Titel:
Rückabwicklung eines Kfz-Leasingvertrags: Sachmangel bei verschwiegenem Unfallschaden und Beweislast des Verkäufers
Normenkette:
BGB § 346 Abs. 1, Abs. 2 S. 1, § 347, § 348, § 398, § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, § 437 Nr. 2, § 440, § 442 Abs. 1 S. 1
Leitsätze:
1. Ein Gebrauchtfahrzeug, das einen nicht offengelegten und erheblichen Unfallschaden erlitten hat, weist einen Sachmangel gem. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB auf, wenn der Käufer erwarten darf, dass das Fahrzeug unfallfrei ist. (Rn. 45 – 46) (redaktioneller Leitsatz)
2. Hat ein Fahrzeug einen Unfallschaden, so ist der Verkäufer über dessen Aufklärung darlegungs- und beweisbelastet. (Rn. 73) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Leasingnehmer kann im Rahmen einer leasingtypischen Abtretungskonstruktion die kaufrechtlichen Gewährleistungsrechte im eigenen Namen geltend machen, wobei die Rückzahlung des Kaufpreises an den Leasinggeber zu erfolgen hat. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
4. Der Leasingnehmer schuldet im Rahmen der Rückabwicklung nur die Herausgabe des Fahrzeugs, nicht jedoch die Rückübereignung, wenn das Fahrzeug im Eigentum des Leasinggebers steht. (Rn. 96) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Leasingvertrag, Rückabwicklung, Sachmangel, Unfallschaden, Aufklärung, Darlegungs- und Beweislast, leasingtypischen Abtretungskonstruktion, kaufrechtlichen Gewährleistungsrechte, Herausgabe des Fahrzeugs, Rückübereignung
Rechtsmittelinstanzen:
OLG Nürnberg, Endurteil vom 03.07.2023 – 5 U 4582/21
BGH Karlsruhe, Urteil vom 13.11.2024 – VIII ZR 168/23
Fundstelle:
BeckRS 2021, 67903
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die …, zur Vertragsnummer ...43 25.600,89 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2021, abzüglich einer (weiteren) Nutzungsentschädigung ab dem Tachostand 41.446 in Höhe von 0,12 € je weiteren Kilometer, Zug um Zug gegen Herausgabe des Pkw Audi A4 Avant Sport, Fahrzeugidentnummer: …, nebst Fahrzeugschlüssel und Fahrzeugpapieren durch den Kläger an die Beklagte, zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte spätestens seit dem 01.04.2021 mit der Rücknahme des unter Ziffer 1 des Tenors genannten Pkw in Annahmeverzug befindet.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,00 € vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 27.890,00 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt als Leasing-Nehmer aus abgetretenem Recht die Rückabwicklung eines zwischen der Beklagten als Verkäuferin und der Leasing-Geberin, der … (nachfolgend bezeichnet als Leasing-Geberin), als Käuferin abgeschlossenen Kaufvertrages über den unter Ziff. 1. des Tenors genannten Pkw.
2
Mit PrivatLeasing-Bestellung vom 28.03.2020, Vertragsnummer ...43 (Anlage K1) schloss der Kläger als Verbraucher mit der … als Leasing-Geberin einen Leasingvertrag über den streitgegenständlichen Gebrauchtwagen Pkw Audi A4 Avant Sport, Erstzulassung am 07.08.2018, Fahrzeugidentnummer: … der zum Zeitpunkt der Übergabe am 17.04.2020 an den Kläger einen Kilometerstand von 22.797 aufwies. Als Anschaffungspreis war ein Betrag von 27.890,00 € vereinbart. Die durch den Kläger als Leasing-Nehmer gegenüber der Leasing-Geberin zu entrichtenden monatlichen Raten belaufen sich laut Kläger auf 230,00 € (brutto) bzw. laut Beklagter auf 210,00 € (ohne zusätzliche Wartungs- und Inspektionskosten) bei einer Laufzeit von 30 Monaten. Die in der PrivatLeasing-Bestellung vom 28.03.2020 genannte Sonderzahlung in Höhe von 6.300,00 € hat der Kläger unstreitig nicht erbracht.
3
Dem Vertragsverhältnis liegen die PrivatLeasing-Bedingungen N1-40 (Anlage K2) zugrunde.
4
Demgemäß schloss die Beklagte als vermittelnde Händlerin und verkaufender Betrieb mit der Leasinggeberin einen Kaufvertrag über den vorgenannten Pkw ab.
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Gem. Ziff. XIII. 1. der PrivatLeasing-Bedingungen (Anlage K2) steht dem Leasing-Geber nach Maßgabe der gesetzlichen Regelungen aus dem mit dem Lieferanten geschlossenen Kaufvertrag bei Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs das Recht zu, Nacherfüllung zu verlangen, von dem Kaufvertrag zurückzutreten oder den Kaufpreis zu mindern, Schadenersatz oder Ersatz vergeblicher Aufwendungen zu verlangen.
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Ferner ist unter der vorgenannten Ziffer XIII. 1. bestimmt:
„Der Nacherfüllungsanspruch ist wahlweise auf Mangelbeseitigung oder Lieferung einer mangelfreien Sache gerichtet. Inhalt und Umfang von Ansprüchen und Rechten des Leasing-Gebers aus dem Kaufvertrag ergeben sich aus den gesetzlichen und kaufvertraglichen Regelungen. […]. Dies vorausgeschickt tritt hiermit der Leasing-Geber sämtliche Ansprüche und Rechte aus dem Kaufvertrag einschließlich der Garantieansprüche gegen Hersteller/Importeur/Dritte wegen der Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs an den Leasing-Nehmer ab. Der Leasing-Nehmer nimmt die Abtretung an. Er ist berechtigt und verpflichtet, die Ansprüche und Rechte im eigenen Namen mit der Maßgabe geltend zu machen, dass im Falle des Rücktritts und der Kaufpreisminderung etwaige Zahlungen des Lieferanten direkt an den Leasing-Geber zu leisten sind.
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Ziff. XIII. 4. enthält folgende Bestimmung:
„Verlangt der Leasing-Nehmer aufgrund der Mangelhaftigkeit Rückabwicklung, ist er verpflichtet und berechtigt, den Rücktritt vom Kaufvertrag für den Leasing-Geber gegenüber dem Lieferanten zu erklären. Im Falle der Zustimmung des Lieferanten oder seiner rechtskräftigen Verurteilung entfällt die Verpflichtung zur Zahlung von Leasing-Raten.“
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Bei Abschluss des Kaufvertrages bzw. Leasingvertrages verfügte das streitgegenständliche Fahrzeug über einen Front- und Seitenschaden, der ordnungsgemäß behoben worden sind. Streitig ist zwischen den Parteien allerdings, ob der Kläger bei Abschluss der streitgegenständlichen Verträge seitens der Beklagten über die fehlende Unfallfreiheit des. Fahrzeugs aufgeklärt worden ist.
