Titel:
Allgemeinverfügung hinsichtlich der Durchführung von Veranstaltungen
Normenketten:
IfSG § 16, § 28 Abs. 1
VwGO § 42 Abs. 2, § 113 Abs. 1 S. 1
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1
Leitsätze:
1. Maßnahmen nach § 16 IfSG sind stets präventiver Natur und finden Anwendung, bevor eine übertragbare Krankheit auftritt. Schutzmaßnahmen nach § 28 IfSG sind demgegenüber in erster Linie repressiv ausgerichtet. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
2. Damit § 28 IfSG und nicht § 16 IfSG einschlägig ist, muss es einen örtlichen Bezug zum Krankheitsgeschehen geben, der sich entweder daraus ergibt, dass das Krankheitsgeschehen selbst auf dem Gebiet der zuständigen Behörde aufgetreten ist oder dass ein Ansteckungsverdächtiger aus einem Gebiet mit Krankheitsausbruch in den Zuständigkeitsbereich der Behörde eingereist ist. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
3. § 28 Abs. 1 S. 1 und 2 IfSG stehen nicht im Verhältnis der Spezialität. (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)
4. Bei § 28 Abs. 1 S. 1 IfSG handelt es sich um eine Generalklausel, die die zuständigen Behörden zum Handeln verpflichtet (gebundene Entscheidung). Hinsichtlich Art und Umfang der Bekämpfungsmaßnahmen – dem "Wie" des Eingreifens – ist der Behörde jedoch ein Auswahlermessen eingeräumt. (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Fortsetzungsfeststellungsklage, Allgemeinverfügung der Stadt, Würzburg, Erledigung jedenfalls durch Ablauf des Geltungszeitraums, Beschränkung von Veranstaltungen auf dem Stadtgebiet, fehlende Darlegung der Betroffenheit von Veranstaltungen im Hotel, fehlendes Fortsetzungsfeststellungsinteresse, keine ausreichende Darlegung der Schadenshöhe, Rechtmäßigkeit der Allgemeinverfügung, keine Verletzung in subjektiven Rechten, keine Grundrechtsverletzung, Hotel, Veranstaltungen, Allgemeinverfügung, Corona-Virus, SARS-CoV-2, Klagebefugnis, subjektives Recht, Verletzung, Fortsetzungsfeststellungsinteresse, Inanspruchnahme, Nichtstörer, Schadenshöhe, Darlegung, Berufsfreiheit, Eigentum, Ungleichbehandlung, gebundene Entscheidung, Auswahlermessen
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Entscheidung vom 31.08.2021 – 20 ZB 21.608
Fundstelle:
BeckRS 2021, 639
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
1
Die Klägerin wendet sich gegen eine Allgemeinverfügung der beklagten Stadt nach dem Infektionsschutzgesetz.
2
Die Klägerin gehört zur ... Hotel Gruppe unter der Muttergesellschaft … GmbH mit mehr als 60 Hotels und Ressorts. Sie ist Betreiberin des … mit 158 Zimmern, 6 Veranstaltungsräumen für bis zu 145 Personen, zwei Restaurants und einer Bar.
3
Mit Allgemeinverfügung vom 11. März 2020 (im Folgenden: Allgemeinverfügung) traf die Beklagte Regelungen zur Einschränkung aller öffentlicher und privater Veranstaltungen, Vergnügungen und sonstiger Ansammlungen sowie Versammlungen und Aufzüge auf dem Gebiet der Stadt W. (Veranstaltungen). Die festgesetzte Personenzahl gilt als Gesamtzahl aller anwesenden Personen (Nr. 1). Für Veranstaltungen ab 500 Personen bis 1.000 Personen in geschlossenen Räumen wurde angeordnet, dass pro anwesende Person jederzeit mindestens 4 Quadratmeter Aufenthaltsfläche zur Verfügung stehen müssen (1. Spiegelstrich) und maximal 150 anwesende Personen gleichzeitig interagieren dürfen, z.B. Tanzen (2. Spiegelstrich). Bei Bestuhlung dürfen nicht mehr als 500 Personen gleichzeitig anwesend sein. Sofern Stuhl- oder Bankreihen vorhanden sind, können diese auch über 500 Personen bis zur maximalen Kapazitätsgrenze 1.000 anwesende Personen aufnehmen, sofern jeweils eine Stuhl- oder Bankreihe abwechselnd unbenutzt bleibt (3. Spiegelstrich) (Nr. 1.1). Für Veranstaltungen unter freiem Himmel wurde verfügt, dass nicht mehr als 500 Personen gleichzeitig anwesend sein dürfen (Nr. 1.2). Bei allen Veranstaltungen ab 500 bis 1.000 Personen, unabhängig davon, ob sie in geschlossenen Räumen oder unter freiem Himmel stattfinden, muss eine aktive Information über allgemeine Schutz- und Hygienemaßnahmen erfolgen. Der Veranstalter hat eine Risikobewertung anhand der Kriterien des Robert-Koch-Instituts und des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit selbstständig durchzuführen (Nr. 1.3). Für Veranstaltungen bis 499 Personen hat der Veranstalter, unabhängig davon, ob sie in geschlossenen Räumen oder im Freien stattfindet, eine Risikobewertung anhand der Kriterien des Robert-Koch-Instituts und des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit selbstständig durchzuführen (Nr. 1.4). Es ist untersagt, Veranstaltungen durchzuführen, die nicht den vorgenannten Kriterien entsprechen (Nr. 2). Besuchern von Veranstaltungen wird dringend empfohlen, sich über die Einhaltung der oben genannten Kriterien zu informieren und ggf. den nicht den Kriterien entsprechenden Veranstaltungen fern zu bleiben bzw. diese zu verlassen (Nr. 3). Bei Verstoß gegen Nr. 1.3 und Nr. 1.4 kann ein Bußgeld in Höhe von bis zu 25.000 EUR festgesetzt werden (Nr. 4). Auf die Strafbarkeit einer Zuwiderhandlung gegen die Nr. 1.1, Nr. 1.2 und Nr. 2 wurde hingewiesen (Nr. 5). Die Allgemeinverfügung gilt ab 12. März 2020, 12:00 Uhr, bis einschließlich 19. April 2020 (Nr. 6). Die Allgemeinverfügung ist kraft Gesetzes sofort vollziehbar (Nr. 7). Die Allgemeinverfügung und ihre Begründung können während der Dienstzeiten in der Fachabteilung Ordnungsaufgaben, …, eingesehen werden (Nr. 8). Zur Begründung wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Die Einschränkung öffentlicher Veranstaltungen unter Berücksichtigung der Gesamtzahl aller anwesenden Personen diene vorrangig dem Zweck, eine Ausbreitung des COVID-19 zeitlich und räumlich zu verlangsamen und in der gegenwärtigen Lage insbesondere von der noch anhaltenden Influenzawelle zu entkoppeln. Bestehende Infektionsketten sollten unterbrochen und das Entstehen neuer Infektionsketten vermieden werden. Im Stadtgebiet ... gebe es bereits bestätigte Corona-Fälle. Veranstaltungen über 1.000 Personen seien bereits durch das Staatsministerium für Pflege mit Allgemeinverfügung vom 11. März 2020 bis zum Ende der Osterferien (einschließlich 19.4.2020) in Bayern untersagt worden. Veranstaltungen mit einer größeren Anzahl von Menschen, auch unterhalb von 1.000 anwesenden Personen, und mit hoher Personendichte würden die Weiterverbreitung von COVID-19 begünstigen. Auch eine hohe Anzahl und Intensität der Kontaktmöglichkeiten sowie die Interaktion zwischen den Teilnehmern (z.B. Tanzen) würden das Verbreitungsrisiko erhöhen.
