Inhalt

ArbG München, Beschluss v. 06.10.2021 – 5 BV 109/20
Titel:

Gesamtbetriebsrat, Wirtschaftsausschuß, Tendenzunternehmen, Beteiligte, Widerantrag, Bandübernahmevertrag, Gewinnerzielungsabsicht, Feststellungsantrag, Tendenzschutz, Kunstfreiheitsgarantie, Feststellungsinteresse, Unternehmensgegenstand, Rechtsmittelbelehrung, Künstlerexklusivvertrag, Künstlerische Bestimmungen, arbeitsgerichtliches Beschlußverfahren, Elektronischer Rechtsverkehr, Inländische Tochtergesellschaft, Distributionsvertrag, Freiheitsgarantie

Schlagworte:
Wirtschaftsausschuss, Tendenzunternehmen, Handelsregistereintrag, Künstlerexklusivverträge, Gewinnerzielungsabsicht, Vermarktung von Musikprodukten, Arbeitsvolumen, Tendenzschutz, Kunstfreiheit, Arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren, Feststellungsinteresse, Künstlerische Bestimmungen, Abberufung
Rechtsmittelinstanz:
LArbG München, Beschluss vom 31.08.2022 – 10 TaBV 65/21
Fundstelle:
BeckRS 2021, 63278

Tenor

1. Der Antrag wird zurückgewiesen.
2. Die Wideranträge werden zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Die Beteiligten streiten über die Bildung eines Wirtschaftsausschusses beim Beteiligten zu 1) und in diesem Zusammenhang darüber, ob die Beteiligte zu 2) ein Tendenzunternehmen ist.
2
Der Antragsteller und Beteiligte zu 1) ist der bei der Beteiligten zu 2) bestehende Gesamtbetriebsrat. Die Beteiligte zu 2) ist Teil der international tätigen A Gruppe.
3
Geschäftsgegenstand der Beteiligten zu 2) ist laut Handelsregistereintrag (Anlage 1, Bl.78 d.A.) die Produktion, Vervielfältigung und Verbreitung von Tonträgern, Bildaufnahmen und Druckschriften sowie der Erwerb und die Vergabe von Auswertungsrechten hinsichtlich Ton- und Bildaufnahmen und Druckschriften; das Betreiben des Musikverlages und Merchandise Geschäfts sowie weitere Geschäfte im Medienbereich sowie das Halten der Beteiligungen an inländischen Tochtergesellschaften.
4
Der Gesamtbetriebsrat brachte der Beteiligten zu 2) am 25.06.2019 zur Kenntnis, dass er am 22.02.2019 beschlossen habe, einen Wirtschaftsausschuss zu bilden.
5
Die Beteiligte zu 2) hält sich für ein Unternehmen mit unmittelbar und überwiegend künstlerischer Zweckbestimmung und bestreitet dem Gesamtbetriebsrat daher die Befugnis zur Bildung eines Wirtschaftsausschusses. Demgegenüber vertritt der Gesamtbetriebsrat die Auffassung, die Beteiligte zu 2) sei kein Tendenzunternehmen im Sinne von § 118 BetrVG.
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Der Gesamtbetriebsrat ist der Auffassung, die Benennung des Geschäftsgegenstands im Handelsregister sei keine Satzung. Er behauptet, 80 Prozent des Geschäftsvolumens der Beteiligten zu 2) bestehe im Bereich „International“. Hierbei handle es sich um Topveröffentlichungen, die auf Grund der Vorgaben der Konzernzentrale in den USA vorzunehmen seien. Bei der Beteiligten zu 2) existierten genau genommen drei Vertragsarten zur Vermarktung von Werken. Bei den Künstlerexklusivverträgen und der Tätigkeit der Artist and Repertoire Scouts/Manager (A& Rs), ca. 18 Mitarbeiter der Beteiligten zu 2), handle es sich sicherlich eine unmittelbare künstlerische Tendenzverwirklichung. Es fehle jedoch an der überwiegenden Tätigkeit, denn der Anteil der Künstlerexklusivverträge liege bei etwa 10 Prozent der Verträge. Etwa 70 Prozent seien Bandübernahmeverträge. Dabei räume der Künstler die Auswertungsrechte an der fertigen Musikaufnahme ein und verpflichte sich, ein veröffentlichungsreifes Band abzuliefern. Er biete das Band der Beteiligten zu 2) zur Übernahme zum Zwecke des Vertriebes einschließlich der Gestaltung des Auftritts an. Etwa 20 Prozent der abgeschlossenen Verträge seien Distributionsverträge, mit denen fertige Musikwerke und Tonträger an andere Vermarktungsplattformen zum Zweck des Weiterverkaufs an Endkunden vermarktet würden. Die Beteiligte zu 