Inhalt

OLG Nürnberg, Beschluss v. 29.07.2021 – 13 U 453/21
Titel:

Abschlagszahlungen, Schutzbereich, Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, Mängelbeseitigungsansprüche, Bauforderungssicherungsgesetz, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Vorleistungspflicht, Insolvenzverschleppung, Entscheidung des Berufungsgerichts, Werkleistung, Klärungsbedürftigkeit, Eintragung einer Sicherungshypothek, Streitwertfestsetzung, Sicherungsbedürfnis, dingliche Sicherung, Rechtshängigkeit, Bereicherungsabsicht, Insolvenzverfahren, Bauherr, Bauhandwerker

Normenketten:
BauFordSiG § 1 Abs. 1 Satz 1
BGB § 823 Abs. 2
StGB § 263
ZPO § 522 Abs. 2
Leitsätze:
1. Der Schutzbereich von § 1 Abs. 1 Satz 1 BauFordSiG umfasst nicht den Bauherrn. Da dieser an Herstellung oder Umbau nicht beteiligt ist, ist er nicht Baugläubiger. Letzter ist nur, wer einen Beitrag leistet, der den Wert des Grundstücks erhöht, und in einer gewissen Nähebeziehung zum Bau steht. Es sind diejenigen Personen erfasst, die an der Herstellung oder dem Umbau des Baues auf Grund eines Werk-, Dienst- oder Kaufvertrages beteiligt sind, also Bauhandwerker und Lieferanten.
2. Abschlagszahlungen nach Baufortschritt vergüten einen bereits erhaltenen Wertzuwachs. Sie setzen grundsätzlich kein Vertrauen des Leistenden darauf voraus, dass der Zahlungsempfänger künftig weitere, von den Abschlagszahlungen nicht erfasste Leistungen erbringt. Daher wird ohne Hinzutreten weiterer Umstände keine Grundlage für die Annahme bestehen, dass der Auftraggeber Abschlagszahlungen infolge eines täuschungsbedingten Irrtums über die künftige Leistungsfähigkeit des Auftragnehmers geleistet hat und damit aufgrund diesbezüglicher betrügerischer Täuschung durch den Geschäftsführer des Auftragnehmers (im Hinblick auf zu prüfende Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB).
3. Allein der Umstand, dass eine Partei in einem Zivilprozess interessegeleitet eine Abweichung von einer gefestigten, ganz herrschenden Meinung, welche vom Berufungsgericht auch geteilt wird, wünscht, verleiht einer Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung noch führt sie dazu, dass die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern würde. Vielmehr kann in derartigen Fällen eine Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen werden.
Schlagwort:
Bauforderung
Vorinstanzen:
OLG Nürnberg, Hinweisbeschluss vom 07.05.2021 – 13 U 453/21
LG Nürnberg-Fürth, Endurteil vom 18.01.2021 – 12 O 3717/20
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 10.05.2023 – VII ZR 833/21
Fundstellen:
BauR 2023, 1698
BeckRS 2021, 62201
LSK 2021, 62201

Tenor

1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 18. Januar 2021, Aktenzeichen 12 O 3717/20, wird zurückgewiesen.
2. Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 17.000,00 € abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 78.710,40 € festgesetzt.

Gründe

1
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 18. Januar 2021, Aktenzeichen 12 O 3717/20, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
A.
2
Die Kläger machen gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche in Höhe eines Gesamtbetrags von 78.710,40 € geltend.
3
Der Beklagte war alleiniger Geschäftsführer der K-GmbH. Diese bot den Klägern mit Schreiben vom 31. Oktober 2016 (Anlage K 3) an, umfangreiche Sanierungsarbeiten am Anwesen der Kläger N-Straße 4, Nürnberg, zum Bruttobetrag von 186.674,54 € auszuführen. Die Kläger erteilten der K-GmbH aufgrund des Angebots den Auftrag, die im Angebot aufgeführten Arbeiten wie Dachausbau, Türaustausch, Komplettsanierung zweier Bäder und eines WC, Erneuerung der Elektroinstallation, Austausch von Fenstern, Dämmung außen und der Kellerdecke auszuführen, mit Ausnahme der Angebots-Positionen 6, 8, 10, 18 und 20. Die Fertigstellung sollte bis spätestens 30. September 2017 erfolgen.