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Mit Schriftsatz vom 7. April 2020, eingegangen bei Gericht am 8. April 2020 ließ die Klägerin Klage gegen die streitgegenständliche Allgemeinverfügung erheben. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Die Allgemeinverfügung werde nicht auf die zutreffende Ermächtigungsgrundlage gestützt. Als Ermächtigungsgrundlage werde im Tenor und in der Begründung der Allgemeinverfügung § 28 IfSG angegeben. Zutreffende Ermächtigungsgrundlage gegenüber der Klägerin könne hingegen nur § 16 Abs. 1 IfSG sein. Soweit die Allgemeinverfügung auf § 28 IfSG gestützt werde, seien die Voraussetzungen dieser Norm gegenüber der Klägerin nicht erfüllt und die Allgemeinverfügung sei aus diesem Grund sowie wegen des Verstoßes gegen verfassungsrechtliche Grundrechtsgarantien rechtswidrig und in ihrer derzeitigen Form aufzuheben. Nach Ansicht der Klägerin könne die Ermächtigungsgrundlage und die entsprechende Begründung der Allgemeinverfügung nicht ohne weiteres ausgetauscht werden. Angesichts des Umstandes, dass die eine Ermächtigungsgrundlage zu einer im selben Gesetz ausdrücklich geregelten Entschädigung führe, die andere aber nicht, wäre ein solcher Austausch eine wesentliche Änderung der mit der Allgemeinverfügung getroffenen Regelungen. Die Beklagte hätte gegebenenfalls ihr Ermessen unter § 16 IfSG anders ausgeübt. § 16 Abs. 1 Satz 1 IfSG regele die Verhütung der Weiterverbreitung von ansteckenden Krankheiten. § 28 Abs. 2 IfSG regele hingegen die Bekämpfung solcher Krankheiten. Die Verhütung der Ansteckung mit dem Corona-Virus sei das wirkliche Ziel der Behörde, dass zur Beschränkung bzw. Untersagung unterschiedlicher Teile des Hotelbetriebs der Klägerin herangezogen werden könne. Im Hotel der Klägerin seien keine Kranken, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt worden und es sei kein Gast verstorben. Zudem decke § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG die angeordneten Maßnahmen und Beschränkungen bzw. Verbote aller Betriebe einer gewissen Gattung nicht. Mit der Allgemeinverfügung belastete Betriebe würden nur nach Kategorien umrissen. Orte, die der Gattung nach definiert seien, seien nicht hinreichend bestimmte Orte im Sinne von § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG, da sie gerade hinsichtlich Anzahl, konkreter Lage etc. nicht bestimmt seien. Dabei gehe es hier nicht allein um den Wortlaut der Norm und darum, wie ein bestimmter Ort zu definieren sei. Entscheidend seien der Sinn und Zweck der Norm. § 28 IfSG solle in der Alternative „von ihr bestimmte Orte nicht zu betreten“ das Absperren von Orten ermöglichen, von denen nachgewiesenermaßen - durch Feststellung eines Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen oder Ausscheiders oder den Tod eines Menschen, bei dem im Rahmen der Autopsie dies festgestellt werde - eine Gefahr ausgehe. Nur dann könnten die angeordneten Maßnahmen Schutzmaßnahmen zur Bekämpfung einer konkreten und bekannten Gefahr darstellen. Hinsichtlich des Kreises der Adressaten von Maßnahmen sei festzuhalten, dass Nichtstörer nur ausnahmsweise als Adressat in Betracht kämen, um sie selbst vor der Gefahr zu schützen. Das Bundesverwaltungsgericht habe entschieden, dass einem Gesamtschüler, der Zutritt zur Schule nicht untersagt werden dürfe, wenn einzelne Schüler der benachbarten Grundschule an Masern erkrankt seien, solange nicht hinreichend wahrscheinlich sei, dass ein infektionsrelevanter Kontakt stattgefunden habe und die Verbreitung der Krankheit in der konkreten Schule so massenhaft sei, dass mit der Ansteckung des betroffenen Gesamtschülers gerechnet werden müsse. Letztlich gehe es in der Allgemeinverfügung nicht um eine Untersagung des Betretens eines Ortes bis die notwendigen Schutzmaßnahmen durchgeführt würden, wie dies von § 28 Abs. 1 IfSG vorausgesetzt werde. Vielmehr sei die Reduzierung der Kontakte durch die Beschränkungen des Hotelbetriebes selbst die Maßnahme, die zur Verhütung neuer Fälle des Corona-Virus vorgenommen werde. Es sollten gerade keine über das Betriebs- und Betretungsverbot hinausgehende Schutzmaßnahmen durchgeführt werden. Gleichzeitig sei es den Behörden unbenommen, Verhütungsmaßnahmen nach Abschnitt 4 des IfSG zu treffen. Dort habe der Gesetzgeber entsprechend den Behörden hinsichtlich der Rechtsfolge einen größeren Spielraum eingeräumt, die notwendigen Maßnahmen zu treffen (§§ 16, 17 IfSG). Verhütungsmaßnahmen könnten vielfältiger sein und der Gesetzgeber habe konsequenterweise nicht versucht, die Maßnahmen nicht näher zu konkretisieren. Dort gehe es jedoch um die Verhütung übertragbarer Krankheiten oder anders formuliert um die Verhinderung neuer Ansteckungen. Genau um letzteres gehe es hier bei der Allgemeinverfügung. Auch nach dem Willen des Gesetzgebers könnten die gleichen Maßnahmen in der gleichen Zeit eine Doppelrolle haben als Bekämpfung und Verhütung. Dann solle der Charakter der Maßnahme als Verhütungsmaßnahme nach Willen des Gesetzgebers ausschlaggebend sein. Ferner sei angeführt, dass auch verfassungsrechtlich hohe Anforderungen an den Eingriff in die Eigentumsgarantie und die Berufsfreiheit hinsichtlich des eingerichteten und ausgeübten Hotelbetriebs zu stellen seien. Die in der Allgemeinverfügung ausgesprochenen Beschränkungen und Verbote seien, wenn sie auf § 28 IfSG gestützt würden, unverhältnismäßig; sie würden gegenüber der Klägerin als Nichtverantwortliche bzw. Nichtstörerin einen derart einschneidenden Eingriff in diese Grundrechte darstellen, dass dieser ohne einen angemessenen Ausgleich/eine angemessene Entschädigung verfassungswidrig wäre. Darüber hinaus liege hier auch der einschneidenste und schwerwiegendste Eingriff in die Berufsfreiheit durch ein objektives, hier flächendeckendes Verbot, welches nur zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren ausgesprochen werden dürfe. Es sei auch erwähnt, dass der Gesetzgeber auch mit dem Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie in Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht dem gewerblichen Mieter bzw. Pächter auferlege, auch während einer solchen Zeit die Pacht uneingeschränkt weiter zu bezahlen. Ein Hinweis auf die Ausgleichs-/Entschädigungsmöglichkeit wäre im Rahmen der oben genannten Allgemeinverfügung geboten gewesen, sei jedoch dort nicht enthalten. Die Klägerin kündige bereits hier die Geltendmachung des entsprechenden Ausgleichs/einer Entschädigung an. Der zu leistende Ausgleich für die Entziehung der Nutzung des Hotels werde sich wie üblich in den Fällen einer Beeinträchtigung der gewerblichen Nutzung eines Grundstücks/Betriebes anhand des Ertragsverlustes beziffern. Die Entschädigung werde zeitnah geltend gemacht. Der Klägerin stehe ein Anspruch gemäß §§ 65 Abs. 1, 16 Abs. 1 Satz 1 IfSG zu. Des Weiteren stehe der Klägerin ein Entschädigungsanspruch nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 des Gesetzes über die Aufgaben und Befugnisse der Bayerischen Staatlichen Polizei (PAG) zu. Die Klägerin könne nur als Nichtstörerin in die Pflicht genommen werden und werde durch die Maßnahmen der Allgemeinverfügung einen gravierenden Schaden erleiden. Dass die Allgemeinverfügung ohne einen angemessenen Ausgleich bzw. ohne eine angemessene Entschädigung mit den Rechten der Klägerin nicht vereinbar sei, zeige auch ein Vergleich mit der einschlägigen Rechtsprechung hinsichtlich eines enteignenden oder enteignungsgleichen Eingriffes. Ähnliche Beeinträchtigungen - sogar in einem wesentlich milderen Maß - würden als Sonderopfer angesehen, welches eines Ausgleiches bedürfe. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Beklagte durch Nachschieben von Gründen oder auf eine andere Art und Weise auf die richtige Ermächtigungsgrundlage umstellen bzw. diese konkretisieren oder den Fehler der Allgemeinverfügung anderweitig heilen könne. Hierzu seien in der Rechtsprechung Maßstäbe gesetzt worden. Wenn es in den vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen um Geruchsbelästigungen, den Betrieb eines Drogenhilfezentrums in unmittelbarer Nähe, um den U-Bahnbau oder eine zeitweise Sondernutzung eines Gehwegs gegangen sei, die jeweils ein Gewerbe gestört oder behindert hätten, sei die vollständige Betriebsuntersagung die mit Abstand einschneidendste denkbare Maßnahme. Das Sonderopfer, das den Hoteliers in ... abverlangt worden sei, sei ohne Entschädigung völlig unzumutbar und überschreite ohne eine entsprechende Entschädigung definitiv die Opfergrenze. Die Nutzungseinschränkung stelle einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Rechte der Klägerin dar, jedenfalls dann, wenn sie unentschädigt bleibe. Insgesamt seien am Standort ... ca. 90 Mitarbeiter der Klägerin von einem Arbeitsplatzverlust bedroht.