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Mit vorgerichtlichem Schreiben vom 15.10.2020 (Anlage K3) zeigte der spätere Prozessbevollmächtigte des Klägers dessen anwaltliche Vertretung gegenüber der Beklagten an und forderte diese unter Hinweis auf das Vorhandensein eines Front-/Seitenschadens auf, den Mangel bis zum 29.10.2020 zu beseitigen. Ferner bat er um Mitteilung, ob der Mangel aus Sicht der Beklagten behebbar sei. Gleichzeitig wurde im vorgenannten Schrieben vom 15.10.2020 darauf hingewiesen, dass der Kläger Gewährleistungsrechte der Leasing-Geberin aus abgetretenem Recht gemäß. XIII der PrivatLeasing-Bedingungen geltend mache. Darüber hinaus wurde in dem Schreiben ausgeführt, dass es formal einer Frist zur Nacherfüllung nicht bedürfe, da der Mangel nicht behebbar sei (§ 326 Abs. 5 BGB) und auch eine Ersatzlieferung ausgeschlossen sei, da es sich um einen Stückkauf handele.
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Mit Schreiben ihrer späteren Prozessbevollmächtigten vom 28.10.2020 (Anlage K4) lehnte die Be- klagte eine Mängelbeseitigung mit der Begründung ab, dass von ihrer Seite keine Verpflichtung zur Mängelbeseitigung bestehe.
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Eine mit weiterem vorgerichtlichem Schreiben seines späteren Prozessbevollmächtigten vom 23.11.2020 (Anlage K5) gegenüber der Beklagten erfolgte Aufforderung des Klägers, ein baugleiches Fahrzeug mit identischer Ausstattung zu liefern, lehnte die Beklagte schriftlich ab.
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Mit Schreiben seines späteren Prozessbevollmächtigten vom 08.12.2020 (Anlage K 6) erklärte der Kläger schließlich den Rücktritt vom Kaufvertrag für die Leasing-Geberin und forderte die Beklagte auf, sich bis spätestens zum 18.12.2020 mit der Rückabwicklung des Vertrages einverstanden zu erklären.
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Zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung am 27.08.2021 wies der streitgegenständliche Pkw einen Kilometerstand von 41.445 km auf (BI. 58 d. A.).
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Der Kläger behauptet, das streitgegenständliche Fahrzeug sei als Unfallfahrzeug mit einem Front-Z-Seitenschaden mangelhaft; da es nicht den Anforderungen entspreche, die an ein Gebrauchtfahrzeug der Preisklasse von 27.890,00 € zu stellen seien. Da eine Nachbesserung nicht möglich und eine Nachlieferung durch die Beklagte nicht erfolgt seien, sei er wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten.
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Der Kläger lässt sich mit seiner – am 31.03.2021 an die Beklagte zugestellten – Klage erstmals gezogene Nutzungen für (nach seinem Vortrag zum Zeitpunkt der Klageerhebung) gefahrene 9000 km in Höhe von 1.104,78 € sowie für jeden weiteren bis zur Übergabe gefahrenen Kilometer in Höhe von 0,12 €/km – unter Zugrundelegung einer durchschnittlichen Restlaufleistung von 227.203 km bei einer unterstellten Gesamtfahrleistung von 250.000 km – anrechnen (BI. 7 d. A.).
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Ferner ist der Kläger der Ansicht, dass sich die Beklagte, nachdem sie seiner Aufforderung nicht nachgekommen sei, den Kaufpreis bis zum 15.11.2020 zurückzuzahlen, seit dem 16.11.2020 in Verzug befinde.
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Auch befinde sich die Beklagte in Annahmeverzug (Klageantrag zu 2), da sie die vom Kläger an- gebotene Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Pkw nicht angenommen habe. Das Angebot, das Fahrzeug für die Rückabwicklung zur Verfügung zu stellen, habe vorliegend für die Begründung des Annahmeverzug ausgereicht, weil es sich bei der Pflicht des Käufers, die Sache gemäß § 346 Abs. 1 BGB zurückzugewähren, um eine Holschuld handele. Ein tatsächliches Angebot sei daher nicht erforderlich gewesen.
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Zudem macht die Klägerin einen Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von insgesamt 1.324,60 € geltend. Die Gebühren seien gegenüber der Rechtsschutzversicherung des Klägers mit Vergütungsrechnung vom 13.11.2020 abgerechnet und dem Kläger zugestellt worden. Die Schreiben des späteren Prozessbevollmächtigten vom „16.11.2020“ und „19.12.2020“ seien verzugsbegründend gewesen (BI. 39 d. A; Anmerkung des Gerichts: Hiermit dürften wohl gemeint sein die Schreiben vom 23.11.2020 (Anlage K5) mit Fristsetzung bis zum 30.11.2020 bzw. vom 08.12.2020 mit Erklärung des Rücktritts vom Kaufvertrag mit Aufforderung zur Erklärung des Einverständnisses mit der Rückabwicklung des Kaufvertrages bis 18.12.2020).
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die …, zur Vertragsnummer ...43 27.890,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 16.11.2020, hilfsweise seit Rechtshängigkeit, abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 1.104,78 € bei einem Tacho-Stand von 9000 km und 0,12 € je weiteren Kilometer über dem Tachostand von 9.000 km hinaus, Zug um Zug gegen Herausgabe des Pkw Audi A4 Avant Sport, Fahrzeugidentnummer: … nebst Fahrzeugschlüssel und Fahrzeugpapieren durch den Kläger an die Beklagte(,) zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte spätestens seit dem 19.12.2020 mit der Rücknahme des im Klageantrag zu Ziffer 1) bezeichneten Pkw in Annahmeverzug befindet.
3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von der Forderung seiner Prozessbevollmächtigten in Höhe von 1.324,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank aus der Vergütungsrechnung vom 13.11.2020 seit dem 28.11.2020, hilfsweise seit Rechtshängigkeit, freizustellen.
Ferner beantragt der Kläger, dass im Falle seines Unterliegens hinsichtlich des Klageantrags zu Ziffer 1) dieser Antrag hilfsweise mit der Maßgabe gestellt wird, dass die dort genannte Zahlung Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des darin genannten Pkw nebst Fahrzeugschlüssel und Fahrzeugpapieren an die Beklagte zu erfolgen habe (BI. 68d. A.).
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Die Beklagte beantragt,
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Sie bestreitet das Vorliegen eines Sachmangels im Sinne des § 434 BGB im maßgeblichen Zeitpunkt des (hypothetischen) Übergangs der Vergütungsgefahr. Sie habe das Fahrzeug ihrerseits von der … als Unfallfahrzeug erworben, welches zuvor als Mietwagen bei der … eingesetzt worden sei und hierbei Unfallschäden erlitten habe, die fachgerecht instandgesetzt worden seien. Der zuständige Verkaufsberater der Beklagten, der Zeuge habe den Kläger vor Abschluss des Leasingvertrages hierüber anlässlich eines Telefonats aufgeklärt. Für den Kläger sei dies angesichts des „unschlagbaren“ Angebots von Euro 210,00 € monatlich für einen Audi A4 in keiner Weise relevant gewesen. Vielmehr habe er das Fahrzeug unbedingt gewollt und habe sich – während der Abwesenheit des zuständigen Verkaufsberaters – sogar mit dem Verkaufsleiter der Beklagten, dem Zeugen …, per WhatsApp in Verbindung gesetzt, weil er das Fahrzeug unbedingt haben wollte. Der Verkaufsleiter habe ihm deshalb die Vertragsunterlagen bereits vor Rückkehr des zuständigen Verkaufsberaters zuschicken sollen.
