Inhalt

SG Würzburg, Gerichtsbescheid v. 30.12.2021 – S 5 U 220/21
Titel:

versicherte Tätigkeit, Vertreter der Gemeinde, Gemeindeteil, Gemeinderatssitzung, Gemeinderatsmitglieder, Widerspruchsbescheid, Unfallversicherungsschutz, Versicherungsfall, Öffentlich-rechtliche Aufgaben, Stillschweigender Auftrag, Elektronischer Rechtsverkehr, ehrenamtliche Tätigkeit, Arbeitsunfall, Gesetzliche Unfallversicherung, Sozialgerichtsgesetz, Versicherungsschutz, Gerichtsbescheid, versicherter Personenkreis, Kostenentscheidung, Berufungsschrift

Schlagworte:
Arbeitsunfall, Versicherungsfall, Unfallkausalität, Haftungsbegründende Kausalität, Haftungsausfüllende Kausalität, Innere Zusammenhang, Sachlicher Zusammenhang
Rechtsmittelinstanzen:
LSG München, Urteil vom 16.05.2024 – L 17 U 81/22
BSG Kassel vom -- – B 2 U 12/24 R
Fundstelle:
BeckRS 2021, 66330

Tenor

I.Die Klage gegen den Bescheid vom 14.07.2021 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.09.2021 wird abgewiesen. 
II.Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 

Tatbestand

1
Die Beteiligten streiten über die Feststellung eines Unfalls der Klägerin als Arbeitsunfall.
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Die am xx.xx.1959 geborene Klägerin ist ehrenamtliche Gemeinderätin bei der Gemeinde A-Stadt.
3
Am 09.06.2021 nahm sie an einer Trauerfeier mit anschließender Beisetzung des ehemaligen Mitarbeiters der Gemeinde A-Stadt teil. Auf dem Weg von der Kirche zur Beisetzung auf dem Friedhof rutschte sie auf Granitkopfsteinpflaster aus und zog sich laut Unfallanzeige der Gemeinde A-Stadt eine Sprunggelenkfraktur am linken Fuß zu.
4
In einer Gemeinderatssitzung vom 07.06.2021 hatte der 1. Bürgermeister der Gemeinde A-Stadt zuvor den Gemeinderatsmitgliedern von dem Beisetzungstermin Kenntnis gegeben und sich hierbei mit folgender Formulierung an die Gemeinderatsmitglieder gewandt: „Es wäre schön, wenn ich bei der Beerdigung einige Gemeinderäte antreffen könnte.“
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Nach Erhalt der Unfallanzeige der Gemeinde A-Stadt vom 16.06.2021 holte die Beklagte eine Auskunft der Gemeinde A-Stadt ein, wonach die Klägerin keine offizielle Vertreterin der Gemeinde A-Stadt bei der Trauerfeier und Beisetzung gewesen sei und keine Anweisung erhalten habe an der Trauerfeier und Beisetzung teilzunehmen.
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Mit verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 14.07.2021 lehnte die Beklagte sodann ab, den Unfall vom 09.06.2021 als Versicherungsfall anzuerkennen und stellte fest, dass ein Anspruch auf Heilbehandlung und Verletztengeld zu keinem Zeitpunkt bestanden habe.
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In der Begründung des Bescheides wurde hierbei unter anderem ausgeführt, dass die Klägerin nach Angabe der Gemeinde A-Stadt nicht als offizielle Vertreterin der Gemeinde in ihrem Amt als ehrenamtliche Gemeinderätin an der Trauerfeier und Beisetzung teilgenommen habe. Eine Anweisung durch die Gemeinde zur Teilnahme sei nicht erteilt worden. Vielmehr sei die Teilnahme aufgrund menschlicher Anteilnahme und gesellschaftlicher und religiöser Bindung erfolgt.
