Inhalt

VG Würzburg, Urteil v. 18.01.2021 – W 8 K 20.814
Titel:

Künstlerhilfe: Online-Antrag auch ohne häuslichen Internetanschluss zumutbar

Normenketten:
VwGO § 42, § 43, § 44a
GG Art. 3
Leitsatz:
Auch wenn ein Künstler nach eigenen Angaben keinen häuslichen Internetzugang sowie ein technologisch veraltetes Smartphone besitzt, ist es ihm nicht unmöglich oder unzumutbar, den Antrag auf Gewährung der Soforthilfe aus dem Künstlerhilfsprogramm dennoch auf dem zulässigerweise allein vorgesehenen elektronischen Wege zu stellen. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Auslegung des Klageantrags, Corona-Soforthilfe für freischaffende Künstler, Künstlerhilfsprogramm, Zulässigkeit der Klage fraglich, Antragstellung nur elektronisch möglich, keine willkürlichen Förderrichtlinien, keine Ungleichbehandlung, kein atypischer Ausnahmefall, elektronische Antragstellung für Antragsteller trotz fehlenden häuslichen Internetanschluss und veralteten Mobiltelefon möglich und zumutbar, Bezugnahme auf Beschluss im Eilverfahren und ablehnenden Beschluss des BayVGH, kein neues relevantes Vorbringen, Künstlerhilfe, Antragstellung, elektronisch, online, Internetanschluss, Ausnahme, zumutbar
Fundstelle:
BeckRS 2021, 652

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt eine Förderung aus dem Hilfsprogramm für freischaffende Künstlerinnen und Künstler des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst (Corona-Soforthilfe für freischaffende Künstler - Künstlerhilfsprogramm) ohne hierfür einen elektronischen Antrag zu stellen.
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1. Der Kläger ist nach eigenen Angaben als freier Wirtschaftsjournalist und Buchautor tätig. Mit Schreiben vom 14. Mai 2020 wandte er sich an die Regierung von ... und beantragte eine Corona-Soforthilfe für freischaffende Künstler in Höhe von insgesamt 3.000,00 EUR.
3
Mit Schreiben vom 28. Mai 2020 teilte die Regierung von ... mit, dass der Antrag nicht weiterbearbeitet werden könne, da die Beantragung der begehrten Förderung aus dem Künstlerhilfsprogramm ausschließlich online möglich sei.
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Mit Schreiben vom 25. Mai 2020 wandte sich der Kläger an das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst und beantragte wiederum eine Corona-Soforthilfe in Höhe von insgesamt 3.000,00 EUR und bat um eine schriftliche Verbescheidung des Antrags, da bei ihm derzeit kein Internetzugang und keine E-Mailadresse mehr bestehe.
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Mit Schreiben vom 5. Juni 2020 teilte das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst mit, dass der Antrag bei der zuständigen Bezirksregierung gestellt werden müsse und eine Antragstellung nur online möglich sei. Hinsichtlich seines Anliegens einer händischen Eingabe durch einen Sachbearbeiter müsse sich der Kläger an die Regierung von ... wenden.
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2. Mit Schreiben datiert auf 20./21. Juni 2020 - bei Gericht eingegangen am 23. Juni 2020 - erhob der Kläger Klage und stellte einen Eilantrag wegen „technologischer Diskriminierung“ (W 8 E 20.815). Er beantragt neben Prozesskostenhilfe,
das aktuelle Hilfsprogramm für freischaffende Künstlerinnen und Künstler, aufgelegt Mitte Mai 2020 durch die Bayerische Staatsregierung, exekutiert durch das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, respektive die Regierung von ..., schriftlich, also händisch zu beantragen und nicht ausschließlich über den elektronischen Weg einzureichen.
