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OLG Nürnberg, Hinweisbeschluss v. 07.05.2021 – 13 U 453/21
Titel:

Bauforderungssicherungsgesetz, Insolvenzverschleppung, Abschlagszahlungen, Berufungsrücknahme, Schutzbereich, Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, Rücknahme der Berufung, Unterlassen der Mitteilung, Gerichtsgebühren, Baugläubiger, Aussicht auf Erfolg, Kostenverzeichnis, Werkunternehmer, Generalübernehmer, Berufungsschrift, Bauherr, Zahlungsunfähigkeit, Entscheidung des Berufungsgerichts, Vermögensverfügungen, Insolvenzverfahren

Schlagworte:
BauFordSiG, Baugläubiger, Baugeld, Schadensersatzanspruch, Täuschung, Vermögensverfügung, Insolvenzverschleppung
Vorinstanz:
LG Nürnberg-Fürth, Endurteil vom 18.01.2021 – 12 O 3717/20
Rechtsmittelinstanzen:
OLG Nürnberg, Beschluss vom 29.07.2021 – 13 U 453/21
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 10.05.2023 – VII ZR 833/21
Fundstelle:
BeckRS 2021, 64941

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 18.01.2021, Az. 12 O 3717/20, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Die Berufung der Kläger hat keine Aussicht auf Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung als nicht schlüssig abgewiesen.

Entscheidungsgründe

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1. Die Kläger sind als Bauherrn keine Gläubiger im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1 BauFordSiG.
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Gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 BauFordSiG sind vom Schutzbereich des BauFordSiG alle Personen erfasst, die an der Herstellung oder dem Umbau des Baues auf Grund eines Werk-, Dienst- oder Kaufvertrages beteiligt sind. Voraussetzung ist, dass sie einen Beitrag leisten, der den Wert des Grundstücks erhöht und in einer gewissen Nähebeziehung zum Bau steht. Der Schutzbereich ist damit weiter gefasst als der des § 650e BGB, der nur Werkunternehmer einen Anspruch auf Sicherheit gewährt (vgl. Wolff in Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 3. Aufl., § 1 BauFordSiG, Rn. 32). Auf das BauFordSiG können sich somit auch Baustofflieferanten, Handwerker, Generalunternehmer, Generalübernehmer, Architekten und Subunternehmer berufen (BeckOGK/Mundt, 1.4.2021, BGB § 650e Rn. 102).
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Bei Bauherrn handelt es sich dagegen nicht um Baugläubiger, da diese an der Herstellung oder Umbau nicht beteiligt sind. Entgegen der Ansicht der Kläger ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung nicht, dass die Bauherren „zum personellen Schutzbereich des Bauforderungssicherungsgesetzes zu zählen“ sind. Die in der Berufungsschrift vorgebrachten Zitate betreffen den Begriff des Baugelds, der tatsächlich auch vom Bauherrn erhaltenes Geld umfasst (§ 1 Abs. 3 Nr. 2 BauFordSiG).
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Die Erweiterung des Baugeldbegriffs sollte jedoch nicht dazu führen, dass auch Bauherrn als Baugläubiger anzusehen wären. So ergibt sich aus der Gesetzesbegründung, dass die Definition des Baugeldgläubigers in Satz 1 entsprechend der bisherigen gesetzlichen Regelung beibehalten werden sollte, während in Ziffer 2 (des § 1 Abs. 3 BauFordSiG) der Baugeldbegriff erweitert und konkreter an der Neufassung des § 641 BGB ausgerichtet wurde. Es wurden alle Gelder erfasst, die ein Unternehmer in der Kette nach dem Bauherrn erhält, auch Eigenmittel (BT-Drs. 16/511, S. 23).
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Soweit die Kläger ihre Rechtsauffassung auf die Kommentierung von Koeble in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, stützen, ist anzumerken, dass Koeble lediglich für die alte Fassung des GSB die Ansicht vertritt, die herrschende Meinung mit dem Inhalt, dass GSB und das BauFordSiG nur zugunsten der Bauhandwerker und Lieferanten geschaffen seien, nicht aber zugunsten des Bauenden selbst, sei unzutreffend. Für das BauFordSiG, welches die Führung des Baubuchs beseitigt hat, folgt er aber der herrschenden Meinung (a.a.O., 5. Aufl., 9.Teil, Rn. 199, am Ende).
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2. Den Klägern steht auch kein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB zu, der darauf gestützt werden könnte, dass der Beklagte den Klägern nicht mitgeteilt hat, dass er am 22.01.2019 als Geschäftsführer im Handelsregister gelöscht wurde. Sowohl der Vertragsschluss als auch die letzte Abschlagszahlung lagen lange vor diesem Zeitpunkt. Selbst wenn – was bereits fraglich ist – eine Pflicht zur Offenbarung der Löschung bestanden hätte, aufgrund der das Unterlassen der Mitteilung als Täuschung im Sinne des § 263 StGB gewertet werden könnte, fehlt es jedenfalls an einer durch eine derartige Täuschung kausal herbeigeführten Vermögensverfügung. Letzteres ist eine Tatbestandsvoraussetzung des § 263 StGB.
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Soweit die Kläger in der Berufungsbegründung die Auffassung vertreten, eine die Löschung begründende Insolvenzverschleppung des Beklagten als Geschäftsführer am 22.01.2019 „gem. § 353 FamFG“ (gemeint ist § 395 FamFG, vgl. Anlage K 2) müsse „denklogisch […] bereits lange vor dem 22.01.2019“ begonnen haben, ist diese Schlussfolgerung schon für sich betrachtet nicht nachvollziehbar. Es ist schon nicht ersichtlich, warum überhaupt eine Insolvenzverschleppung die Löschung des Geschäftsführers begründet haben soll. Weder ist das eine in § 395 FamFG genannte Löschungsvoraussetzung noch wird entsprechendes im als Beleg vorgelegten Schreiben des Amtsgerichts Nürnberg – Registergericht – vom 14.11.2019 (Anlage K 2) geäußert. Ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der K. wurde erst am 10.03.2020 eröffnet.
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Dazu, dass die K. schon zum Zeitpunkt der Abschlagszahlungen nicht ausreichend solvent gewesen sei, um die mit den Klägern vereinbarten Werkleistungen ordnungsgemäß fertigstellen zu können, fehlt jeglicher Sachvortrag, ebenso zur behaupteten Insolvenzverschleppung im Sinne des § 15a Abs. 4 InsO. Die Kläger haben weder vorgetragen, wann welche Bauleistungen erbracht wurden noch wann Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der K. konkret eingetreten sein soll. Auch zum subjektiven Tatbestand fehlt jeglicher schlüssiger Vortrag.
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Der Senat regt zur Kostenersparnis die Rücknahme der Berufung an. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).