Inhalt

LArbG Nürnberg, Urteil v. 03.03.2021 – 2 Sa 343/20
Titel:

Erkrankung während tariflicher Freistellungszeit

Normenketten:
BUrlG § 9
Manteltarifvertrag vom 01.04.2018 für die Arbeitnehmer der bayerischen Metall- und Elektroindustrie (MTV) § 10, § 18
Leitsatz:
Der Anspruch auf tarifliche Freistellungszeit nach § 10 A MTV bay. Metall- und Elektroindustrie wird mit der antragsgemäßen Gewährung der Freistellung für bestimmte Tage erfüllt. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer für diese Tage arbeitsunfähig erkrankt (entgegen LAG Hamm 25.11.2020 - 6 Sa 695/20). (Rn. 27 – 39)
Schlagworte:
tarifliche Freistellungszeit, Erkrankung, Metall- und Elektroindustrie, Erholungsurlaub
Vorinstanz:
ArbG Bamberg, Urteil vom 29.07.2020 – 2 Ca 506/19
Weiterführende Hinweise:
Revision zugelassen
Fundstelle:
BeckRS 2021, 6472

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bamberg vom 29.07.2020, Az. 2 Ca 506/19 wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten über einen tariflichen Freistellungsanspruch. Es geht dabei um die Frage, ob der Freistellungsanspruch erloschen ist, obwohl die Klägerin am Tag der gewährten Freistellung arbeitsunfähig erkrankt ist.
2
Die Klägerin ist bei der Beklagten seit 01.02.1989 als Packerin in der Produktion beschäftigt und arbeitet in Wechselschicht zweischichtig. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft beiderseitiger Tarifbindung die Tarifverträge für die Arbeitnehmer der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie Anwendung, insbesondere der Manteltarifvertrag vom 01.04.2018, gültig ab 01.04.2018, (künftig MTV) und der Tarifvertrag Tarifliches Urlaubsgeld vom 08.02.2018, gültig ab 01.01.2019 (künftig TV T-ZUG).
3
Als Ausgleich für Schichtarbeit können die Mitarbeiter das tarifliche Zusatzgeld beanspruchen, sie können dieses aber auch in Freistellungstage umwandeln (§§ 2, 5 TV T-ZUG, § 10 MTV).
4
§ 10 MTV lautet auszugsweise wie folgt:
㤠10 Freistellungen
A. Tarifliche Freistellungszeit
1. Arbeitnehmer können nach Maßgabe nachfolgender Bestimmungen verlangen, statt des tariflichen Zusatzgeldes nach § 2.2.1 TV T-ZUG eine Freistellung in Anspruch zu nehmen.“
2. Für folgende Arbeitnehmergruppen besteht die Möglichkeit, statt des tariflichen Zusatzgeldes gemäß § 2.2.1 TV T-ZUG eine bezahlte Freistellung in Anspruch zu nehmen:
a) Arbeitnehmer mit einer individuellen regelmäßigen Arbeitszeit von mindestens 35 Stunden, die in
- drei oder mehr als drei Schichten oder nur in der Nachtschicht arbeiten, haben nach einer Betriebszugehörigkeit von mindestens 5 Jahren und nachdem sie mindestens 3 Jahre
- Wechselschicht arbeiten, haben ab dem 1.1.2019 nach einer Betriebszugehörigkeit von mindestens 15 Jahren und nachdem sie 10 Jahre
- Wechselschicht arbeiten, haben ab dem 1.1.2020 nach einer Betriebszugehörigkeit von mindestens 7 Jahren und nachdem sie 5 Jahre beim derzeitigen Arbeitgeber üblicherweise in Schicht gearbeitet haben und voraussichtlich im Folgejahr in einem der vorgenannten Schichtmodelle beschäftigt sein werden.
b) Arbeitnehmer mit einer individuellen regelmäßigen Arbeitszeit von mindestens 35 Stunden und /oder Vollzeitarbeitnehmer, die nach dem 1.1.2019 ihre IRWAZ reduzieren oder in verkürzte Vollzeit wechseln, und
- die einen Angehörigen ersten Grades (Eltern und Kinder), einen Ehegatten, Lebenspartner, Partner einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft oder Schwiegereltern in häuslicher Umgebung pflegen, der mindestens den Pflegegrad 1 aufweist, oder
- die ihr in häuslicher Gemeinschaft lebendes Kind bis zur Vollendung des 8. Lebensjahres selbst betreuen und erziehen.