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Zur Begründung führt der Kläger im Wesentlichen aus: Durch die allein mögliche elektronische (online) Antragstellung werde er technologisch diskriminiert. Er verfüge seit März 2011, also seit nunmehr über neun Jahren, über keinen häuslichen Internet-Zugang mehr. Dieser sei vom Internet-Provider wegen Zahlungsschwierigkeiten gesperrt worden. Dies hätte einen negativen Schufa-Eintrag zur Folge gehabt, weshalb ihm auch andere Provider keinen Internet-Zugang mehr zur Verfügung stellen würden. Sein Smartphone stamme aus dem Jahr 2011 und gelte als technologisch veraltet. Er könne selbst profane Apps wie „WhatsApp“ oder Wetter-Apps nicht aufspielen und auch nicht die „Corona-Warn-App“. Ein Erwerb eines neuen Smartphones sei aus finanziellen Gründen derzeit nicht möglich. Bis Mitte März 2020 habe der Kläger zumindest eingeschränkt den in der Stadtbücherei S. zur Verfügung gestellten Internet-Zugang nutzen können, was aber wegen der Corona-Schutz-Maßnahmen bis zum Tag der Einreichung des Antrags bei Gericht nicht mehr möglich sei. Sein aktuelles Buchprojekt liege brach. Er sei dringend auf die Soforthilfe angewiesen, da seine Vermieterin bereits Räumungsklage angedroht habe. Die ihm gegenüber erfolgte „digitale Diskriminierung“ verstoße gegen Art. 3 GG.
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Mit weiterem Schriftsatz vom 11. September 2020 führt der Kläger aus: Er könne aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht darauf verwiesen werden, den Online-Antrag über den Internetanschluss von Freunden oder Bekannten zu stellen. Auch würden die Daten bei einer Online-Antragstellung für immer im Internet stehen und Missbrauchsmöglichkeiten zugänglich. Der Kläger verfüge über keinerlei pfändbares Vermögen. Die Räumung seiner Wohnung stehe bevor.
9
Mit Schriftsatz vom 3. Juli 2020 beantragte die Regierung von ... für den Beklagten:
Die Klage wird abgewiesen.
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Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf die von ihm begehrte schriftliche Antragstellung. Ziffer 6 Satz 4 der Richtlinien für die Gewährung von finanziellen Hilfen für die von der Corona-Virus-Pandemie (SARS-CoV-2) betroffenen freischaffenden Künstlerinnen und Künstler („Künstlerhilfsprogramm“) sehe vor, dass die Antragstellung mit den notwendigen Erklärungen elektronisch erfolge. Zwar gelte der Grundsatz der Nichtförmlichkeit des Verwaltungsverfahrens und damit, dass Anträge an keine bestimmte Form gebunden seien. Jedoch könne das entsprechende materielle Recht gleichwohl eine bestimmte Form der Antragstellung vorschreiben, wie es hier geschehen sei. Ein Anspruch auf schriftliche Antragstellung ergebe sich für den Kläger insbesondere nicht aus Art. 3 Abs. 1 GG, denn bei den Finanzhilfen aus dem Künstlerhilfsprogramm handle es sich um eine freiwillige Billigkeitsleistung des Staates, auf die kein Rechtsanspruch bestehe. Dies habe auch für einen Anspruch auf eine bestimmte Form der Antragstellung zu gelten. Aus Gründen der Gleichbehandlung sei es vielmehr geboten, dass auch der Kläger - ebenso wie alle anderen Antragsteller - einen elektronischen Antrag stellen müsse, da er andernfalls gegenüber den anderen Antragstellern bessergestellt würde. Der Kläger sei nicht bereit, die nötige Kraft aufzuwenden, sich den Zugang zum Internet auf andere Weise zu verschaffen. Das Argument, er habe seit über neun Jahren keinen häuslichen Internetzugang, vermöge nicht zu überzeugen. Das Internet sei heutzutage allgegenwärtig und es sei dem Kläger problemlos zuzumuten, sich die Möglichkeit des Zugangs zum Internet auf andere Weise zu verschaffen. Es gebe in den Städten zahlreiche WLAN-Zugriffspunkte („Hotspots“) und vereinzelt Internetcafés. So habe beispielsweise der Inhaber eines Internetcafés in W. gegenüber dem Beklagten telefonisch angegeben, dass persönlich Termine vereinbart werden könnten. Selbst wenn man in der elektronischen Antragstellung eine Ungleichbehandlung zu Lasten des Klägers sehen wolle, so sei Ziffer 6 Satz 4 des Künstlerhilfsprogramms jedenfalls nicht willkürlich, sondern aus einem sachlichen Grund so geregelt worden. Es handle sich bei dem vorliegenden Künstlerhilfsprogramm um ein Masseverfahren, in welchem die Vorteile der Verwaltungsdigitalisierung mehr denn je an Bedeutung gewännen. Es sei Aufgabe einer modernen Verwaltung, diese Verfahren im Interesse der Antragsteller zügig und verfahrensökonomisch durchzuführen. Diese Aufgabe solle durch die elektronische Verfahrensausgestaltung im Interesse aller Antragsteller bestmöglich erfüllt werden. Abschließend sei noch darauf hinzuweisen, dass der Antragsgegner durchaus die Möglichkeit einer händischen Eingabe der Informationen des Klägers durch einen Sachbearbeiter der Regierung gedacht habe. Dies sei jedoch an der Erforderlichkeit der Angabe einer persönlichen E-Mailadresse, über die der jeweilige Sachbearbeiter mit dem Kläger kommunizieren könne und über die das Verwaltungsverfahren durch Zustellung eines Bescheids zum Abschluss komme.