2) trete wie ein Händler auf, ohne Entscheidung darüber, welches Werk vervielfältigt und verbreitet werden solle. Die bei der Beteiligten zu 2) bestehenden Labels dürften ab einer bestimmten finanziellen Vertragsgrenze auch nicht mehr selbst entscheiden, ob sie einen Künstler unter Vertrag nähmen. Der Vertrag müsse dann dem Hauptquartier in den USA zur Genehmigung vorgelegt werden, wo er rein nach Rentabilitätserwägungen geprüft werde. Es werde alles veröffentlicht, was rentabel sei und Geld bringe, sofern es nicht gesetzlich verboten sei. Das Unternehmen der Beteiligten zu 2) entscheide nicht selbst welches Tonwerk hergestellt werde, diese Entscheidung falle im Mutterkonzern, die Mitarbeiter der Beteiligten zu 2) erhielten entsprechende Weisungen. Die überwiegende Anzahl der Mitarbeiter sowie der Produktionsmittel dienten der reinen Umsatz- und Gewinnerzielung. Die Beteiligte zu 2) beschäftige (Stand Oktober 2020) rund 360 Mitarbeiter. 42% der Mitarbeiter, die sich direkt und indirekt mit Neuveröffentlichungen befassten, fänden sich in der „Frontline Music Division“. 34% seien in der Commercial Division, 10% im Management und den Stabsstellen und 14% in der Verwaltung tätig. Die Werke würden auch nicht an den Konsumenten direkt vertrieben, sondern nur an Händler zum Zweck der Endvermarktung. Bei der Beteiligten zu 2) stehe die Gewinnerzielungsabsicht im Fokus und nicht der künstlerische Zweck.
7
Der Beteiligte zu 1) beantragt,
Es wird festgestellt, dass der bestehende Wirtschaftsausschuss rechtmäßig gebildet wurde.
8
Die Beteiligte zu 2) beantragt,
Der Antrag wird abgewiesen und stellt folgende Wideranträge:
1. Es wird festgestellt, dass die Beteiligte zu 2) nicht verpflichtet ist, den gebildeten Wirtschaftsausschuss im Sinne der Gesetzlichen Vorschriften zu beteiligen.
2. Weiterhin wird festgestellt, dass der Beteiligte zu 1) kein Recht hat, einen Wirtschaftsausschuss zu bilden.
3. Der Beteiligte zu 1) hat den bei der Beteiligten zu 2) gebildeten Wirtschaftsausschuss aufzulösen.
9
Der Beteiligte zu 1) beantragt,
Die Wideranträge werden zurückgewiesen.
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Die Beteiligte zu 2) trägt vor, Kern und Ausgangspunkt ihrer Wertschöpfungskette seien die Labels. Ca. 30,1 Prozent des Gesamtarbeitsvolumens würden dort erbracht. Zum Tätigkeitsinhalt innerhalb der Labels gehöre auch die Verhandlung und Vereinbarung der Zusammenarbeit mit den Künstlern. Dazu würden signifikante Beiträge bei der Entwicklung und Gestaltung der Musikwerke selbst geleistet. Musikwerke und -produkte entstünden im Zusammenwirken mit und unter Führung des zuständigen A& Rs. Das Label sei verantwortlich, die Veröffentlichungen auch inhaltlich zu gestalten und zu koordinieren. Daneben erfolge über entsprechende Medienarbeit in Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen die Vermarktung der Künstler. Die durch die Labels vorgenommene Entscheidung zur Auswahl der Künstler und der zu vermarktenden Musikwerke sei einem Verlag vergleichbar. Die Differenzierung nach Vertragstypen sei unerheblich, da die Beteiligte zu 2) in allen Vertragstypen im Werkbereich aktiv sei. Sie treffe auch die Entscheidung, welchen Künstler bzw. welche Kunstwerke sie überhaupt veröffentlichen und verbreiten wolle und auf welche Art die Darbietung der Werke und ihre Verbreitung erfolge. Selbst eine reine Fremdproduktion würde, läge sie vor, für den Tendenzschutz ausreichen. Die A& R Manager seien immer dann aktiv, wenn es um die Akquise und die Betreuung von Künstlern gehe, unabhängig davon, welche Vertragsform gewählt werde und ob ein Künstler neu entdeckt oder ein neues Album veröffentlicht werde. Auch im Rahmen von Bandübernahmeverträgen werde künstlerischer Einfluss ausgeübt. Der Gesamtbetriebsrat habe mit seiner Definition der Bandübernahmeverträge eingeräumt, dass die Beteiligte zu 2) auch