Inhalt

LG Ingolstadt, Endurteil v. 04.01.2021 – 61 O 161/19
Titel:

Abschalteinrichtung, Klagepartei, Beweiserhebungspflicht, Sittenwidrigkeit, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Gewährleistungsansprüche, Nutzungsentschädigung, Deliktischer Anspruch, Anspruchsgrundlage, Klageabweisung, Unzulässigkeit, Anhörungsverfahren, Kostenentscheidung, Vertragliche Ansprüche, Teilweise Klagerücknahme, Sachverständigengutachten, Außergerichtliche Rechtsverfolgung, Besondere Verwerflichkeit, Arglistige Täuschung, Inverkehrbringen

Schlagworte:
Thermofenster, Abschalteinrichtung, deliktische Ansprüche, vertragliche Ansprüche, Beweiserhebungspflicht, Verjährung, Sittenwidrigkeit
Rechtsmittelinstanzen:
OLG München, Beschluss vom 23.06.2021 – 33 U 631/21
BGH Karlsruhe, Urteil vom 01.02.2024 – VII ZR 795/21
Fundstelle:
BeckRS 2021, 65445

Tenor

1.Die Klage wird abgewiesen.
2.Die Klagepartei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.   
3. Das Urteil ist für die Beklagten im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Klagepartei erwarb am 24.10.2014 einen gebrauchten PKW Audi Q7 3.0 TDI, 180 KW, EURO 5 bei der Beklagten zu 2) zu einem Mitarbeiter-Preis iHv 47.750,31 € mit einem Kilometerstand von 19.907 €. Am 14.12.2020 hatte das Fahrzeug eine Kilometerstand von 117.591 km.
2
In der Software dieses Fahrzeugs ist ein sogenanntes Thermofenster integriert, das bewirkt, dass die Abgasrückführungrate in bestimmten Temperaturbereichen abgeschaltet bzw. reduziert wird und der Ausstoß an Stickoxiden höher ist. Einen durch das KBA angeordneten Rückruf bzgl. des streitgegenständlichen Fahrzeugs im Hinblick auf dessen Emissionsverhalten hat die Klagepartei bis jetzt nicht erhalten. Die Beklagte zu 2) bietet für das Fahrzeug ein freiwilliges Softwareupdate an.
3
Die Klagepartei behauptet im Wesentlichen, die Beklagte zu 2) habe im Fahrzeug diverse unzulässige Abschalteinrichtungen zur Verringerung der Abgasemissionen auf dem Prüfstand implementiert. Das streitgegenständliche Fahrzeug erkenne anhand bestimmter Parameter, ob es sich auf einem technischen Prüfstand oder im Straßenverkehr befinde. Während auf dem Prüfstand so die zulässigen Stickoxid-Grenzwerte eingehalten würden, sei dies im Realbetrieb nicht der Fall. Auch andere 3 Liter Motoren der Beklagten mit Abgasklasse EURO 6 und 5 seien bereits zurückgerufen worden. Die Klagepartei sei bei Kauf des Fahrzeugs über dessen Gesetzeskonformität getäuscht worden, was für sie ein entscheidendes Kaufkriterium gewesen sei.
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In rechtlicher Hinsicht stützt die Klagepartei ihre behaupteten Ansprüche sowohl auf deliktische als auch auf vertragliche Grundlagen. Deliktisch u.a. auf 826 BGB. Die Beklagte habe die Klagepartei vorsätzlich und sittenwidrig getäuscht. In Kenntnis des „tatsächlichen Zustandes“ des streitgegenständlichen Pkw hätte die Klagepartei vom Kauf abgesehen. Ihr sei ein „erheblicher“ Schaden entstanden, der „bis hin“ zur mangelnden Benutzbarkeit „der Fahrzeuge“ im städtischen Straßenverkehr reiche.
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Die Beklagte zu 1) hafte insoweit als Konzernmutter der Beklagten zu 2) gesamtschuldnerisch. Vertraglich stützt sich die Klagepartei auf eine Rücktritt vom Kaufvertrag gegenüber der Beklagten zu 2 im Rahmen geltend gemachter Gewährleistungsansprüche.
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Im Termin vom 28.09.2020 hat die Klagepartei die Klage erweitert auf die Beklagte zu 2) und hinsichtlich der zunächst geltend gemachten Deliktszinsen teilweise Klagerücknahme erklärt. Der teilweisen Rücknahme stimmte die Beklagte zu 1) unter Verwahrung gegen die Kostenlast zu.
