Inhalt

OLG München, Beschluss v. 22.03.2021 – 21 U 6111/20
Titel:

Widerspruch gegen eine im Policenmodell geschlossene Lebensversicherung

Normenketten:
VVG 5a (idF bis zum 31.12.2007)
VAG § 10a (idF bis zum 31.12.2007)
Leitsätze:
1. Enthält eine Verbraucherinformation keine Angaben über eine Zugehörigkeit zu einem Sicherungsfonds, wird ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei einem ausländischen Versicherer nicht die Vorstellung haben, dass eine Zugehörigkeit zu der deutschen Sicherungseinrichtung besteht. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine auf die fehlende Angabe eines Sicherungsfonds gestützte Ausübung des Widerspruchsrechts ist rechtsmissbräuchlich, wenn hiermit eine bloß formal bestehende Rechtsposition ohne schützenswertes Eigeninteresse des Versicherungsnehmers ausgenutzt wird. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Angabe konkreter Rückkaufswerte ist in den Verbraucherinformationen nicht geschuldet, wenn Rückkaufswerte nicht garantiert sind (Anschluss an BGH BeckRS 2019, 34542). (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Lebensversicherung, Policenmodell, Widerspruchsbelehrung, Widerspruch, Rechtsmissbrauch, Verbraucherinformation, Sicherungsfonds, Rückkaufswert
Vorinstanz:
LG München I, Endurteil vom 06.10.2020 – 12 O 16223/19
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 19.07.2023 – IV ZR 102/21
Fundstelle:
BeckRS 2021, 63001

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 06.10.2020, Aktenzeichen 12 O 16223/19, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 68.010,52 € festgesetzt.

Gründe

1
Der Kläger nimmt die Beklagte, die europäische Tochter einer britischen Lebensversicherungsgesellschaft, aufgrund eines Widerspruchs gegen einen mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, …, geschlossenen Rentenversicherungsvertrag des Typs „Wealthmaster Rente“ auf Rückzahlung der geleisteten Beiträge sowie Zahlung von Nutzungsersatz in Anspruch.
2
Es handelt sich vorliegend um eine anteilsgebundene Rentenversicherung gegen monatliche Zahlungen nach dem britischen Unitised-With-Profits Modell, das Elemente von deutschen klassischen und fondsgebundenen kapitalbildenden Versicherungen verbindet. Die Wealthmaster Rente ist eine aufgeschobene Rentenversicherung auf Lebenszeit mit fest vereinbartem Zeitpunkt für den Rentenbeginn. Der Abschluss der Versicherung erfolgte im Policenmodell. Vereinbart wurde ein Versicherungsbeginn ab dem 01.06.2007, eine Aufschubphase und Beitragszahlungsdauer von 38 Jahren und ein Rentenbeginn ab 2045. Während der Aufschubphase wird der Wert der Wealthmaster Rente, die ab dem Rentenbeginn zahlbar wird, durch rechnerische Beteiligung an der Wertentwicklung eines oder mehrerer Pools, hier des Pools der Euro Pool Serie 2.004, mit garantiertem Wertzuwachs gebildet. Die Grundsätze, die bei der Verwaltung dieses Pools angewendet werden, sind in der Verbraucherinformation in Abschnitt 4 dargestellt.
3
Mit Schreiben vom 19.08.2019 erklärte der Kläger wegen angeblich nicht ordnungsgemäßer Belehrung über sein Lösungsrecht vom Vertrag den Widerspruch, Anlage K3.
4
Im Lauf des Verfahrens begründete er sein Widerspruchsrecht auch damit, dass die ihm übergebenen Verbraucherinformationen nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprächen und nicht vollständig seien.
5
Die dem Kläger überlassene Verbraucherinformation enthält keine Angaben über die Zugehörigkeit zu einem Sicherungsfonds. Erstinstanzlich gab die Beklagte an, dass die Versicherungspolicen der … seit seiner Einrichtung im Jahr 2001 durch den Financial Services and Markets Act 2000 über das Financial Services Compensation Scheme (FSCS) abgesichert gewesen seien.
6
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts München I vom 06.10.2020 sowie Ziffer I des Hinweisbeschlusses des Senats vom 08.02.2021 Bezug genommen.
