Titel:
Keine sittenwidrige Schädigung des Erwerbers eines Diesel-Fahrzeugs mit Thermofenster
Normenkette:
BGB § 31, § 826
Leitsatz:
Eine Auslegung, wonach ein Thermofenster eine zulässige Abschalteinrichtung darstellt, ist jedenfalls nicht unvertretbar. Ein Handeln unter vertretbarer Auslegung des Gesetzes kann aber nicht als besonders verwerfliches Verhalten angesehen werden. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Schadensersatz, sittenwidrige Schädigung, Kfz-Hersteller, Dieselskandal, unzulässige Abschalteinrichtung, Thermofenster, vertretbare Gesetzesauslegung
Rechtsmittelinstanzen:
OLG München, Endurteil vom 06.12.2022 – 5 U 7961/21
BGH Karlsruhe, Urteil vom 25.09.2023 – VIa ZR 1/23
Fundstelle:
BeckRS 2021, 63655
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 14.763,92 € festgesetzt.
Tatbestand
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Die Klagepartei erwarb mit verbindlicher Bestellung vom 19.01.2015 von der ... GmbH in ... einen Pkw Audi SQ5 3.0 TDI quattro, ausgestattet mit einem V6 Turbodieselmotor, 230 kW, EURO 5, als Neuwagen mit einem Kilometerstand von 0 km zum Kaufpreis von 69.900,00 € brutto.
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Für die Finanzierung des Fahrzeugkaufs schloss die Klagepartei am 23.02.2015 einen Darlehensvertrag mit der Kreissparkasse ... ab (Nettodarlehensbetrag: 58.750,00 €, monatliche Raten zu jeweils 600,00 €), wodurch ihr Zinskosten in Höhe von 4.217,30 € entstanden.
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Das Fahrzeug wurde im März 2015 durch persönliche Abholung bei der Beklagten in ... an die Klagepartei ausgeliefert.
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Die Klagepartei veräußerte das Fahrzeug am 19.05.2020 zum Preis von 23.990,00 € brutto an die Firma ... . Im Zeitpunkt des Verkaufs wies das Fahrzeug einen Kilometerstand von 138.500 km auf.
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In der Software dieses Fahrzeugs ist ein sogenanntes Thermofenster integriert, das bewirkt, dass die Abgasrückführungsrate in bestimmten Temperaturbereichen abgeschaltet bzw. reduziert wird und der Ausstoß an Stickoxiden höher ist. Das Fahrzeug ist nicht von einem verbindlichen Rückrufbescheid des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) im Hinblick auf das Emissionsverhalten betroffen. Der PKW verfügt nicht über einen SCR-Katalysator.
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Die Klagepartei behauptet im Wesentlichen, die Beklagte habe im Fahrzeug diverse unzulässige Abschalteinrichtungen zur Verringerung der Abgasemissionen auf dem Prüfstand implementiert. Das streitgegenständliche Fahrzeug erkenne anhand bestimmter Parameter, ob es sich auf einem technischen Prüfstand oder im Straßenverkehr befinde. Während auf dem Prüfstand so die zulässigen Stickoxid-Grenzwerte eingehalten würden, sei dies im Realbetrieb nicht der Fall. Auch andere 3-Liter-Motoren der Beklagten mit Abgasklasse EURO 5 seien bereits zurückgerufen worden. Die Klagepartei sei bei Kauf des Fahrzeugs über dessen Gesetzeskonformität getäuscht worden, was für sie ein entscheidendes Kaufkriterium gewesen sei.
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Die Klagepartei meint deswegen, dass ihr Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zustünden, die Beklagte hafte insbesondere wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB.
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Im Termin vom 17.09.2021 hat die Klagepartei im Rahmen der Antragstellung den in Ziffer 1 der Klageanträge geltend gemachten Zahlbetrag angesichts eines auf 138.600 km – statt zuvor mitgeteilter 138.500 km – korrigierten Kilometerstandes im Zeitpunkt des Weiterverkaufs von ursprünglich 14.756,95 € auf 14.763,92 € erhöht.
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Die Klagepartei beantragt zuletzt,
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 14.763,92 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Oktober 2020 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass der in Antrag zu 1) bezeichnete Anspruch aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung der Beklagten herrührt.