die Gestaltung des Auftritts des jeweiligen Künstlers übernimmt. Künstlerischer Einfluss werde bei Bandübernahme- bzw. Distributionsverträgen auch ausgeübt, weil Künstler teils ins Studio begleitet und Musikaufnahmen gemeinsam gehört und bewertet würden. Im Rahmen solcher Verträge würden zum Teil auch Produzenten, Komponisten oder DuettPartner an die Künstler vermittelt. Eine Klausel in den Bandübernahmeverträgen besage, dass die Künstler die Produktion der Aufnahmen so oft zu wiederholen hätten, bis sie die Beteiligte zu 2) künstlerisch und technisch abnehme. Auch bei den Distributionsverträgen erbringe die Beteiligte zu 2) zusätzliche Label-Leistungen, die auch von A& R Managern wahrgenommen würden. Bei den Distributionsverträgen werde nicht nur Vermarktung betrieben, sondern ein individuelles Konzept für jeden Künstler verfolgt. Weitere ca. 27,2 Prozent des Gesamtarbeitsvolumens entfielen auf Abteilungen, in denen labeltypische Aktivitäten übergreifend zusammengefasst seien. Abteilungen mit Verwaltungs- und Querschnittsfunktionen seine unverzichtbare Voraussetzung dafür, dass die Tätigkeit im Werk- und Wirkbereich ausgeführt werden könne. Ein weiterer Abschnitt der Wertschöpfungskette sei der Verkauf von Musikprodukten über den Handel. In den entsprechenden Vertriebsabteilungen würden 8,5 Prozent des Gesamtarbeitsvolumens erbracht. Die Tätigkeit sei tendenzunterstützend.
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Die Behauptung, 80 Prozent des Geschäftsvolumens sei dem nicht beeinflussbaren Bereich „international“ zuzuordnen, sei unzutreffend. Der Umsatzanteil falle geringer aus, im Geschäftsjahr 2019/2020 seien es ca. 31 Prozent gewesen. Im Übrigen sei es unschädlich, wenn Veröffentlichungen auf Grund von Vorgaben der Konzernmutter erfolgten. Es sei gerade Ausdruck der eigenen Tendenz, wenn die Beteiligte zu 2) bei der Auswahl der von ihr veröffentlichten Werke Entscheidungen treffe, die einer bestimmten, vorgegebenen Richtung entsprächen. Wie bei anderen Unternehmensgruppen auch bestünden bei der Beteiligten zu 2) Richtlinien, nach denen ab einem bestimmten kommerziellen Schwellenwert eine Genehmigung eingeholt werden müsse. Der fehlende Handel an Endverbraucher sei ebenso wie die Gewinnerzielungsabsicht unschädlich.
12
Im Übrigen sei es der Beteiligten zu 2) nicht egal, mit welchen Künstlern sie zusammenarbeite, denn sonst würde sie nicht so viel Arbeit und Aufwand in die Auswahl und Förderung der Künstler stecken; bei der Auswahl der Künstler, mit denen die Beteiligte zu 2) zusammenarbeite würden künstlerische Faktoren einbezogen, der Künstler müsse zum Label, unter dem er veröffentlicht werde, auch passen. Die Breite des Angebots sei nicht tendenzschädigend.
13
Ergänzend wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
14
Antrag und Wideranträge waren teils als unzulässig, teils als unbegründet zurückzuweisen.
15
1. Der Antrag des Gesamtbetriebsrates ist zulässig.
16
Bestehen Meinungsverschiedenheiten zwischen den Betriebspartnern darüber, ob in einem Unternehmen oder Betrieb zu Recht ein Wirtschaftsausschuss gebildet worden ist, kann dies durch einen entsprechenden Feststellungsantrag im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens geklärt werden (BAG 29.6.1988 – 7 ABR 15/87, BAGE 59, 120).
17
2. Die Wideranträge der Beteiligten zu 2) sind nur teilweise zulässig.
18
a) Den Feststellungsanträgen 1 und 2 fehlt das Feststellungsinteresse.
19
Ihr Inhalt geht nicht über den Inhalt des Antrags des Gesamtbetriebsrates hinaus, er erschöpft sich im Gegenteil.
20
b) Hinsichtlich Antrag 3 bestehen keine Bedenken gegen die Zulässigkeit. Er ist auf die weiterführende Konsequenz der Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Bildung des Wirtschaftsausschusses gerichtet und reicht daher in seinem Ziel über den Antrag des Gesamtbetriebsrates hinaus.
