Titel:
Gläubigerbenachteiligung bei Empfang der angefochtenen Zahlungen als Treuhänder
Normenkette:
InsO § 129 Abs. 1, § 133 Abs. 1
Leitsatz:
Eine Gläubigerbenachteiligung liegt grundsätzlich auch dann vor, wenn der Anfechtungsgegner die angefochtenen Zahlungen als Treuhänder empfangen und sofort an den Berechtigten weitergeleitet hat, sofern die Zahlungen auf einem Konto eingegangen sind, das auch für eigene Zwecke des Treuhänders genutzt wird (Anschluss an BGH BeckRS 2011, 7835). (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Insolvenzanfechtung, Vorsatzanfechtung, Gläubigerbenachteiligung, Treuhänder, Aussonderung, Konto für eigene Zwecke, Gläubigerbenachteiligungsvorsatz, Inkongruenz
Vorinstanz:
LG Regensburg, Urteil vom 28.08.2018 – 4 O 380/17 (1)
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Urteil vom 22.02.2024 – IX ZR 106/21
Fundstelle:
BeckRS 2021, 65310
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 28.08.2018, Az. 4 O 380/17 (1), wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Nebeninterventionen zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Regensburg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vom Beklagten oder dem jeweiligen Streithelfer vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte oder der jeweilige Streithelfer vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 296.700,00 € festgesetzt.
Entscheidungsgründe
1
Mit Beschluss des Amtsgerichts Aalen – Insolvenzgericht – vom 30.10.2013 (Az.: 4 IN 199/13) wurde über das Vermögen der M das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. In Ausübung dieses Amtes fordert er vom Beklagten aus Insolvenzanfechtung die Zahlung von 296.700 Euro sowie die Zahlung außergerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 3.260,90 Euro jeweils nebst Zinsen.
2
Der Beklagte, dessen Mitglieder Augenoptiker sind, ist alleiniger Gesellschafter der Marketing-Gesellschaft D (abgekürzt: M). Diese wiederum ist alleinige Gesellschafterin der M. Der Vorstand der Beklagten ist Mitglied des Beirats der M Geschäftsführer der M war bis zum 04.03.2013 der Streithelfer Dr. K; diesem folgte der Streithelfer S als Geschäftsführer.
3
Die M (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin) überwies von ihrem allgemeinen Geschäftskonto an den Beklagten am 17.02.2013 100.000 Euro, am 19.02.2013 49.300 Euro, am 07.03.2013 1.000 Euro und am 16.07.2013 146.400 Euro, mithin einen Gesamtbetrag in Höhe von 296.700 Euro.
4
Der Geschäftsführer S stellte am 22.08.2013 Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin.
5
Mit Schreiben vom 23.04.2015 erklärte der Kläger gegenüber dem Beklagten die Anfechtung der genannten Auszahlungen.
6
Der Kläger hat behauptet, die Insolvenzschuldnerin habe mit diesen Zahlungen an den Beklagten keine Mitgliedsbeiträge weitergeleitet, welche die Mitglieder des Beklagten zuvor auf das Konto der Insolvenzschuldnerin eingezahlt hätten. Es habe auch kein entsprechendes Treuhandverhältnis bestanden. Vielmehr seien durch die Mitglieder des Beklagten auf das Konto der Insolvenzschuldnerin Vergütungen aus Lieferungs- und Dienstleistungsverträgen eingezahlt worden. Der Beklagte habe im Gegenzug zu den Auszahlungen auch keine Leistungen für die Insolvenzschuldnerin in unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang erbracht. Spätestens ab dem 18.01.2013 habe die Insolvenzschuldnerin ihre Zahlungen an die Gesamtheit ihrer Gläubiger eingestellt und sei zahlungsunfähig gewesen, was ihr auch bekannt gewesen sei. Dem Beklagten sei zumindest bekannt gewesen, dass die Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin gedroht habe.
7
Der Beklagte hat vorgetragen, dass die Zahlungen sich ausschließlich aus Mitgliedsbeiträgen der Mitglieder des Beklagten zusammengesetzt hätten, welche die Insolvenzschuldnerin treuhänderisch für den Beklagten eingezogen und nach Erhalt an den Beklagten ausgekehrt habe. Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin habe bis kurz vor Insolvenzantragsstellung nicht vorgelegen. Der Beklagte habe keine Kenntnis von einer (drohenden) Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin gehabt. Weiter hat der Beklagte gegen den Klageanspruch die Einrede der Verjährung erhoben.
