Titel:
Gründungsgesellschafter, Prospekthaftung, Anschaffungsnebenkosten, Prospektfehler, Einrede der Verjährung, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Vorgerichtliche Anwaltskosten, Prospekterstellung, Prospektinhalt, Prospektaufklärung, Emissionsprospekt, Klagepartei, Schiffsfonds, OLG München, Ergebnisverteilung, Prognose, Vermögenszuwachs, Gründungskommanditist, Klageschrift, Schadensersatzpflicht
Schlagworte:
Prospekthaftung, Blind-Pool-Fonds, Prognose, historische Rendite, Ergebnisverteilung, Markt- und Beschäftigungsaussichten, Phasing-Out-Vorschriften, Klageabweisung, Aufklärungspflicht, Schadensersatzanspruch, Renditeprognose, Marktsituation, Chartereinbruch
Rechtsmittelinstanzen:
OLG München, Urteil vom 27.06.2022 – 3 U 3583/21
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 12.09.2023 – XI ZR 179/22
Fundstelle:
BeckRS 2021, 63403
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten um Ansprüche aus Prospekthaftung.
2
Die Beklagte zu 1) ist Gründungskommanditistin der ... GmbH & Co. KG, die Beklagte zu 2) ist Gründung- und Treuhandkommanditistin der vorgenannten Gesellschaft. Der Kläger hat am 27.6.2010 eine Beteiligung an der GmbH & Co. KG in Höhe von nominal 100.000,00 € gezeichnet (Anlage K1). Hierfür hat der Kläger einen Betrag von 99.000,00 € gezahlt. Bislang hat der Kläger Ausschüttungen in Höhe von 3.750,00 € erhalten.
3
Vor der Beteiligung an der ... GmbH & Co. KG erhielt der Kläger den Emissionsprospekt vom 07.01.2010 (Anlage K2). Zudem erhielt der Kläger den Nachtrag zum Prospekt vom 23.3.2010 (Anlage B2).
4
Die Fondsgesellschaft sollte direkt oder indirekt in Seeschiffe investieren. Der Fonds war dabei als geschlossener Blind-Pool-Fonds konzipiert. Der Fonds wurde am 31.12.2010 geschlossen. Die Gesellschaft beteiligte sich an 43 Schiffsgesellschaften. In den folgenden Jahren erfolgten Abschreibungen durch Wertminderungen in Millionenhöhe.
5
Im Vorfeld der Beteiligung führten Herr L und der Kläger ein ausführliches Telefonat. Bei diesem Telefonat wurde der Kläger ausführlich über die seit Anfang 2009 herrschende Krise der Schifffahrt, die Marktsituation und das daran anknüpfende Konzept des streitgegenständlichen Fonds informiert. Am 08.07.2010 rief der Kläger bei Herrn L an und erkundigte, ob er und sein Bruder die Möglichkeit hätten, ihre Beitritte zu widerrufen. Diesbezüglich nahm der Kläger auf die asymmetrische Ergebnisverteilung Bezug. Herr L informierte den Kläger bei diesem Telefonat insbesondere über die Weichkosten und die Ergebnisverteilung. Hinsichtlich des Inhalts der einzelnen Telefonate wird auf Seite 5 ff. des Schriftsatzes vom 31.08.2020 (Bl. 57 ff. der Akte) verwiesen.
6
Nachgehend investierte der Kläger in den Nachfolgefonds „“, bei welchem er im Jahr 2016 eine Option zur Rückgabe seiner Beteiligung aufgrund der schlechten Entwicklung ausübte.
7
Mit Schreiben vom 25.4.2018 (Anlage K3) forderte die Klagepartei die Beklagten auf, Schadensersatz in Höhe 95.250,00 Euro nebst entgangenem Gewinn in Höhe von 2% p.a. bis zum 9.5.2018 zu zahlen.
8
Die Klagepartei begehrt Schadensersatz aus Prospekthaftung im weiteren Sinne gemäß § 280 Abs. 1 BGB.