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Den hiergegen gerichteten Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass sie als ehrenamtlich tätige Gemeinderätin der allgemeinen mündlichen Einladung und Bitte des 1. Bürgermeisters an den Trauerfeierlichkeiten eines verdienstvollen und geehrten Mitarbeiters teilzunehmen nachgekommen sei. Sie habe somit als Repräsentantin und offizielle Vertreterin der Gemeinde teilgenommen.
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Nachdem am 07.06.2021 in der öffentlichen Gemeinderatssitzung eine mündliche, ausdrückliche Bitte und Einwilligung zur Teilnahme ausgesprochen worden sei, unterliege diese der gesetzlichen Unfallversicherung.
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Die Beklagte holte daraufhin eine Auskunft des 1. Bürgermeisters der Gemeinde A-Stadt ein, wonach die Gemeinde A-Stadt bei der Trauerfeier und Beisetzung durch ihn als 1. Bürgermeister offiziell vertreten und repräsentiert worden sei. Anwesend seien weiterhin der 2. und 3. Bürgermeister gewesen. Er sei nicht der Ansicht, dass es ein offizieller Auftrag zur Ausübung des Ehrenamtes der Klägerin gewesen sei. Er habe in der Gemeinderatssitzung dann die oben zitierte Aussage getroffen.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 08.09.2021 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch zurück.
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In der Begründung des Widerspruchsbescheides wurde hierbei unter anderem ausgeführt, dass nach dem Gesetzeszweck sich die ehrenamtliche Tätigkeit im öffentlich-rechtlichen Bereich der unmittelbaren oder mittelbaren Staatsverwaltung abspielen muss. Der Unfallversicherungsschutz erstrecke sich dabei auf die Tätigkeiten, die mit dem bestimmten Aufgaben- und organisatorischen Verantwortungsbereich in sachlichen Zusammenhang stünden. In der Gesamtschau des hier zu beurteilenden Einzelfalles sei die Teilnahme an den Trauerfeierlichkeiten nicht der ehrenamtlichen Tätigkeit als Gemeinderätin zuzurechnen, sondern dem eigenwirtschaftlichen Verantwortungsbereich im Rahmen der menschlichen Anteilnahme sowie gesellschaftlicher oder religiöser Bindung.
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Im Übrigen wurde auf die Auskunft des 1. Bürgermeisters vom 04.08.2021 Bezug genommen.
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Mit der am 28.09.2021 beim Sozialgericht Würzburg erhobenen Klage begehrt die Klägerin weiterhin die Feststellung des Unfalls vom 09.06.2021 als Versicherungsfall.
15
Das Gericht hat die die Klägerin betreffende Unfallakte der Beklagten beigezogen.
16
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Bescheids vom 14.07.2021 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.09.2021 festzustellen, dass der Unfall vom 09.06.2021 ein Versicherungsfall war.
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Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Gegenstand des Klageverfahrens war die Gerichtsakte auch im Übrigen sowie die die Klägerin betreffende Unfallakte der Beklagten.
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Zur Ergänzung des Sachverhalts wird hierauf sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

20
Das Gericht hat im vorliegenden Klageverfahren nach Anhörung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden, da die Streitsache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
21
Die form- und fristgerecht beim Sozialgericht Würzburg erhobene ist zulässig.
22
Sie ist insbesondere als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage statthaft (§ 54 Abs. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG).
23
Sie erweist sich jedoch als unbegründet.
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Gemäß § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, 7. Buch (SGB VII) sind Versicherungsfälle Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten.
25
Gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit. Unfälle sind gemäß § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.
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Für einen Arbeitsunfall ist hiernach erforderlich, dass eine der versicherten Tätigkeit zuzurechnende (innerer oder sachlicher Zusammenhang) Verrichtung zu einem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis – geführt hat (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Die Verursachung länger dauernder Gesundheitsschäden durch den Gesundheitserstschaden (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalles, sondern für die Gewährung von Verletztenrente.
