Titel:
Verletzung der Mitwirkungspflichten bei der Einbürgerung
Normenketten:
StAG § 10 Abs. 1 Nr. 3, § 37 Abs. 1 S. 2
AufenthG § 82
Leitsatz:
Voraussetzung für die Einbürgerung gem. § 10 Abs. 1 Nr. 3 StAG ist, dass der Kläger den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Angehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II und SGB XII bestreiten kann. Zur Sicherung des Lebensunterhalts gehört auch eine angemessene Altersvorsorge. Gem. § 37 Abs. 1 S. 2 StAG iVm § 82 AufenthG ist der Kläger hierbei insofern zur Mitwirkung verpflichtet, als er entsprechende Unterlagen vorzulegen hat. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Einbürgerung, Fehlende Mitwirkung, angemessene Altersvorsorgung, unterhaltsberechtigte Angehörige, Sicherung des Lebensunterhalts, Nachweis über den Ausgang eines Strafverfahrens, fehlende Mitwirkung
Fundstelle:
BeckRS 2021, 6310
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt die Einbürgerung in den deutschen Staatsverband.
2
Der … geborene Kläger ist griechischer Staatsangehöriger. Er reiste erstmals am … … … in die Bundesrepublik ein. Seit … hält sich der Kläger ununterbrochen in Deutschland auf. Am … … … heiratete der Kläger. In den Jahren … und … wurden die gemeinsamen Kinder geboren. Der Kläger ist gem. § 2 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt.
3
Am 9. Juni 2015 beantragte der Kläger die Einbürgerung in den deutschen Staatsverband bei der Beklagten. Nachdem der Kläger auf die Aufforderung der Beklagten vom 7. Januar 2016 und 8. August 2018 hin die erforderlichen Unterlagen nicht vorgelegt hat, forderte die Beklagte den Kläger schließlich mit Schreiben vom 29. Oktober 2018 die mit den vorgegangenen Schreiben angeforderten Unterlagen bis 10. Dezember 2018 vollständig nachzureichen, ansonsten werde der Antrag kostenpflichtig abgelehnt. Der Kläger sprach am 7. Dezember 2018 bei der Beklagten vor, ohne die geforderten Unterlagen vorzulegen.
4
Mit Bescheid vom 13. Dezember 2018, dem Kläger zugegangen am 18. Dezember 2018, lehnte die Beklagte die Einbürgerung wegen fehlender Mitwirkung ab.
5
Als Begründung führt die Beklagte im Wesentlichen aus, dass der Kläger seiner Mitwirkungspflicht im Verfahren nicht ausreichend nachgekommen sei und dass der klägerische Antrag somit mangels entsprechender Angaben gem. §§ 37 Abs. 1 StAG i.V.m. 82 AufenthG abzulehnen sei.
6
Am 18. Januar 2019 erhob der Bevollmächtigte des Klägers Klage und beantragte,
7
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13. Dezember 2018 zu verpflichten, den Kläger einzubürgern.
8
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger sämtliche Unterlagen vorgelegt habe, die die Beklagte angefordert habe. Dies gelte insbesondere für den Einbürgerungstest und das Führungszeugnis.
9
Mit Schreiben vom 13. Februar 2019 legte die Beklagte die Einbürgerungsakte vor und beantragte,
11
Zur mündlichen Verhandlung am 10. März 2021 ist die Klagepartei nicht erschienen. Die Beklagte wiederholte den bereits schriftsätzlich gestellten Antrag.
12
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Behördenakte und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
13
Über den Rechtsstreit konnte auf Grund der mündlichen Verhandlung am 10. März 2021 entschieden werden, obwohl die Klagepartei nicht erschienen ist. Denn in der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden könne (§ 102 Abs. 2 VwGO). Die Klagepartei wurde ausweislich des Emfpangsbekenntnisses am 19. Februar 2021 ordnungsgemäß geladen.