4
Die K-GmbH stellte im Zeitraum vom 23. April bis 13. Oktober 2017 Abschlagsrechnungen, die Kläger bezahlten hierauf 111.051,79 €. Dieser Betrag war von den Klägern durch ein KfW-Darlehen finanziert worden, gesichert mit einer Grundschuld mit einem Nennwert von 264.000 € (Anlage K 12).
5
Am 7. Dezember 2018 erklärte sich die K-GmbH bereit, bis zum 31. März 2019 unter anderem den Fußbodenabschluss im Wohnzimmer zur Terrassentür abzudichten und die erforderliche Abschlussleiste anzubringen. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 1. März 2019 an den Beklagten (Anlage K 11) wiesen die Kläger darauf hin, dass die zugesicherten Arbeiten nicht erledigt seien. Diese seien insbesondere deswegen dringend erforderlich, weil die Kläger ein KfW-Darlehen in Anspruch genommen hätten und die KfW den Klägern angedroht habe, einen Betrag von 13.000 € an Fördermitteln zu streichen, wenn die nachzuweisende Dichtigkeit nicht gegeben sei. Die K-GmbH wurde in diesem Schreiben aufgefordert, die Arbeiten insgesamt bis spätestens 22. März 2019 mangelfrei fertigzustellen, insbesondere die noch nicht vorhandene zentrale Lüftungsanlage, die fehlenden Rollos, die Tür, die im Kellerbereich eine Trennung zwischen Kalt- und Warmbereich bezwecke und ebenfalls dringend von der KfW gefordert werde. Gleiches gelte insbesondere für die Dämmung der Laibung zwischen der Terrassentür im Erdgeschoss sowie beim darüberliegenden Fenster im ersten Obergeschoss. Es wurden weitere noch zu erbringende Leistungen aufgeführt sowie Mängel gerügt. Mit Schreiben vom 19. März 2019 (Anlage K 10) wurde durch die Kläger die mit Schreiben vom 1. März 2019 gesetzte Frist verlängert bis spätestens 9. April 2019.
6
Ende Mai 2019 erschien die Ehefrau des Beklagten bei den Klägern mit einem Mitarbeiter und nahm die gerügten Mängel im gesamten Anwesen in Augenschein. Sie erklärte den Klägern, dass der anwesende Mitarbeiter zunächst kurzfristig noch in den Urlaub fahren, im Nachgang aber dann sämtliche Mängel beheben würde und die Werkleistung vertragsgemäß fertigstellen werde.
7
Das einzige weitere Tätigwerden seitens der K-GmbH bestand in der Folgezeit noch in der Installation der fehlenden Rollläden auf der Nordseite des Anwesens.
8
Die Leistungen der K-GmbH wurden nicht abgenommen.
9
Nachdem niemand mehr erschienen war, um weitere fehlende Leistungen zu erbringen oder Mängel zu beseitigen, ließen die Kläger am 20. Juli 2019 von einem Architekten vorhandene Mängel prüfen. Der Architekt bezifferte den erforderlichen Betrag für die Fertigstellung und Mängelbeseitigung auf insgesamt brutto 78.710,40 €. Davon entfielen 68.330 € brutto auf Mängelbeseitigung und Fertigstellung, 1.380,40 € auf Schadensermittlung, insbesondere Bestandsaufnahme und Erstellung des Gutachtens, 2.500 € für die Ausarbeitung der Renovierungsplanung, 1.500 € für die Bauleitung und 5.000 € für Baubegleitung im Zuge der Mängelbehebung.
10
Über das Vermögen der K-GmbH ist am 10. März 2020 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Dadurch ist diese aufgelöst, die Auflösung ist im Handelsregister gemäß § 65 GmbHG von Amts wegen am 12.03.2020 eingetragen worden (Anlage K 1). Am 22. Januar 2019 war der Beklagte als Geschäftsführer der Gesellschaft von Amts wegen gemäß § 395 FamFG gelöscht worden (Anlage K 2).