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Mit Schriftsatz vom 22. Juni 2020 ließ die Klägerin ergänzend im Wesentlichen ausführen: Da die Allgemeinverfügung in zeitlicher Hinsicht bis 19. April 2020 begrenzt gewesen sei, sei mit Zeitablauf insoweit Erledigung eingetreten. Die Entschädigungsansprüche, die die Klägerin geltend machen werde, würden ein Feststellungsinteresse begründen. Die Klägerin beabsichtige im Hinblick auf die Verletzung ihrer Grundrechte gegebenenfalls, Verfassungsbeschwerde zu erheben. Auch insoweit sei eine Erschöpfung des Rechtswegs erforderlich. Für das Rechtschutzbedürfnis komme es nicht nur auf eine unmittelbare Betroffenheit an, sondern auch faktische bzw. mittelbare Beeinträchtigungen könnten ein Rechtsschutzbedürfnis begründen. Es komme darauf an, ob Rechte der Klägerin tangiert bzw. verkürzt worden seien und nicht allein auf Veranstaltungen im Hotel der Klägerin. Für den einschlägigen Zeitraum seien größere Veranstaltungen geplant gewesen und hätten abgesagt werden müssen, dies sicherlich im Wesentlichen auch wegen der behördlichen Auflagen. Wenn die Beklagte dies bestreite, erweise sich dies als ein Bestreiten wider besseres Wissen. So habe die Beklagte selbst auf ihrem Internetportal eine Übersicht über Konzerte und Veranstaltungen in der „Posthalle ...“ hochgeladen. Im einschlägigen Zeitraum seien von den dort aufgezählten Veranstaltungen zwei Veranstaltungen abgesagt und drei verschoben worden. Es gebe sechs weitere Veranstaltungen im einschlägigen Zeitraum, für welche in der Regel Zimmer bei der Klägerin gebucht würden.
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Mit weiterem Schriftsatz vom 12. Januar 2021 machte die Klägerbevollmächtigte ergänzende Ausführungen insbesondere zur Beschwer aufgrund der Allgemeinverfügung, zur Beweiserbringung für einschlägige Veranstaltungen, zu faktischen Betriebsverboten, zur Frage der Ermächtigungsgrundlage und der Entschädigungspflicht für die Eingriffe.
2. Die Beklagte führte mit Schriftsatz vom 29. April 2020 zur Begründung der Klageerwiderung im Wesentlichen aus: Der Hotel- bzw. Beherbergungsbetrieb an sich sowie der Restaurant- und Barbetrieb sei entgegen der Annahme der Klägerin von dem Regelungsgehalt der Allgemeinverfügung nicht erfasst, jedenfalls werde dazu weder konkret noch substantiell vorgetragen. Durch den Erlass der Allgemeinverfügung erfolge im Übrigen gerade keine Entziehung der Nutzung der Betriebsteile im engeren oder weiteren Sinne. Hinsichtlich der von der Allgemeinverfügung tatsächlich erfassten Veranstaltungen habe die Klägerin nicht nachvollziehbar dargestellt, dass sich Pläne oder Überlegungen hinsichtlich einer Veranstaltung dieser Größe derart konkretisiert hätten, dass von einer möglichen Beeinträchtigung ihrer Rechte überhaupt ausgegangen werden könne. Es müsse mit Nichtwissen bestritten werden, dass im Hotel der Klägerin überhaupt eine Veranstaltung über 500 bis 1000 Personen durchgeführt werden sollte, die durch die Allgemeinverfügung ja nicht verboten worden sei, sondern lediglich infektionsschutzrechtlich besonders organisiert hätte werden müssen. Veranstaltungen unter 500 Personen seien durch die Allgemeinverfügung nicht reglementiert worden, gesellschaftliche Privatfeiern seien vom Anwendungsbereich der Allgemeinverfügung überhaupt nicht erfasst worden. Ob Konferenzräume der Klägerin für Veranstaltungen über 500 Personen kombinierbar wären oder solche Veranstaltungen von der Allgemeinverfügung konkret betroffen gewesen seien, könne wiederum nur mit Nichtwissen bestritten werden. Rein hypothetisch könnte die Hälfte der Konferenzräume für eine Veranstaltung kombinierbar sein, was eine maximale Gastplatzzahl von 435 Personen ergäbe, die unterhalb des Regelungsgehalts der Allgemeinverfügung liege. Auch Veranstaltungen im Umfeld oder Einzugsbereich der Klägerin, durch welche die Klägerin unmittelbar betroffen gewesen wäre, seien hier nicht bekannt und würden mit Nichtwissen bestritten. Es werde mit Nichtwissen bestritten, ob überhaupt Veranstaltungen stattgefunden hätten oder abgesagt werden mussten. Im Übrigen seien mit Allgemeinverfügung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege und des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales vom 16. März 2020 bzw. mit der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 27. März 2020, welche durch Verordnung vom 31. März 2020 geändert worden sei, alle Veranstaltungen und Versammlungen landesweit untersagt worden. Somit sei die Allgemeinverfügung der Stadt ... vom 11. März 2020, die am 12. März 2020 in Kraft getreten sei, spätestens nach fünf Tagen, namentlich ab 17. März 2020 ihrem Regelungsinhalt hinsichtlich von Veranstaltungen mit 500 bis 1000 Teilnehmer gänzlich entkleidet, so dass ab diesem Zeitpunkt keine Beschwer durch die streitgegenständliche Allgemeinverfügung für die Klägerin mehr bestehen könne. Die Klage sei auch nicht begründet. Das Gesundheitsamt der Stadt ... habe bereits am 10. März 2020 bestätigt, dass die Zahl der Corona-Infizierten in Stadt und Landkreis ... an diesem Tag bei 19 Personen gelegen habe. Am 11. März 2020 seien es bereits 24 bestätigte Fälle gewesen, am 12. März 2020 insgesamt 31 Fälle. Prognosen, auch bezüglich der Reproduktionszahl, seien zu diesem Zeitpunkt für Deutschland sehr hoch gewesen. Da im Zuständigkeitsbereich der Stadt ... zum Erlasszeitpunkt der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung bereits mehrere an Covid-19 erkrankte Personen festgestellt worden seien und nach Abstimmung mit dem Gesundheitsamt dringend durch Reisetätigkeiten zu befürchten gewesen sei, dass sich unerkannt weitere Personen infiziert hätten, die eventuell noch keine Krankheitssymptome zeigten und sich nicht in Quarantäne befänden, lägen die Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 IfSG vor. Die Klägerin werde in ihrer Eigentumsgarantie oder ihrer Berufsfreiheit auch nicht rechtswidrig verletzt, denn sollten diese Grundrechte im Hinblick auf die Durchführung von Veranstaltungen zwischen 500 und 1.000 Besuchern überhaupt berührt sein, so werde nicht nur der Inhalt, sondern auch die Schranken dieser Grundrechte durch die Gesetze bestimmt und eine solche Ermächtigungsgrundlage stelle das Infektionsschutzgesetz dar.
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Mit weiterem Schriftsatz vom 15. Juli 2020 trug die Beklagte ergänzend vor, sämtliche im klägerischen Schreiben vom 22. Juni 2020 aufgeführten Veranstaltungen würden mit Nichtwissen bestritten. Die aufgeführten Veranstaltungen im Zeitraum vom 22. Juni 2020 bis zum 18. Juli 2020 seien vom zeitlichen Gültigkeitszeitraum der Allgemeinverfügung nicht erfasst. Die aufgeführten Veranstaltungen im Zeitraum vom 9. März 2020 bis zum 18. April 2020 seien entweder ebenfalls vom zeitlichen Gültigkeitszeitraum der Allgemeinverfügung des Freistaats Bayerns vom 11. März 2020 erfasst oder seien ab dem 17. März in den Gültigkeitszeitraum der Allgemeinverfügung bzw. der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung des Freistaats Bayern gefallen, die ein umfassendes Veranstaltungsverbot in Bayern vorgesehen hätten. Im letztgenannten Fall habe die Allgemeinverfügung keine (lokale) Beschwer mehr bedeutet.
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3. In der mündlichen Verhandlung am 18. Januar 2021 beantragte die Klägerbevollmächtigte:
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Es wird festgestellt, dass die Allgemeinverfügung der Stadt … zur Einschränkung öffentlicher Veranstaltungen auf dem Gebiet der Stadt … als Schutzmaßnahme vor einer Ausbreitung des Corona-Virus rechtswidrig war.
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Die Beklagtenvertreterin beantragte,
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Die Klägerbevollmächtigte bat für die Klägerin zu den vom Gericht aufgeworfenen Fragen zur Betroffenheit der Klägerin und den Auswirkungen der … Allgemeinverfügung konkret auf das … Hotel, etwa Stornierungen wegen der … Allgemeinverfügung während der Geltungsdauer, um Schriftsatzfrist von drei Tagen bis zum 21. Januar 2021, die das Gericht gewährte.
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Mit Schriftsatz vom 21. Januar 2021 nahm die Klägerbevollmächtige zu bestimmten Aspekten der mündlichen Verhandlung Stellung.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist schon unzulässig und im Übrigen auch unbegründet.
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1. Statthafte Klageart ist die Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO.
