Inhalt

LG München I, Beschluss v. 02.03.2021 – 6 S 13544/19
Titel:

Streitwertbeschwerde, Streitwertfestsetzung, Streitwertbeschlüsse, Inkassokosten, Rechtsanwaltsgebühren, Prozeßrechtsverhältnis, Gesamtschuldner, Auskunftsanspruch, Gerichtskostenvorschuss, Rechtsverfolgungskosten, Berufungsverfahren, Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, Auskunftserteilung, Kostenfestsetzungsantrag, Vollstreckungskosten, sachliche Unzuständigkeit, Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, Einigungsgebühr, Teilurteil, Vergleichsmehrwert

Schlagworte:
Auskunftsanspruch, Streitwertfestsetzung, Teilurteil, Berufung, Vergleich, Streitwertbeschwerde, eidesstattliche Versicherung
Vorinstanz:
AG München vom -- – 155 C 1510/18
Rechtsmittelinstanz:
OLG München, Beschluss vom 29.03.2021 – 15 W 368/21
Fundstelle:
BeckRS 2021, 63633

Tenor

1. Der Streitwertbeschwerde der Klägervertreterin gegen den Streitwertbeschluss vom 02.07.2020 wird insofern abgeholfen, als der Vergleichswert auf 3.500,00 € festgesetzt wird.
2. Im Übrigen wird der Streitwertbeschwerde nicht abgeholfen.
3. Die Akten sind dem Oberlandesgericht München vorzulegen.