11
Die Kläger haben in der ersten Instanz die Auffassung vertreten, dass es sich bei dem an die K-GmbH gezahlten Gesamtbetrag um Baugeld im Sinne des BauFordSiG handele. Die K-GmbH habe als Gemeinschuldnerin als Empfängerin des Baugelds Beträge für sich behalten, die den angemessenen Wert der von ihr erbrachten Leistungen überstiegen. Der Beklagte hafte den Klägern gemäß § 823 Abs. 2, §§ 1, 2 BauFordSiG. Außerdem hafte der Beklagte den Klägern gemäß § 823 Abs. 2 BGB, § 263 StGB, da er trotz der Löschung als Geschäftsführer im Januar 2019 seine Ehefrau beauftragt habe, Ende Mai das Anwesen in Augenschein zu nehmen. Dabei sei das Bestehen zahlreicher Mängel eingeräumt und Mängelbeseitigung zugesichert worden, wodurch der Beklagte die Kläger über seine Fähigkeit getäuscht habe, die Geschäfte der K-GmbH führen zu dürfen. Bereits im Zeitpunkt der Abschlagszahlungen sei die K-GmbH nicht ausreichend solvent gewesen, um die vertraglich vereinbarten Leistungen fertigstellen zu können.
12
Die Kläger haben erstinstanzlich beantragt,
den Beklagten durch Versäumnisurteil zu verurteilen, an die Kläger 78.710,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.
13
Mit Endurteil vom 18. Januar 2021 hat das Landgericht die Klage abgewiesen und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:
14
Die Kläger hätten nicht schlüssig dargelegt, dass ihnen Schadensersatzansprüche in Höhe von 78.710,40 € gegen den Beklagten zustehen. Die Kläger als Bauherren seien nicht vom personellen Schutzbereich des BauFordSiG umfasst. Anspruchsinhaber könnten nämlich nur die Baugeldgläubiger sein, die Ansprüche auf Auszahlung von Baugeld hätten.
15
Die Kläger hätten auch nicht schlüssig dargelegt, dass der Beklagte sich eines Betrugs zum Nachteil der Kläger strafbar gemacht habe. Die Kläger hätten nicht vorgetragen, aufgrund welcher Täuschungshandlung des Beklagten die Kläger eine irrtumsbedingte Vermögensverfügung getroffen hätten, die kausal zu einem Vermögensschaden bei den Klägern geführt habe. Es fehle auch am schlüssigen Vortrag, dass der Beklagte mit Betrugsvorsatz und Bereicherungsabsicht gehandelt habe. Die letzte Zahlung der Kläger datiere auf den 13. Oktober 2017 (oder kurze Zeit später), während die Löschung des Beklagten als Geschäftsführer mehr als 15 Monate später im Handelsregister eingetragen worden sei. Eine Aufklärungspflicht über eine Löschung könne damit im Zeitpunkt der letzten Zahlung denklogisch nicht bestehen. Außerdem könnten Abschlagszahlungen vom Bauunternehmer nur orientiert am jeweiligen Baufortschritt und damit an dem Bauherrn zukommenden Wertzuwachs verlangt werden. Dass dies hier anders gewesen sei, die Kläger die Vergütung also nicht am jeweiligen Bautenstand orientiert leisteten, sei nicht vorgetragen worden. Die Leistungserbringung durch die K-GmbH spreche auch gegen Betrugsvorsatz und Bereicherungsabsicht des Beklagten bei Abschluss des Vertragsverhältnisses.
16
Gegen das ihnen am 21. Januar 2021 zugestellte Endurteil des Landgerichts haben die Kläger mit am 18. Februar 2021 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 22. März 2021 eingegangenem Schriftsatz begründet.
17
Die Kläger beantragen im Berufungsverfahren, unter Abänderung des am 13. Januar 2021 verkündeten und am 21. Januar 2021 zugestellten Urteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth, Aktenzeichen 12 O 3717/20, den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger 78.710,04 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.