9
Die Beklagten hätten ihre Pflicht zur Aufklärung über wesentliche Umstände verletzt. Der Prospekt beinhalte folgende Fehler und Auslassungen:
- Es lägen irreführende und falsche Tatsachenbehauptungen zur Marktsituation vor. Der Prospekt täusche hierbei vor, dass sich die Handelsschifffahrt in einer nachhaltigen Erholungsphase mit entsprechend steigenden Charterraten und Schiffspreisen befände. Tatsächlich würden die Darstellungen im Emissionsprospekt nicht auf Fakten basieren. Anders als im Prospekt dargestellt, habe es im Jahr 2009/2010 keine Markterholung gegeben. Vielmehr sei eine zeitnahe Markterholung ausgeschlossen gewesen. Die zu erzielenden Charterraten seien nicht kostendeckend gewesen.
- Es werde im Prospekt vorgetäuscht, dass lediglich ein vorübergehender Charterrateneinbruch wegen der Finanz- und Wirtschaftskrise vorliege. Tatsächlich sei der Einbruch der Charterraten nicht nur vorübergehender Natur gewesen, sondern bereits seit 2006 durch die hohe Anzahl von Neubaubestellungen vorprogrammiert gewesen.
- Es habe keine belastbare Datenlage für eine Renditeannahme von 8% bestanden. Historische Renditen könnten nicht auf die Zukunft übertragen werden. Die zugrunde gelegten Vermögenszuwächse von ca. 14,5% p.a. seien nicht repräsentativ.
10
Die Prognose würde auch nicht auf der Datenbasis beruhen, sondern auf subjektiven Erwartungen des Herrn L . In einem Verfahren vor dem OLG München Az. 23 KAP 4/17 zu einem anderen Schiffsfonds, welcher einen ähnlichen Prospektinhalt habe, habe es eine Anhörung des Herrn L ergeben, aus welcher sich ergebe, dass die Angabe von einer Renditeerwartung von 8% nicht auf der Datengrundlage basiere. Zudem hätten keine Erfahrungswerte zugrunde gelegen. Die Passage im Prospekt sei für den durchschnittlichen Anleger irreführend, da nicht offen gelegt werde, dass die Prognose nicht auf den Ergebnissen der zitierten Studie sondern auf subjektiven Erwartungen des Geschäftsführers beruhten.
- Es würden erhebliche Umstände im Zusammenhang mit der Studie der F verschwiegen. Insbesondere gründet sich die Studie ausschließlich auf bereits aufgelöste Fonds, die vor Einbruch der Charterraten beendet worden sind. Dies werde im Prospekt nicht wiedergegeben.
- Es liege eine unplausible Mittelverwendungsprognose vor. Es werde dem Investor insbesondere nicht deutlich, in welcher Höhe tatsächlich in die Substanz investiert werden und in welcher Höhe Anschaffungsnebenkosten anfallen. Die Anschaffungsnebenkosten hätten zumindest als Werte in Prozent angegeben werden können.
- Es liege eine unrichtige und nicht plausible Prognose der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vor. Die Beklagte zu 1) und die Familie L hätten sich offensichtlich zulasten der Fondsgesellschaft saniert, die von ihnen gehaltenen „Schrottbeteiligungen“ in den Fonds eingestellt und dafür noch ungerechtfertigt horrende Verkaufspreise zugrunde gelegt. Es sei abwegig, innerhalb kurzer Zeit 50 Millionen Euro zu platzieren.
- Der Prospekt enthalte eine intransparente Ergebnisverteilung und keine ausreichende Aufklärung über die wirtschaftlichen Folgen. Die Auswirkungen der asymmetrischen Gewinnverteilung während der Betriebsphase werde für den durchschnittlichen Anleger nicht deutlich. Die Sondervorteile der Gründungskommanditisten hätten deutlicher hervorgehoben werden müssen. Vorteile für die Anleger bestünden durch diese Konstruktion nicht.
- Es liege eine irreführende Darstellung guter Markt- und Beschäftigungsaussichten aufgrund sogenannter Phasing Out-Vorschriften vor. Insbesondere vermittle der Prospekt den Eindruck, dass bis zum Jahr 2010 alle Einhüllentanker ausgesondert werden müssten. Dies sei tatsächlich nicht der Fall. Insbesondere gelte eine entsprechende Regelung nur für bestimmte Staaten und es gebe erhebliche Ausnahmetatbestände. Auch habe es für die Jahre ab 2007 keine Gewissheit gegeben, dass existierende Einhüllentanker tatsächlich in dem im Emissionsprospekt dargestellten Umfang bis zum Jahr 2010 aus dem Markt ausgesondert werden würden.
