Inhalt

OLG München, Beschluss v. 12.04.2021 – 5 U 354/21
Titel:

Kein Anspruch auf Restschadensersatz in Diesel-Fall nach Verjährung des Hauptanspruchs und unzureichendem Berufungsangriff (hier: VW Touran 2.0 l TDI)

Normenketten:
BGB § 826, § 852
ZPO § 520 Abs. 3 S. 2 Nr.2, § 522 Abs. 2
Leitsätze:
1. Bei den Ansprüchen aus § 826 bzw. § 852 BGB handelt es sich nicht lediglich um jeweils eine von mehreren Grundlagen desselben prozessualen Anspruchs, sondern es liegen in prozessualer Hinsicht unterschiedliche Streitgegenstände vor (anders nachfolgend BGH BeckRS 2024, 6187). (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2. Durch den Berufungsvortrag, der Anspruch des Klägers aus unerlaubter Handlung bleibe auch bei Eintritt der Verjährung erhalten, wobei sich der Anspruch aus § 852 BGB jedoch auf den Umfang der ungerechtfertigten Bereicherung beschränke, wird der Begründung des Ersturteils, der Kläger habe die Möglichkeit gehabt, das Fahrzeug zu nutzen, was den Verlust der Nutzungsmöglichkeit des an die Verkäuferin bezahlten Geldes kompensiere, nicht hinreichend entgegengetreten (anders nachfolgend BGH BeckRS 2024, 6187). (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Diesel-Abgasskandal, EA 189, Verjährung, Restschadensersatz, Berufungsvorbringen, unterschiedliche Streitgegenstände, Nutzungsmöglichkeit, Kompensation
Vorinstanzen:
LG München II, Urteil vom 18.12.2020 – 9 O 2842/20
LG München II, Beschluss vom 18.12.2020 – 9 O 2842/20
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Urteil vom 15.02.2024 – VII ZR 446/21
Fundstelle:
BeckRS 2021, 65414

Tenor

1. Die Berufung der Klagepartei gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 18.12.2020, Aktenzeichen 9 O 2842/20, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München II ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des insgesamt zu vollstreckenden Betrags abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 30.000 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Kläger hat mit seiner am 27.07.2020 erhobenen Klage geltend gemacht, dass die Beklagte ihm wegen seines am 01.04.2014 erworbenen und mit einem Motor EA 189 ausgestatteten Kraftfahrzeugs Schadensersatz zu leisten habe.
2
Der Kläger war in erster Instanz der Ansicht, dass ihm die Beklagte Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt des Delikts schulde, ihm sei nicht bewusst gewesen, dass sein Fahrzeug vom Dieselskandal betroffen gewesen sei. Außerdem habe die Beklagte im Rahmen des Software-Updates ein unzulässiges Thermofenster installiert. Jedenfalls stehe ihm ein Schadensersatzanspruch gemäß § 852 BGB zu.
3
Er hat beantragt,
1.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von 29.422,78 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 11.09.2020 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs …, Fahrzeug-Ident.-Nr. …
2.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte sich mit der Entgegennahme des Fahrzeugs aus dem Antrag zur 1. in Annahmeverzug befindet.
3.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von 1324,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit 11.09.2020 für die außergerichtliche Rechtsverfolgung zu zahlen.
4
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
5
Sie hat die Einrede der Verjährung erhoben und darauf verwiesen, dass der Kläger aufgrund der öffentlich Presseberichterstattung ab September 2015 von dem Sachverhalt Kenntnis gehabt habe bzw. hätte haben müssen.
6
Das Landgericht hat die Klage mit Endurteil vom 07.12.2020 abgewiesen.