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Die Beklagte ist daher der Ansicht, dass ein Rücktrittsgrund aufgrund vor Abschluss des Leasingvertrages erfolgter Aufklärung des Klägers über die Unfallschäden daher nicht vorliege.
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Die Beklagte bestreitet ferner, dass es sich um erhebliche Unfallschäden gehandelt habe, die den Kläger zum Rücktritt vom Vertrag berechtigen würden.
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Im Falle einer Zug-um-Zug-Verurteilung der Beklagten schulde der Kläger nicht nur die Herausgabe, sondern auch die Rückübereignung des Fahrzeugs an die Beklagte.
25
Die Beklagte bestreitet ferner die vom Kläger im Rahmen der von ihm bezifferten Gebrauchsvorteile zugrunde gelegte Gesamtlaufleistung von 250.000 km. Es sei vielmehr von einer solchen von maximal 200.000 km auszugehen.
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Die Beklagte befinde sich auch weder seit 16.11.2020 mit der Rückzahlung des Kaufpreises in Verzug, noch seit 19.12.2020 in Annahmeverzug. Der Kläger habe im anwaltlichen Schreiben vom 08.12.2020 (Anlage K6) keinen Wertersatz in Abzug gebracht und keinen Kilometerstand mitgeteilt, sodass es der Beklagten daher nicht möglich gewesen sei, die klägerische Forderung richtig einzuordnen und zu beurteilen, ob die zu viel Forderung erheblich im Sinne der Rechtsprechung gewesen sei (BGH 12.07.2006 -X ZR 157/05).
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Das Gericht hat am 27.08.2021 mündlich zur Sache verhandelt. Im Rahmen dieses Termins hat es den Kläger informatorisch angehört und aufgrund Verfügung vom 08.06.2021 (Blatt 40 der Akte) die Zeugen … und … als Zeugen vernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 27.08.2021 (Blatt 57 ff der Akte) Bezug genommen.
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Im Übrigen wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze der Parteivertreter und die hierzu vorgelegten Anlagen verwiesen.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig und weitgehend begründet.
31
Der Kläger hat Anspruch auf Rückabwicklung des streitgegenständlichen Kaufvertrages aus abgetretenem Recht, auf Feststellung des Annahmeverzugs sowie auf Zinsen im oben tenorierten Umfang. Ein weitergehender Anspruch, insbesondere der geltend gemachte Anspruch auf Freistellung von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, besteht hingegen nicht. Insoweit war die Klage daher abzuweisen.
I. Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages
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Der Kläger hat gemäß §§ 346, 348, 440, 437 Nr. 2, 323, 433 BGB gegen die Beklagte Anspruch auf Rückzahlung von 25.600,89 € an die Leasing-Geberin Zug um Zug gegen Herausgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs in dem unter Ziffer 1 des Tenors bestimmten Umfang.
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1. Es liegt ein wirksamer Leasingvertrages bzw. ein zwischen Beklagter und Leasing-Geberin geschlossener Kaufvertrag über den streitgegenständlichen Pkw vor. Der Kläger ist aufgrund des Leasingvertrages vorliegend zur Geltendmachung von Mängeln gegenüber der Beklagten mit der Maßgabe berechtigt, dass die Rückzahlung des Kaufpreises an die Leasing-Geberin zu leisten ist.
34
Denn unstreitig haben der Kläger als Verbraucher mit der … als Leasing-Geberin am 28.03.2020 den streitgegenständlichen Leasingvertrag über den im Streit stehenden Pkw Audi A4 Avant Sport abgeschlossen. Ferner hat – ebenfalls unbestritten – die Beklagte den zugrunde liegenden Kaufvertrag über den streitgegenständlichen gebrauchten Pkw (Erstzulassung 07.08.2018) mit einem Kilometerstand bei Übergabe an den Kläger von 22.797 km zu einem Kaufpreis von 27.890,00 € veräußert.
35
Auch ist unbestritten, dass die Leasing-Geberin unter Ziffer XIII. 1. sämtliche Ansprüche und Rechte aus dem Kaufvertrag einschließlich der Garantieansprüche gegen Hersteller/Importeur/Dritte wegen der Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs an den Kläger als Leasing-Nehmer abgetreten und Letzterer die Abtretung angenommen hat. Der Kläger ist hiernach berechtigt und verpflichtet, die Ansprüche und Rechte im eigenen Namen mit der Maßgabe geltend zu machen, dass im Falle des Rücktritts etwaige Zahlungen des Lieferanten direkt an die Leasing-Geberin zu leisten sind.
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2. Das streitgegenständliche Fahrzeug ist mangelhaft, da es zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs (Übergabe an den Kläger am 17.04.2020) nicht unfallfrei war.
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Unstreitig war das Fahrzeug sowohl bei Abschluss des Leasingvertrages als auch bei Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger nicht unfallfrei, da es einen – wenngleich in der Folge unbestritten ordnungsgemäß reparierten – Front- und Seitenschaden erlitten hatte.
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a) Zunächst ist festzuhalten, dass die Parteien mit Blick auf Unfallschäden des Fahrzeugs im Rahmen des Leasingsverhältnisses bzw. des zugrunde liegenden Kaufvertrages jedenfalls nach den vorgelegten schriftlichen Unterlagen keine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB getroffen haben (zu den von der Beklagten erhobenen Einwand der erfolgten Aufklärung des Betroffenen über die Unfallschäden vergleiche die weiter unten folgenden Ausführungen unter Ziffer Buchstabe 2. c)).
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Denn insbesondere die dem Kaufvertrag zugrundeliegende PrivatLeasing-Bestellung vom 28.03.2020 (Anlage K1) enthält keine Eintragung dazu, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Pkw einen Unfallwagen handelt.
40
Auch hat der Zeuge … (Automobilverkäufer bei der Beklagten und Verkaufsberater des Klägers) ausgeführt, dass auch in der dem streitgegenständlichen Vertragsschluss zugrunde liegenden Annonce ein Unfallschaden des Fahrzeugs nicht erwähnt wurde, da es hierfür systemseitig keine Möglichkeit zur entsprechenden Eintragung gegeben habe (Blatt 63 der Akte). Insoweit hat der Zeuge … ferner erklärt, dass in den Leasingvertrag Hinweise auf Schäden des Fahrzeugs nicht aufgenommen werden konnten, da diese nicht in die Maske des Leasingvertrages eingetragen könnten; auch werde eine Aufklärung über Schäden an den Fahrzeugen nicht systemisch erfasst.
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Des Weiteren lässt auch der vom Zeugen … im Termin vom 27.08.2021 (Blatt 66 der Akte) dem Gericht übergebene und zur Akte genommene Ausdruck des im Zeitraum vom 29.03.2020 bis 03.04.2020 zwischen dem Zeugen und dem Kläger geführten WhatsApp-Chat-Verlaufs (nach Blatt 69 ff der Akte) mangels Erwähnung von Unfallschäden im Chat-Verlauf keinen Rückschluss darauf zu, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses Kenntnis von der fehlenden Unfallfreiheit des streitgegenständlichen Fahrzeugs gehabt hat.