3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten des Klägers entstandenen Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung i. H. v. EUR 3.196,34 freizustellen.
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Die Beklagte beantragt,
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Die Beklagte führt aus, das streitgegenständliche Fahrzeug sei nicht von der bei Motoren des Typs EA 189 bekannt gewordenen Umschaltlogik betroffen. Das Fahrzeug enthalte keine vom Kraftfahrtbundesamt als unzulässig eingestufte Abschalteinrichtung. Es liege kein verpflichtender Rückruf des KBA für das streitgegenständliche Fahrzeug in Bezug auf das Emissionsverhalten vor. Im Rahmen eines Anhörungsverfahrens sei durch das KBA eine unzulässige Abschalteinrichtung nicht festgestellt worden. Das Vorbringen der Klagepartei, das streitgegenständliche Fahrzeug besitze unzulässige Abschalteinrichtungen, sei unsubstantiiert und für eine Beweisaufnahme nicht geeignet. Das Thermofenster stelle keine unzulässige Abschalteinrichtung dar. Die Beklagte habe die Klagepartei nicht sittenwidrig geschädigt und insbesondere nicht getäuscht.
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Das Gericht hat mündlich zur Sache verhandelt und hierbei den Kläger persönlich angehört. Insoweit wird auf das Protokoll der Sitzung des Landgerichts Ingolstadt vom 17.09.2021 Bezug genommen.
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Hinsichtlich des übrigen Vorbringens der Parteien sowie zur Ergänzung, Vertiefung und Vervollständigung wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig. Das Landgericht Ingolstadt ist örtlich wie sachlich zuständig, §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG, 32 ZPO.
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Die zulässige Klage ist unbegründet. Dem Kläger stehen in Bezug auf das in dem streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten Thermofenster die geltend gemachten Ansprüche unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Im Hinblick auf die weiteren Behauptungen der Klagepartei zum Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung war der klägerische Vortrag zu unsubstantiiert und löste daher keine Beweiserhebungspflicht des Gerichts aus.
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Da zwischen den Parteien keinerlei vertragliche Beziehungen bestehen, kommt als Anspruchsgrundlage lediglich Deliktsrecht, hier insbesondere ein Anspruch aus § 826 BGB in Betracht. Solche ergeben sich jedoch nicht wegen des in dem streitgegenständlichen Fahrzeug unstreitig verbauten Thermofensters.
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1. Für die anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale ist die Klagepartei vollumfänglich darlegungs- und beweisbelastet. Da das Vorhandensein des sogenannten Thermofensters vorliegend unstreitig ist, müsste die Klagepartei neben der Tatsache, dass es sich hierbei um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt, weiter ein vorsätzliches oder gar sittenwidriges Handeln der Beklagten beweisen.
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2. Während die Klagepartei – ohne nähere Begründung – von der Eigenschaft des Thermofensters als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2, Art. 3 Nr. 10 EG VO 715/2007 ausgeht, hat die Beklagte dies bestritten und sich auf die Ausnahmeregelungen nach Art. 5 Abs. 2 lit. a) EG VO 715/2007 berufen. Die Abgasrückführung sei bei bestimmten Temperaturen deshalb (signifikant) reduziert worden, weil dies aus Gründen des Motorenschutzes erforderlich sei.
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3. Es ist bereits nicht klar, ob es sich bei dem Thermofenster um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt. Die Gesetzeslage hierzu ist aufgrund der o.g. Ausnahmevorschrift, auf welche sich die Beklagte beruft, keinesfalls eindeutig; der Einsatz von Thermofenstern kann nicht per se als rechtswidrig beurteilt werden, worauf das KBA auch hingewiesen hat (vgl. auch OLG München, Urteil vom 03.04.2020; Az. 5 U 941/20). Gegen das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung spricht auch bereits die Tatsache, dass das hier in Rede stehende Thermofenster vom Grundsatz her im normalen Fahrbetrieb in gleicher Weise arbeitet wie auf dem Prüfstand, während zum Beispiel bei der in den EA189-Motoraggregaten verbaute Software auf einer Umschaltlogik basierte, so dass der Schadstoffausstoß nur auf dem Rollenprüfstand vermindert wurde. Das Problem der Versottung von Bauteilen bei Kondensierung von unverbrannten Rückständen in den kalten Rohrleitungen hat nicht nur die Beklagte erkannt und ist dem mittels einer von der Außentemperatur abhängigen Abgasrückführung begegnet. Vielmehr benutzt die Mehrzahl der Autohersteller dieses System, um Bauteile zu schützen.