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Wegen der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des Endurteils des Landgerichts Regensburg vom 28.08.2018 Bezug genommen.
9
Mit Schriftsatz vom 12.07.2017 hat der Beklagte Dr. K und C den Streit verkündet. Diese sind dem Rechtsstreit auf Seiten des Beklagten mit Schriftsätzen ihrer Prozessbevollmächtigten vom 14.05. und 04.06.2018 beigetreten.
10
Das Landgericht Regensburg hat mit Urteil vom 28.08.2018 nach uneidlicher Einvernahme der Zeugen Dr. K, S und W die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass es sich bei den Zahlungen der Insolvenzschuldnerin an den Beklagten um Mitgliedsbeiträge der Mitglieder der Beklagten gehandelt habe. Diese habe die Insolvenzschuldnerin treuhänderisch eingezogen und an den Beklagten weitergeleitet. Hierdurch sei keine Gläubigerbenachteiligung eingetreten. Weiterhin sei der Nachweis der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin ab Januar 2013 nicht erbracht worden.
11
Gegen dieses den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 31.08.2018 zugestellte Urteil haben diese mit Schriftsatz vom 28.09.2018, eingegangen bei Gericht am selben Tag, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 31.10.2018, eingegangen bei Gericht am selben Tag, begründet.
12
Der Kläger wiederholt und vertieft in der Berufungsinstanz seinen erstinstanzlichen Vortrag.
- 1.
-
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Regensburg vom 28.08.2018 den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 296.700,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.10.2013 zu zahlen;
- 2.
-
den Beklagten ferner zu verurteilen, an den Kläger einen weiteren Betrag in Höhe von 3.260,90 Euro außergerichtliche Anwaltskosten nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
14
Der Beklagte und die Streithelfer zu1) und 2) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
15
Der Beklagte und die Streithelfer verteidigen das erstinstanzliche Urteil.
16
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
17
Der Senat hat Beweis erhoben durch uneidliche Einvernahme der Zeugen R, B, S und Dr. K. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird verwiesen auf die Sitzungsniederschriften vom 20.10.2020 und vom 23.02.2021.
18
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
19
Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch aus Insolvenzanfechtung zu.
20
1. Ein solcher ergibt sich nicht aus § 133 Abs. 1 InsO.
21
Nach § 133 Abs. 1 InsO ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, anfechtbar, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
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a. Die Überweisungen der Insolvenzschuldnerin an den Beklagten erfolgten innerhalb der Zehn-Jahres-Frist des § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO.
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b. Durch die Überweisungen der Insolvenzschuldnerin, welche die haftende Masse verringert haben, ist objektiv auch eine Gläubigerbenachteiligung eingetreten.
24
Der Kläger konnte zwar seine Behauptungen nicht beweisen, dass die Mitglieder der Beklagten an die Insolvenzschuldnerin Vergütungen aus Lieferungs- und Dienstleistungsverträgen gezahlt hätten und dass es sich bei den Auszahlungen der Insolvenzschuldnerin an den Beklagten um inkongruente Zahlungen gehandelt habe, die ohne Gegenleistung an den Beklagten geflossen seien. Für diese Behauptungen hat der Kläger allein auf den Inhalt der Anlage LR-1 (Überschrift: „Wie wird man AMA e.V. Mitglied“) verwiesen, wonach der Abschluss eines Lieferungs- und Dienstleistungsvertrages mit der „M“ Voraussetzung für die Mitgliedschaft im Beklagten ist. Allein durch diese Formulierung wird bereits nicht klar, ob Voraussetzung für die Mitgliedschaft bei der Beklagten ein Vertragsabschluss mit der „M“ oder der „M“ ist. Die einvernommenen Zeugen haben den Vortrag des Klägers zudem nicht bestätigt. Der ehemalige