Titel:
Erfolglose Klage gegen Erhebung von Rundfunkgebühren
Normenketten:
RBStV § 2, § 3
RFinStV § 8
Leitsätze:
1. Die Verpflichtung zur Leistung von Rundfunkbeiträgen beruht unmittelbar auf einer landesgesetzlichen Grundlage; eines Vertragsschlusses zwischen dem Beitragspflichtigen und Beitragsservice bedarf es nicht. (Rn. 25 – 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Rundfunkbeitragspflicht ist verfassungsgemäß (Anschluss an BVerfG BeckRS 2018, 15432). (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Rundfunkbeitragspflicht, Nichtnutzung aus gesundheitlichen Gründen, Rechtskräftige Ablehnung der Befreiung von der Rundfunkpflicht, Verfassungsmäßigkeit der Beitragspflicht, Rundfunkbeitrag
Fundstelle:
BeckRS 2021, 6314
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Mit der vorliegenden Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter, aus gesundheitlichen Gründen nicht zur Zahlung von Rundfunkbeiträgen herangezogen zu werden.
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Aufgrund des einmaligen Meldedatenabgleichs wurde die Klägerin mit ihrer Wohnung seit … Januar 2013 als private Beitragszahlerin beim Beitragsservice des Beklagten geführt (Beitragsnummer … … …).
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Am … Dezember 2013 beantragte die Klägerin die Befreiung von der Beitragspflicht aus gesundheitlichen Gründen. Zur Begründung führte sie an, dass sie aufgrund mehrerer Hörstürze, eines Tinnitus und einer Hyperakusis keinerlei Rundfunk- oder Fernsehgeräte in ihrer Wohnung nutze und auch keinen internetfähigen Computer besitze. Im Rahmen des Prüfungsverfahrens legte sie dem Beitragsservice zu den o.g. Diagnosen verschiedene fachärztliche Atteste vor.
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Mit Bescheid vom 23. April 2014 lehnte der Beklagte die Befreiung ab und wies den hiergegen eingelegten Widerspruch zurück. Die in der Folge erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 20. April 2016 (Az. M 26 K 15.985) ab. Den Antrag auf Zulassung der Berufung lehnte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) mit Beschluss vom 22. Februar 2017 (Az. 7 ZB 16.1092) ab. Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht nicht zu, insbesondere liege ein besonderer Härtefall gemäß § 4 Abs. 6 RBStV nicht vor. Schon ein Umkehrschluss aus § 4 Abs. 1 Nr. 10 RBStV in Zusammenschau mit § 4 Abs. 2 Nr. 1 RBStV ergebe, dass allein eine Beeinträchtigung des Hörvermögens für sich betrachtet nach der Systematik des RBStV keinen besonderen Härtefall rechtfertigen könne. Es komme auf die objektive Nutzbarkeit des Programmangebots an. Die Klägerin könne vorliegend aber nicht überzeugend darlegen, warum sie nicht beispielsweise mit Hilfe der gängigen Untertitel für Gehörlose das Fernsehangebot ohne zu befürchtende Komplikationen für ihr Gehör in Anspruch nehmen kann. Ähnliches gelte auch für die Nutzung des Onlineangebots.
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Mit Bescheid vom 1. April 2017 setzte der Beklagte rückständige Rundfunkbeiträge für den Zeitraum Januar 2013 bis Juni 2014 zuzüglich eines Säumniszuschlages von 8,00 EUR in Höhe von insgesamt 331,64 EUR fest.
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Mit weiteren Bescheid vom 2. Mai 2017 setzte der Beklagte weitere rückständige Rundfunkbeiträge für den Zeitraum Juli 2014 bis März 2015 zuzüglich eines Säumniszuschlages von 8,00 EUR in Höhe von insgesamt 169,82 EUR fest.
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Die gegen diese Bescheide eingelegten Widersprüche wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. Oktober 2017, per Einschreiben mit Rückschein zugestellt am 13. Oktober 2017, zurück.
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Mit Schreiben vom 2. November 2017 forderte der Beklagte die Klägerin auf, bis zum 16. November 2017 den Mahnbetrag von 501,46 EUR beruhend auf den Bescheiden vom 1. April und 2. Mai 2017 nun auszugleichen, und wies darauf hin, dass andernfalls die Vollstreckung drohe.
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Mit Schreiben vom 3. November 2017 wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, dass am 15. November 2017 Rundfunkbeiträge in einer Höhe von insgesamt 1078,96 EUR fällig seien.