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4. Letztlich kann es jedoch dahinstehen, ob es sich objektiv gesehen bei dem verbauten Thermofenster um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt. Denn das Gericht ist der Überzeugung, dass sich das Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Fahrzeugs mit dem hierin verbauten Thermofenster jedenfalls nicht als sittenwidrige Handlung qualifizieren lässt.
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Es ist höchst umstritten, ob es sich bei der Verwendung des sogenannten Thermofensters um eine zulässige Motorenschutzmaßnahme handelt. Die Gesetzeslage hierzu ist auch keinesfalls eindeutig, was die – auslegungsfähigen – Ausnahmevorschriften (s.o.) belegen. Auch nach Einschätzung der vom Bundesverkehrsministerium (BMVI) eingesetzten Untersuchungskommission ... liegt ein Gesetzesverstoß durch die von allen Autoherstellern eingesetzten Thermofenster jedenfalls nicht eindeutig vor. So heißt es im Bericht der Kommission zur Auslegung der Ausnahmevorschrift des Art. 5 Abs. 2 Satz 2 a) VO (EG) 715/2007 ausdrücklich (BMVI, Bericht der Untersuchungskommission ..., Stand April 2016, S. 123):
„Zudem verstößt eine weite Interpretation durch die Fahrzeughersteller und die Verwendung von Abschalteinrichtungen mit der Begründung, dass eine Abschaltung erforderlich ist, um den Motor vor Beschädigung zu schützen und um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten, angesichts der Unschärfe der Bestimmung, die auch weite Interpretationen zulässt, möglicherweise nicht gegen die Verordnung (EG) Nr. 715/2007. Konsequenz dieser Unschärfe der europäischen Regelung könnte sein, dass unter Berufung auf den Motorschutz die Verwendung von Abschalteinrichtungen letztlich stets dann gerechtfertigt werden könnte, wenn von Seiten des Fahrzeugherstellers nachvollziehbar dargestellt wird, dass ohne die Verwendung einer solchen Einrichtung dem Motor Schaden droht, sei dieser auch noch so klein.“
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Schließlich zeigt auch der in der Literatur (vgl. Führ, NVwZ 2017, 265) betriebene erhebliche Begründungsaufwand, um das „Thermofenster“ als unzulässige Abschalteinrichtung einzustufen, dass keine klare und eindeutige Rechtslage gegeben ist, gegen welche die Beklagte bewusst verstoßen hätte (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 21.10.2019 – 12 U 246/19, BeckRS 2019, 25135, beck-online, mwN).
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Vor diesem Hintergrund ist eine Auslegung, wonach ein Thermofenster eine zulässige Abschalteinrichtung darstellt, daher jedenfalls nicht unvertretbar. Ein Handeln unter vertretbarer Auslegung des Gesetzes kann aber nicht als besonders verwerfliches Verhalten angesehen werden (vgl. OLG Stuttgart, Urteil v. 30.07.2019, 10 U 134/19, Rn. 90).
II. Sonstige unzulässige Abschalteinrichtungen
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Der Vortrag der Klagepartei hinsichtlich der Behauptung weiterer unzulässiger Abschalteinrichtungen, welche in dem streitgegenständlichen Fahrzeug verbaut sein sollen, ist jedenfalls zu unsubstantiiert, um eine Beweiserhebungspflicht des Gerichts auszulösen, so dass auch diesbezüglich die Klage abzuweisen war.
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1. Für das streitgegenständliche Fahrzeug liegt kein angeordneter Rückruf des Kraftfahrtbundesamtes vor. Das streitgegenständliche Fahrzeug ist unstreitig ein Audi SQ5 3.0 TDI quattro, ausgestattet mit einem V6 Turbodieselmotor, 230 kW, EURO 5.
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Das Kraftfahrtbundesamt hat, wie aus anderen Verfahren gerichtsbekannt, unter der Internetadresse https://www.k... eine Tabelle mit den angeordneten Rückrufen eingestellt.