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Wäre der Kläger ordnungsgemäß aufgeklärt worden, hätte er die Anlage nicht gezeichnet. Der Kläger sei so zu stellen, als hätte er die streitgegenständliche Kapitalanlage nicht gezeichnet.
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Der Einwand der Verjährung greife nicht durch. Insbesondere habe der Kläger durch Geschäftsberichte keine Kenntnis davon erlangen können, dass die Annahmen im Prospekt bereits aus der Sicht bei Prospekterstellung falsch gewesen seien.
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Die Klagepartei beantragt,
- 1.
-
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 95.250,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.05.2018, Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte aus der treuhänderisch gehaltenen Beteiligung in Höhe von nominal 100.000,00 EUR an der GmbH & Co. KG zu zahlen,
- 2.
-
festzustellen, dass die Beklagten zum Ersatz aller weiteren und zukünftigen Schäden verpflichtet sind, die durch die treuhänderisch gehaltene Beteiligung des Klägers an der GmbH & Co. KG entstanden sind und noch entstehen werden.
- 3.
-
Die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, den Kläger von vorgerichtlichen Anwaltskosten der Prozessbevollmächtigten des Klägers in Höhe von 1.998,94 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.
14
Die Beklagten beantragen,
15
Die Beklagten tragen vor, bei dem Fonds handle es sich um einen sogenannten „Opportunity-Fonds“, bei welchem versucht worden sei, sich durch antizyklische Investitionen die Auswirkungen der seit Ende 2008 vorherrschenden Schifffahrtskrise zu Nutze zu machen. Zwar hätten sich die gehegten Erwartungen eine Erholung der Schifffahrt nicht bzw. nur kurzfristig eingestellt. Dies sei aber das Risiko der Kapitalanlage gewesen.
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Prospektfehler lägen nicht vor. Der Prospekt gebe sämtlichen relevanten Informationen wahrheitsgemäß wieder. Irreführende und falsche Tatsachenbehauptungen zur Marktsituation lägen nicht vor. Der Kläger zitiere den Prospekt insoweit unzutreffend. Die Prognosen der Beklagten beruhten unter anderem auf der Studie der Anlage B3.
17
Es werde im Prospekt nicht behauptet, dass der Einbruch der Charterraten vorwiegend auf die Finanz- und Wirtschaftskrise zurückzuführen ist.
18
Hinsichtlich der Renditen sei im Prospekt konkret benannt, worauf die Angaben zu den Renditen beruhten. Eine Täuschung liege nicht vor. Auch bezüglich der Studie der Firma F würden sämtliche relevanten Fakten offengelegt. Soweit die Klagepartei auf das Verfahren 23 KAP 4/17 vor dem Oberlandesgericht München verweise, handle es sich um einen Nachfolgefonds. Der dortige Prospekt sei erst nach dem hiesigen Prospekt erstellt worden, sodass die Erfahrungen mit dem hiesigen Fonds miteingeflossen seien. Dies sei bei dem vorliegenden Fonds nicht der Fall gewesen, da ein Vorgängerfonds nicht existiert habe. Bei beiden Fonds fuße die Renditeerwartung jedoch auf den Studien der F GmbH. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 22.1.2021 verwiesen.
19
Die Mittelverwendungsprognose sowie die Prognosen zu Vermögens-, Finanz- und Ertragslage seien zutreffend. Die Darstellung der Ergebnisverteilung sei transparent, eine Aufklärung über die wirtschaftlichen Folgen erfolge im Prospekt.
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Eine irreführende Darstellung guter Markt- und Beschäftigungsaussichten aufgrund sogenannter Phasing-out-Vorschriften sei dem Prospekt nicht zu entnehmen.
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Die Beklagten erheben die Einrede der Verjährung. Dass das Konzept des Fonds nicht aufgegangen sei, habe der Kläger dem Geschäftsbericht 2011 entnehmen können, welchen er im Jahr 2012 erhalten habe. Zudem habe er dies daran sehen können, dass er lediglich für das Jahr 2011 Ausschüttungen erhalten habe.