18
Hinsichtlich der Einzelheiten des Vorbringens der Kläger in beiden Instanzen wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
B.
19
Den Klägern steht kein Zahlungsanspruch gegen den Beklagten zu.
20
I. Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats vom 7. Mai 2021 Bezug genommen. Hierin hat der Senat ausgeführt:
21
1. Die Kläger sind als Bauherrn keine Gläubiger im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1 BauFordSiG.
22
Gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 BauFordSiG sind vom Schutzbereich des BauFordSiG alle Personen erfasst, die an der Herstellung oder dem Umbau des Baues auf Grund eines Werk-, Dienst- oder Kaufvertrages beteiligt sind. Voraussetzung ist, dass sie einen Beitrag leisten, der den Wert des Grundstücks erhöht und in einer gewissen Nähebeziehung zum Bau steht. Der Schutzbereich ist damit weiter gefasst als der des § 650e BGB, der nur Werkunternehmer einen Anspruch auf Sicherheit gewährt (vgl. Wolff in Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 3. Aufl., § 1 BauFordSiG, Rn. 32). Auf das BauFordSiG können sich somit auch Baustofflieferanten, Handwerker, Generalunternehmer, Generalübernehmer, Architekten und Subunternehmer berufen (BeckOGK/Mundt, 1.4.2021, BGB § 650e Rn. 102).
23
Bei Bauherrn handelt es sich dagegen nicht um Baugläubiger, da diese an Herstellung oder Umbau nicht beteiligt sind. Entgegen der Ansicht der Kläger ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung nicht, dass die Bauherren „zum personellen Schutzbereich des Bauforderungssicherungsgesetzes zu zählen“ sind. Die in der Berufungsschrift vorgebrachten Zitate betreffen den Begriff des Baugelds, der tatsächlich auch vom Bauherrn erhaltenes Geld umfasst (§ 1 Abs. 3 Nr. 2 BauFordSiG).
24
Die Erweiterung des Baugeldbegriffs sollte jedoch nicht dazu führen, dass auch Bauherrn als Baugläubiger anzusehen wären. So ergibt sich aus der Gesetzesbegründung, dass die Definition des Baugeldgläubigers in Satz 1 entsprechend der bisherigen gesetzlichen Regelung beibehalten werden sollte, während in Ziffer 2 (des § 1 Abs. 3 BauFordSiG) der Baugeldbegriff erweitert und konkreter an der Neufassung des § 641 BGB ausgerichtet wurde. Es wurden alle Gelder erfasst, die ein Unternehmer in der Kette nach dem Bauherrn erhält, auch Eigenmittel (BT-Drs. 16/511, S. 23).
25
Soweit die Kläger ihre Rechtsauffassung auf die Kommentierung von Koeble in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, stützen, ist anzumerken, dass Koeble lediglich für die alte Fassung des GSB die Ansicht vertritt, die herrschende Meinung mit dem Inhalt, dass GSB und das BauFordSiG nur zugunsten der Bauhandwerker und Lieferanten geschaffen seien, nicht aber zugunsten des Bauenden selbst, sei unzutreffend. Für das BauFordSiG, welches die Führung des Baubuchs beseitigt hat, folgt er aber der herrschenden Meinung (a.a.O., 5. Aufl., 9.Teil, Rn. 199, am Ende).
26
2. Den Klägern steht auch kein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB zu, der darauf gestützt werden könnte, dass der Beklagte den Klägern nicht mitgeteilt hat, dass er am 22. Januar 2019 als Geschäftsführer im Handelsregister gelöscht wurde. Sowohl der Vertragsschluss als auch die letzte Abschlagszahlung lagen lange vor diesem Zeitpunkt. Selbst wenn – was bereits fraglich ist – eine Pflicht zur Offenbarung der Löschung bestanden hätte, aufgrund der das Unterlassen der Mitteilung als Täuschung im Sinne des § 263 StGB gewertet werden könnte, fehlt es jedenfalls an einer durch eine derartige Täuschung kausal herbeigeführten Vermögensverfügung. Letzteres ist eine Tatbestandsvoraussetzung des § 263 StGB.