7
Schadensersatzansprüche des Klägers seien verjährt. Klageerhebung sei dem Kläger bereits im Jahr 2015 zumutbar gewesen. Denn er habe sich bereits in diesem Jahr in mindestens grob fahrlässiger Unkenntnis von den für den Beginn der Verjährung erforderlichen Tatsachen befunden. Selbst wenn der Verjährungsbeginn nicht Ende des Jahres 2015 erfolgt sei, seien die Ansprüche des Klägers mit Ablauf des Jahres 2019 verjährt. Er sei unstreitig durch ein Schreiben der Beklagten davon unterrichtet worden, dass sein Fahrzeug vom Abgasskandal betroffen sei. Die Klagepartei habe eingeräumt, dass es möglich sei, dass dieses Schreiben bereits im Jahre 2016 zugegangen sei. Es sei gerichtsbekannt, dass dieses Schreiben im Jahre 2016 an die Fahrzeugeigentümer versandt worden seien. Der Kläger habe daher spätestens seit dem Jahre 2016 positive Kenntnis gehabt. Hinsichtlich der Behauptung, durch das Software-Update sei ein neuer Schaden entstanden, sei die Klage nicht hinreichend substantiiert. Ein Schadensersatzanspruch gemäß § 852 BGB stehe dem Kläger nicht zu. Den Kaufpreis habe die Verkäuferin, nicht aber die Beklagte erhalten. Der Geldfluss zwischen der Verkäuferin und der Beklagten sei nicht auf Kosten des Klägers geschehen. Ferner stehe der Anwendung des § 852 BGB entgegen, dass der Kläger ein voll nutzbares Fahrzeug erhalten habe. Zwar sei er bereits durch den ungewollten Vertragsschluss geschädigt worden, allerdings habe sich die bestehende Gefahr der Betriebsuntersagung bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug nicht erfüllt. Daher habe die tatsächliche Möglichkeit, das Fahrzeug zu nutzen, den Verlust der Nutzungsmöglichkeit des Geldes kompensiert. Insofern entspreche ein Anspruch gemäß § 852 BGB nicht dem Normzweck und käme einer nach allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen nicht gerechtfertigten Überkompensation gleich. Soweit der Kläger im Hinblick auf das, was die Beklagte auf seine Kosten erhalten habe, auf deren Gewinnmarge abstelle, sei dies unschlüssig. Maßgebend könne nur die Gewinnmarge sein, die auf die ursprünglich unzulässige Abschalteinrichtung entfallen sei. Dazu habe die Klagepartei nicht schlüssig vorgetragen.
8
Gegen das ihm am 18.12.2020 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.01.2021 Berufung eingelegt, die er nach Fristverlängerung bis 11.03.2021 an diesem Tag begründet hat. Das Landgericht habe unzutreffend angenommen, dass seine Ansprüche verjährt seien. Es beachte schon nicht, dass die Beklagte durch das Software-Update weitere Abschalteinrichtungen in Form eines Thermofensters installiert habe, außerdem habe sie das On-Board-Diagnosesystem manipuliert. Hilfsweise sei § 852 BGB anwendbar. Diese Ansprüche verjährten erst nach 10 Jahren. Es handelte sich um einen sogen. „Restschadensersatzanspruch“. Die Haftung sei auf die ungerechtfertigte Bereicherung des Schädigers infolge der unerlaubten Handlung beschränkt. Es komme aber nicht darauf an, ob er die Bereicherung unmittelbar vom Geschädigten oder durch Vermittlung eines anderen an der Tat Beteiligten erhalten habe. Wegen der Höhe des Schadensersatzanspruches habe die Beklagte zu ihrer Gewinnmarge vorzutragen.
9
Der Kläger beantragt,
das Ersturteil aufzuheben und nach seinen erstinstanzlich gestellten Anträgen zu erkennen.
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Der Senat hat den Kläger mit ihm am 16.03.2021 zugestellten Beschluss vom 15.03.2021 darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Soweit der Klägerin seinen Schadensersatzanspruch auf die Installation des Software-Updates stütze, sehe der Bundesgerichtshof insoweit keine sittenwidrige Schädigung. Hinsichtlich des On-Board-Diagnosesystems leuchteten seine Überlegungen schon deshalb nicht ein, weil der Fehlerspeicher bereits bei Auslieferung des Pkw´s manipuliert gewesen sei. Das von ihm behauptete Verschleiern der Überschreitung der zulässigen Grenzwerte stehe somit in unmittelbarem Zusammenhang mit dem bereits verjährten Sittenverstoß Prüfstanderkennungssoftware. Hinsichtlich des Herausgabeanspruchs nach § 852 BGB fehle es bereits an einer zulässigen Berufungsbegründung. Denn das Landgericht habe seine Klageabweisung auch darauf gestützt, dass der Kläger ein voll nutzbares Fahrzeug erhalten habe. Außerdem habe er nicht hinreichend dazu vorgetragen, was die Beklagte auf seine Kosten hätte erlangt haben sollen. Maßgebend sei nur die Gewinnmarge, die auf die ursprüngliche Abschalteinrichtung entfallen sei, zu dieser habe er nicht ansatzweise schlüssig vorgetragen. Damit befassten sich die Textbausteine zur Anwendbarkeit des § 852 BGB ab Seite 13 der Berufungsbegründung nicht.