Gründe

1
1. Mit Schriftsatz vom 06.06.2017 erhob der Kläger Klage beim Landgericht München I und machte insbesondere einen Auskunftsanspruch in Bezug auf die über ihn gespeicherten Daten gegenüber der Beklagten zu 1 geltend. Das Landgericht München I setzte mit Beschluss vom 08.06.2017 den Streitwert vorläufig auf 3000 € fest (BI. 10 d.A.). Mit Beschluss vom 22.01.2018 setzte das Landgericht München I den Streitwert auf 5000 € fest, erklärte sich für sachlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit auf Antrag des Klägers an das Amtsgericht München (BI. 37/38 d.A.).
2
Im Laufe des Verfahrens wurden die Anträge mehrfach neu gefasst und Teile der Klage für erledigt erklärt bzw. zurückgenommen (BI. 63, 92,119, 158/159, 168 d.A.). Zuletzt beantragte der Kläger:
I. Nun die Beklagte zu 1 wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen über die Daten zu den Inkassokosten, die bezüglich ihrer im Verfahren 283 C 29963/15 des Amtsgerichts München geltend gemachten Forderungen in den Haupt- und Nebenbüchern ihrer Buchhaltung, insbesondere auf den entsprechenden Debitoren- und Kreditorenkonten gespeichert sind. Dabei ist jeweils die Bezeichnung der Datei anzugeben, unter der die Daten gespeichert sind.
II. Die Beklagte 1 wird verurteilt, Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer bisher abgegebenen Auskünfte zu den über den Kläger gespeicherten Daten sowie der nach Nr. I noch zu erteilten Auskunft an Eides statt zu versichern.
III. Die Beklagten werden wie Gesamtschuldner verpflichtet, an den Kläger 595,70 € außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagten wie Gesamtschuldner verpflichtet sind, auf den klägerseits verauslagten Gerichtskostenvorschuss von 324 € Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für die Zeit vom 04.10.2017 bis zum Eingang eines Kostenfestsetzungsantrages nach Maßgabe der ausgeurteilten Kostenquote zu zahlen.
3
Mit Teilurteil vom 04.09.2019 wurde die Beklagte zu 1 verurteilt dem Kläger Auskunft zu erteilen über Daten zu den Inkassokosten, die bezüglich ihrer im Verfahren 283 C 29963/15 des Amtsgerichts München geltend gemachten Forderungen in den Haupt- und Nebenbüchern ihrer Buchhaltung, insbesondere auf den entsprechenden Debitoren und Kreditorenkonten gespeichert sind, soweit diese Daten auf Beklagtenseite der Person des Klägers zugeordnet sind oder mittels dieser Daten die Person des Klägers auf Beklagtenseite identifiziert wird.
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Die Beklagten wurden zudem wie Gesamtschuldner verurteilt dem Kläger die außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten und den klägerseits verauslagten Gerichtskostenvorschuss zu bezahlen.
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Gegen dieses Teilurteil legten die Beklagten mit Schriftsatz vom 30.09.2019 Berufung ein.
6
Mit Beschluss vom 07.05.2020 wurde durch das Landgericht München I im Berufungsverfahren der Streitwert für das Berufungsverfahren im Prozessrechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1 vorläufig auf bis zu 500 € festgesetzt. In den Prozessrechtsverhältnissen zwischen dem Kläger und den Beklagten zu 2 und 3 wurde der Streitwert vorläufig auf jeweils über 600 € und bis zu 1000 € festgesetzt.
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In der mündlichen Verhandlung vom 02.07.2020 schlossen die Parteien zur Beendigung des Rechtsstreits unter Einbeziehung der Verurteilung der Beklagten zu 1 zur Auskunft gemäß Ziffer 1 des Urteils des Amtsgerichts vom 04.09.2019 sowie zur Erledigung der noch beim Amtsgericht München anhängigen Versicherungsstufe folgenden Vergleich (BI. 254 d.A.):
I. Der persönlich haftende Gesellschafter der Beklagten zu 1, Herr, be stätigt dem Kläger bis zum 03.09.2020 mit folgendem Text und persönlicher Unterschrift die Richtigkeit der durch die beklagten zu 1 nunmehr insgesamt erteilten Auskünfte wie folgt:
„Namens des von mir vertretenen bestätige ich hiermit,
dass die erteilten Auskünfte im Rechtsstreit 155 C 1510/18 des Amtsgerichts München / 6 S 13544/19 des Landgerichts München I vollständig, abschließend und zutreffend sind. Diese Erklärung bezieht sich auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung beim Amtsgericht München vom 25.07.2019 sowie hinsichtlich der heute zu Protokoll erklärten ergänzenden Auskünfte auf diese. Inhaltlich beziehen sie sich auf die streitgegenständlichen Auskunftsbegehren des Klägers. Etwaige weitere Daten, die nach der jeweiligen Auskunftserteilung angefallen sind, sind nicht Gegenstand dieser Erklärung.“
II. Die Beklagten und der Kläger sind sich darin einig, dass eine Ersatzpflicht aller Beklagten für vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten des Klägers lediglich i. H. einer Anwaltsgebühr von 1,6 aus einem Streitwert von 5.000,00 €, samt Postpauschale und Mehrwertsteuer, besteht. Soweit die Beklagte zu 1 zur Abwendung einer Vollstreckung des Klägers bereits mehr bezahlt hat, wird der Kläger diese Differenz der Rechtsanwaltsgebühren zurückerstatten. Eine Erstattung angefallener Vollstreckungskosten findet nicht statt. Der Kläger wird die Rückerstattung vornehmen binnen zwei Wochen nach Erhalt der Erklärung gemäß Ziffer I.