3. Arbeitnehmer können bis zum 31.10. eines Jahres den Anspruch für das Folgejahr geltend machen.
4. Der Freistellungsanspruch beträgt 8 Tage für Arbeitnehmer, bei denen sich die Arbeitszeit regelmäßig auf 5 Tage pro Woche verteilt.
Grundsätzlich erfolgt die Inanspruchnahme in Form von ganzen freien Tagen, vergleichbar dem Verfahren bei der Urlaubsnahme. Arbeitgeber und Arbeitnehmer können sich einvernehmlich auch auf eine hiervon abweichende Inanspruchnahme verständigen. Bei der zeitlichen Festlegung der Freistellung sind die Wünsche des Arbeitnehmers im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten zu berücksichtigen.
Kann der Freistellungsanspruch aus personenbedingten Gründen nicht oder nicht vollständig im Kalenderjahr genommen werden, geht der Freistellungsanspruch unter. Im Umfang der nicht realisierten Freistellungstage besteht der Anspruch auf das tarifliche Zusatzgeld nach § 2.2.1 TV T-ZUG.
Endet das Arbeitsverhältnis nach Realisierung der Freistellungstage vor dem Auszahlungstag, ist die Differenz im Arbeitsentgelt zu verrechnen.
Die Ausübung einer Nebentätigkeit während der Freistellungszeit ist nicht zulässig.
5. Der Anspruch, statt tariflichem Zusatzgeld nach § 2.2.1 TV T-ZUG freie Tage zu gewähren (siehe Ziffer 1) kann durch freiwillige Betriebsvereinbarung auf den ganzen Betrieb, bestimmte Arbeitnehmergruppen oder Abteilungen/Bereich, z.B. auch auf Vollkonti-Schicht-Arbeitnehmer, erweitert werden.
6. Betriebsrat und Arbeitgeber haben bis zum 31.12. anhand der vorliegenden Anträge zu erörtern, wie das entfallende Arbeitsvolumen betriebsintern ausgeglichen werden kann. dabei ist die Nutzung der vorhandenen betrieblichen Instrumente zu erörtern, insbesondere:
- Vereinbarung von Mehrarbeit
- Anwendung des Volumenmodells gemäß MTV
- Nutzung von Arbeitszeitkonten
- Anwendung von § 2 B Absatz (V) MTV Stellen die Betriebsparteien fest, dass der Anspruch nicht für alle Antragsteller realisiert werden kann, können sie die Reihenfolge festlegen. Dabei sollen folgende Kriterien berücksichtigt werden:
- Dauer und Intensität der Belastung
- Betriebszugehörigkeit
Die Betriebsparteien können darüber hinaus weitere Kriterien festlegen.
Kommt keine Einigung zustande und kann das entfallende Arbeitsvolumen nicht mit der entsprechenden Qualifikation betriebsintern kompensiert werden, kann der Arbeitgeber solche Anträge ablehnen.
…"
5
In § 18 MTV („Urlaubsregelung“) findet sich unter A Ziffer 5 folgende Regelung:
„Bei einer unverschuldeten Erkrankung des Arbeitnehmers während des Urlaubs werden die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub nicht angerechnet. Der Arbeitnehmer hat sich jedoch nach Ablauf der regulären Urlaubszeit - wenn die Krankheit länger als diese dauert nach ihrer Beendigung - zur Wideraufnahme der Arbeit zur Verfügung zu stellen.“
6
Der TV T-ZUG lautet auszugsweise wie folgt:
㤠2 Tarifliches Zusatzgeld/Zusatzbetrag
2.2.1.
Das tarifliche Zusatzgeld beträgt 27,5% eines Monatsverdienstes
§ 5 Tarifliche Freistellungszeit
Nehmen Arbeitnehmer ihren Anspruch auf tarifliche Freistellungszeit gemäß § 10 A MTV wahr, dann entfällt das tarifliche Zusatzgeld gemäß § 2.2.1. …"
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Die Klägerin hatte bis spätestens 30.10.2018 gegenüber der Beklagten die Umwandlung des tariflichen Zusatzgeldes in Höhe von 27,50% eines tariflichen Monatsentgelts in freie Tage beantragt. Dieser Antrag wurde arbeitgeberseitig genehmigt und der Klägerin u. a. antragsgemäß für den 27.03.2019 ein Freistellungstag bewilligt und in den Schichtplan der Klägerin eingetragen.
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In der Folge erkrankte die Klägerin und war in der Zeit vom 27.02.2019 bis 30.03.2019 arbeitsunfähig. Die Klägerin hat die Arbeitsunfähigkeit der Beklagten angezeigt und eine entsprechende ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt. Die Beklagte hat den T-ZUG-Tag daraufhin im Kalender als verbraucht eingetragen (Blatt 6 der Akten).