22
Mit Beschluss vom 22.1.2021 (Bl. 137) hat das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
23
Zur Ergänzung wird auf die Schriftsätze der Klagepartei vom 26.6.2020 und 17.9.2020, die Schriftsätze der Beklagten vom 17.7.2020, 31.8.2020 und 22.1.2021 sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 1.2.2021 verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage erweist sich als zulässig, jedoch unbegründet.
25
Die Klagepartei hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von 95.250,00 Euro, Feststellung der Schadensersatzpflicht oder Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten.
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Insbesondere besteht kein Schadensersatzanspruch aus Prospekthaftung nach § 280 Abs. 1 BGB. Der Kläger hat den Prospekt unstreitig vor Zeichnung der Beteiligung erhalten. Durch den Prospekt wurde der Kläger über die relevanten Aspekte der Beteiligung aufgeklärt. Prospektfehler lagen nicht vor. Auf die Frage, inwieweit eine zusätzlich ausreichende Aufklärung durch die Telefonate erfolgte und auf die Frage der Verjährung kommt es daher nicht an.
27
I. Irreführende und falsche Tatsachenbehauptungen zur Marktsituation liegen im Prospekt nicht vor. Insbesondere wurde die Marktsituation nicht verharmlosend dargestellt. Bereits auf S. 8 des Prospekts heißt es „Derzeit ist es nicht möglich vorherzusagen, wann die Talsohle durchschritten sein wird.“. Der Prospekt stellt weiter auf den Seiten 32 ff. die im Zeitpunkt der Emission des Prospekts aktuelle Situation der Schifffahrt detailliert dar. Dabei geht der Prospekt insbesondere auf das Vorliegen der Krise und ihre Auswirkungen ein.
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Soweit die Klagepartei darauf abstellt, der Prospekt würde die Marktsituation so darstellen, dass sie sich in einer nachhaltigen Erholungsphase befinde, folgte das Gericht dem nicht. Der Prospekt macht ausreichend deutlich, dass sich der Markt derzeit in einer Krise befindet. Die besonderen Chancen werden gerade dadurch abgeleitet, dass zu einem Zeitpunkt investiert wird, zu welchem ein Wachstum noch nicht gegeben ist.
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Damit stellt der Prospekt die damals herrschende Marktsituation richtig und umfassend dar. (vgl. auch OLG München, Urteil vom 13.09.2018, 8 U 2634/17).
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II. Soweit die Klagepartei vorbringt, der Prospekt täusche einen lediglich vorrübergehenden Chartereinbruch wegen der Finanz- und Wirtschaftskrise vor, folgt das Gericht dem nicht.
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Bereits die von der Klagepartei zitierte Passage auf Seite 32 des Prospekts, wonach sich durch die Turbulenzen an den internationalen Finanzmärkten und die seither anhaltende Wirtschaftskrise die Güterströme und damit auch die Nachfrage auf den Schiffsmärkten spürbar reduziert habe, ergibt sich nicht der Eindruck, dass der Einbruch der Charterraten vorwiegend durch die Finanz- und Wirtschaftskrise bedingt sei. Denn die zitierte Passage spricht lediglich von einer Reduktion aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise. Der Passage ist nicht zu entnehmen, dass dies der alleinige Grund für die derzeitige Krise sei.
32
Auf Seite 34 des Prospekts heißt es vielmehr:
„Nach zuletzt erzielten Rekordraten im Jahr 2004 und dem Höhepunkt Mitte 2005 erfolgte bis Herbst 2008 ein sukzessiver Rückgang der Charterraten auf den langfristigen Durchschnitt. (…) Bis Oktober 2008 wurden viele große Schiffseinheiten in Auftrag gegeben. Dies führte dazu, dass das Angebot an Stellplatzkapazitäten stark angestiegen ist. In Kombination mit den Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise sind dadurch Überkapazitäten entstanden.“
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Damit stellt der Prospekt eindeutig und für den durchschnittlichen Anleger gut verständlich dar, dass – nicht allein durch Weltwirtschaftskrise im Jahr 2008/2009 bedingte – Überkapazitäten bestehen. Die Ausführungen täuschen gerade keinen nur vorübergehenden Charterrateneinbruch vor (vgl. auch OLG München, Beschluss vom 22.05.2019, 8 U 78/19).