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Die Änderung der mit Klageschrift vom 7. April 2020 ursprünglich als Anfechtungsklage erhobenen Klage in eine Fortsetzungsfeststellungsklage ist gem. § 173 Satz 1 i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO kraft Gesetzes zulässig. § 91 VwGO ist insoweit nicht anwendbar. Die Geltung der Allgemeinverfügung war nach ihrer Nr. 6 bis einschließlich 19. April 2020 befristet, so dass mit Zeitablauf inzwischen Erledigung eingetreten ist.
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Bei den Nummern 3 bis 8 der Allgemeinverfügung handelt es sich mangels Regelung schon um keinen Verwaltungsakt im Sinne von Art. 35 BayVwVfG, so dass diese schon keinen tauglichen Gegenstand einer Fortsetzungsfeststellungsklage darstellen und die Klage insoweit unzulässig ist.
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In Bezug auf die übrigen Regelungen der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung fehlt es der Klägerin an der auch bei der Fortsetzungsfeststellungsklage erforderlichen Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO.
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Für die Klagebefugnis ist die Geltendmachung einer zumindest möglichen Verletzung eigener subjektiver Rechte der Klägerin erforderlich. Bei Allgemeinverfügungen - wie hier - ist jeder Betroffene nur im Hinblick auf die ihn betreffende Regelung, nicht schlechthin gegen die Allgemeinverfügung als solche oder die materiell andere Personen betreffenden Regelungen klagebefugt (Kopp/Schenke, VwGO, 26. Auflage 2020, § 42 Rn. 21, 170). Die Klägerin muss geltend machen, dass sie in ihrer konkreten Situation aufgrund konkreter Umstände tatsächlich durch die Regelung beschwert gewesen sein könnte.
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Es wird angemerkt, dass ab 11. März 2020 ohnehin schon eine Allgemeinverfügung des Freistaates Bayern für Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Teilnehmern galt. Durch die landesweit geltende Allgemeinverfügung des Freistaates Bayern vom 16. März 2020, deren Nr. 1 alle Veranstaltungsarten untersagte und am 17. März 2020 in Kraft getreten war, hatte die streitgegenständliche Allgemeinverfügung der Stadt Würzburg ab dem Gültigkeitszeitraum der Allgemeinverfügung des Freistaates Bayern keine (lokale) Beschwer mehr. Durch die Allgemeinverfügungen und die sonstigen Regelungen des Freistaates Bayern (wie etwa die Bayerische Verordnung über Infektionsschutzmaßnahmen vom 27.3.2020) war die streitgegenständliche Allgemeinverfügung der Stadt … unabhängig von ihrer bis 19. April 2020 beschränkten Geltungsdauer inhaltlich überholt und hinfällig geworden und insoweit ohne eigene zusätzliche Beschwer für die Klägerin (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 113 Rn. 103). Für die Frage der Klagebefugnis ist damit maßgeblich auf den Zeitraum vom 12. März 2020 bis 16. März 2020 abzustellen.
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Die Allgemeinverfügung richtete sich in ihren Nummern 1.1, 1.2, 1.3 und 1.4 unmittelbar (nur) an Veranstalter. Diese werden durch die Vorgaben der Allgemeinverfügung hinsichtlich der Durchführung von Veranstaltungen möglicherweise in ihren Rechten verletzt. Die Klägerin dagegen betreibt zwar ein Hotel im örtlichen Geltungsbereich der Allgemeinverfügung. Es wurde jedoch nicht dargelegt, inwieweit die Allgemeinverfügung der Klägerin ein Handeln, Tun oder Unterlassen geboten hat und die Klägerin konkret und mehr als nur reflexhaft und potentiell (vgl. VG München, B.v. 24.3.2020 - M 26 S 20.1255 - juris) betroffen ist bzw. war. So ergibt sich aus dem klägerischen Vortrag nicht, dass die Klägerin selbst Veranstalterin war. Vielmehr erklärte die Klägerbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung, dass die Klägerin im Geltungszeitraum der Allgemeinverfügung in ... keine eigene Veranstaltung gehabt habe. Die Klägerin war mangels Durchführung eigener Veranstaltungen nicht Adressatin der Allgemeinverfügung. Es ist deshalb entgegen ihrer Rüge fehlender entsprechender Hinweise durch das Gericht umso mehr selbstverständlich, dass sie ihre individuelle Betroffenheit von sich aus geltend machen muss. Dies ist ihr nicht gelungen. Das bloße Vorbringen, weniger Übernachtungen und dadurch weniger Umsatz gehabt zu haben, genügt nicht für die Bejahung einer möglichen Verletzung subjektiver Rechte der Klägerin, sondern stellt vielmehr eine reflexhafte Betroffenheit dar. In Bezug auf die von Nr. 1.1, 1.2 und 1.3 (i.V.m. Nr. 2) der Allgemeinverfügung - auch zeitlich - betroffenen Veranstaltungen mit einer Teilnehmerzahl zwischen 500 und 1.000 Personen fehlt es schon an klägerischem Vortrag, dass solche Veranstaltungen überhaupt (von ihr oder Dritten) geplant waren und zudem infolge der Allgemeinverfügung, die schließlich kein Verbot solcher Veranstaltungen anordnete, sondern diese lediglich beschränkte, abgesagt wurden bzw. in welcher Weise die Klägerin als mögliche Veranstalterin oder in sonstiger Weise von diesen Regelungen in ihren subjektiven Rechten verletzt gewesen sein soll.
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Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des nachgelassenen Schriftsatzes vom 21. Januar 2021. Die Klägerin hat auch in diesem nicht vorgetragen, in maßgeblichen Zeitraum selbst Veranstalterin gewesen zu sein. Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 21. Januar 2021 erklärt, in ihrem Hotel seien kleinere Veranstaltungen (weniger als 500 Personen) storniert worden, wurde nicht dargelegt, dass die Klägerin selbst deren Veranstalterin war. Unabhängig davon und unter Berücksichtigung, dass die Veranstaltungen im Hotel der Klägerin durchgeführt werden sollten, erschließt sich dem Gericht jedenfalls nicht, inwiefern sich durch die Allgemeinverfügung über eine bloße reflexhafte Betroffenheit der Klägerin hinaus eine mögliche Rechtsverletzung der Klägerin ergeben sollte. Einschlägig sind angesichts der von der Klägerin angegebenen Personenzahl der stornierten Veranstaltungen (vgl. Anlage K 14) nur Nr. 1.4 (und Nr. 2) der Allgemeinverfügung, die kein Veranstaltungsverbot beinhalten, sondern eine vom Veranstalter selbständig durchzuführende Risikobewertung anhand der Kriterien des Robert-Koch-Instituts und des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit fordert. Das pauschale Vorbringen der Klägerin, es habe insoweit keine eindeutigen Vorgaben gegeben und die Veranstalter - nicht die Klägerin selbst - hätten offensichtlich verunsichert durch die Allgemeinverfügung und angesichts der dort enthaltenen Einschränkungen diese Veranstaltungen storniert, genügt insoweit nicht. Zum einen zeigt dieses Vorbringen, dass sich die Klägerin selbst nicht als von der Regelung der Nr. 1.4 der Allgemeinverfügung unmittelbar betroffene Veranstalterin sieht. Zum anderen wurde nicht substantiiert vorgetragen, dass die Klägerin die in der Allgemeinverfügung geregelten Vorgaben nicht hätte einhalten können und die im Schriftsatz vom 21. Januar 2021 aufgezeigten Stornierungen gerade wegen der nach Nr. 1.4 der Allgemeinverfügung erforderlichen Risikobewertung erfolgt sind und nicht schon wegen des allgemein gegebenen Infektionsrisikos oder anderweitiger Regelungen. Dies gilt erst recht hinsichtlich der stornierten Veranstaltungen im Zeitraum vom 17. März 2020 bis 19. April 2020 (Anlage K 15), deren Stornierungen sämtlich erst nach Bekanntmachung der Allgemeinverfügung des Freistaats Bayern vom 16. März 2020, durch die Veranstaltungen landesweit untersagt wurden, erfolgten. Im Übrigen ist die Klägerin in Fall von Stornierungen von Veranstaltungen im Hotel der Klägerin durch Dritte ebenfalls durch die Allgemeinverfügung lediglich reflexhaft betroffen.
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Soweit die Klägerin vorbringt, der Absage der Karosserie- und Schadenstage in ... sei zu entnehmen, dass diese aufgrund des Erlasses der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung erfolgt sei, ist entgegenzuhalten, dass sich aus der Verlautbarung lediglich ergibt, dass mit Blick auf die Ergebnisse aus der Kabinettssitzung der Bayerischen Staatsregierung vom 10. März 2020 und offenbar unabhängig von der späteren Allgemeinverfügung den Empfehlungen gefolgt werde. Unabhängig davon macht die Klägerin jedoch auch insoweit nur Stornierungen von Übernachtungsbuchungen geltend und damit nur eine reflexhafte Betroffenheit.