9
Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihr ersatzweise einen Tag auf dem T-ZUG-Konto für das Jahr 2019 gutzuschreiben, hilfsweise sei ihr das auf diesen Tag entfallende tarifliche Zusatzgeld in Höhe von unstreitig 93,97 € auszuzahlen. Sie hat am 04.07.2019 deswegen Klage erhoben und am 05.12.2019 die Gewährung des zu diesem Zeitpunkt noch nicht gewährten Tages für den 13.12.2019 beantragt. Der Tag wurde ihr weder gewährt noch abgegolten. Die übrigen Freistellungstage wurden realisiert.
10
Wegen des erstinstanzlichen Vortrags der Parteien und der genauen Antragsstellung wird auf den Tatbestand im Urteil des Arbeitsgerichts Bezug genommen.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Endurteil vom 29.07.2020 abgewiesen. Der Freistellungsanspruch für den 27.03.2019 sei mit dessen Gewährung erfüllt. § 9 BUrlG sei weder direkt noch analog anwendbar. Aus den tariflichen Regelungen ergebe sich nicht, dass der Arbeitgeber das Risiko der Erkrankung des Arbeitnehmers am Freistellungstag zu tragen habe. Wegen der genauen Begründung wird auf die Gründe im Urteil des Arbeitsgerichts Bezug genommen.
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Gegen das am 26.08.2020 zugestellte Endurteil legte die Klägerin mit Schriftsatz vom 17.09.2020, beim Landesarbeitsgericht am selben Tage eingegangen, Berufung ein und begründete sie mit Schriftsatz vom 14.10.2020, beim Landesarbeitsgericht am 15.10.2020 eingegangen.
13
Die Klägerin hält an ihrer erstinstanzlichen Rechtsauffassung unter Wiederholung und weiterer Vertiefung ihres Vortrags fest. Ihr Anspruch sei im Hinblick auf den für den 27.03.2019 gewährten Freistellungstag nicht erloschen, weil sie an diesem Tag arbeitsunfähig erkrankt gewesen ist. Dies ergebe sich daraus, dass nach § 10 A Ziff. 4 MTV die Freistellung vergleichbar dem Verfahren bei der Urlaubsnahme erfolge. Dementsprechend müsse § 9 BUrlG entsprechend gelten. Dieses Auslegungsergebnis werde auch dadurch bestätigt, dass § 10 A Ziff. 4 MTV ausdrücklich vorsehe, dass der Freistellungsanspruch (nur) untergehe, wenn er aus personenbedingten Gründen nicht oder nicht vollständig im Kalenderjahr genommen werden kann. Arbeitsunfähigkeit sei ein anerkannter personenbedingter Grund. In diesem Fall gehe der Freistellungsanspruch also gerade erst und ausschließlich am Jahresende unter und sei dann entsprechend als tarifliches Zusatzgeld auszuzahlen. Personenbedingte Gründe würden den Freistellungsanspruch nicht verfallen lassen. Dieser sei bis zum Jahresende eines Kalenderjahres möglich und einzubringen. Zu berücksichtigen sei außerdem der Zweck des Freistellungsanspruchs. Danach solle insbesondere besonders belasteten Beschäftigten zusätzliche Zeit zur Erholung verschafft werden. Daher sei es sachgerecht und dem Zweck der Regelung entsprechend, wie beim Erholungsurlaub keinen Verbrauch der Freistellungszeit durch Arbeitsunfähigkeit anzunehmen. Diese Rechtsauffassung teile auch das LAG Hamm im Urteil vom 25.11.2020 - Az. 6 Sa 695/20. Hilfsweise sei der nicht gewährte Tag abzugelten.
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Die Klägerin hat im Berufungsverfahren folgende Anträge gestellt:
1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Bamberg vom 29.07.2020, Az. 2 Ca 506/19, wird abgeändert.
2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin einen Tag auf deren T-Zug-Konto für das Jahr 2019 gutzuschreiben.
Hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 93,97 € brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.01.2020 zu bezahlen.