Geschäftsführer Dr. K hat durch seine Zeugenangaben vielmehr den Beklagtenvortrag gestützt, nach dem es sich bei den Auszahlungen der Insolvenzschuldnerin um durch die Insolvenzschuldnerin eingezogene und dann an den Beklagten weitergeleitete Mitgliedsbeiträge gehandelt habe. Nach den Angaben des Zeugen sei wegen fehlender technischer und personeller Möglichkeiten beim Beklagten ab dem Jahr 2003 die Einziehung der Mitgliedsbeiträge des Beklagten von der MDA Services GmbH über ihr normales Geschäftskonto erfolgt; anschließend sei die Summe dann an den Beklagten überwiesen worden. Seitens des Beklagten wurden auch exemplarisch zwei Rechnungen der M vorgelegt (Anlage LR-2), nach deren Inhalt die Insolvenzschuldnerin entsprechend dem Beklagtenvortrag „AMA Mitgliedsbeiträge“ für das Jahr 2013 von einem Optiker einfordert. Der damalige alleinige Geschäftsführer des Beklagten, der Zeuge W, war zwar der Ansicht, dass die Mitgliedsbeiträge von der M eingezogen worden seien. Auch der Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin S konnte sich nicht erinnern, ob die Mitgliedsbeiträge des Beklagten von der M oder der Insolvenzschuldnerin eingezogen worden waren. Andererseits ist durch Aussagen der Zeugen gerade auch nicht das Vorbringen des Klägers belegt worden.
25
Doch selbst bei Annahme des Beklagtenvorbringens, nach dem es sich bei den ausgezahlten Beträgen ausschließlich um Mitgliedsbeiträge gehandelt habe, welche die Insolvenzschuldnerin treuhänderisch für den Beklagten vereinbarungsgemäß eingezogen und unmittelbar nach Erhalt an den Beklagten ausgekehrt habe, ist eine objektive Gläubigerbenachteiligung gegeben. Die Massebezogenheit der Zahlungen wäre auch bei Annahme dieses Sachverhaltes nicht entfallen und ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO des Beklagten nicht begründet worden. Für ein Aussonderungsrecht des Treugebers ist im Falle der Einzahlungen von Dritten auf ein Konto des Treuhänders notwendig, dass das Konto offen ausgewiesen oder sonst nachweisbar ausschließlich zur Aufnahme von treuhänderisch gebundenen Fremdgeldern bestimmt ist (BGH, Urteil v. 10.02.2011, Az. IX ZR 49/10, juris Rn. 13 ff.). In diesem Fall erstreckt sich das Treuhandverhältnis auch auf von dritter Seite eingegangene Zahlungen, sofern die ihnen zugrunde liegenden Forderungen nicht in der Person des Treuhänders, sondern unmittelbar in der Person des Treugebers entstanden sind (BGH a.a.O.). Tatsächlich wurden die Mitgliedsbeiträge jedoch auf ein allgemeines Geschäftskonto der Insolvenzschuldnerin überwiesen. Guthaben auf Konten, die auch für eigene Zwecke des Treuhänders genutzt werden, können in der Insolvenz des Treuhänders nicht ausgesondert werden (BGH a.a.O.).
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c. Es kann offen bleiben, ob die Insolvenzschuldnerin im Zeitpunkt der Auszahlungen mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gehandelt hat, da jedenfalls der Kläger nicht den Nachweis erbringen konnte, dass der Beklagte zur Zeit der Auszahlungen von einem etwaigen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Insolvenzschuldnerin Kenntnis gehabt hat.
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Der Kläger konnte inkongruente Auszahlungen der Insolvenzschuldnerin an den Beklagten bereits nicht beweisen.
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Der Beklagte ist an der Insolvenzschuldnerin gesellschaftsrechtlich nicht unmittelbar beteiligt. Auch ein Näheverhältnis nach § 138 Abs. 2 InsO bestand nicht. Allein aus der Tatsache, dass der Vorstand des Beklagten Mitglied des Beirates der M gewesen ist, kann ebenfalls nicht auf ausreichende Erkenntnisse des Beklagten zu einer etwaigen finanziellen Schieflage der Insolvenzschuldnerin im Zeitpunkt der Auszahlungen geschlossen werden. Der Zeuge S, der bis zur Insolvenz an einigen Beiratssitzungen der M teilgenommen hat, konnte zu den Themen dieser Beiratssitzungen auch keine Angaben mehr machen.
