Inhalt

VG München, Urteil v. 25.02.2021 – M 10 K 18.3440
Titel:

Heranziehung zu straßenrechtlichen Sondernutzungsgebühren (Freischankflächen) – Anfechtungsklage

Normenketten:
GG Art. 3 Abs. 1
BayStrWG Art. 18 Abs. 1 S. 1, Abs. 2a S. 5
Leitsätze:
1. Nach dem für das Sondernutzungsgebührenrecht geltenden Äquivalenzprinzip als gebührenrechtlicher Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes darf eine Sondernutzungsgebühr ihrer Höhe nach weder außer Verhältnis zum Ausmaß der mit der Sondernutzung verbundenen Beeinträchtigung der gemeingebräuchlichen Nutzungsmöglichkeiten noch außer Verhältnis zu dem mit der Straßennutzung verfolgten wirtschaftlichen Interesse stehen. Danach kann es allgemein geboten sein, in größeren Städten wegen der unterschiedlichen Beeinträchtigung je nach Dichte und Intensität des Verkehrs eine Staffelung der Gebührenhöhe nach Stadtzonen vorzunehmen. Grundsätzlich darf sich diese auch an den ortsüblichen Aufwendungen für die Miete privater Garagen oder Stellplätze orientieren. Zudem erfordert der Gleichheitssatz eine systemgerechte Staffelung der einzelnen Gebührensätze, wobei der Satzungsgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit im Interesse der Praktikabilität nach dem abgabenrechtlichen Grundsatz der Typengerechtigkeit bis zur Willkürgrenze verallgemeinern und  pauschalieren darf. (Rn. 29 – 31) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Staffelung der Gebührenhöhe in Abhängigkeit von verschiedenen Straßenklassen erfordert eine systemgerechte Staffelung nach bestimmten Merkmalen und damit ein belastbares Konzept für die Einordnung der Straßengruppen, das sich an konkreten Kriterien und Merkmalen für die unterschiedliche Bewertung der Straßen orientiert, sodass klar ist, ob und wenn ja, an welchen Kriterien sich der Satzungsgeber für die Einteilung der Straßen orientiert. (Rn. 36 – 39) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine Verdoppelung der Gebührensätze für Freischankflächen unter Hinweis auf die im Stadtgebiet angestiegenen Mieten und Pachten für private Garagen oder Stellplätze rechtfertigt eine solche pauschale Erhöhung in allen Straßenklassen nur dann, wenn die Mieten und Pachten im gesamten Stadtgebiet in gleicher Weise angestiegen sind, und rechtfertigt es zudem nicht, die Gebührensätze nicht generell für alle Sondernutzungsgebührentatbestände, sondern nur für Freischankflächen zu verdoppeln. (Rn. 40 – 42) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Sondernutzungsgebühren, Teilnichtigkeit der Sondernutzungsgebührensatzung, Straßengruppenverzeichnis, Verdopplung der Gebühren für Freischankflächen, Verletzung des Äquivalenzprinzips, Verstoß gegen den Gleichheitssatz, Äquivalenzprinzip, Gleichheitssatz, Staffelung der Gebührenhöhe nach Straßenklassen, Mietanstieg für private Garagen oder Stellplätze, pauschale Gebührenverdoppelung für alle Freischankflächen
Rechtsmittelinstanzen:
VGH München, Urteil vom 14.03.2023 – 8 BV 21.1145
BVerwG Leipzig, Beschluss vom 01.12.2023 – 9 B 15.23
Fundstelle:
BeckRS 2021, 6305

Tenor

I.    Der Bescheid der Beklagten vom 17. August 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Oberbayern vom 11. Juni 2018 wird aufgehoben. 
II.    Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.    Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. 
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
IV.    Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1
Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu Sondernutzungsgebühren für die Jahre 2015 und 2016 durch die Beklagte.
2
Die Beklagte erhebt für die Ausübung einer Sondernutzung auf den in ihrer Straßenbaulast stehenden Straßen, Wegen und Plätzen Sondernutzungsgebühren auf Grundlage ihrer Satzung über die Gebühren für Sondernutzungen auf öffentlichen Straßen (Sondernutzungsgebührensatzung - SoNuGebS) vom 25. Juni 2014 in der Fassung der Änderung vom 13. Juli 2015. Die Neufassung der Satzung wurde - neben der Neufassung der Sondernutzungsrichtlinien - vom Stadtrat der Beklagten in seiner Sitzung vom 9. April 2014 beschlossen.
3
Nach § 4 Abs. 1 SoNuGebS wird die Höhe der Gebühren bestimmt durch die Verkehrsbedeutung der Straßen, Wege und Plätze, in denen die Sondernutzung ausgeübt wird, durch den wirtschaftlichen Wert für den Benutzer, durch den Umfang, in dem der Gemeingebrauch beeinträchtigt werden kann, und durch die Dauer der Sondernutzung. Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 SoNuGebS ist die Bedeutung der Straßen, Wege und Plätze aus dem der Satzung als Anlage II beigefügten Straßengruppenverzeichnis zu entnehmen. Nach § 4 Abs. 2 Satz 3 SoNuGebS gehören Straßen, Wege und Plätze bzw. Hausnummernbereiche, die im Verzeichnis nicht aufgeführt sind, zur Straßengruppe I. Gemäß § 4 Abs. 4 SoNuGebS ergeben sich die Gebühren aus dem der Satzung als Anlage I beigefügten Gebührenverzeichnis. Sie sind nach der jeweiligen Straßengruppe in Anlage II zu differenzieren.