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Hierbei ist es in der Regel erforderlich, dass das Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet, einerseits zu der versicherten Tätigkeit zu rechnen ist, der Verletzte also durch eine Verrichtung vor dem Unfall den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat (Wertung) und dass diese Verrichtung andererseits den Unfall herbeigeführt hat (Unfallkausalität, BSG, Urteil vom 18.11.2008, B 2 U 31/07 R).
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Es muss eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit - der Betriebstätigkeit – und mit dem Beschäftigungsverhältnis (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII) oder dem freiwilligen Versicherungsverhältnis (§ 6 SGB VII) bestehen, der sogenannte innere bzw. sachliche Zusammenhang, der es rechtfertigt, dass das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (BSGE SozR 2200, § 548 Nr. 82; BSGE 63, 273, 274). Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSGE 58, 76, 77, BSG, Urteil vom 18.11.2008 a. a. O.).
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Maßgebend ist dabei die Handlungstendenz des Versicherten, so wie sie insbesondere durch die objektiven Umstände des Einzelfalles bestätigt wird. Fehlt es an einem solchen inneren Zusammenhang, scheidet ein Versicherungsschutz mangels der Erfüllung des Versicherungstatbestandes der Durchführung einer der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Verrichtung aus. Der Betreffende ist dann nicht „Versicherter“ im Sinne des Gesetzes.
30
Die Klägerin hat mit der Teilnahme an der Trauerfeier und Beisetzung des ehemaligen Mitarbeiters der Gemeinde A-Stadt am 09.06.2021 keine versicherte Tätigkeit verrichtet und war keine Versicherte und hat deshalb keinen Versicherungsfall erlitten.
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Das Gericht nimmt insoweit Bezug auf die zutreffende Begründung im verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 14.07.2021 und Widerspruchsbescheid vom 08.09.2021 (§ 136a Abs. 3 SGG).
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Ergänzend gilt Folgendes:
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Die Klägerin gehörte zwar als ehrenamtliche Gemeinderätin grundsätzlich zum versicherten Personenkreis gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 10a SGB VII.
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Nach dieser Vorschrift sind gegen Arbeitsunfall versichert unter anderem Personen, die für Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften, ehrenamtlich tätig sind.
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Bei der unfallbringenden Handlung – der Teilnahme an der Trauerfeier und Beisetzung des früheren Mitarbeiters der Gemeinde A-Stadt – stand die Klägerin jedoch nicht gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 10a SGB VII unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Der durch § 2 Abs. 1 Nr. 10a SGB VII gewährleistete Unfallversicherungsschutz umfasst alle mit der eigentlichen ehrenamtlichen Tätigkeit in einem rechtlich wesentlichen inneren Zusammenhang stehenden Tätigkeiten, die mit den bestimmten Aufgaben- und organisatorischen Verantwortungsbereich im sachlichen Zusammenhang stehen (BSG, Urteile vom 18.10.1994- 2 RU 15/94- und 08.12.1998-B 2 U 37/97 R-).
36
Entscheidend für die Beurteilung, ob eine bestimmte Handlung in einem solchen rechtlich wesentlichen inneren Zusammenhang mit dem Kernbereich der versicherten Tätigkeit steht, ist die Gesamtheit aller tatsächlichen Umstände des Einzelfalls (BSG, Urteil vom 08.12.1998, B 2 U 37/97 R und der Hinweis auf BSG SozR 3 – 2200 § 539 Nr. 31).
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Die Teilnahme der Klägerin an der Trauerfeier und Beisetzung des früheren Mitarbeiters stand dabei nicht im inneren Zusammenhang mit ihrer versicherten Tätigkeit als ehrenamtliches Gemeinderatsmitglied Dies ergibt sich aus folgenden Gründen:
38
Die Klägerin war im Zeitpunkt des Unfalls nicht in ihrer eigentlichen Funktion als ehrenamtliches Gemeinderatsmitglied tätig. Die Teilnahme an der Trauerfeier und Beisetzung gehörte nicht zum Kernbereich ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit und hat auch nicht mit dieser in Zusammenhang gestanden.