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Soweit seitens der Klagepartei vorgetragen wurde, der Beklagte sei anlässlich von gemeinsamen Sitzungen von der Geschäftsleitung der Insolvenzschuldnerin über die wirtschaftliche Schieflage der Insolvenzschuldnerin informiert worden, hat die Beweisaufnahme dies nicht bestätigen können. Die ehemaligen Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin haben im Rahmen ihrer Einvernahmen nicht angegeben, den Beklagten aktiv über etwaige Zahlungsprobleme der Insolvenzschuldnerin informiert zu haben. Der Zeuge Dr. K hat dies sogar ausdrücklich verneint und angegeben, dass es während seiner Geschäftsführertätigkeit keine Insolvenzprobleme der M gegeben habe. Die Zeugin R hat weiter angegeben, dass sie bei der Vorstandssitzung des Beklagten vom 28.11./29.11.2012 und bei einer weiteren Sitzung im Frühjahr oder Frühsommer 2013 anwesend gewesen sei, an welcher der Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin sowie die Vorstandsmitglieder und der Geschäftsführer des Beklagten teilgenommen hätten. In diesen Sitzungen sei es um den Mitgliederschwund beim Beklagten gegangen. Sie könne sich nicht erinnern, dass auch Zahlungsschwierigkeiten der M Thema gewesen sei. In der Sitzung vom 28./29.11.2012 habe sie zwar ein Sanierungskonzept vorgestellt. Dieses habe sich aber nicht mit betriebswirtschaftlichen Einzelheiten befasst. Es habe sich um ein Vertriebskonzept zur Gewinnung von Neukunden gehandelt.
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Der Kläger hat weiter angeführt, dass der Beklagte mithilfe seiner Prozessbevollmächtigten die Restrukturierung der Insolvenzschuldnerin habe prüfen lassen. Insoweit hätten die Prozessbevollmächtigten der Beklagten an einem Bankengespräch mit der Kreissparkasse O am 18.04.2013 sowie an Besprechungen zwischen dem Vorstand der Beklagten und dem Geschäftsführer S teilgenommen. Diese Tätigkeiten seien durch die Prozessbevollmächtigten gemäß Abrechnung (Anlage K11) im Zeitraum vom 04.03. bis 17.05.2013 erfolgt. Unabhängig von der Frage, ob die aufgeführten Tätigkeiten tatsächlich für die M oder ggfs. nur für die M erfolgten, ergeben sich aus der Tatsache von gemeinsamen Besprechungen und aufgrund der konkreten Tätigkeitsangaben in den Abrechnungen keine Belege für eine Information des Beklagten über eine drohende Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin.
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Tatsächlich wurde durch den Zeugen S weiter zwar bestätigt, dass seitens des Beklagten im März 2013 nach dem Weggang des Geschäftsführers Dr. K die Firma H mit einem Liquiditäts- und Restrukturierungsgutachten betreffend die M beauftragt worden ist. Der Zeuge gab aber weiter an, dass dieses Gutachten zum Stichtag 02.04.2013 zu einem Liquiditätsüberschuss von ca. 200.000 Euro und einer Liquidität bis September 2013 gekommen sei, so dass auch hieraus nicht auf eine Kenntnis des Beklagten auf das Vorliegen von Liquiditätsproblemen bei der Insolvenzschuldnerin zum Zeitpunkt der Auszahlungen geschlossen werden kann.
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Der Kläger hat weiter vorgetragen, dass die Kenntnis des Beklagten vom Vorliegen von Zahlungsunfähigkeit daraus zu folgern sei, dass der Beklagte für die Insolvenzschuldnerin verschiedene Dienstleistungen erbracht habe und die hierfür erstellten Rechnungen vom 24.07.2012, 05.10.2012, 28.12.2012, 13.05.2013, 05.08.2013 und 08.08.2013 über einen Gesamtbetrag von 136.208,59 Euro durch die Insolvenzschuldnerin nicht beglichen worden sind. Bereits zum 28.12.2012 seien aus diesen Rechnungen 67.876,55 Euro offen gewesen. Insoweit ergibt sich bereits, dass die Rechnungen vom 05.08. und 08.08.2013 als Rechnungsempfänger nicht die Insolvenzschuldnerin, sondern die M aufweisen. Hinsichtlich der übrigen Rechnungen hat der Beklagte zudem bereits bestritten, dass diese fällig gewesen seien. Sie hätten deshalb auch keine Zahlungsziele ausgewiesen. Der Streithelfer S macht zudem die Vereinbarung einer Stundung bis zu einer nachhaltigen Sanierung der Insolvenzschuldnerin geltend.