14
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Bescheid vom 13. Dezember 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
15
Gemäß § 37 Abs. 1 Satz 2 StAG i.V. m. § 82 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ist der Einbürgerungsbewerber verpflichtet, seine Belange und günstigen Umstände, soweit sie nicht offenkundig oder bekannt sind, unter Angabe nachprüfbarer Umstände unverzüglich geltend zu machen und die erforderlichen Nachweise über seine persönlichen Verhältnisse, sonstigen erforderlichen Bescheinigungen und Erlaubnisse sowie sonstigen erforderlichen Nachweise, die er erbringen kann, unverzüglich beizubringen. Hierzu kann ihm eine angemessene Frist gesetzt werden. Diese Mitwirkungspflicht beinhaltet auch die Verpflichtung zur Aktualisierung entsprechender Angaben im Zeitraum zwischen Antragstellung und Entscheidung, da maßgeblich auf den Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde abzustellen ist.
16
Vorliegend ist der Kläger seiner Mitwirkungspflicht nicht hinreichend nachgekommen.
17
Gem. § 10 Abs. 1 Nr. 3 StAG ist Voraussetzung für die Einbürgerung, dass der Kläger den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Angehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II und SGB XII bestreiten kann. Zur Sicherung des Lebensunterhalts gehört auch eine angemessene Altersvorsorge. Gem. § 37 AufenthG ist der Kläger hierbei insofern zur Mitwirkung verpflichtet, als er entsprechende Unterlagen vorzulegen hat. Dieser Verpflichtung ist der Kläger trotz konkreter Aufforderung durch die Beklagte nicht nachgekommen.
18
Die Beklagte hat den Kläger mit Schreiben vom 7. Januar 2016 aufgefordert, zur Frage der dauerhaften Sicherung des Lebensunterhalts für sich und seine unterhaltsberechtigten Angehörigen unter Angabe der derzeitigen Höhe des Einkommens Stellung zu nehmen und einen Nachweis über den Ausgang eines Strafverfahrens vorzulegen. Davon hat der Kläger in der Folgezeit ein Schreiben der Staatanwaltschaft München I vom 23. Februar 2011 und zwei Gehaltsabrechnungen für sich und seine Ehefrau für den Monat … 2016 vorgelegt (Kläger: … EUR netto; Ehefrau: … EUR netto). Die geforderte Stellungnahme legte der Kläger nicht vor. Diese Stellungnahme ist erforderlich, weil es der Klärung bedarf, wie der Kläger bei einem durchschnittlichen (Familien-)Nettoeinkommen von rund … EUR pro Monat und Mietkosten i.H.v. … EUR monatlich seinen Lebensunterhalt ohne den Bezug von Sozialleistungen bestreiten kann. Auf Grund dessen forderte die Beklagte den Kläger nochmals mit Schreiben vom 8. August 2018 auf, folgende Unterlagen vorzulegen: Stellungnahme über die dauerhafte Sicherung des Lebensunterhalts, je eine aktuelle Arbeitgeberbestätigung für sich und seine Ehefrau, je zwei aktuelle Gehaltsabrechnungen für sich und seine Ehefrau, je eine aktuelle Rentenauskunft mit Versicherungsverlauf und die beigefügte vom Kläger ausgefüllte Änderungserklärung. Nachdem der Kläger in der Folgezeit wiederum keine weiteren Unterlagen vorgelegt hat, forderte die Beklagte mit Schreiben vom 29. Oktober 2018 den Kläger schließlich auf, bis zum 10. Dezember 2018 die mit Schreiben vom 7. Januar 2016 und 8. August 2018 angeforderten Unterlagen vorzulegen. Zugleich wies die Beklagte darauf hin, dass bei Nichterfüllung seiner Mitwirkung der Einbürgerungsantrag abgelehnt werde. Der Kläger kam dieser Aufforderung innerhalb der mehr als angemessenen Frist, auch in der Vorsprache am 7. Dezember 2018, nicht nach.
19
Die Beklagte hat damit den Einbürgerungsantrag des Klägers aufgrund fehlender Mitwirkung ohne materielle Prüfung zu Recht abgelehnt.
20
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
21
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 67 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.