4
Nach Ziffer 18.1 der Anlage I ergibt sich für Freischankflächen vor baurechtlich als Gaststätte genehmigten Betrieben sowie vor gemäß Art. 58 Bayerische Bauordnung von der Genehmigungspflicht freigestellten Gaststättenbetrieben pro angefangenem Quadratmeter jährlich eine Gebühr von 16 EUR für die Straßengruppe I, 25 EUR für die Straßengruppe II, 46 EUR für die Straßengruppe III und 77 EUR für die Straßengruppe S.
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Die Klägerin betrieb ab 3. November 2010 die Gaststätte … … … in der …straße 30 im Stadtgebiet der Beklagten. Die Gaststätte verfügte über eine Freischankfläche von insgesamt 78,06 m².
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Für die Jahre 2011 bis 2014 erteilte die Beklagte der Klägerin jeweils jährliche Sondernutzungserlaubnisse für das Aufstellen von Tischen und Stühlen auf öffentlichem Verkehrsgrund auf einer Fläche von 78,06 m². Gleichzeitig wurde jeweils eine Sondernutzungsgebühr in Höhe von jährlich 975,75 EUR (zuzüglich einer jährlichen Verwaltungsgebühr von 150 EUR) auf der Grundlage der Eingruppierung der …straße in Straßengruppe II festgesetzt.
7
Mit Schreiben vom 15. Mai 2014 informierte die Beklagte die Klägerin über die Neufassung der Sondernutzungsrichtlinien vom 9. April 2014, insbesondere die Änderungen in den Bestimmungen über Freischankflächen. Die Freischankflächenerlaubnisse seien künftig nicht mehr auf ein Jahr befristet, sondern würden widerruflich auf Dauer erteilt. Somit entfalle ab dem Jahr 2016 die bisher jährlich anfallende Verwaltungsgebühr. Im Gegenzug verdoppelten sich allerdings die Freischankflächengebühren. Zudem seien die Straßengruppen einiger Straßen und Plätze der geänderten Verkehrsbedeutung angepasst worden, so dass eine darüber hinausgehende Erhöhung der Sondernutzungsgebühr möglich sei.
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Mit Bescheid vom 29. Januar 2015 erteilte die Beklagte der Klägerin die Sondernutzungserlaubnis widerruflich ab dem Jahr 2015 für eine Fläche von lediglich 24,06 m². Hierfür erhob sie eine jährlich wiederkehrende Sondernutzungsgebühr in Höhe von 1.150 EUR auf der Grundlage der Eingruppierung der …straße in Straßengruppe III. Gemäß weiterem Bescheid der Beklagten vom 29. Dezember 2015 wurde die Klägerin zu einer Sondernutzungsgebühr für das Jahr 2016 in Höhe von 1.150 EUR auf der Grundlage der bereits vorliegenden Sondernutzungserlaubnis für eine Fläche von 24,06 m² herangezogen.
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Mit Bescheid der Beklagten vom 17. August 2016 wurden gegenüber der Klägerin aufgrund der bereits vorliegenden Sondernutzungserlaubnis für eine Fläche von 78,06 m² Sondernutzungsgebühren für die Jahre 2015 und 2016 für den Betrieb der Freischankfläche auf öffentlichem Verkehrsgrund in Höhe von jährlich 3.634 EUR, insgesamt 7.268 EUR, festgesetzt. Nach Abzug der bereits geleisteten Zahlungen seien insgesamt noch 4.968 EUR zu entrichten. Die Gebühren würden rückwirkend erhoben, da in den Bescheiden von 2015 wegen eines Abrechnungsfehlers ein Teil der Freischankfläche von 54 m² nicht in die Berechnung miteinbezogen worden sei.
10
Der Geschäftsführer der Klägerin erhob mit Schreiben vom „18. September 2016“, eingegangen bei der Beklagten am 17. September 2016, Widerspruch gegen diesen Bescheid. Die Klägerin habe keinen Bescheid über den Wechsel der Straßengruppe erhalten; sie habe auch keine Kenntnis von den neuen Regelungen gehabt. Im Übrigen sei das Gewerbe zum 30. Juni 2016 verkauft worden, daher bestehe allenfalls eine jahresanteilige Gebührenpflicht. Ferner berief sich die Klägerin auf Verjährung. Im Übrigen seien die Berechnungsgrundlagen der Sondernutzungsgebühr, insbesondere die Umstände der neuen Straßengruppenzuordnung sowie der Gebührenerhöhung, intransparent.
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Das Gewerbe der Klägerin wurde am 4. Oktober 2016 zum 30. Juni 2016 von Amts wegen vom Gewerbeamt der Beklagten abgemeldet (Bl. 74 Behördenakte). Gemäß der daraufhin am 11. November 2016 erfolgten Teilsollabsetzung durch die Beklagte ist die im Voraus bezahlte Sondernutzungsgebühr für das zweite Halbjahr 2016 der Klägerin zu erstatten (Bl. 75 f. Behördenakte).