7
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 06.10.2020 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der vom Kläger erklärte Widerspruch verfristet sei. Die von der Beklagten erteilte Belehrung entspreche den formalen und inhaltlichen Anforderungen des § 5 a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. Die Verbraucherinformation enthalte alle notwendigen Erläuterungen.
8
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers. Wegen der Berufungsangriffe im Einzelnen wird auf die Berufungsbegründung im Schriftsatz vom 23.10.2020, Bl. 325 ff. d.A., sowie auf die Zusammenfassung im Hinweisbeschluss des Senats verwiesen.
9
Im Berufungsverfahren beantragt der Kläger:
1. Das Urteil des Landgerichts München I vom 06.10.2020, Az. 12 O 16223/19, wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 68.010,52 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.879,09 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
10
Die Beklagte beantragt im Berufungsverfahren,
die Berufung zurückzuweisen.
11
In der Berufungserwiderung erklärte die Beklagte in Bezug auf die Frage der Zugehörigkeit zu einem Sicherungsfonds, dass sie zwar durchgehend am FSCS beteiligt gewesen sei, die streitgegenständliche Versicherung hiervon allerdings nicht erfasst gewesen sei.
12
Im Übrigen verteidigt die Beklagte die erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts, vgl. Berufungserwiderung, Schriftsatz vom 19.10.2020 (wohl 2021), Bl. 400 ff. d.A.
13
Der Senat hat mit Beschluss vom 08.02.2021 darauf hingewiesen, dass er beabsichtigt, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen und hat den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Der Kläger hat zu dem Beschluss des Senats mit Schriftsatz vom 15.03.2021 Stellung genommen.
14
Den neuen Vortrag der Beklagten zur Zugehörigkeit zu einer Sicherungseinrichtung hält der Kläger für inhaltlich falsch und für verspätet. Er ist der Auffassung, dass sein Lebensversicherungsvertrag von Anfang an der Absicherung durch den Policyholder Protection Act unterfallen sei und es sich dabei um eine verpflichtende staatliche Sicherungseinrichtung handle. Entgegen dem Willen des Gesetzgebers in Abschnitt I 1 i) der Anlage D zu § 10a VAG a.F., den Versicherungsnehmer über die Zugehörigkeit zu einer Sicherungseinrichtung zu informieren, habe die Beklagte dies unterlassen. Da keine Angaben gemacht worden sind, habe die Gefahr bestanden, dass ein deutscher Versicherungsnehmer irrtümlich eine Zugehörigkeit der Beklagten zu der deutschen Sicherungseinrichtung annehme. Da die Zugehörigkeit zu einer britischen Sicherungseinrichtung für den deutschen Versicherungsnehmer schlechter sei, sei bei Kenntnis der wahren Sachlage nicht auszuschließen, dass ein deutscher Versicherer vorgezogen worden wäre. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs, Urteil vom 10.02.2021, Az. IV ZR 32/20, betreffe eine andere Fallgestaltung und könne auf den hier zu entscheidenden Rechtsstreit nicht übertragen werden. Im Übrigen hält der Kläger seinen Vortrag dazu aufrecht, dass ihm weitere Verbraucherinformationen nicht erteilt worden seien. Es fehlten Angaben zur Garantie beitragsfreier Leistungen, außerdem hätte darauf hingewiesen werden müssen, dass keine Überschussbeteiligung gewährt wird und dass Rückkaufswerte nicht dargestellt werden. Im Einzelnen wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 15.03.2021, Bl. 462 ff. d.A., ergänzend Bezug genommen.
II.
15
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 06.10.2020, Aktenzeichen 12 O 16223/19, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
16
Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats Bezug genommen. Der Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht …, der an dem Hinweisbeschluss nicht mitgewirkt hat, tritt den dort gemachten Ausführungen vollumfänglich bei. Die Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 15.03.2021 führen zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Der Senat verbleibt dabei, dass der Kläger ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt worden ist und ihm auch die Verbraucherinformation nach § 10 a VAG a.F., vollständig vorgelegen hat, so dass die Berufung ohne Erfolg bleibt.
17
Im Einzelnen ist noch Folgendes auszuführen:
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1. Die Ausführungen des Senats im Hinweisbeschluss dazu, dass die dem Kläger erteilten Belehrungen formal und inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen entsprochen haben, hat der Kläger nicht mehr weiter angegriffen. Insoweit kann vollumfänglich auf Ziffer 1. a) bis d) des Hinweisbeschlusses verwiesen werden. Weitere Ausführungen sind nicht veranlasst.