34
III. Ein Prospektfehler ist auch nicht in der angestrebten Rendite von 8% zu sehen.
35
Auf Seite 12 des Prospekts heißt es:
„(…) Historische Schiffsfonds haben laut einer Studie des Analystenhauses F GmbH einen Vermögenszuwachs nach Steuern von 6,7% p.a. bei einer mittleren Laufzeit von ca. 11 Jahren erzielt. Im Rahmen der Studie wurden darüber hinaus im Jahr 2002 neun historische antizyklisch investierende Schiffsfonds ausgewertet, deren Ergebnisse heute bereits feststehen. Danach haben antizyklisch investierende Schiffsfonds einen überdurchschnittlichen Vermögenszuwachs nach Steuern von ca. 14,5% p.a. erzielt.
Auf Basis dieser Erfahrungen strebt der Emittent an, für die Anleger einen durchschnittlichen Vermögenszuwachs in Höhe von ca. 8% p.a., bezogen auf das gesamte Emissionskapital, zu erzielen. (…)“
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Soweit die Klagepartei hiergegen einwendet, dass der Vermögenszuwachs auf keiner belastbaren Datenlage beruhe, folgte das Gericht dem nicht. Der Prospekt verweist verständlich auf die Studie der F GmbH, sodass dem Anleger die vorhandene Datenbasis vor Augen geführt wird. Ein Fehler kann hierbei nicht darin gesehen werden, dass historische Renditen grundsätzlich nicht für die Zukunft übertragbar seien. Eine derartige Behauptung wird im Prospekt nicht aufgestellt. Es ist für den durchschnittlich informierten Anleger klar, dass nur weil frühere Fonds eine gewisse Rendite erwirtschaftet haben, dies bei dem jetzigen Fonds nicht der Fall sein muss. Auch ist ein Prospektfehler nicht darin zu sehen, dass die antizyklisch investierenden Schiffsfonds einen nicht repräsentativen Ausschnitt darstellen würde. Diese Erkenntnis ergibt sich für den Anleger bereits aus dem Prospekt, da auf Seite 34 mitgeteilt wird, dass die Auswertung auf 508 Schiffsfonds beruht. Der Anleger weiß daher bereits aus der Durchsicht des Prospekts, dass die antizyklisch investierenden Schiffsfonds nicht repräsentativ für alle, also auch nicht antizyklisch investierende Schiffsfonds, sind.
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Das OLG München hat dazu im Beschluss vom 22.05.2019 (8 U 78/19) ausgeführt:
„(…) Dabei verkennt die Klageschrift jedoch: Der Prospekt täuscht keine Datenlage vor (die besonders belastbar ist o.ä.); er benennt vielmehr konkret eine Studie einer genaue bezeichneten GmbH, die der interessierte Anleger aufgrund dieser Charakterisierung ohne Weiteres ermitteln und näher prüfen kann. Dass der Prospekt dieser Studie einen tatsächlichen Inhalt unterstellt, den diese Studie nicht aufweist, behauptet die Klageschrift nicht. Der Prospekt enthält im Übrigen a.a.O. zweimal das Adjektiv historisch und macht auch dadurch auf den ohnehin allgemein bekannten und daher nicht weiter aufklärungsbedürftigen Umstand aufmerksam, dass in der Vergangenheit (vor 2002) erzielte Renditen nicht auf die Zeit ab 2010 projiziert werden können; dass die Studie (nur) neun antizyklisch investierende Fonds ausgewertet hat, erwähnt der Prospekt explizit.
ee) Selbst wenn man den Prospektinhalt („Emittent“ strebt 8% an“) als Prognose versteht, ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass die relevanten höchstrichterlichen Kriterien (sorgfältige Ermittlung der der Prognose zugrunde gelegten Tatsachen, keine ex-ante Unvertretbarkeit der Prognose) tangiert wären, für deren Überschreiten der Prospektverantwortliche bzw. der mit diesem Prospekt Aufklärende haften würde.“
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Diesen Ausführungen schließt sich das Gericht an.