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Mit Schriftsatz vom … November 2017, bei Gericht eingegangen am 11. November 2017, erhob die Klägerin Klage. Sie beantragt mit Schriftsatz vom … September 2018 zuletzt:
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1. Es wird beantragt, den Beklagten zur Aufhebung des Beitragsbescheides vom 1.4.2017, hier eingegangen am …4.2017, des Beitragsbescheides vom 2.5.2017, hier eingegangen am …5.2017, des Widerspruchsbescheides vom 11.10.2017, hier eingegangen am …10.2017 und der Bescheide vom 2.11.2017 und 3.11.2017 (Mahnung und Vollstreckungsankündigung), hier eingegangen am …11.2017, zu verurteilen.
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2. Es wird beantragt, den Beklagten zu verurteilen, sämtliche Daten über die Klägerin, welche ohne deren Einverständnis übermittelt wurden, zu löschen und die an die Klägerin vergebene Teilnehmernummer zurückzunehmen, da zu keinem Zeitpunkt eine Vertragsbeziehung der Klägerin mit den Rundfunkanstalten bestanden hat sowie
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den Beklagten zu verurteilen, sämtliche Forderungen gegen die Klägerin fallen zu lassen.
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Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, seit früher Jugend an eine Überempfindlichkeit gegen nieder-und hochfrequente elektromagnetische Strahlen zu leiden, wie sie als Trägerwellen in der drahtlosen Technologie für Radio- und Fernsehübertragung zum Einsatz kämen. Seither sei ihr der Konsum von Fernseh- und Radiosendungen untersagt. Sie informiere sich über das Zeitgeschehen aus der Zeitung. Etwa seit dem Jahr 2001 verschlechtere sich ihr Allgemeinbefinden deutlich durch die Zunahme drahtloser Technologien und Sendemasten. Sie habe 2001 über einen längeren Zeitraum an qualvollen Tinnitus und in den Jahren 2004, 2006 und 2012 an Hörstürzen mit schwerer Innenohrsymptomatik und ab dann an chronischen Schlafstörungen und Schwindelanfällen gelitten. Wissenschaftliche Studien belegten, dass eine Bedrohung der Gesundheit vom Elektrosmog ausgehe. Sie könne daher Medien, die durch drahtlose Technologie mit elektromagnetischer Strahlung übertragen werden, nicht nutzen. Aus medizinischen Gründen habe somit zu keinem Zeitpunkt eine Vertragsbeziehung mit dem Beklagten bestanden. Da sie kein Vertragsangebot angenommen habe und einer Anmeldung widerspreche, sei kein Vertragsverhältnis zustande gekommen. Sie sei daher nicht Vertragspartner des Rundfunkstaatsvertrages. Verträge zulasten Dritter seien nichtig. Das Bundesverfassungsgericht habe herausgearbeitet, dass zu Rundfunkbeiträgen nur herangezogen werden dürfe, wer einen Vorteil zu erwarten habe. Da sie nur gesundheitlichen Nachteile aus dem Rundfunkangebot habe, sei sie zur Zahlung nicht verpflichtet. Die Inhaberschaft einer Wohnung könne nicht Auslöser für die Zahlungspflicht sein, sondern nur die Nutzung des Rundfunks. Sie selbst könne aus der Nutzung des Rundfunks keinerlei Vorteil ziehen. Da sie aus gesundheitlichen Gründen das Rundfunkangebot nicht nutzen könne, sei es außerdem gleichheitswidrig, sie mit denjenigen Wohnungsinhabern gleich zu behandeln, die die Möglichkeit zur Nutzung hätten. Wegen der weiteren Ausführungen wird auf den Inhalt der Schriftsätze Bezug genommen.
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Der Beklagte beantragt,
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Die Klage wird abgewiesen.
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Zur Begründung verweist der Beklagte vollumfänglich auf die Begründung des Widerspruchsbescheids vom 11. Oktober 2017
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Mit gerichtlichen Schreiben vom 21. August 2018 sowie von 4. Januar 2021 wurden die Beteiligten zur Möglichkeit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
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Mit Beschluss vom 4. Januar 2021 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
Entscheidungsgründe
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Über die Klage konnte nach Anhörung der Beteiligten durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 VwGO). Auf ein Einverständnis der Beteiligten kommt es nicht an (Eyermann, VwGO, 15. Aufl., § 84 Rn. 10).
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1. Soweit sich die Klage gegen die Festsetzungsbescheide vom 1. April 2017 und vom 2. Mai 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2017 richtet, ist sie als Anfechtungsklage gem. § 42 Abs. 1 VwGO zulässig, aber unbegründet.