19
2. Die von der Beklagten erteilten Verbraucherinformationen sieht der Senat als vollständig an, zudem ergibt sich hieraus kein (fortbestehendes) Widerspruchsrecht des Klägers.
20
a) Es ist unstreitig, dass die hier streitgegenständliche Verbraucherinformation keine Angaben über die Zugehörigkeit zu einem Sicherungsfonds enthält. Es kann aber vorliegend dahinstehen, ob – wie die Beklagte zuletzt vorträgt – eine Absicherung der streitgegenständlichen Versicherung im FSCS nicht gegeben war oder – wie der Kläger vorträgt – bei Abschluss des Vertrages eine Absicherung durch eine britische Sicherungseinrichtung bestand. Selbst wenn die Behauptung des Klägers als wahr unterstellt wird, ergibt sich hieraus kein (fortbestehendes) Widerspruchsrecht. Enthält eine Verbraucherinformation – wie hier – keine Angaben über die Zugehörigkeit zu einem Sicherungsfonds wird ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer (u.U. fälschlich) davon ausgehen, dass es bei dem von ihm gewählten Vertrag eine solche Zugehörigkeit nicht gibt. Anders als der Kläger ausführt, hält der Senat es für abwegig, dass ein deutscher Versicherungsnehmer bei Abschluss eines Versicherungsvertrages mit einer britischen Lebensversicherungsgesellschaft und einer Vertragsausstellung in Maastricht, vgl. Ziffer 1 der Verbraucherinformation, die Vorstellung haben wird, dass für die Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Zugehörigkeit zu der deutschen Sicherungseinrichtung bestand. Sollte ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sich überhaupt Gedanken über die Zugehörigkeit zu einer Sicherungseinrichtung machen, wird er bei einem ausländischen Versicherer nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass die Sicherung im Insolvenzfall von einer deutschen Sicherungseinrichtung übernommen wird, sondern vielmehr Zweifel haben, welche Regelung gilt, und nachfragen, wie die konkrete Ausgestaltung ist.
21
Vorliegend ist schon fraglich, ob die vom deutschen Gesetzgeber geforderte Information des Versicherungsnehmers über die Zugehörigkeit zu einer Sicherungseinrichtung nach Abschnitt I 1 i) der Anlage D zu § 10 a VAG a.F. mit europäischen Vorschriften in Einklang steht, denn nach dem Erwägungsgrund 23 der Dritten Richtlinie Lebensversicherung verlangen die dort genannten Mindestvorschriften eine solche Angabe nicht. Dies kann hier aber ebenfalls dahinstehen, weil ein Widerspruch deshalb nicht besteht, da der Kläger lediglich eine bloß formal bestehende Rechtsposition einfordert, ohne schützwürdiges Eigeninteresse. Ein solches Eigeninteresse sieht der Senat nicht darin, dass die Absicherung in der britischen Sicherungseinrichtung unter Umständen geringer ist oder die Kommunikation in einer Fremdsprache möglicherweise die Durchsetzung von Rechten erschwert. Diese zugunsten des Klägers als gegeben unterstellten Nachteile sind so geringfügig und hätten nach Überzeugung des Senats einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht davon abgehalten, den Vertrag dennoch zu schließen, zumal in den Versicherungsbedingungen – wie oben ausgeführt – keinerlei Angaben zu einer Zugehörigkeit zu einer Sicherungseinrichtung gemacht worden sind. Die Gewährung eines Widerspruchsrechts ist kein Selbstzweck, vgl. BGH, Urteil vom 10.02.2021, Az. IV ZR 32/20.