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Im Termin vom 14.12.2020 wurde erstmals die abzuziehende Nutzungsentschädigung konkret beziffert.
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Die Klagepartei beantragt zuletzt,
1.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klagepartei EUR 47.750,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.12.2017 abzüglich einer auf 12.271,76 € zu beziffernden Nutzungsentschädigung Zug-um-Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeuges Audi Q7 3.0 TDI mit der Fahrgestellnummer … zu zahlen.
2.
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte zu 2) zu 1) seit dem 28.12.2017 mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1. bezeichneten Gegenstands in Annahmeverzug befindet.
3.
Die Beklagte zu 2) zu 1) wird verurteilt, die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von EUR 2.791,74 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.12.2017 zu zahlen.
9
Die Beklagte beantragt,
Klageabweisung.
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Die Beklagten tragen im Wesentlichen vor, die Beklagte zu 1) sei schon gar nicht passivlegitimiert.. Deliktische Ansprüche würden nicht bestehen.
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Hinsichtlich des streitgegenständlichen Fahrzeugs gebe es kein Anhörungsverfahren, sowie keinen angeordneten Rückrufbescheid des Kraftfahrtbundesamtes in Bezug auf das Emissionsverhalten.
12
Sie sind der Auffassung, bei dem verbauten Thermofenster handle es sich nicht um eine unzulässige Abschalteinrichtung. Der Vortrag der Klagepartei zu der/den weiteren behaupten Abschalteinrichtung(en) sei zu unsubstantiiert und löse keine Beweiserhebungspflicht des Gerichts aus. Es seien keine unzulässigen Abschalteinrichtungen verbaut. Die Beklagten haben die Klagepartei nicht sittenwidrig getäuscht. Es fehle auch an der Kausalität einer behaupteten Täuschung für den Kaufvertragsschluss. Der Kläger könne sein Fahrzeug ohne jede Einschränkung benutzen. Daher fehle es auch an einem Schaden der Klagepartei. Ein Vorsatz der Beklagten liege nicht vor und sei klägerseits nicht dargelegt worden.
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Ein Mangel am Fahrzeug liege nicht vor. Etwaige Gewährleistungsansprüche seien zudem bereits verjährt.
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Bezüglich des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Das Gericht hat mündlich zur Sache verhandelt am 28.09. und 14.12.2020 und dabei den Kläger informatorisch zur Sache angehört. Bezüglich des Inhalts der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 28.09. und 14.12.2020 verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Dem Kläger stehen in Bezug auf das in dem streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten Thermofenster die geltend gemachten Ansprüche unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Im Hinblick auf die weiteren Behauptungen der Klagepartei zum Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung / Mangels war der klägerische Vortrag zu unsubstantiiert und löste daher keine Beweiserhebungspflicht des Gerichts aus. Vertragliche Ansprüche gegen die Beklagte zu 2) waren darüber hinaus bereits verjährt.
A. 
Ansprüche gegen die Beklagte zu 1)
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Hinsichtlich der Beklagten zu 1) ist bereits nicht ersichtlich, dass diese für die schädigende Verletzungshandlung, die nach der Behauptung des Klägers in dem Inverkehrbringen des angeblich mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestatteten Dieselmotors der Baureihe EA 897 besteht, haftungsrechtlich verantwortlich ist. Sie war weder Herstellerin des Fahrzeuges, noch hat sie den in dem Pkw eingebauten Motor vom Typ EA 897 selbst produziert und an ihre Konzerntochter vertrieben. Herstellerin des Fahrzeuges und des Motors ist vielmehr die Beklagte zu 2), eine eigenständige juristische Person im Konzern der Beklagten. Dass das Fahrzeug und/oder der in diesem eingebaute Motor von der Beklagten hergestellt wurde, wurde von dem Kläger weder substantiiert vorgetragen, noch durch geeignete Beweismittel unter Beweis gestellt.
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Vertragliche Ansprüche gegenüber der Beklagten zu 1) bestanden ebenfalls nicht, so dass die Klage insoweit bereits ohne weiteres abzuweisen war.
B. 
Ansprüche gegen die Beklagte zu 2)
I. deliktische Ansprüche
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Deliktische Ansprüche gegenüber der Beklagter zu 2) konnte die Klagepartei nicht darlegen. Es kommt als Anspruchsgrundlage hier insbesondere ein Anspruch aus § 826 BGB in Betracht.