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3. Mit Beschluss vom 13. Juli 2020 (W 8 E 20.815) lehnte das Gericht den Antrag des Klägers im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, gerichtet auf die Ermöglichung der nichtelektronischen Antragstellung, ab.
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Mit Beschluss vom 5. August 2020 (6 CE 20.1677) lehnte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof einen Antrag auf Prozesskostenhilfe zur Einlegung einer Beschwerde gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 13. Juli 2020 (W 8 E 20.815) ab. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wurde mit Beschluss vom 28. September 2020 abgelehnt.
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Im Schriftsatz vom 11. September 2020 verzichtete der Kläger auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Der Beklagte erklärte sich mit Schreiben vom 14. September 2020 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Verfahren W 8 E 20.815, W 8 K 20.1461 und W 8 E 20.1462) und insbesondere die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage, über die im Einverständnis mit den Beteiligten nach § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte, hat keinen Erfolg.
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Bei verständiger Würdigung des Vortrags des Klägers und des gestellten Antrags (§ 88 VwGO) ist dieser dahingehend auszulegen, dass der Kläger begehrt, einen formwirksamen Antrag auf Gewährung von einer finanziellen Hilfe aufgrund der Richtlinien für die Gewährung von finanziellen Hilfen für die von der Corona-Virus-Pandemie (SARS-CoV-2) betroffenen freischaffenden Künstlerinnen und Künstler (Künstlerhilfsprogramm), schriftlich und nicht auf dem elektronischen Weg, wie von den maßgeblichen Förderrichtlinien vorgesehen, stellen zu können.
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Es bestehen bereits Zweifel, ob die so verstandene Klage zulässig ist, jedenfalls ist sie aber unbegründet, da der Kläger keinen Anspruch auf eine nichtelektronische Antragstellung hat.
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Das Gericht nimmt Bezug auf seinen Beschluss vom 13. Juli 2020 (W 8 E 20.815), in welchem es das klägerische Vorbringen bereits ausführlich gewürdigt hat, sowie auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 5. August 2020 (6 CE 20.1667) und den ablehnenden Beschluss im Prozesskostenhilfeverfahren vom 28. September 2020. Der Kläger hat im weiteren Verfahren nichts vorgetragen, was eine im Vergleich zu diesen Beschlüssen abweichende Beurteilung rechtfertigt.
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Lediglich ergänzend ist auszuführen:
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1. Es bestehen Zweifel an der Zulässigkeit der Klage.
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Dies liegt aber nicht bereits daran, dass der Klage das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis fehlt, da die Antragstellung für die Bewilligung einer Künstlerhilfe nach den Richtlinien für die Gewährung von finanziellen Hilfen für die von der Corona-Virus-Pandemie (SARS-CoV-2) betroffenen freischaffenden Künstlerinnen und Künstler („Künstlerhilfsprogramm“) nach Nr. 6 Satz 1 der Richtlinien nur bis zum 30. September 2020 möglich war. Denn der Kläger hat während des laufenden Antragszeitraums jedenfalls einen schriftlichen Antrag bei der Regierung von ... gestellt und gerichtliche Eilanträge eingelegt sowie Klage erhoben. Darüber hinaus beruft sich der Kläger gerade darauf, dass eine schriftliche Antragstellung ausreichend sei. Die gerichtliche Verfahrenslaufzeit kann ihm nicht zum Nachteil gereichen.
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Gleichwohl ist fraglich, auf welchem Weg er sein Klageziel der nichtelektronischen Antragstellung statthafterweise verfolgen kann. Für eine Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage nach § 42 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 VwGO bedarf es eines Verwaltungsaktes nach Art. 35 BayVwVfG, dessen Erlass seitens des Beklagten abgelehnt wurde. Es ist zweifelhaft, ob dem Schreiben der Regierung von ... vom 28. Mai 2020, in dem mitgeteilt wird, dass eine Antragstellung nur elektronisch möglich sei, einen solchen Verwaltungsakt darstellt. In diesem Zusammenhang ist zudem § 44a VwGO zu beachten, wonach Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden können, der Kläger also die aus seiner Sicht ausreichende schriftliche Antragstellung in einer Klage auf Bewilligung der begehrten Förderung geltend machen müsste, über deren Voraussetzungen der Beklagte erkennbar nicht in der Sache entschieden hat.
