieser Eheschließung in seinem Heimatland einer sittlichen Verpflichtung der Gestalt nachgekommen ist, dass die persönliche Eheschließung vor Ort von der Familie der Verlobten zwingend verlangt und eine Stellvertreterehe strikt abgelehnt worden sei, die Verlobte sich bereits habe umbringen wollen sowie für den Fall der Nichtdurchführung durch eine Jirga beschlossen worden sei, dass eine Schwester des Klägers als Kompensation an die entehrte Familie der Braut übergeben werden müsse, was man unter allen Umständen habe vermeiden wollen. Zwar erscheint eine solche Situation unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Verhältnisse in Afghanistan nicht gänzlich ausgeschlossen, allerdings steht der Glaubhaftigkeit nach Überzeugung des Einzelrichters vorliegend entgegen, dass beim tatsächlichen Bestehen einer derartigen erheblichen Drucksituation Anlass sowie gute Erfolgsaussichten bestanden hätten, damit an die zuständige Ausländerbehörde heranzutreten, um sich die Reise genehmigen zu lassen, was der Kläger nicht getan. Sein diesbezüglicher pauschaler Hinweis auf Vorhalt des Gerichts, dass er damals Angst gehabt habe die Wahrheit zu sagen, überzeugt gerade angesichts der angeblich bestehenden Drucksituation, des nicht unerheblichen Entdeckungsrisikos sowie der daraus zu erwartenden negativen Folgen für den Aufenthaltsstatus nicht. Zudem spricht das „scheibchenweise“ Aussagenverhalten des Klägers gegen die Glaubhaftigkeit der geschilderten Drucksituation, indem er gegenüber der Ausländerbehörde zunächst gänzlich bestritten hat, in Afghanistan gewesen zu sein, während er dann von der erzwungenen Hochzeit berichtet hat und erst nach dem Einwand des Bundesamtes zur Möglichkeit der Stellvertreterehe Ausführungen zur Ablehnung derselben durch die andere Familie gemacht hat, was sich jedoch bereits zuvor aufgedrängt hätte mitzuteilen, insbesondere wenn dies wie vorgetragen zwischen den Familien eingehend thematisiert worden sein soll. Überdies fällt auf, dass ein Widerspruch dahingehend besteht, dass der Kläger bei seiner Bundesamtsanhörung hinsichtlich seiner Verlobten erklärt hat, dass diese wegen der bislang nicht durchgeführten Eheschließung zweimal mit Suizid „gedroht“ habe, während der Klägerbevollmächtigte im Schriftsatz vom 20. November 2020 sodann erklärt hat, dass zwei Selbstmordversuche „stattgefunden“ hätten.
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Glaubhaft wiederum erscheint allerdings, dass angesichts der Verhältnisse in Afghanistan, gerade unter der Volksgruppe der Paschtunen, der gesellschaftliche Druck generell erheblich ist, um bestimmte bedeutsame Ereignisse, wie etwa auch eine Eheschließung, traditionsgemäß im Heimatland durchzuführen.
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Weiterhin als glaubhaft erachtet der erkennende Einzelrichter die Aussagen zu Gestaltung und Umständen des klägerischen Aufenthalts in Afghanistan. So hat der Kläger nachvollziehbar und plausibel vorgetragen, dass er sich nach Ankunft in Kabul zunächst zwei Tage lang in einer Pension aufgehalten hat und seine Eltern dorthin gekommen sind, um ihn wiederzusehen. Sodann ist er auf dem Luftweg nach Herat gereist und hat dort bei einem Klassenkameraden gewohnt. Die Vorbereitungen für die Hochzeit, die - für afghanische Verhältnisse - in einem kleineren Rahmen stattgefunden hat, wurden von dem Freund sowie seinem Vater bewerkstelligt. Nach der Abreise der Eltern und der Ehefrau nach Kabul nach der Hochzeit hat sich der Kläger dann noch einige Zeit bei dem besagten Freund aufgehalten, ohne dass er sich in dieser Zeit in der Öffentlichkeit bewegt hat. Bevor er dann wieder ausgereist ist, ist der Kläger - wie er letztlich glaubhaft versichert hat - erneut nach Kabul geflogen, um sich von seiner Ehefrau und den Eltern zu verabschieden. Hierzu hat er zwei bis drei Tage in Kabul bei einem Freund, der in der Nähe des Flughafens gewohnt hat, aufgehalten. Seine Eltern und die Ehefrau sind zu dem Haus dieses Freundes gekommen und haben sich dort von ihm verabschiedet; in der Stadt ist er während dieser Zeit nicht unterwegs gewesen. Die Ausreise hat dann schließlich via Herat (insoweit existiert das bei den Akten befindliche Inlandsflugticket vom 10.10.2019) nach Mashad stattgefunden.
