Titel:
Datenschutzrechtlicher Auskunftsanspruch, Personenbezogene Daten, Hilfsantrag, Klageantrag, Rechtsmißbrauch, Personaldatenverarbeitung, DS-GVO, Herausgabeanspruch, Aufhebungsvertrag, Festsetzung des Streitwerts, Reduzierung des Streitwerts, Personalakten, Rechtliches Interesse, Auskunftsbegehren, Alternative Klagehäufung, Beendigung des Dienstverhältnisses, Feststellungsklage, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Hauptantrag, Prozeßbevollmächtigter
Schlagworte:
Klage zulässig, Auskunftsanspruch, Herausgabeanspruch, Unbestimmtheit, Rechtsmissbrauch, Teilerledigung, Streitwert
Rechtsmittelinstanz:
OLG Nürnberg, Endurteil vom 29.11.2023 – 4 U 347/21
Fundstelle:
BeckRS 2021, 64323
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 15.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten um Auskunftsansprüche.
2
Der Kläger war vom 01.01.2000 bis zum 30.09.2016 in verschiedenen Positionen im … tätig. Vom 01.07.2006 bis 31.07.2012 war er Geschäftsführer bei der …. Vom 01.08.2012 bis 30.09.2016 war er als Vorstandsmitglied der Beklagten für Personal und … zuständig.
3
Zwischen den Parteien ist derzeit zudem ein gerichtliches Verfahren vor dem LG Oldenburg unter dem … anhängig. Der dortige Streitwert beträgt …. Der Kläger begehrt in diesem Verfahren im Wege der Teilklage u.a. Zahlungsansprüche. Er macht geltend, dass der zwischen den Parteien bestehende Dienstvertrag nicht wirksam durch den Aufhebungsvertrag … beendet worden ist, weil er diesen wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten habe. Hintergrund des Aufhebungsvertrages war die Beteiligung des Klägers im sogenannten Komplex „Übewachung …“.
4
Mit Schreiben vom 27.07.2018 (Anlage K3) forderte der Kläger den Vorstandsvorsitzenden der Beklagten, … auf, ihm Auskunft über seine personenbezogenen Daten zu erteilen und eine Kopie seiner bei der Beklagten gespeicherten personenbezogenen Daten zur Verfügung zu stellen.
5
Der Vorstand der Beklagten übersandte mit Schreiben vom 28.08.2018 (Anlage K1) bei der Beklagten gespeicherte Personalstamm- und BAV-Daten des Klägers.
6
Mit anwaltlichem Schreiben vom 29.10.2018 (Anlage K4) forderte der Kläger den Vorstand der Beklagten und mit anwaltlichem Schreiben vom 08.07.2019 (Anlage K6) den Aufsichtsrat der Beklagten erneut zur Auskunft sowie zur Herausgabe einer Kopie seiner gespeicherten personenbezogenen Daten auf. Daraufhin entgegnete die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 12.11.2018 sowie mit anwaltlichem Schreiben vom 15.08.2019, dass der Auskunftsanspruch mit dem vorherigen Schreiben vom 28.08.2018 erfüllt worden sei und dem Kläger kein weitergehender Auskunftsanspruch zustehe.
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Die Klageseite trägt vor, dass die Beklagte im Laufe der Tätigkeit des Klägers zahlreiche personenbezogene Daten über ihn erhoben habe. Die Beklagte verarbeite in relevantem und deutlich größerem Umfang als durch das Schreiben vom 28.08.2018 beauskunftet personenbezogene Daten des Klägers. Der Anspruch auf Auskunft sei voraussetzungslos und umfasse sämtliche personenbezogene Daten, insbesondere auch betreffend Emails und postalischer Korrespondenz, Einträge in elektronische und physische Kalender und Protokolle. Zudem enthalte das Schreiben vom 28.08.2018 keine Informationen zu den Zwecken der Verarbeitung, Kategorien verarbeiteter personenbezogener Daten, Empfänger oder Speicherdauer. Der Kläger sei nicht verpflichtet, sein Auskunftsbegehren weiter zu präzisieren.
8
Mit Schriftsatz vom 30.03.2020 hat der Kläger die Klage hinsichtlich der im Verfahren vor dem LG Oldenburg beklagtenseits vorgelegten Mitschrift vom 01.09.2016 sowie einer Telefonnotiz vom 14.09.2016 für erledigt erklärt.
9
Die Klageseite beantragt zuletet:
- 1.
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Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft über alle bei ihr gespeicherten personenbezogenen Daten des Klägers mit Ausnahme der mit Schreiben des Vorstandsvorsitzenden der Beklagten vom 28. August 2018 übermittelten Personalstamm- und BAV-Daten zu erteilen.
- 2.
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Die Beklagte wird verurteilt, eine Kopie aller bei ihr gespeicherten personenbezogenen Daten des Klägers mit Ausnahme der mit Schreiben vom 28. August 2018 übermittelten Personalstamm- und BAV-Daten herauszugeben.
10
Mit Schriftsate vom 28.10.2020 beantragte der Kläger zudem:
Hilfeanträge zu Klageantrag zu 1,
Soweit das Gericht den auf Auskunft gemäß Art. 15 Abs. 1 DSGVO gerichteten Klageantrag zu 1. für unzulässig oder unbegründet erachten sollte, beantragen wir hilfsweise wie folgt.