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Eine Klagebefugnis der Klägerin ergibt sich auch nicht aus einer möglichen Verletzung grundrechtlicher Positionen (Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG), wobei auch eine juristische Person grundsätzlich Träger von Grundrechten sein kann. Zwar ist der Klägerin dahingehend zuzustimmen, dass es hierfür nicht nur auf eine unmittelbare Betroffenheit ankommt, sondern auch faktische bzw. mittelbare Grundrechtsbeeinträchtigungen eine Klagebefugnis begründen können, wobei diese eine gewisse Beeinträchtigungsschwere voraussetzen. Unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen wurden jedoch auch insoweit eine Beschwer möglicherweise begründende Tatsachen nicht ausreichend dargelegt. Das bloße Vorbringen, weniger Übernachtungen und Veranstaltungen Dritter und dadurch weniger Umsatz gehabt zu haben, genügt insoweit nicht.
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Weiterhin ist das für eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche besondere Feststellungsinteresse nicht gegeben. Entgegen der Ansicht der Klägerbevollmächtigten ist eine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr nicht gegeben. Zwar genügt insoweit nur eine vergleichbare, nicht eine identische Situation, jedoch spricht die von der Klägerin angeführte inzwischen eingetretene Verschlimmerung der Situation im Vergleich zu Frühjahr 2020 gerade für die fehlende Vergleichbarkeit. Dies gilt auch infolge der inzwischen eingetretenen Entwicklung des Pandemiegeschehens und Gewinnung neuer Erkenntnisse in Bezug auf erforderliche Maßnahmen sowie des sich fortentwickelten Regelungsregimes mit Änderung des Infektionsschutzgesetzes und des Erlasses landesweiter Regelungen.
26
Auch ein Feststellungsinteresse in Form eines Präjudizinteresses ist nicht gegeben. Bei einer Fortsetzungsfeststellungklage, die der Vorbereitung eines Amtshaftungs- bzw. Entschädigungsprozesses vor dem Zivilgericht dienen soll, ist das Feststellungsinteresse nur dann zu bejahen, wenn ein solcher Prozess bereits anhängig, mit Sicherheit zu erwarten oder ernsthaft beabsichtigt ist, die begehrte Feststellung in diesem Verfahren erheblich und die Rechtsverfolgung nicht offensichtlich aussichtslos ist (z.B. BVerwG, U.v. 18.10.1985 - 4 C 21.80 - BVerwGE 72,172). Dieses sog. Präjudizinteresse muss die Klägerin von sich aus substantiiert darlegen. Insbesondere muss sie aufzeigen, was sie konkret anstrebt, welchen Schaden bzw. welche Schadens- oder Entschädigungspositionen sie im Zivilrechtsweg geltend machen will und dass ein Schadensersatz- bzw. Entschädigungsprozess bereits anhängig oder mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist. Die bloße Behauptung, einen Schadensersatzprozess führen zu wollen, genügt hierfür nicht (z.B. BayVGH, B.v. 24.10.2011 - 8 ZB 10.957 - juris; ders., B.v. 27.3.2014 - 15 ZB 12.1562 - juris Rn. 12 m.w.N.; OVG NRW, U.v. 25.3.2014 - 2 A 2679/12 - juris Rn. 47 m.w.N.). Zwar dürfen an den Vortrag keine überzogenen Anforderungen gestellt werden, insbesondere bedarf es regelmäßig nicht der Vorlage einer genauen Schadensberechnung. Jedoch muss das Vorbringen zur Rechtfertigung des mit der Fortsetzung des Prozesses verbundenen Aufwands über die bloße Behauptung hinaus nachvollziehbar erkennen lassen, dass ein Amtshaftungs- bzw. Entschädigungsprozess tatsächlich angestrebt wird und dieser nicht offensichtlich aussichtslos ist. Hierzu gehört auch eine zumindest annähernde Angabe der Schadenshöhe (BayVGH, B.v. 23.6.2015 - 1 ZB 13.92 - juris Rn. 5; B.v. 24.10.2011 - 8 ZB 10.957 - juris; B.v. 27.3.2014, 15 ZB 12.1562 - juris; B.v. 13.6.2014 - 15 ZB 14.510 - juris; OVG NRW, B.v. 5.7.2012 - 12 A 1423/11 - juris Rn. 22 ff.; U.v. 25.3.2014 - 2 A 2679/12 - juris Rn. 47 m.w.N; OVG MV, B.v. 27.5.2010 - 2 L 351/06 - ZfB 2010, 144 Rn. 7; Wolff in Sodan/Ziekow, a.a.O., § 113 Rn. 277 ff.).
27
Diesen Anforderungen wird der Vortrag der Klägerin nicht gerecht, der über die bloße Ankündigung der zeitnahen Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen nicht hinausgeht und keine Angaben enthält, in welcher Höhe sich der Schaden zumindest annähernd bewegt. Zwar enthält der Schriftsatz der Klägerin vom 12. Januar 2021 umfangreiche Ausführungen zu Umsatzeinbußen, allerdings betreffen diese den Konzern insgesamt und beziehen sich nicht konkret auf Umsatzeinbußen durch die gegenständliche Allgemeinverfügung. Im Schriftsatz vom 21. Januar 2021 werden allgemein als Schäden durch Stornierungen 38.688,93 EUR benannt. Es fehlt jedoch eine genauere Darlegung, dass diese Schäden aufgrund von Stornierungen wegen der streitgegenständliches Allgemeinverfügung entstanden sein sollen und deswegen in dieser Höhe gegen die Beklagte ein Amtshaftungsprozess angestrengt werde. Die fehlende Möglichkeit, einen infolge der Allgemeinverfügung bei der Klägerin entstanden Schaden beziffern zu können, ergibt sich auch aus dem Einverständnis der Klägerin mit dem Auffangstreitwert von 5.000,00 EUR (nachdem zuvor von 100.000,00 EUR die Rede war).
28
Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse der Klägerin ergibt sich auch nicht unter dem Aspekt, dass es ohne die Zulassung einer Fortsetzungsfeststellungsklage nie zu einer Hauptsacheentscheidung hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Allgemeinverfügung käme, da sich diese nicht typischerweise so kurzfristig erledigt, dass kein Rechtsschutz dagegen möglich ist. Art. 19 Abs. 4 GG garantiert jedenfalls eine gerichtliche Instanz, die hier im Wege des gerichtlichen Eilrechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO erreichbar gewesen wäre.
29
2. Die Klage ist zudem auch unbegründet. Die streitgegenständliche Allgemeinverfügung war rechtmäßig und verletzte die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. Satz 1 VwGO.
30
Bei der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung handelt sich um einen Verwaltungsakt, der für einen bestimmten Zeitraum Geltung beansprucht, und damit um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist hier der Zeitpunkt der Erledigung.
31
Die Regelungen unter Nr. 1, 1.1, 1.2, 1.3, 1.4 und 2 der Allgemeinverfügung sind von der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage des § 28 IfSG gedeckt. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist § 16 IfSG ist nicht einschlägig.
32
§ 28 IfSG ermächtigt die zuständige Behörde zum Treffen von Schutzmaßnahmen zur Bekämpfung einer übertragbaren Krankheit nach ihrem Auftreten. § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG enthält eine Generalklausel für notwendige Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten. § 16 IfSG regelt hingegen allgemeine Maßnahmen zur Verhütung übertragbarer Krankheiten. Maßnahmen nach § 16 IfSG sind demnach stets präventiver Natur und finden Anwendung, bevor eine übertragbare Krankheit auftritt. Schutzmaßnahmen nach § 28 IfSG sind demgegenüber in erster Linie repressiv ausgerichtet (BeckOK Infektionsschutzrecht, 2. Edition, Stand: 1.12.2020, § 28 Rn. 1 m.w.N.; Kießling, IfSG, § 16 Rn. 1; vgl. ThürOVG BeckRS 2020, 8272 Rn. 25). Ungeachtet dessen kann und darf eine Schutzmaßnahme nach § 28 IfSG zugleich präventive Wirkungen entfalten (VGH BW, B.v. 9.4.2020 - 1 S 925/20 - juris Rn. 24 ff.; OVG NRW BeckRS 2020, 5957 Rn. 23). Präventive Wirkungen entsprechen ebenfalls dem mit § 28 IfSG verfolgten Zweck der Verhinderung der (Weiter-)Verbreitung übertragbarer Krankheiten (BeckOK Infektionsschutzrecht, 2. Edition, Stand: 1.12.2020, § 28 Rn. 1 m.w.N.). Auch wenn sowohl für verhütende als auch für bekämpfende Maßnahmen eine eigenständige Ermächtigungsgrundlage im jeweiligen Gesetzesabschnitt geschaffen wurde, ändert dies nichts daran, dass in der Praxis bei Maßnahmen mit potentiellem Doppelcharakter eine Auswahl der im Einzelfall einschlägigen Ermächtigungsgrundlage erfolgen muss (Kießling, IfSG, § 16 Rn. 3).