12
Mit Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern vom 11. Juni 2018, zugestellt ausweislich der Postzustellungsurkunde am 13. Juni 2018, wurde der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen. Auf die Gründe des Bescheids wird Bezug genommen.
13
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 13. Juli 2018, eingegangen bei dem Verwaltungsgericht München am gleichen Tag, Klage erhoben und beantragt,
14
den Sondernutzungsgebührenbescheid der Beklagten vom 17. August 2016 hinsichtlich der Festsetzung einer Sondernutzungsgebühr für die Freischankfläche bezüglich der Gaststätte … … …, …straße 30 im Stadtgebiet der Beklagten, in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Oberbayern vom 11. Juni 2018, zugestellt am 13. Juni 2018, aufzuheben.
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Mit Schriftsatz vom 11. September 2018 beantragt die Beklagte:
16
Die Klage wird abgewiesen.
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Zur Begründung wird vorgetragen, bis zum Erlass des Gebührenbescheids am 17. August 2018 sei der Beklagten weder die Einstellung der Sondernutzung noch die Einstellung der gewerblichen Tätigkeit insgesamt angezeigt worden. Die Klägerin sei daher bis zum Zeitpunkt der Gewerbeabmeldung Gebührenschuldnerin gewesen. Ein gesonderter Bescheid über eine Änderung der Straßengruppe sei nicht erforderlich. Die Eingruppierung in eine neue Straßenklasse verstoße weder gegen das Äquivalenz- noch gegen das Gleichheitsprinzip. Die andere Bewertung der Verkehrsbedeutung der …straße liege im Ermessen der Beklagten und sei nicht zu beanstanden. Auch Festsetzungsverjährung liege nicht vor; Sondernutzungsgebühren dürften bis zu 4 Jahre rückwirkend erhoben werden.
18
Auf mehrfache gerichtliche Anforderungen gegenüber der Beklagten, die Satzungsunterlagen vorzulegen, übermittelte die Beklagte mit Schriftsatz vom 4. Januar 2019 die Beschlussvorlage Nr. … zur Sitzung des Kreisverwaltungsausschusses vom 8. April 2014 und die Beschlussvorlage Nr. … zur Sitzung des Kreisverwaltungsausschusses vom 30. Juni 2015. Aus diesen Sitzungsvorlagen ergäben sich die Gründe für die konkrete Bemessung der Gebührensätze sowie für die konkrete Einteilung der Straßengruppen. Weitere Unterlagen zur Satzungsänderung von April 2014 seien nach einer Recherche nicht existent bzw. nicht archiviert. Erwägungen, die in die einzelnen Satzungsbestimmungen eingeflossen seien, seien referatsintern mündlich diskutiert und direkt in die Entwürfe der jeweiligen Beschlussvorlagen eingearbeitet worden.
19
Mit Schriftsatz vom 14. Januar 2020 wurde zur Klagebegründung vorgetragen: Der angefochtene Bescheid der Beklagten sei rechtswidrig, da es an einer wirksamen Satzungsgrundlage fehle. Die Sondernutzungsgebührensatzung sei möglicherweise bereits formell rechtswidrig. Mangels vollständiger Vorlage der Satzungsunterlagen könne dies jedoch nicht abschließend nachvollzogen werden. Diese Frage könne allerdings offenbleiben, da die Satzung jedenfalls materiell rechtswidrig sei. Sie sei nicht mit dem Äquivalenzprinzip vereinbar. Es sei nicht erkennbar, dass die Beklagte alle gesetzlichen Kriterien nach Art. 18 Abs. 2a Satz 5 Bayerisches Straßen- und Wegegesetz (BayStrWG) bei der Bemessung der Sondernutzungsgebühren berücksichtigt habe. Dies gelte sowohl hinsichtlich der Verdopplung der Gebührensätze als auch hinsichtlich der Eingruppierung der Straßen. Einziger Grund für die Erhöhung der Gebühren seien ausweislich der Beschlussvorlage Nr. … die im deutschlandweiten Vergleich niedrigen Gebührensätze der Beklagten gewesen. Weitere Kriterien seien nicht ansatzweise erkennbar. Mit Blick auf die Kriterien des Art. 18 Abs. 2a Satz 5 BayStrWG verbiete sich der alleinige Vergleich mit anderen Kommunen in Deutschland. Die pauschale Verdopplung der Gebührensätze ohne tragende Gründe sei willkürlich. Auch im Rahmen des Satzungsermessens seien nachvollziehbare Kriterien für die konkrete Festlegung der Gebührenhöhe notwendig. Ebenso seien hinsichtlich der Änderungen bei der Straßeneingruppierung keine Kriterien ersichtlich. Die Motive hierfür seien unklar. Es gebe keine hinreichende Tatsachenermittlung zur Nutzung der Straßen und ihrer Frequentierung. Es fehlten eine ausreichende Datengrundlage sowie ein schlüssiges Konzept zur Eingruppierung der Straßen. Es seien teilweise Straßen einer gleichen Straßengruppe zugeordnet worden, obwohl konkrete Umstände, die genauer dargelegt werden, dafür stritten, dass gerade Art und Ausmaß der Einwirkung auf die jeweiligen Straßen und den Gemeingebrauch unterschiedlich seien (insbesondere Anzahl und Dichte