Soweit das Gericht den Klageantrag zu 1. für unzulässig oder unbegründeterachten sollte, beantragen wir hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen über die bei ihr gespeicherten personenbezogenen Daten des Klägers betreffend sein Verhalten im Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis zum 30. September 2016 hinsichtlich der Datenkategorien
- •
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E-Mail-Korrespondenz und postalische Korrespondenz, die an einen oder mehrere der zum Zeitpunkt der Versendung jeweils amtierenden Vorstände oder Aufsichtsräte der Beklagten gerichtet ist oder von diesen stammt,
- •
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Kalendereinträge der vom 1. Januar 2000 bis zum 30. Oktober 2020 jeweils amtierenden Vorstände und Aufsichtsräte der Beklagten,
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Protokolle von Vorstands- und Aufsichtsratssitzungen,
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Aufzeichnungen aus der Personaldatenverarbeitung und seiner Personalakte, mit Ausnahme der mit Schreiben des Vorstandsvorsitzenden der Beklagten vom 28. August 2018 übermittelten Personalstamm- und BAV-Daten,
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Aufzeichnungen von Unternehmensangehörigen der Beklagten, etwa der Rechts-, Datenschutz- und Revisionsabteilung, die an einen oder mehrere der vom 1. Januar 2000 bis zum 30. Oktober 2020 jeweils amtierenden Vorstände oder Aufsichtsräte der Beklagten gerichtet sind,
- •
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Stellungnahmen und Gutachten von Beratern und Rechtsbeiständen, die sich an die Beklagte richten.
Soweit das Gericht auch den ersten hlilfsantrag für unzulässig oder unbegründet erachten sollte, beantragen wir höchst hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen über die bei ihr gespeicherten personenbezogenen Daten des Klägers betreffend sein Verhalten während seiner Tätigkeit als Vorstandsmitglied der Beklagten im Zeitraum vom 1. August 2012 bis zum 30. September 2016 hinsichtlich der Datenkategorien
- •
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E-Mail-Korrespondenz und postalische Korrespondenz, die an einen oder mehrere der zum Zeitpunkt der Versendung jeweils amtierenden Vorstände oder Aufsichtsräte der Beklagten gerichtet ist oder von diesen stammt,
- •
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Kalendereinträge der vom 1. August 2012 bis zum 30. Oktober 2020 jeweils amtierenden Vorstände und Aufsichtsräte der Beklagten,
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Protokolle von Vorstands- und Aufsichtsratssitzungen,
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Aufzeichnungen aus der Personaldatenverarbeitung und seiner Personalakte, mit Ausnahme der mit Schreiben des Vorstandsvorsitzenden der Beklagten vom 28. August 2018 übermittelten Personalstamm- und BAV-Daten,
- •
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Aufzeichnungen von Unternehmensangehörigen der Beklagten, etwa der Rechts-, Datenschutz- und Revisionsabteilung die an einen oder mehrere der vom 1. August 2012 bis zum 30. Oktober 2020 jeweils amtierenden Vorstände oder Aufsichtsräte der Beklagten gerichtet sind,
- •
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Stellungnahmen und Gutachten von Beratern und Rechtsbeiständen, die sich an die Beklagte richten.
Soweit das Gericht auch den zweiten Hilfsantrag für unzulässig oder unbegründet erachten sollte, beantragen wir höchst höchst hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen über die Verarbeitung personenbezogener Daten des Klägers im Zusammenhang mit
… Hilfsanträge zu Klageantrag zu 2.
Soweit das Gericht den auf zur Verfügung stellen einer Datenkopie gemäß Art. 15 Abs. 3 DSGVO gerichteten Klageantrag zu 2. für unzulässig oder unbegründet erachten sollte, beantragen wir hilfsweise wie folgt.
Soweit das Gericht den Klageantrag zu 2. für unzulässig oder unbegründet erachtet, beantragen wir hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, eine Kopie bei ihr gespeicherter personenbezogener Daten des Klägers betreffend sein Verhalten im Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis zum 30. September 2016 hinsichtlich der Datenkategorien zur Verfügung zu stellen
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E-Mail-Korrespondenz und postalische Korrespondenz, die an einen oder mehrere der zum Zeitpunkt der Versendung jeweils amtierenden Vorstände oder Aufsichtsräte der Beklagten gerichtet ist oder von diesen stammt,
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Kalendereinträge der vom 1. Januar 2000 bis zum 30. Oktober 2020 jeweils amtierenden Vorstände und Aufsichtsräte der Beklagten,
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Protokolle von Vorstands- und Aufsichtsratssitzungen,
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Aufzeichnungen aus der Personaldatenverarbeitung und seiner Personalakte, mit Ausnahme der mit Schreiben des Vorstandsvorsitzenden der Beklagten vom 28. August 2018 übermittelten Personalstamm- und BAV-Daten,
- •
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Aufzeichnungen von Unternehmensangehörigen der Beklagten, etwa der Rechts-, Datenschute- und Revisionsabteilung, die an einen oder mehrere der vom 1. Januar 2000 bis zum 30. Oktober 2020 jeweils amtierenden Vorstände oder Aufsichtsräte der Beklagten gerichtet sind,
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Stellungnahmen und Gutachten von Beratern und Rechtsbeiständen, die sich an die Beklagte richten.