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b) Vorliegend fehlt es jedoch an der für einen Gebrauchtwagen üblichen Beschaffenheit im Sinne des §434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB.
43
Nach dieser Vorschrift ist die Kaufsache frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.
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Letztere Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, da der streitgegenständliche Pkw wegen fehlender Unfallfreiheit nicht eine Beschaffenheit aufweist, die bei einem Gebrauchtwagen üblich ist und die der Käufer erwarten kann.
45
aa) Bei einem Gebrauchtwagen ist, sofern keine besonderen Umstände gegeben sind, jedenfalls der normale alters- und gebrauchsbedingte Verschleiß üblich und hinzunehmen. Welche Beschaffenheit üblich ist, hängt im Übrigen von den Umständen des Einzelfalls ab, wie beispielsweise dem Alter und der Laufleistung des Fahrzeugs, der Anzahl der Vorbesitzer und der Art der Vorbenutzung; für das, was der Käufer erwarten darf, kann ferner der Kaufpreis oder der dem Käufer erkennbare Pflegezustand des Fahrzeugs von Bedeutung sein. Bei Beschädigungen des Fahrzeugs kann es für die Unterscheidung, ob es sich um einen möglicherweise nicht unüblichen und daher hinzunehmenden „Bagatellschaden“ oder um einen außergewöhnlichen, nicht zu erwartenden Fahrzeugmangel handelt, auf die Art des Schadens und die Höhe der Reparaturkosten ankommen (vgl. BGH NJW 2008, 53, 54 [mit weiteren Nachweisen]).
46
Zur Abgrenzung zwischen einem „Bagatellschaden“ und einem Sachmangel i.S. des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB kann auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Offenbarungspflicht von Schäden und Unfällen beim Gebrauchtwagenkauf zurückgegriffen werden kann. Danach muss der Verkäufer eines Gebrauchtwagens einen Schaden oder Unfall, der ihm bekannt ist oder mit dessen Vorhandensein er rechnet, grundsätzlich auch ungefragt dem Käufer mitteilen, wenn er sich nicht dem Vorwurf arglistigen Verschweigens aussetzen will, es sei denn, der Schaden oder Unfall war so geringfügig, dass er bei vernünftiger Betrachtungsweise den Kaufentschluss nicht beeinflussen kann. Die Grenze für nicht mitteilungspflichtige „Bagatellschäden” ist bei Personenkraftwagen sehr eng zu ziehen. Als „Bagatellschäden” hat der Bundesgerichtshof bei Personenkraftwagen nur ganz geringfügige, äußere (Lack-)Schäden anerkannt, nicht dagegen andere (Blech-)Schäden, auch wenn sie keine weitergehenden Folgen hatten und der Reparaturaufwand nur gering (in einem Falle aus dem Jahre 1961 332,55 DM) war. Ob das Fahrzeug nach dem Unfall fachgerecht repariert worden ist, ist nicht von Bedeutung. Alleine die Tatsache, dass das Fahrzeug bei einem Unfall einen erheblichen Schaden erlitten hat, stellt einen Sachmangel i.S. des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB dar. Auch beim Kauf eines gebrauchten Kraftfahrzeugs kann der Käufer, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, erwarten, dass das Fahrzeug keinen Unfall erlitten hat, bei dem es zu mehr als „Bagatellschäden” gekommen ist (vgl. zum Ganzen BGH NJW 2008, 53, 54 [mit weiteren Nachweisen]).
47
bb) Gemessen hieran ist nach Überzeugung des Gerichts davon auszugehen, dass es sich bei dem erlittenen Unfallschaden des streitgegenständlichen Pkw nicht lediglich um einen Bagatellschaden im Sinne eines nur ganz geringfügigen äußeren (Lack-) Schadens, sondern um einen erheblichen Blechschaden gehandelt hat, dessen Behebung eines erheblichen Reparaturaufwands bedurfte.
48
Insoweit hat der im Termin vom 27.08.2021 vernommene Zeuge …, der nach eigenen Angaben die Konditionen und die Merkmale des Fahrzeugs mit dem Kläger besprochen habe, zur Herkunft des Fahrzeugs angegeben, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Pkw um ein ehemaliges Mietfahrzeug gehandelt habe, das zuvor Werksdienstwagen gewesen sei. Die Werkdienstwagen würden von dem Hersteller an die Firma … verkauft und zu bestimmten Konditionen wieder zurückgekauft werden (sogenanntes Buy-Back-Programm). Die Beklagte habe diese Fahrzeuge wiederum vom Hersteller gekauft. Das streitgegenständliche Fahrzeug sei von der ausgeliefert worden. Seitens der Beklagten hätten sie einen Schaden festgestellt und diesen repariert, da er nicht fachgerecht repariert worden sei. Ein Gutachten der … über die Unfallschäden habe dem Zeugen zwar nicht vorgelegen, allerdings eine Rechnung vom 23.08.2019, in der der Schaden angegeben gewesen sei. Eine konkretere Schadensbeschreibung als „rechts Seite“ und „Frontschaden“ habe er nicht. Die Bewertung der Schadensbeseitigungskosten habe sich auf 6.500 € belaufen (Blatt 64 der Akte). Nach dem Verkauf des Fahrzeugs am 28.03.2020 sei die Reparatur durch die Beklagte erfolgt, wofür Kosten in Höhe von ca. 2.000 € angefallen sein (Blatt 63 der Akte).
49
Ein nach erfolgter Reparatur durch die Beklagte erholtes TÜV-Gutachten vom 14.04.2020 habe dann keine Mängel aufgelistet (Blatt 62 der Akte).
50
Nach alledem ist das Gericht aufgrund der insoweit glaubhaften Aussagen des Zeugen … der Überzeugung, dass angesichts der vom Zeugen genannten Bewertung der Schadensbeseitigungskosten in Höhe 6.500 € und dem Erfordernis einer – wegen nicht fachgerecht erfolgter Ausgangsreparatur notwendig gewordenen – fachgerechten Nachreparatur auf Veranlassung der Beklagten in Höhe von 2.000 € – auch vor dem Hintergrund des genannten Schadensbildes „Front- und Seitenschaden“ – jedenfalls nicht mehr von einem lediglich geringfügigen äußeren Lackschaden ausgegangen werden kann.
51
Damit entspricht das streitgegenständliche Fahrzeug nicht der für einen Gebrauchtwagen üblichen Beschaffenheit. Insbesondere musste der Kläger aufgrund des relativ kurzen Zeitraums von etwas mehr als 1 1/2 Jahren zwischen Erstzulassung (07.08.2018) und Abschluss des streitgegenständlichen Leasingvertrages (28.03.2020) und einer bisherigen Kilometerleistung von 22.797 km auch nicht damit rechnen, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Pkw um ein Unfallfahrzeug handelt. Auch der Umstand, dass in der PrivatLeasing-Bestellung vom 28.03.2020 (Anlage K1) unter der Rubrik „Vereinbarungen“ erwähnt worden ist, dass es sich hierbei um einen Mietwagen gehandelt hat, ändert hieran nichts. Allein aufgrund der früheren Mietwageneigenschaft eines Fahrzeugs muss ein Leasingnehmer bzw. Käufer nicht davon ausgehen, dass es sich bei dem zu erwerbenden Fahrzeug um einen Unfallwagen handelt.