von Unternehmen, nicht nur der Gastronomie, Erschließung mit ÖPNV, touristische Frequentierung). Insoweit werde insbesondere auf den Dringlichkeitsantrag der Stadtratsfraktion Freiheitsrechte, Transparenz und Bürgerbeteiligung (FDP-Hut-Piraten) vom 26. Februar 2015 verwiesen, nach der es im Stadtrat keine Diskussion über einzelne Straßen und Plätze und deren Zuordnung zu den verschiedenen Kategorien gegeben habe. Zudem sei nicht erkennbar, dass die wirtschaftlichen Interessen der Gebührenschuldner, die nach Art. 18 Abs. 2a Satz 5 BayStrWG ebenfalls zu berücksichtigen seien, Eingang in die Bemessung gefunden hätten. Hierzu seien keinerlei Datenerhebungen oder Tatsachenermittlungen seitens der Beklagten erfolgt. Zumindest seien insoweit keine Unterlagen vorgelegt worden. Zwar thematisiere die Sitzungsvorlage Nr. … vom 30. Juni 2015 das wirtschaftliche Interesse, aber hierbei handle es sich um eine nachträgliche Evaluierung der Regelungen aus dem Jahr 2015. Jedenfalls sei die dort vorgenommene Argumentation mit steigenden Pachten verfehlt. Im Übrigen verstoße die Sondernutzungsgebührensatzung der Beklagten gegen den Gleichheitssatz, da bestimmte Straßen durch Einteilung in eine gleiche Straßengruppe gleichgesetzt würden, obwohl sie nicht vergleichbar seien. Insbesondere sei die hier interessierende …- und …straße (Kategorie III) nicht vergleichbar mit weiteren Straßen der gleichen Kategorie im Bereich des … … sowie des …viertels. Ein sachlicher Grund hierfür sei mangels Angabe von Kriterien nicht ersichtlich. Ferner verstoße die Satzung gegen den Grundsatz der Typengleichheit. Zwar habe die Beklagte 4 Straßengruppen gebildet (Gruppen I-III und S), es sei aber nicht erkennbar, welche Kriterien hierfür verwendet worden seien. Der Durchschnittstyp der jeweiligen Kategorie sei nicht ersichtlich. Überdies habe die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid einen falschen Veranlagungszeitraum zugrunde gelegt. Die Klägerin habe die Gaststätte nur bis 30. Juni 2016 betrieben. Ab dem 1. Juli 2016 sei daher die Gebührenschuld nach § 6 Abs. 2 SoNuGebS beendet gewesen.
20
Mit Schriftsatz der Beklagten vom 1. April 2020 wird auf nochmalige Nachfrage des Gerichts - wie bereits mit Schriftsatz vom 4. Januar 2019 - mitgeteilt, dass keine weiteren Unterlagen zur Satzungsgebung bei der Beklagten existent seien. Zwar sei eine Veranlagung für das ganze Jahr 2016 erfolgt, aber aufgrund der Sollabsetzung müsse die Klägerin tatsächlich nur die Gebühren für die Monate Januar bis Juni 2016 begleichen.
21
Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 19. und 22. Januar 2021 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erteilt.
22
Auf telefonische Bitte des Gerichts gegenüber der Beklagten klarzustellen, wann die Änderung der Straßengruppen erfolgt sei, und etwaige diesbezügliche Satzungsunterlagen vorzulegen, teilte der Vertreter der Beklagten im Telefonat vom 11. Februar 2021 mit, dass die Änderung der Straßengruppe im Zuge der Neufassung der Satzung am 9. April 2014 erfolgt sei und es nach hausinterner Rücksprache, auch mit dem Grundsatzreferat der Beklagten, diesbezüglich keine weiteren Satzungsunterlagen gebe.
23
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtssowie die vorgelegte Behördenakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

24
Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt haben (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).
25
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 17. August 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Oberbayern vom 11. Juni 2018 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Es fehlt dem angegriffenen Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids bereits an einer wirksamen Rechtsgrundlage. Die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Sondernutzungsgebührensatzung der Beklagten vom 25. Juni 2014 in der Fassung der Änderung vom 13. Juli 2015 ist insoweit nichtig, als sie für die Bemessung der Sondernutzungsgebühren gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1, § 4 Abs. 4 Satz 2 SoNuGebS i.V.m. Anlage II (Straßengruppenverzeichnis) nach verschiedenen Straßengruppen differenziert und als sie eine pauschale Verdopplung der Gebührensätze für Freischankflächen nach § 4 Abs. 4 Satz 1 SoNuGebS i.V.m. Ziffer 18 der Anlage I (Gebührenverzeichnis) gemäß dem Stadtratsbeschluss der Beklagten vom 9. April 2014 vorsieht. Da es auf diese Bemessungsregelungen im hier vorliegenden Fall der Gebührenerhebung für Freischankflächen entscheidungserheblich ankommt, waren die streitgegenständlichen Bescheide aufzuheben.