22
Es ist zutreffend, dass die dem zuvor genannten Urteil des BGH zugrunde liegenden tatrichterlichen Feststellungen von der hier vorliegenden Fallgestaltung abweichen, weil dort der betroffene Lebensversicherungsvertrag der deutschen Sicherungseinrichtung unterfiel und ausdrücklich die Information erteilt worden ist, dass keine Zugehörigkeit zu einer Sicherungseinrichtung besteht. Gleichwohl können die tragenden Erwägungen, die der Bundesgerichtshof in der Entscheidung angestellt hat, auf vorliegenden Fall übertragen werden. Der Obersatz, den der Bundesgerichtshof in Rdnr. 17 aufgestellt hat, nämlich, dass die Ausübung des Widerspruchsrechts rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 242 BGB ist, wenn hiermit eine bloß formal bestehende Rechtsposition ohne schutzwürdiges Eigeninteresse des Versicherungsnehmers ausgenutzt wird, ist auch hier anzuwenden. Die im Fall des Bundesgerichtshofs explizite Verneinung der Zugehörigkeit zu einer Sicherungseinrichtung, die wegen § 124 Abs. 1 VAG a.F. falsch war, ist mit der hier gegebenen Fallgestaltung, der gänzlich fehlenden Information zu einer Sicherungseinrichtung und des – nach Vortrag des Klägers – bestehenden Schutzes durch eine britische Einrichtung, vergleichbar. In beiden Fällen ist der Versicherungsnehmer nicht bzw. nicht zutreffend informiert worden und letztlich aber im Insolvenzfall abgesichert. Somit fehlt auch hier dem Kläger ein schützenswertes Eigeninteresse.
23
Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob Abschnitt I Nr. 1 i der Anlage D zu § 10 a VAG a.F. überhaupt auf die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin anwendbar ist oder sich nach Telos, Wortlaut, Systematik und gesetzgeberischem Willen nur auf einen deutschen Sicherungsfonds bezog und rein nach nationalem deutschen Recht auszulegen war.
24
b) Auch die weiteren Angriffe der Klagepartei wegen angeblich fehlender Informationen in der Verbraucherinformation greifen nicht durch. Das diesbezügliche Vorbringen des Klägers führt ebenfalls nicht zu einem (fortbestehenden) Widerrufsrecht. Diesbezüglich nimmt der Senat vorab Bezug auf die Ausführungen im Hinweisbeschluss Seite 8 ff.
25
(1) Die Bedingungen, wann die Beitragszahlung zeitweise ausgesetzt werden kann, die Wirkungen einer Beitragsaussetzung sowie die Voraussetzungen und die Wirkung einer Umwandlung in eine beitragsfreie Versicherung werden in Ziffer 12.1. bis 12.4 sowie 13.1 und 13.5 der Verbraucherinformation, Anlage B 3 ausreichend dargestellt. Der Versicherungsnehmer erhält die geltende Todesfallleistung so lange weiter, bis der Vertragswert aufgrund der in Ziffer 14 der Verbraucherinformation dargestellten abzuziehenden Gebühren, auf Null fällt und der Vertrag damit verfällt. Da die Beklagte nach der Struktur ihrer Versicherung keine festen Leistungen garantiert, sondern lediglich garantiert, dass der Preis der Anteile niemals fällt und dass der Preis am Ende der Aufschubphase der höchste bis zu diesem Zeitpunkt ist, vgl. Ziffer 4.7. der Verbraucherinformation, kann nicht verlangt werden, dass sie im Fall der Beitragsfreistellung feste Leistungen zu garantieren hat. Soweit der Kläger fordert, dass zumindest Annäherungswerte hätten angegeben werden müssen, teilt der Senat dies nicht, da ein Versicherungsnehmer letztlich mit solchen Werten, die nicht zugesichert sind, nichts anfangen kann. Ansprüche könnten hierauf nicht gestützt werden.