33
Damit § 28 IfSG und nicht § 16 IfSG einschlägig ist, muss es einen örtlichen Bezug zum Krankheitsgeschehen geben, der sich entweder daraus ergibt, dass das Krankheitsgeschehen selbst auf dem Gebiet der zuständigen Behörde aufgetreten ist oder dass ein Ansteckungsverdächtiger aus einem Gebiet mit Krankheitsausbruch in den Zuständigkeitsbereich der Behörde eingereist ist (Kießling, IfSG, § 28 Rn. 11). Dies ist hier der Fall.
34
Vorliegend ist Zweck der Allgemeinverfügung, die Weiterverbreitung des Virus zu verhindern. Aus ihrer Begründung geht hervor, dass der Krankheitserreger aktuell in Bayern und auch im Bereich … bereits vorhanden war, also Kranke bereits konkret festgestellt worden waren. So gab es nach den Ausführungen der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung am 11. März 2020 24 COVID-19 Fälle in ... und am 12. März 2020 31 Fälle. Zudem sei das Gesundheitsamt der Beklagten von einer sehr hohen Dunkelziffer von Infizierten ausgegangen. Folglich ist § 28 IfSG einschlägig (vgl. VG Regensburg, B.v. 29.4.2020 - RN 14 S 20.700 - juris Rn. 34).
35
Die Allgemeinverfügung ist formell rechtmäßig.
36
Die Wahl des Instruments der Allgemeinverfügung ist für die vorliegend getroffene Maßnahme nicht zu beanstanden. Die Anordnung durfte in Form der Allgemeinverfügung ergehen, weil es sich um die Regelung eines Einzelfalls für den bestimmten Personenkreis der Veranstalter, mithin um eine konkret-generelle Regelung handelt. Auch wenn die Allgemeinverfügung eine Vielzahl von Personen betrifft, handelt es sich um eine Regelung des Einzelfalls im Sinn von Art. 35 Satz 1 und 2 BayVwVfG, da die Zahl der von der Regelung umfassten Fälle und der Adressatenkreis nach allgemeinen Merkmalen bestimmt und bestimmbar ist und sich auf einen konkreten Sachverhalt bezieht. Zudem ist die Allgemeinverfügung anlassbezogen ergangen, zeitlich befristet und erfasst konkret bestimmte Fallkonstellationen.
37
Die Allgemeinverfügung wurde auch ordnungsgemäß bekannt gemacht. Die Bekanntgabe durfte wegen der besonderen Eilbedürftigkeit und wegen der nicht übersehbaren Anzahl der Adressaten nach Art. 41 Abs. 3 Satz 2 BayVwVfG öffentlich erfolgen. Die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekanntgemacht wird (Art. 41 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG). Die öffentliche Bekanntgabe auch der Begründung der Allgemeinverfügung ist nicht erforderlich (vgl. Art. 41 Abs. 4 Satz 2 BayVwVfG). In Nr. 8 der Allgemeinverfügung wird mitgeteilt, wo ihre Begründung eingesehen werden kann. Eine Veröffentlichung der Begründung im Internet mag zwar durchaus sinnvoll sein, ist jedoch rechtlich nicht geboten.
38
Die Allgemeinverfügung ist auch materiell rechtmäßig.
39
Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG (i.d.F. vom 27.3.2020) trifft die zuständige Behörde, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden, die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in den §§ 29 bis 31 genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist; sie kann insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten. Nach Satz 2 kann die zuständige Behörde unter den Voraussetzungen von Satz 1 Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen von Menschen beschränken oder verbieten und Badeanstalten oder in § 33 genannte Gemeinschaftseinrichtungen oder Teile davon schließen.
40
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 IfSG lagen angesichts der Pandemielage vor. Bei dem Corona-Virus SARS-CoV-2 (sog. Covid-19-Virus) handelt es sich um eine übertragbare Krankheit im Sinne der Begriffsbestimmung in § 2 Nr. 3 IfSG, die bereits landesweit aufgetreten ist, sich sehr schnell ausbreitet, nach dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand zum maßgeblichen Zeitpunkt auch bereits bei Symptomfreiheit hoch infektiös ist und für die weder ein Impfstoff noch eine spezifische medikamentöse Behandlung verfügbar ist (vgl. VG München, B.v. 20.3.2020 - M 26 S 20.1222 - juris Rn. 20). Nach der Begründung der Allgemeinverfügung war der Krankheitserreger aktuell in Bayern und auch im Bereich … vorhanden. Zum Erlasszeitpunkt (11.3.2020) gab es im Bereich ... insgesamt 24 Corona-Infizierte (19 Fälle am Vortag und 31 Fälle am 12.3.2020). Die WHO hat zudem am 11. März 2020 die weltweite Ausbreitung von Covid-19 zu einer Pandemie erklärt. Das Robert-Koch-Institut (RKI), dem vom Gesetzgeber im Bereich des Infektionsschutzes mit § 4 IfSG besonderes Gewicht eingeräumt wurde (vgl. BayVGH, B.v. 16.7.2020 - 20 NE 20.1500 - juris Rn. 16 m.w.N.), schätzte in seiner aktuellen Risikobewertung die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland am 12. März 2020 insgesamt als mäßig ein, wobei diese Gefährdung aber von Region zu Region variiere und in „besonders betroffenen Gebieten“ hoch sei, (https://www.rki.de/DE/Conten/InfAZ/ N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/2020-03-12-de.pdf?_blob=publicationFile; vgl. zur Lage zum maßgeblichen Zeitraum VG Regensburg, B.v. 29.4.2020 - RN 14 S 20.700 - juris Rn. 36 und VG München, B.v. 20.3.2020 - M 26 S 20.1222 - juris Rn. 20). Zum Zeitpunkt der Klageerhebung wurde die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland durch das RKI insgesamt als hoch eingeschätzt, für Risikogruppen als sehr hoch (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/2020-04-07-de.pdf? blob=publicationFile).
41
Nach der Allgemeinverfügung stützen sich die Anordnungen unter Nr. 1.1, Nr. 1.2 und Nr. 2 der Allgemeinverfügung auf § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG, die Anordnungen unter Nr. 1.3 und 1.4 auf § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG. Dies ist nicht zu beanstanden.
42
Dass - wie von der Klägerin vorgetragen - in ihrem Hotel in ... Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider nicht festgestellt wurden und auch kein Gast an Covid-19 verstorben ist, ist nicht relevant. § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG verlangt nicht, dass die infektionsschutzrechtliche Gefahrenlage an diesen Orten auftritt (Kießling, IfSG, § 28 Rn. 42).
43
Die Klägerin ließ zudem vortragen, dass der Gesetzestext zum Zeitpunkt des Erlasses der Allgemeinverfügung unterstrichen habe, dass es um Veranstaltungen und Ansammlungen,,einer großen Anzahl von Menschen“ ging. Somit sei die Beklagte unabhängig von irgendwelchen Weisungen der Ministerien nicht berechtigt gewesen, andere Veranstaltungen über die zum damaligen Zeitpunkt bereits verbotenen Großveranstaltungen hinaus zu beschränken und zu verbieten. Da keine Einzelveranstaltungen oder Veranstaltungen an einem bestimmten Ort beschränkt oder verboten worden seien, sondern alle Veranstaltungen auf dem Stadtgebiet der Beklagten, seien die Beschränkungen und Verbote über das in § 28 IfSG Zulässige auf ein generelles Verbot der Veranstaltungsbranche hinausgegangen. Zu derartigen Schließungen von ganzen Branchen sei § 28 IfSG nicht konzipiert und diese seien davon nicht gedeckt gewesen. So unterscheide auch der Wortlaut des § 28 IfSG selbst, dass Schließungen - eine andauernde Maßnahme - nur hinsichtlich Badeanstalten und Gemeinschaftseinrichtungen zulässig sind. Im Unterschied dazu können Veranstaltungen und Ansammlungen beschränkt oder verboten werden, woraus zu folgern ist, dass nur Beschränkungen und Verbote im Einzelfall zulässig waren und nicht generelle Branchenlahmlegungen.
44
Die Voraussetzung „einer größeren Anzahl von Menschen“, für die mindestens sieben Personen verlangt wurden, ist mit der Neufassung des § 28 IfSG durch Gesetz vom 27. März 2020 entfallen (Kießling, IfSG, § 28 Rn. 39). Die Allgemeinverfügung beinhaltet jedoch entgegen dem klägerischen Vorbringen keine Betriebsschließung und zudem kein generelles Veranstaltungsverbot. Ferner ergibt sich weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus einer Auslegung, dass - bei Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Veranstaltungen nur im Einzelfall und nicht allgemein Einschränkungen unterworfen werden können (vgl. Kießling, IfSG, § 28 Rn. 42).