23
Die Statthaftigkeit einer Klage auf Feststellung, dass eine wirksame Antragstellung im Rahmen des Künstlerhilfsprogramms auch schriftlich möglich ist, scheitert an der Subsidiarität der Feststellungsklage nach § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Der Kläger ist wiederum auf eine Klage auf Bewilligung der begehrten Förderung zu verweisen.
24
Letztlich kann die Frage der statthaften Klage und deren Zulässigkeit aber dahinstehen, da die Klage jedenfalls unbegründet ist.
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2. Die Klage ist unbegründet, da der Kläger keinen Anspruch darauf hat, seinen Antrag auf Bewilligung einer Künstlerhilfe schriftlich und nicht elektronisch zu stellen.
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Diesbezüglich hat das Gericht in seinem Beschluss vom 13. Juli 2020 (W 8 E 20.815) ausgeführt:
„(…) Denn der Antragsteller hat jedenfalls keinen Rechtsanspruch darauf, seinen Antrag auf Gewährung einer Soforthilfe aus dem Künstlerhilfsprogramm schriftlich bei der Regierung von ... zu stellen.
a.) Dies ergibt sich bereits aus den allgemeinen förderrechtlichen Grundsätzen. Denn auch die Förderung aus dem Künstlerhilfsprogramm stellt eine freiwillige Maßnahme des Freistaats Bayern dar, die im billigen Ermessen und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (Art. 23, 44 BayHO) auf Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinien gewährt wird. Ein Rechtsanspruch besteht danach nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis auf Basis der einschlägigen Richtlinien. Die Förderrichtlinien begründen als ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften nicht wie Gesetze und Rechtsverordnungen unmittelbar Rechte und Pflichten, sondern entfalten erst durch ihre Anwendung Außenwirkung (st. Rspr. der Kammer, zuletzt B.v. 18.6.2020 - W 8 E 20.736 sowie Ue.v. 25.5.2020 - W 8 K 19.1546 und W 8 K 20.330; U.v. 13.1.2020 - W 8 K 19.364 - alle juris jeweils m.w.N. zur Rspr.).
Das Gericht ist somit grundsätzlich an den Zuwendungszweck gebunden, wie ihn der Zuwendungsgeber versteht. Für die gerichtliche Prüfung einer Förderung bzw. des Förderverfahrens ist deshalb entscheidend, wie die Behörde des zuständigen Rechtsträgers die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz gebunden ist (vgl. BayVGH, U.v. 11.10.2019 - 22 B 19.840 - juris Rn. 26; U.v. 28.10.1999 - 19 B 96.3964 - juris Rn. 59; VG München, U.v. 19.11.2009 - M 15 K 07.5555 - juris Rn. 30).
Sind die Fördervoraussetzungen (einschließlich der Verfahrensvorschriften) - wie hier - zulässigerweise in Förderrichtlinien geregelt, so müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV), im Einklang mit Art. 23 und 44 BayHO, ohne Verstoß gegen andere Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den selbst gegebenen Richtlinien zum Ausdruck kommt. Die Verwaltungsgerichte haben sich auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung einer solchen Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt worden ist oder gegebenenfalls ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt. Entscheidend ist daher allein, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) gebunden ist. Dabei darf eine solche Richtlinie nicht - wie Gesetze oder Rechtsverordnungen - gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dient nur dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (BVerwG, U.v. 16.6.2015 - 10 C 15.14 - BVerwGE 152, 211 - juris Rn. 24; BayVGH, B.v. 17.11.2010 - 4 ZB 10.1689 - juris Rn. 19; BayVGH. B.v. 27.7.2009 - 4 ZB 07.1132 - juris Rn. 13).