Soweit das Gericht auch den ersten Hilfsantrag für unzulässig oder unbegründet erachten sollte, beantragen wir höchst hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, eine Kopie bei ihr gespeicherter personenbezogener Daten des Klägers betreffend sein Verhalten während seiner Tätigkeit als Vorstandsmitglied der Beklagten im Zeitraum vom 1. August 2012 bis zum 30. September 2016 hinsichtlich der Datenkategorien zur Verfügung zu stellen
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E-Mail-Korrespondenz und postalische Korrespondenz, die an einen oder mehrere der zum Zeitpunkt der Versendung jeweils amtierenden Vorstände oder Aufsichtsräte der Beklagten gerichtet ist oder von diesen stammt,
- •
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Kalendereinträge der vom 1. August 2012 bis zum 30. Oktober 2020 jeweils amtierenden Vorstände und Aufsichtsräte der Beklagten,
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Protokolle von Vorstands- und Aufsichtsratssitzungen,
- •
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Aufzeichnungen aus der Personaldatenverarbeitung und seiner Personalakte, mit Ausnahme der mit Schreiben des Vorstandsvorsitzenden der Beklagten vom 28. August 2018 übermittelten Personalstamm- und BAV-Daten,
- •
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Aufzeichnungen von Unternehmensangehörigen der Beklagten, etwa der Rechts-, Datenschutz- und Revisionsabteilung die an einen oder mehrere der vom 1. August 2012 bis zum 30. Oktober 2020 jeweils amtierenden Vorstände oder Aufsichtsräte der Beklagten gerichtet sind,
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Stellungnahmen und Gutachten von Beratern und Rechtsbeiständen, die sich an die Beklagte richten.
Soweit das Gericht auch den zweiten Hilfsantrag für unzulässig oder unbegründet erachten sollte, beantragen wir höchst höchst hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, eine Kopie der personenbezogenen Daten des Klägers in den nachfolgend benannten Dokumenten herauszugeben
11
Die Beklagtenseite beantragt:
12
Die Beklagtenseite trägt vor, dass die Klage wegen der Unbestimmtheit der Klageanträge zu 1) und zu 2) und der Hilfsanträge sowie aufgrund alternativer Klagehäufung unzulässig sei. Der Kläger versuche, mittels der streitgegenständlichen Auskunftsklage, Beweismittel für seine Klage gegen die Beklagte vor dem LG Oldenburg zu erlangen. Soweit der Kläger Konkretisierungen bzgl. seiner begehrten Auskunft vornehme, würden sich diese immer auf Dokumente beziehen, die unmittelbar im Zusammenhang mit internen Ermittlungen gegen ihn aufgrund des sog. Komplexes „Überwachung …“ und dem Zustandekommen des Aufhebungsvertrages stünden. Er beabsichtige unter dem Deckmantel eines datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs eine sog. (Pre-Trial-) Discovery nach Common-Law-Vorbild durchzuführen. Dies sei ein Exzess aufgrund datenschutzfremder Motive. Der Auskunfts- als auch der Herausgabeanspruch seien zudem exzessiv i.S. des Art. 12 Abs. 5 Safe 2 DS-GVO, anspruchsausschließende Ausnahmetatbestände würden eingreifen und der Anspruch sei mit Schreiben vom 28.08.2018 bereits erfüllt. Für den Fall, dass das Gericht einen Anspruch des Klägers ausArt. 15 Abs. 1 DS-GVO und/oder Art. 15 Abs. 3 DS-GVO bejaht, hat die Beklagte die Einrede eines Zurückbehaltungsrechts aus Art. 12 Abs. 5 Satz 2 a) DS-GVO erhoben.
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Das zunächst vom Kläger angerufene AG Nürnberg hat sich mit Beschluss vom 14.08.2020 für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das LG Nürnberg-Fürth verwiesen.
14
Das Gericht hat keinen Beweis erhoben. Die Parteivertreter haben jeweils mit Schriftsatz vom 11.11.2020 ihre Zustimmung zum schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO erklärt.
15
Ergänzend wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen vom 07.10.2019 (Bl. 2/20 d.A.), 30.01.2020 (Bl. 31/76), 30.03.2020 (Bl. 81/110), 18.06.2020 (Bl. 114/135), 15.10.2020 (Bl. 149/158), 22.10.2020 (Bl. 160/170 d.A.), 28.10.2020 (Bl. 171/178 d.A.), 11.11.2020 (Bl. 183/188) sowie 11.12.2020 (Bl. 195/211 d. A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
16
Die Klage hat keinen Erfolg.
17
Die Klage ist zwar zulässig.
18
I) Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist eröffnet. Es liegt eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit gemäß§ 13 GVG vor. § 2 Abs. 3 ArbGG ist nicht einschlägig.
19
II) Das angerufene Gericht ist sachlich und örtlich zuständig (§ 1 ZPO, §§ 23, 71 Abs. 1 GVG; § 44 Abs. 1 Satz 2 BDSG).
20
III) Sowohl die Hauptanträge als auch die Hilfsanträge sind hinreichend bestimmt genug gemäß§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
21
1) Ein Klageantrag ist dann hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) absteckt, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt, das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abwälzt und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt BGH, Versäumnisurteil v. 28.11.2002 – I ZR 168/00).
22
2) Sowohl den Hauptanträgen als auch den Hilfsanträgen lässt sich unmissverständlich entnehmen, welche Unterlagen begehrt werden, auch wenn diese nicht konkreter benannt sind. Lediglich die Tatsache, dass eine wohl unermessliche Anzahl von Unterlagen beauskunftet werden müssten, macht die Klageanträge nicht unbestimmt.