27
Soweit die Kläger in der Berufungsbegründung die Auffassung vertreten, eine die Löschung begründende Insolvenzverschleppung des Beklagten als Geschäftsführer am 22. Januar 2019 „gem. § 353 FamFG“ (gemeint ist § 395 FamFG, vgl. Anlage K 2) müsse „denklogisch […] bereits lange vor dem 22.01.2019“ begonnen haben, ist diese Schlussfolgerung schon für sich betrachtet nicht nachvollziehbar. Es ist schon nicht ersichtlich, warum überhaupt eine Insolvenzverschleppung die Löschung des Geschäftsführers begründet haben soll. Weder ist das eine in § 395 FamFG genannte Löschungsvoraussetzung noch wird entsprechendes im als Beleg vorgelegten Schreiben des Amtsgerichts Nürnberg – Registergericht – vom 14. November 2019 (Anlage K 2) geäußert. Ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der K-GmbH wurde erst am 10. März 2020 eröffnet.
28
Dazu, dass die K-GmbH schon zum Zeitpunkt der Abschlagszahlungen nicht ausreichend solvent gewesen sei, um die mit den Klägern vereinbarten Werkleistungen ordnungsgemäß fertigstellen zu können, fehlt jeglicher Sachvortrag, ebenso zur behaupteten Insolvenzverschleppung im Sinne des § 15a Abs. 4 InsO. Die Kläger haben weder vorgetragen, wann welche Bauleistungen erbracht wurden noch wann Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der K-GmbH konkret eingetreten sein soll. Auch zum subjektiven Tatbestand fehlt jeglicher schlüssiger Vortrag.
29
II. Im Hinblick auf den Schriftsatz der Kläger vom 31. Mai 2021 ist ergänzend anzumerken:
30
1. Hinsichtlich des BauFordSiG berufen sich die Kläger erneut auf Koeble in Kniffka/Koeble/ Jurgeliet/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl., ohne dabei darauf einzugehen, dass auch Koeble in der vom Senat konkret zitierten Fundstelle für das BauFordSiG – anders als für das frühere GSB – der herrschenden Meinung folgt, wonach der Schutzbereich nun jedenfalls nur die Bauhandwerker umfasst, nicht aber die Bauherrn.
31
Tatsächlich hat der Senat weder in Rechtsprechung noch in der Literatur irgendeine Fundstelle für die von den Klägern nun gewünschte Auslegung finden können, dass zum Schutzbereich des § 1 BauFordSiG auch der Bauherr gehört. Eine solche Auslegung wäre mit der Systematik des BauFordSiG und dem diesem Gesetz zugrundeliegenden Gedanken auch nicht zu begründen. Dieser liegt darin, dass die Bauhandwerker keine werthaltige Sicherung durch Eintragung einer Sicherungshypothek (§ 650e BGB, § 648 BGB a. F.) erlangen können, wenn das Baugrundstück des Bestellers bereits mit einem Grundpfandrecht zugunsten des Geldgebers belastet ist (BGH, Urteil vom 17. Mai 2018 – VII ZR 92/16 –, BGHZ 218, 377-385, Rn. 17). Hierin liegt der Grund, dass § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Fall 1 BauFordSiG für die Baugeldeigenschaft eine dingliche Sicherung des Geldgebers an dem zu bebauenden Grundstück voraussetzt. Das BauFordSiG kompensiert also, dass der Bauhandwerker bei erfolgter Belastung eines Grundstücks zur Baufinanzierung die ihm vom BGB vorgesehene Möglichkeit einer wirtschaftlich werthaltigen Absicherung seiner Werklohnforderung durch Sicherungshypothek verliert.
32
Die Ausrichtung des BauFordSiG auf den Schutz des eine Werkleistung erbringenden Bauhandwerkers wird auch dadurch deutlich, dass beim in § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Fall 1 BauFordSiG geregelten Fall der Baugeldbegriff voraussetzt, dass andere auf Grund eines Werk-, Dienst- oder Kaufvertrags beteiligt sind.