39
Soweit die Klagepartei nunmehr auf den Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts München im Verfahren 23 Kap 4/17 verweist, führt dies ebenfalls zu keiner anderen Betrachtung. Es handelt sich grundsätzlich um zwei unterschiedliche Fonds und zwei unterschiedliche Sachverhalte. Aus der Anlage ergibt sich, dass das Oberlandesgericht einen Prospektfehler darin sieht, dass hier nicht offengelegt wurde, dass Erfahrungen des Geschäftsführers in die vorhandenen Zahlen eingeflossen sind. Die Beklagten weisen zutreffend darauf hin, dass die Prospekterstellung im Verfahren 23 KAP 4/17 deutlich später erfolgte als im vorliegenden Verfahren und daher weitere Erfahrungen existierten. Die Sachverhalte sind demnach nicht vergleichbar. Aus den Ausführungen in dem Verfahren 23 KAP 4/17 können daher keine Rückschlüsse auf das vorliegende Verfahren gezogen werden.
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Das Gericht geht angesichts der vorliegenden Formulierung zudem nicht von einer Prognose im engeren Sinne aus. Der Wortlaut „strebt an“ spricht – auch vor dem Hintergrund der nicht absehbaren Investitionen eines Blind-Pools – erheblich für eine bloße Zielsetzung. Jedenfalls ist die Formulierung aber nicht irreführend und hält auch den höchstrichterlichen Anforderungen an Prognosen in Emissionsprospekten stand.
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Eine nicht eingetretene Prognose führt grundsätzlich nur dann zu einem haftungsbegründenden Prospektfehler, wenn die Prognose nicht durch sorgfältig ermittelte Tatsachen gestützt und ex-ante nicht vertretbar war (vgl. BGH, NJW-RR 2012, 1312). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die beklagte Partei hat im Prospekt die Ergebnisse historische Schiffsfonds offengelegt. Angesichts der historischen Rendite bei der vergleichbaren Gruppe der antizyklisch investierenden Schiffsfonds erscheint eine Prognose – so man entgegen dem oben stehenden von einer solchen ausgehen würde – von 8% als vertretbar. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass eine genaue Prognose der Renditemöglichkeiten angesichts der Tatsache, dass jede Krise unterschiedlich ist und daher die Entwicklung bei antizyklischen Investments nicht vorhergesagt werden kann und der Konstruktion als Blind-Pool-Fonds. Aufgrund dieser Unsicherheiten erscheint der Prospektinhalt, der versucht sich der angestrebten Rendite unter Berücksichtigung von historischen Entwicklungen bei Fonds anzunähern, nachvollziehbar. Dem Anleger werden insofern sämtliche vorhandenen Tatsachen offengelegt.
42
IV. Im Prospekt werden auch keine wesentlichen Aspekte der Studie der Firma F GmbH verschwiegen. Auf Seite 12 führt der Prospekt aus:
„Historische Schiffsfonds haben (…). Im Rahmen einer Studie wurden darüber hinaus im Jahr 2002 neun historische antizyklisch investierende Schiffsfonds ausgewertet, deren Ergebnisse durch Schiffsverkauf heute bereits feststehen“.
43
Das mehrfach verwendete Adjektiv „historisch“ legt eindeutig offen, dass der Prospekt nur auf bereits aufgelöste Fonds abstellt (vgl. OLG München, Beschluss vom 22.05.2019, 8 U 78/19).
44
Zudem führt der Prospekt auf Seite 34 aus:
„Die gesamte Auswertung der FMG GmbH basiert auf 508 Schiffsfonds aus dem Emissionszeitraum 1969-2006. Die Schiffe wurden zwischen 1977 und 2008 verkauft.“
45
Auch aus dieser Information, wonach die Schiffe bis 2008 verkauft wurden, ergibt sich, dass es sich um abgeschlossene Schiffsfonds gehandelt hat.
46
Der von der Klagepartei vorgetragene Prospektfehler liegt daher nicht vor.
47
V. Soweit der Kläger ausführt, der Prospekt enthalte eine unplausible Mittelverwendungsprognose, verfängt dieses Argument nicht.
48
Das OLG München führt dazu aus:
„Aus dem Blind-Pool-Konzept des Fonds (den der Prospekt erwähnt, der auch der Klägerin bekannt war und den sie auch a.a.O. erwähnt) folgt, dass Anschaffungsnebenkosten noch unbekannt waren; diese Nebenkosten konnten je nach Art des (noch nicht feststehenden Investitionsobjekts auch stark variieren; die Angabe solcher Nebenkosten war daher nicht möglich“ (OLG München, Beschluss vom 22.05.2019, 8 U 78/19)
49
So liegt der Fall auch im streitgegenständlichen Fall. Den überzeugenden Ausführungen schließt sich das entscheidende Gericht an. Der Prospekt ist insoweit nicht fehlerhaft.