23
3) Es liegt keine Unbestimmtheit aufgrund unzulässiger alternativer Klagehäufung vor.
24
Es liegt, anders als beklagtenseits dargestellt, keine wahlweise oder alternative Klagehäufung vor. Soweit Haupt- und Hilfsanträge geltend gemacht werden, werden diese gerade klägerseits in ein Eventualverhältnis gestellt. Im übrigen begehrt der Kläger mit den Hauptanträgen gerade nicht zwei Prozessansprüche dergestalt, dass er den einen oder den anderen Prozessanspruch geltend macht. Vielmehr begehrt er kumulativ Auskunft und Herausgabe und stützt diese Ansprüche jeweils auf unterschiedliche Anspruchsgrundlagen. Es handelt sich jeweils um einen Streitgegenstand. Bei gleichem Klageantrag stützt der Kläger seine Ansprüche auf denselben Lebenssachverhalt (Klagegrund).
25
IV) Die klägerseits erklärte Teilerledigterklärung stellt eine stets zulässige Klageänderung in eine Feststellungsklage dar, § 264 Nr. 2 ZPO.
26
Die Klage ist jedoch in der Sache unbegründet. Dem Kläger stehen keine der geltend gemachten Auskunfts- und Herausgabeansprüche zu.
27
I) Dem Kläger steht der geltend gemachte Auskunftsanspruch betreffend aller bei der Beklagten gespeicherten personenbezogenen Daten des Klägers (Hauptantrag) nicht zu.
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1) Ein solcher Auskunftsanspruch ergibt sich zwar dem Grunde nach aus Art. 15 Abs. 1 DS-GVO. Vorliegend hat die Beklagte diesen umfassend geltend gemachten Auskunftsanspruch aber zunächst erfüllt und um weitere Präzisierung gebeten.
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a) Personenbezogenen Daten sind gemäß Art. 4 Nr. 1 StVO alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen; als identifizierbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen identifiziert werden kann, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser natürlichen Person sind.
30
b) Die Beklagte hat die in umfassender und uneingeschränkter Form geltend gemachte Auskunft in hinreichendem Maße durch die Überlassung allgemeiner Informationen, konkret durch die Übersendung des Schreibens vom 28.08.2018 und die darin enthaltenen Personalstamm- und BAV-Daten erfüllt.
31
c) Der Kläger muss seine Auskunftsansprüche hinreichend konkretisieren (vgl. Schmidt-Wudy in BeckOK Datenschutzrecht, Art. 15 DS-GVO Rn. 47). Der Auskunftsanspruch gemäß Art. 15 Abs. 1 DS-GVO ist seinem Wortlaut nach sehr weit gefasst. Laut dem Ewägungsgrund 63 Satz 7 zum Erlass der DS-GVO vom 27.04.2016 soll aber ein Verantwortlicher, der eine große Menge von Informationen über die betroffene Person verarbeitet, vor Auskunftserteilung verlangen können, dass die betroffene Person präzisiert, auf welche konkreten Information oder welche konkreten Verarbeitungsvorgänge sich ihr Auskunftsersuchen bezieht. Dies bedeutet, dass nach dem Willen des Unionsgesetzgebers ein Verantwortlicher in einem solchen Fall die Erfüllung eines Auskunftsbegehrens insgesamt verweigern kann, wenn eine betroffene Person trotz Aufforderung keine Konkretisierung ihres Auskunftsbegehrens vornimmt.
32
Gerade in einem Dienst- bzw. Arbeitsverhältnis – wie vorliegend – werden derart viele Daten verarbeitet, dass der Dienstberechtigte bzw. der Arbeitgeber bei einem Auskunftsersuchen eine Konkretisierung des Begehrens daher verlangen kann. Der Kläger selbst lässt vortragen, dass die Beklagte in großem Umfang über personenbezogene Daten über ihn verfügt bzw. umfangreich personenbezogene Daten über ihn verarbeitet. Unstreitig enthalten sämtliche von der Beklagten versandten Emails und Briefe im Zeitraum vom August 2012 bis September 2016 in der Signatur den Namen des Klägers. Bereits aus der langen Zeit der Tätigkeit des Klägers ergibt sich, dass eine große Anzahl von Emails, postalischer Korrespondenz, Kalendereinträgen, Protokollen über diverse Sitzungen oder Aktivitäten sowohl vom Kläger selbst als auch über den Kläger angefallen sein müssen. Es ist für das Gericht – wie auch schon für das Amtsgericht Nürnberg – nachvollziehbar, dass die Beklagte daher über einen längeren Zeitraum Mitarbeiter allein damit beschäftigen müsste, sämtliche personenbezogene Daten des Klägers herauszusuchen und datenschutzrechtlich aufzuarbeiten.
33
Die Auflistung verschiedener elektronischer und physischer Dokumente in der Klageschrift (Bl. 3/6 d.A.) genügt insoweit nicht. Der Kläger hat gerade nicht genau mitgeteilt, welche konkrete Auskunft er begehrt, sondern lediglich Dokumentarten bzw. Datenkategorien genannt, in denen grundsätzlich Daten enthalten sein können.