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Die Beklagte hat beantragt,
Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Bamberg vom 29.07.2020, Az. 2 Ca 506/19, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
16
Die Beklagte verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags. Der Freistellungsanspruch sei durch die für den 27.03.2019 bewilligte Freistellung erloschen. Die danach eingetretene Erkrankung ändere daran nichts. Es entspreche einem allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass eine Arbeitsunfähigkeit/Krankheit keine Auswirkungen auf eine bereits gewährte Freistellung habe. Es handele sich um eine Frage der Kausalität. Mit Genehmigung des Tages tariflicher Freistellungszeit sei dieser bereits gewährt. Es handele sich um dieselbe Fallgestaltung wie „Krank am freien Tag, krank am Sonntag“, etc. Diese Annahme entspreche auch der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Eine Regelung - wie § 9 BUrlG - die diesen allgemeinen Rechtsgrundsatz durchbreche, sehe § 10 A Ziff. 4 MTV nicht vor. Eine solche Regelung hätten die Tarifvertragsparteien in § 18 A Ziff. 5 MTV nur für den Urlaub getroffen. Die Beklagte ist ferner der Ansicht, dass Krankheit an einem bereits genehmigten Freistellungstag kein personenbedingter Grund im Sinne des § 10 A Ziff. 4 MTV sei. Die Tarifvertragsparteien hätten bei Schaffung der Regelung vielmehr Fälle im Sinn gehabt, bei denen es dem Arbeitnehmer aus Gründen, die in seiner Person liegen, unmöglich sei, überhaupt einen Antrag auf konkrete Inanspruchnahme des tariflichen Freistellungstages zu stellen, etwa weil der Arbeitnehmer zu Beginn des Jahres in U-Haft genommen werde und dort das ganze Jahr verbleibe oder aber er durchgängig während des gesamten Jahres erkranke. In diesen Fällen wäre es unbillig, wenn der Arbeitnehmer am Ende des Kalenderjahres weder Geld (tarifliches Zusatzgeld) noch Zeit (tarifliche Freistellungszeit) erhalten würde. Lediglich für diesen engen begrenzten Ausnahmefall hätten die Tarifvertragsparteien von den oben genannten allgemeinen Rechtsgrundsätzen abweichen wollen. Die Entscheidung des LAG Hamm sei zu einem anderen Tarifwerk ergangen und könne daher nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden.
17
Wegen des weitergehenden Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die wechselseitig eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
18
Beide Parteien haben mit Schriftsätzen vom 17.12.2020 bzw. vom 11.01.2020 einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt.

Entscheidungsgründe

A.
19
Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung ergehen. Während im erstinstanzlichen Urteilsverfahren die Anwendung des § 128 Abs. 2 Satz 2 ZPO ausgeschlossen ist (§ 46 Abs. 2 ArbGG), ist im Berufungsverfahren eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. § 64 Abs. 6 ArbGG statthaft. Denn im Verweisungskatalog des § 64 Abs. 7 ArbGG fehlt die Bestimmung des § 46 Abs. 2 ArbGG (Schwab/Weth, ArbGG, 5. Aufl., § 64 ArbGG, Rn 236). Die Voraussetzungen für die Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO sind erfüllt. Beide Parteien haben schriftsätzlich durch ihre Prozessvertreter ihr Einverständnis erklärt (§ 128 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Das Gericht hat mit Beschluss vom 12.01.2021 eine Äußerungsfrist nach § 128 Abs. 2 Satz 2 ZPO bis 02.02.2021 bestimmt. Die Dreimonatsfrist des § 128 Abs. 2 Satz 3 ZPO ist eingehalten. Da im vorliegenden Verfahren nur Rechtsfragen zu entscheiden sind, konnte im Rahmen des dem Gericht nach § 128 Abs. 2 Satz 2 ZPO eingeräumten Ermessens auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet werden.
B.
20
Die Berufung ist zulässig.
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Sie ist statthaft, § 64 Abs. 1, 2 b ArbGG, und auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO.
C.
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Die Berufung ist nicht begründet. Die Beklagte hat den Freistellungsanspruch der Klägerin mit der Freistellungserklärung für den 27.03.2019 erfüllt.
I.
23
Die Klage ist zulässig. Der Klageantrag bedarf allerdings der Auslegung. Seinem Wortlaut nach verlangt die Klägerin, dass die Beklagte verurteilt wird, ihrem T-Zug-Konto einen Tag für das Jahr 2019 gutzuschreiben. Eine solche Leistungsklage kommt freilich nur dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber ein T-Zug-Konto führt und dieses Konto den Anspruch nach der zu Grunde liegenden Abrede verbindlich bestimmt (vgl. für ein Arbeitszeitkonto BAG 31.07.2014 - 6 AZR 759/12 Rn. 20 mwN). Die Klägerin hat nicht dargetan, dass die Beklagte ein solches Konto zu führen hat. Auch aus den tariflichen Regelungen ergibt sich dies nicht. Aus der Klagebegründung wird aber deutlich, dass die Klägerin die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr einen Freistellungstag nach § 10 A Ziff. 4 MTV zu gewähren (vgl. BAG 17.11.2015 - 9 AZR 547/14 zum „Urlaubskonto“). Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse für diese Klage liegt ersichtlich vor.