39
Nach der Zweckbestimmung dieses Amtes gehören in erster Linie – abgesehen von der Teilnahme an den Gemeinderatssitzungen – hierzu im öffentlichen Interesse liegende Verrichtungen, die der Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben der Gemeinde dienen. Eine Trauerfeier und Beisetzung aber – auch wenn sie einen früheren verdienten Arbeitnehmer der Gemeinde betrifft – stellt keine öffentlich-rechtliche Aufgabe der Gemeinde und die Teilnahme an einer solchen keine im öffentlichen Interesse liegende Verrichtung dar, sondern eine Verrichtung, die im Rahmen einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit aufgrund menschlicher Anteilnahme und gesellschaftlicher oder gegebenenfalls religiöser Bindung erfolgt.
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Die Beklagte hat insoweit zutreffend im Widerspruchsbescheid vom 08.09.2021 auf den Gesetzeszweck des § 2 Abs. 1 Nr. 10a SGB VII hingewiesen, wonach Unfallversicherungsschutz für im öffentlichen Interesse liegende Verrichtungen, die der Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben der in der Vorschrift genannten Rechtsträger dienen, besteht (Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, SGB VII § 2 Nr. 21.1).
41
Die Vorschrift setzt einen bestimmten, qualifizierten Aufgaben- und organisatorischen Verantwortungsbereich der öffentlich-rechtlichen Körperschaft voraus, innerhalb dessen die ehrenamtliche Tätigkeit für die Körperschaft ausgeübt werden muss (BSG, Urteil vom 18.10.1994, 2 RU 15/94 und der Hinweis auf BSG SozR 3-2200 § 539 Nr. 10). Wenn dieser in Bezug auf die fragliche Veranstaltung nicht bereits gesetz- oder satzungsmäßig von vornherein festgelegt ist, bedarf es für die betreffende einzelne Veranstaltung eines gesamtbezogenen, eigenständigen Annahmeaktes der Körperschaft als Zuordnungsgrund (Bay LSG, Urteil vom 11. 10.2006 L 2 U 136/06). Ehrenamtlich wird in diesem Rahmen derjenige tätig, der entweder einen ausdrücklichen oder stillschweigenden Auftrag zum Tätigwerden erhalten hat. Der stillschweigende Auftrag setzt einen klaren Zuordnungsgrund zum Aufgaben- und organisatorischen Verantwortungsbereich der Körperschaft und eine erkennbare Bereitschaft der Körperschaft voraus, den Einzelnen demgemäß zu beauftragen (Bay LSG a. a. O.) Dabei muss die Veranstaltung für die Körperschaft insgesamt bedeutsam sein; ein nur auf einzelne Bürger beschränktes Interesse genügt nicht (BSG, Urteil vom 18.10.1994, a. a. O. und der Hinweis auf BSG SozR 2200 § 539 Nr. 95).
42
Von einem qualifizierten Aufgaben- und organisatorischen Verantwortungsbereich der Körperschaft ist nur dann auszugehen, wenn diese in irgendeiner Art organisatorisch tätig wird (Bay LSG a. a. O.).
43
Im vorliegenden Fall war jedoch die Trauerfeier und Beisetzung – auch wenn sie einen ehemaligen und gegebenenfalls, wie die Klägerin in ihren Schriftsätzen ausgeführt hat, verdienstvollen und geehrten früheren Arbeitnehmer betraf – nicht für die Gemeinde insgesamt bedeutsam, sondern bezog sich ausschließlich auf diesen früheren Mitarbeiter.
44
Die unfallbringende Handlung der Klägerindie Teilnahme an Gottesdienst und Beerdigungstand hierbei außerhalb des Aufgaben- und organisatorischen Verantwortungsbereiches der Gemeinde. Ein ausdrücklicher oder stillschweigender Auftrag im o. bez. Sinn bestand nicht. Der vom 1. Bürgermeister ausgesprochene Wunsch stellte keinen solchen ausdrücklichen oder stillschweigenden Auftrag an die Klägerin dar abgesehen davon, dass die Trauerfeierlichkeiten auch nicht im Aufgaben- und organisatorischen Bereich der Gemeinde A-Stadt lagen.