52
c) An der Bejahung eines Mangels aufgrund der Unfalleigenschaft des streitgegenständlichen Fahrzeugs ändert auch nichts das Vorbringen der Beklagten, den Kläger über das Vorliegen eines Unfallschadens aufgeklärt zu haben. Denn die für die behauptete Aufklärung des Klägers beweispflichtige Beklagte ist für dieses Vorbringen beweisfällig geblieben.
53
aa) Ob der Kläger seitens der Mitarbeiter der Beklagten vor Vertragsabschluss über die fehlende Unfallfreiheit des streitgegenständlichen Pkw aufgeklärt worden ist, ist zwischen den Parteien streitig.
54
(1) Hierzu hat die Beklagte zunächst eingeräumt, dass der geleaste Pkw bei Abschluss des Kaufvertrages über einen ordnungsgemäß behobene Front-/Seitenschaden verfügte. Sie habe das Fahrzeug ihrerseits von der … als Unfallfahrzeug erworben, welches zuvor als Mietwagen bei der … eingesetzt worden sei und hierbei Unfallschäden erlitten habe, die fachgerecht instandgesetzt worden seien (Blatt 18 der Akte).
55
Der zuständige Verkaufsberater der Beklagten, der Zeuge …, habe den Kläger vor Abschluss des Leasingvertrages hierüber anlässlich eines Telefonats aufgeklärt. Für den Kläger sei dies angesichts des „unschlagbaren“ Angebots von 210,00 € monatlich für einen Audi A4 in keiner Weise relevant gewesen. Vielmehr habe er das Fahrzeug unbedingt gewollt und habe sich – während der Abwesenheit des zuständigen Verkaufsberaters – sogar mit dem Verkaufsleiter der Beklagten, dem Zeugen …, per WhatsApp in Verbindung gesetzt, weil er das Fahrzeug unbedingt haben wollte. Der Verkaufsleiter sollte ihm deshalb die Vertragsunterlagen bereits vor Rückkehr des zuständigen Verkaufsberaters zuschicken. Somit sei eine Aufklärung des Klägers vor Abschluss des Leasingvertrages über die Unfallschäden erfolgt, der Kläger könne insoweit keine Rechte herleiten.
56
(2) Diesem Vorbringen ist der Kläger entgegengetreten (Blatt 38 der Akte). Zutreffend sei, dass der Zeuge ihn angerufen und informiert habe, dass sich der Zeuge … im Urlaub befinde. Ferner habe der Zeuge … den Kläger per WhatsApp aufgefordert, eine Ausweiskopie zu übersenden. Im Ergebnis sei aber keine Aufklärung des Klägers vor Abschluss des Leasingvertrages über Unfallschäden erfolgt.
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bb) Auch nach dem Ergebnis der hierzu durchgeführten Beweisaufnahme konnte sich das Gericht nicht zu der Überzeugung durchringen, dass der Kläger – wie seitens der Beklagten behauptet – tatsächlich vor Abschluss des Leasingvertrages von Mitarbeitern der Beklagten über den Unfallschaden streitgegenständliche Fahrzeuges aufgeklärt worden ist.
58
(1) Zum Beratungsgespräch befragt, hat der Zeuge … im Rahmen seiner Zeugeneinvernahme unter anderem angegeben, dass er klar gesagt habe, dass es sich um einen Miet-Kfz mit Vorschäden handele. Der Kläger habe das Fahrzeug unbedingt haben wollen. Er habe sich auch mit Herrn ... in Verbindung gesetzt per WhatsApp, als er (der Zeuge …) im Urlaub gewesen sei. Dem Kläger sei auch klar gewesen, dass es sich um ein Leasing-Fahrzeug gehandelt habe, das vermietet gewesen sei. Es gehe nicht um einen Eigentumserwerb (Blatt 63 der Akte).
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Auf Nachfrage des Gerichts hat der Zeuge … sodann ausgeführt, dass er sich nicht mehr konkret daran erinnern könne, was der Kläger auf seine Mitteilung, dass das Fahrzeug einen Unfallschaden hatte, der repariert wurde, gesagt habe. Er könne sich an den konkreten Wortlaut nicht erinnern (Blatt 63 der Akte). Der Kläger habe jedoch nicht gezögert. Der streitgegenständliche Wagen habe einen Neupreis von 60.000 € gehabt, sei ein halbes Jahr alt und die Leasing-Raten hätten bei 200,00 € ohne Anzahlung gelegen. „Auf Deutsch“, das sei unschlagbar günstig. Von 10 bis 20 Fahrzeugen sei das streitgegenständliche Fahrzeug unter diesen Konditionen und in dieser Kategorie am günstigsten gewesen (Blatt 63 der Akte).
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Der Zeuge gab ferner an, nicht mehr zu wissen, ob er dem Kläger vor dem 28.03.2020 gesagt habe, dass eine Nacharbeit erforderlich sei. Im Verkaufsprozess sei dem Kläger jedoch mitgeteilt worden, sei, dass eine Nacharbeit erforderlich sei. Der Zeuge gehe davon aus, dass er dem Kläger das mitgeteilt habe (Blatt 64 der Akte).
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(2) Demgegenüber hat der Kläger im Rahmen seiner informatorischen Anhörung im Beweisaufnahmetermin am 27.08.2021 angegeben, dass er vom Zeugen … nicht über Unfallschäden aufgeklärt worden sei.
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Es habe zwar ein Telefonat gegeben, worin er angefragt habe, ob das Fahrzeug mit Anhängerkupplung ausgestattet werden könnte. Der Zeuge … habe dann daraufhin die Rate neu berechnet. Dies hätte sich dann aber für den Kläger im Hinblick auf die Laufzeit des Vertrages nicht gerechnet, sodass er davon Abstand genommen habe, die Anhängerkupplung einbauen zu lassen. Mit dem Zeugen … sei über Unfallschäden aber nicht gesprochen worden. Dieser habe ihn nicht darauf hingewiesen, dass am Fahrzeug ein Unfall vorgelegen habe.
63
Auf die Frage des Gerichts, ob der Kläger geäußert habe, dass er das streitgegenständliche Frage unbedingt haben wolle, hat der Kläger angegeben, sich zu dem Angebot der Leasingraten gegenüber den Zeugen … und nicht geäußert zu haben, da es sich ja um ein normales Angebot gehandelt habe. Zwar habe er ein Fahrzeug gebraucht, er habe aber ja in … und auch von der Firma … mehrere Angebote gehabt, es sei für ihn ein normales Angebot gewesen. Die anderen Fahrzeuge, die angeboten worden seien, hätten nach seiner Recherche ungefähr die gleiche Ausstattung gehabt. Er habe auch nicht gegenüber dem Zeuge … geäußert, dass er das Fahrzeug unbedingt haben wolle. Er wisse nicht, woher diese Bemerkung überhaupt komme.