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Aus der Erkenntnismittellage lässt sich entnehmen, dass auch im entscheidungserheblichen Zeitpunkt weiterhin eine erhebliche Bedrohungslage für Personen besteht, die für ausländische Streitkräfte arbeiten, aber auch solchen, die in der Vergangenheit mit den diesen Streitkräften zusammengearbeitet haben. Der UNHCR weist diesbezüglich darauf hin, dass regierungsfeindliche Kräfte Berichten zufolge afghanische Zivilisten, die für die internationalen Streitkräfte als Dolmetscher oder in anderen zivilen Funktionen arbeiteten, bedroht und angegriffen haben. Aus Berichten geht hervor, dass regierungsfeindliche Kräfte gegen ehemalige Mitarbeiter der internationalen Streitkräfte und der Regierung vorgehen. Laut der zugehörigen Fußnote nehmen Bedrohungen und Tötungen ziviler Dolmetscher seit 2014 zu. Diese werden entsprechend dem Sprecher der Taliban als „nationale Verräter“ angesehen (vgl. UNHCR-Richtlinien vom 30.8.2018, S. 49). Laut EASO werden von den Taliban Personen, die für ausländische militärische Streitkräfte arbeiten, insbesondere Dolmetscher, als herausragende Angriffsziele angesehen; diese sind nach dem Taliban-Kodex für eine Exekution vorgesehen. Für Dolmetscher besteht danach generell die begründete Gefahr von Verfolgung (vgl. EASO, Country Guidance: Afghanistan, Dezember 2020, S. 60 f.; EASO, Gezielte Gewalt bewaffneter Akteure gegen Individuen, Dezember 2017, S. 36 f.). Entsprechend Angaben der Schweizerischen Flüchtlingshilfe gehören zivile Beschäftigte der internationalen Sicherheitskräfte wie etwa Übersetzer zu den Zielgruppen der Taliban (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Gefährdungsprofile vom 30.9.2020, S. 10). Auch einem aktuellen Bericht von Daily Mail vom 29. Januar 2021 lässt sich entnehmen, dass die zuvor beschriebene Gefährdung gerade auch für frühere Dolmetscher für die internationalen Streitkräfte gerade auch aktuell weiter anhält. So wurden bis zu dem genannten Zeitpunkt des Jahres 2021 bereits drei solche Dolmetscher in Afghanistan ermordet, mindestens einer davon in der Hauptstadt Kabul. Ein weiterer Dolmetscher überlebte in Kabul eine Attacke der Taliban und ein weiterer früherer Dolmetscher entdeckte vor seiner Haustür eine Mine (https://www.dailymail.co.uk/news/article-9203227/Hero-Afghaninterpreter-worked-British-forces-slain-Taliban.html). Generell ist in der jüngsten Vergangenheit und aktuell festzustellen, dass ein Anstieg von zivilen Opfern durch gezielte Tötungen durch die Taliban festzustellen ist (https://unama.unmissions.org/sites/default/files/executive_summary_afghanistan_protection_of_civilians_annual_report_2020_eng_0.pdf).
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Dies zugrunde gelegt ist davon auszugehen, dass die Gefahr der flüchtlingsrelevanten Verfolgung für den Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan nicht dauerhaft weggefallen ist. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Rückreise des Klägers nach Afghanistan im Jahre 2019, wobei eine vorübergehende Rückkehr noch kein zwingendes Indiz für den Wegfall der Verfolgungsgefahr darstellt, wenngleich der Aufenthalt im Heimatstaat nach den Umständen des Einzelfalls ein konkreter Anhaltspunkt dafür sein kann, dass die vom Ausländer für die Anerkennung zugrundegelegte Verfolgungsfurcht nicht mehr besteht. Maßgeblich sind jedoch stets die Umstände des Einzelfalls (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht Bd. 4, § 73 AsylG Rn. 51 f.). Das Gericht ist vorliegend der Überzeugung, dass im Rahmen der Würdigung der konkreten Umstände maßgeblich zu berücksichtigen ist, dass der Kläger sich zum einen nur für einen begrenzten, nicht lange währenden Zeitraum von acht Wochen im Heimatland aufgehalten hat und sich zum anderen während dieses Zeitraums nicht in relevanter Weise in der Öffentlichkeit bewegt hat. Vielmehr hat er - wie oben geschildert - glaubhaft dargelegt, dass er sich sowohl während des kurzen Aufenthalts in Kabul wie auch in Herat in einer Pension bzw. bei Freunden im häuslichen Bereich aufgehalten hat und auch die Hochzeitsvorbereitungen nicht durch ihn selbst bewerkstelligt werden mussten. Die Feierlichkeit selbst war ebenfalls von Örtlichkeit und Teilnehmerkreis her auf den bekannten familiären Kreis beschränkt und dauerte naturgemäß nur für einen kurzen Zeitraum an. Zudem hat der Kläger seinen Aufenthalt in Afghanistan auf die Städte Kabul und Herat beschränkt und hat nicht etwa weitere Verwandte