III. Mit der Vereinbarung gemäß Ziffern I und II sind sämtliche streitgegenständlichen Ansprüche, seien sie auch erstinstanzlich zurückgenommen worden, übereinstimmend für erledigt erklärt worden, einseitig für erledigt erklärt worden oder aus sonstigen Gründen Gegenstand dieses Rechtsstreits gewesen, abgegolten und erledigt.
Gemeint sind damit Ansprüche, die sich in Klageanträgen dieses Rechtsstreits manifestiert haben.
Sonstige zwischen den Parteien schwebende oder sonst offene Auseinandersetzungen sind von dieser Abgeltung nicht berührt.
IV. Die Beklagte zu 1 trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich angefallener Einigungsgebühren.
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Nach Anhörung der Parteien wurde der Streitwert wie folgt festgesetzt:
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Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird im Prozessrechtsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1 auf bis zu 500,00 € festgesetzt, in den beiden anderen Prozessrechtsverhältnissen wird der Streitwert auf über 600,00 € bis zu 1.000,00 € festgesetzt.
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Der Gesamtstreitwert des Berufungsverfahrens und des Vergleichs wird auf bis zu 1.000,00 € festgesetzt.
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Die Klägervertreterin legte mit Schriftsatz vom 04.01.2021, eingegangen am 04.01.2021, Beschwerde gegen den in der mündlichen Verhandlung vom 02.07.2020 verkündeten Streitwertbeschluss ein, soweit darin der Vergleichswert auf bis 1000 € festgesetzt wurde. Sie beantragt, den Vergleichsmehrwert auf 5000 € festzusetzen. Die Bewertung des Anspruchs auf eidesstattliche Versicherung diene nicht der Durchsetzung eines Zahlungsanspruches und könne sich daher nicht an einem Hauptanspruch orientieren. Der Wert des Anspruchs auf eidesstattliche Versicherung sei ebenso wie der Auskunftsanspruch auf 5.000 € zu beziffern.
II.
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Der Streitwertbeschwerde der Klägervertreterin war teilweise abzuhelfen und der Vergleichswert im Streitwertbeschluss vom 02.07.2020 auf 3.500 € festzusetzen.
13
Die Streitwertbeschwerde der Klägervertreterin ist zulässig. Das Beschwerderecht der Klägervertreterin ergibt sich aus § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG. Die Beschwerde wurde fristgerecht eingereicht, §§ 68 Abs. 1 Satz 3,63 Abs. 3 Satz 2 GKG.
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Der Vergleichsmehrwert war auf 2500 € festzusetzen. Ein höherer Wert war nicht anzusetzen.
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Der Vergleich hat einen überschießenden Mehrwert, weil die Parteien sich auch hinsichtlich des noch beim Amtsgericht anhängigen Antrags auf Versicherung der Auskünfte an Eides statt verglichen haben und damit eine über den Berufungsgegenstand hinaus gehende gütliche Einigung getroffen haben (OLG Hamm, Beschluss vom 2.3.2018 -1-20 W41/17; OLG Köln, Beschluss vom 29.4.2015 -20 W 75/14).
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Der Wert des Anspruchs auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung bemisst sich gern. § 48 GKG iVm § 3 ZPO nach dem Interesse des Klägers an einer zutreffenden Auskunft. Zwar kann im Einzelfall der Wert des Anspruchs auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung dem Wert der vorausgegangenen Auskunft entsprechen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. 11.2012 -XII ZB 620/11). Häufig geht es dem Kläger indes vorrangig noch um die Differenz zwischen den von dem Beklagten mit der erteilten Auskunft bereits eingeräumten Umständen, die als solche keiner besonderen Bestätigung mehr bedürfen, und der noch zu erteilenden Auskunft (vgl. OLG Hamburg, Beschluss vom 14.9.2016 – 3 W 73/16). So liegt auch der Fall hier.
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Zwar sollte die Versicherung an Eides statt sich auch auf die bereits erteilten Auskünfte beziehen. Der Antrag auf Verurteilung der Beklagten zu 1, Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer bisher gegebenen und hinsichtlich der Daten zu den Inkassokosten noch zu erteilenden Auskünfte an Eides statt zu versichern erfolgte jedoch erstmalig mit Schriftsatz vom 16.07.2019. Zu diesem Zeitpunkt wurde nach erfolgter Auskunft durch die Beklagte zu 1) nicht mehr der ursprünglich geltend gemachte vollständige Auskunftsanspruch verfolgt. Dies rechtfertigt die Ansprüche auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nur mit einem Bruchteil des Wertes des ursprünglichen Auskunftsverlangens, nämlich mit 50% davon, in Ansatz zu bringen und die aus dem Tenor dieses Beschlusses ersichtliche Abänderung der Streitwertfestsetzung vorzunehmen.