64
Zur Frage, wie der Kläger Kenntnis vom Vorhandensein des Unfallschadens erlangt habe, führte der Kläger aus, dass beim Fahrzeug der Fensterheber und der Lautsprecher nicht gegangen sei und er im Rahmen einer Inspektion des Fahrzeugs durch Mitarbeiter der Firma (Werkstatt) darauf hingewiesen worden sei, dass dies vermutlich infolge einer Unfallreparatur nicht ordentlich angeschlossen worden sei. Um was für konkrete Unfallschäden es sich gehandelt habe, sei dem Kläger von dem Mitarbeiter der Werkstatt nicht gesagt worden. Er wisse nicht, ob dies untersucht oder festgestellt worden sei. Jedenfalls habe sich dann die Frage gestellt, wer die Kosten für die Reparatur der Fensterheber und der Lautsprecher bezahlen soll, ob das dann der Verkäufer machen müsste. Deshalb habe sich der Werkstattmeister aus … mit … der Firma … in Verbindung gesetzt, um das abzuklären. Von dort sei jedoch eine Zahlung der Kosten abgelehnt worden.
65
Der Klägervertreter hat hierzu ausgeführt, dass der Kläger vom Unfallschaden dadurch Kenntnis erlangt habe, dass der Zeuge mit E-Mail vom 07.09.2020 mitgeteilt habe, dass das Fahrzeug einen reparierten Front-/Seiten Schaden habe.
66
(3) Auch die Angaben des ebenfalls vernommenen Zeugen … (Verkaufsleiter bei der Beklagten) konnten das Gericht nicht zu der Überzeugung gelangen lassen, dass eine Aufklärung des Klägers über Unfallschäden vor dem Vertragsabschluss erfolgt ist, da der Zeuge keine Angaben dazu machen konnte, ob eine Aufklärung des Klägers erfolgt ist.
67
Der Zeuge … gab unter anderem an, dass der Zeuge …am Samstag, den 28.03.2020, seinen freien Tag gehabt habe, er (der Zeuge …) übernehme die Urlaubsvertretung für die Verkäufer (Blatt 66 der Akte). Das Angebot und die Details zu dem Leasingvertrag seien nur zwischen dem Kläger und Herrn … besprochen worden. Der Zeuge … habe den Zeugen … auch nicht gefragt, ob dieser den Kläger über die Unfallschäden am Fahrzeug aufgeklärt habe. Der Zeuge … selbst habe zwar gewusst, dass ein nicht fachgerecht reparierter Vorschaden vorgelegen habe, denn er kaufe die Fahrzeuge ein. Von den Fahrzeugen liege der Beklagten ein TÜV-Gutachten vor. Bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug habe sich ein nicht fachgerecht reparierter Vorschaden herausgestellt, nach dessen Reparatur ein erneutes TÜV-Gutachten erstellt worden sei. Das zweite TÜV-Gutachten sei zur Absicherung des Autohauses erfolgt. Zwar gab der Zeuge ferner an, dass die Schäden im System der Beklagten erfasst seien, damit der jeweilige Verkäufer gleich auf diesbezügliche Fragen seitens der Kunden antworten könne. Er (der Zeuge …) könne es sich auch nicht vorstellen, dass in diesem Fall nicht darauf hingewiesen worden sei. Eine Aufklärung über Schäden an den Fahrzeugen werde allerdings nicht systemisch erfasst.
68
Details über die getroffene Vereinbarung wisse der Zeuge … nicht. Es sei vorliegend nur noch um die Vertragsabwicklung gegangen. Die Korrespondenz per WhatsApp-Nachrichten sei erfolgt, weil der Kläger dem Zeugen die Vertragsunterlagen nicht habe faxen können. Der Zeuge habe dem Kläger irgendwann per Telefonat oder E-Mail den Unfallschaden bestätigt. Er habe nicht gewusst, ob der Kläger den Schaden gekannt habe. Das sei alles über Herrn … gelaufen.
69
(4) Sowohl die Angaben der Zeugen … als auch die des Klägers zum Beratungsgespräch erscheinen dem Gericht jeweils für sich gesehen grundsätzlich glaubhaft.
70
Insbesondere hat der Kläger seine Angaben, die nachvollziehbar und in sich schlüssig waren, ruhig und sachlich gemacht.
71
Dies trifft auch für die Angaben des Zeugen … und weitgehend auch für den … zu. Allerdings war bei dem Zeugen auffällig und damit durchaus geeignet, Zweifel an der vom Zeugen … geschilderten Aufklärung des Klägers über Unfallschäden des Pkw zu nähren, dass er mehrfach und nachdrücklich betont hat, dass das Vorliegen eines Unfallschadens bei einem Leasingfahrzeug keine Rolle spiele, da Leasing Miete auf Zeit bzw. ein Mietvertrag sei (Blatt 65 der Akte). Seitens der Beklagten würde offen und transparent gearbeitet, deswegen hätten sie darüber informiert. Sie seien dazu jedoch nicht verpflichtet. Dies würde man tun, die Aufklärung erfolge, um dem aus dem Weg zu gehen, weswegen „wir hier sitzen“. Auch fällt auf, dass der Zeuge … obwohl er konkrete Erinnerungen an den streitgegenständlichen Pkw und die Notwendigkeit der Nachreparatur wegen nicht fachgerecht erfolgter Ausgangsreparatur hatte, über die er sich wegen der damit verbundenen Schmälerung der ihm zustehenden Provision geärgert habe (Blatt 63 der Akte), zum Inhalt des Beratungsgesprächs mit dem Kläger hingegen eher nur recht vage Angaben machen konnte, er insbesondere keine konkreten Angaben dazu machen konnte, was der Kläger auf seine Mitteilung über das Vorhandensein eines Unfallschadens geäußert hat. Konkretere Erinnerungen des Zeugen wären hier jedoch zu erwarten gewesen, da es sich bei der Frage der Reaktion des potentiellen Kunden – auch aus Sicht eines Verkaufsberaters – um einen wesentlichen Punkt der Verkaufsberatung und des Vertragsabschlusses handelt.
72
Jedenfalls steht es nach alledem nach Ansicht des Gerichts zur Frage, ob eine Aufklärung des Klägers über das Vorhandensein von Unfallschäden erfolgt ist oder nicht, im Hinblick auf Angaben des Zeugen … einerseits und des Klägers andererseits letztlich „Aussage gegen Aussage“, sodass keiner der beiden Aussagen ein erhöhter Beweiswert zugemessen werden konnte, aufgrund dessen sich das Gericht der einen oder der anderen Aussage die Überzeugung bilden konnte, dass die eine oder die andere Aussage zutrifft.
73
Im Ergebnis konnte sich das Gericht nach informatorischer Anhörung des Klägers und durchgeführter Beweisaufnahme somit nicht zu der Überzeugung durchringen, dass der Kläger im Vorfeld des Vertragsabschlusses über das Vorhandensein von Unfallschäden des geleasten Pkw aufgeklärt worden ist. Die Nichterweislichkeit der entsprechenden Behauptung der Beklagten geht zu Lasten der Beklagten (non liquet).
74
Denn für diese Behauptung trägt die Beklagte die Beweislast.