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Zur Klarstellung sei darauf hingewiesen, dass Gegenstand der Klage die Aufhebung der Festsetzungsbescheide, nicht aber die Befreiung der Klägerin von der Beitragspflicht ist, da über den entsprechenden Befreiungsantrag der Klägerin vom … Dezember 2013, der auf gesundheitliche Gründe gestützt war, bereits rechtskräftig ablehnend entschieden wurde.
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1.1. Formelle Mängel der streitgegenständlichen Festsetzungsbescheide in Gestalt des Widerspruchsbescheids wurden nicht geltend gemacht und sind auch sonst nicht ersichtlich.
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1.2. Auch materiell-rechtlich ist die Festsetzung von Rundfunkbeiträgen nicht zu beanstanden.
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1.2.1. Rechtsgrundlage für die Erhebung von Rundfunkbeiträgen ist der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag - RBStV - (in der Fassung der Bekanntmachung vom 7.6.2011 [GVBl S. 258] sowie § 8 des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrags -RFinStVin der Fassung der Bekanntmachung vom 27.7.2001 [GVBl S. 566]. Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ist nach Zustimmung der Landesparlamente und Hinterlegung der Ratifikationsurkunden in Kraft getreten (s. Art. 7 Abs. 2 des 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrags; s. BayVerfGH, E.v.14.5.2014 - Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 - juris Rn. 57). Mit dem Zustimmungsbeschluss des Bayerischen Landtags vom 17. Mai 2011 in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. Juni 2011(GVBl S. 258) kommt ihm die Wirkung eines bayerischen Landesgesetzes zu.
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Die Verpflichtung zur Leistung von Rundfunkbeiträgen beruht somit unmittelbar auf einer landesgesetzlichen Grundlage. Eines Vertragsschlusses zwischen dem Beitragspflichtigen und dem Beklagten bedarf es entgegen der Auffassung der Klägerin nicht. Auch der Verweis der Klägerin auf das Verbot eines Vertrags zulasten Dritter geht daher fehl.
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1.2.2. Die Tatbestandsvoraussetzungen für die Heranziehung zur Beitragspflicht gem. §§ 2 und 3 RBStV sind im Falle der Klägerin gegeben.
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Gemäß § 2 Abs. 1 RBStV ist im privaten Bereich für jede Wohnung von deren Inhaber (Beitragsschuldner) ein Rundfunkbeitrag zu entrichten. Inhaber einer Wohnung ist jede volljährige Person, die die Wohnung selbst bewohnt. Als Inhaber wird jede Person vermutet, die dort nach dem Melderecht gemeldet ist oder im Mietvertrag für die Wohnung als Mieter genannt ist (§ 2 Abs. 2 RBStV). Der Begriff der Wohnung ist in § 3 RBStV definiert.
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Die Klägerin hat nicht in Abrede gestellt, im streitgegenständlichen Zeitraum Inhaberin einer Wohnung im Sinne von § 3 Abs. 1 RBStV gewesen zu sein, und war demnach als Wohnungsinhaberin Beitragsschuldnerin und für den festgesetzten Zeitraum verpflichtet, einen monatlichen Rundfunkbeitrag zu zahlen.
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Dieser betrug bis einschließlich März 2015 17,98 EUR pro Monat (s. § 8 des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrags - RFinStV - in der Fassung des 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrags vom 15.12.2010); seit 1. April 2015 beträgt er 17,50 EUR pro Monat (s. § 8 RFinStV in der Fassung des 16. Rundfunkänderungsstaatsvertrags vom 9.7.2014).
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1.2.3. Die Klägerin ist auch nicht gemäß § 4 Abs. 1 oder 6 RBStV von der Rundfunkbeitragspflicht befreit. Die Befreiung von der Beitragspflicht setzt einen schriftlichen Antrag voraus. Einen solchen hat die Klägerin am … Dezember 2013 mit Verweis auf gesundheitliche Gründe unter Vorlage diverser ärztlicher Atteste gestellt. Der Antrag wurde rechts- und bestandskräftig abgelehnt. Soweit sich die Klägerin weiterhin darauf beruft, aus diesen Gründen an der Nutzung des Rundfunkangebots gehindert zu sein, steht dem die Rechtskraft der ablehnenden Entscheidung über diesen Antrag entgegen.
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1.2.4. Die Festsetzung durch Bescheid durfte erfolgen, weil die Rundfunkbeiträge trotz deren Fälligkeit nicht rechtzeitig und vollständig gezahlt wurden (§ 10 Abs. 5 Satz 1, § 7 Abs. 3 RBStV).