50
VI. Der Prospekt enthält entgegen der Auffassung des Klägers auch keine unrichtige und nicht plausible Prognose der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage.
51
Das OLG München führt dazu aus:
„(…) Die Klageschrift zeigt keine Fehler bei der Ermittlung der der Prognose zugrunde liegenden Tatsachen auf. Sie legt auch keine Umstände dar, die eine ex-ante Unvertretbarkeit der Prognose belegen könnten; insbesondere erfüllt die Klägerin ihre entsprechende Darlegungslast nicht dadurch, dass sie lediglich vorträgt, dass sich die Prognose nicht bewahrheitet habe. Vielmehr spricht gegen eine solche Unvertretbarkeit der von der Klägerin selbst vorgetragene Umstand, dass anstatt prognostizierter ca. 3,2 Mio. € immerhin ca. 2,2 Mio. € erwirtschaftet wurden.“ (OLG München, Beschluss vom 22.05.2019, 8 U 78/19)
52
So liegt der Fall auch hier. Das Gericht schließt sich daher den überzeugenden Ausführungen des OLG München an.
53
Die Behauptung des Klägers, dass die Erzielung von Umsatzerlösen in Höhe von rund ca. 3,2 Mio. € unrealistisch gewesen seien, kann der Kläger nicht weiter konkretisieren. Der Prospekt ist insoweit nicht fehlerhaft
54
VII. Entgegen der Auffassung der Klagepartei auf den Seiten 27 ff. der Klage stellt der Prospekt die Ergebnisverteilung nicht intransparent dar.
55
Auf Seite 12 des Prospekts ist unter der Überschrift „Ergebnisverteilung“ ausgeführt:
„(…) Im Verhältnis zum Kapitaleinsatz nehmen die Gründungsgesellschafter somit überproportional an den Gewinnen und Auszahlungen teil. (…)“
56
Dazu hat das OLG München in seinem Urteil vom 13.09.2018 (Az. 8 U 2634/17) wie folgt ausgeführt:
„(…) Die Darstellung im Prospekt zum Fonds 1 zur asymmetrischen Ergebnisverteilung zwischen den Gründungsgesellschaftern und den Anlegern ist (…) nicht fehlerhaft. (…) Denn der durchschnittliche informierte Anleger kann diesen Angaben entnehmen, dass die Gründungsgesellschafter im Verhältnis zu dem von ihnen erbrachten Kapitaleinsatz überproportional an den Gewinnen und Auszahlungen teilnehmen, sodass der Prospekt den Anleger insoweit zutreffend aufklärt und daher kein Prospektfehler vorliegt.“
57
Diesen Ausführungen schließt sich das entscheidende Gericht an. Ein Prospektfehler ist daher insoweit nicht ersichtlich.
58
Der Prospekt enthält entgegen der Auffassung des Klägers auch keine Ausführungen, die in irreführender Weise gute Markt- und Beschäftigungsaussichtigen aufgrund sogenannter Phasing-Out-Vorschriften darstellen.
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Die Darstellung des Klägers, der Prospekt vermittelte das Bild, dass bis zum Jahr 2010 alle Einhüllentanker aus dem Markt ausgesondert werden müssten, verfängt nicht. Auf Seite 42 des Prospekts heißt es lediglich:
„Bis Ende 2010 sind mit wenigen Ausnahmen alle Einhüllentanker aus der Rohöl- und Ölproduktfahrt zu nehmen.“
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Der Prospekt macht damit deutlich, dass sich Einhüllentanker speziell ungeeignet für den Öltransport sind und daher mit Ausnahmen aus diesem Sektor zu nehmen sein werden.
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Auch im Übrigen verfangen die Argumente des Klägers nicht. Auch das OLG München ging in seinem Beschluss vom 22.05.2019 (Az. 8 U 78/19) daher von einer fehlerfreien Darstellung im Prospekt dar. Diesen Ausführungen schließt sich das entscheidende Gericht an.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
63
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt § 709 ZPO.
64
Ein Wiedereintreten in die mündliche Verhandlung war aufgrund der Schriftsätze vom 15.2.2021 und 17.2.2021 nicht geboten, § 156 ZPO.