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1. Angesichts der materiellen Teilrechtswidrigkeit der Sondernutzungsgebührensatzung der Beklagten vom 25. Juni 2014 in der Fassung der Änderung vom 13. Juli 2015 kann dahinstehen, ob die Satzung vom 25. Juni 2014 sowie ihre Änderung vom 13. Juli 2015 formell rechtmäßig sind. Diese Frage lässt sich an dieser Stelle auch nicht abschließend beantworten, da die Beklagte dem Gericht trotz mehrfacher Aufforderung keine vollständigen Satzungsunterlagen übermittelt hat. Insbesondere hat sie im Hinblick auf die Neufassung der Satzung vom 25. Juni 2014 keinen Ausfertigungsvermerk und im Hinblick auf die Änderung der Satzung vom 13. Juli 2015 keinen Nachweis über die Beschlussfassung im Stadtrat vom 1. Juli 2015 sowie über die Ausfertigung vom 13. Juli 2015 vorgelegt.
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2. Die Sondernutzungsgebührensatzung der Beklagten vom 25. Juni 2014 in der Fassung der Änderung vom 13. Juli 2015 ist (jedenfalls) im Hinblick auf die Einteilung in Straßengruppen durch das Straßengruppenverzeichnis gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1, § 4 Abs. 4 Satz 2 SoNuGebS i.V.m. Anlage II und im Hinblick auf die Verdopplung der Gebührensätze für Freischankflächen in § 4 Abs. 4 Satz 1 SoNuGebS i.V.m. Ziffer 18 der Anlage I nichtig. Die Sondernutzungsgebührensatzung der Beklagten verstößt insoweit gegen die Vorgaben ihrer Rechtsgrundlage in Art. 18 Abs. 2a Satz 5 BayStrWG, insbesondere gegen das Äquivalenzprinzip, sowie gegen den Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG).
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Sondernutzungsgebühren stellen echte Benutzungsgebühren dar, die als Gegenleistung für die mit der Sondernutzung verbundene Duldung der Beeinträchtigung des öffentlichen Verkehrsraums und des Gemeingebrauchs erhoben werden (BVerwG, U.v. 15.7.1988 - 7 C 5/87 - juris Rn. 14). Nach Art. 18 Abs. 2a Satz 5 BayStrWG sind für die Bemessung der Sondernutzungsgebühren Art und Ausmaß der Einwirkung auf die Straße und den Gemeingebrauch sowie das wirtschaftliche Interesse des Gebührenschuldners zu berücksichtigen.
29
In dieser Vorschrift kommt das für das Sondernutzungsgebührenrecht geltende Äquivalenzprinzip als gebührenrechtliche Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zum Ausdruck. Danach darf eine Sondernutzungsgebühr ihrer Höhe nach weder außer Verhältnis zum Ausmaß der mit der Sondernutzung verbundenen Beeinträchtigung der gemeingebräuchlichen Nutzungsmöglichkeiten noch außer Verhältnis zu dem mit der Straßennutzung verfolgten wirtschaftlichen Interesse stehen (vgl. zur inhaltsgleichen Regelung in § 8 Abs. 3 Satz 6 Bundesfernstraßengesetz: BVerwG, B.v. 17.10.2008 - 9 B 24/08 - NVwZ 2009, 185 (186)).
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Allgemein kann es unter dem Gesichtspunkt des Äquivalenzprinzips geboten sein, in größeren Städten eine Staffelung der Gebührenhöhe je nach Stadtzone vorzunehmen, da die Beeinträchtigung je nach Dichte und Intensität des Verkehrs unterschiedlich zu bewerten ist (BVerwG, U.v. 2.12.1988 - 4 C 14.88 - NVwZ 1989, 557). Die Höhe der Benutzungsgebühr darf sich grundsätzlich an den ortsüblichen Aufwendungen für die Miete privater Garagen oder Stellplätze orientieren (OVG NRW, B.v. 30.6.2009 - 11 A 2393/06 - juris Rn. 40 ff.).
31
Zudem müssen die einzelnen Tarifstellen eines Gebührenverzeichnisses - sofern sie inhaltlich vergleichbar sind - zueinander in einem abgestimmten Verhältnis stehen und den Erfordernissen des Gleichheitssatzes gerecht werden. Der Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG erfordert eine systemgerechte Staffelung der einzelnen Gebührensätze, weil er eine willkürliche Ungleichbehandlung gleicher Sachverhalte verbietet (vgl. Wiget in: Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, 30. EL März 2020, Art. 18 Rn. 37 m.w.N.). Der Satzungsgeber hat dabei grundsätzlich einen weiten Ermessensspielraum. Im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit kann er entscheiden, welchen Sachverhalt er zum Anknüpfungspunkt einer Regelung macht. Er muss sich nach einhelliger Auffassung nicht für den zweckmäßigsten, gerechtesten oder wahrscheinlichsten Maßstab entscheiden; vielmehr ist es dem Ortsgesetzgeber nach dem abgabenrechtlichen Grundsatz der Typengerechtigkeit gestattet, zu verallgemeinern und zu pauschalieren. Gewisse Ungenauigkeiten sind im Interesse der Praktikabilität der Abgabenerhebung durchaus hinzunehmen. Die Gestaltungsfreiheit endet erst dort, wo die Gleich- oder Ungleichbehandlung der Tatbestände, von denen die Höhe der Gebühr abhängig gemacht wird, nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, das heißt, wenn die Regelung unter dem Gesichtspunkt der Abgabengerechtigkeit zu einem unerträglichen Ergebnis führen würde, also willkürlich wäre. Dies ist der Fall, wenn für die getroffene Regelung jeder sachlich einleuchtende Grund fehlt (vgl. BayVerfGH, E.v. 28.5.2009 - Vf. 4-VII-07 - juris Rn. 157; BayVGH, U.v. 26.2.1980 - 167 XXIII 75 - BeckRS 1980, 108636; U.v. 8.3.1985 - 23 B 83 A. 2112 - BeckRS 1985, 108834 jew. m.w.N.).