75
So wird in der Rechtsprechung die Ansicht vertreten, dass, wenn der Verkäufer im Kaufvertrag nur eine unzureichende schriftliche Teilinformation zu Unfallschäden gegenüber dem Käufer abgegeben hat, ihn die Beweislast dafür treffe, dass er den Käufer vollständig und richtig aufgeklärt habe (vgl. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, MDR 2002, 758 [dieser Entscheidung lag eine Bezeichnung „Heckschaden! (Heckklappe, Stoßstange) und lackiert“ zugrunde, die den entscheidenden Umfang des dortigen Schadensbildes (= kräftiger linksseitiger Heckschaden mit leichtem Hinterwagenverzug und einer darauf beruhenden gutachterlich festgestellten Wertminderung in Höhe von 1.800 DM) nicht wiedergegeben habe]; vgl. auch Reinking/Eggert, Der Autokauf, 13. Auflage 2017, Rn. 4389).
76
Im hier vorliegenden Fall war in den schriftlichen Vertragsunterlagen, und zwar weder in der Pri- vatLeasing-Bestellung vom 28.03.2020 noch in der initialen Annonce, die fehlende Unfallfreiheit des streitgegenständlichen Fahrzeugs demgegenüber überhaupt erwähnt.
77
Nachdem die Beklagte – wie oben ausgeführt – den ihr obliegenden Beweis für die von ihr behauptete Aufklärung des Klägers über das Vorliegen von Unfallschäden vor Vertragsschluss nicht erbracht hat, konnte das Gericht auch nicht davon ausgehen, dass eine solche Aufklärung tatsächlich stattgefunden hat.
78
d) Auch ist das Erfordernis einer erfolglosen Fristsetzung zur Mangelbehebung im Sinne des § 323 Abs. 1 BGB (i. V. m. § 437 Nr. 2 BGB) erfüllt.
79
An dieser Stelle kann mangels Entscheidungserheblichkeit dahingestellt bleiben, ob eine Fristsetzung vor dem Hintergrund einer Unmöglichkeit der Beseitigung der Eigenschaft des streitgegenständlichen Fahrzeugs als Unfallwagen nicht schon gem. §§ 440 Satz 1 bzw. § 323 Abs. 2 BGB entbehrlich war. Denn unstreitig hat der spätere Prozessbevollmächtigte die Beklagte zunächst mit vorgerichtlichem Schreiben vom 15.10.2020 (Anlage K3) unter Hinweis auf das Vorliegen eines Front-/Seitenschadens und die Eigenschaft des streitgegenständlichen Pkw als Unfallfahrzeug zur Mängelbeseitigung bis zum 29.10.2020 und erneut mit weiterem Schreiben vom 23.11.2020 (Anlage K5) zur Lieferung eines baugleichen Fahrzeugs mit identischer Ausstattung unter Fristsetzung für die Erklärung des Einverständnis der Beklagten bis 30.11.2020 zur Mängelbeseitigung aufgefordert.
80
Insoweit wurde jedenfalls – unabhängig davon, ob tatsächlich noch eine Fristsetzung erforderlich war – eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt.
81
e) Eine Rücktrittserklärung hinsichtlich des Kaufvertrags hat der Kläger mit Schreiben seines späteren Prozessbevollmächtigten vom 08.12.2020 (Anlage K6) für die Leasing-Geberin erklärt.
82
f) Der Rücktritt ist vorliegend auch nicht vor dem Hintergrund der Bestimmung des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ausgeschlossen, wonach der Gläubiger bei nicht vertragsgemäßer Bewirkung der Leistung durch den Schuldner nicht vom Vertrag zurücktreten kann, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.
83
Im Rahmen der Frage der Prüfung, ob eine Pflichtverletzung erheblich ist, ist eine umfassende Interessenabwägung erforderlich, im Rahmen derer vor allem der für die Mängelbeseitigung erforderliche Aufwand und bei einem nicht behebbaren Mangel die von ihm ausgehende funktionelle und ästhetische Beeinträchtigung zu berücksichtigen sind. Die Erheblichkeit eines Mangels ist in der Regel zu bejahen, wenn die Kosten der Beseitigung mindestens 5 % der vereinbarten Gegenleistung ausmachen oder wenn sie absolut gesehen erheblich sind (bei Vorliegen besonderer Umstände kann ein Mangel daher auch erheblich sein, wenn die Kosten der Beseitigung unter 5 % liegen, oder unerheblich sein, wenn sie über 5 % betragen (vgl. Palandt/Grüneberg, 80. Aufl. 2021, § 323 Rn. 32 [mit weiteren Nachweisen]).
84
Vorliegend ist vor dem Hintergrund der Angaben des Zeugen … dass in einer Rechnung vom 23.08.2019 die Kosten der Schadensbeseitigung mit 6.500,00 € beziffert worden sind und zudem durch die Beklagte eine Nachreparatur in Höhe von 2.000,00 € erforderlich war, davon auszugehen, dass es sich um eine erhebliche Pflichtverletzung bzw. einen erheblichen Mangel handelt. Die Schadensbeseitigungskosten liegen damit nämlich deutlich über den vorgenannten Faustregel von 5 % des Kaufpreises.
85
g) Damit hat sich der Kaufvertrag als Bestandteil des Leasingvertrages nach wirksam erklärtem Rücktritt in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umgewandelt, sodass die Leasing-Geberin und die Beklagte gemäß §§ 346, 348 BGB verpflichtet sind, einander die empfangenen Leistungen Zug um Zug zurückzugewähren. Dem Kläger steht damit grundsätzlich ein Anspruch auf Rückerstattung des gezahlten Kaufpreises an die Leasing-Geberin zu gemäß den getroffenen Vereinbarungen in den dem Vertrag zugrunde liegenden Leasingsbedingungen.
86
Allerdings muss sich der Kläger gemäß § 347 BGB den gezogenen Nutzungsvorteil in Form der von ihm gefahrenen Kilometer anspruchsmindernd anrechnen lassen.
87
Unstreitig wies das streitgegenständliche Fahrzeug – gemäß der im Termin vom 27.08.2021 unter Vorlage eines Lichtbildes vom Tachometer des Pkw – gemachten und seitens der Beklagten unstreitig gestellten Angabe des Klägers am 27.08.2021 einen Kilometerstand von 41.445 auf. Damit beträgt die vom Kläger gefahrene Gesamtstrecke 18.648 km (41.445 km abzüglich 22.797 km bei Erhalt des Fahrzeugs).
88
Hieraus errechnet sich ein Nutzungsvorteil zum Schluss der mündlichen Verhandlung vom 27.08.2021 in Höhe von anzurechnenden 2.289,11 €.
89
Bei der Ermittlung des Werts des vom Kläger gezogenen Nutzungsvorteils hat das Gericht vorliegend die Gesamtfahrleistung des streitgegenständlichen Fahrzeugs Audi A4 Avant TDI 2,0 – um einen TDI 2,0 handelt es sich nämlich ausweislich des vom Klägervertreter zu den Akten gereichten Auszugs über einen Werkstatttermin vom 25.08.2020/26.08.2020 bei der … [hierin ist unter der Rubrik „Typ/Modell“ die Eintragung „A4 Avant TDI2.0 R4110A4“ enthalten] – analog § 287 ZPO auf 250.000 km geschätzt.