21
3. Der Antrag des Gesamtbetriebsrates ist unbegründet. Die Bildung des Wirtschaftsausschusses war unzulässig. Bei der Beteiligten zu 2) ist ein Wirtschaftsausschuss nicht zu errichten, da bei dieser die Voraussetzungen des § 106 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vorliegen. Auf die Beteiligte zu 2) finden die Vorschriften der §§ 106 bis 110 BetrVG über die Bildung eines Wirtschaftsausschusses nach § 118 Abs. 1 Satz 2 BetrVG keine Anwendung, da sie selbst unmittelbar und überwiegend künstlerischen Bestimmungen iSv. § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG dient.
22
a) Gem. § 118 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG finden die Bestimmungen über den Wirtschaftsausschuss (§§ 106 bis 110 BetrVG) keine Anwendung auf Unternehmen, die unmittelbar und überwiegend künstlerischen Bestimmungen dienen. Die Vorschrift normiert eine Ausnahme von der gesetzgeberischen Entscheidung zugunsten betrieblicher Mitbestimmung; daraus folgt ganz regelmäßig ein restriktives Verständnis der Norm (BVerfG 30.04.2015 – 1 BvR 2274/12, NZA 2015, 820).
23
Die Einschränkung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats ergibt sich nur, wenn das Tendenzunternehmen bzw. der Tendenzbetrieb unmittelbar und überwiegend einer geschützten Bestimmung dient. Der Unternehmenszweck selbst muss unmittelbar auf die Tendenz ausgerichtet sein, wobei ein Gewinnstreben nicht schadet.
24
Der Tendenzschutz sichert u.a. das Grundrecht der Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG).
25
Für das Verständnis des Begriffes „künstlerische Bestimmung“ ist deshalb auf den Inhalt dieses Grundrechts abzustellen (BAG 15.02.1989 – 7 ABR 12/87, AP BetrVG 1972 § 118 Nr. 39). Kunst ist die „freie schöpferische Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen, Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formensprache zu unmittelbarer Anschauung gebracht werden. Alle künstlerische Tätigkeit ist ein Ineinander von bewussten und unbewussten Vorgängen, die rational nicht aufzulösen sind. Beim künstlerischen Schaffen wirken Intuition, Phantasie und Kunstverstand zusammen; es ist primär nicht Mitteilung, sondern Ausdruck und zwar unmittelbarster Ausdruck der individuellen Persönlichkeit des Künstlers“ (BVerfG 24.02.1971, BVerfGE 30, 173 (189)). Die Kunstfreiheitsgarantie betrifft in gleicher Weise den „Werkbereich“ und den „Wirkbereich“ des künstlerischen Schaffens, so dass nicht nur die künstlerische Betätigung (Werkbereich), sondern auch Darbietung und Verbreitung des Kunstwerks (Wirkbereich) unter die Freiheitsgarantie fällt (BVerfG 24.02.1971, BVerfGE 30, 173; BAG 15.02.1989 – 7 ABR 12/87, AP BetrVG 1972 § 118 Nr. 39). Beide Bereiche bilden eine unlösbare Einheit. Der Werkbereich umfasst die eigentliche künstlerische Betätigung als freie schöpferische Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen, Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formensprache zu unmittelbarer Anschauung gebracht werden. Der Wirkbereich bezeichnet den Bereich, in dem der Öffentlichkeit Zugang zu dem Kunstwerk verschafft wird, also die Darbietung und Verbreitung des Kunstwerks. Gerade dieser Wirkbereich ist der Boden, auf dem die Freiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 GG vor allem erwachsen ist. Soweit es daher zur Herstellung der Beziehungen zwischen Künstler und Publikum der publizistischen Medien bedarf, sind auch die Personen durch die Kunstfreiheitsgarantie geschützt, die hier eine solche vermittelnde Tätigkeit ausüben (BAG 08.03.1983 – 1 ABR 44/81, NJW 1984, 1144).
26
b) Die Beteiligte zu 2) verfolgt unmittelbar künstlerische Zielsetzungen im Sinne des § 118 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.
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(1) Die Beteiligte zu 2) dient unmittelbar künstlerischen Bestimmungen. Sie ist selbst ein Unternehmen und fällt damit in den Schutzbereich des § 118 BetrVG. Dass sie Teil eines internationalen Konzerns mit Sitz der Konzernmutter in D ist, ist unerheblich. Die gesellschaftsrechtliche Verflechtung eines Unternehmens mit anderen hat keine Auswirkung auf den Tendenzcharakter (BAG 30.06.1981, AP Nr. 20 zu § 118 BetrVG). (2) Die bei der Beteiligten zu 2) beschäftigten Artist & Repertoire Scouts / Manager (A& Rs) sind unstreitig beim Abschluss der Künstlerexklusivverträge genuin künstlerisch tätig.