Aufgrund des freiwilligen Charakters einer Förderung und dem weiten Ermessen des Förderungsgebers bei der Aufstellung von Förderrichtlinien, ist eine entsprechende Nachprüfung nur im Hinblick auf eine möglicherweise willkürliche Ungleichbehandlung potentieller Förderungsempfänger eröffnet, nicht aber in Form einer Verhältnismäßigkeitsprüfung (vgl. BVerwG, U.v. 14.3.2018 - 10 C 1/17 - juris Rn. 15 ff. m.w.N. zur Rechtsprechung des BVerfG; VG München, U.v. 28.8.2019 - M 31 K 19.203 - juris Rn. 15). Nach der Willkür-Formel des Bundesverfassungsgerichts (seit U.v. 23.10.1951- 2 BVG 1/51 - juris) ist Willkür dann anzunehmen, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt.
Vorstehende Grundsätze sind dabei konsequenterweise nicht allein für die Gewährung einer Förderung an sich, sondern gleichermaßen für die Durchführung des der Förderung vorgeschalteten Verwaltungsverfahrens einschließlich der hier streitigen Art der Antragstellung entsprechend heranzuziehen. Ausgehend hiervon begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, wenn der Antragsgegner in den einschlägigen Förderrichtlinien in Nr. 6 Satz 4 festlegt, dass die Antragstellung elektronisch zu erfolgen hat und diese Richtlinien auch in ständiger Verwaltungspraxis so anwendet.
Es ist jedenfalls nicht willkürlich, wenn der Antragsgegner in den Förderrichtlinien eine elektronische Antragstellung vorsieht, da hierfür sachliche Gründe gegeben sind. Zum einen handelt es sich bei dem Künstlerhilfsprogramm des Freistaates Bayern um eine Förderung die potentiell auf eine Vielzahl an möglichen Förderungsempfängern abzielt, nämlich letztlich die Gesamtheit der freischaffenden Künstlerinnen und Künstler, welche im Freistaat ... ihren Hauptwohnsitz haben (Nr. 2.1 Satz 1 der Förderrichtlinien). Aufgrund dessen und der Tatsache, dass neben der Soforthilfe für Künstler auch andere Soforthilfeprogramme (etwa Soforthilfe für kleine Unternehmen und solo-Selbstständige) zur Bewältigung der finanziellen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie aufgelegt wurden, handelt es sich bei der Förderung aus dem Künstlerhilfsprogramm und den anderen Soforthilfeprogrammen um Masseverfahren, deren Bewältigung im elektronischen Wege - wie auch vom Antragsgegner zutreffend ausgeführt - deutlich erleichtert wird. Vor dem Hintergrund einer effektiven Verwaltungsarbeit und auch dem Sinn und Zweck einer Soforthilfe, nämlich diese möglichst zeitnah zur Überbrückung kurzfristiger Liquiditätsengpässe oder Zahlungsschwierigkeiten an den Förderungsempfänger auszuzahlen, liegt in der konkreten Ausgestaltung des Antragsverfahrens im elektronischen Wege ein sachlicher willkürfreier Grund.
Abweichendes ergibt sich auch nicht aus dem Grundsatz der Formlosigkeit des Verwaltungsverfahrens. So verlangt das Bayerische Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) zwar keine bestimmte Form für Anträge, weshalb diese grundsätzlich mündlich, schriftlich und auch konkludent gestellt werden können (vgl. Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Auflage 2019, § 22 Rn. 51). Dies gilt allerdings nur soweit nicht durch Rechtsvorschrift etwas anderes bestimmt ist. Insbesondere kann das Fachrecht besondere Formvorschriften für die Antragstellung enthalten (vgl. Ramsauer a.a.O.; Schmitz in Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 22 Rn. 43). Wenn also der Antragsgegner in seinen Förderrichtlinien eine elektronische Antragstellung vorsieht, ist dies aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
b.) Der Antragsteller wird zudem nicht entgegen der ständigen Verwaltungspraxis gleichheitswidrig benachteiligt, indem ihm eine schriftliche Antragstellung verweigert wird. Es ergibt sich aus den Ausführungen des Beklagten in der Antragserwiderung jedenfalls konkludent, dass eine Antragstellung für alle potentiellen Förderungsempfänger allein auf dem hierfür vorgesehenen elektronischen Weg erfolgt. Somit wird der Antragsteller genauso behandelt, wie alle anderen Antragsteller auch, weshalb es bereits vor diesem Hintergrund an der von ihm gerügten Ungleichbehandlung fehlt.
c.) Vorliegend liegt des Weiteren keine atypische Fallgestaltung aufgrund Besonderheiten des Einzelfalles vor, welche eine abweichende Sichtweise rechtfertigen würde.