45
Es kann vorliegend jedoch letztlich dahinstehen, ob die Regelungen unter Nr. 1.1, Nr. 1.2 und Nr. 2 der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung auf die hierin angegebene Rechtsgrundlage des § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG gestützt werden können. Denn jedenfalls ist ein Rückgriff auf die Generalklausel des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG möglich und die verfügten Maßnahmen sind tatbestandlich hiervon umfasst. § 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2 IfSG stehen nicht im Verhältnis der Spezialität. Dies ließe sich weder mit der aktuellen Gesetzesfassung vereinbaren, weil nunmehr auch in § 28 Abs. 1 Satz 1 2. Halbs. IfSG konkrete Maßnahmen von erheblicher Bedeutung in einer beispielhaften Aufzählung genannt werden, noch dem Wortlaut oder der historischen Auslegung der Norm entnehmen (vgl. hierzu den Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Bundesseuchengesetzes (BT-Drs. 8/2568 S. 27). Vielmehr können alle notwendigen Schutzmaßnahmen auf die Generalklausel des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG gestützt werden; lediglich beispielhaft werden einige Maßnahmen in Satz 2 IfSG erwähnt, zum einen, weil es sich um besonders bedeutsame Maßnahmen handelt, zum anderen, weil Verstöße gegen die dort genannten Maßnahmen gemäß § 73 Abs. 1a Nr. 6 i.V.m. § 74 IfSG strafbewehrt sind (BayVGH, B.v. 30.3.2020 - 20 CS 20.611 - juris Rn. 11).
46
Ein „Austausch“ der Rechtsgrundlage durch das Gericht ist - soweit überhaupt erforderlich - im vorliegenden Fall möglich, da § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG der Behörde kein Entschließungsermessen, sondern lediglich ein Auswahlermessen einräumt, welches vorliegend ausgeübt wurde (hierzu näher sogleich). Die Frage, ob ein angefochtener Bescheid materiell rechtmäßig ist, richtet sich, sofern höherrangiges oder spezielleres Recht nichts Abweichendes vorgibt, nach dem Recht, das geeignet ist, seinen Spruch zu tragen. Erweist sich dieser aus anderen als den angegebenen Rechtsgründen als rechtmäßig, ohne dass diese anderen Rechtsgründe wesentliche Änderungen des Spruchs erfordern würden, dann ist der Verwaltungsakt im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht rechtswidrig (BVerwG, U.v. 19.8.1988 - 8 C 29.87 - BVerwGE 80, 96; BayVGH, B.v. 23.6.2016 - 11 CS 16.907 - juris Rn. 23 ff.; VG München, B.v. 20.3.2020 - M 26 S 20.1222 - juris Rn. 17).
47
Soweit die Klägerin vorbringt, § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 IfSG decke die Maßnahmen und Beschränkungen bzw. Verbote aller Betriebe einer gewissen Gattung nicht, da von den betroffenen Orten nachgewiesenermaßen eine Gefahr ausgehen müsse, was für alle Maßnahmen nach § 28 IfSG gelte, ist entgegenzuhalten, dass § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 IfSG eine weitere - hier nicht einschlägige - Maßnahme regelt (vgl. Kießling, IfSG, § 28 Rn. 3, 25). Insbesondere ist hier kein Betriebsverbot des klägerischen Hotels streitgegenständlich, sondern lediglich die Einschränkung der Durchführung von Veranstaltungen.
48
Hinsichtlich des Einwands, Nichtstörer kämen nur ausnahmsweise als Adressat in Betracht, ist darauf hinzuweisen, dass Schutzmaßnahmen auch gegen die Allgemeinheit und gegen Nichtstörer ergriffen werden können, wobei der erforderliche Zurechnungszusammenhang durch die Begrenzung auf verhältnismäßige Schutzmaßnahmen hergestellt wird (vgl. BayVGH, B.v. 13.8.2020 - 20 CS 20.1821 - juris Rn. 38; VG München, B.v. 20.3.2020 - M 26 S 20.1222 - juris Rn. 19). Aus dem Wortlaut des § 28 IfSG folgt nicht, dass nur der in Halbs. 1 bezeichnete Personenkreis Adressat einer Schutzmaßnahme sein kann (BayVGH, B.v. 29.5.2020 - 20 NE 20.1065 - BeckRS 2020, 10399 Rn. 36).
49
Bei § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG handelt es sich um eine Generalklausel, die die zuständigen Behörden zum Handeln verpflichtet (gebundene Entscheidung). Hinsichtlich Art und Umfang der Bekämpfungsmaßnahmen - dem „Wie“ des Eingreifens - ist der Behörde jedoch ein Auswahlermessen eingeräumt. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass sich die Bandbreite der Schutzmaßnahmen, die bei Auftreten einer übertragbaren Krankheit in Frage kommen können, nicht im Vorfeld bestimmen lässt. Das behördliche Ermessen wird dadurch beschränkt, dass es sich um „notwendige Schutzmaßnahmen“ handeln muss, nämlich Maßnahmen, die zur Verhinderung der (Weiter-)Verbreitung der Krankheit geboten sind. Darüber hinaus sind dem Ermessen durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Grenzen gesetzt (VG München, B.v. 20.3.2020 - M 26 S 20.1222 - juris Rn. 18).
50
Bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der verfügten Beschränkungen ist der im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht geltende Grundsatz heranzuziehen, dass an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist. Dafür sprechen das Ziel des Infektionsschutzgesetzes, eine effektive Gefahrenabwehr zu ermöglichen (§ 1 Abs. 1, § 28 Abs. 1 IfSG), sowie der Umstand, dass die betroffenen Krankheiten nach ihrem Ansteckungsrisiko und ihren Auswirkungen auf die Gesundheit des Menschen unterschiedlich gefährlich sind. Es erscheint sachgerecht, einen am Gefährdungsgrad der jeweiligen Erkrankung orientierten, „flexiblen“ Maßstab für die hinreichende (einfache) Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen (vgl. zum Ganzen BVerwG, U.v. 22.3.2012 - 3 C 16/11 - juris; VG München, B.v. 20.3.2020 - M 26 S 20.1222 - juris Rn. 19).
51
Ermessensfehler sind bei der Ausübung des Auswahlermessens nicht ersichtlich. Die getroffenen Maßnahmen sind zudem verhältnismäßig. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Bedeutung der Grundrechte.
52
Die streitgegenständlichen Regelungen der Allgemeinverfügung stellten notwendige Schutzmaßnahmen dar, um die rasche Ausbreitung des Covid-19-Virus zu verhindern. Als Strategie zur Bekämpfung empfahl das RKI insbesondere, die weitere Ausbreitung des Virus so weit wie möglich zu verzögern, wodurch die Zahl der gleichzeitig Erkrankten so gering wie möglich gehalten und Zeit gewonnen werden sollte, um weitere Vorbereitungen zu treffen. Die massiven Anstrengungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes, dem insbesondere die möglichst frühzeitige Identifizierung von Kontaktpersonen und deren Management obliegt, sollten nach dem Strategieplan des RKI durch gesamtgesellschaftliche Anstrengungen wie die Reduzierung von sozialen Kontakten mit dem Ziel der Vermeidung von Infektionen im privaten, beruflichen und öffentlichen Bereich sowie eine Reduzierung der Reisetätigkeit ergänzt werden (vgl. VG München, B.v. 20.3.2020 - M 26 S 20.1222 - juris Rn. 20; https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/ Ergaenzung_Pandemieplan_Covid.pdf; jsessionid= B9DE8761C459805...68.internet051? blob=publicationFile).
53
Die in Nr. 1.3 und Nr. 1.4, Nr. 2 der Allgemeinverfügung gegenüber Veranstaltern verfügte Pflicht zur aktiven Information über allgemeine Schutzmaßnahmen sowie der selbständigen Durchführung einer Risikobewertung sind notwendige geeignete, gebotene und angemessene Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung des Corona-Virus. Mildere Mittel sind insoweit nicht ersichtlich.
54
Auch die unter Nr. 1.1 und Nr. 1.2, Nr. 2 geregelten Einschränkungen von Veranstaltungen mit ab 500 bis 1.000 Personen waren geeignet, die weitere Verbreitung des Virus und vor allem die Verbreitungsgeschwindigkeit einzudämmen. Durch die Vorgaben zur Bestuhlung, zu Interaktionen und zur maximal zulässigen Zahl gleichzeitig anwesender Personen konnte eine hohe Personendichte vermieden werden und somit das Risiko einer möglichen Weiterverbreitung des Corona-Virus reduziert werden. Bei der Auswahl und Beurteilung der Wirksamkeit von Maßnahmen zur Bekämpfung einer neuartigen Viruserkrankung muss den zuständigen Gesundheitsbehörden ein Beurteilungsspielraum zugebilligt werden, zumal die Wirksamkeit der in Rede stehenden Maßnahmen zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt freilich nicht abschließend wissenschaftlich untersucht und belegt war.