32
Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben sind das Straßengruppenverzeichnis gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1, § 4 Abs. 4 Satz 2 SoNuGebS i.V.m. Anlage II und die Verdopplung der Gebührensätze für Freischankflächen in § 4 Abs. 4 Satz 1 SoNuGebS i.V.m. Ziffer 18 der Anlage I nach den vorgelegten Satzungsunterlagen nicht mit dem Äquivalenzprinzip und dem Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Die Beklagte hat insoweit ihren Spielraum bei der Ausgestaltung der Satzung überschritten.
33
a) Die diesbezüglichen Erwägungen in der Beschlussvorlage Nr. … zur Sitzung des Kreisverwaltungsausschusses vom 8. April 2014, die die Grundlage für den Stadtratsbeschluss vom 9. April 2014 zur Neufassung der Sondernutzungsgebührensatzung vom 25. Juni 2014 bildete, stellen keine in diesem Sinne tragfähige Grundlage für die Erhebung von Sondernutzungsgebühren dar.
34
In dieser Beschlussvorlage wird zur Änderung der Straßengruppen und der Gebührenhöhe für Freischankflächen lediglich Folgendes ausgeführt: Der Grund für die Verdopplung der Gebührensätze für Freischankflächen sei deren gesteigerter wirtschaftlicher Wert, da liberalere Gestaltungsregeln, insbesondere der Wegfall der jährlich wiederkehrenden Verwaltungsgebühr für die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis, eingeführt würden. Ferner würden im Stadtgebiet der Beklagten im deutschlandweiten Vergleich bisher extrem niedrige Gebühren erhoben (Ziffer 3 der Beschlussvorlage, Seite 8). Im Rahmen der Bewertung der Stellungnahme der Handwerkskammer und der Industrie- und Handelskammer (Ziffern 6.1 und 6.4 der Beschlussvorlage, Seite 15 f.) wird weiter dargelegt, dass die Sondernutzungsgebühren für Freischankflächen auch nach der Erhöhung im bundesweiten Vergleich noch immer nicht an der Spitze lägen. Betrachte man zudem die Mieten und Pachten, die im Stadtgebiet der Beklagten in entsprechender Lage marktüblich seien und an denen sich letztendlich auch die Sondernutzungsgebühren messen lassen müssten, seien die Sondernutzungsgebühren noch immer ausgesprochen niedrig. Zwar träfe es zu, dass es durch das Zusammentreffen der generellen Gebührenerhöhung mit den Änderungen im Straßengruppenverzeichnis im Einzelfall zu Erhöhungen bis zum Vierfachen der bisher festgesetzten Gebühr kommen könne. Dies liege aber daran, dass die Gebühren bisher zu niedrig bemessen gewesen seien.
35
Weitere Unterlagen zur Neufassung der Satzung am 9. April 2014, insbesondere zu den Motiven für die Änderungen im Straßengruppenverzeichnis, konnte die Beklagte trotz mehrfacher gerichtlicher Nachfrage nicht vorlegen. Nach hausinterner Recherche einschließlich einer Nachfrage im Grundsatzreferat der Beklagten seien weitere Unterlagen bei der Beklagten nicht vorhanden. Die Erwägungen, die letztlich in die einzelnen Satzungsbestimmungen eingeflossen seien, seien referatsintern bei der Beklagten mündlich diskutiert und direkt in die Entwürfe der jeweiligen Beschlussvorlagen eingearbeitet worden.
36
aa) Im Hinblick auf die Änderungen im Straßengruppenverzeichnis fehlt es in dieser Beschlussvorlage bereits an jeglicher Begründung. Eine belastbare Rechtfertigung, ob die Auf- oder Abstufung der Straßen in die Gruppen I bis III sowie S (auch) unter Berücksichtigung der (Äquivalenz-)Kriterien des Art. 18 Abs. 2a Satz 5 BayStrWG erfolgt ist, findet sich nicht. Dies verstößt sowohl gegen das Äquivalenzprinzip als auch gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
37
Es ist zwar nach dem oben bereits Dargestellten grundsätzlich zulässig und unter dem Gesichtspunkt des Äquivalenzprinzips gegebenenfalls gerade geboten, in größeren Städten eine Staffelung der Gebührenhöhe je nach Stadtzone oder Straße vorzunehmen. Aber eine Staffelung der Gebührenhöhe in Abhängigkeit von verschiedenen Straßenklassen muss - wie bereits ausgeführt - dem Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG Rechnung tragen. Dieser erfordert insbesondere eine systemgerechte Staffelung nach bestimmten Merkmalen, um eine willkürliche Ungleichbehandlung gleicher Sachverhalte - hier vergleichbarer Straßen - zu vermeiden.