90
Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters. So hat der Bundesgerichtshof es nicht beanstandet, dass die gezogenen Vorteile gemäß § 287 ZPO in der Weise geschätzt wurden, dass der gezahlte Bruttokaufpreis für das Fahrzeug durch die voraussichtliche Restlaufleistung im Erwerbszeitpunkt geteilt und dieser Wert mit den gefahrenen Kilometern multipliziert wurde (vgl. BGH NJW 2020, 1962, 1972 [Rn. 79 f – mit weiteren Nachweisen]).
91
Eine Gesamtfahrleistung von 250.000 km für einen Audi Avant A4 TDI 2.0 hatten beispielsweise auch schon das OLG Schleswig, Urteil vom 10.02.2020 – 16 U 85/19 [Rn. 30] – BeckRS 2020, 6014, und das OLG Karlsruhe, Urteil vom 13.03.2020 – 13 U 830/19, BeckRS 2020, 23254 [Rn. 104], im Wege der Schätzung zugrunde gelegt.
92
Auf dieser Grundlage schätzt das Gericht die vom Kläger hinsichtlich des streitgegenständlichen Pkw gezogenen Nutzungsvorteile dementsprechend auf Grundlage der nachfolgenden Berechnung:
Bruttokaufpreis 27.890,00 € multipliziert mit den vom Kläger gefahrenen Kilometern: 18.648 km, geteilt durch die Restlaufleistung bei Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger am 17.04.2020: 227.203 km (Gesamtlaufleistung 250.000 km abzüglich zum Übergabezeitpunkt bereits vorhandene Laufleistung 22.797 km).
93
Hieraus errechnet sich zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung ein vom Kläger gezogener Nutzungsvorteil in Höhe von 2.289,11 €.
94
Damit beläuft sich der Zahlungsanspruch zum Schluss der mündlichen Verhandlung auf 25.600,89 €. (Bruttokaufpreis 27.890,00 € abzüglich gezogene Nutzungsvorteile bis zum 27.08.2021 in Höhe von 2.289,11 €).
95
Ferner hat der Kläger der Beklagten auch die nach Schluss der mündlichen Verhandlung etwaig gezogenen Nutzungsvorteile für die etwaige weitere Nutzung des Fahrzeugs bis zur noch erfolgenden Übergabe ab dem Kilometer 41.446 mit 0,12 €/km herauszugeben. Dieser Betrag errechnet sich aus der Division von Bruttokaufpreis (27.890 €) und der Restlaufleistung zum Übergabezeitpunkt (227.203 km) = gerundet 0,12 €.
96
Im Rahmen der Zug-um-Zug-Verurteilung schuldet der Kläger lediglich die Herausgabe, nicht jedoch die Übereignung des Fahrzeugs an die Beklagte, da nicht er, sondern die Leasing-Geberin Eigentümerin des Fahrzeugs geworden ist. Anhaltspunkte dafür, dass das Eigentum des Fahrzeugs im Rahmen des Leasingvertrages auf den Kläger selbst übertragen ist, sind vorliegend nicht ersichtlich.
II. Anspruch auf Feststellung des Annahmeverzugs
97
Des Weiteren hat der Kläger einen Anspruch auf Feststellung dahingehend, dass sich die Beklagte spätestens seit dem 01.04.2021 (nach Zustellung der Klage am 31.03.2021) in Annahmeverzug hinsichtlich der Rücknahme des streitgegenständlichen Pkw befindet.
98
Ein früherer Annahmeverzug, insbesondere zu dem vom Kläger begehrten Zeitpunkt des 19.12.2020 (Klageantrag zu 2) ist hingegen nicht gegeben, da der Kläger vorgerichtlich zwar die Rückabwicklung des Kaufvertrages für den Leasinggeber mit Schreiben vom 08.12.2020 geltend gemacht hat, hierbei jedoch der Beklagten weder die Erstattung der von ihm gezogenen Nutzungsvorteile angeboten noch den damals aktuellen Kilometerstand mitgeteilt hat.
99
Erst mit der Klage vom 20.01.2021 und dem darin geltend gemachten Anspruch auf Kaufpreisrückzahlung unter Anrechnung der in der Klage im Einzelnen dargestellten Nutzungsvorteile liegt ein (konkludentes) Angebot im Sinne des § 295 BGB vor.
100
Auch lag in dem früheren vorgerichtlichen Schreiben des späteren Klägervertreters vom 23.11.2020 (Anlage K8) aus den vorgenannten Gründen kein zur Begründung des Annahmeverzug der Beklagten geeignetes Angebot.
III. Kein Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten
101
Soweit der Kläger mit Klageantrag zu Ziff. 3) die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Prozessbevollmächtigten in Höhe von 1.324,00 € nebst Zinsen begehrt hat, war ein entsprechender Anspruch mangels Vorliegens der Verzugsvoraussetzungen gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2 i. V. m. § 286 BGB nicht gegeben.
102
1. Nach § 286 Abs. 1 BGB kommt der Schuldner in Verzug, wenn er auf eine nach Eintritt der Fälligkeit erfolgte Mahnung des Gläubigers nicht leistet (§ 286 Abs. 1 S. 1 BGB). Der Mahnung bedarf es gemäß § 286 Abs. 2 BGB allerdings nicht, wenn (1) für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, (2) der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, (3) der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert oder (4) aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
103
2. Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass vor Beauftragung des späteren Prozessbevollmächtigten durch den Kläger die Voraussetzungen für eine Entbehrlichkeit der Mahnung vorlagen. Entsprechendes Vorbringen ist klägerseits im hiesigen Rechtsstreit jedenfalls schriftsätzlich nicht dargetan worden. Nicht ausreichend ist etwa, dass der Klägervertreter in seinem vorgerichtlichen Schreiben vom 15.10.2020 die Beklagte zur Mangelbeseitigung mit Fristsetzung bis zum 29.10.2020 aufgefordert hat. In diesem Schreiben vom 15.10.2021 2020 könnte allenfalls – wenn überhaupt – eine verzugsbegründende Erstmahnung; zu sehen sein. Die Kosten einer verzugsbegründenden Erstmahnung kann der Gläubiger jedoch nicht vom Schuldner ersetzt verlangen, weil ein Verzug des Schuldners noch nicht vorliegt. Die Kosten der Erstmahnung sind auch nicht nach § 280 Abs. 1 BGB ersatzfähig (vgl. MüKoBGB/Ernst BGB § 286 Rn. 165).
104
Da der spätere Prozessbevollmächtigten des Klägers offensichtlich bereits vor dem Zeitpunkt der Erstmahnung am 15.10.2020 mit der Durchsetzung der streitgegenständlichen Ansprüche beauftragt war, ist der im weiteren Verlauf eingetretene Verzug der Beklagten nicht ursächlich für die bei Verzugseintritt bereits entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Klägers.
105
Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 Satz 2 bzw. § 291 BGB.
106
Erst mit Ablauf des Tages der Zustellung der Klage (31.03.2021) waren die Verzugsvoraussetzungen gegeben. Dementsprechend war der Zinsanspruch erst ab dem 01.04.2021, statt wie beantragt ab dem 16.11.2020, zuzusprechen.
107
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.