Inhalt

OLG Nürnberg, Beschluss v. 23.12.2021 – 1 U 520/21
Titel:

Kein Schadensersatzanspruch des Erwerbers eines BMW-Diesel-Fahrzeugs (hier: BMW 320d)

Normenketten:
BGB § 31, § 823 Abs. 2, § 826
Fahrzeugemissionen-VO Art. 3 Nr. 10, Art. 5 Abs. 2
EG-FGV § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1
Leitsätze:
1. Zu BMW-Diesel-Fällen vgl. auch BGH BeckRS 2021, 37995; BeckRS 2021, 40856; OLG München BeckRS 2019, 19592; BeckRS 2021, 40857; BeckRS 2021, 54108; BeckRS 2022, 47159; BeckRS 2023, 9806; BeckRS 2023, 9804 (sowie die ausführlichen Verweise in den dortigen Rn. 4–5); BeckRS 2023, 9808; BeckRS 2024, 25488; OLG Koblenz BeckRS 2020, 30105; OLG Bremen BeckRS 2020, 31082; OLG Stuttgart BeckRS 2020, 5654; OLG Schleswig BeckRS 2021, 11679; OLG Celle BeckRS 2021, 43494. (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Funktion des Kaltaufheizens wäre, selbst wenn sie aktiviert wäre, kein Anhaltspunkt dafür, dass die für die Herstellerin handelnden Personen ein Bewusstsein hatten, eine unterstellt unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, da es sich um keine prüfstandbezogene Abschalteinrichtung handelt. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Diesel-Abgasskandal, BMW, B47, Schadensersatz, unzulässige Abschalteinrichtung, Sittenwidrigkeit, Kaltstartheizen, prüfstandbezogen
Vorinstanz:
LG Nürnberg-Fürth vom 29.01.2021 – 6 O 6545/20
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Urteil vom 17.09.2024 – VIa ZR 140/22
Fundstelle:
BeckRS 2021, 67126

Tenor

1. Die Berufung der Klagepartei gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 29.01.2021, Aktenzeichen 6 O 6545/20, wird zurückgewiesen.
2. Die Klagepartei hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klagepartei kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 26.913,03 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 29.01.2021 und auf Buchstabe A des Hinweises vom 06.10.2021 Bezug genommen. Im Berufungsverfahren wird von der Klagepartei beantragt, unter Abänderung des am 29.01.2021 verkündeten Urteils,
I. die Beklagte zu verurteilen, an die Klagepartei 26.913,03 € nebst Zinsen aus 23.230,90 € hieraus von 5% Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen, Zug-um-Zug gegen die Übereignung und Herausgabe des PKW Typs BMW 320d, FIN: …;
II. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des in Antrag I. genannten Fahrzeugs seit dem 10.08.2020 in Verzug befindet;
III. die Beklagte unter Abänderung des am 29.01.2021 verkündeten Urteils 6 O 6545/20 zu verurteilen, die Klagepartei von den Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.430,38 € freizustellen.
2
Die Beklagte beantragt in der Berufung:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
II.
3
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 29.01.2021, Aktenzeichen 6 O 6545/20, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
4
Zur Begründung wird auf die vorausgegangenen Hinweise des Senats Bezug genommen.
5
Auch die Ausführungen in der Gegenerklärung geben zu einer Änderung keinen Anlass.
6
Zur Begründung und zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat Bezug auf die Gründe in den Hinweisen vom 06.10.2021 (Bl. 532 ff d.A.) sowie vom 22.11.2021 (Bl. 603 d.A.). Die hierzu abgegebenen Stellungnahmen der Klagepartei in den Schriftsätzen vom 27.10.2021 (Bl. 564 ff d.A.) und vom 07.12.2021 (Bl. 609 d.A.) rechtfertigen keine andere Bewertung.
7
1. Die Ansicht der Klagepartei, dass die Beklagte die behauptete Funktion des „Kaltstartheizens“ substantiiert hätte bestreiten müssen, wie es das Landgericht Augsburg in seinem Urteil vom 03.08.2021 im Verfahren 31 O 2409/20 angenommen habe, trifft nicht zu.
8
Zu der Problematik des Kaltstartheizens hat der Senat im Hinweis vom 22.11.2021 bereits Stellung genommen. Soweit die Klagepartei auf das Urteil des Landgerichts Augsburg, Az. 31 O 2409/20, Bezug nimmt, bewertet der Senat, wie in den oben zitierten Hinweisen ausführlich dargelegt, die Situation rechtlich anders und geht insbesondere nicht von einer sekundären Darlegungslast der Beklagten aus.
9
Die behauptete Funktion des Kaltaufheizens wäre, selbst wenn sie aktiviert wäre, kein Anhaltspunkt dafür, dass die für die Beklagte handelnden Personen ein Bewusstsein hatten, eine unterstellt unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, da es sich – wie im erteilten Hinweis ebenfalls ausgeführt – um keine prüfstandbezogene Abschalteinrichtung handeln würde.
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2. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des LG Stuttgart, Az. 20 O 157/20. Die dort genannte höchstrichterliche Rechtsprechung, dass die in Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 genannten Grenzwerte auch im realen Fahrbetrieb eingehalten werden müssen, teilt der Senat. Daraus ergeben sich aber keine hinreichenden Anhaltspunkte für das Bewusstsein der für die Beklagten handelnden Personen, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf zu nehmen.
11
Auf die Ausführungen des Senats in seinen Hinweisen wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
12
3. Die zitierten Beweisbeschlüsse hat der Senat zur Kenntnis genommen. Der Senat hat sich jedoch mit dem Vorbringen des Klägers im hier zu entscheidenden Fall auseinandergesetzt und dieses in seinem Hinweis umfassend gewürdigt und bewertet.
III.
13
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
14
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
15
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.