11
Dem ist der Kläger mit Schriftsatz vom 30.03.2021 entgegengetreten. Das OLG Stuttgart habe mit Urteil vom 09.03.2021 in vergleichbarer Konstellation einen Schadensersatz gemäß § 852 BGB zugesprochen. Es spiele keine Rolle, ob der Kläger das Fahrzeug direkt von der Beklagten oder über einen Vertragshändler gekauft habe. Daher werde der Senat erneut aufgefordert, die Beklagte aufzufordern, ihre Marge offenzulegen. Die Anforderungen an eine Berufungsbegründung seien erfüllt. Der BGH habe bereits entschieden, dass jedenfalls ausnahmsweise die Bezugnahme auf ein anderes Urteil in einer Parallelangelegenheit zur Berufungsbegründung ausreichen könne. Klägerseits sei detailliert zur Anwendbarkeit des § 852 BGB vorgetragen worden.
II.
12
Die Berufung hat keinen Erfolg, weil das Landgericht zutreffend von der Verjährung deliktischer Schadensersatzansprüche ausgegangen ist und es im in Hinblick auf die Klageabweisung wegen eines Anspruchs aus § 852 BGB an einer zulässigen Berufungsbegründung fehlt.
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1. Auf den Hinweis des Senats, dass deliktische Schadensersatzansprüche wegen der Installation des Software-Updates und des On-Board-Diagnosesystems ausscheiden, hat der Kläger nicht reagiert, so dass zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Hinweis Beschluss vom 15.03.2021 verwiesen wird.
14
2. Im Hinblick auf die Klageabweisung wegen eines Anspruchs aus § 852 BGB fehlt es an einer zulässigen Berufungsbegründung.
15
a. Betrifft das Ersturteil mehrere prozessuale Ansprüche, so ist für jeden dieser Ansprüche eine den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Nr.2 ZPO genügende Begründung erforderlich (st. Rspr. des BGH, vgl. etwa Urt. v. 14.06.2012, IX ZR 150/11, Rn.10). Hier liegen in prozessualer Hinsicht unterschiedliche Streitgegenstände vor. Bei den Ansprüchen aus § 826 bzw. 852 BGB handelt es sich nicht lediglich um jeweils eine von mehreren Grundlagen desselben prozessualen Anspruchs. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der Streitgegenstand durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet. Zum Anspruchsgrund sind alle Tatsachen zu rechnen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden, den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtungsweise zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören, den der Kläger zur Stützung seines Rechtsschutzbegehrens dem Gericht vorträgt. Eine Mehrheit von Streitgegenständen liegt damit auch dann vor, wenn die materiell-rechtliche Regelung die zusammentreffenden Ansprüche durch eine Verselbständigung der einzelnen Lebensvorgänge erkennbar unterschiedlich ausgestaltet. Die – hier gegebene teilweise – vorliegende Einheitlichkeit des Klageziels genügt nicht, um einen einheitlichen Streitgegenstand anzunehmen. Kann der Kläger die Klagesumme nur einmal beanspruchen, liegt bei einer Mehrheit von Streitgegenständen eine alternative Klagehäufung i.S.d. § 260 ZPO vor, bei der