Ausgangspunkt ist - wie ausgeführt - die ständige Förderpraxis bzw. Handhabung der Förderrichtlinien in Bezug auf die Art der Antragstellung in vergleichbaren Fällen, sofern sie nicht im Einzelfall aus anderen Gründen zu rechtswidrigen Ergebnissen führt. Spielraum für die Berücksichtigung der Besonderheiten atypischer Fälle muss bleiben (Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Aufl. 2019, § 40 Rn. 42 ff.; Schenke/Ruthig in Kopp/Schenke, VwGO 25. Aufl. 2019, § 114 Rn. 41 ff.).
Ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften dürfen nur für den Regelfall gelten und müssen Spielraum für die Berücksichtigung der Besonderheiten atypischer Fälle lassen. Ein derartiger atypischer Fall ist dann gegeben, wenn der konkrete Sachverhalt außergewöhnliche Umstände aufweist, deren Besonderheiten von der ermessenslenkenden Vorschrift nicht hinreichend erfasst und von solchem Gewicht sind, dass sie eine von der im Regelfall vorgesehenen Rechtsfolge abweichende Behandlung gebieten (OVG NRW, B.v. 29.5.2017 - 4 A 516/15 - juris).
Ein solch atypischer Fall ergibt sich hier nicht aus der persönlichen Situation des Antragstellers. Auch wenn der Antragsteller nach eigenen Angaben keinen häuslichen Internet-Zugang sowie ein technologisch veraltetes „Smartphone“ besitzt und zudem derzeit auch keine Möglichkeit hat, die Internetarbeitsplätze in der Stadtbücherei S. zu nutzen, erscheint es der Kammer nicht als unmöglich oder unzumutbar, dass der Antragsteller den Antrag auf Gewährung der Soforthilfe aus dem Künstlerhilfsprogramm dennoch auf dem elektronischen Wege stellt.
Es existieren anderweitige zumutbare Möglichkeiten für den Antragsteller, sich Zugang zum Internet zu verschaffen, beispielsweise die Nutzung eines der zahlreichen „WLAN-Hotspots“ in der Stadt Sch. nahe dem Wohnort des Antragstellers (vgl. https://www...de/service/hotspots-der-stadt/#:~:text=HotSpots%20in%20Schweinfurt,Hadergasse%20oder%20an%20der%20Kunsthalle.; abgerufen am 13.7.2020) oder aber die Nutzung des Internets über Bekannte, die gegebenenfalls über einen Internet-Zugang verfügen. Ferner besteht die Möglichkeit, wie vom Antragsgegner in der Antragserwiderung angesprochen, ein Internetcafé zu besuchen und über die dortigen Internetarbeitsplätze den Antrag elektronisch zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht über die erforderliche persönliche E-Mailadresse zur Antragstellung verfügen sollte, so ist er diesbezüglich auf die zahlreichen kostenlosen Anbieter von E-Maildiensten zu verweisen. All dies erscheint für den Antragsteller aus Sicht der Kammer möglich und zumutbar.
Nach alledem liegt in der persönlichen Situation des Antragstellers kein atypischer Fall begründet, aus welchem dieser einen Anspruch auf eine schriftliche Antragstellung herleiten kann.“
27
Darüber hinaus hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 5. August 2020 (6 CE 20.1677) einen Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Einreichung einer Beschwerde gegen den Beschluss des Gerichts vom 13. Juli 2020 abgelehnt und ausgeführt, dass der Kläger nicht glaubhaft gemacht, dass ihm eine elektronische Antragstellung unmöglich oder unzumutbar war (vgl. BayVGH, B.v. 5.8.2020 - 6 CE 20.1677 - Rn. 7).
28
Der Kläger hat im weiteren Klageverfahren darüber hinaus diesbezüglich nichts vorgetragen, was eine abweichende Beurteilung rechtfertigt, wie das Gericht auch bereits in seinem ablehnenden Prozesskostenhilfebeschluss im vorliegenden Klageverfahren vom 28. September 2020 näher ausgeführt hat.
29
Datenschutzrechtliche oder sonstige Bedenken gegen eine elektronische Antragstellung bestehen auch weiterhin nicht. Der Kläger muss sich wegen seiner angespannten finanziellen Situation vorrangig auf soziale Leistungen verweisen lassen, auf die bei Vorliegen der Voraussetzungen - anders als auf die Künstlerhilfe - ein gesetzlicher Anspruch besteht.
30
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.