28
Bei Abschluss der Bandübernahmeverträge wird der Beteiligten zu 2) auch nach dem Vortrag des Gesamtbetriebsrates die Gestaltung des Auftritts der Künstler überlassen.
29
Dies bedeutet einen künstlerischen Spielraum für die Beteiligte zu 2), die sich somit auch hier im Werkbereich betätigt.
30
Die Beteiligte zu 2) ist auch im Wirkbereich aktiv. Bereits aus dem im Handelsregister eingetragenen Unternehmensgegenstand geht hervor, dass die Beteiligte zu 2) der Verbreitung künstlerischer Werke dient. Inwieweit die Eintragung nicht der Satzung entsprechen soll, erschließt sich nicht. Dass die Beteiligte zu 2) auch künstlerische Werk ohne eigenen Einfluss auf das Werk an Händler weiterverkauft, zwingt nicht dazu, ihr den Tendenzschutz nicht zuzubilligen. Die Beteiligte zu 2) ist kein lediglich handelnder Betrieb ohne Mittlerfunktion. Von einem Handelsbetrieb unterscheidet sich das Unternehmen der Beteiligten zu 2) dadurch grundlegend, dass es selbst entscheidet, welches Kunstwerk hergestellt und welcher künstlerische Inhalt damit verbreitet wird. Die Beteiligte zu 2) trifft die jeweils eigene Entscheidung, welcher Künstler unter Vertrag genommen wird. Dass Verträge mit der Konzernmutter zugrunde liegen, steht dem Tendenzbezug nicht entgegen, da sich aus dem Vorbringen des Gesamtbetriebsrates nicht entnehmen lässt, dass der Beteiligten zu 2) regelmäßig Vorgaben ohne jeglichen künstlerischen Gestaltungsspielraum gemacht werden. Konkrete Angaben zum Umfang und Inhalt des Bereichs „international“ bleibt der Gesamtbetriebsrat schuldig. Rein fiskalische Vorgaben der Konzernmutter sind unschädlich. Sie dienen der wirtschaftlichen Prosperität. Dem Tendenzcharakter steht nicht entgegen, dass auch wirtschaftliche Zwecke verfolgt werden und die Beteiligte zu 2) ihren Betrieb auf Gewinnerzielung ausgerichtet hat. Auch künstlerische Zielsetzungen lassen sich in einer Marktwirtschaft regelmäßig nur auf einem wirtschaftlich gesicherten Fundament verfolgen. Ohne dieses wäre Tendenzschutz wahrscheinlich gar nicht möglich und die gesetzliche Zielsetzung sinnentleert.
31
(3) Bei der Beteiligten zu 2) handelt es sich auch nicht um ein Mischunternehmen, so dass sich die Frage der überwiegenden Tätigkeit oder des zahlenmäßigen Überwiegens von Tendenzträgern nicht stellt.
32
Für ein Mischunternehmen ist kennzeichnend, dass es sowohl tendenzgeschützte als auch tendenzneutrale Zwecke verfolgt (Fitting, § 118 Rn. 6). Die Beteiligte zu 2) arbeitet jedoch nicht auf unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern, sondern ihr gesamter Unternehmenszweck ist auf die Tendenz ausgerichtet. Die bei ihr existierenden einzelnen Abteilungen sind nicht losgelöst voneinander zu betrachten. Sie verfolgen keinen eigenen Zweck, sondern dienen alle der Erfüllung des Unternehmensgegenstandes durch Schaffung der technischen und verwaltenden Voraussetzungen.
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4. Der Widerantrag 3 der Beteiligten zu 2) ist unbegründet.
34
Gemäß § 107 Abs. 2 Satz 3 BetrVG können die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses jederzeit abberufen werden. Die Abberufung erfolgt durch das Gremium, das die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses gewählt hat. Eine Amtsenthebung durch das Arbeitsgericht ist nicht vorgesehen und daher unzulässig (Richardi BetrVG § 107 Rn. 22) . Der Widerantrag käme jedoch im Ergebnis einer gerichtlichen Abberufung gleich.
III.
35
Gegen diesen Beschluss kann Beschwerde nach Maßgabe der anliegenden Belehrung eingelegt werden.