34
d) Soweit der Kläger seinen Hauptantrag in der Klageschrift auf Seite 4 hinsichtlich der Rubrik „Stellungnahmen und Bewertungen“ auf konkret genannte Dokumente stütet, ist der Anspruch wegen Rechtsmissbrauchs ausgeschlossen.
35
Vorliegend steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger das hiesige Verfahren angestrengt hat, um sich eine bessere Rechtsposition im Verfahren vor dem LG Oldenburg zu verschaffen. Er benutzt den Auskunftsanspruch insoweit als Vorwand. Er verfolgt gerade nicht die in der DS-GVO angelegten Zwecke der Rechtmäßigkeitskontrolle und der Transparenz.
36
aa) Gemäß Art. 12 Abs. 5 Satz 2 b) DS-GVO kann sich der Verantwortliche bei offenkundig unbegründeten oder – insbesondere im Fall von häufiger Wiederholung – exzessiven Anträgen weigern, tätig zu werden. Die Beweislast für den offenkundig unbegründeten oder exzessiven Charakter des Antrags trägt insoweit die Beklagte, Art. 12 Abs. 5 Satz 3 DS-GVO.
37
Ein exzessiver Antrag liegt entsprechend dem Wortlaut „insbesondere“ nicht nur bei häufiger Wiederholung vor. Auch bei rechtsmissbräuchlichen Anträgen ist Art. 12 Abs. 5 2 b) DS-GVO einschlägig (vgl. Hierzu Britz/Beyer, VersR 2020, 65, 72; Wybitul/Brams, NZA 2019, 672, 674; LG Heidelberg, Urteil vom 21.02.2020 – 4 O 6/19, ZD 2020, 313, 314).
38
Laut dem Ewägungsgrund 63 Satz 1 zum Erlass der DS-GVO vom 27.04.2016 ist Sinn und Zweck des Auskunftsanspruchs, dass sich die betroffene Person der Verarbeitung bewusst sein und deren Rechtmäßigkeit überprüfen können soll. Hierdurch soll die betroffene Person in die Lage versetzt werden, ggf ihre weiteren datenschutzrechtlichen Rechte auf Berichtigung (Art. 16 DS-GVO), Löschung (Art. 17 DS-GVO), Sperrung (Art. 18 DS-GVO), Widerspruch (Art. 21 DS-GVO) und Schadenersatzansprüche geltend zu machen sowie Beschwerde bei der Datenschutzaufsichtsbehörde einzureichen.
39
bb) Das Gericht ist davon überzeugt, dass der Kläger die vorliegende Klage entgegen dem in Erwägungsgrund 63 Satz 1 zum Erlass der DS-GVO vom 27.04.2016 genannten Zweck erhoben hat, sondern vordringlich zum Erhalt von Dokumenten über die internen Ermittlungen der Beklagten gegen ihn sowie zu den internen Vorgängen der Beklagten im Zusammenhang mit dem Zustandekommen des Aufhebungsvertrages.
40
(1) Diese eindeutige Motivation des Klägers bringt dieser bereits selbst in seinem ersten Auskunftsersuchen vom 27.07.18 (Anlage K3) deutlich zum Ausdruck, in dem er sein Auskunftsverlangen aufgrund der großen Menge an Informationen dahingehend präzisierte und sogar durch Hervorhebung in Form des Fettdrucks und des Einschubs ausführte, dass er die Herausgabe einer Kopie des Ermittlungsberichtes von … an den Aufsichtsrat der … über 'Ermittlungen' zu seiner Person verfolge. Auch den weiteren Ausführungen lässt sich entnehmen, dass der Focus des Klägers vordringlich auf diesem Bericht liegt. So macht er auf Seite 2 seines Auskunftsschreibens im dritten Absatz Ausführungen zum „fraglichen Dokument“ und stellt ausdrücklich einen Bezug zur „Causa … her. Auch dem anwaltlichen Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 29.10.2018 ist deutlich zu entnehmen, dass der Kläger beabsichtigt, insbesondere Informationen zu Korrespondenz im Zusammenhang mit dem „Komplex, Übewachung … zu erlangen. Zudem stellen die Prozessbevollmächtigten des Klägers ausdrücklich und unmissverständlich auch einen Bezug zu den Vorgängen, die zur Beendigung des Dienstverhältnisses des Klägers geführt haben, her. Die erfolgte Auflistung auf Seite 3 dieses Schreibens betriffl ausschließlich Dokumente betreffend die Beendigung des Dienstverhältnisses im Zusammenhang mit dem „Komplex, Übewachung …“. Das Ziel der vorliegend erhobenen Auskunftsklage lässt sich besonders eindeutig Seite 60 der Klageschrift des Klägers im Verfahren vor dem LG Oldenburg (Anlage B6) entnehmen. Dort lässt der Kläger ausführen, dass er seinen Auskunftsanspruch in einem gesonderten gerichtlichen Verfahren weiterverfolge, weil die Beklagte sich hartnäckig weigere, an der Aufklärung der nachträglich zu Tage getretenen, offenkundigen Ungereimtheiten anlässlich seines Ausscheidens als Vorstand mitzuwirken und ihm Auskunft über ihn betreffende, aber in ihrem Gewahrsam befindliche Unterlagen zu geben.