der Kläger – wie hier geschehen – angeben muss, in welcher Reihenfolge er sein Klagebegehren im Hinblick auf die verschiedenen Streitgegenstände stützt. Nach diesen Grundsätzen ist das auf § 826 BGB gestützte Schadensersatzbegehren mit dem von dem Kläger so bezeichneten „Restschadensersatzanspruch“ nicht identisch. Zwar haben sie in dem Bestehen des vom Kläger behaupteten Schadensersatzanspruch einen gemeinsamen Tatsachenkern. Darin erschöpft sich aber auch die Gemeinsamkeit. Während es für den Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB nur darauf ankommt, ob dieser infolge des sittenwidrigen Handelns der Beklagten besteht, wird der im Zusammenhang mit dem Anspruch aus § 852 BGB zur Entscheidung gestellte Lebensvorgang auch dadurch geprägt, dass wenn feststeht, dass der Geschädigte nach Deliktsrecht etwas hätte beanspruchen können, in einem zweiten Schritt anhand der §§ 818 ff. zu ermitteln ist, welchen Umfang die vom Schädiger durch die unerlaubte Handlung erlangte Bereicherung hat. Übersteigt die Bereicherung den Schaden, kann der Verletzte vollen Ersatz verlangen; bleibt sie dahinter zurück, ist der Ersatzanspruch entsprechend zu kürzen (MK-BGB/Wagner, 8.Aufl. 2020, Rn.6 zu § 856 BGB mwN). Damit sind die zusammentreffenden Ansprüche durch eine Verselbständigung nach Verwirklichung des deliktischen Tatbestands insbesondere hinsichtlich der Rechtsfolgenseite erkennbar unterschiedlich ausgestaltet (vgl. zum Ganzen a. BGH, Urt. v. 5.7.2015, XI ZR 254/15, Rn.13-27).
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b. Nach § 520 Abs. 3 S.2 Nr.2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt. Der Berufungskläger hat deshalb diejenigen Punkte rechtlicher Art darzulegen, die er als unzutreffend ansieht, und dazu die Gründe anzugeben, aus denen er die Fehlerhaftigkeit jener Punkte und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung herleitet. Besondere formale Anforderungen bestehen nicht; für die Zulässigkeit der Berufung ist es insbesondere ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind. Jedoch muss die Berufungsbegründung auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein. Es reicht dagegen nicht aus, die Auffassung des Erstgerichts mit formularmäßigen Sätzen oder allgemeinen Redewendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen. Ungenügend sind insbesondere Textbausteine und Schriftsätze aus anderen Verfahren (BGH, Urt. v. 02.04.2019, XI ZR 466/17 Rn.13/14, ern. Beschluss vom 21.07.2020, VI ZB 68/19 Rn.5-11, VI ZB 59/19 Rn.4/5; Beschluss vom 25.08.2020, VI ZB 67/19 Rn.9-14, Beschluss vom 29.09.2020, VI ZB 92/19 Rn.6-9, Beschluss vom 27.10.2020, VI ZB 6/20 Rn.7-12 – jeweils Dieselskandal, anders Beschluss vom 21.07.2020, VI ZB 7/20 Rn.10/11 für Verweis auf im wesentlichen „sachverhaltsgleiches“ Berufungsurteil; Beschluss vom 25.08.2020, VI ZB 5/20: Es reicht Verweis auf die Annahme, dass § 826 BGB erfüllt ist, s.a. Beschluss v. 27.10.2020, VI ZB 81/19 Rn.10/11).