26
(2) Angaben zu einer Überschussermittlung und -beteiligung in der Form, wie sie bei der klassischen deutschen Lebensversicherung zu erteilen sind, waren nicht erforderlich. Es gibt – wie schon im Hinweisbeschluss ausgeführt – bei der streitgegenständlichen Versicherung keine Überschussbeteiligung im herkömmlichen Sinne, weil keine prospektiv bestimmte und garantierte – aufgrund des aufsichtsrechtlichen Rahmens vorsichtig kalkulierte – Ablaufleistung existiert, die dann zu nicht intendierten Überschüssen der Versicherungsunternehmen führt. Die grundlegenden Informationen dazu, wie mit der Versicherung eine Rendite erwirtschaftet werden soll, befinden sich in Ziffer 4 der Verbraucherinformation. Hier wird erläutert, dass die Renditeentwicklung nicht nur vom zugeteilten Pool, einem rechnerischen Anteil, abhängt, sondern maßgeblich vom With-Profits Fund, in dem jedem Pool ein einzelnes Konto zugeordnet ist und der verschiedene Gruppen von Vermögenswerten hält. Versicherungsnehmer profitieren mittels eines Bonussystems an der Fondsentwicklung, wobei Aufwärts- und Abwärtsbewegungen, die mit den Anlageprodukten verbunden sind, geglättet werden, so dass sich mittel- bis langfristig gleichmäßigere, stabilere Renditen ergeben, vgl. Ziffer 4.3 der Verbraucherinformation. Während Versicherungsnehmer bei der klassischen deutschen Lebensversicherung einen konkreten, im Vorhinein für den gesamten Vertragszeitraum feststehenden Garantiezins, der ggf. um eine gesetzlich vorgesehene Überschussbeteiligung erhöht wird (§ 153 VVG) erhalten, sind die Versicherungsnehmer beim With-Profits Modell nicht unmittelbar an Gewinnen und Verlusten aus der Anlage beteiligt. Der Versicherungsnehmer erhält vorliegend nur einen Anspruch auf den Gegenwert der zugeteilten Anteile. Der Kapitalertrag wird durch Zuweisung eines sog. deklarierten Wertzuwachses, der einmal pro Kalenderjahr bekannt gegeben wird, sowie Boni verteilt. vgl. Ziffer 4.4, 4.5 und 4.6 der Verbraucherinformation. Chancen und Risiken der Anlagen treffen vielmehr unmittelbar den Versicherer, weshalb der Senat die streitgegenständliche Versicherung näher an der fondsgebundenen Lebensversicherung sieht.
27
Der Senat ist weiter – anders als der Kläger – der Auffassung, dass es keine Verpflichtung gab, auf die fehlende Überschussbeteiligung hinzuweisen. Dies ergibt sich bereits zwangsläufig aus der ausführlich in der Verbraucherinformation dargestellten Funktionsweise der streitgegenständlichen Versicherung, die anders konstruiert ist als die „klassische deutsche“ Lebensversicherung. Die durch den Gesetzgeber bezweckte Vergleichbarkeit von Versicherungsprodukten findet da ihre Grenze, wo Versicherungsmodelle unterschiedlich aufgebaut sind und andere Methoden der Renditeerzielung gegeben sind.
28
(3) Die Verbraucherinformation ist in Bezug auf die notwendigen Angaben über die Rückkaufswerte nach Ziffer 2 b) der Anlage D zu § 10 a VAG a.F nicht zu beanstanden. Die Angabe konkreter Rückkaufswerte ist hier nicht geschuldet, weil die Rückkaufswerte bei der streitgegenständlichen Versicherung nicht garantiert sind. Streitgegenständlich ist eine anteilsgebundene Kapitallebensversicherung, bei der die Wertentwicklung neben der Höhe der eingezahlten Prämien maßgeblich davon abhängt, wie sich die Vermögenswerte in dem vom Kläger gewählten Pool, hier der Euro Pool Serie 2.004, entwickeln. Angesichts der besonderen Konstruktion der „Wealthmaster Rente“ reicht es aus, dass der Versicherungsnehmer – wie geschehen – über die Art und Weise der Berechnung des Rückkaufswertes bzw. Rückgabewertes informiert wird, was in Ziffer 3.3., 4.8. und 16.4. der Verbraucherinformation erfolgt ist, vgl. Hanseatisches OLG, Az. 9 U 62/18, Anlage B 28 und OLG Stuttgart, Urteil vom 09.05.2019, Az. 7 U 169/18 Rn. 62 ff. Eines Hinweises, dass es hier an einer Garantie von Rückkaufswerten fehlt, bedurfte es nicht, vgl. BGH, Urteil vom 11.12.2019, Az. IV ZR 8/19.
29
Beispiele für die zukünftige Wertentwicklung, Auszahlungen und Todesfallleistung während der Aufschubphase, wurden dem Kläger im Übrigen gemacht, Anlage K 1, wobei zutreffend darauf hingewiesen worden ist, dass die dargestellten Werte nur der Illustration dienen und nicht garantiert werden.
30
(4) Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass intransparente Verbraucherinformationen bzw. Allgemeine Versicherungsbedingungen kein Widerspruchsrecht nach § 5a VVG a.F. auslösen.
31
Die Rechtsfolgen einer Klauselunwirksamkeit ergeben sich allein aus § 306 BGB, § 6 AGBG (BGH, Urteil vom 26.09.2007, Az.: IV ZR 321/05, Rdnr. 9 ff., zitiert nach juris).
III.
32
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
33
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
34
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG, 3 ZPO bestimmt.