1. „Thermofenster“
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Ein solcher ergibt sich jedoch nicht wegen des in dem streitgegenständlichen Fahrzeug unstreitig verbauten Thermofensters.
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1.1. Für die anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale ist die Klagepartei vollumfänglich darlegungs- und beweisbelastet. Da das Vorhandenseins des sogenannten Thermofensters vorliegend unstreitig ist, müsste die Klagepartei neben der Tatsache, dass es sich hierbei um eine unzlässige Abschalteinrichtung handelt, weiter ein vorsätzliches oder gar sittenwidriges Handeln der Beklagten zu 2) beweisen.
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1.2. Während die Klagepartei – ohne nähere Begründung – von der Eigenschaft des Thermofensters als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2, Art. 3 Nr. 10 EG VO 715/2007 ausgeht, hat die Beklagte zu 2) dies bestritten und sich auf die Ausnahmeregelungen nach Art. 5 Abs. 2 lit. a) EG VO 715/2007 berufen. Die Abgasrückführung sei bei bestimmten Temperaturen deshalb (signifikant) reduziert worden, weil dies aus Gründen des Motorenschutzes erforderlich sei.
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1.3. Es ist bereits nicht klar, ob es sich bei dem Thermofenster um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt. Die Gesetzeslage hierzu ist aufgrund der o.g. Ausnahmevorschrift, auf welche sich die Beklagte beruft, keinesfalls eindeutig; der Einsatz von Thermofenstern kann nicht per se als rechtswidrig beurteilt werden, worauf das KBA auch hingewiesen hat (vgl. Auch OLG München, Urteil vom 03.04.2020; Az. 5 U 941/20). Gegen das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung spricht auch bereits die Tatsache, dass das hier in Rede stehende Thermofenster vom Grundsatz her im normalen Fahrbetrieb in gleicher Weise arbeitet wie auf dem Prüfstand, während zum Beispiel bei der in den EA189-Motoraggregaten verbaute Software auf einer Umschaltlogik basierte, so dass der Schadstoffausstoß nur auf dem Rollenprüfstand vermindert wurde. Das Problem der Versottung von Bauteilen bei Kondensierung von unverbrannten Rückständen in den kalten Rohrleitungen hat nicht nur die Beklagte erkannt und ist dem mittels einer von der Außentemperatur abhängigen Abgasrückführung begegnet. Vielmehr benutzt die Mehrzahl der Autohersteller dieses System, um Bauteile zu schützen. Wenn die Klagepartei hier von „Absprachen im Rahmen des Autokartells“ spricht, mag dies verwerflich klingen, ändert aber an der zugrunde liegenden Problematik und der Frage, ob es sich bei einem Thermofenster um eine unzulässige Abschalteinrichtung oder eine zulässige Maßnahme zum Motorenschutz handelt, nichts.
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1.4. Letztlich kann es jedoch dahin stehen, ob es sich objektiv gesehen bei dem verbauten Thermofenster um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt. Denn das Gericht ist der Überzeugung, dass sich das Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Fahrzeugs wegen dem verbauten Thermofenster jedenfalls nicht als sittenwidrige Handlung qualifizieren lässt.
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Es ist höchst umstritten, ob es sich bei der Verwendung des sogenannten Thermofensters um eine zulässige Motorenschutzmaßnahme handelt. Die Gesetzeslage hierzu ist auch keinesfalls eindeutig, was die – auslegungsfähigen – Ausnahmevorschriften (s.o.) belegen. Auch nach Einschätzung der vom Bundesverkehrsministerium (BMVI) eingesetzten Untersuchungskommission ... liegt ein Gesetzesverstoß durch die von allen Autoherstellern eingesetzten Thermofenster jedenfalls nicht eindeutig vor. So heißt es im Bericht der Kommission zur Auslegung der Ausnahmevorschrift des Art. 5 Abs. 2 Satz 2 a) VO (EG) 715/2007 ausdrücklich (BMVI, Bericht der Untersuchungskommission ..., Stand April 2016, S. 123):
„Zudem verstößt eine weite Interpretation durch die Fahrzeughersteller und die Verwendung von Abschalteinrichtungen mit der Begründung, dass eine Abschaltung erforderlich ist, um den Motor vor Beschädigung zu schützen und um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten, angesichts der Unschärfe der Bestimmung, die auch weite Interpretationen zulässt, möglicherweise nicht gegen die Verordnung (EG) Nr. 715/2007. Konsequenz dieser Unschärfe der europäischen Regelung könnte sein, dass unter Berufung auf den Motorschutz die Verwendung von Abschalteinrichtungen letztlich stets dann gerechtfertigt werden könnte, wenn von Seiten des Fahrzeugherstellers nachvollziehbar dargestellt wird, dass ohne die Verwendung einer solchen Einrichtung dem Motor Schaden droht, sei dieser auch noch so klein.“
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Schließlich zeigt auch der in der Literatur (vgl. Führ, NVwZ 2017, 265) betriebene erhebliche Begründungsaufwand, um das „Thermofenster“ als unzulässige Abschalteinrichtung einzustufen, dass keine klare und eindeutige Rechtslage gegeben ist, gegen welche die Beklagte bewusst verstoßen hätte (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 21.10.2019 – 12 U 246/19, BeckRS 2019, 25135, beck-online, mwN).