II.
24
Die Klage ist nicht begründet. Dies hat das Arbeitsgericht mit zutreffender Begründung erkannt. Der Anspruch der Klägerin auf Freistellung für den streitgegenständlichen Tag nach § 10 A MTV ist mit der Gewährung der Freistellung für den 27.03.2019 erfüllt worden. § 9 BUrlG ist weder unmittelbar noch analog anwendbar. Auch aus den tariflichen Regelungen folgt nicht, dass der Arbeitgeber im Falle der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit das Risiko der Nutzungsmöglichkeit nach Festlegung der freien Tage tragen soll. Auch die von der Klägerin im Berufungsverfahren vorgebrachten Argumente vermögen nach Ansicht des erkennenden Gerichts ein anderes Ergebnis nicht zu begründen. Im Einzelnen gilt folgendes:
25
1. Zwischen den Parteien steht nicht im Streit, dass der Klägerin grundsätzlich ein tarifliches Zusatzgeld für das Jahr 2019 aus § 2 TV T-ZUG zusteht. Unstreitig ist die Klägerin auch zur Umwandlung des Zusatzgeldes in eine Freistellung berechtigt i.S.v. § 10 A Ziff. 4 MTV. Sie hat diesen Anspruch auch unstreitig rechtzeitig i.S.v. § 10 A Ziff. 3 MTV bis zum 31.10.2018 geltend gemacht.
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2. Mit der Bewilligung der Freistellung für den 27.03.2019 hat die Beklagte den Freistellungsanspruch erfüllt. Vergleichbar mit dem Verfahren der Urlaubsnahme (§ 10 A Ziff. 4 Abs. 2 Satz 1 MTV) hat die Klägerin konkret für den 27.03.2019 die Freistellung beantragt. Dieser wurde ihr von der Beklagten im Vorfeld bewilligt und in den Schichtplan eingetragen. Damit hat die Beklagte vergleichbar mit dem Verfahren bei der Urlaubsnahme ihre Erfüllungshandlung erbracht.
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3. Die Erfüllung des Freistellungsanspruchs ist im Falle der Arbeitsunfähigkeit nicht nach § 9 BUrlG bzw. § 18 A Ziff. 5 MTV ausgeschlossen.
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a. Diese Bestimmungen gelten unmittelbar nur für den gesetzlich garantierten Erholungsurlaub (vgl. BAG 11.09.2003 - 6 AZR 374/02; BAG 02.12.1987 - 5 AZR 652/86) bzw. für den tariflichen Erholungsurlaub. In § 10 A Ziff, 4 Abs. 2 Satz 1 MTV ist auch nicht auf diese Bestimmungen verwiesen. Denn danach erfolgt die Inanspruchnahme in Form von ganzen freien Tagen, vergleichbar mit dem Verfahren bei der Urlaubsnahme. Die §§ 9 BUrlG bzw. 18 A Ziff. 5 MTV enthalten aber keine Verfahrensregeln, sondern materielles Urlaubsrecht, wonach der Urlaubsanspruch unter den dort genannten Voraussetzungen erhalten bleibt.