55
Mildere, gleich geeignete Mittel sind nicht ersichtlich. Je größer die Personengruppe ist, die bei einer Veranstaltung zusammenkommt, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit von aus Gründen des Infektionsschutzes riskanten Kontakten innerhalb dieser Gruppe. Insbesondere wurde durch die Allgemeinverfügung kein generelles Veranstaltungsverbot verfügt. Zudem war die Allgemeinverfügung zeitlich befristet; nach Ablauf des Geltungszeitraums sollte eine erneute Risikoeinschätzung stattfinden.
56
Zuletzt begegnen die Anordnungen auch keinen Bedenken im Hinblick auf ihre Angemessenheit. In Rede stehen vorliegend hochrangige Gemeinschaftsgüter, wie etwa der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung sowie ein funktionsfähiges Gesundheitswesen.
57
Eine Verletzung von Grundrechtspositionen der Klägerin ist nicht gegeben.
58
In Bezug auf die Eigentumsgarantie nach Art. 14 Abs. 1 GG ist bereits der sachliche Schutzbereich nicht eröffnet. Bloße Gewinnerwartungen, Umsatz- und Gewinnchancen oder Erwerbsmöglichkeiten werden nicht vom Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG erfasst, der grundsätzlich den Bestand des Erworbenen schützt, also Bestandsschutz bietet.
59
Der Schutzbereich des Art. 14 I GG ist auch unter dem Gesichtspunkt des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und bei Annahme der Veranstaltereigenschaft der Klägerin nicht eröffnet. Denn wirkt sich ein Gesetz auf den Betrieb aus, ist der Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG unter dem Gesichtspunkt des Schutzes des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes nur tangiert, wenn wesensmäßige Funktionsabläufe des betrieblichen Organismus und das Recht des Eigentümers, von dem Gewerbebetrieb als der von ihm aufgebauten und aufrechterhaltenen Organisation sachlicher und persönlicher Mittel bestimmungsgemäß Gebrauch zu machen, berührt werden. An einer solchen Verbindung fehlt es, wenn lediglich Einfluss auf die Gestaltung eines einzigen Produktes genommen wird, ohne dass dies zur Erdrosselung des Betriebs führt (BVerfG, DVBl 1991, 1253 f.)
60
Die streitgegenständliche Allgemeinverfügung nahm Einfluss auf das „Wie“, nicht aber generell auf das „Ob“ der Durchführung von Veranstaltungen. Wesensmäßige Funktionsabläufe des Hotelbetriebs und das Recht vom Hotel bestimmungsgemäß Gebrauch zu machen, wurden nicht tangiert, da die Durchführung von Veranstaltungen nur einen Teilbereich darstellt. Insoweit wurde lediglich die Möglichkeit genommen, mit uneingeschränkten Veranstaltungen Gewinn zu erzielen. Solche bloßen Gewinnaussichten unterfallen nicht dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG, sondern sind dem Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG unterstellt.
61
Das Vorbringen der Klägerin, ihr sei die Nutzung des Hotels entzogen worden, dringt - unabhängig davon, dass die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen hat, dass eine in ihrem Hotel geplante Veranstaltung betroffen war - nicht durch, da der Regelungsgehalt der Allgemeinverfügung den eigentlichen Hotelbetrieb unberührt ließ. Eine Betriebsschließung wurde nicht angeordnet, die Durchführung von Veranstaltungen wurde nicht an sich untersagt; Privatfeiern waren ausgenommen. Dass der Klägerin die Einhaltung der Vorgaben in ihren Räumlichkeiten, insbesondere die Bestuhlung, durch die Allgemeinverfügung nicht möglich gewesen wäre, wurde nicht substantiiert vorgetragen.
62
Die Klägerin ist auch nicht in ihrer von Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsausübungsfreiheit verletzt.
63
Ein Eingriff setzt einen unmittelbaren Bezug zur Berufstätigkeit oder zumindest eine objektiv berufsregelnde Tendenz voraus (BVerfGE 97, 228, 254). Der besondere Freiheitsraum, den das Grundrecht der Berufsfreiheit sichert, kann auch durch Vorschriften ohne primär berufsregelnde Zielrichtung berührt sein, wenn ihre tatsächlichen Auswirkungen zu einer Beeinträchtigung der freien Berufsausübung führen (BVerfGE 110, 226, 254)
64
Wie bereits oben ausgeführt fehlt es hier insoweit zum einen am substantiierten Vortrag der Klägerin, dass von ihr geplante Veranstaltungen abgesagt wurden. Doch selbst bei Annahme eines Eingriffs in die Berufsfreiheit der Klägerin würde es sich bei den einschlägigen Regeln der Allgemeinverfügung lediglich um Berufsausübungsregelungen handeln, die nur eine geringe Einschränkung der Berufsfreiheit darstellen und als rechtmäßig angesehen werden, wenn vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls sie als zweckmäßig erscheinen lassen (BVerfG, B.v. 20.12.2017 - 1 BvR 2233/17 - juris Rn. 11 m.w.N.). Dies ist hier im Hinblick auf den angestrebten Schutz der Gesundheit der Bevölkerung (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) zu bejahen. Ferner ordnete die Allgemeinverfügung kein vollständiges Verbot von Veranstaltungen und erst recht keine Hotelschließung an. Zudem waren die Maßnahmen aufgrund der Befristung der Allgemeinverfügung bis zum 19. April 2020 zeitlich beschränkt. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die zeitlich befristeten Maßnahmen die Klägerin in eine existenzielle Notlage gebracht hat, zumal nicht konkret dargelegt werden konnte, welche Umsatzeinbußen durch die angegriffenen Regelungen der Allgemeinverfügung verursacht wurde und welche auf die Pandemie als solche und das veränderte Ausgehverhalten der Bevölkerung zurückzuführen wären.
65
Nach Ansicht des Gerichts ist eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG nicht gegeben. Eine solche Verletzung wurde von der Klägerin lediglich behauptet, ohne dies näher zu begründen. Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz sind für das Gericht nicht ersichtlich.
66
Ferner hat das Gericht keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des IfSG, insbesondere auch nicht hinsichtlich einer fehlenden Ausgleichs- und Entschädigungsmöglichkeit.
67
Die Klägerin weist darauf hin, dass § 28 IfSG von mehreren Gerichten wegen eines Verstoßes gegen den Vorbehalt des Gesetzes als keine taugliche Ermächtigungsgrundlage für die Betriebsschließungen angesehen worden ist. Hinsichtlich der von der Klägerin zitierten und weiterer Entscheidungen ist darauf hinzuweisen, dass diese grundsätzlich die Frage betreffen, ob § 32 i.V.m, § 28 Abs. I Satz 1, 2 IfSG dem Verordnungsgeber im Hinblick auf den Vorbehalt des Gesetzes in seiner Ausprägung als Parlamentsvorbehalt eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage gibt, und zudem hinsichtlich der landesweiten Schließung von Betrieben, Verkaufsstellen etc. und erhebliche Grundrechtseingriffe über einen längeren Zeitraum (vgl. BayVGH, B.v. 29.10.2020 - 20 NE 20.2360 - juris Rn. 28). Hier geht es jedoch um die zeitlich befristete Allgemeinverfügung der Beklagten auf deren Stadtgebiet zu Beginn der Corona-Pandemie, wobei die Allgemeinverfügung nur Veranstaltungen mit einer bestimmten Personenzahl betraf und diese nicht generell verbot. Insoweit wird Bezug genommen auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 30. März 2020 - 20 CS 20.611 - juris Rn. 17 f., wonach für einen Verstoß des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG gegen den Parlamentsvorbehalt („Wesentlichkeitstheorie“), angesichts des aktuellen Tätigwerdens des Bundesgesetzgebers keine Bedenken bestehen.
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Im Übrigen ist die Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 Abs. 1 GG zu der Frage, ob die die §§ 28, 28a lfSG im Zusammenspiel mit den Entschädigungsregelungen des 12. Abschnittes verfassungskonform sind, wenn sie so ausgelegt werden, dass diese eine abschließende Regelung in der Gestalt darstellen, dass es keine Entschädigung für Anordnungen von Maßnahmen nach § 28a IfSG geben soll, unter Berücksichtigung des oben Gesagten nicht angezeigt. Nach Ansicht des Gerichts ist eine Verfassungswidrigkeit nicht gegeben.
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Dem Antrag der Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf Fristverlängerung um weitere vier Wochen zum Zwecke der Nachforschung zu den konkreten Gründen für die einzelnen Stornierungen musste nicht entsprochen werden, da dieser Aspekt - abgesehen davon, dass im Klageverfahren genügend Zeit war, die konkrete eigene Betroffenheit darzulegen - letztlich nicht entscheidungserheblich ist, sondern die Klage, wie oben aufgezeigt, aus verschiedenen, voneinander unabhängigen Gründen nicht erfolgreich ist.
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3. Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.