33
Es besteht ebenfalls kein Beleg dafür, dass der Beklagte über weitere erhebliche offenstehende und fällige Gläubigerforderungen informiert gewesen ist oder mit diesen rechnete. Betreffend die zum Zeitpunkt der Auszahlungen parallel ausstehenden Forderungen der Firma W hat deren Geschäftsführer, der Zeuge B, bereits keine Einbindung der Beklagten, insbesondere nicht in die mit der Insolvenzschuldnerin seitens der W geschlossene Ratenzahlungsvereinbarung, geschildert. Im Übrigen hat der Zeuge angegeben, dass auch ihm gegenüber seitens der Vertreter der Insolvenzschuldnerin nie signalisiert worden sei, dass Zahlungen nicht geleistet werden können. Aus der Aussage des Zeugen ist zu entnehmen, dass die Forderungen gestundet wurden, ohne dass dies durch eine bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin erzwungen worden wäre.
34
Schließlich hat der Zeuge S angegeben, dass Mitte April 2013 ein Gespräch zwischen der Firma H und den Banken stattgefunden habe. Dort hätten die Banken die Forderung erhoben, dass die Vereinsmitglieder 750.000 Euro aufzubringen hätten. Er könne sich aber nicht erinnern, dass an diesem Gespräch ein Vertreter des Vereins teilgenommen habe. Das weitere vorgelegte Schreiben der Kreissparkasse O, welches sich mit der wirtschaftlich angespannten Lage der M und der M beschäftigt, ist an die M gerichtet und datiert vom 08.08.2013, mithin nach der letzten streitgegenständlichen Auszahlung der Insolvenzschuldnerin am 16.07.2013. Soweit in dem Schreiben darauf Bezug genommen wird, dass die Gesellschafter/Mitglieder des Beklagten zur Liquiditätsunterstützung und zum Verlustausgleich mit Fristsetzung zum 12.08.2013 aufgefordert worden seien, eine Summe von 750.000 Euro über ein Treuhandkonto einzuwerben, ergibt sich hieraus nicht, dass diese Aufforderung bereits vor dem 16.07.2013 erfolgt ist. Auch soweit die Zeugin R hierzu angegeben hat, dass seitens der Beklagten im Juli 2013 aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten der Insolvenzschuldnerin die Mitglieder angeschrieben worden seien, um finanzielle Beiträge zu erhalten, ergibt sich auch hieraus nicht, dass dies vor der letzten Auszahlung vom 16.07.2013 erfolgt ist. Nicht auszuschließen ist zudem, dass das Herantreten des Beklagten an seine Mitglieder aus seiner Sicht der mittel- bis langfristigen Sanierung und nicht der kurzfristigen Liquiditätssicherung diente.
35
Der Kläger konnte daher auch unter Berücksichtigung aller Gesamtumstände nicht den Nachweis erbringen, dass der Beklagte zum Zeitpunkt der Auszahlungen Kenntnis von einer zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit des Beklagten gehabt hat.
36
2. Da der Kläger nach den obigen Ausführungen nicht nachgewiesen hat, dass der Beklagte zum Zeitpunkt der Auszahlungen durch die Insolvenzschuldnerin Kenntnis von einer etwaigen Zahlungsunfähigkeit durch die Insolvenzschuldnerin gehabt hat, scheidet auch ein Anspruch aus Insolvenzanfechtung nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO wegen der letzten Überweisung der Insolvenzschuldnerin vom 16.07.2013 aus.
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Die Vermutungsregel des § 130 Abs. 3 InsO greift ebenfalls nicht ein. Bei dem Beklagten handelt es sich um keine der Insolvenzschuldnerin nach § 138 Abs. 2 InsO nahestehende Person.
38
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO.
39
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 709 S. 2, § 711 ZPO.
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Die Revision wird nicht zugelassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 543 Abs. 2 ZPO).