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b. Ebenso scheidet vorliegend eine analoge Anwendung dieser Bestimmungen aus. Der in § 10 A MTV geregelte Freistellungsanspruch ist mit einer Urlaubsgewährung nicht vergleichbar. Unabhängig von der Frage, ob die zu gewährende Freizeit teilweise auch dem Erholungsbedürfnis des Arbeitnehmers dienen kann und soll, haben die Tarifvertragsparteien eine vom Urlaub ausdrücklich zu unterscheidende Freistellung vorgesehen. Dies wird aus der Formulierung der Ziff. 4 Abs. 2 deutlich. Im Kontext mit der Inanspruchnahme in Form von ganzen freien Tagen und der zeitlichen Festlegung der Freistellung wird nicht auf das Urlaubsrecht, sondern nur auf das „Verfahren bei der Urlaubsnahme“ Bezug genommen. Im Umkehrschluss gehen die Tarifvertragsparteien damit also davon aus, dass die tarifliche Freistellungszeit im Übrigen einem eigenen, vom Urlaub abgekoppelten Regelungsregime folgt. So ist ausdrücklich - abweichend von § 7 Abs. 3 BUrlG - in Ziff. 4 Abs. 3 der Untergang des Freistellungsanspruchs am Jahresende vorgesehen, wenn er aus personenbedingten Gründen nicht oder nicht vollständig genommen werden kann. Auch ist der Freistellungsanspruch nicht an das Kalenderjahr gekoppelt, sondern besteht in allen anderen Fällen ohne weiteres fort (BAG 11.11.2020 - 4 AZR 210/20 - Rn 46 zu den entsprechenden Regelungen des TV T-ZUG und MTV 2018 in Nordrhein-Westfalen). Hätten die Tarifvertragsparteien eine Bezugnahme auf die Rechtslage beim Urlaub im Ganzen gewollt, hätte eine entsprechende umfassende Verweisung auf die Regelungen des § 18 A MTV bzw. auf das BUrlG nahegelegen. Wenn die Tarifparteien aber ausdrücklich in § 18 A Ziff. 5 MTV nur für den Urlaub eine dem § 9 BUrlG nachgebildete Regelung getroffen haben, spricht dies deutlich dafür, dass sie die Frage der Erkrankung während der Freistellung nach § 10 A MTV gerade nicht in der für den Urlaub geltenden Weise regeln wollten. Insgesamt handelt es sich bei § 10 A MTV um ein vom Urlaub unabhängiges, eigenständiges Regelungswerk hinsichtlich eines Freistellungsanspruchs (ebenso LAG Hamm 25.11.2020 - 6 Sa 695/20 Rn 90 für die insoweit inhaltlich gleichlautenden tariflichen Regelungen für die Metall- und Elektroindustrie in Nordrhein-Westfalen).
30
4. Aus den tariflichen Regelungen ergibt sich nicht, dass der Arbeitgeber das Risiko der Nutzungsmöglichkeit bei einer erfolgten Festlegung der Freistellungstage tragen soll.
31
a. Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG wird ein Anspruch auf Arbeitszeitausgleich bereits durch die Freistellung von der Arbeitspflicht erfüllt. Der Arbeitnehmer ist in diesem Falle nicht mehr verpflichtet, im Freistellungszeitraum die nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Er kann über diesen Zeitraum frei verfügen, ohne dass die Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung der entsprechenden Vergütung entfällt. Eine nachträglich eintretende krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit im Freistellungszeitraum macht die Erfüllung des Ausgleichsanspruchs nicht hinfällig (vgl. BAG 11.09.2003 - 6 AZR 374/02 Rn 26 mwN). Demnach trägt grundsätzlich der Arbeitnehmer das Risiko, die durch Arbeitsbefreiung als Arbeitszeitausgleich gewonnene Freizeit auch tatsächlich nach seinen Vorstellungen nutzen zu können. Etwas anderes gilt im Falle eines tarifvertraglich geregelten Arbeitszeitausgleichs nur dann, wenn der Tarifvertrag mit dem Freizeitausgleich die Verschaffung einer zu Erholungszwecken nutzbaren arbeitsfreien Zeit sicherstellen und dazu dem Arbeitgeber bei einer zuvor erfolgten Festlegung der freien Arbeitstage das Risiko dieser Nutzungsmöglichkeit zuweist. Dabei muss der Wille der Tarifvertragsparteien erkennbar sein, dass sie, abweichend von den allgemeinen Grundsätzen, eine Erfüllung des Anspruchs auf Arbeitszeitausgleich ausnahmsweise ausschließen wollten, falls der Arbeitnehmer nach bereits erfolgter Festlegung des Arbeitszeitausgleichs im Ausgleichszeitraum arbeitsunfähig erkrankt (vgl. BAG vom 11.09.2003 - 6 AZR 374/02 - Rn 27; LAG Hamm 25.11.2020 - 6 Sa 695/20, Rn 93).
32
Die Frage, ob die Inanspruchnahme tariflicher Freistellungszeit i.S.v. § 10 A MTV während einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit möglich ist, ist nicht anhand begrifflicher Erwägungen oder allgemeiner schuldrechtlicher Grundsätze, sondern durch Auslegung der Tarifvorschrift selbst zu beantworten (vgl. BAG 04.09.1985 - 7 AZR 531/82 Rn 19).
33
b. Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, sofern und soweit er in den tariflichen Regelungen und ihrem systematischen Zusammenhang Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können (BAG 22.03.2018 - 6 AZR 29/17 Rn 12 m.w.N).