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Für das Gericht ergibt sich hieraus zweifelsfrei, dass für den Fahrzeugtyp Audi SQ5 zwar Rückrufe aufgrund einer unzulässigen Abschalteinrichtung mit Feststellungsdatum 01.12.2017 vorliegen, u.a. auch für eine Fahrzeugvariante mit einer Leistung von 230 kW, die jedoch ausschließlich Fahrzeuge der Emissionsstufe EURO 6 betreffen. Das streitgegenständliche Fahrzeug mit der Emissionsstufe EURO 5 ist von einem Rückruf hingegen nicht betroffen.
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2. Die Frage, ob in dem streitgegenständlichen Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut ist, ist zwar grundsätzlich nicht abhängig von einem KBA-Rückruf für den betreffenden Pkw. Ein erfolgter Rückrufbescheid des KBA entfaltet diesbezüglich jedoch Tatbestandswirkung, wenn der Rückruf wegen des Vorhandenseins einer unzulässigen Abschalteinrichtung erfolgt ist. Zweifellos kann auch dann eine unzulässige Abschalteinrichtung im streitgegenständlichen Fahrzeug verbaut sein, wenn – wie hier – (noch) kein KBA-Rückruf vorliegt. In diesem Fall kommt es jedoch darauf an, ob der Vortrag der Klagepartei substantiiert genug ist, eine Beweiserhebungspflicht des Gerichts auszulösen, dies auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des BGH vom 28.01.2020 (VIII ZR 57/19).
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In Abweichung von der zitierten BGH-Entscheidung kommen vorliegend nur deliktische Ansprüche gegen die Beklagte in Betracht. Die zitierte BGH-Entscheidung befasst sich indes lediglich mit einer übermäßigen Überspannung der Substantiierungsanforderungen an die Darlegung des Vorhandenseins eines Sachmangels. Die Anforderungen an einen substantiierten Vortrag der Klagepartei sind daher vorliegend anders gelagert als in dem vom BGH entschiedenen Fall. So genügt es nicht, Anhaltspunkte für einen evtl. vorhandenen Mangel der (Kauf-)Sache zu liefern (wie in dem vom BGH entschiedenen Fall); vielmehr muss eine rechtswidrige Schädigungshandlung schlüssig dargetan werden, welche von der Beklagten in zurechenbarer Weise mit entsprechendem Schädigungsvorsatz ausgeübt worden sein und beim Kläger zu einem kausalen Schaden geführt haben muss; darüber hinaus muss, da in Fällen wie dem vorliegenden regelmäßig ein Anspruch nach § 826 bzw. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB zu überprüfen sein wird – evtl. auch zu einer möglichen Sittenwidrigkeit/besonderen Verwerflichkeit des Handelns der Beklagten vorgetragen werden.
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Vor diesem Hintergrund erscheint der Vortrag der Klagepartei auch unter Berücksichtigung der vom BGH in dem genannten Urteil aufgestellten Maßstäbe als nicht hinreichend konkret (vgl. auch OLG München, B. v. 17.03.2020, 21 U 6698/19).