38
Diese Anforderungen sind im konkreten Fall nicht erfüllt. Ob derartige Überlegungen in der Stadtratssitzung vom 9. April 2014 angestellt worden sind, lässt sich der Beschlussvorlage gerade nicht entnehmen. Sie enthält keine Rechtfertigung für die vorgenommenen Änderungen, geschweige denn ein belastbares Konzept für die Einordnung der Straßengruppen, das sich an konkreten Kriterien und Merkmalen für die unterschiedliche Bewertung der Straßen orientiert. Ausweislich des von der Klagepartei zitierten Dringlichkeitsantrages der Stadtratsfraktion Freiheitsrechte, Transparenz und Bürgerbeteiligung vom 26. Februar 2015 hat es im Stadtrat gerade keine Diskussion über einzelne Straßen und Plätze sowie deren Zuordnung zu den verschiedenen Kategorien gegeben.
39
Dieses Vorgehen ist auch nicht mehr von der grundsätzlichen Gestaltungsfreiheit der Beklagten bei der Ausgestaltung von Satzungen gedeckt. Das Satzungsermessen entbindet die Beklagte nicht von der Berücksichtigung der Vorgaben in Art. 18 Abs. 2a Satz 5 BayStrWG. Anders als bei einer Steuer, die der Einnahmenerzielung dient und bei der dem Satzungsgeber eine größere Freiheit bei der Bestimmung der Steuerhöhe zuzugestehen ist, wird die Sondernutzungsgebühr zweckgebunden als Gegenleistung für die Inanspruchnahme einer konkreten Leistung erhoben. Das Äquivalenzprinzip erfordert es daher, die Gebühr in Abhängigkeit von dieser erhaltenen Leistung zu bestimmen, wobei gewisse Pauschalierungen grundsätzlich zulässig sind. Da im vorliegenden Fall mangels Begründung in der Sitzungsvorlage nicht klar ist, ob und wenn ja, an welchen Kriterien sich die Beklagte für die Einteilung der Straßen in ihrem Straßengruppenverzeichnis orientiert hat, ist nicht nachgewiesen, dass die Beklagte die Vorgaben des Äquivalenzprinzips, insbesondere gemäß Art. 18 Abs. 2a Satz 5 Bay-StrWG, beachtet hat.
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bb) Für die Erhöhung der Gebührensätze bei den Freischankflächen findet sich zwar eine Begründung in dieser Sitzungsvorlage; sie genügt den Anforderungen des Äquivalenzprinzips jedoch nicht.
41
Motiv für die Erhöhung sind die im bundesweiten Vergleich niedrigen Gebühren gewesen; ferner wird auf die angestiegenen Mieten und Pachten im Stadtgebiet der Beklagten sowie die Steigerung des wirtschaftlichen Werts von Freischankflächen durch liberalere Gestaltungsregeln seitens der Beklagten verwiesen.
42
Grundsätzlich ist es nach dem bereits Ausgeführten nicht zu beanstanden, wenn sich Sondernutzungsgebühren an den ortsüblichen Aufwendungen für die Miete privater Garagen oder Stellplätze orientieren. Aber im konkreten Fall ist der allgemein gehaltene Verweis auf die angestiegenen Mieten und Pachten zu pauschal, um eine Gebührenverdopplung rechtfertigen zu können. Insbesondere ist nicht substantiiert dargelegt, dass im gesamten Stadtgebiet die Mieten und Pachten in gleicher Weise angestiegen sind, dass eine pauschale Verdopplung der Gebührensätze für Freischankflächen in allen Straßenklassen gerechtfertigt wäre. Das Argument der gestiegenen Mieten und Pachten überzeugt auch insofern nicht, als die Gebührensätze mit Stadtratsbeschluss vom 9. April 2014 - soweit ersichtlich - nur für die Freischankflächen, nicht aber die anderen enumerierten Sondernutzungsgebührentatbestände des Gebührenverzeichnisses in Anlage I verdoppelt worden sind. Wenn die Mieten und Pachten - wie die Beklagte argumentiert - jedoch im gesamten Stadtgebiet angestiegen sind, ist es jedoch fragwürdig und damit näher begründungsbedürftig, warum die Gebührensätze nicht generell, sondern nur diejenigen der Freischankflächen erhöht worden sind.
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Der pauschale Verweis der Beklagten auf die im bundesweiten Vergleich niedrigen Gebühren genügt den Anforderungen des Art. 18 Abs. 2a Satz 5 BayStrWG nicht, da er zum einen nicht substantiiert ist und zum anderen den örtlichen Verhältnissen im Stadtgebiet der Beklagten nicht Rechnung trägt.