41
(2) Der klägerseits vorgetragene Umstand, dass er den Ausgang dieses Rechtsstreits gerade nicht abwartet, um den anderen Prozess vorzubereiten, sondern die Auskunftsansprüche vielmehr gleichzeitig unabhängig vom Verfahren vor dem LG Oldenburg geltend macht, steht dem ebenso wenig entgegen, wie sein Vortrag, wonach er im Parallelverfahren alle Tatsachen zur Anspruchsbegründung auch ohne Auskunft beweisen könne und daher nicht auf seinen Anspruch betreffend die DS-GVO angewiesen sei.
42
cc) Die Verfolgung datenschutezweckfremder Ziele zur Verbesserung der Rechtsposition in einem anderen Rechtsstreit ist rechtsmissbräuchlich, weil es zu einem Wertungswiderspruch zum Beibringungsgrundsatz der Zivilprozessordnung führt. Das deutsche Prozessrecht gewährt dem Kläger grundsätzlich keinen Anspruch auf Informationen und Dokumente aus der Sphäre des Beklagten. Vielmehr obliegt es grundsätzlich dem Kläger die anspruchsbegründenden Tatsachen darzulegen und zu beweisen. Einen sog. Ausforschungsbeweis sieht die ZPO anders als andere Rechtsordnungen gerade nicht vor. Er ist grundsätzlich unzulässig.
43
2) Der Kläger hat auch keinen Anspruch gem. § 810 BGB.
44
a) Wie beklagtenseits bereits in der Klageewiderung ausgeführt, hat der für die Voraussetzungen einer Einsichtsgewährung nach § 810 BGB darlegungs- und beweispflichtige Kläger die konkreten Urkunden und deren angeblichen Inhalt nicht genau bezeichnet.
45
Soweit der Kläger überhaupt Urkunden konkret bezeichnet, nennt er jedenfalls deren angeblichen Inhalt nicht.
46
b) Es fehlt zudem das erforderliche rechtliche Interesse.
47
Ein rechtliches Interesse an der Einsichtnahme von Urkunden besteht nur, wenn diese Einsichtnahme zur Förderung, Erhaltung oder Verteidigung einer rechtlich geschützten Position benötigt wird. Die Vorlage der Urkunde soll nur die letzte Klarheit über einen wahrscheinlichen Anspruch verschaffen (Sprau in Palandt, § 810 Rn. 2; J. F. Hoffmann in beck-online.GROSSKOMMENTAR, §810 Rn. 15).
48
Der Kläger lässt im hiesigen Rechtsstreit jedoch vortragen, dass sein Interesse gerade nicht die Förderung, der Erhaltung oder die Verteidigung einer rechtlich geschützten Position sei, sondern ihm vielmehr ohne weitere Voraussetzungen uneingeschränkt ein Auskunftsanspruch zustünde.
49
Ein rechtliches Interesse fehlt, wenn der Anspruchsteller die Einsicht nur auf Grund vager Vermutungen über den Inhalt der Urkunde verlangt, um erst durch die Einsicht Anhaltspunkte für eine spätere Rechtsverfolgung zu gewinnen (vgl. BGH, NJW 2014, 3312).
50
Vorliegend kann das Gericht auch insbesondere aufgrund fehlender Inhaltsangabe der betreffenden Urkunden, kein rechtliches Interesse erkennen.
51
c) Auch ist die bestimmte Beziehung des Klägers zur Urkunde (Errichtung im klägerischen Interesse, Beurkundung eines bestehenden Rechtsverhältnisses zwischen dem Kläger und einem anderen, Verhandlung über ein Rechtsgeschäft) nicht gegeben.
52
3) Dem Kläger steht auch kein Auskunftsanspruch gemäß§ 242 BGB zu.
53
Gemäß § 242 BGB trifft den Schuldner zwar ausnahmsweise eine Auskunftspflicht, wenn der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann (vgl. BGH, Urteil vom 02.12.2015 – IV ZR 28/15). Umfang und Inhalt der zu erteilenden Auskunft richten sich danach, welche Informationen der Berechtigte benötigt, um seinen Anspruch geltend machen zu können (vgl. BGH, Urteil vom 24.03.2010 – IV ZR 296/07).
54
Hierzu führte der Kläger lediglich aus, dass ihm ein Anspruch aus einer nachwirkenden Treuepflicht der Gesellschaft in Verbindung mit § 242 BGB zustünde.
55
Er trägt nicht vor, welche Ansprüche der Kläger gegen die Beklagte nach erhaltener Auskunft geltend machen will. Vielmehr wird wiederholt ausgeführt, dass der Kläger das hiesige Verfahren nicht zur Verbesserung seiner Rechtsstellung im Verfahren vor dem LG Oldenburg angestrengt hat. Auch erfolgt keinerlei Vortrag dazu, welche Auskünfte er diesbezüglich inhaltlich konkret benötigt. Trotz Hinweises der Beklagten in der Klageewiderung, dass klägerischer Vortrag hierzu fehle, erfolgte klägerseits kein Vortrag.
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4) Dem Kläger steht auch kein Anspruch gemäß§ 26 Abs. 2 SprAuG zu.
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Der Kläger hat die anspruchsbegründenden Voraussetzungen, insbesondere seine Stellung als leitender Angestellter, bereits nicht dargelegt. Insoweit ließ der Kläger lediglich unter Nennung des § 26 Abs. 2 SprAuG vortragen, dass er in der Zeit vom 1. Januar 2000 bis zum 30. September 2016 in verschiedenen Positionen im … tätig gewesen sei; zuletzt als Vorstand der Beklagten für Personal und IT. Weitere Ausführungen erfolgten trotz Hinweises der Beklagten in der Klageerwiderung, dass klägerischer Vortrag hierzu fehle, nicht.