45
Die Klägerin nahm an dem Trauergottesdienst und der Beerdigung entgegen ihrer Auffassung im Widerspruchsschreiben auch nicht als Repräsentantin der Gemeinde teil.
46
Dies ergibt sich aus der Auskunft des 1. Bürgermeisters der Gemeinde A-Stadt vom 04.08.2021, wonach die Gemeinde durch ihn als 1. Bürgermeister offiziell vertreten und repräsentiert wurde.
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Dadurch, dass er ausdrücklich nur weiter den 2. und 3. Bürgermeister in dieser Auskunft in diesem Zusammenhang benennt, wird deutlich, dass jedenfalls sonstige (ehrenamtliche) Mitglieder des Gemeinderates nicht als offizielle Repräsentanten der Gemeinde bei der Trauerfeier und Beisetzung anwesend sein sollten.
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Soweit der 1. Bürgermeister in der Gemeinderatssitzung vom 07.06.2021 seine Auffassung kundgetan hat, dass es „schön wäre, wenn er bei der Beerdigung einige Gemeinderäte antreffen könnte“, stellt dies keinen ausdrücklichen oder stillschweigenden Auftrag für die Gemeinde als Repräsentant zu vertreten oder gar im Aufgaben- oder organisatorischen Verantwortungsbereich der Gemeinde tätig zu werden dar.
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Zwar ist es ausreichend, wenn der ehrenamtlich Tätige aus seiner Sicht die unfallbringende Tätigkeit zur Erfüllung seiner Aufgaben für erforderlich halten durfte, jedoch konnte aus Sicht der Klägerin die Äußerung des 1. Bürgermeisters in der Gemeinderatssitzung nicht so verstanden werden, dass die Teilnahme an der Trauerfeier und Beisetzung des ehemaligen Gemeindemitarbeiters den speziellen Aufgaben der ehrenamtlichen Gemeinderatsmitglieder zu dienen bestimmt sein sollte bzw. zur Erfüllung dieser Aufgaben erforderlich war.
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Insoweit begrenzt auch der Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung und ihre Stellung im Rechtssystem den Anwendungsbereich des Versicherungstatbestandes des § 2 Abs. 1 Nr. 10a SGB VII. Diese versichert nur gegen solche Gesundheits- und Lebensgefahren, die sich spezifisch daraus ergeben, dass sie Tätigkeiten für einen anderen unter Eingliederung in dessen Tätigkeit und nur zu dessen unmittelbaren Vorteil verrichten (insoweit zum Schutzzweck der Beschäftigtenversicherung, siehe BSG, Urteil vom 15.05.2012, B 2 U 8/11 R).
51
Zum anderen konnte die Klägerin unter Berücksichtigung der allgemeinen Formulierung des entsprechenden Satzes des 1. Bürgermeisters in der Gemeinderatssitzung wie auch unter Berücksichtigung ihrer Aufgaben als ehrenamtliches Gemeinderatsmitglied nicht einer vertretbaren Annahme unterliegen, sie nehme an der Trauerfeier und Beisetzung zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben als Gemeinderatsmitglied teil.
52
Die Klägerin konnte vielmehr aufgrund der objektiv vorliegenden und objektiv nachvollziehbaren Umstände nicht davon ausgehen, dass ihre zum Unfall führende Verrichtung - die Teilnahme an der Trauerfeier und Beisetzung des früheren Arbeitnehmers der Gemeindedem Unternehmen (der Gemeinde A-Stadt) dienlich sei, d. h. im Rahmen ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben als ehrenamtliches Gemeinderatsmitglied liege.
53
Die Klage war daher abzuweisen.
54
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.