33
Soweit die Kläger meinen, es sei notwendig, den Schutzbereich des BauFordSiG auf den Bauenden, also den Bauherrn, auszuweiten, um dessen Sicherungsbedürfnis zu befriedigen, überzeugt diese Ansicht nicht. Das BauFordSiG dient dem Sicherungsbedürfnis des Bauhandwerkers bezüglich seines Werklohnanspruchs für erbrachte Leistungen, welches er wegen der vorrangigen Grundstücksbelastung mit einer Baufinanzierung nicht mehr über eine Sicherungshypothek absichern kann. Das „Sicherungsbedürfnis“, welches die Kläger meinen, liegt demgegenüber darin, dass sie für von ihnen geleistete Werklohnzahlungen mangelfreie Werkleistungen erhalten. Hierfür besteht von vorneherein keine Sicherungsmöglichkeit am eigenen Grundstück des Bauherrn, so dass eine solche Möglichkeit auch durch die dingliche Belastung des Grundstücks zur Finanzierung, welche ihrerseits Anknüpfungspunkt für das BauFordSiG ist, nicht entfällt. Die vom Gesetz vorgesehenen Rechte der Bauherrn zur Absicherung der vollständigen und mangelfreien Erbringung von Werkleistungen – wie etwa Zahlung von Abschlägen nur für den tatsächlich durch die Werkleistungen erbrachten Wertzuwachs (§ 632a Abs. 1 Satz 1 BGB a. F.) oder Einbehalts- und Zurückbehaltungsrechte für Mangelbeseitigungsansprüche, teils auch mit „Druckzuschlag“, gemäß § 632a Abs. 1 S. 3, § 641 Abs. 3 BGB a. F. oder gemäß § 632a Abs. 3 S. 1 BGB a. F. – werden dadurch, dass auf dem Grundstück des Bauherrn eine dingliche Sicherung eingetragen ist, nicht geschmälert.
34
2. Soweit die Kläger vorbringen, die Zahlungen seien lediglich aufgrund der durch die Täuschung des Beklagten hervorgerufene Irrvorstellung dahingehend, die K-GmbH sei weiterhin solvent und würde eine entsprechende Gegenleistung vollbringen (können), erfolgt, ist dieser Vortrag schon im Hinblick auf die Art der von den Klägern geleisteten Zahlungen nicht schlüssig:
35
Bei den streitgegenständlichen Zahlungen hatte es sich um Abschlagszahlungen gehandelt. Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, erfolgen Abschlagszahlungen nach Baufortschritt. Sie vergüten einen bereits erhaltenen Wertzuwachs (§ 632a Abs. 1 Satz 1 BGB a. F.). Die Leistung von Abschlagszahlungen setzt damit kein Vertrauen des Leistenden darauf voraus, dass der Zahlungsempfänger künftig weitere, von den Abschlagszahlungen nicht erfasste Leistungen erbringt. Das Vertrauen auf die Leistungsfähigkeit des Vertragspartners spielt nur dort eine Rolle, wo eine Vorleistungspflicht besteht. Dementsprechend sieht der Gesetzgeber auch nur bei Vorleistungspflicht vor, dass eine (nach Vertragsschluss eintretende) mangelnde Leistungsfähigkeit des anderen Teils zur Verweigerung der (Vor) Leistung berechtigt (§ 321 BGB).
36
Angesichts dieser Sachlage ist schon die Behauptung der Kläger nicht schlüssig, sie hätten Abschlagszahlungen im Hinblick auf eine von der K-GmbH (vertreten durch den Beklagten) vorgespiegelte Solvenz zur Erbringung künftiger Leistungen erbracht. Darüber hinaus kann nicht auf einen Täuschungsvorsatz des Beklagten geschlossen werden, wenn er im Zusammenhang mit der Stellung von Abschlagsrechnungen für bereits erbrachte Leistungen nicht von sich aus Angaben zur Solvenz der von ihm vertretenen Gesellschaft macht.