34
aa. Nach dem Wortlaut des § 10 A Ziff. 4 Abs. 2 Satz 1 MTV erfolgt die Inanspruchnahme in Form von ganzen Tagen, vergleichbar dem Verfahren bei der Urlaubsnahme. Nach Satz 3 sind bei der zeitlichen Festlegung der Freistellung die Wünsche des Arbeitnehmers im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten zu berücksichtigen. Daraus wird deutlich, dass grundsätzlich der Arbeitgeber die zeitliche Lage der Freistellung festlegt. Dies geschieht durch eine entsprechende Erklärung des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer, durch die der Arbeitgeber auf sein vertragliches Recht auf Leistung der versprochenen Dienste in einem bestimmten Umfang verzichtet und damit die entsprechende Dienstleistungspflicht des Arbeitnehmers zum Erlöschen bringt (vgl. BAG 04.09.1985 - 7 AZR 531/82 Rn 20). Eine Rückumwandlung der tariflichen Freistellungzeit in das tarifliche Zusatzgeld erfolgt nach § 10 A Ziff. 4 Abs. 3 MTV nur, wenn der Freistellungsanspruch aus personenbedingten Gründen nicht oder nicht vollständig im Kalenderjahr realisiert werden kann. Unerheblich ist danach, ob und inwieweit der Arbeitnehmer eine bereits im Voraus gewährte Freistellungszeit nach seinen Vorstellungen nutzen kann. Aus dem Tarifwortlaut geht nicht hervor, dass die Tarifvertragsparteien, abweichend von den allgemeinen Grundsätzen, eine Erfüllung des Anspruchs auf Freistellungszeit ausnahmsweise ausschließen wollten, falls der Arbeitnehmer nach bereits erfolgter einvernehmlicher Festlegung der Freistellungszeit während der Freistellung arbeitsunfähig erkrankt (vgl. BAG 11.09.2003 - 6 AZR 374/02 Rn 28).
35
bb. Auch aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang ergibt sich nicht hinreichend, dass der Arbeitgeber das Risiko der Nutzungsmöglichkeit bei einer erfolgten einvernehmlichen Festlegung der freien Arbeitstage tragen soll. Der tarifliche Anspruch auf Umwandlung des Zusatzgeldes in Freistellungszeit ist Arbeitnehmern im Schichtbetrieb oder mit pflegebedürftigen Angehörigen oder zu betreuenden und zu erziehenden Kindern eingeräumt (§ 10 A Ziff. 2 MTV). Hieraus kann zwar gefolgert werden, dass mit der Freistellung dem schichtarbeitenden Arbeitnehmer ein Erholungswert zugutekommen bzw. den anderen Berechtigten die Pflege bzw. Betreuung und Erziehung ermöglicht werden soll. Hierfür spricht auch das in § 10 A Ziff. 4 Abs. 5 MTV bestimmte Nebentätigkeitsverbot für die Freistellungstage. Dem weiteren mit beachtlichen Argumenten herausgearbeiteten Schluss des LAG Hamm (a.a.O Rn 102), dass die Erfüllung des Freistellungsanspruchs auch die tatsächliche Nutzung der festgelegten arbeitsfreien Zeit erfordert, vermag sich das erkennende Gericht aber nicht anzuschließen. Zum einen würde eine solche Argumentation bedeuten, dass die Regelung in § 9 BUrlG bzw. § 18 A Ziff. 5 MTV überflüssig wäre. Denn auch der Urlaub hat eine Zweckbestimmung. Er dient der Erholung (§ 1 BUrlG und § 18 A Ziff. 1 MTV: „Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub“), weshalb der Arbeitnehmer während des Urlaubs keine dem Urlaubszweck (= Erholung) widersprechende Erwerbstätigkeit ausüben darf (§ 8 BUrlG, ähnlich § 18 A Ziff. 1 Satz 2 MTV). Zum anderen wäre nicht erklärbar, warum der Tarifvertrag den Betriebsparteien gestattet, den Freistellungsanspruch für den ganzen Betrieb, bestimmte Arbeitnehmergruppen oder Abteilungen/Bereiche zu öffnen (§ 10 A Ziff. 5 MTV), also unabhängig davon, ob Schichtarbeit vorliegt oder pflegebedürftige Personen oder zu betreuende Kinder vorhanden sind. Bei der Erweiterung auf den ganzen Betrieb usw. entfällt aber gerade der besondere Zweck, den das LAG Hamm als entscheidend für die Verlagerung des Risikos auf den Arbeitgeber ansieht.