17
Eine diesen Anforderungen genügende Begründung liegt hinsichtlich eines Anspruchs des Klägers aus § 852 ZPO nicht vor. Ausweislich LGU S.12 hat das Landgericht seine Klageabweisung betreffend diesen Anspruch unter anderem damit begründet, dass der Anwendung des § 852 BGB der Umstand entgegenstehe, dass der Kläger als Gegenleistung für die Hingabe des Kaufpreises ein in tatsächlicher Hinsicht voll nutzbares Fahrzeug erhalten habe. Er habe durch den ungewollten Vertragsschluss zunächst zwar einen Schaden erlitten, gleichwohl habe er das Fahrzeug im Streitfall aber tatsächlich nutzen können, weil sich die bestehende Gefahr nicht realisiert habe. Die tatsächliche Nutzungsmöglichkeit habe den Verlust der Nutzungsmöglichkeit des Geldes kompensiert. Nach dem Gesagten entspreche ein Ersatzanspruch gemäß § 852 BGB nicht dem Normzweck, sondern käme einer nach allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen nicht gerechtfertigten Überkompensation gleich. Der Kläger beschäftigt sich ab S.13 der Berufungsbegründung unter den Punkten 4.a) und b) mit der „hilfsweise“(n) „Anwendbarkeit des § 852 BGB.“ Diese soll nach seinen Ausführungen daraus resultieren, dass der Anspruch aus unerlaubter Handlung erhalten bleibe, sich jedoch auf den Umfang der ungerechtfertigten Bereicherung beschränke. Dabei könne es nicht darauf ankommen, ob die Beklagte die Bereicherung unmittelbar vom Geschädigten oder durch die Vermittlung eines anderen an der Tat Beteiligten erhalte. Insoweit setzt sich der Kläger mit der Meinung des Landgerichts auseinander, dass ihm ein Schadensersatzanspruch schon deshalb nicht zustehe, weil der Kaufpreis der Verkäuferin zugeflossen sei.
18
Daneben hat das Landgericht die Klageabweisung allerdings selbstständig und unabhängig von diesem Argument darauf gestützt, dass der Kläger die Möglichkeit gehabt habe, das Fahrzeug zu nutzen. Das kompensiere den Verlust der Nutzungsmöglichkeit des an die Verkäuferin bezahlten Geldes. Hiermit setzen sich auch die weiteren Ausführungen des Klägers ab Seite 16 der Berufungsbegründung zu Ziffer 4.b) „Höhe des Schadensersatzes“ nicht auseinander. Denn das Landgericht hat seine Klageabweisung insoweit nicht damit begründet, dass der Kläger seiner Darlegungslast im Hinblick auf die bei der Beklagten festzustellende Bereicherung nicht nachgekommen sei, sondern damit, dass angesichts der eingetretenen Situation ein Ersatzanspruch nach § 852 BGB wegen Überkompensation dem Gesetzeszweck nicht entspreche. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auf diverse Instanzentscheidungen verweist, betreffen diese ausweislich seiner Zitate die sekundäre Darlegungslast der Beklagten, nicht aber die Frage der Überkompensation eines möglichen Schadensersatzanspruchs.
19
Das in der Stellungnahme des Klägers vom 30.03.2021 zitierte Urteil des OLG Stuttgart vom 09.03.2021 lag bei Vorlage der Berufungsbegründung mit Ablauf der Berufungsbegründungsfrist am 11.03.2021 noch nicht vor und kann dementsprechend nicht den erforderlichen Vortrag in der Berufungsbegründung ersetzen. Daran ändert es auch nichts, dass sich die Berufungsbegründung bei ihrer Einreichung „lediglich hilfsweise“ auf den Anspruch nach § 852 BGB stützt. Es lässt sich ihr zwar entnehmen, dass der Kläger hilfsweise auch den Anspruch nach § 852 BGB weiterverfolgen wollte, allerdings befasst die Berufungsbegründung sich nicht mit der Meinung des Landgerichts, dass der geltend gemachte Schaden nicht in den Schutzzweck der Norm falle. Insoweit besteht ein entscheidender Unterschied zu der vom Kläger hinsichtlich der Zulässigkeit seiner Berufungsbegründung zitierten Entscheidung des BGH vom 21.07.2020, VI ZB 7/20, denn dort heißt es unter Rn.10, dass der Verweis auf eine andere Entscheidung in aller Regel für eine ausreichende Berufungsbegründung nicht ausreiche, im dort entschiedenen Fall habe sich das dort zitierte Urteil aber damit befasst, dass nach Art und Entstehungsweise der entstandene Scahden in den Schutzzweck der Norm falle. Genau das ist hier nicht der Fall. Im Gegensatz zu seinen diesbezüglichen Pauschalbehauptungen hat der Kläger gerade nicht detailliert zu den verschiedenen Ablehnungsgründen des Landgerichts und zur Anwendbarkeit des § 852 BGB vorgetragen.
20
Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit gemäß §§ 708 Nr.10, 711 ZPO. Als Streitwert für das Berufungsverfahren wird der Wert der angestrebten Verurteilung angesetzt.