in der Herkunftsprovinz Nangarhar besucht. Auch hat er die erforderlichen Reisen zwischen Kabul und Herat nicht auf dem gefährlichen Landweg zurückgelegt, sondern mittels Inlandsflügen. Auch wenn es sich bei der Rückreise nach Afghanistan ersichtlich um ein unvernünftiges Unterfangen gehandelt hat, so war der Kläger doch bei der konkreten Ausgestaltung seines Aufenthalts - wie geschildert - stets auf Zurückhaltung und damit auf seine Sicherheit bedacht und hat sich insbesondere aus der Öffentlichkeit ferngehalten. Vor diesem Hintergrund kann aus der Tatsache, dass er während der Zeit seines Aufenthalts in Afghanistan nicht von den Taliban bedroht bzw. verfolgt wurde, nicht geschlossen werden, dass dies auch im Falle einer dauerhaften Rückkehr der Fall wäre. Denn es drängt sich - zumal angesichts der hier gegebenen Gestaltung des Aufenthalts im Herkunftsland - auf, dass ein erheblicher Unterschied besteht zwischen einer nur vorübergehenden Rückreise, die den Taliban regelmäßig nicht sehr kurzfristig bekannt werden dürfte und während der der Kläger nicht in die Öffentlichkeit zu treten brauchte, und einer dauerhaften Rückkehr, bei der der Kläger zwingend darauf angewiesen wäre, regelmäßig am öffentlichen Leben teilzunehmen, allein um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Angesichts der entsprechend der Erkenntnismittellage bestehenden erheblichen Gefahren auch für ehemalige Dolmetscher der US-Streitkräfte wie den Kläger ist hier nicht davon auszugehen, dass die Gefahr der flüchtlingsrelevanten Verfolgung dauerhaft weggefallen ist. Dies gilt in besonderer Weise auch deshalb, weil der Kläger vorliegend bereits vorverfolgt ausgereift ist, sodass ihm die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 Qualifikationsrichtlinie zugutekommt, und überdies die Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit der Gefährdung umso niedriger anzulegen ist, je größer und schwerwiegender die drohende Rechtsgutsverletzung - hier die konkrete Gefahr der Ermordung - sein würde (vgl. GK AsylG, Funke-Kaiser, § 73 Rn. 28 ff.). Nach alledem besteht weiterhin die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung des Klägers wegen seiner früheren Tätigkeit als Dolmetscher für die US-Streitkräfte. Es kann ihm bei verständiger objektiver Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalls daher nicht zugemutet werden, nach Afghanistan zurückzukehren.
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Darüber hinaus besteht für den Kläger auch keine interne Schutzmöglichkeit in Afghanistan, § 3e AsylG. Herkunftsregion des Klägers ist die Provinz Nangarhar. Von dort aus ist er aufgrund der dort bereits bestehenden Bedrohungssituation seinerzeit mit der Familie nach Kabul umgezogen, von wo er dann unter dem erneuten Druck der Verfolgung ausgereist ist. Allein letzteres zeigt bereits, dass die Gefährdungssituation für den Kläger nicht nur in der Herkunftsregion, sondern landesweit bestanden hat und auch weiterhin fortbesteht. Auch das Bundesamt geht offensichtlich selbst nicht vom Bestehen einer internen Schutzmöglichkeit aus, da eine solche weder im Zuerkennungsbescheid vom 19. Februar 2016 noch im Widerrufsbescheid vom 14. Dezember 2020 in Betracht gezogen wurde. Darüber hinaus ist das Gericht im vorliegenden Fall davon überzeugt, dass auch andernorts in Afghanistan, etwa in den Städten Herat oder Mazar-e Sharif, eine interne Schutzmöglichkeit für den Kläger nicht gegeben ist, da keine stichhaltigen Gründe dafür ersichtlich sind, dass der Kläger dort nicht erneut von der vorgetragenen Verfolgung bedroht wäre, Art. 4 Abs. 4 Qualifikationsrichtlinie. Entsprechend obiger Ausführungen, auf die vollständig verwiesen wird, ist ein solcher stichhaltiger Grund insbesondere nicht in der kurzzeitigen Rückreise des Klägers zu erblicken, während der er im Heimatland keinen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt war. Vielmehr handelt es sich bei dem Kläger als ehemaligem Dolmetscher für die US-Armee angesichts der Auskunftslage weiterhin um ein hochrangiges Angriffsziel für die Taliban und dies auch landesweit. Es erscheint daher nur eine Frage der Zeit, bis der Kläger auch andernorts aufgespürt, erkannt und so zur Zielscheibe der Taliban würde.
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Nachdem auch eine wirksame Schutzmöglichkeit durch den afghanischen Staat gemäß § 3d AsylG nach der Auskunftslage nicht ersichtlich ist, war der Klage nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.