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Eine Auslegung, wonach ein Thermofenster eine zulässige Abschalteinrichtung darstellt, ist daher jedenfalls nicht unvertretbar. Ein Handeln unter vertretbarer Auslegung des Gesetzes kann nicht als besonders verwerfliches Verhalten angesehen werden (vgl. OLG Stuttgart, Urteil v. 30.07.2019, 10 U 134/19, Rn. 90). Denn eine Auslegung, wonach ein Thermofenster eine zulässige Abschalteinrichtung darstellt, ist, wie eben dargelegt, jedenfalls nicht unvertretbar. Ein Handeln unter vertretbarer Auslegung des Gesetzes kann aber nicht als besonders verwerfliches Verhalten angesehen werden.
2. „Übrige“ unzulässige Abschalteinrichtungen
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Der weitere Vortrag der Klagepartei hinsichtlich der Behauptung weiterer unzulässiger Abschalteinrichtungen, welche in dem streitgegenständlichen Fahrzeug verbaut sein sollen, ist jedenfalls zu unsubstantiiert, um eine Beweiserhebungspflicht des Gerichts auszulösen, so dass auch diesbezüglich die Klage abzuweisen war.
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2.1. Für das streitgegentsändliche Fahrzeug liegt unstreitig kein verpflichtend angeordneter Rückruf des Kraftfahrtbundesamtes vor.
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2.2. Zwar ist die Frage, ob in dem streitgegenständlichen Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut ist, grundsätzlich nicht abhängig von einem KBA-Rückruf für den betreffenden Pkw. Ein erfolgter Rückrufbescheid des KBA entfaltet diesbezüglich jedoch Tatbestandswirkung, wenn der Rückruf wegen des Vorhandenseins einer unzulässigen Abschalteinrichtung erfolgt ist. Zweifellos kann auch dann eine unzulässige Abschalteinrichtung im streitgegenständlichen Fahrzeug verbaut sein, wenn – wie hier – (noch) kein KBA-Rückruf vorliegt. In diesem Fall kommt es jedoch darauf an, ob der Vortrag der Klagepartei substantiiert genug ist, eine Beweiserhebungspflicht des Gerichts auszulösen, dies auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des BGH vom 28.01.2020 (VIII ZR 57/19).
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Eine rechtswidrige Schädigungshandlung, welche von der Beklagten in zurechenbarer Weise mit entsprechendem Schädigungsvorsatz ausgeübt worden sein und beim Kläger zu einem kausalen Schaden geführt haben muss, muss schlüssig dargetan werden,; darüber hinaus muss, da in Fällen wie dem Vorliegenden regelmäßig ein Anspruch nach § 826 bzw. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB zu überprüfen sein wird – evtl. auch zu einer möglichen Sittenwidrigkeit/besonderen Verwerflichkeit des Handelns der Beklagten vorgetragen werden. Auch unter Berücksichtigung der vom BGH in dem genannten Urteil aufgestellten Maßstäbe erscheint der Vortrag der Klagepartei vor diesem Hintergrund als nicht hinreichend konkret (vgl. auch OLG München, B. v. 17.03.2020, 21 U 6698/19).