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1.2.5. Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin gegen ihre Heranziehung zur Beitragspflicht haben keinen Erfolg.
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Die Verfassungsmäßigkeit des seit 1. Januar 2013 geltenden Beitragsmodels ist höchstrichterlich durch Grundsatzentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, U.v. 18.7.2018 - 1 BvR 1675/16 u.a. - juris) des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 18.3.2016 - 6 C 6/15 - juris) sowie des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs (BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 - Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 - juris) geklärt. Das Gericht sieht keine Veranlassung von dieser Rechtsprechung abzuweichen.
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Demnach ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, die Erhebung des Rundfunkbeitrages an die potentielle Möglichkeit zu knüpfen, das öffentlich-rechtliche Rundfunkangebot zu nutzen. Der Beitrag dient dabei dem Ausgleich des Vorteils, der in der Möglichkeit der Nutzung des Rundfunkangebots besteht. Es ist zulässig, den Kreis der Vorteilsempfänger im privaten Bereich anhand der Inhaberschaft einer Wohnung zu bestimmen, wobei die Erhebung des Beitrags auch unabhängig von dem Besitz eines Empfangsgerätes erfolgen darf, da nicht erforderlich ist, dass der beitragsrelevante Vorteil auch tatsächlich wahrgenommen wird. Maßgeblich ist vielmehr, dass eine realistische Nutzungsmöglichkeit besteht. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zwingt den Gesetzgeber nicht etwa dazu, eine Befreiungsmöglichkeit für Personen vorzusehen, die von der ihnen eröffneten Nutzungsmöglichkeit keinen Gebrauch machen wollen. Eine Befreiung vom Rundfunkbeitrag kommt allerdings gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV (Härtefall) auf Antrag dann in Betracht, wenn der Rundfunkempfang objektiv unmöglich ist. Das kann etwa in seltenen Fällen aus technischen Gründen der Fall sein (z.B. dauerhaftes „Funkloch“) oder aber aus Gründen, die in der Person des Beitragspflichtigen liegen. Letzteres ist dann anzunehmen, wenn der Rundfunkempfang für die Person schon von vornherein von keinem denkbaren Nutzen ist (z.B. für taubblinde Menschen, vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 10 RBStV). Darüber hinaus reduziert der Staatsvertrag die Beitragspflicht auf Antrag auf 1/3 für diejenigen, die das Angebot nur teilweise nutzen können, insbesondere für Taube oder blinde Menschen (§ 4 Abs. 2 RBStV) (vgl. BVerfG, U.v. 18.7.2018 - 1 BvR 1675/16 u.a. - juris Rn. 85, 93, 102; BVerwG, U.v. 18.3.2016 - 6 C 6/15 - juris Rn. 34; BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 - Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 - juris Rn. 130).
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Dieses verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Beitragssystem zugrundegelegt, gilt für die Klägerin Folgendes: Als Inhaberin einer Wohnung ist sie zur Beitragsleistung verpflichtet, es sei denn, sie ist gem. § 4 Abs. 6 RBStV aus gesundheitlichen Gründen von der Beitragspflicht zu befreien. Über eine Befreiung aus gesundheitlichen Gründen wurde auf Antrag der Klägerin bereits rechtskräftig und damit abschließend entschieden. Insoweit hat das Gericht im Urteil vom 20. April 2016 (Az. M 26 K 15.985) zutreffend darauf hingewiesen, dass der Klägerin ein Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht nicht zusteht, insbesondere ein besonderer Härtefall gemäß § 4 Abs. 6 RBStV nicht vorliegt, da es der Klägerin nicht gelungen ist, überzeugend darzulegen, dass ihr aus gesundheitlichen Gründen jede denkbare Nutzungsmöglichkeit versagt wäre, da ihr zumindest möglich ist, beispielsweise das Fernsehangebot mit Untertiteln oder das Onlineangebot ohne Komplikationen für ihr Gehör zu nutzen.
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Soweit die Klägerin darauf hinweist, seit frühester Jugend an einer Überempfindlichkeit gegenüber elektromagnetischen Strahlen zu leiden, wie sie als Trägerwellen bei der Rundfunkübertragung zum Einsatz kämen, handelt es sich um eine Ergänzung der bereits im Befreiungsverfahren geltend gemachten gesundheitlichen Gründe, so dass insoweit die Rechtskraft der vorangegangenen Entscheidung über die Befreiung aus gesundheitlichen Gründen entgegensteht. Weder hat sie einen neuen Antrag gestellt noch neue Atteste über ihren Gesundheitszustand vorgelegt.