37
Insofern kann dahingestellt bleiben, ob die pauschale Behauptung der Kläger, die K-GmbH sei „bereits im Zeitpunkt der durch die Kläger geleisteten Abschlagszahlungen“ – also im Zeitraum vom 23. April bis 13. Oktober 2017 – „nicht ausreichend solvent um die mit den Klägern vereinbarten Werkleistungen ordnungsgemäß fertig stellen zu können“ (Schriftsatz vom 9. Oktober 2020, S. 4, Bl. 50 der Akte) überhaupt einen ausreichenden tatsächlichen Vortrag enthält. Die Kläger tragen keinerlei auf den genannten Zeitraum bezogene Anhaltspunkte für fehlende Solvenz der K-GmbH vor, sondern stützen ihre Behauptung letztlich nur darauf, dass der Beklagte im Januar 2019 – aus nicht näher bekannten Gründen – gemäß § 395 FamG als Geschäftsführer gelöscht worden war und am 10. März 2020, also etwa zweieinhalb Jahre nach der letzten Abschlagszahlung, das Insolvenzverfahren über das Vermögen der K-GmbH eröffnet worden war.
III.
38
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
39
2. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
40
3. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO). Soweit allgemeine Rechtsfragen entscheidungserheblich waren, folgt der Senat der dazu bestehenden höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung. Warum die Rechtsfrage des Schutzbereichs des BauFordSiG, wie die Kläger meinen, höchstrichterlich klärungsbedürftig sein soll, erschließt sich nicht.
41
Grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache setzt voraus, dass die der Rechtssache zugrundeliegende Rechtsfrage auch künftig wiederholt auftreten wird und über ihre Auslegung in der Rechtsprechung unterschiedliche Auffassungen geäußert werden (Zöller/Heßler, ZPO, 33. Aufl., § 522 Rn. 38) oder wenn die Rechtsfrage in veröffentlichten Entscheidungen – soweit ersichtlich – noch nicht erörtert wurde und Äußerungen im Schrifttum nicht vorliegen, sich also bisher weder eine Meinung noch eine Gegenmeinung gebildet hat (MüKoZPO/Krüger, 6. Aufl., § 543 Rn. 7) oder wenn sich in einer gewichtigen Frage die Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung andeutet (Zöller/Heßler, ZPO, 33. Aufl., § 522 Rn. 38). Abwegige Bedenken, ein ersichtlich von einseitiger Interessenvertretung geleiteter Widerspruch oder auch eine vereinzelt gebliebene abweichende Entscheidung eines Oberlandesgerichts (BGH, Beschluss vom 27. November 2013 – VII ZR 371/12 –, Rn. 9, juris; MüKoZPO/Krüger, 6. Aufl., § 543 Rn. 7) genügen dagegen ebensowenig wie vereinzelte abweichende Stimmen in der Literatur (Zöller/Heßler, ZPO, 33. Aufl., § 522 Rn. 38, m. w. Nw.).
42
Die Kläger haben keine einzige Literatur- oder gar Rechtsprechungsfundstelle nennen können, die zum Schutzbereich des BauFordSiG eine andere Auffassung vertreten also die vom Senat dargestellte und zugrundegelegte. Im Gegenteil: Die vom Kläger aufgeführten höchstrichterlichen Rechtsprechungszitate ordnen Bauhandwerker dem Schutzbereich des § 1 BauFordSiG zu (so etwa BGH, Urteil vom 17. Mai 2018 – VII ZR 92/16 –, BGHZ 218, 377-385, zu § 1 BauFordSiG; BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 – VII ZR 187/11 –, Rn. 21, juris, zur Vorgängerregelung in § 1 GSB), nicht aber Bauherrn. Allein der Umstand, dass eine Partei in einem Zivilprozess interessegeleitet eine Abweichung von einer gefestigten, ganz herrschenden Meinung, welche vom Berufungsgericht auch geteilt wird, wünscht, verleiht einer Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung noch führt sie dazu, dass die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern würde.
43
4. Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach § 47 GKG, § 3 ZPO.