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In diesem Zusammenhang weist das Gericht zunächst auf das z.T. unstimmige/unzutreffende Vorbringen der Klagepartei hin. So macht die Klagepartei auch Ausführungen zu Manipulationen bei Motoren der Abgasnorm EU6, obwohl der streitgegenständliche Pkw unstreitig der Schadstoffklasse Euro 5 angehört. Der Vortrag der Klagepartei zu den behaupteten Abschalteinrichtungen in dem streitgegenständlichen Pkw lässt jeglichen Bezug zum konkreten Fall vermissen. Die Klagepartei folgert aus Rückrufen für andere Fahrzeugtypen der Beklagten mit 3.0 Liter Aggregaten der Schadstoffklassen EU 6 und 5, dass deswegen auch der streitgegenständliche Motor in seiner konkreten Konfiguration betroffen sein müsse. Dies ist jedoch reine Vermutung der Klagepartei.
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Die Erholung eines Sachverständigengutachtens aufgrund dieser letztlich von der Klagepartei geäußerten reinen Vermutungen würde zur Überzeugung des Gerichts eine unzulässige Ausforschung des Sachverhalts darstellen (so auch OLG München, B. v. 22.03.2019, 21 U 533/19; OLG München, B. v. 17.03.2020, 21 U 6698/19).
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Es ist allgemein bekannt, dass es im Volkswagenkonzern in der Vergangenheit zum Einsatz von unerlaubten Abschalteinrichtungen kam. Dies kann jedoch nicht dazu führen, dass die Klagepartei im einzelnen Fall nicht mehr konkret darlegen muss, weshalb auch gerade in ihrem Fall konkrete Anhaltspunkte für eine solche Abschalteinrichtung im jeweils streitgegenständlichen Fahrzeug vorliegen. Rein spekulative und pauschale Verdachtsäußerungen, die ohne Bezug auf den konkreten Einzelfall zunächst in einer Art Generalverdacht vorgetragen werden und von denen das Gericht sich quasi die passenden heraussuchen soll, können nicht als hinreichend konkrete Anhaltspunkte für das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung dienen.
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Zwar ist es der Klagepartei prozessual grundsätzlich nicht verwehrt, Tatsachen zu behaupten, über die sie keine genauen Kenntnisse hat, die sie jedoch für wahrscheinlich hält. Jedoch muss, um eine ausufernde Beweiserhebungspflicht des Gerichts zu vermeiden, zunächst der Vortrag der Klagepartei zu den behaupteten Anspruchsgrundlagen hinreichend konkret sein. Andernfalls sind Darlegungserleichterungen wie die sekundäre Darlegungslast, nicht gerechtfertigt (vgl. Hierzu ausführlich OLG Köln, U. v. 11.04.2019, 3 U 67/18).
36
Darauf wurde die Klagepartei auch bereits in der Verfügung vom 28.04.2020 hingewiesen.
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3. Aus den oben aufgeführten Gründen scheiden auch sonstige deliktische Ansprüche aus den weiter angeführten Anspruchsgrundlagen aus.
II. vertragliche Ansprüche
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Auch das Vorliegen eines gewährleistungsrechtlich relevanten Mangels konnte die Klagepartei nicht substantiiert vortragen.
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Insoweit ist zu sehen, dass offensichtlich bei der Begründung vertraglicher Ansprüche auf Textbausteine bzgl. eines anderen Fahrzeugtyps zurückgegriffen und diese pauschal behauptet wurden.
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Anders ist nicht zu erklären, dass im Schriftsatz vom 12.10.2020 auf Seite 148 auf ein Verkaufsprospekt Anlage K24 referiert wird in welchem dem streitgegenständlichen Fahrzeug angeblich die Beschaffenheit EURO 6 attestiert worden sein soll. Tatsächlich ist Anlage K 24 aber nur eine Pressemitteilung. Zudem wird zuvor auf Seite 147 behauptet, dass ein Mangel in der Nichteinhaltung der EURO 5 Norm bestünde.
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Im Übrigen sind gewährleistungsrechtliche Ansprüche der Klagepartei bereits verjährt, nachdem das Fahrzeug bereits im Oktober 2014 erworben und spätestens Ende 2014 übergeben worden ist. Der Rücktritt wurde erst im Schriftsatz vom 12.10.2020 erklärt. Die Beklagte zu 2) hat die Einrede der Verjährung erhoben. Anhaltspunkte für eine arglistige Täuschung der Klagepartei über einen vorliegenden Mangel durch die Beklagte zu 2 wurden insoweit auch nicht substantiiert vorgetragen.
C.
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Da somit weder vertragliche noch deliktische Anspruchsgrundlagen gegen die Beklagten erfüllt sind, gehen auch die übrigen Anträge ins Leere.
D.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 2 ZPO.