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cc. Auch aus § 10 A Ziff. 4 Abs. 3 MTV folgt nicht, dass eine nachträglich eingetretene krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit dazu führt, dass der Freistellungsanspruch trotz der bewilligten Freistellung nicht erlischt und dass das Risiko insoweit dem Arbeitgeber zugewiesen wird. Der Regelungsgegenstand des § 10 A Ziff.4 Abs. 3 MTV ist nämlich eng begrenzt. Danach geht der Freistellungsanspruch nur dann am Jahresende unter, wenn er aus personenbedingten Gründen nicht genommen werden kann. Als Kompensation lebt das tarifliche Zusatzgeld dann wieder auf. Eine weitergehende Regelung enthält die Vorschrift nicht. Daraus folgt zwar, dass der Freistellungsanspruch über das Kalenderjahr hinaus im bestehenden Arbeitsverhältnis erhalten bleibt und ein Fall der Unmöglichkeit im Sinne von § 275 BGB nach Ablauf des Kalenderjahres nicht vorliegt (BAG 11.11.2020 - 4 AZR 210/20 - Rn 46 zu den entsprechenden Regelungen des TV T-ZUG und MTV 2018 in Nordrhein-Westfalen, anders das Erstgericht und das LAG Hamm a.a.O). Die Vorschrift enthält aber gerade keine Aussage darüber, ob der Freistellungsanspruch des Arbeitnehmers mit der einvernehmlichen Gewährung bereits erfüllt ist.
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c. Die hier vertretene Tarifauslegung führt auch nicht zu unbilligen Ergebnissen insbesondere für den Fall, dass der Arbeitgeber die Freistellungstage ohne Einverständnis des Arbeitnehmers festlegen will.
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aa. Steht im Zeitpunkt der Gewährung fest, dass der Arbeitnehmer am Freistellungstag nicht arbeitsfähig ist - etwa, weil bereits eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorliegt - besteht keine Arbeitspflicht, die der Arbeitgeber aufheben könnte. Eine solche Erklärung wäre auf eine unmögliche Leistung gerichtet (§ 275 BGB). Die an sich geschuldete Freistellung kann an diesem Tage nicht bewirkt werden (§ 362 Abs. 1 BGB).
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bb. In den übrigen Fällen der einseitigen Gewährung durch den Arbeitgeber ist zu berücksichtigen, dass bei der Festlegung der Freistellungstage die Wünsche des Arbeitnehmers im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten zu berücksichtigen sind (§ 10 A Ziff. 4 Abs. 2 Satz 3 MTV). Damit haben die Tarifparteien bestimmt, dass der Arbeitnehmer vor der zeitlichen Festlegung befragt werden muss. Ist dies nicht geschehen, kann der Arbeitnehmer der einseitigen Gewährung widersprechen und die Annahme der Freistellung für diesen Tag verweigern. Insoweit haben die Tarifparteien ausdrücklich eine ähnliche Regelung getroffen wie in § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG bzw. in § 18 A Ziff. 3 (II) Satz 2 MTV (hierzu ErfK-Gallner, 21. Aufl., § 7 BUrlG, Rn 11 ff). Kann dann die Freistellungszeit ganz oder zum Teil im Kalenderjahr nicht genommen werden, etwa weil der Arbeitnehmer bis zum Jahresende arbeitsunfähig ist, geht der Freistellungsanspruch unter und das tarifliche Zusatzgeld ist auszuzahlen (§ 10 A Ziff. 4 Abs. 3 MTV). Wird der Arbeitnehmer vor Jahresende aber wieder arbeitsfähig, bleibt der Freistellungsanspruch unabhängig vom Jahresende bestehen (BAG 11.11.2020 - 4 AZR 210/20 - Rn 46).
II.
40
Der wegen der Abweisung des Hauptantrags nunmehr zur Entscheidung angefallene Hilfsantrag ist zwar zulässig, aber ebenfalls unbegründet. Da am Jahresende 2019 ein Anspruch auf Freistellung nicht mehr bestand, konnte er auch nicht wieder in einen Zahlungsanspruch nach § 10 A Ziff. 4 Abs. 5 MTV, § 2.2.1 TV T-ZUG zurückfallen.
D.
41
Die Klägerin hat als unterlegene Rechtsmittelführerin die Kosten der Berufung zu tragen, § 97 ZPO.
42
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Die Entscheidung betrifft die Auslegung über den Bereich des LAG Nürnberg hinaus in ganz Bayern geltender tariflicher Regelungen, die in anderen Tarifbezirken praktisch wortgleich ebenfalls gelten, § 72 Abs. 2 ArbGG.