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Der Vortrag der Klagepartei zu den behaupteten Abschalteinrichtungen in dem streitgegenständlichen Pkw bleibt insgesamt allgemein und lässt jeglichen Bezug zum konkreten Fall vermissen; er ist nicht ansatzweise ausreichend substantiiert und kann damit auch keine gerichtliche Beweiserhebungspflicht auslösen. So wird etwa ein angebliches Verhalten des Fahrzeugs im Zusammenhang mit einem SCR-Katalysator moniert (Seite 27 ff. der Klageschrift), obwohl das streitgegenständliche Fahrzeug unstreitig der Emissionsklasse EURO 5 angehört und über keinen SCR-Katalysator verfügt, was die Klagepartei auf entsprechenden Vorhalt der Beklagten (vgl. Seite 13 und 19 der Klageerwiderung) auch einräumte (Seite 8 der Replik). Seitens der Beklagten wurde ausführlich und detailliert begründet, dass und aus welchen Gründen im streitgegenständlichen Fahrzeug keine unzulässigen Abschalteinrichtungen enthalten seien. Insbesondere hat die Beklagte bereits im Rahmen der Klageerwiderung ausführlich und detailliert zu den bereits erfolgten Prüfungen des streitgegenständlichen Fahrzeugtyps durch das Kraftfahrtbundesamt vorgetragen und das Ergebnis dieser Prüfung, nach dem gerade keine unzulässige Abschalteinrichtung festgestellt worden sei, dargelegt. Auch hat sich die Beklagte bereits im Rahmen der Klageerwiderung mit verschiedenen im Raum stehenden Rückrufen des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) auseinandergesetzt und hierzu (zutreffend) ausgeführt, dass ein Rückschluss aus amtlichen Rückrufen für andere Fahrzeugtypen auf die Beurteilung des streitgegenständlichen Fahrzeugs nicht möglich ist, worauf auch das Kraftfahrtbundesamt in seiner Rückrufdatenbank ausdrücklich hinweist. Trotz der zentralen Bedeutung der amtlichen Einschätzung durch das Kraftfahrtbundesamt bzw. der hierfür maßgeblichen Gründe ist die Klagepartei auf die beklagtenseits vorgebrachten, konkreten und nachvollziehbaren Differenzierungen und die vorgelegten amtlichen Auskünfte des Kraftfahrtbundesamtes zum streitgegenständlichen Fahrzeugtyp nicht mehr näher eingegangen. Sie hat stattdessen zu anderen Rückrufen für andere Fahrzeugtypen vorgetragen und ohne nähere Begründung behauptet, das streitgegenständliche Fahrzeug verfüge über einen „identischen Motor“, so dass hinsichtlich des streitgegenständlichen Fahrzeugs eine „hohe Wahrscheinlichkeit für eine Betroffenheit (…) bestehe“. Die Ausführungen der Klagepartei beschränken sich bis zuletzt auf allgemeine Erwägungen und lassen eine nähere Auseinandersetzung mit den zuvor von der Beklagten dargelegten Einzelheiten des konkreten Falles nicht erkennen.
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Letztlich erschöpft sich das Vorbringen der Klagepartei zu den behaupteten unzulässigen Abschalteinrichtungen in reinen Vermutungen. Die Erholung eines Sachverständigengutachtens aufgrund dieser letztlich von der Klagepartei geäußerten reinen Vermutungen würde zur Überzeugung des Gerichts aber eine unzulässige Ausforschung des Sachverhalts darstellen (so auch OLG München, B. v. 22.03.2019, 21 U 533/19; OLG München, B. v. 17.03.2020, 21 U 6698/19).
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Es ist allgemein bekannt, dass es im ...konzern in der Vergangenheit zum Einsatz von unerlaubten Abschalteinrichtungen kam. Dies kann jedoch nicht dazu führen, dass die Klagepartei im einzelnen Fall nicht mehr konkret darlegen muss, weshalb auch gerade in ihrem Fall konkrete Anhaltspunkte für eine solche Abschalteinrichtung im jeweils streitgegenständlichen Fahrzeug vorliegen. Rein spekulative und pauschale Verdachtsäußerungen, die ohne Bezug auf den konkreten Einzelfall zunächst in einer Art Generalverdacht vorgetragen werden und von denen das Gericht sich quasi die passenden heraussuchen soll, können nicht als hinreichend konkrete Anhaltspunkte für das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung dienen.
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Zwar ist es der Klagepartei prozessual grundsätzlich nicht verwehrt, Tatsachen zu behaupten, über die sie keine genauen Kenntnisse hat, die sie jedoch für wahrscheinlich hält. Jedoch muss, um eine ausufernde Beweiserhebungspflicht des Gerichts zu vermeiden, zunächst der Vortrag der Klagepartei zu den behaupteten Anspruchsgrundlagen hinreichend konkret sein. Andernfalls sind Darlegungserleichterungen wie die sekundäre Darlegungslast, nicht gerechtfertigt (vgl. Hierzu ausführlich OLG Köln, U. v. 11.04.2019, 3 U 67/18).
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Die mangelnde Substantiierung des klägerischen Vortrags war von der Beklagtenseite bereits ausdrücklich gerügt worden.
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Mangels Bestehens eines deliktischen Anspruchs bereits dem Grunde nach gehen auch die übrigen Anträge ins Leere.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.