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Der Kläger hat zu den Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 und 4 BetrVG, bei deren Vorliegen von einem leitenden Angestellten ausgegangen werden kann, nichts vorgetragen.
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5) Dem Kläger steht auch kein Anspruch gemäß§ 83 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zu.
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Der Kläger hat die anspruchsbegründenden Voraussetzungen, insbesondere seine Arbeitnehmereigenschaft, bereits nicht dargelegt. Insoweit ließ der Kläger, wie bereits dargelegt, lediglich unter Nennung des § 83 Abs. 1 Safe 1 BetrVG vortragen, dass er in der Zeit vom 1. Januar 2000 bis zum 30. September 2016 in verschiedenen Positionen im … tätig gewesen sei; zuletzt als Vorstand der Beklagten für Personal und IT. Weitere Ausführungen erfolgten auch diesbezüglich trotz Hinweises der Beklagten in der Klageerwiderung, dass klägerischer Vortrag hierzu fehle, nicht.
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Der Kläger ist jedoch als Vorstandsmitglied und damit als Mitglied eines Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der Beklagten als juristische Person berufen ist, kein Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, § 5 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG.
62
II) Der mit dem ersten Hilfsantrag zu Klageantrag zu 1. geltend gemachte Auskunftsanspruch besteht ebenfalls nicht.
63
Insoweit erfolgte ebenfalls keine ausreichende Konkretisierung im Sinne des Ewägungsgrundes 63 Satz 7. Der Kläger hat zwar in diesem Hilfsantrag den Antrag begrenzt, inhaltlich bezogen auf sein Verhalten und zeitlich bezogen auf den Zeitraum vom 01.01.2000 bis zum 30.09.2016, allerdings werden erneut pauschal Dokumente im Allgemeinen aufgelistet (E-Mails, Kalendereinträge, Protokolle, Aufzeichnungen, Stellungnahmen). Bei einem Zeitraum von fast sechs Jahren ohne weitere konkrete Einschränkung, beispielsweise auf ein spezielles Ereignis, einen speziellen Adressaten, eine spezielle personenbezogene Information, ist weiterhin von einer großen Menge von Informationen im Sinne des Ewägungsgrundes 63 Satz 7 auszugehen, so dass der Kläger gezwungen ist, sein Auskunftsbegehren zu konkretisieren.
64
III) Auch der mit dem zweiten Hilfsantrag zu Klageantrag zu 1. geltend gemachte Auskunftsanspruch besteht mangels ausreichender Konkretisierung nicht.
65
Insoweit hat der Kläger sein Auskunftsbegehren zwar auf seine Tätigkeit als Vorstandsmitglied und dadurch bedingt auf den Zeitraum vom 01.08.2012 bis zum 30.09.2016 beschränkt. Er hat jedoch erneut lediglich Dokumentenkategorien ohne Konkretisierung aufgelistet. Auch bei einem Zeitraum von 4 Jahren ohne weitere konkrete Einschränkung, ist diesbezüglich weiterhin von einer großen Menge von Informationen im Sinne des Ewägungsgrundes 63 Safe 7 auszugehen, so dass der Kläger gezwungen ist, sein Auskunftsbegehren zu konkretisieren.
66
IV) Der mit dem dritten Hilfsantrag zu Klageantrag zu 1. geltend gemachte Auskunftsanspruch ist wegen Rechtsmissbrauchs ausgeschlossen.
67
Es werden zwar konkrete Dokumente aufgelistet. Der Antrag ist hinreichend präzisiert. Allerdings gilt insoweit das zum Hauptantrag betreffend die Rubrik „Stellungnahmen und Bewertungen“ Ausgeführte. Mit dem dritten Hilfsantrag begehrt der Kläger ausschließlich Dokumente, die im unmittelbaren Zusammenhang mit dem sog. Komplex „Überwachung …“ und dem damit zusammenhängenden Ausscheiden des Klägers als Vorstand der Beklagten stehen. Dies wird vom Kläger auch nicht bestritten. Es handelt sich bei den begehrten Protokollen und Aufzeichnungen von Gremiensitzungen der Beklagten ersichtlich um Interna der Beklagten.
68
V) Auch der Hauptantrag betreffend die Herausgabe von Kopien ist unbegründet.
69
1) Die Beklagte kann die Erfüllung des auf Art. 15 Abs. 3 DS-GVO gestützten Anspruchs verweigern.
70
a) Ob Art. 15 Abs. 3 DS-GVO der betroffenen Person tatsächlich einen Anspruch auf Herausgabe von Ablichtungen konkreter Dokumente oder Akten gewährt oder lediglich die Bereitstellung einer strukturierten Zusammenfassung ihrer personenbezogenen Daten, kann vorliegend dahinstehen.
71
b) Auch die Erfüllung des den Auskunftsanspruch ergänzenden Anspruchs auf Herausgabe gemäß Art. 15 Abs. 3 DS-GVO kann der Verantwortliche, der eine große Menge von Informationen über die betroffene Person verarbeitet, insgesamt verweigern. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.