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Soweit die Beklagte auf einen gesteigerten wirtschaftlichen Wert der Freischankflächen infolge liberalerer Gestaltungsregelungen rekurriert, knüpft dieses Argument zwar an die wirtschaftlichen Interessen der Gebührenschuldner im Sinne von Art. 18 Abs. 2a Satz 5 BayStrWG an. Aber es ist nicht substantiiert dargelegt und für das Gericht nicht ohne Weiteres nachvollziehbar, dass die liberalisierten Regelungen insbesondere zum Mobiliar und zur Dekoration der Freischankflächen sowie zum Wegfall der bisher jährlich angefallenen Verwaltungsgebühr (in Höhe von 150 EUR) eine pauschale Verdopplung der Gebührensätze in allen Straßenklassen rechtfertigen.
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b) Soweit die Beschlussvorlage Nr. … zur Sitzung des Kreisverwaltungsausschusses vom 30. Juni 2015 Ausführungen zur Änderung der Gebührenhöhe für Freischankflächen und zur Änderung der Straßengruppen enthält (Seiten 6-8, 10 f.), könnten diese zwar möglicherweise die weiteren Änderungen der Straßengruppenzuordnungen gemäß der Satzungsänderung vom 13. Juli 2015 auf Grundlage des Stadtratsbeschlusses vom 1. Juli 2015 rechtfertigen. Da diese Änderungen aber Ausfluss einer im Juni 2015 vorgenommenen Evaluierung der Satzungsänderung von April 2014 sind, können diese nachträglichen Evaluierungserwägungen des Satzungsgebers jedenfalls nicht als Begründung für die Wirksamkeit der Neufassung der Satzung mit Stadtratsbeschluss vom 9. April 2014 herangezogen werden.
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Im Übrigen werden die weiteren, in der Satzungsänderung vom 13. Juli 2015 vorgenommenen Straßengruppenänderungen, von denen die …straße nicht betroffen ist, auch hier nicht anhand nachvollziehbarer Kriterien, insbesondere im Sinne des Art. 18 Abs. 2a Satz 5 BayStrWG, begründet. Es wird lediglich für zwei Straßen - wenn auch (zufälligerweise) für die …straße - nachträglich begründet, warum im April 2014 eine Aufstufung erfolgt ist. Zudem wird ein Platz im Stadtgebiet der Beklagten nach erneuter Bewertung anhand von Verkehrsbedeutung und wirtschaftlichem Wert wieder um eine Straßengruppe herabgestuft. Ein schlüssiges Konzept für alle Straßen ist daraus jedoch nicht erkennbar.
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Im Hinblick auf die Erhöhung der Gebühren für die Freischankflächen wird jedenfalls auch hier im Kern lediglich auf die deutschlandweit niedrigen Gebühren abgestellt. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.
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Auch hinsichtlich dieser Satzungsänderung vom 13. Juli 2015 hat die Beklagte trotz mehrfacher gerichtlicher Nachfrage keine weiteren Unterlagen vorgelegt.
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c) Da die Sondernutzungsgebührensatzung der Beklagten vom 25. Juni 2014 in der Fassung der Änderung vom 13. Juli 2015 hinsichtlich des Straßengruppenverzeichnisses gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1, § 4 Abs. 4 Satz 2 SoNuGebS i.V.m. Anlage II und hinsichtlich der Gebührensätze für Freischankflächen in § 4 Abs. 4 Satz 1 SoNuGebS i.V.m. Ziffer 18 der Anlage I als rechtswidrig und damit nichtig anzusehen ist und es im vorliegenden Fall der Erhebung von Sondernutzungsgebühren für Freischankflächen auf diese Bemessungsgrundlagen entscheidungserheblich ankommt, war der Bescheid der Beklagten vom 17. August 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Oberbayern vom 11. Juni 2018 in vollem Umfang aufzuheben.
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aa) Es kam nicht in Betracht, den streitgegenständlichen Bescheid auf Grundlage der Einordnung der …straße in die niedrigste Straßengruppe I aufrechtzuerhalten. Eine teilweise Aufrechterhaltung des streitgegenständlichen Bescheids setzte voraus, dass die Anhebung der Gebühren auch für diese Straßengruppe (I) ausreichend begründet worden ist. Aber auch insofern wurde pauschal eine Verdopplung des Gebührensatzes vorgenommen, ohne dies substantiiert zu begründen. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.
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bb) Die Erhebung von Sondernutzungsgebühren kann auch nicht auf anderer Rechtsgrundlage aufrechterhalten werden. Ein Rückgriff auf den Auffangtatbestand in § 4 Abs. 1 SoNuGebS scheidet aus. Diese Vorschrift ist in den Fällen einschlägig, in denen ein Sondernutzungsgebührentatbestand vorliegt, der nicht im Gebührenverzeichnis in Anlage I der Sondernutzungsgebührensatzung speziell enumeriert ist. In Fällen wie dem vorliegenden, in denen die spezielle Regelung, nämlich der enumerierte Sondernutzungsgebührentatbestand im Gebührenverzeichnis in Anlage I, zwar tatbestandlich einschlägig, aber unwirksam ist, verbietet sich der Rückgriff auf den allgemeinen Auffangtatbestand.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung fußt auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Die Berufung wurde nach § 124 Abs. 1 VwGO zugelassen, da die Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO grundsätzliche Bedeutung hat. Die Klärung der Frage, welche Anforderungen an die Staffelung von Gebührensätzen nach Straßenklassen sowie die Erhöhung von Sondernutzungsgebühren zu stellen sind, dient der Weiterentwicklung des Rechts.