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Es bleibt daher bei dem Grundsatz, dass die Klägerin für die potentielle Möglichkeit, Rundfunkangebote zu nutzen - ggf. auch solche ohne Ton (Fernsehen mit Untertiteln oder Onlineangebote) - beitragspflichtig ist. Wer das Rundfunkangebot nicht nutzt, aber die Schwelle eines Befreiungstatbestands bzw. einer unzumutbaren Härte nicht erreicht, unterfällt der Beitragspflicht ebenso wie Personen, die aus sonstigen Gründen auf die Möglichkeit der Teilhabe am Rundfunkangebot verzichten. Dass auch solche Personen zur Beitragspflicht herangezogen werden, stellt keine gleichheitswidrige Benachteiligung dar (BVerwG, U.v. 18.3.2016 - 6 C 6/15 - juris Rn. 34).
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1.3. Auch die Festsetzung von Säumniszuschlägen ist rechtmäßig. Rechtsgrundlage für die Festsetzung des Säumniszuschlags ist § 11 Abs. 1 der Satzung des Bayerischen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge - Rundfunkbeitragssatzung - vom 5. Dezember 2016, in Kraft getreten am 1. Januar 2017 (StAnz Nr. 51-52/2016) i.V.m. § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Alt. 3 RBStV). Danach wird, wenn Rundfunkbeiträge nicht innerhalb von vier Wochen nach Fälligkeit in voller Höhe entrichtet werden, ein Säumniszuschlag in Höhe von einem Prozent der rückständigen Beitragsschuld, mindestens aber ein Betrag von 8,00 EUR fällig. Der Säumniszuschlag wird zusammen mit der Rundfunkbeitragsschuld durch Bescheid nach § 10 Abs. 5 RBStV festgesetzt. Mit jedem Bescheid kann nur ein Säumniszuschlag festgesetzt werden (§ 11 Abs. 1 Satz 3 Rundfunkbeitragssatzung). Auch insoweit folgt die Zahlungspflicht unmittelbar aus der gesetzlichen Grundlage. Eines Vertragsabschlusses zwischen der Klägerin und dem Beklagten bedurfte es nicht.
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2. Soweit die Klage unter Ziffer 1 des Klageantrags außerdem auf „Aufhebung der Bescheide vom 2. und 3. November 2017 (Mahnung und Vollstreckungsankündigung)“ gerichtet ist, ist die Klage unzulässig. Bei den genannten Schreiben des Beklagten handelt es sich mangels Regelungswirkung nicht um Verwaltungsakte (vgl. (BeckOK VwVfG/Deusch/Burr, 49. Ed. 1.10.2020, VwVG § 3 Rn. 12), so dass eine Anfechtungsklage nicht statthaft ist.
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3. Soweit die Klägerin unter Ziffer 2 ihres Klageantrags einen Antrag auf Löschung ihrer Daten und Zurücknahme der vergebenen Teilnehmernummer gestellt hat, ist die Klage als Leistungsklage zulässig, jedoch unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Löschung ihrer Daten und die Streichung der Teilnehmernummer, da sie zu Recht zur Zahlung von Rundfunkbeiträgen herangezogen wurde.
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4. Der Antrag, den Beklagten zu verurteilen, sämtliche Forderungen gegen die Klägerin fallen zu lassen ist bereits unzulässig, soweit er sich auf Forderungen bezieht, die nicht Gegenstand der von der vorliegenden Anfechtungsklage erfassten Beitragsbescheide sind. Da die zu zahlenden Beiträge vom Beklagten per Bescheid festgesetzt werden, ist die Klägerin darauf zu verweisen, gegen die jeweiligen Beitragsbescheide im Wege der Anfechtungsklage vorzugehen (§ 42 Abs. 1 VwGO). Soweit sich der Antrag auf die im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Beiträge und Säumniszuschläge bezieht, hat er in der Sache keinen Erfolg, da sich die streitgegenständlichen Bescheide als rechtmäßig erwiesen haben.
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4. Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Für das Verfahren sind Gerichtskosten zu erheben. § 188 VwGO ist im vorliegenden Fall nicht einschlägig, da Gegenstand des Verfahrens nicht die Befreiung von der Gebührenpflicht aus Gründen der Fürsorge ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. 4. 2011 − 6 C 10/10- juris; VGH München, Beschluss vom 16.9.2019 - 7 C 19.1603- juris).
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5. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.