72
2) Auch steht dem Kläger, entsprechend den obigen Ausführungen, kein Herausgabeanspruch aus § 810 BGB, § 242 BGB, § 26 Abs. 2 SprAuG und § 83 Abs. 1 Satz 1 BetrVG mangels schlüssigen Sachvortrags zu.
73
VI) Der mit dem ersten Hilfsantrag zu Klageantrag zu 2. geltend gemachte Herausgabeanspruch besteht auch nicht. Insoweit erfolgte, wie oben ausgeführt, keine ausreichende Konkretisierung im Sinne des Erwägungsgrundes 63 Safe 7.
74
VII) Auch der mit dem zweiten Hilfsantrag zu Klageantrag zu 2. geltend gemachte Herausgabeanspruch besteht nicht. Insoweit erfolgte, wie oben ausgeführt, keine ausreichende Konkretisierung im Sinne des Erwägungsgrundes 63 Satz 7.
75
VIII) Der mit dem dritten Hilfsantrag zu Klageantrag zu 2. geltend gemachte Herausgabeanspruch besteht ebenfalls nicht.
76
Gemäß Art. 12 Abs. 5 Satz 2 b) DS-GVO ist der Anspruch entsprechend den obigen Ausführungen als rechtsmissbräuchlich ausgeschlossen.
77
IX) Die Feststellungsklage hinsichtlich der klägerseits erklärten Teilerledigterklärung ist ebenfalls unbegründet.
78
Es liegt keine Erledigung vor.
79
Entsprechend der obigen Ausführungen hat der Kläger keinen Anspruch auf Vorlage der Mitschrift vom 1.09.2016 sowie einer Telefonnotiz vom 14.09.2016. Die Klage ist somit gerade nicht nachträglich unbegründet geworden.
80
Die Kostenentscheidung beruht auf§ 91 ZPO, die bezüglich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
81
Das Gericht setzt den Streitwert hinsichtlich der beiden Hauptanträge auf jeweils 7.500 € fest.
82
1) Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwertes beruht auf§ 48 Abs. 2 GKG. Demnach sind alle Umstände des Einzelfalls, insbesondere auch der Umfang und die Bedeutung der Sache zu berücksichtigen.
83
2) Somit ist die Tatsache, dass der Kläger die Durchsetzung seiner Ansprüche im Verfahren vor dem LG Oldenburg erleichtern möchte (wirtschaftliches Ziel) ebenso zu berücksichtigen, wie der tatsächliche Aufwand der Beklagten insbesondere betreffend den Umfang der begehrten Auskunft bzw. Herausgabe.
84
a) Es geht um personenbezogene Daten im großen Umfang. Bereits aus der langen Zeit der Tätigkeit des Klägers ergibt sich, dass eine große Anzahl von Emails, postalischer Korrespondenz, Kalendereinträgen, Protokollen über diverse Sitzungen oder Aktivitäten sowohl vom Kläger selbst als auch über den Kläger angefallen sein müssen. Es ist für das Gericht – wie auch schon für das Amtsgericht Nürnberg – nachvollziehbar, dass die Beklagte daher über einen längeren Zeitraum Mitarbeiter allein damit beschäftigen müsste, sämtliche personenbezogene Daten des Klägers herauszusuchen und datenschutzrechtlich aufzuarbeiten.
85
b) Wirtschaftlich gesehen hat das Verfahren für beide Parteien besondere Bedeutung. Für den Kläger geht das Interesse deutlich über das allgemeine Informationsinteresse hinaus. Der Kläger versucht zur Überzeugung des Gerichts, vordringlich Dokumenten über die internen Ermittlungen der Beklagten gegen ihn sowie zu den internen Vorgängen der Beklagten im Zusammenhang mit dem Zustandekommen des Aufhebungsvertrages zu erhalten. Hierbei ist zu sehen, dass der Streitwert vor dem LG Oldenburg … beträgt. Der Kläger hat daher ein hohes Vermögensinteresse.
86
3) Die durch die einseitige Teilerledigterklärung erfolgte Klageänderung in eine Feststellungsklage führt zu keiner Reduzierung des Streitwertes. Bei einer derartig umfassenden und umfangreichen Auskunfts- und Herausgabeklage fällt eine Mitschrift sowie eine Telefonnotiz im Rahmen der Beurteilung gemäß § 48 Abs. 2 GKG nicht nennenswert ins Gewicht.
87
4) Die mit der Klageeweiterung geltend gemachten sechs Hilfsanträge erhöhen den Streitwert nicht. Die Ansprüche betreffen denselben Gegenstand, so dass die wertmäßig höheren Hauptanträge maßgeblich sind, § 45 Abs. 1 Satz 2 und 3 GKG.
88
5) Auch hat sich der Streitwert nicht wegen einer Klagerücknahme reduziert. Der Kläger hat die Klage gar nicht teilweise zurückgenommen.
89
Wie bereits oben ausgeführt, handelt es sich um zwei Hauptanträge, die jeweils auf mehrere Anspruchsgrundlagen gestützt werden, aber denselben Lebenssachverhalt betreffen. Es könnte daher dem Schriftsatz der Klägerseite vom 28.10.2020 allenfalls entnommen werden, dass die Ansprüche nicht mehr auf weitere Anspruchsgrundlagen als Art. 15 DS-GVO gestützt werden. Eine Klagerücknahme dergestalt, dass über einen anhängigen Streitgegenstand nicht entschieden werden soll, lässt sich diesem nicht entnehmen.